Infrarot Nr. 194

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+++juso.ch+++

Zeitung der JungsozialistInnen • Journal de la Jeunesse socialiste Giornale della Gioventù socialista • Gasetta da la Giuventetgna socialista

5 Über 200 Jusos Eine JV, so spannend und lässig wie noch nie. Warum du mit dabei sein musst

9 Transparenz bei Parteispenden Warum Cédric Wermuth seit neuestem Waschmittel verkauft

JUSO Schweiz, Postfach 8208, 3001 Bern Nr. 194, März 2011

10 Gleichstellung statt Feminismus Die Juso braucht eine ganzheitliche Freiheitsbewegung, meint Tanja Walliser

Revolution – virtuell vs. real I've started throwing stones with the crew at the museum battle. Don't have any other choice. Viva la revolucion. Von Clau Dermont

Diese Meldung sendete Tarek Shalaby, ein Informatiker, Blogger und Twitterer von Kairo, am 2. Februar über Twitter an die ganze Welt. In den arabischen Ländern, welche sich intensiv mit ihren Autokraten beschäftigt, war und ist das Internet das wohl wichtigste Kommunikationsmittel einer jungen Bevölkerungsschicht, die sich gegen das System aufgelehnt hat. Über die sozialen Medien wurde die Weltgemeinschaft informiert und mit den RevolutionärInnen kommuniziert. Innert kurzer Zeit wurde, ohne die traditionellen Hilfsmittel Print, Radio und Fernsehen, diese Aufbruchstimmung nicht nur in einzelnen Länder, sondern in einer ganzen Weltregion verbreitet. Die Welt verändert sich – mit dem Internet und durch das Internet. Das infrarot beschäftigt sich diesesmal mit internationalen Themen, mit dem Internet und mit der nächsten JV. Wie steht ihr dazu? Schreibt uns eure Meinung in unserer nagelneuen Facebook-Gruppe!

AZB 3900 Brig

rot rouge rosso cotschen


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INFRARot • JUSO • März 2011

Kommentar der Redaktion:

«Keine Wahlkampflokomotive für die SVP!»

Die SVP spekuliert im Wahlkampfjahr auf sogenannte «Linke Gewalt». Wer wird ihr diesen Wunsch erfüllen? Ein paar Idioten lassen sich immer finden. Von Fabio Höhener

Nein, ich distanziere mich nicht von den Ohrfeigen an Hans Fehr! Wieso auch? Spätestens nachdem Leute des Revolutionären Aufbaus während eines 1. Mais in Zürich den JUSO-Stand zertrümmerten und Genossinnen und Genossen angriffen (wobei eine Person wegen einer Gehirnerschütterung sogar im Krankenhaus landete), sehe ich die Bewegung – oder sozialistischer Bremsklotz – mit kritischeren Augen. Umso mehr beunruhigt mich diese unkritische Solidarität einiger Jusos gegenüber dem «Revolutionären Aufbau» und der «Revolutionären Jugend Zürich». Beide zeigen sich bewusst unsolidarisch gegenüber der demokratischen Linken und der Sozialdemokratie. So schreibt der Aufbau in einer Kritik an das SP-Parteiprogramm: «Das neue SP-Parteiprogramm sorgte für Aufregung (…) an der durch und durch kapitalfreundlichen Politik der Partei wird es nichts ändern.» Die JUSO wiederum wird als naiv beschimpft: «Das Vorhaben der Juso, die Sozialdemokratie zu verändern, mag zwar durchaus sympathisch sein, ist aber auf Grund von deren Charakter zum Scheitern verurteilt.» Die Kritik gegenüber der SP kann ich oft mit gutem Gewissen mittragen. Als Sozialist läuft mir aber die lächerliche Revolutionsromantik zuwider. Seit Jahren reden sie vom Aufbau einer «revolutionären Gegenmacht», mit offensichtlich bescheidenem Erfolg. Bleibt nur zu hoffen, dass man dieses Jahr der gezielten Provokation der SVP mit ihrem «Marsch nach Bern» widersteht. Machen wir uns nicht die Finger schmutzig!

Phädääm!

