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Du sollst den Sabbat heiligen
hug | Fast alle der zehn Gebote sind negativ formuliert: Du sollst nicht töten/ehebrechen/stehlen/lügen. Zwei indes nicht: die Eltern ehren und den Sabbat heiligen. Die Zählung der Gebote weist eine kleine Differenz auf, je nachdem, ob man dem hebräischen Text (in der reformierten Tradition) oder der griechisch-lateinischen Übersetzung (in der katholischen Tradition) folgt. Das Gebot, das den heiligen Tag der jüdischen Religion – den Sabbat (oder Samstag) – betrifft, ist daher in der katholischen Leseart das dritte und in der reformierten das vierte Gebot. In beiden Versionen heisst der Auftrag, diesen Tag zu «heiligen».
Eine durchschnittlich katholisch erzogene Person hätte früher wohl auf die Frage, was «den Sabbat heiligen» bedeutet, bestimmt geantwortet: «Am Sonntag in die Kirche gehen.» Richtig daran ist, dass die ChristInnen die Sabbat heiligung auf ihren Auferstehungstag – die wöchentliche Vergegenwärtigung von Ostern – verlegt haben. Aber eine Stunde Gottesdienst pro Woche soll eines der zehn wichtigsten Weisungsworte der Bibel erfüllen? Mit diesem Gebot ist gewiss mehr gemeint – sogar etwas zuvor Unvorstellbares!
Einen Tag lang – im Orient vom Vorabend bis Sonnenuntergang des nächsten Tages – soll der Mensch alle zweckdienlichen Tätigkeiten einstellen und nur Sinnvolles tun: miteinander essen, singen, sich umarmen, schlafen, in der Bibel lesen, beten, Zeit geniessen, zusammen sein. Aber: kein Geld verdienen, nicht kochen, nicht kaufen oder verkaufen, keine Nahrung beschaffen, in keiner Weise geschäftig sein.
Das hat es in der Weltkultur vorher noch nie gegeben: einen «beutefreien» Tag, an dem nicht um das Überleben gekämpft, sondern das Dasein gefeiert wird. Die Schöpfung ist schon geschaffen; jeden siebten Tag soll der Mensch leben wie am siebten Schöpfungstag, dem Tag der Vollendung. Der Sabbat drückt den Glauben an die gute Schöpfung aus, die unser Leben erhält – vor unserem Tun.
Jüdische Familien, die sich an den Sabbat halten, gestalten diesen Tag bis heute vom Freitagabend an bis zum Samstagabend in einer unerhört schönen und gemeinschaftlichen Weise, die wir bei uns fast nur vom Heiligabend kennen.
Der Impuls des Sabbatgebotes könnte uns ermutigen, immer wieder unser rastloses Schaffen zu unterbrechen und uns bewusst offen zu halten für Zeiten der Freude und des lustvollen Zusammenseins. Religiös gesagt: Gott will das!
Das Sanctus im Kontext des liturgischen Hochgebets