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«Heiliges Winterthur»
odu | «Heiliges Winterthur» – diesen Titel gab Erwin Schatzmann seinem Projekt zum Reformationsjubiläum
2019, bei dem der Künstler neun sakrale Orte im vorreformatorischen Winterthur mit Landmarken in Form von farbig gestalteten Holzkreuzen versah. Zu diesen «heiligen Orten» gehörten unter anderem die drei Klöster in Töss, auf dem Heiligberg und auf dem Beerenberg.
Chorherrenstift Heiligberg
«Mons sanctus», «Heiligberg» oder «Heiligenberg» hiess schon im Mittel- alter die Anhöhe zwischen Eulach und Eschenberg, durchschnitten von der Turmhalde. Um 1225 gründeten dort, auf kyburgischem Grund, aber innerhalb des Friedkreises von Winterthur, die Grafen von Kyburg ein Chorherrenstift für Weltgeistliche. Das Kapitel bestand aus dem Leutpriester als Vorsteher und drei Kanonikern. Die vier Pfründen, die später auf sechs erweitert wurden, sicherten den Unterhalt der Kanoniker. Jeder Chorherr bewohnte sein eigenes Haus, zu dem je ein Gemüse-, Baum- und Weingarten gehörte. In der dem heiligen Jakob geweihten Kirche, vom Chronisten Laurentius Bosshart als «hüpsche, schöne, lustige kilch» bezeichnet, kamen die Kanoniker zum Stundengebet zusammen und lasen dreimal in der Woche Seelmessen für Verstorbene, vorab für Graf Ulrich III. und seine Frau Richenza, die beide in der Kirche bestattet waren. Die Kirche war auch Sitz der 1486 von Jakobspilgern gegründeten Jakobsbruderschaft.
Der Heiligberg war mehrmals auch Schauplatz höchst unheiliger Aktivitäten. 1355 brannten die Zürcher ein Chorherrenhaus nieder, und als 1415 Reichstruppen im Kampf gegen Herzog Friedrich von Österreich Winterthur belagerten, nahmen die Gebäude auf dem Heiligberg erneut Schaden. 1452 ging die Oberherrschaft über das Stift von den Habsburgern, Erben der Kyburger, an die Stadt Zürich über. 1525 wurde das Chorherrenstift im Zuge der Reformation aufgehoben. Sämtliche Rechte und Güter fielen in der Folge an
Chorherrenstift Heiligberg – Stadtkirchenpatrone
Zürich. Schon 1530 wurde die Kirche abgerissen. 1908 musste das letzte der sechs Chorherrenhäuser dem Bau des Sekundarschulhauses weichen. Heute erinnert einzig der Name Heiligberg an die «sakrale» Vergangenheit.
Winterthurs Stadtheilige
Die Stadtkirche, deren Anfänge bis ins 7. oder 8. Jahrhundert zurückreichen, hatte schon früh die Funktion einer Pfarrkirche, war sie doch mit einem Taufstein ausgestattet. Im 11. oder 12. Jahrhundert wurde sie im Stil der Romanik neu gebaut. Auf diese Zeit zurück gehen die drei Kirchenpatrone, die Winterthur vor der Reformation als seine Stadtheiligen verehrte.
Der Hauptpatron ist St. Laurentius (der Lorbeergeschmückte). In vorreformatorischer Zeit hiess darum die Stadtkirche Laurenzenkirche. Die Laurentius-Verehrung war im Mittelalter weit verbreitet. Der Gedenktag, der 10. August, gilt als Todestag des Heiligen. Laurentius war als Erzdiakon im Auftrag des Papstes zuständig für die Verteilung von Almosen unter den Armen Roms. Unter Kaiser Valerian oder Diokletian kam er um seines christlichen Glaubens willen auf grausame Weise zu Tode. Die Legende berichtet, er sei auf einem Rost über dem Feuer gebraten worden. Die Kirche S. Lorenzo fuori le mura über dem Grab des Märtyrers gehört zu den sieben Hauptkirchen Roms. Laurentius ist Patron der Feuerwehr, Glasbläser, Köche und generell aller Berufsgruppen, die mit dem Feuer zu tun haben.

Zweiter Kirchen- und Stadtpatron ist St. Albanus von England, der erste Märtyrer auf der britischen Insel. Wäh - rend der diokletianischen Christenverfolgung wurde Alban – so die Überlieferung – nach seiner Taufe festgenommen und enthauptet. Wie die Zürcher Stadtheiligen Felix und Regula wird er mit dem Kopf unter dem Arm dargestellt, so auch in einem Fresko in der Sakristei der Stadtkirche. Das Albanifest oder der Albaniklub erinnern bis heute an den heiligen Märtyrer, an dessen Gedenktag (22. Juni) einst der Schultheiss gewählt und dem Stadtherrn gehuldigt wurde.
Der dritte Schutzpatron ist St. Pankratius (Gedenktag 12. Mai), bekannt als «Eisheiliger». Der Legende nach wurde er um 290 als Sohn einer reichen römischen Familie in Phrygien, im Süden der Türkei, geboren. Nach dem frühen Tod seiner Eltern soll er mit seinem Onkel 303 nach Rom gereist sein. Mit seinem ererbten Vermögen half er dort den verfolgten Christen. Er wurde gefasst und, obschon noch ein Jüngling, mit dem Schwert hingerichtet. St. Pankratius ist Patron der Jugend.
Ausser in der Stadtkirche leben die Stadtheiligen heute noch in der katholischen Kirche St. Laurentius und in bildlichen Darstellungen der Kirche St. Peter und Paul weiter.
Was ist uns heilig?
Das dritte (oder vierte) Gebot der Bibel