Von Vivien Jobé

Es war ein schwieriges Umfeld damals, im Sommer 2008 als eure «Sternstunde» kam. Die JUSO Schweiz dümpelte vor sich hin, hatte gerade ihre GenossInnen aus der Suisse Romande aus der Geschäftsleitung verloren und die Wahlen 2007 waren auch noch nicht vergessen. Sebi und Marco, ihr wart schon seit einiger Zeit in der GL und wusstet, dass es nun was Grosses braucht, eine Vision, ein «phädääm». Mit der Wahl von Tanja in die GL, der Einführung des Präsidium und dessen Besetzung durch Cédric, waren die Grundlagen da um neu zu beginnen, gross zu denken und mutig und mit grossen Schritten nach vorne zu gehen. Zur stärksten Jungpartei der Schweiz wollten wir werden, Mitglieder haben, die wissen wofür sie stehen und wohin sie wollen, unseren Einfluss in der schwächelnden SP vergrössern und gemeinsam für ein Projekt kämpfen, das die Menschen in der Schweiz

weiterbringt und die grosse Gerechtigkeitsfrage stellt. Was damals Vision war, ist heute euer Alltag, wovon wir damals geträumt haben, schlägt euch heute täglich in Mehraufwand, Telefonen, Medienauftritten und Emails um die Ohren. Dass ihr bis jetzt und auch in Zukunft so viel Zeit, Schweiss und Herzblut investiert ist in unserer Organisation zum Glück keine Seltenheit – aber darum noch lange nicht Selbstverständlich! Darum Danke Tanja für die stetige Motivation, den Tatendrang und die Ausdauer. Marco für die Spontanität, die Last MinuteAktionen und dein grafisches Hau-Ruck Talent. Sebi, für die kritischen Bemerkungen zur richtigen Zeit und das Händchen für provokative Positionspapiere. Cédric für die Weitsicht und das Talent, unseren Forderungen und Inhalten Gehör zu verschaffen.


Internationales

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Virtuelle Revolution? Das Internet hat als neues Medium nicht nur die Welt stärker vernetzt, sondern dient auch als Instrument der Politik. Sei es ein Blog, eine Facebook-Gruppe oder lediglich die Streuung einer Information, wann und wo eine Demo stattfindet: das Internet wird verpolitisiert.

Von Clau Dermont

Wer heute eine politische Diskussion führen möchte, muss sich nicht mehr an einen Stammtisch bemühen. Statt bei Stange (und früher Stumpe) werden verbalpolitische Feldzüge per Maus und Tastatur geführt, die gelobten Seiten sind Facebook, Twitter, Politnetz und alle möglichen Newsportale mit Kommentarfunktion. Platz hat’s ja genug im WWW und für jede und jeden mindestens eine Spielwiese. Aber die Ansprüche sind tief, die Gürtellinie teilweise nicht erkennbar, und oft genug kann unter dem Mäntelchen der Anonymität agiert werden. Trotz dem teilweise nicht erkennbaren Niveau bietet das Internet Chancen: Im Internet kann jeder Mensch zum Nachrichtendienst mutieren und so die exklusive und teure Newsverbreitung über Zeitungen, Radio und Fernsehen umgehen. Plattformen mit allen möglichen Tricks stehen bereits zur Verfügung, die Anmeldung ist meistens nur ein paar Klicks entfernt. Besonders junge Menschen sind in der virtuellen Welt vernetzt und können so leicht erreicht werden.

«Statt bei Stange (und früher Stumpe) werden verbalpolitische Feldzüge per Maus und Tastatur geführt.»

Demokratiequalität? Dadurch kann die Qualität einer Demokratie enorm steigen. Nicht, dass die Anzahl virtueller Freundschaften auf Facebook die Leistung einer Parlamentarierin steigern

würde. Aber ohne viel Geld kann innert kurzer Zeit eine Botschaft unendlich verbreitet werden und so der Plakatmacht von Economiesuisse ein Youtube-Video entgegengestellt werden. Wenn gewählte PolitikerInnen konsequent über ihre Arbeit im Netz informieren, erfährt der/die WählerIn, was in Ratssälen passiert – und kann darauf auch im Netz reagieren und Handlungen von PolitikerInnen direkt kommentieren. Ein bloggender Bundesrat ist näher bei den Menschen, ob es dann offizielle Ankündigungen sind, oder Gedanken über Gott und die Welt. Im Internet haben alle die gleichen Chancen, und der Platz ist praktisch unbeschränkt. Da kaum jemand ausgeschlossen werden kann, haben wir eine Demokratisierung der Information in der virtuellen Welt.

