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Tierisch ernst. Wie das UNIKUM den 10. Oktober feiert. Wolfgang Rössler

Tierisch ernst

Wie das UNIKUM den 10. Oktober feiert.

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Ein erstes Papiermodell vom Waldrapp aus Rosegg/Rožek für den rollenden Festzug der Tiere durch Kärnten/Koroška. Foto: UNIKUM

Nach reiflichem Zögern hat sich das UNIKUM an den offiziellen Jubiläumsfeierlichkeiten zum Tag der Volksabstimmung beteiligt. Das UNIKUM! Eher hätte man vor ein paar Jahren darauf gewettet, dass der Wörthersee austrocknet oder der WAC den Einzug in die Europa League schafft. Ausgerechnet das aufmüpfige Universi tätskulturzentrum, dessen treibende Kräfte Gerhard Pilgram und Emil Krištof in der Vergangenheit keine Gelegenheit ausgelassen hatten, den Regierenden am Arnulfplatz die Meinung zu geigen. Besonders, wenn es um das leidige Thema „Abwehrkampf“ ging. Mal platzierten sie vier „goldene Scheißhaufen“ (Pilgram) auf den Säulen des Landhaushofes um gegen die üppige Subventionierung der deut schen Traditionsverbände zu protestieren. Mal machten sie sich mit einer zweisprachigen „Buhštabenzupe“ über die von oben verordnete Deutschtümlerei lustig.

Aber die Zeiten haben sich geändert und so kam es, dass die UNIKUM-Macher die freundliche Aufforderung, sich doch mit einer gewitzten Aktion zum Jubiläumsjahr 2020 einzubringen, nicht mit einem schallenden Lachen quittierten. „Erst hatten wir keine großen Ambitionen, weil wir uns in den vergangenen Jahrzehnten an dem Thema ohnehin abgearbeitet haben“, sagt Pilgram. „Aber dann hat uns doch der Hafer gestochen.“ Heuer ist also tat sächlich auch das UNIKUM mit im Boot. Das UNIKUM!

Pullfaktor – Festzug der Tiere nennt sich eine Aktion von gut einem Dutzend Künstler*innen, die zwischen Ende Sep tember und Ende Oktober an drei geschichtsträchtigen Standorten über die Bühne geht. Das UNIKUM stellt „Zugtiere“ in den Mittelpunkt: dreizehn nomadische und migrantische Arten, die, jede auf ihre Art, Grenzen überwinden. Prä sentiert werden sie auf kleinen, einachsigen Autoanhängern in Bad Eisenkappel/ Železna Kapla, Klagenfurt/Celovec und St. Johann im Rosental/Šentjanž v Rožu. Die Idee, echte Tiere auszustellen, wurde rasch verworfen. „Das könnte man ihnen nicht zumuten. Wir wollten keinen lebenden Zoo haben“, sagt Pilgram. Die Zugtiere des UNIKUMS sind von Menschenhand gemacht.

So steuert Natalie Deewan „Finken schieber“ bei. Sie hat sich von traditionellen Rechenschiebern inspirieren lassen, die Kugeln allerdings durch Finken ersetzt. Warum Finken? Ausschlaggebend war der Distelfink. „Er ist durch seine rot-weißgelbe Färbung geradezu der Prototyp des Kärntner Vogels“, sagt Deewan. Anhand der Finkenschieber werden die Ergebnis se der Volksabstimmung in ausgewählten Südkärntner Gemeinden dargestellt. Hergestellt werden die Referendums-Piepmätze in Belgrad, von einer kleinen Kooperative, die sich auf das Recycling von Plastikabfällen spezialisiert hat.

Die junge Villacher Künstlerin Paulina Molnar wiederum widmet sich in ihrem Beitrag jenen Hunden und Katzen, die an der Autobahnraststätte Techelsberg aus gesetzt werden. Weitere Teilnehmer*innen sind unter anderen der in Wien lebende Lienzer Bildhauer Hannes Zebedin, der Grafiker und Lehrer Josef Populorum oder das Künstler*innen-Duo Nika Špan und Kruno Stipešević. Ochsenschleppsuppe. Der UNIKUMAnsatz mag kritisch und ironisch sein. Verstanden werden will man aber doch. „Wir wollen, dass die Leute etwas mit unserer Aktion anfangen können“, sagt Pilgram. Dass sich Kunst spüren, greifen und manchmal sogar schmecken lässt, will der Plattenproduzent und Grafiker Uwe Bressnik beweisen. Es lässt im Rahmen der UNIKUM-Aktion „Ochsen schleppsuppe“ aus einem Anhänger in Form ausklappbarer Traktorsitze ausspeisen. Hauptbestandteil dieses Gerichts ist der Schwanz eines Ochsen. „Mir gefällt der Gedanke der restlosen Verwertung“, sagt Bressnik. Die Ochsenschleppsuppe sei das Gegenteil eines verschwenderisch aus dem Roastbeef geschnittenen T-BoneSteaks. Die mit Wildkräutern gewürzte Suppe galt lange als traditionelle Speise im Südkärntner Raum. Aus den Speise karten der Wirtshäuser der Region mag sie längst verschwunden sein. Doch nun feiert sie eine Renaissance: Als Symbol für das bekömmliche Zusammenleben zweier Volksgruppen. ● Wolfgang Rössler 39, aus Steindorf am Ossiacher See, lebt in Wien, ist Korrespondent der NZZ am Sonntag.

Pullfaktor Wanderausstellung mit den geheimen Wappentieren von 13 Südkärntner Gemeinden. 25.-29. September: Bad Eisenkappel/Železna Kapla 5.-10. Oktober: Klagenfurt/Celovec 13.-25. Oktober: St. Johann im Rosental/ Šentjanž v Rožu

Eröffnung jeweils am ersten Tag um 17 Uhr, zu sehen dann tägl. 10-17 Uhr.

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