Infrarot Nr. 203

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+++JUSO.ch+++

Zeitung der JungsozialistInnen • Journal de la Jeunesse socialiste Giornale della Gioventù socialista • Gasetta da la Giuventetgna socialista

3 Campa-Team Das neue Campa-Team der Spekulationsstopp-Initiative stellt sich vor.

9 EU-Papier Soll die Schweiz in die EU? Pascal Bührig erklärt warum nicht.

JUSO Schweiz, Postfach 8208, 3001 Bern Nr. 203, September 2012

10 Glosse Stefan wünscht sich mehr Respekt gegenüber der heiligen JUSO-Fahne.

Die SpekulationsstoppInitiative ist da! Endlich steht ein effektives Mittel gegen eine der widerlichsten Formen von Gier und Profitmacherei bereit: Die JUSO Schweiz hat an der DV in Luzern die Spekulationsstopp-Initiative offiziell lanciert.

Von Fabio Höhener

«Wir brauchen keinen Appetit, wir haben den Hunger», lässt Bertold Brecht einer seiner Kunstfiguren sagen und meint damit die systemimmanente Unterversorgung von Armut betroffenen Menschen. Eine der hässlichsten Ursachen dieser Hungersnot und Mangelernährung ist diejenige, welche durch die Spekula-tion auf Nahrungsmittel entsteht. Deshalb

wird sich die JUSO Schweiz mit einer neuen Initiative diesem Problem widmen. Die Eidgenössische Volksinitiative «Keine Spekulation auf Nahrungsmittel» will den Spekulanten endlich einen Riegel vorschieben. Nahrungsmittelspekulation hat keinen volkswirtschaftlichen Nutzen und dient alleine den Superreichen und Abzockern zur Bereicherung auf Kosten

der Ärmsten. In diesem Sinne lässt sich frei nach dem deutschen Kabarettisten Volker Pispers sagen: «Entweder man ist für ein Verbot von Nahrungsmittelspekulation oder man ist ein Arschloch! Und wer behauptet, dass ein Verbot unserer Wirtschaft schadet, ist sogar ein dummes Arschloch!» Mehr zur Spekulationstopp-Initiative auf den Seiten 4 - 8

AZB 3900 Brig

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Das Campa-Team 3

INFRARot • JUSO • September 2012

Lego Friends und ich sind Enemies Müssen wir in der Spielzeugwelt wirklich im Krebsgang gehen?

Von Samira Marty

Neulich war ich mit meinem Göttibub, sechs, im Spielzeugwarengeschäft. Einige Tage zuvor hatte ich mich bereits bei der Bedienung über das Angebot von Schultheks erkundigt. Maitli oder Bueb? Ich, etwas erstaunt: Äh, Bueb. Im Hinterkopf schwebten mir kleine Rucksäcke mit Bauernhof, Zirkus oder Dschungeltiere vor, die Bedienung aber: «Captain Sharky-, Ritter-, oder Autofan?» Auf meinen ratlosen Blick hin: «Sonst haben wir auch noch die Ledrigen mit dem Fell?» Später, mit dem Kleinen an der Hand, vor dem Regal dann die endgültige Ernüchterung. Maitli links, Buebe rechts. Schultheks rechts aufgereiht blau, rot und dominantes Schwarz, Labyrinthe mit Spinnen, Rennwagen und Schwertkämpfe. «Bi de Buebe gsehts aber gföhrlich us», meint der Kleine treffend. Links davon beschränken sich die Farben von hell- bis dunkelrosa; Prinzessin Lillifee, ihre Pferdefreundinnen und geschminkte Ballerinas lassen grüssen. Hinten dann das Lego-Regal, same old story: Für Buebe die «Lego-City» mit Feuerwehr, Polizei und Raketenabwehr. Für Maitli hat Lego nun ein neues Konzept, erklärt die Bedienung «Lego-Friends». Diese Sets beinhalten alles, was kleine Prinzessinnen optimal auf ihre Zukunft vorbereitet: Eine Cupcake-Bäckerei, einen Beauty Salon inklusive Hunde-Styling und zur Erfrischung einen herzförmigen Pool. Da drängt sich mir doch eine Frage auf: Warum müssen Jungs kämpfen, verteidigen und beschützen, während Mädchen gute und hübsche Freundinnen abgeben? Und warum muss sich Geschlechtersegregation auch heute noch durch Spielzeug manifestieren? Ich bin etwas zu lange vor dem pinken Regal stehengeblieben. Der Kleine meint, dass das Maitligestell etwas langweilig sei mit nur dieser einen Farbe. Die Verkäuferin: «Ebe, drum ischs jo nur für Maitli», und zwinkert mir zu.

Liebe Jusos Mir ist nicht klar, welchen Teil die JSVP von «Wir sammeln Unterschriften gegen Steuerabkommen, weil wir kein Bankgeheimnis wollen» nicht verstanden hat. Jedenfalls quengelte und stämpfelte sie in der Zürcher Quartierpresse (oder was auch immer dieses tagesanzeiger.ch sein will), nachdem sie eine Absage für eine gemeinsame Standaktion mit der JUSO erhalten haben. Aber es war eine gute Möglichkeit zu erklären, weshalb wir gegen die Steuerabkommen Unterschriften sammeln. • Wir wollen keine Politik, die von den Banken diktiert wird. • Steuerkriminelle sollen nicht straffrei davon kommen. • Die Abkommen sind Konzessionen an die Stärksten, um weiterhin die schwächeren und ärmeren Staaten um ihre Steuergelder betrügen zu können. Die AUNS und ihre Juniorpartnerin tun dies natürlich aus einer anderen Motivation. Neben dem Verzehr von Käse und Schokolade gehörte für sie immer auch schon die Beihilfe zur Steuerhinterziehung zu den typischen Wesensmerkmalen der SchweizerInnen. Fälschlicherweise glaubt die AUNS, mit einem Referendum Letzteres bewahren zu können. Das soll uns nicht weiter stören. Letztlich tut sie das Richtige – wenn auch aus den falschen Gründen. Die Realität ist nämlich eine andere: Mit diesen Abkommen wird der automatische Informationsaustausch und damit die Lösung für drei obengenannten Probleme verhindert. Dies widerspricht einer

Das Campa-Team stellt sich vor internationalistischen und von den Banken emanzipierten Politik. Wir freuen uns deshalb, wenn uns der Juniorpartner SP dann im Abstimmungskampf wieder hilft. Den fehlenden Mut, selbst das Referendum gegen die Steuerabkommen zu ergreifen, werden wir ihr verzeihen. Bis es soweit ist, seid ihr aber nochmals kräftig gefordert, damit das Referendum auch wirklich zu Stande kommt. Nach dieser Aufwärmrunde geht es dann aber wieder richtig zur Sache: Ab September werden wir für die Spekulationsstopp-Initiative sammeln. Von den 120'000 Unterschriften werden wir über zwei Drittel auf der Strasse sammeln müssen - und dies innerhalb eines Jahres. Sprich jeden Tag 220 Unterschriften. Was praktisch unmöglich klingt wird realistisch, wegen jeder und jedem einzelnen von euch! Wenn alle Jusos, die im Sommerlager waren, jeden Tag zwei Unterschriften sammeln oder jede Woche eine Stunde auf der Strasse stehen, können wir dieses ambitiöse Ziel erreichen. Wie alle Teilnehmenden bin ich etwas müde und runtergekämpft aus dem Sommerlager zurückgekehrt. Gleichzeitig aber auch begeistert und motiviert von der Stärke, dem Zusammenhalt und der Vielfältigkeit unserer Mitglieder. Ich bin überzeugt, dass wir unsere Herausforderungen packen werden.

Du möchtest die drei jungen Leute kennenlernen, die den Spekulanten dieser Welt das Fürchten lehren? Das wollten wir auch. Wir haben für dich mit Franziska, Moritz und François gesprochen.

Name: Franziska Bender Alter: 20 Beruf: Sekretärin GSoA und Studentin Wohnort: Zürich

Name: Moritz Hofstetter Alter: 23 Beruf: Student Agrarwissenschaften (ETH) Wohnort: Luzern/Zürich

Was ist deine Motivation, im Campa-Team mitzuarbeiten?
 Die Initiative zeigt auf, auf welch schädliche und groteske Weise heutzutage Geld gemacht wird und kritisiert die Spekulation und Profitmacherei in ihrem Kern. Die neoliberale Politik ist gescheitert und Die neoliberale Politik ist gescheitert und wir sind bereit Alternativen aufzuzeigen.

wir sind bereit Alternativen aufzuzeigen. Beginnen sollten wir dort, wo der Handlungsbedarf am dringendsten ist.

Was ist deine Motivation, im Campa-Team mitzuarbeiten?
 Ich interessiere mich im Allgemeinen stark für das globale System der Nahrungsmittelproduktion. Spekulation ist ein Auswuchs dieses Systems, den man bekämpfen muss. Mit den Wetten unserer Banken und Pensionskassen auf Preise, beeinflussen sie einen Markt, von dem Leben abhängen. Ich freue mich mitzuarbeiten, wenn wir JUSOs hier Regeln einführen. Was tust du, wenn du grad nicht für die JUSO arbeitest?
 Ich spiele in einer Ska Band, spiele Fussball oder mache sonst etwas mit Freunden. Ausserdem bin ich Teil des Vorstandes der JUSO Stadt Luzern und studiere in Zürich.

Was tust du, wenn du grad nicht für die JUSO arbeitest?
 Ich arbeite auch als politische Sekretärin bei der GSoA und studiere Wirtschaft und Politik. 
 Worauf freust du dich am meisten bei dieser Initiative? Die Initiative bietet vielen Leuten die Möglichkeit, sich zu engagieren und gegen den globalen Finanzkapitalismus anzukämpfen. Ich freue mich, mit all jenen, die etwas verändern wollen, die kommenden Jahre zusammenzuarbeiten.

Worauf freust du dich am meisten bei dieser Initiative? Ich freue mich darauf, eng mit den Sektionen und anderen Organisationen zusammenzuarbeiten. Es wird uns gelingen, den Diskurs über die Spekulation mit Nahrungsmitteln ins Zentrum zu rücken. Ein Thema, um welches man in der Schweiz bis anhin einen Bogen gemacht hat, aber unsere Aufmerksamkeit verdient. Hier können wir zusammen etwas ändern, indem wir konkrete Regelungen vorschlagen. Deshalb freue ich mich auf dieses Jahr!

Nom: François Clément Age: 23 Profession: Ouvrier ;-) Domicile: Cossonay-Ville Was ist deine Motivation, im Campa-Team mitzuarbeiten? Je viens de terminer une formation de conducteur de travaux à Fribourg. Je voulais mettre mes connaissances et ma motivation au service de mes idéaux avant de démarrer une carrière. Travailler avec une équipe jeune et enthousiaste autour d’une initiative est la meilleure manière de le faire. De plus, mes parents sont tous les deux ingénieurs agronomes et mes grands parents étaient paysans, je viens donc d’un milieu très concerné par cette initiative. Was tust du, wenn du grad nicht für die JUSO arbeitest? Actuellement, je travail dans la ferme de mon oncle pour arrondir mes fins de mois. Je n’ai pas encore trouvé d’emploi à temps partiel dans ma branche. Mais, je pense compléter mon emploi du temps par un travail de dessinateur en génie civil. Worauf freust du dich am meisten bei dieser Initiative? Je souhaite une belle victoire pour la JSS. Je souhaite que le peuple comprenne les enjeux de cette initiative. Je souhaite qu’il signe en masse cette initiative. Et donc, qu’il réalise un pas de plus vers un monde plus juste.


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Interview 5

INFRARot • JUSO • September 2012

Keine Spekulation mit Nahrungsmitteln Die exzessive Spekulation an den Rohstoffbörsen treibt Millionen Menschen in Hunger und Armut. Gleichzeitig machen die Finanzkonzerne und Spekulanten riesige Gewinne. Mit der Spekulationsstopp-Initiative können wir diese unmenschliche Profitmacherei verbieten.

«Rohstoffmultis wie Glencore setzen den Profit über die Menschen» Er kämpft seit über 30 Jahren gegen den Rohstoffhandelsplatz Zug: Jo Lang, Vizepräsident und alt-Nationalrat der Grünen Schweiz und Mitglied im Initiativkomitee der Spekulationsstopp-Initiative.

Interview: Stefan Rüegger

Von Franziska Bender

Seit einigen Jahren scheinen die Nahrungsmittelpreise ausser Kontrolle zu sein. Die Preise schwanken extrem stark und immer wieder kommt es zu Preisblasen. Die exzessive Spekulation an den Rohstoffbörsen ist hauptverantwortlich für diese Entwicklung. Sicherlich haben Faktoren wie die erhöhte Nachfrage in Schwellenländern oder das knappe Angebot durch Dürreperioden ebenso eine Auswirkung auf die Nahrungsmittelpreise. Diese Faktoren können allerdings nicht erklären, wie die Preise, im Vergleich zu 2006, um 70 % steigen konnten.

Spekulation verursacht Hunger und Armut Die Spekulation verursacht starke Preisschwankungen und führt immer wieder zu massiv erhöhten Nahrungsmittelpreisen. Beides trifft die Ärmsten dieser Welt am härtesten. In Entwicklungsländern geben die Menschen bis zu 80 Prozent ihres Einkommens für Nahrungsmittel aus. Wenn die Preise über Monate hinweg, wegen einer spekulativen Blase, überhöht sind, ist das existenzbedrohend. Viele verkaufen in der Not ihre einzigen Produktionsmittel um zu überleben und geraten so in die Armutsfalle. Auf der anderen Seite machen die Spekulanten gigantische Gewinne auf Kosten der Ärmsten. Fast eine Milliarde Menschen leiden an Hunger, alle fünf Sekunden stirbt ein Kind an Unterernährung. Die Finanzkonzerne profitieren von

steigenden Preisen und sind damit an Hunger und Armut mitschuldig. Eine widerlichere Form der Profitmacherei kann man sich kaum vorstellen.

Nur die Grossunternehmen können sich noch absichern Ursprünglich dienten die Rohstoffbörsen den Bauern zur Absicherung. Sie konnten über Future-Verträge eine Lieferung zu einem bestimmten Termin in der Zukunft und zu einem bestimmten Preis vereinbaren. So waren sie dem Preisschwankungsrisiko weniger ausgesetzt. Heute funktioniert das nicht mehr. Wegen den enormen Summen, die durch Finanzakteure auf den Markt fliessen, sind die Gebühren für Kleinbauern zu hoch. Viele haben auch keinen Zugang und kein Know-how um sich auf den Börsen richtig abzusichern. Profitieren können nur riesige Finanzkonzerne und Grossunternehmen wie Glencore. Die Spekulanten treten in Konkurrenz zu jenen, die real produzieren. Gleichzeitig führt die Spekulation dazu, dass die Preisschwankungen stärker sind als je zuvor. Kleinbauern haben so keine Chance mehr, sich abzusichern.

Schweizer Banken im Geschäft mit dem Hunger Auch Schweizer Banken vertreiben Produkte, die von steigenden Preisen profitieren. Die UBS hat einen der grössten

Rohstoffindizes entwickelt, der auch Agrarrohstoffe enthält und weltweit gehandelt wird. Sie bezeichnet die Spekulation mit Nahrungsmitteln als «Farbtupfer» «Es geht darum, der widerlichsten Form der Profitmacherei, einen Riegel vorzuschieben» in ihrem Portfolio. Und damit steht sie nicht allein. Die Credit Suisse und andere Schweizer Kantonal- und Privatbanken sind genauso grosse Akteure in diesem Spiel. Wir fordern deshalb mit der Spekulationsstopp-Initiative ein Ende der Spekulation mit Nahrungsmitteln. Die Preisabsicherung an den Rohstoffbörsen soll weiterhin erlaubt sein. Doch Finanzkonzerne, die nichts mit der realen Produktion von Nahrungsmitteln zu tun haben, sollen auch keinen Profit aus steigenden Preisen ziehen können. Es geht um internationale Solidarität mit den Verlierern eines Systems, das nicht einmal seine Hauptaufgabe, die Menschen zu ernähren, erfüllen kann. Es geht darum, der widerlichsten Form der Profitmacherei, einen Riegel vorzuschieben.

Infrarot: Was sind die Konsequenzen von Nahrungsmittelspekulation? Warum soll sie verboten werden? Jo Lang: Als 2008 die Preise für Grundnahrungsmittel massiv stiegen, führte das zu einer schlagartigen Zunahme der Hungernden auf eine Milliarde. Das hat auch damit zu tun, dass in Drittweltländern die Mehrheit der Menschen zwischen sechzig und achtzig Prozent ihres Einkommens für Essen ausgibt. Der Hauptgrund für die damalige Preisexplosion war die Spekulation. Im Mai 2008 sagte der frühere HedgefondsHändler Michael Masters: «Institutionelle Anleger kaufen lebenswichtige Güter auf, die nur in beschränkter Menge zur Verfügung stehen, einzig und allein, um damit spekulative Profite einzufahren.» Tatsächlich sind Pensionskassen schwere Sünder. Aber auch Rohstoffmultis wie Glencore setzen den Profit über die Menschen. Dazu ein Beispiel aus dem Jahre 2010: Glencore hatte Russland dazu bewogen, ein Exportverbot für Weizen zu beschliessen. Innert zwei Tagen schnellten die globalen Preise um 15 Prozent nach oben. Für Millionen von Familien bedeutete das eine Katastrophe. So musste Ägypten, der weltweit grösste Weizen-Importeur, im Juli 2010, 184 Dollar pro Tonne bezahlen. Im August, nach dem russischen Entscheid, waren es fast 300 Dollar. Glencore, die auf eine Erhöhung der Weizenpreise spekuliert hatte, konnte darauf ihre Profite in der Agrarsparte verdoppeln. Aber auch der Absturz von Preisen hat für Hunderte von Millionen armer Familien dramatische Folgen. Ihre Produkte bringen nichts mehr ein. Sie müssen das Dorf verlassen, gehen in die Bidonvilles und werden dort zum Opfer von steigenden Nahrungsmittelpreisen. Die Spekulation verschärft die Preisschwankungen. Die Armen leiden unter beidem, die Spekulanten profitieren von beidem. Allein die Tatsache, dass mit Ausnahme gewisser Erdölstaaten die Rohstoffländer arm bleiben und die Länder, aus denen die Spekulanten operieren, reicher werden, zeigt, wer die Verlierer und wer die Gewinner sind.

Die Weltbevölkerung wächst und mit ihr auch die Nachfrage nach Nahrungsmitteln. Sind steigende Preise da nicht die logische Konsequenz? Das Grundproblem sind nicht die steigenden Preise sondern die extremen Schwankungen. Ein Drittweltland mit einer einigermassen ausgeglichenen Landwirtschaftsstruktur und eigener Kontrolle über die Rohstoffausbeutung kann von steigenden Preisen durchaus profitieren und hat genügend Geld, die Lebensmittel zugunsten der Ärmsten zu subventionieren. Die Unctad, die UNO-Konferenz für Handel und Entwicklung, fordert seit Jahren, dass Preise künftig in Verträgen zwischen produzierenden und konsumierenden Ländern ausgehandelt werden. Das bringt den Drittweltländern Existenz- und Ernährungssicherheit. Nahrungsmittelspekulation ist ein internationales Phänomen. Wie kann sich die Schweiz dagegen einsetzen? Die Schweiz ist nicht nur ein globales Zentrum des allgemeinen Rohstoffhandels, sondern auch bei den Nahrungsmitteln. Genau wie die Aufweichung des Bankgeheimnisses weltweit segensreiche Folgen

hat, hätte ein Spekulationsverbot globale Konsequenzen. Was können wir mit der Initiative erreichen? Sicher können wir eine grosse Debatte schaffen. Das fürchten die Spekulanten wie der Teufel das Weihwasser. In den letzten Jahren ist in breiten Teilen der Bevölkerung die Sensibilität gegenüber dem Rohstoffhandel und den Schweizer Multis gewachsen. Deshalb können es sich Hilfswerke, die früher in diesen Fragen

«Mit ihrer Initiative holt die JUSO die wachsende Kritik ab.»

sehr zurückhaltend waren, nun leisten, kritische Studien zu veröffentlichen ohne einen Spendeneinbruch zu erleiden. Mit ihrer Initiative holt die JUSO diese wachsende Kritik ab. Ein Erfolg der Initiative hätte weltweit grosse positive Folgen.


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INFRARot • JUSO • September 2012

Hintergrund 7

Nahrungsmittelkrisen sind keine Naturereignisse Immer mehr Organisationen und Ökonomen warnen vor schwerwiegenden, internationalen Hungersnöten. Es wird immer deutlicher, dass diese Katastrophen oftmals eine künstliche Ursache besitzen. Doch die Politik redet weiterhin lieber über das Wetter. Die JUSO Schweiz will dem ein Ende bereiten.

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Von Fabio Höhener

Es sind zutiefst beunruhigende Zahlen, welche die Welternährungsorganisation (FAO) anfangs August den Medien vorgelegt hat. Die aktuellsten Daten zeigen, dass der Getreidepreis auf dem Weltmarkt im Vormonat um 19 Prozent gestiegen ist.

«Es droht bereits die nächste Hungersnot.»

Der Preis für Mais legte gar um 40 Prozent zu. Damit erreicht der FAO-Index, welcher Preisschwankungen für Grundnahrungsmittel ermittelt, einen höheren Stand als während den Lebensmittelkrisen vor vier Jahren. Die UNO ist alarmiert und warnt

auf Grund der neusten Zahlen vor einer Wiederholung der Krise von 2007 und 2008, die in mehreren Länder zu Hungeraufständen geführt hat. Den Schuldigen an der katastrophalen Lage sieht die UNO bei einer grossen Dürreperiode die zurzeit den Mittleren Westen der USA heimsucht. Infolge dieser Trockenheit kam es zu massiven Ernteausfällen von Ackerbauprodukten, mit denen die USA den Weltmarkt versorgen. Gerade bei Mais führe dies zu diesem erneuten Preisanstieg. Verschärft wird die Krise auch durch das amerikanische Subventionsprogramm für die Ethanolproduktion. Diese führt dazu, dass bereits heute rund 40 Prozent der Maisernte in Automotoren verbrannt wird. Dagegen werden rund 36 Prozent des amerikanischen Maises für die Tierhaltung verwendet. Die steigende Nachfrage und das

Die JUSO an einer Demonstration in Zug gegen die Machenschaften von Xstrata und Glencore.

kurzfristig beschränkte Angebot treiben den Preis in die Höhe. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Steigende Preise und vor allem starke Preisschwankungen, machen zudem Getreidesorten wie Mais für gierige Investoren attraktiv. Gerade wenn die Nachricht von Überschwemmungen, Dürreperioden und Missernten die Runde macht, werfen sich die Spekulanten wie Heuschrecken auf Agrarrohstoffe, bei denen einen Preisanstieg zu erwarten ist. Durch die Hamsterkäufe verteuert sich der Preis dieser Produkte zusätzlich. Die Konsequenzen aus dieser Praxis trägt der Endverbraucher. Wir bemerken den Preisanstieg bei unserem Bäcker kaum, doch in Ländern, in denen Menschen rund 80 bis 90 Prozent ihres Haushaltseinkommens für Nahrungsmittel ausgeben, kann das katastrophale Folgen haben. In der öffentlichen Meinung ist es immer noch stark umstritten, ob jetzt nun Naturphänomene, Ethanolproduktion oder Nahrungsmittelspekulation die gravierendste Ursache für den Preisanstieg, beziehungsweise für die massiven Preisschwankungen der Lebensmittel sind. Der Effekt von Nahrungsmittelspekulation auf den Preis wird mittlerweile nicht einmal mehr von den G20-Staaten bestrittenen. Jedoch zeigt sich in den jeweiligen Nationen, trotz stärker werdenden Drucks von Entwicklungsorganisationen, keine Regulierungsbereitschaft. Man schiebt die Hauptschuld weiterhin auf die unkontrollierbaren, regionalen Wetterereignisse, anstatt auf das internationale Finanzsystem. Immer mehr wird aber deutlich, dass nur ein Verbot der Nahrungsmittelspekulation die Lage auf den internatio-

nalen Agrarmärkten vorerst beruhigen kann. Zurzeit schätzen Ökonomen, dass rund 15 - 20 Prozent des jüngsten Preisanstiegs auf die Spekulation auf Nahrungsmittel zurückzuführen ist. Da bereits kleinste Preissteigerungen für viele von Armut betroffenen Menschen drastische Auswirkungen haben können, ist es unausweichlich, gegen diese Spekulanten vorzugehen. Der deutsche Börsenmakler Dirk Müller, der von den Medien gerne als «MR. DAX» bezeichnet wird, spricht in einer Videobotschaft an die JUSO Delegierten klartext: «In einigen Ländern gehen Kinder hungrig ins Bett, nicht weil nicht genug Lebensmittel da wären, sondern weil sie sich diese nicht leisten können.

«Das ist russisches Roulette mit dem Leben anderer.»

Und sie können sie sich nicht leisten, weil wir an den Terminmärkten russisches Roulette mit dem Leben anderer spielen.» Laut Müller sei es sowieso unverständlich, weshalb sich Finanzinstitute, die rein gar nichts mit dem Agrarsektor zu tun haben, am Handel mit Nahrungsmittel beteiligen dürfen. Spekulanten machen nichts anderes, als sich virtuell riesige Vorräte an Getreide und Reis zu sichern, nur um den Preis weiter anzutreiben und dann überteuert den Hungernden wieder zu verkaufen. Mit der Spekulationsstopp-Initiative en-

gagiert sich nun auch die JUSO Schweiz an vorderster Front einer immer grösseren internationalen Bewegung. Im Gegensatz zu den MitstreiterInnen aus anderen Ländern, besitzen wir mit der Volksinitiative ein Mittel, das unsere Regierung zum Handeln verpflichtet. Dass die JUSOs in den verschiedensten Sektionen genügend Unterschriften sammeln werden, bezweifelt niemand. Der anschliessende Abstimmungskampf wäre durchaus auch zu gewinnen. Doch was hätte ein nationales Spekulationsverbot überhaupt für Auswirkungen auf die globale Situation? Es macht durchaus Sinn, dieses Problem auch auf regionaler Ebene anzugehen. Die Schweiz kann nicht nur mit gutem Beispiel vorangehen und so weitere nationale Regierungen motivieren, dieses Geschäft aufzugeben, sondern sie hindert direkt übelste Unternehmen mit Sitz in der Schweiz daran, das Geschäft mit dem Hunger weiterzuführen. Auf dem wichtigen Schweizer Finanzplatz tummeln sich die grössten «globale Player» der Nahrungsmittelspekulation. Ausserdem besitzen einige der grössten Rohstoffunternehmen ihren Sitz in den steuergünstigsten Kantonen. Denkt man alleine an Xstrata/Glencore aus dem Kanton Zug, wird klar, dass die Schweiz, nicht ein kleiner Nebenschauplatz beim Handeln und Spekulieren mit Nahrungsmittel ist, sondern oftmals Dreh- und Angelpunkt. Anbetracht der herausragenden Rolle der Schweiz als Finanzplatz und Firmensitz bei diesem Verbrechen gegen die Menschheit, ist es nichts anderes als unterlassene Hilfeleistung, wenn die JUSO tatenlos zusieht. Weder die JUSO, noch die Schweiz,

«Nahrungsmittelspekulation ist ein Verbrechen gegen die Menschheit.»

kann es sich leisten, nichts zu tun. Auf dem Weg zu einer Welt ohne Hunger ist das Verbot von Nahrungsmittelspekulation für Firmen und Finanzinstitute mit Sitz in der Schweiz nur ein erster, aber dafür ein unglaublich wichtiger Schritt. Die Schweiz ist durchaus der richtige Ort, um den Kampf gegen den Hunger durch Spekulation aufzunehmen und die JUSO wiederum ist die richtige Organisation, um den Widerstand anzuführen. Es steht der Spekulationsstopp-Initiative nichts mehr im Wege. Das Unterschriftensammeln kann beginnen.


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INFRARot • JUSO • September 2012

EU-Debatte 9

Was kannst du gegen Nahrungsmittelspekulation tun?

«Mit der EU den Kapitalismus überwinden? Nein!»

Jetzt geht’s los: Wir sammeln Unterschriften für unsere Spekulations-Stopp Initiative. Damit sagen wir den Spekulanten den Kampf an. Nahrungsmittelpreise sollen nicht mehr Spielball der Finanzindustrie sein, die widerlichste Form der Profitmacherei muss endlich verboten werden!

Welche Fehler hat die EU? Wenn es nach Pascal Bührig, JUSO Zürich, geht, ist diese Frage falsch gestellt. Denn die EU sei ein «überdimensionaler Arbeitgeberbund», bei dem es nur um privaten Profit und nicht um die Menschen gehe. Als Marxist setzt er keine Hoffnungen in die EU - deswegen hat er am Gegenpapier mitgearbeitet.

Nur dank den vielen aktiven JUSO Mitgliedern kann unsere SpekulationsstoppKampagne ein Erfolg werden. Wenn auch du unsere Initiative unterstützen willst, gibt es einiges was du tun kannst: 1. Plane Sammelaktionen und bereite deine Sektion auf die Sammelphase vor: Vereinbare Sammeltage und Sammelevents. Organisiere so viele Leute wie möglich, die regelmässig Unterschriften sammeln. Denk dir Aktionen aus, um die Kampagne zu unterstützen. Viele Parteien scheitern an den Hunderttausend – wir werden es schaffen!

2. Werde SupersammlerIn: Verpflichte dich, im ersten Monat nach Sammelstart mindestens 100 Unterschriften für die Spekulationsstopp-Initiative zu sammeln! Anmelden kannst du dich auf der Homepage (www.juso.ch/spekulationsstopp) 3. Überzeuge Freunde und Bekannte von unserem Anliegen Überzeuge Freunde und Verwandte von der Spekulationsstopp-Initiative und zeig ihnen, wie sie sich einsetzen können. Zum Beispiel mit einer Spende: Schicke uns ihre Adresse und wir senden ihnen einen Brief in deinem Namen. Mehr Infos: www. juso.ch/spekulationsstopp/5-FreundInnen

4. Stelle unsere Initiative vor: Ein Besuch in deiner SP-Sektion ist immer eine gute Gelegenheit, auf unsere Kampagne aufmerksam zu machen. Mit den Forderungen unserer neuen Initiative wirst du auf offene Ohren stossen. Bei allen Ideen und Aktionen steht dir das Campa-Team gerne zur Seite. Wir haben nicht das Geld uns eine Initiative zu erkaufen, indem wir jedem Haushalt den Unterschriftenbogen zuschicken. Also werde jetzt aktiv und setze dich für die Initiative ein, damit auch die Anliegen durchgesetzt werden, hinter denen kein finanzielles Interesse steht. campa@juso.ch

«La clé de l'initiative et ce que vous pouvez faire en tant que jeune socialiste»

Interview: Felix Graf

Infrarot: Pascal, du hast das Contra-EU-Beitrittspapier miterarbeitet. Warum? Pascal: Wirklich gearbeitet haben andere. Ich habe vor allem anfangs bei der Planung mitgewirkt. Mein Motiv? Es scheint in SP und JUSO viele Turbos zu geben, die geradewegs in die EU marschieren und sie zum Guten wenden wollen. Ich glaube nicht, dass wir dort mit den GenossInnen von PS und SPD etwas erreichen. Weiter ist mir auch der Glaube an Staaten(-bunde) suspekt. Die europäische Linke muss eine Systemalternative bieten, was in diesem überdimensionierten Arbeitgeberbund kaum glaubwürdig wäre. Weshalb soll die Schweiz nicht der EU beitreten? «Die Schweiz» ist eine Nation und ein bürgerlicher Staat, das heisst mir als Marxist Wurst. Die Frage stellt sich so für mich nicht. Ich will ein linkes Konzept der politischen Globalisierung. Wir wollen Nationalstaat sowie Kapitalismus überwinden

Von Clément François

Nous y voilà ! Nous voilà partis pour un an de récolte de signature. Un travail harassant et de longue haleine qui nous fera battre le pavé par tout les temps. Mais, finalement, n’est-ce pas exactement pour cela que nous somme doué ? Occuper le terrain ? Descendre dans la rue? convaincre chaque citoyen et citoyenne de la pertinence de nos idées ? Nous avons, avec la 1.12, déjà prouvé notre capacité à récolter en un temps record des signatures. Et, cela malgré que nous soyons une petite organisation avec peu de moyens. Et la clé de notre succès, c’est vous. Chaque membre de la JSS apporte sa mo-

tivation et son travail. Chacun de vous crée, par son dynamisme et son imagination, des actions, des flash-mob et des campagnes d’affichage qui portent nos idées en Suisse. Chacun pas sa présence dans les marchés, dans les festivals, dans les rues et les gares, récoltant les signatures assurent notre réussite. Bien sur, 105'000 signatures c’est tout de même du boulot. Et comme nous ne pouvons pas envoyer des millions d’enveloppes dans le pays qui demande gentiment au peuple de faire le travail à notre place, il s’agira de rester motivé. Mais, si changer le monde était facile, ça

se saurait ! Et comme nous avons décidé de défendre le démunit, le faible et le travailleur face au fort, nous devons réaliser nos objectif avec moins de moyen que les autres. Mais comme nous savons tous pourquoi nous sommes engagés et pourquoi nous devons nous battre, je ne doute pas qu’à terme nous changerons ce qui nous dérange !

«Die Nation Schweiz ist mir als Marxist Wurst»

und müssen dafür Politik global organisieren. Eine supranationale Organisation Europas ist da ein logischer Zwischenschritt. Kann die EU diesen Prioritäten nachkommen? Ich sage Nein, folglich gilt das auch für diese Frage. Niemandem empfehle ich einen Beitritt, weil die EU nach Einzelinteressen funktioniert.

Was sind für dich die grössten Fehler im System der Europäischen Gemeinschaft? Die «Europäische Union» kann keine «Fehler» haben, wenn ich unter Internationalismus etwas anderes verstehe. Sie ist das Projekt europäischer KapitalistInnen, um Binnenmärkte zu liberalisieren, eine Fiskalpolitik im Sinne der starken Industriestaaten zu betreiben und so erfolgreich in Globalkonkurrenz zu treten. Am Nationalstaat hält man prinzipiell fest. Die Reaktionen auf das eigene Scheitern sind Technokratie, Repression, Sparwahn und Ohnmacht gegenüber dem grassierenden Rechsextremismus. Dem «Friedensprojekt» liegen die EMRK und die durchaus erfolg-

«Der EU geht es um Freihandel und privaten Profit!»

reiche Diplomatie zugrunde, dank einigen VisionärInnen mit Rückgrat. Sinn und der Zweck der EU bleibt jedoch ein anderer. Es geht um Freihandel und privaten Profit! Solange Konflikte sich in diesem Sinne regeln liessen, hatte man Frieden. Bei externen Konflikten und den aktuellen Krisenaufständen, zeigt sie ein brutales Gesicht. Soll denn die Schweiz weiterhin Nichtmitglied bleiben, wenn wesentliche Entscheide für das Land in Brüssel getroffen werden, bei denen wir nichts zu sagen haben? Erstens gibt es auch andere solche Gremien, deren Mitgliedschaft die Linke nie erwägen würde. Zweitens kann auch ein

Deutscher nur eineN AbgesandteN ins schwache EU-Parlament schicken. Das opportunistische Argument «in der EU mitherrschen oder von ihr beherrscht werden» finde ich schwach. Ich mache Politik, um zu ändern was mich stört. Dafür will ich nicht pragmatisch verhandeln, sondern eine klare Linie fahren. Angesichts der noch prekäreren Kräfteverhältnisse und der sattelfesten Deutungshoheit können wir als SozialistInnen in der EU kaum mitmischen. Wir müssen nicht in Ämter gelangen, sondern die Menschen zur Gegenbewegung überzeugen. Steht für dich somit ein Beitritt gar nicht zur Debatte oder sähest du doch Spielraum für Beitrittsdiskussionen, falls sich die EU in eine gewisse Richtung bewegt? Wenn die Alternative der EU zu ihrer Krise Sparen und Wachstum ist, halte ich einen echten Kurswechsel für unmöglich. Das ist aber subjektiv, für uns alle zählt der Zweck! Ein pauschales Nein wäre vermessen, weil auch die Idee einer linken Bewegung des Internationalismus zurzeit kaum realistisch ist. Da habe ich schon Sympathien mit Vasco Pedrinas Idee, einer internen Fundamentalopposition der Arbeitenden. Wichtig für mich als JUSO ist, dass wir konsequent gegen das Kapital politisieren, uns dafür mit Gleichgesinnten zusammenschliessen und auf Effekt setzen.

Im letzten Infrarot, erschien ein Interview mit Jan Fässler, Mitverfasser des Pro-EUPapiers.


10 INFRARot • JUSO • September 2012

Glosse 11

Steuerabkommen sind Scheinlösungen! Mit den Steuerabkommen verfolgt die Schweiz zwei Ziele: Einerseits soll das Schwarzgeld auf Schweizer Bankkonten legalisiert werden und andererseits soll der zukünftige Umgang mit Geldern aus dem Ausland geregelt werden. Beides ist auf den ersten Blick richtig – aber nur auf den ersten Blick. Von: Kristina Schüpbach

Die Schweiz steht international wegen dem Bankgeheimnis unter massivem Druck. Jenes «Geheimnis» hat schon lange nichts mehr mit Datenschutz zu tun, sondern ermöglicht den Banken seit Jahrzenten, sich an der Kriminalität ausländischer SteuerhinterzieherInnen ein goldiges Händchen zu verdienen. Die Steuerabkommen ziehen diese gut verdienenden Kriminellen nicht zur Rechenschaft. Im Gegenteil: Steuerbetrüger und Banken sollen eine Amnestie für ihre krummen Geschäfte bekommen. Das ist ein Schlag ins Gesicht aller ehrlichen SteuerzahlerInnen! Viele, die jahre-

lang Geld illegal versteckt haben, sollen jetzt sogar noch günstiger wegkommen als jene, die sich selbst anzeigten. Es ist ausserdem absehbar, dass die Schweiz weitere solche Abkommen nur mit Ländern verhandeln wird, welche genug Druck ausüben können. Weniger mächtige Länder, welche die Steuereinnahmen noch viel dringender benötigten, werden an verschlossene Türen klopfen. Für die JUSO ist das unakzeptabel und deshalb war es nur konsequent die Referenden zu ergreifen. Für uns ist klar: Die Schweiz muss so schnell wie möglich

auf eine konsequente Weissgeldstrategie umsteigen. Es kann nicht sein, dass wir weiterhin Gelder von Superreichen verstecken, welche in anderen, von der Krise gezeichneten Ländern, dringend benötigt werden! Der einzige Weg zu einer ehrlichen Steuerpolitik ist der automatische Informationsaustausch. Dieser ist das Ende der Steuerflucht von jenen Privilegierten, welche es nicht für nötig halten, ihren gerechten Anteil an die Gesellschaft zu bezahlen.

Ecosy-Camp Mit einer Delegation von 32 TeilnehmerInnen war die JUSO Schweiz am diesjährigen ECOSY-Camp gut vertreten. Von: Florian Sieber

In Savudrija, Kroatien, haben sich insgesamt 1600 JungsozialistInnen aus ganz Europa getroffen, um eine Woche über Internationalismus, Sozialismus und noch viel mehr zu diskutieren. Am Rande des Camps wurde die JUSO Schweiz ausserdem als «Represant of the observer members» gewählt und vertritt somit nun die elf JUSO-Organisationen mit Beobachterstatus im ECOSY-Büro. Damit ist die JUSO Schweiz einen Schritt weiter auf dem Weg zum ECOSY-Vollmitglied!

Es ist eine Fahne, kein Krückstock! Von: Stefan Rüegger

Vor den Olympischen Spielen ist die freudige Spannung jeweils gross. Wem wird wohl die Ehre zuteil unsere Delegation bei der Eröffnungszeremonie anzuführen? Wer darf als Heldin der Helden, als Ehrenhafteste unter den Ehrenhaften den Einzug der Schweiz ins heilige Olympialand als Fahnenträger verleben? Wird es wieder König Roger der Erste sein, charmanter Traum aller Schwiegermütter? Oder vielleicht doch sein treuer Knappe Stan? Wer wird SIE vor unseren Athletinnen und Athleten stolz und würdevoll ergriffen – ja demütig! – vorantragen? SIE, die rot-weisse Fahne, Symbol von Rechtschaffenheit und Unbeugsamkeit, Freiheit und Käsefondue!

Auch wenn die JUSO demonstrieren fährt, sind sie versammelt: Heldinnen und Helden von Sache und Partei, eine ehrenhafter als der andere. Und es gilt ganz zweifelsohne: Farbe bekennen, Flagge zeigen! Doch wer denkt, dass folglich wohl auch hier das Tragen der Fahne das Höchste der Gefühle sei, wird mitunter schnell die Denkerstirn in Falten legen. Eine steht, Kippe in der Linken, Fahnenstange in der Rechten, die Fahne im Gesicht des Hintermannes. Ein anderer, müde auf das rot beflaggte Gebälk gestützt – gerade so, als wäre es ein Krückstock! Unvergessen auch Ausflüge einzelner Trägerinnen und Träger an Orte, wo die Fahne definitiv weder hin wollte noch sollte. Im Leben nicht. Es

scheint fast, als wären ausgerechnet die Knallköpfe vom Aufbau jene, die unserer Fahne die grösste Aufmerksamkeit zukommen lassen – wenn auch nur als Ziel ihrer beliebigen Destruktivität. Wo sind sie denn alle hin, die stolzen Vorweggeherinnen und Fahnenschwenker? Zur SP können sie ja nicht abgewandert sein... Bist du eine? Willst du einer sein? Das solltest du unbedingt! Also hoch die Fahne, Farbe bekennen! Spüre es! Sei die Fahne, sei die Partei! Wer, wenn nicht du?

SoLa-Statistik Die akribisch berechneten Fakten enthüllen fünf unvergessliche, wundervolle Tage auf 1936 m.ü.M. Von: Angelo Zehr und Samira Marty

• TeilnehmerInnen total: 129

• Anzahl VeganerInnen: 5

• Hackfleisch-Verzehr (in Kg): 27

• Konsumierte Liter Bier: 795

• Anzahl unfreiwillig mit Filzstift bemalte Körper: 3

• Nebel (in h): 32

• Geschlafene Stunden durchschnitt- lich pro Nacht/Person (Siesta inkl.): 5

Ab der nächsten Ausgabe neu: Demokratiegeschichten Unsere neue Rubrik widmet sich ganz der direkten Demokratie und ihren Folgen- hast auch du eine prägende Erfahrung mit dieser gemacht, dann melde dich bei der Redaktion (redaktioninfrarot@juso.ch).

• Anzahl Smartphones: 125 • Vertretene Kantone: 21 • Länge des längsten Kassenzettels der Küche(in cm): 46.3 • Konsumierte Spaghetti (in m): 21‘000 • Angestiegene Bevölkerungszahl durch das Juso-Lager in Chandolin (in %): 160

• Ämtli-DrückebergerInnen (Durch- schnitt pro Gruppe und Ämtli): 1.8 • Verkotzte Waschbecken: 1 • Verbrauchte Kondome (diskrete Vermutung): 55 • Zigarettenstummel (in 1000): 4.8 • Erhöhtes Risiko auf Passiv Rauchen: 80  % • Gespielte Flunkyball-Partien: 33

• Ray Ban-Brillen (inkl. Fälschungen): 53 • Workshops total: 21 • Gesteigerter Umsatz des Dörflädelis (in %): 130 • Promi-Besuche: 5 • Hipster-Witze (in Lacher): 154


Das Allerletzte 12

JUSO SoLa in Chandolin

Impressum Herausgeber: Infrarot – Infrarouge –Infrarosso – Infracotschen · Spitalgasse 34, PF 8208, 3001 Bern, www.juso.ch,

www.jss.ch · Kontakt: infrarot@juso.ch, 031 329 69 99 · Redaktion: Felix Graf, Fabio Höhener, Samira Marty, Kristina Schüpbach, Angelo Zehr, Myriam Scherly, Stefan Rüegger· Design & Layout: art.I.schock GmbH, Zürich, www.artischock.net · Druck: S & Z Print, 3902 Brig-Glis · Abo: Fr. 20.- / Jahr – Infrarot erscheint 6 Mal pro Jahr.


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