Keine Revolution Soziale Medien im Internet sind vielleicht immer wichtiger werdende Instrumente zur Organisation und Verbreitung von Informationen. Aber Revolutionen können sie noch keine auslösen: Ein System der Unterdrückung wird nicht mit bits und bytes besiegt. Und auch nicht, weil Internetzugang besteht, sondern weil Probleme, Ängste und Wut Menschen zum Handeln bringen, für eine bessere Situation einzustehen. Auch in der Schweiz werden nicht soziale Medien die Wahlen entscheiden, sondern «konventionelle» Methoden. Besonders junge Menschen bewegen sich im Netz – aber nur 20% der unter 30jährigen haben

sich an der Abstimmung im November 2010 beteiligt. Um die Wahlen zu gewinnen, müssen aber alle Altersgruppen angesprochen und überzeugt werden. «Im Internet kann jeder Mensch zum Nachrichtendienst mutieren.»

Chancen für die Demokratie Die Verbreitung des Internets und die Demokratisierung der Information verlangt aber Reaktionen auf diese Entwicklung. Denn in dem Moment, wo das Internet zum Medium wird, über den das Recht auf freie Meinungsäusserung wahrgenommen wird, wird Zugang zum Internet Teil eines Menschenrechts und muss geschützt werden. Zugang zum Internet darf deshalb nicht diskriminierend sein: ökonomische Hürden sowie Barrieren für Ältere und Menschen mit Handicap müssen abgebaut werden. Bund, Kantone und Gemeinden müssen eine Strategie erarbeiten, welche die Chancen aufgreift, und Gefahren wie beispielsweise Falschinformationen eindämmt. Die Behörden müssen die Qualität der Information mit eigenen Angeboten gewährleisten. Die wohl grösste Chance im Internet für die Demokratie ist die Ausweitung der politischen Mitwirkungsmöglichkeit ihrer Bevölkerung. E-Voting muss deshalb offen diskutiert werden, Vor- und Nachteile abgewägt werden – nur schon, um mehr als 20% der jungen StimmbürgerInnen an die Urne zu holen.


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INFRARot • JUSO • März 2011

Riesenpuff in Côte d’ Ivoire Die ganze Welt schaut momentan nach Nordafrika. Währenddessen schlummert der Präsidentschaftsstreit in Côte d’ Ivoire, unbemerkt vom Weltgeschehen, noch immer vor sich hin. Explodiert bald das nächste afrikanische Pulverfass?

Heute ist ihm nicht mehr nach Grimassen: Laurent Gbagbo Von Samira Marty

Der Fall scheint ganz einfach: Nach zigmal verschobenen Präsidentschaftswahlen im westafrikanischen Côte d’ Ivoire finden diese endlich im November 2010 statt. Es stellen sich drei Kandidaten zur Wahl, bei der zweiten Runde sind es noch zwei, einer gewinnt, einer verliert. Beide ernennen sich zum Präsidenten und beide warten in der Hauptstadt, bis sie endlich beginnen können mit dem Regieren. Doch ganz so einfach ist der Fall nicht im krisengeprägten Côte d’Ivoire.

Blick zurück Nach drei Jahrzehnten Alleinherrschaft stirbt der erste postkoloniale Präsident Félix Houphouët-Boigny im Jahr 1993. Kurz vor dessen Tod muss der Staat, wie viele andere westafrikanische Staaten auch, seine Insolvenz erklären. Durch internationale Wirtschaftskrisen, gekoppelt mit steigenden Ölpreisen und teueren Modernisierungsprogrammen des Landes, vermag die Côte d’ Ivoire ihre Zinsen nicht mehr zurückzahlen und muss sich vollends in Obhut der International World Bank (IWB) geben. Folgen sind dramatische Kürzungen im Gesundheits- und Bildungswesen, was nicht rentiert, namentlich Sozialleistungen, wird aus dem Staatsbudget gestrichen. Einige Wirrungen und Irrungen später kommt es zuerst 1995 und dann vor allem im Jahr 2000 im Kampf um den Präsidentensitz zu erbitterten Wortgefechten. Kandidaten sind Laurent Gbagbo, der mit der

Front Populaire Ivoirien (FPI) eine eher linke Position einnimmt und jahrelang gegen die Herrschaft von Houphouët-Boigny gekämpft hat, und Alassane Ouattara, ehemaliger Premierminister Houphouët-Boignys. Ouattara ist Ökonom und hat längere Zeit beim internationalen Währungsfond gearbeitet, seine politische Ausrichtung ist rechts-liberal. Um den Kandidaten Ouattara als möglichen Präsidenten zu disqualifizieren, führt die FPI unter dem früheren Präsidenten Bédié und mit Fortsetzung von Gbagbo den Begriff der «Ivoirité» ein. Dieser besagt, dass, wer einen gültigen Pass und somit auch Wahldokumente erhalten will, beweisen muss, dass seine Vorfahren schon seit Generationen in der Côte d’ Ivoire gelebt haben. Da Ouattaras Vater aus Burkina Faso eingewandert ist, darf er laut Gesetz nicht an der Wahl teilnehmen. Das Gesetz diskriminiert nicht nur ihn, sondern den gesamten Norden des Landes, weil die dort von den Nachbarländern eingewanderten Muslime meist mehrere Landeszugehörigkeiten besitzen. Die Folgen der künstlichen Frage nach Ethnizität als politisches Instrument sind drastisch: Als Ouattara die Wahl boykottiert und Gbagbo sie gewinnt, kommt es zu vereinzelten Gefechten zwischen Norden und Süden, die in einem schrecklichen Bürgerkrieg enden. Präsident Gbagbo versucht 2002, das Land zu vereinigen und Neuwahlen auszurufen. Die Rebellen im Norden weigern sich jedoch, Gbagbo anzuerkennen und sich zu entwaffnen. Schliesslich kommt es unter starker Einmischung der UNO im Herbst 2010 zu Neuwahlen mit genau denselben Kandidaten, mit denen ein Jahrzehnt zuvor ein Bürgerkrieg ausgebrochen ist. Bei diesen können sich aber die nationalen Stimmbüros nicht mit den Wahlbeobachtern der UNO einigen: Erstere propagierten zwar Gbagbos Sieg, aber mit Vorbehalt. Weil bei vier Distrikten im Norden der Verdacht auf Wahlbehinderung besteht, sind deren Stimmen ungültig. Nach der Neuauszählung gewinnt Gbagbo mit 51% der Stimmen die Wahl.

Die Wahlbeobachter der UNO hingegen erkennen die Neuauszählung nicht an, da sie die nötige Zeitlimite überschritten hat und erklären Ouattara zum neuen Präsidenten. Bis heute hat sich die Lage nicht verändert, Neuwahlen sind nicht ausgerufen worden.

Blick nach vorn Wie soll es nun weitergehen mit der krisengeplagten, jungen Demokratie? Klar ist, dass gerade auch die UNO grosse Bestrebungen zeigt, dass diese demokratische Peinlichkeit so schnell wie möglich aus der Welt geschafft werden soll. Schliesslich hat sie über 10'000 Soldaten und enorme Geldsummen investiert, damit diese Wahl als Pionierbeispiel für Demokratie in Westafrika gilt.

Demonstrantin in Abidjan mit Bild

Laurent Gbagbo und Alassane Ouattara

Guter Link: www.abdjan.net


Jahresversammlung

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Wahlen und Reden – die JV 2011 Die Jahresversammlung der JUSO Schweiz 2011 verspricht spannend zu werden – nicht nur dank den Wahlen ins Präsidium, im Zentralsekretariat und in die GL, sondern auch dank einer Rede von Jean Ziegler sowie Diskussionen mit Köppel, Hermann und Stämpfli.

Von Clau Dermont

Am 12. und 13. März werden die Weichen für die Zukunft der JUSO Schweiz gestellt. In Bern, wo sich Fuchs und Hess gute Nacht sagen, treffen sich JUSOs aus allen Ecken der Schweiz im Kulturzentrum Progr. Eine starke Juso, die mittlerweile in allen Kantonen der Schweiz vertreten und längst nicht mehr nur ein Hobbyverein für linke Politikinteressierte ist. Zentral werden die Wahlen sein – Cédric Wermuth, seit 2008 Präsident im damals wieder geschaffenen Amt, Tanja Walliser, seit 2009 Zentralsekretärin, sowie Sebastian Dissler und Marco Kistler aus der Geschäftsleitung treten zurück und deren Posten müssen neu besetzt werden. In der Ära von Cédric, Tanja, Sebastian und Marco hat die Juso nicht nur das erste Mal bewiesen, dass sie Initiativfähig ist – sie ist auch gewachsen und zu einer präsenten politischen Kraft in der Schweiz geworden. Dem Juso-Team ist es gelungen, Themen zu präsentieren, viele junge Menschen anzusprechen und zu politisieren.

Duell um Präsidium Ein Höhepunkt der JV werden die Wahlen ins Präsidium und ins Zentralsekretariat sein. Mit Fabian Molina (Zürich, 20) und David Roth (Luzern, 25) kandidieren zwei engagierte Jusos für das Präsidium. Auf sie lastet die Erwartung, die gross(artig)e Arbeit von Cédric weiterzuführen und die Juso weiterzubringen, auch über die Wahlen 2011 und die 1:12-Initiative hinaus. Fabian möchte mit der Juso für einen «klaren Wechsel der heutigen Verhältnisse kämpfen» und die Frage nach der Macht stellen. David sieht die JUSO nicht nur als Stachel der SP, sondern möchte, dass die Juso auch «Triebkraft für linken Fortschritt» ist. Mit der erneuten Wahl des Präsidiums bestätigt die JUSO Schweiz den 2008 eingeläuteten Wechsel: 25 Jahre nach dem Abtritt des letzten Präsidenten, Andreas Gross, und 17 Jahre nach dem Ersatz des dreiköpfigen Co-Präsidiums und eines

Vorstandes durch eine Geschäftsleitung wird der neue Präsident erst der dritte Präsident in der neueren Geschichte der JUSO sein. Für das Zentralsekretariat treten Kristina Schüpbach (Thurgau, 20) und Sarah Wyss (Basel, 22) an. Nicht nur politische Erfahrung, sondern auch organisatorisches Geschick wird verlangt, wenn die Mitglieder organisiert und die Grundlage für die Politik der JUSO Schweiz gelegt werden soll. Beide wollen sich für eine Stärkung der Sektionen einsetzen. Auf die zwei frei werdenden Sitze in der Geschäftsleitung kandidieren gleich fünf Jusos: Meret Herger (Zürich, 18), Lukas Horrer (Graubünden, 19), Fabian Rieder (Uri, 23), Florian Sieber (Zürich, 21) und Jonas Zürcher (Bern, 23).

Ziegler, ehemaliger UN-Botschafter und SP-Nationalrat. Als zweite Podiumsdiskussion wird die Feuertaufe des neu gewählten Präsidiums gemeinsam mit Cédric, dem Chefredaktor der Weltwoche Roger Köppel, der Politologin Regula Stämpfli sowie dem Präsidenten der Jungen SVP Erich Hess, durchgeführt.

10-Punkte-Plan Als inhaltlicher Block werden die Delegierten einen 10-Punkte-Plan zum Parteiprogramm der SP Schweiz diskutieren, welchen die Juso zu Handen des SP-Parteitags einbringen wird. In diesem werden konkrete Forderungen benannt, welche die nächsten Schritte hin zu einem demokratischen Sozialismus in der Schweiz darstellen. Nicht nur die Abschaffung der Armee, sondern auch mehr Transparenz in der Parteienfinanzierung ist im 10-Punkte-Plan enthalten. Für eine kontroverse Diskussion wird auch die Diskussion zum Parteiprogramm mit Jacqueline Fehr (Vizepräsidentin SP), Roland Näf (Präsident SP Kanton Bern), dem Politologen Michael Hermann und Tanja Walliser sorgen.

Ausführliches Rahmenprogramm Neben den politischen Geschäften der Jahresversammlung erwarten die Delegierten der Juso eine Videobotschaft von Jean

Wer prägt die JUSO? Komm an die JV und bestimme mit!

Über 200 Anmeldungen für die JV! Eine so grosse JV gab es noch nie.


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INFRARot • JUSO • März 2011

Goodbye Mit den abtretenden Geschäftsleitungsmitgliedern geht eine Ära zu Ende. Die ehemalige Zentralsekretärin (2007–09) Vivien Jobé blickt zurück…

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Goodbye

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1 Bei ca. 40 Grad im Schatten erarbeitete die neue GL bei ihrer Retraite im Sommer 2008 die Agenda 2011 mit dem revolutionären Ziel, die Juso zur stärksten Jungpartei zu machen. Was Wermuths Schweissfüsse dazu beigetragen haben, ist ungewiss. 2 Beim Kongress der sozialistischen Internationalen verhalten sich Kischi und Wermuth ganz leger und geben sich (k)eine Blösse.

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3 Das Schlimmste an den Jahresversammlungen war jeweils der Sonntagmorgen, was Tanja und Cédric aber immer gut kaschieren konnten. 4 An diesem Parteitag 2008 ist Cédric als Vize-Präsident in die SP Schweiz gewählt worden, der Rest der GL scheint begeistert. 5 Feminismus und das Engagement von Frauen in der JUSO, Kernthemen von Tanja, müssen auch in Zukunft präsente Themen bleiben. 6 Die Jusos gelten als verschworene und vor allem

laute Ecke im SP-Seki in Bern. Sehr zur Freude des Generalsekretärs hat Tanja – im Gegensatz zu früheren AmtsträgerInnen – immer schön Ordnung gehalten.

7 Während Cédric telefoniert (Journi?), geht bei Dissler die Post ab. 9

8 The one and only Medienstar Cédric, den die GL

aber gerne immer wieder zurück auf den Boden geholt hat.

9 Der internationale Sekretär gibt im Sommercamp der europäischen JungsozialistInnen sein Bestes im traditionschweizerischen Fahnenschwingen.

10 Das unbestrittene Highlight der Abtretenden ist die 1:12-Initiative vom Zeugungsakt, über die Schwangerschaft, Geburt bis Pubertätsstörungen waren sie als ErzieherInnen dabei. 10


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INFRARot • JUSO • März 2011

Die junge, linke Stimme von Emmenbrücke über Hochdorf bis Aesch «Hend ehr ned mol Loscht im Seetal chli öbis zmache?» hat er uns gefragt und kurzerhand gleich selbst ein Treffen mit einer Handvoll jungen Linken aus dem Seetal organisiert. David Roth von der JUSO Luzern gab uns den nötigen Ansporn und einen kleinen Starttritt zu unserer eigenen Sektion. Heute weht im politisch schwarzen Fleck auf der Luzerner Landkarte eine neue, rote JUSOFahne und bietet mit ihrer jungen, linken Polit-Stimme die Chance zur Veränderung. Seit dem 14. November gestaltet die JUSO die Politik im Luzerner Seetal mit. Bereits einige Wochen nach unserer Gründung hatte sich eine dynamische kleine Gruppe gebildet, in der alle die gleiche

Motivation haben: Uns passt das Leben in unseren Gemeinden nicht in jeden Punkt und wir möchten ändern was uns stört! Denn die Jugendkulturhäuser in Emmenbrücke werden dem Erdboden gleichgemacht und in Hochdorf wird eine riesige Umfahrungsstrasse durchs Zentrum gebaut. Unsere erste grosse Aktion war die offizielle Gründungsfeier Ende Januar. Apéro, Live-Musik und interessante Referenten lockten eine Menge Seetaler zur Feier nach Emmenbrücke. Jetzt richten wir

unsere Aufmerksamkeit auf die Kantontsratswahlen in Luzern: kurze Zeit nach der Gründung haben wir eine KandidatInnenliste für die Kantonsratswahlen zusammengestellt. Unsere Motivation dabei ist, den Leuten die jungen Linken aus dem Seetal vorzustellen und zu zeigen wer wir sind. Wir können es nämlich kaum erwarten, Luzern zu zeigen, was wir noch alles vorhaben! Ramona Duss ist Co-Präsidentin der JUSO Seetal

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Die Gründung der JUSO Nidwalden Als im März 2010 die Landratswahlen in Nidwalden entschieden wurden, kam die SVP auf 19 Sitze. Der SP blieb nur ein Sitz. Höchste Zeit, junge Menschen zu aktivieren!

Am 1. Mai 2010 wurde daraufhin in Nidwalden demonstriert. Jedoch nicht auf der Strasse, sondern bei der kantonalen SP-Sektion. Mahir Suljovic, jüngstes und neustes Mitglied der SP NW, wunderte sich, dass niemand auf die Idee kam, eine JUSO in NW aufzubauen. Die Idee wurde von der SP unterstützt, und Serge Odermatt sowie Mahir Suljovic wurden zu den Leitern des JUSO Projekts in NW ernannt. Durch einen positiven Zufall kam die junge Studentin Daniela Blättler dazu. Mit Unterstützung der Sektionen aus Obwalden, Luzern und Uri wurden die ersten Schritte bewältigt, und am 8. November konnte die Gründungsversammlung in Stans offiziell stattfinden. Der Abend wurde mit GenossInnen aus den angrenzenden JUSO-Sektionen sowie dem Thurgau spannend gestaltet.

Bevor der JUSO-Showdown in Nidwalden begann, beteiligten wir uns an Aktionen unserer JUSO-Nachbarn in Obwalden, Luzern und Uri. Durch die Beteiligungen an Diskussionen, Podien und Strassenaktionen wächst die JUSO NW von Tag zu Tag, und immer mehr junge wie auch ältere Menschen begrüssen unser Engagement und unseren Mut. Am 26. März 2011 organisiert die JUSO NW ihre Gründungsparty. Nach der Gründungsparty möchten wir uns vermehrt um die Anliegen der Jugend, sowie auch um die Menschen mit Migrationshintergründen kümmern. Empfindliche Themen, welche in NW «tabu» sind, werden wir ansprechen, denn schweigen bringt nichts! Mahir Suljovic ist Co-Präsident der JUSO Nidwalden

Seit 1. Februar hat das Seki in Bern Unterstützung bekommen! Und zwar greift nun eine weitere Aargauerin Andrea Jerger mir unter die Arme: Die neue Praktikantin Lisa Häusermann ist 20 Jahre alt, studiert im ersten Semester Geschichte in Zürich, spricht unzählig viele Sprachen, ist schon jetzt zu einem festen Bestandteil des Sekis geworden und hilft tatkräftig bei der Organisation der Jahresversammlung mit. Ausserdem hat das Sekretariat der Juso gezügelt! Wir sind nun im dritten Stock in der Spitalgasse 34 zu finden, wo wir das Büro des Campa-Teams der 1:12-Initiative übernommen haben und damit unser eigenes kleines Juso-Reich haben. Besuche sind uns übrigens immer herzlich willkommen – insbesondere dann wenn sie eine helfende Hand oder was Süsses mitbringen! Kontakt: Tanja: info@juso.ch, Andrea: ajerger@juso.ch, Lisa: praktikum@juso.ch

v. l. nach r.: Andrea Jerger, Tanja Walliser, Lisa Häusermann


Schweiz

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Endlich saubere Politik! Der Demokratiebarometer der Universität Zürich sorgte bei den Rechtskonservativen für rote Köpfe. Von einer nüchternen Warte aus betrachtet, scheint jedoch das mittelmässige abschneiden der Schweiz logisch. Als einzige westliche Demokratie kennt die Schweiz keine Regeln zur Transparenz und Parteienfinanzierung.

Von Fabio Höhener

«Ich habe manchmal das Gefühl, dass da ein paar superreiche ihre eigene Partei aufgebaut haben und dank grossen Finanzmittel ihre Meinung gesamtschweizerisch durchdrücken können». So kritisiert der FDP-Wahlkampfleiter Vincenzo Pedrazzini in der Neuen Luzerner Zeitung, dass bei der SVP nur ein paar wenige Superreiche wie Christoph B., Rudolf Matter und Walter Frey das sagen haben. Doch wie man in den Wald schallt, so ruft es zurück. Die Antwort der Rechtspopulisten kam postwendend. Im Sonntagsblick war zu lesen, dass eine Gruppe «Junger Wilder» (sic!) rund um SVP Nationalrat Lukas Reimann den Lobbys den garaus machen will und deshalb eine Volksinitiative lancieren. Natürlich schweigen die «Saubermänner», wenn es um Transparenz bei den Parteispenden geht. Solch absurde Geschichten können nur in einem Wahljahr geschrieben werden. Kein Tag vergeht, ohne dass die Medien etwas darüber berichten. Deshalb scheint es wichtig zu sein, gerade jetzt Forderungen für mehr Transparenz zu formulieren. Kaum sind die Wahlen vorbei, werden die Bürgerlichen das Thema wieder unter den Teppich kehren.

Rechte verhindern Lösungen Viele ernsthafte Lösungsvorschläge sind bereits gescheitert. Die Linke hat in den letzten Jahren unzählige parlamentarische Initiativen eingereicht. Zu erwähnen sind besonders die Vorstösse von Andreas Gross und

dem Genfer Grünen Antonio Hodgers. Diese und eine parlamentarische Initiative der SPFraktion hatten keine Chance. Spätestens im Ständerat funktionierte der Abwehrblock der Rechten und der sogenannten «Mitteparteien». Zurzeit prüft SP-Bundesrätin Simonetta Sommaruga ein Gesetz zur Parteienfinanzierung. Hoffen wir, dass sich das Justizdepartement doch ausbezahlt.

UBS schmiert CVP Der Weg wird steinig. Egal was noch alles passieren wird, die Bürgerlichen und Rechtskonservativen werden sich bis zum bitteren Ende gegen die Offenlegung ihrer Spendengelder wehren. Warum? Einfach: Sie sind abhängig von den Finanzmitteln aus der Wirtschaft. So werden die bürgerlichen Parteien jedes Jahr mit zwei Millionen Franken von den Grossbanken UBS und CS geschmiert. Nur manchmal kommen solche Skandale zum Vorschein. Beispielsweise im Mai 2009. Eine Spende der UBS an die CVP in der Höhe von 150 000 Franken wurde publik. Ausgerechnet von dem Unternehmen das kurz zuvor mit Steuergeldern massiv gestützt worden war. Dieser Vorfall führte dazu, dass die Schweiz im Korruptionswahrnehmungsindex von Transperency International sich gegenüber dem Vorjahr erheblich verschlechterte. Wie kann man sich das Schmieren von Parteien vorstellen? Das ehemalige Verwaltungratmitglied der Credit Suisse Walter

Kielholz erklärte der SP Parteispitze bei einem Treffen, wie sie die Parteispenden an die Bürgerlichen berechnen. Der Betrag ist nicht willkürlich gewählt, sondern misst sich konkret am Abstimmungsverhalten der einzelnen ParlamentarierInnen. Dazu erstellt die Grossbank eine Liste mit den für sie wichtigen Abstimmungen. Die Anzahl «richtiger» Stimmen der Nationalräte von CVP, FDP, SVP (und neu wohl auch GLP und BDP) wird mit einem festgelegten Fixbetrag multipliziert. Und wie kann man sich Korruption in der Schweiz vorstellen? Im Magazin des Tagesanzeigers erklärte FDP-Nationalrätin Marianne Kleiner wie Parlamentarier gekauft werden: «Das geht so vor sich: In der Wandelhalle wird man angesprochen, jemand fragt, ob er einen zum Mittagessen einladen dürfe. Man fragt, worum es gehe, und dann erfährt man es meistens schon. Wenn man zusagt, wird das so gemacht, dass man Mitglied wird in einem Beirat oder Verwaltungsrat, wo man vielleicht 50'000 oder 80'000 Franken bekommt im Jahr, also eine Menge Geld.» Diese und weitere Skandale wurden von der JUSO Aargau nun aufgelistet. In einer gross angelegten Plakat- und Internetkampagne werben die Genossinnen und Genossen für mehr Transparenz in der Parteienfinanzierung. Forderungen und Argumente sind ab sofort auf www.endlichsauberepolitik.ch zu finden. Zurzeit prüft die JUSO Aargau ob sie mit einer kantonalen Initiative oder einer Ständeinitiative die Kampagne fortführt.


10 INFRARot • JUSO • März 2011

Mit Tanja Walliser sprach Salome Bay

«Für Gleichstellung zu kämpfen bedeutet Kapitalismuskritik!» Ein Gespräch über Feminismus, radikale Gleichstellung und das Positionspapier zum Thema – mit Tanja Walliser, die sich selber als Quotenfrau bezeichnet, für eine neue Freiheitsbewegung kämpft und sich trotzdem zu wünschen wagt, ein junges Mami zu werden.

Tanja, du warst stark am Ausarbeitungsprozess des Positionspapiers für radikale Gleichstellung beteiligt. Was war eigentlich der Anlass für die Ausarbeitung? Während Gleichstellung für mich in den ersten fünf Jahren meines politischen Engagegements nicht wirklich ein Thema war, habe ich in Gesprächen mit FreundInnen immer mehr festgestellt, dass die formelle Gleichstellung zwar sehr weit ist, besonders aber in Beziehungen und der Sexualität noch starre Rollenbilder bestehen. Innerhalb der SP war dies aber überhaupt kein Thema, auch nicht bei den SP Frauen. Wir wollten einen neuen Ort für die Diskussion über diese Strukturen schaffen und auch Männer in die Debatte miteinbeziehen. Männer leiden schliesslich genauso unter dieser Ungleichheit. Worum geht es in diesem Papier, das so intensiv diskutiert wurde, überhaupt? