Monthly Market Monitor
März
Die globalen Aktienmärkte haben ihre positive Dynamik im Februar auf breiter Front fortgesetzt.
Grafik des Monats
Hinter
März
Die globalen Aktienmärkte haben ihre positive Dynamik im Februar auf breiter Front fortgesetzt.
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US-Konjunktur weiterhin im Sweet-Spot
In den USA folgt die Konjunktur weiterhin dem Pfad des „Goldlöckchen-Szenarios“. Die Wirtschaft scheint sanft zu landen, ohne in die Rezession zu rutschen. Die zuletzt hartnäckiger als erwartete Inflation stellt für diesen Bestfall jedoch ein Risiko dar. Sollte die Fed zu lange an der sehr restriktiven Geldpolitik festhalten, könnte dies das Wachstum in den nächsten Quartalen abwürgen. In China steht die Regierung derweil vor einem anderen Problem und versucht das Vertrauen von Unternehmen und Konsumenten zurückzuerobern.
Allzeithochs auf breiter Front
Die globalen Aktienmärkte haben ihre positive Dynamik im Februar auf breiter Front fortgesetzt. Immer mehr Indizes sind dabei auf Rekordkurs. In den letzten Wochen konnte nun auch der japanische Nikkei seinen Rekordstand aus dem Jahr 1989 übertrumpfen. Angetrieben wurde die Aufwärtsbewegung erneut zuvorderst von den grosskapitalisierten Technologiewerten. Zwar steigt die Anfälligkeit für eine kurzfristige Kurskorrektur, eine unmittelbare nachhaltige Kehrtwende ist jedoch unwahrscheinlich. Bisher hat Big Tech die mit dem Thema Künstliche Intelligenz einhergehenden Hoffnungen der Anleger nicht enttäuscht.
Indexkonzentration – (K)Ein Problem?
Das starke Aktienjahr 2023 haben Anleger insbesondere einer massiven Outperformance der „Glorreichen Sieben“ zu verdanken. Nach jahrelanger Rally ist die Gewichtung der grössten US-Technologiekonzerne in den wichtigsten Aktienindizes auf ein rekordverdächtig hohes Niveau gestiegen. Wir gehen der Frage nach, inwiefern und für wen die starke Indexkonzentration ein Problem ist, ob es sich um eine Blase handelt und wie Anleger damit umgehen sollten.
Ask the experts
Hat die OPEC ihren Einfluss auf dem Ölmarkt verloren? Wie haben sich unsere Kapitalmarkterwartungen für die kommenden 5 Jahre verändert? Ist ein Ende der Krise am chinesischen Immobilienmarkt absehbar? Worum geht es beim „Basis-Trade“? Und ist die jüngste Zulassung von Bitcoin-ETFs durch die US-Börsenaufsicht SEC der endgültige Durchbruch für Kryptowährungen? Unsere Antworten finden sie im quartalsweise erscheinenden Frage-und-Antwort-Format.
Aktienanalysten sind von Beruf aus Optimisten (Ausnahmen bestätigen die Regel) und prognostizieren jahrein, jahraus regelmässig steigende Aktienkurse. Dies mit gutem Recht. Denn langfristig zeigt der Kurspfeil an den Aktienmärkten nach oben. Und wer stets einen Crash vorhersagt, liegt zwar alle Jubeljahre einmal richtig, in der Mehrheit der Fälle jedoch daneben. In den letzten zwei Jahren war die Analystengemeinde zur „Prognosezeit“ Ende 2022 bzw. Ende 2023 allerdings pessimistisch gestimmt. Das vorausgesagte 12-Monats-Kursziel für den S&P 500 Index lag ungewöhnlicherweise jeweils unter dem aktuellen Indexstand. Die Analysten mussten daher im Verlauf der letzten Quartale mehrheitlich den steigenden Kursen hinterherlaufen – ein Trend, der bis zuletzt anhält und einen von Momentum getragenen Markt widerspiegelt. Erst wenn jeder Platz auf dem Aktienkarussell besetzt ist, droht eine grössere Korrektur (bei den Large Caps) – eine solche könnte mit einer Rotation in die bisher zurückgebliebenen Small Caps einhergehen.
Die US-Wirtschaft hat das positive Momentum aus 2023 ins neue Jahr mitgenommen.
In den USA folgt die Konjunktur weiterhin dem Pfad des „Goldlöckchen-Szenarios“. Die Wirtschaft scheint sanft zu landen, ohne in die Rezession zu rutschen. Die zuletzt hartnäckiger als erwartete Inflation stellt für diesen Bestfall jedoch ein Risiko dar. Sollte die Fed zu lange an der sehr restriktiven Geldpolitik festhalten, könnte dies das Wachstum in den nächsten Quartalen abwürgen. In China steht die Regierung derweil vor einem anderen Problem und versucht das Vertrauen von Unternehmen und Konsumenten zurückzuerobern.
US-Konjunktur weiterhin im Sweet-Spot
Die US-Wirtschaft hat das positive Momentum aus 2023 ins neue Jahr mitgenommen. Der US Economic Surprise Index tendiert seit Mitte Januar wieder nach oben und zeigt an, dass die Makrodatenpunkte seitdem überwiegend besser als erwartet ausgefallen sind. Diverse Konjunkturvorlaufindikatoren wie beispielsweise die ISM-Einkaufsmanagerindizes, welche in der Vergangenheit mit Zuverlässigkeit vor einer Rezession warnten, haben sich jüngst stabilisiert oder bereits nach oben gedreht. Nicht zuletzt hat sich auch die Stimmung bei den CEOs und den Verbrauchern in den vergangenen Monaten spürbar verbessert. Eine unmittelbare Überhitzung ist in diesem Jahr trotz dieser Dynamiken aber ebenso unwahrscheinlich. Die Geldpolitik ist restriktiv und dürfte angesichts fallender Inflation (und steigender Realzinsen) noch restriktiver werden und die Banken haben die Kreditvergabe zuletzt weiter verschärft. Derweil sind die Überschussersparnisse der Verbraucher aus der Pandemiezeit demnächst aufgebraucht, was deren Kaufverhalten eher bremsen sollte.
Die Rufe werden lauter | Immer mehr Ökonomen wünschen sich tiefere Zinsen
Anteil
Ökonomen, welche die Fed-Politik als "zu restriktiv" ansehen
Korrektur der Zinssenkungsfantasie
In der Summe gleicht das Bild in den USA dem einer sanften Landung. Die Gefahr einer Rezession verschiebt sich zunächst in die zweite Jahreshälfte. Ob sie gar komplett ausfällt, dürfte insbesondere von der US-Notenbank mitbestimmt werden. Um das positive Konjunkturszenario zu begünstigen, müsste sie eher früher als später die Zinsen senken. Nach den höher als erwartet ausgefallenen Inflationsdaten im Januar dominierten zuletzt jedoch die Stimmen der Fed-Vertreter, die das grössere Risiko in zu frühen Zinssenkungen sehen. Ein Zinsschritt im März scheint definitiv vom Tisch. Vielmehr wurde dem Narrativ „higher for longer“ wieder neues Leben eingehaucht. Die Markterwartungen haben sich von sechs auf vier Zinssenkungen in diesem Jahr reduziert. Der erste Schritt wird nun erst im Juni erwartet. Für die EZB wird der Job angesichts der abflauenden US-Zinssenkungsfantasie nicht einfacher. Aufgrund der schwächeren Konjunkturlage ist die Dringlichkeit tieferer Zinsen für sie höher als für die Fed. Doch dass die EZB vor den Kollegen aus Übersee an der Zinsschraube dreht, wäre in ihrer 26-jährigen Geschichte ein Novum. Chinas Notenbank liefert mehr als erwartet
Mit einer Inflationsrate von -0.8% ist China im Januar nochmals tiefer in die Deflation gerutscht. Die Antwort der Politik auf diesen besorgniserregenden Trend überraschte für einmal positiv. Nachdem die chinesische Notenbank Ende letzten Jahres eine Stimulierung via tiefere Zinsen schuldig blieb, lieferte sie im Februar nun mehr als erwartet. Sie reduzierte den für Hypotheken relevanten Zins (five-year loan-prime rate) gleich um 25bp. Damit zielt sie explizit auf eine Belebung des Immobilienmarktes ab. Diesem Problemkind hat die Regierung in den letzten Wochen durch diverse Massnahmen bereits unter die Arme gegriffen. Inwieweit die jüngste Aktion der Startschuss für eine tiefgreifendere Konjunkturspitze gibt, muss sich noch zeigen. Eine erste Indikation darüber ob mehr davon folgt, könnte das mit Spannung erwartete neue Wachstumsziel der Regierung geben.
Notizen vom Investment-Komitee
Die Aktienmärkte haben das Börsenjahr 2024 so begonnen, wie sie das letzte Jahr beendeten – mit deutlichen Kursgewinnen für die amerikanischen Technologieriesen. Die neuen Allzeithochs am US-Aktienmarkt nach mehr als 2-jähriger Dürreperiode sprechen statistisch für weitere Kursgewinne.
Die globalen Aktienmärkte haben ihre positive Dynamik im Februar auf breiter Front fortgesetzt. Immer mehr Indizes sind dabei auf Rekordkurs.
Schweizer Franken
Euro
Britisches Pfund
Aktien: Allzeithochs auf breiter Front
• Die globalen Aktienmärkte haben ihre positive Dynamik im Februar auf breiter Front fortgesetzt. Immer mehr Indizes sind dabei auf Rekordkurs. In den letzten Wochen konnte nun auch der japanische Nikkei nach mehr als 34 Jahren seinen Rekordstand von Ende 1989 übertrumpfen. Der europäische Benchmarkindex Stoxx 600 stieg ebenfalls auf neue Höhen. Angetrieben wurde die Aufwärtsbewegung erneut zuvorderst von den grosskapitalisierten Werten, während die Small Caps einen weiteren Monat auf der Stelle traten. Der Star-Performer war im Februar erneut die Aktie von Nvidia. Nachdem die Quartalsergebnisse des Chipherstellers die bereits hohen Erwartungen der Analysten übertreffen konnten, legte der Nvidia-Kurs im Monatsverlauf nochmals um rund 30% zu – in puncto Marktkapitalisierung rangiert das Unternehmen damit nun vor Alphabet und Amazon auf Platz 3 der US-Top10. Die starke Kursavance dieser einen Aktie ist seit Jahresbeginn allein für rund 25% der Kursgewinne im S&P 500 verantwortlich.
• Das rasante Momentum bei wenigen Large Caps aus dem Technologiesektor nahm jüngst beinahe den Charakter einer wahren Manie an. In dieses Bild
Produkte
Private Credit
Infrastruktur
Immobilien
Scorecard - +
Konjunktur
Geld- und Fiskalpolitik Unternehmensgewinne
Bewertung Trend
Anlegerstimmung
passen auch eine Reihe von bullischen Extremen in diversen Sentimentindikatoren. So ist beispielsweise die Investitionsquote aktiver Manager ebenso auf erhöhtem Niveau wie die Stimmung bei den US-Privatanlegern. Derweil zeigt das Volatilitätsbarometer VIX genauso einen Mangel an Angst an wie das Verhältnis von Put- zu Call Optionen auf Aktien. Mehr als ein Warnsignal sind diese Indikationen jedoch nicht. Angesichts des sich selbst verstärkenden Momentums liesse sich das Platzen einer etwaigen Blase schlecht timen. Zudem ist die Endphase einer Manie in der Regel nochmals durch hohe Kursgewinne gekennzeichnet. Gewinnmitnahmen sind daher die bessere Strategie als ein kompletter Ausstieg aus dem Markt.
• Auch wenn die Anfälligkeit für eine kurzfristige Kurskorrektur stetig zunimmt, sehen wir keinen Grund eine unmittelbare drastische Kehrtwende zu erwarten. Positiv stimmt unter anderem wie gut der Aktienmarkt zuletzt die gesunkenen Erwartungen an die Zinssenkungen der Fed verkraftet hat – diese haben sich innerhalb weniger Wochen immerhin von 170bp auf 90bp verringert. Auch die Tatsache, dass Big-Tech bisher die mit dem Thema Künstliche Intelligenz einhergehenden Hoffnungen nicht enttäuscht, sondern mit guten Zahlen untermauert hat, spricht für eine noch nicht ungesunde Entwicklung. Mit der Ausnahme von Tesla hatten alle Titel der „Magnificient 7“ ein starkes 4. Quartal 2023. Kurz vor Ende der Berichtssaison (per 22. Februar) war die positive Gewinnwachstumsrate des S&P 500 Index von +7% gegenüber dem Vorjahresquartal allein auf die Mag7 zurückzuführen, ohne die Schwergewichte belief sich das Gewinnwachstum zu diesem Zeitpunkt auf negative -4%.
Anleihen: Nicht so schnell!
• Auf den grossen Wendepunkt im Herbst folgte an den Anleihemärkten im Januar nun ein kleiner Wendepunkt. Ursache für den Richtungswechsel bei den Anleiherenditen war in beiden Fällen die US-Notenbank. Letzten Oktober verkündete die Fed relativ deutlich das Ende der Zins-Fahnenstange – dies liess die Rendite von 10-jährigen Treasuries innerhalb von zwei Monaten von 5% auf 3.8% fallen. Ende Januar waren es nun erneut Kommentare von FedChef Powell, die für eine Kehrtwende sorgten. Demnach sei eine Zinssenkung bereits im März – wie von den Märkten bis dahin erhofft – zu früh und mit dem Risiko behaftet, dass die Inflation wieder aufflackern würde. In der Folge stieg die 10-Jahres-Rendite bis Ende Februar wieder auf rund 4.4% an. In den kommenden Monaten könnten die Renditen im damit abgesteckten Korridor unter Schwankungen seitwärts laufen.
• Ein Ausbruch nach oben (über 5%) würde eine weitere Beschleunigung der Konjunktur in Kombination mit einem nachhaltigen Anziehen der Teuerung als Katalysator benötigen und ist unserer Meinung nach eher unwahrscheinlich. Ein Ausbruch aus der Spanne nach unten (unter 3.8%) wäre am ehesten im Szenario einer Rezession zu erwarten. Diese ist weiterhin möglich, vor allem wenn die Fed sich nicht demnächst bewegt – betrachtet man die US-Konjunkturindikatoren in der Summe ist das Rezessionsrisiko zuletzt aber gesunken. In Bezug auf die Anlagetaktik finden wir Staatsanleihen sowie solide Unternehmensanleihen vor diesem Hintergrund derzeit am attraktivsten (leichte Übergewichtung). Bei Hochzinsanleihen positionieren wir uns neutral, während wir inflationsgesicherte und Schwellenländeranleihen untergewichten.
Alternative Anlagen: Ungebrochene Krypto-Euphorie
• Das „risk on“-Sentiment an den Aktienmärkten ist in den vergangenen Wochen auch an den Kryptowährungen nicht spurlos vorbeigegangen. Nach den durchaus erwartbaren Gewinnmitnahmen im Anschluss an die Zulassung eines knappen Dutzends neuer Bitcoin-ETFs durch die US-Börsenaufsichtsbehörde SEC, setzte Ende Januar ein neuer Aufwärtsimpuls ein. Dieser trug den Kurs des Bitcoins auf mehr als 50'000 US-Dollar. Unterstützt wurde diese Bewegung durch anhaltende Kapitalzuflüsse in den Krypto-Komplex. Damit scheint sich bisher das positive Szenario der Krypto-Optimisten zu realisieren, welche die Bitcoin-ETFs als Ritterschlag für die noch immer junge Anlageklasse betrachten. Der Goldpreis konnte mit dem „neuen Gold“ in den letzten zwei Monaten nicht mithalten. Der Ausbruch über das bisherige Allzeithoch bei 2‘080 US-Dollar Anfang Dezember entpuppte sich bisher als Fehlsignal. Erst ein nachhaltiges Überwinden dieser Hürde gibt ein wichtiges Kaufsignal.
Währungen: Beginn einer Franken-Schwäche?
• EUR/USD: Das ständige pivotieren der Notenbanker findet im EUR/USD-Kurs ein exaktes Abbild. Das Revival des Mottos „higher for longer“ versetzte des Euro Anfang Februar zunächst einen Rückschlag. In den Folgetagen hielt die EZB mit falkenhaften Kommentaren dagegen – entsprechend positiv reagierte die Einheitswährung. Im grossen Bild sehen wir einen breiteren Kurskanal zwischen 1.04 und 1.13 USD. Dieser dürfte erst dann zur Debatte stehen, wenn sich eine der Notenbanken in puncto Zinssenkungen stärker bewegt.
• GBP/USD: Das britische Pfund bewegt sich seit drei Monaten in einem äussert engen Band zwischen 1.25 und 1.28 USD – für die „high Beta“-Währung eine ungewöhnliche Darbietung. Auch beim Pfund reflektiert die Lethargie ein Warten auf richtungsentscheidende Massnahmen der Notenbank. Sollte die Bank of England vor der Fed an der Zinsschraube drehen, was bei fortgesetzt positiven Inflationsüberraschungen möglich erscheint, könnte das Pfund kurzfristig einen Schwächeanfall erleiden.
• EUR/CHF: Beim EUR/CHF-Kurs geht es seit Jahresbeginn in eine ungewohnte Richtung: nach oben. Der Aufwertungstreiber für den Franken in den letzten zwei Jahren verliert angesichts deutlich sinkender Teuerungsraten in der Eurozone zusehends an Kraft. Währenddessen hat die SNB den Appetit für einen noch stärkeren Franken verloren. Eine schwache Währung ist allerdings ebenfalls nicht in ihrem Interesse. Sollte dieser Fall eintreten, könnte sie mit den bewährten Mittel darauf reagieren. Nicht zuletzt stehen einem stärkeren Euro auch eine Vielzahl von charttechnischen Hürden in Form von Abwärtstrends entgegen.
Auf den grossen Wendepunkt im Herbst folgte an den Anleihemärkten im Januar nun ein kleiner Wendepunkt.
Aktienindizes sind einem ständigen Wandel unterworfen – kein Index widerspiegelt diese Tatsache besser als der bereits seit 1896 existierende Dow Jones Industrial Index, welcher erstmals am 26. Mai 1896 im Wall Street Journal publiziert wurde. Dabei ist der altehrwürdige „Dow“ ein spezieller Fall. Über die zeitgemässe Zusammensetzung des Blue-Chip-Index bestimmt ein „Index-Komitee“, bestehend aus Vertretern von S&P Dow Jones Indices und Wall Street Journal. Er soll zu jeder Zeit die amerikanische Wirtschaft und ihren ständigen Wandel reflektieren. Im Februar wurde nun die neueste Aktualisierung des Index beschlossen: Mit Amazon steigt und Technologiewert und Mitglied der „Glorreichen Sieben“ auf, dafür muss sich die Drogeriekette Walgreens Boots Alliance aus dem exklusiven Club verabschieden. Beim Nachmachen dieser Transaktion ist allerdings Vorsicht angebracht. In der Vergangenheit folgten nach derlei Wechseln bereits mehrfach eine Kehrtwende bei den betroffenen Aktien.
Favoritenwechsel? | Indexrotationen sind kein gutes (Ver-)Kaufssignal
Dow Jones Industrial Index und Aufsteiger/Absteiger, indexiert
Das starke Aktienjahr 2023 haben Anleger insbesondere einer massiven Outperformance der „Glorreichen Sieben“ zu verdanken. Nach jahrelanger Rally ist die Gewichtung der grössten US-Technologiekonzerne in den wichtigsten Aktienindizes auf ein rekordverdächtig hohes Niveau gestiegen. Wir gehen der Frage nach, inwiefern und für wen die starke Indexkonzentration ein Problem ist, ob es sich um eine Blase handelt und wie Anleger damit umgehen sollten.
Kurzfristig extrem…
Dass die grossen (US-)Technologieaktien ein richtungsbestimmendes und immer höheres Gewicht in den wichtigsten Aktienindizes haben, ist an sich keine weitere Schlagzeile wert. Akronyme, die diesen Trend beschreiben, gibt es bereits seit Mitte der 2010er Jahre. Aus FANG (Facebook (heute Meta), Amazon, Netflix, Google) wurde FAANG (mit Apple) und dann FAAMG (Microsoft statt Netflix). Angesichts der hohen Popularität der Technologietitel liess es sich die Finanzindustrie später auch nicht nehmen einen spezifischen FANG+ Index und entsprechende Derivate zu lancieren. Im vergangenen Jahr hat die Wette auf die grössten Technologieaktien allerdings eine weitere, bemerkenswerte Zuspitzung erfahren. Sieben hochkapitalisierte Werte – neben FAAMG zusätzlich Tesla und Nvidia – dominierten die Entwicklung des amerikanischen Aktienmarkts regelrecht. Anstatt einer weiteren Abkürzung erfanden die Medien für diese Gruppe den Namen „Die glorreichen Sieben“ aka „Magnificient Seven“ (Mag7). Denn ihre Performance war 2023 wahrlich glorreich. Die Mag7 legten 76% an Wert zu, während die restlichen Aktien des US-Blue-Chip-Index S&P 500 (im weiteren S&P 493) nur 14% stiegen. Die sieben Überflieger waren zusammengenommen für mehr als 60% der Indexperformance verantwortlich. Auch das laufende Jahr startete mit fortgesetzter Outperformance der Mag7 und vereinzelten neuen Rekordhochs ihrer Mitglieder. Die Gewichtung der Mag7 im S&P 500 hat dies auf einen neuen Höchststand von mehr als 29% getrieben. So mancher Anleger fragt sich zurecht, ob diese hohe Indexkonzentration nicht irgendwann zum Problem werden könnte.
…langfristig nicht aussergewöhnlich
Bei der Frage wie extrem die aktuelle Lage ist, hilft wie so oft der vergleichende Blick in die Vergangenheit: Im Vergleich zur Situation kurz vor dem Platzen der Technologieblase um die Jahrtausendwende ist die Konzentration im S&P 500 Index heute grösserer. Mit gut 33% beträgt das Gewicht der Top10-Aktien mehr als im Jahr 2000 (knapp 27%). Zeitweise noch deutlich höher war
Starke (Out)Performance | Aber auch mehr Volatilität Performancevergleich „Mag7 vs. den Rest“, indexiert per 1.1.2023
Schwergewichtig | Braucht es Ozempic?
die Gewichtung der Top10 jedoch in den 1960er Jahren als es mit den „Nifty 50“ (u.a. IBM, Coca-Cola, Procter & Gamble, McDonald’s, Disney) ebenfalls eine Gruppe marktbestimmender Aktien am US-Markt gab. Und auch in den Jahrzehnten davor zwischen 1930 und 1960 hatten einige wenige Unternehmen einen überproportionalen Anteil am Gesamtmarkt. Ähnlich wie heute das Internet, E-Commerce und jüngst das Thema Künstliche
Intelligenz waren es damals die Megatrends Telekommunikation, Elektrifizierung und Automobilbau, die einige Branchen und Unternehmen beflügelten. Noch heute bekannte (und existierende) Namen wie AT&T, General Motors und General Electric gehörten damals über Dekaden zu den Top5 in den USA. Aus rein zeitlicher Perspektive muss die Halbwertszeit der Mag7 daher noch längst nicht abgelaufen sein. Der grösste Teil ist erst seit 2020 in den Top10 und insbesondere Tesla und Nvidia sind historisch betrachtet wahre Newcomer. Einzig Microsoft hält sich schon seit mehr als zwei Jahrzehnten an der Spitze der Schwergewichte.
Wandel… | …ist die einzige Konstante Die grössten US-Aktien nach Marktkapitalisierung, 1930-2023
Quellen: Dimensional Fund Advisors, Kaiser Partner Privatbank
Verschobene Marktkräfte | Passiv verwalteten Vermögen hat inzwischen die Oberhand Anteil passiv verwalteten Vermögens am Gesamtmarkt
Ist die hohe Indexkonzentration nun ein Problem? Zumindest für viele aktive Fondsmanager ist sie das tatsächlich.
Momentum führt zu Momentum
Ist die hohe Indexkonzentration nun ein Problem? Zumindest für viele aktive Fondsmanager ist sie das tatsächlich. Um eine Outperformance gegenüber der Benchmark (meist S&P 500) zu erzielen, sind sie in den bereits hoch gewichteten und vermeintlich auch hoch bewerteten Indexschwergewichten nämlich häufig unterinvestiert. Und selbst wer die Wette eingehen möchte, stösst nicht selten auf aufsichtsrechtliche Hürden. Denn US-Investmentfonds, die bei der SEC als diversifiziert registriert sind, müssen Mindestdiversifizierungsvorschriften einhalten und dürfen nicht mehr als 25% des Anlagevermögens in Beteiligungen stecken, die
jeweils 5% des Nettoinventarwerts des Fonds übersteigen. Beide Phänomene sind mit dafür verantwortlich, dass eine Rekordzahl aktiver Fondsmanager im vergangenen Jahr hinter der Benchmark zurückblieb. Damit entsteht ein regelrechter Teufelskreis: Angesichts der schwachen Performance aktiver Manager fliesst stetig mehr Geld in die Alternative – passive ETFs. Bei denen fliesst das meiste Geld per Konstruktion wiederum automatisch in die grössten Unternehmen, was deren Preise tendenziell weiter antreibt. Preismomentum begünstigt Momentum bei den Kapitalflüssen, und vice versa.
Abgesehen von dieser Problematik, welche die Dynamik des Mag7-Trades in den letzten Monaten möglicherweise noch akzentuiert hat, ist die hohe Gewichtung weniger Titel nach finanztheoretischer Studienlage eher unproblematisch. So gibt es gemäss Studien von 2008 (FTSE 100) und 2022 (USA und BRICS) beispielsweise keine Evidenz dafür, dass hochkonzentrierte Aktienindizes mehr Volatilität aufweisen als andere. Auch die Vermutung, dass ein Index weniger Superstars gleichbedeutend mit einem schwachen Marktwettbewerb ist, wurde in Arbeitspapieren verneint. Die eher technische Frage, inwieweit eine von wenigen Titeln getragene Rally ein Zeichen für eine baldige Kurskorrektur ist, wird in charttechnischen Studien derweil in der Regel eher auf kurzfristige Zeiträume bezogen. Aber auch hierbei lautet das Fazit meist, dass ein enger Markt – entgegen der Intuition – unproblematisch ist.
Mag7 im SWOT-Fadenkreuz
Ein Problem könnte es theoretisch aber geben: Wären die Top-Titel allesamt unrealistisch hoch bewertet, könnte ähnlich wie im Jahr 2000 eine Blase platzen. Dies würde den Gesamtmarkt nachhaltig belasten. Inwieweit solche Befürchtungen angebracht sind, beantwortet die folgende SWOT-Analyse.
Strengths (Stärken):
• Die wohl grösste Stärke der Mag7 ist fundamental. Ihre starke Performance in den letzten vier Jahren ist fast auschliesslich auf Umsatzwachstum und eine Margenausweitung zurückzuführen. Die leicht gestiegene Bewertung erklärt indes nur einen kleinen Teil der Performance. Mit einem vorausschauenden Kurs-/Gewinn-Verhältnis von rund 30x sind die sieben Technologieriesen zwar erheblich teurer als der S&P 493 mit 18x. Allerdings wachsen sie auch massiv schneller. Die Konsensschätzung der Analystengemeinde geht davon aus, dass die Mag7 ihre Umsätze bis Ende 2026 um durchschnittlich 12% pro Jahr steigern werden – ein Wachstum um den Faktor 4x höher als beim Rest des Marktes. Und dies bei einer doppelt so hohen und weiterhin steigenden Profitabilität (Nettogewinnmarge 2023-26e: 21.8% vs. 10.2%). Bereinigt man die Bewertung der Mag7 um das starke Wachstum, die hohen Cash-Flows und die Qualität der Gewinne, so relativiert sie sich deutlich und kann als „fair“ bezeichnet werden – ein ent-
scheidender Kontrast zur Technologieblase. Damals war die Bewertung der grossen Technologieaktien in etwa doppelt so hoch wie heute und die meisten Unternehmen waren nicht wie heute Gewinn-Maschinen, sondern verbrannten Geld.
• Die meisten Top10-Unternehmen der Vergangenheit, die in der „physischen Welt“ der Autoproduktion (General Motors), Supermärkten (Walmart) oder Verbrauchsgüter (Procter & Gamble) agieren, kamen irgendwann an gewisse Wachstumsgrenzen – geografisch oder ressourcenbedingt. Im Gegensatz dazu bewegen sich die Mag7 überwiegend in einer virtuellen Welt der Nullen und Einsen – die physischen Grenzen ihrer Expansion könnten weiter entfernt liegen als in früheren Zyklen.
• Dafür das es sich bei den Mag7 um die weltgrössten Unternehmen handelt ist die Menge ihrer frei handelbaren Aktien (Free Float) relativ limitiert – eine Tatsache, die in einigen Fällen (bei Microsoft seit inzwischen zwei Jahrzehnten) durch regelmässige Aktienrückkäufe noch zugespitzt wird. In der heutigen von ETFs und Indexfonds dominierten Anlagewelt sorgt dies für einen konstanten Aufwärtssog auf die Preise der grossen Technologieaktien.
Weaknesses (Schwächen):
• Mit Ausnahme von 2022 haben die Mag7 den MSCI-Weltindex in 9 der letzten 10 Jahre outperformt. Die wohl grösste Schwäche der beliebten Aktiengruppe ist daher, dass sie – mit Ausnahme der oben erwähnten aktiven Anlagefonds – von vielen Investorengruppen wie Privatanlegern und Hedgefonds geliebt und entsprechend überdurchschnittlich in den Depots vertreten sind.
• Viele dieser Anleger glauben daran, dass die Mag7 aus Teflon bestehen. Wenn die US-Wirtschaft in eine Rezession läuft, möchte man investiert sein, weil sie aufgrund ihrer (überwiegend) wenig zyklischen Geschäftsmodelle defensive Qualitäten haben. Und wenn die Konjunktur weiterhin gut läuft, möchte man investiert sein, weil die Mag7 überdurchschnittlich am Aufschwung partizipieren. Das Problem: Die Vergangenheit zeigt, dass es an den Finanzmärkten selten Anlagen gibt, die bei Kopf UND Zahl gewinnen. Und wenn es sie gibt, dann sind es nicht die Anlagen, die fast jeder bereits im Portfolio hat.
Opportunities (Chancen):
• Der Startschuss für die Rally des Technologiesektors im Allgemeinen und der Mag7 im Speziellen korrespondierte exakt mit der Lancierung von ChatGPT. Dass es sich dabei nicht zuvorderst um Korrelation, sondern mindestens zu einem grossen Teil um Kausalität handelt, zeigten spätestens die Finanzzahlen und der Ausblick der Technologieunternehmen bei der jüngsten Berichterstattung zum 4. Quartal 2023. Quintessenz: Die Welt der Künstlichen Intelligenz bietet massive Wachstumschancen und die-
Die Mag7 wachsen schneller… | …und profitabler Konsensschätzungen für Umsatzwachstum und Nettogewinnmarge 2023-2026
se werden schon in Kürze realisiert. Die führenden US-Unternehmen sind dabei einmal mehr in der Pole Position. Nicht zuletzt auch, weil die Politik den Unternehmen in Europa bereits wieder gesetzliche Hürden in den Weg stellt.
Threats (Bedrohungen):
• Die Erwartungen der Anleger an die KI-Revolution sind zweifelsfrei hoch. Sollte sich das erhoffte Wachstum nicht realisieren, so ist bei den betroffenen Aktien wenigstens kurzfristig mit einem Preisdämpfer zu rechnen. Die Entwicklung der Tesla-Aktie in den letzten Monaten bietet für ein solches Szenario aktuelles Anschauungsmaterial.
• Gross, grösser, zu gross? Manch ein US-Technologieriese ist inzwischen so gross, dass die Fragen um eine monopolhafte Stellung und ungenügenden Wettbewerb stetig lauter werden. Unter US-Präsident Biden wird das Gebaren der Konzerne inzwischen kritischer unter die Lupe genommen, was sich nicht zuletzt in einer Reihe von Kartellrechtsklagen widerspiegelt. Bisher gab es daraus noch keine wegweisenden Urteile. Der Gegenwind für Big Tech dürfte aber tendenziell weiter zunehmen. Eine Zerschlagung mindestens eines Mag7-Unternehmens in den kommenden 5-10 Jahren ist durchaus ein plausibles Szenario.
• Ein Führungswechsel im Weissen Haus – sprich Trump 2.0 – wäre für die grossen Technologieunternehmen und deren Aktien ebenfalls kein Grund zum Aufatmen. Im Gegenteil: Trump könnte nach Rache sinnen und den regulatorischen Druck auf die Unternehmen erhöhen, die ihm nach dem Sturm aufs Kapital aktiv oder passiv Steine in den Weg gelegt hatten. Zumindest wird sich ein frisch wiedergewählter Präsident Trump fragen, warum er nach dem 6. Januar 2021 von Facebook, Instagram und YouTube ausgeschlossen wurde, warum die Parler-App aus den Stores von Apple und Android entfernt wurde und warum Amazon dieser den Cloud-Speicherplatz verweigerte.
Mit Ausnahme von 2022 haben die Mag7 den MSCI-Weltindex in 9 der letzten 10 Jahre outperformt.
• Auch ihre starke Performance könnte für die Mag7 letztlich ein Hindernis werden, zumindest eine Hürde für weitere Outperformance. In den Jahren bevor Aktien in den Olymp der Top10 aufsteigen, verzeichnen sie naturgemäss massive Überrenditen gegenüber der Benchmark. Sind sie im Ranking der Marktkapitalisierung aber erst einmal so weit aufgestiegen, schrumpft die Überrendite deutlich und wird ab Jahr 5 nach Erreichen der Top gar negativ.
Big is beautiful? | Für die ganz grossen Aktien wird Outperformance schwieriger Durchschnittliche jährliche Outperformance von US-Aktien vor/nach Zugehörigkeit zu den Top10
Da waren es nur noch fünf | Neues Akronym gesucht
Demnächst weniger synchron Gemeinsam hatten alle der Mag7 in den letzten Jahren die starke Performance. Ob sie dauerhaft in den gleichen Topf gehören, muss sich aber noch zeigen –bzw. ist es stark anzuzweifeln. In jedem Fall sind die Kurstreiber und die Risiken nicht für alle die gleichen. So sind beispielsweise Nvidia und Tesla zunehmend davon abhängig, dass sich die Beziehungen zwischen den USA und China nicht weiter verschlechtern. Auch bewertungs- und wachstumstechnisch ist die Spannbreite zwischen den Titeln gross. Bei Unternehmen, welche die KI-Hoffnungen nicht schnell genug mit entsprechend guten Zahlen untermauern, droht eine Abkopplung vom Rest der Gruppe – kurstechnisch nach unten. Dieser Prozess hat möglicherweise bereits gestartet. Denn spätestens seit Jahresbeginn divergieren die Kurspfade der sieben Aktien zunehmend. Während der Kurs von Apple stagniert, droht Tesla angesichts eines schwachen Ausblicks gar aus den US-Top10 herauszufallen. Die „Glorreichen Sieben“ könnten in dieser Konstellation ihre beste Zeit bereits hinter sich haben. Doch an neuen Namen für die zukünftige Spitzengruppe mangelt es den Medien bekanntlich nie – und im Zweifel hilft heutzutage ChatGPT…
Was nun?
Die SWOT-Analyse zeichnet für die Mag7 unter dem Strich ein neutrales Bild. Weder müssen Investoren diese Aktiengruppe gerade heute zwingend – und bei Höchstkursen – kaufen, weil sie sonst den Trend der Künstlichen Intelligenz verpassen. Noch sind die Aktien im Aggregat unverschämt hoch bewertet, so dass man sie unbedingt links liegen lassen sollte. Ein echtes Problem ist die hohe Konzentration in den wichtigsten Aktienbenchmarks in diesem Sinne ebenfalls nicht. Anleger sollten sich aber zumindest bewusst sein, dass ihr Exposure zu wenigen Titeln grösser ist als vielleicht vermutet. Selbst im weltweit diversifizierten MSCI-Weltindex machen die Mag7 inzwischen bereits gut 19% aus. Wer ausschliesslich mit passiven Anlagen in die bekannten Blue-Chip-Indizes investiert, hat implizit einen gewissen Klumpen an Big Tech im Portfolio. Durch die Beimischung von gleichgewichteten Index-ETFs, Small Caps oder aktiven Fonds (gute Selektion vorausgesetzt) lässt sich das Klumpenrisiko mindern. Eine solche Strategie dürfte sich längerfristig auszahlen. Denn eines gilt an den Finanzmärkten nach wie vor: Früher oder später schlägt das Gesetz der „Mean Reversion“ zu. Die Mag7 – oder gegebenenfalls ein neues Akronym – wird dann underperformen.
Unseren Kundinnen und Kunden stehen wir jederzeit für Anliegen und Fragen zu ihren Portfolios zur Verfügung. Stellvertretend dafür fassen wir einmal pro Quartal die häufigsten Kundenfragen sowie die Antworten unserer Experten zusammen und geben Ihnen damit direkte Einblicke in unsere Vermögensverwaltung und Anlageberatung.
Rohöl: Trotz Förderkürzungen der OPEC und der Unruhen im Nahen Osten bewegt sich der Rohölpreis in den letzten Monaten nur seitwärts. Hat das Öl-Kartell seinen Einfluss auf den Ölmarkt verloren?
Kaiser Partner Privatbank: Der Disinflationsprozess des letzten Jahres, vollzog sich für nicht wenige Konjunkturbeobachter überraschend schnell, für Verbraucher und Unternehmen war er in jedem Fall eine grosse Entlastung. Allerdings gab es neben einer Reihe von Profiteuren auch mindestens einen Verlierer der sinkenden Inflation: die Ölproduzenten. Einen grösseren Anteil an der fallenden Teuerung hatte nämlich auch der sinkende Rohölpreis, welcher im Falle der Sorte Brent von einem Hoch oberhalb von 135 US-Dollar pro Fass im März 2022 bis auf ein Tief von rund 70 US-Dollar im März 2023 zurückging. Für die Finanzlage vieler Ölförderländer ist dieses Niveau zu tief. Nicht zuletzt für Saudi-Arabien – Meinungsführer und grösster Produzent der OPEC –, dessen Staatshaushalt erst bei einem Ölpreis von rund 85 US-Dollar ausgeglichen ist. Die (typische) Reaktion der OPEC auf den Ölpreisverfall liess nicht lange auf sich warten. Im April verkündete sie in Abstimmung mit Russland (OPEC+) eine erste Senkung der Ölfördermenge um 1.7 Mio. Fass pro Tag. Deren positiver Effekt auf den Ölpreis verpuffte jedoch innerhalb von vier Wochen. Im Juni sowie zuletzt im November legte das Ölkartell mit weiteren Kürzungen in Höhe von insgesamt 2.2 Mio. Fass pro Tag nach. Den grössten Anteil an den Förderkürzungen schultert dabei Saudi-Arabien mit 1.5 Mio. Fass pro Tag – bei einer Förderung von 9 Mio. Fass schöpft es seine Kapazität aktuell nur zu 75% aus.
Betrachtet man allein die Entwicklung des Rohölpreises in den letzten 10 Monaten, so scheint die Verknappungsstrategie nicht die gewünschte Wirkung gehabt zu haben. Bei gut 80 US-Dollar notiert der Brent-Rohölpreis zuletzt etwa auf dem gleichen Level wie zum Zeitpunkt der ersten Förderkürzung. Was
ist für dich OPEC(+) schiefgelaufen? Einerseits haben die Nicht-OPEC-Länder wie die USA, Kanada, Brasilien und Norwegen ihre Produktion im Verlauf des letzten Jahres mitunter deutlich ausgeweitet. Besonders imposant ist die Entwicklung in den Vereinigten Staaten, die dank Schieferöl-Boom in den letzten Jahren zum mit Abstand grössten Ölförderer der Welt aufgestiegen sind und die Produktion innert Jahresfrist nochmals um rund 1 Mio. Fass pro Tag steigern konnten. Die Effizienz bzw- Preissetzungsmacht des Ölkartells hat infolgedessen graduell abgenommen. Anderseits steht sich die OPEC selbst im Weg. Denn die „Compliance“, also die tatsächliche Umsetzung der vereinbarten Förderkürzungen lässt bei einigen Mitgliedern offensichtlich zu wünschen übrig. Im Mai letzten Jahres traf sich die OPEC in Wien, um die Produktionsquoten wieder auf eine Linie zu bringen, doch auch hier währte der Erfolg nur kurz. Für einige Mitglieder wurde der Druck der Kürzungen zu gross. Im Falle von Angola führte dies Ende letzten Jahres zum Austritt aus der OPEC, andere Länder dürften es mit der Einhaltung ihrer Quoten derweil nicht ganz so ernst genommen haben.
Die (typische) Reaktion der OPEC auf den Ölpreisverfall liess nicht lange auf sich warten.
Ein Ende der OPEC(+) in ihrer jetzigen Form ist auf längere Sicht nicht gänzlich auszuschliessen.
Die grösste Last innerhalb des Ölkartells trägt damit Saudi-Arabien. Die Frage ist, ob und wann dem wichtigsten OPEC-Land der Geduldsfaden reisst und es seine freien Kapazitäten nutzt, um die Förderung massiv auszuweiten und seine Öleinnahmen zu maximieren. Sollte dies passieren, so droht ein Preiskrieg mit vielfältigen Konsequenzen. Zum einen würde der Ölpreis massiv sinken und einen deflationären Impuls in die Welt aussenden. Zum anderen würde sich der Bedeutungsverlust der OPEC(+) zementieren. Für die noch immer ölhungrigen Industrieländer wäre es ein geopolitischer Gewinn. Denn es könnte zugleich einen freieren Ölhandel und/oder bilaterale Produktionsabkommen mit Ländern wie Irak, Kuwait, Nigeria etc. ermöglichen. Zu den Verlierern würde offensichtlich insbesondere Saudi-Arabien zählen – der faktische Anführer des Ölkartells. Aber auch Russland wäre für einen kompetitiveren Ölmarkt schlecht vorbereitet. Eine vollständige Auflösung des OPEC-Kartells würde sich letztlich aber auf alle Mitgliedsländer nachteilig auswirken. Denn das Streben der einzelnen Produ-
zenten nach Ertragsoptimierung würde eine höhere Produktion (und niedrigere Preise) erforderlich machen. Ein Ende der OPEC(+) in ihrer jetzigen Form ist auf längere Sicht nicht gänzlich auszuschliessen. Ein von Saudi-Arabien initiierter Preiskrieg, der den Zerfall des Ölkartells auslösen könnte, ist kurz- bis mittelfristig jedoch sehr unwahrscheinlich. Einen solchen kann sich nämlich auch dieser Ölriese derzeit nicht leisten. Denn Saudi-Arabiens Vision 2030 erfordert geschätzt ein Investitionsvolumen von 3.3 Billionen US-Dollar (300% des Bruttoinlandsprodukts). Zudem wäre ein Preiskrieg wohl auch erfolglos. Denn im Gegensatz zu 2014, als Saudi-Arabien schon einmal – damals erfolgreich – die Ölquellen sprudeln liess, sind die US-Schieferölproduzenten heutzutage auf soliderem finanziellem Fuss und weit weniger preissensitiv. Sie liessen sich nicht mehr einfach so aus dem Markt drängen. Einiges spricht daher dafür, dass die aktuelle Strategie Saudi-Arabiens – Preismaximierung anstatt Volumenmaximierung – die bessere Variante zweier nicht ganz optimaler Optionen ist.
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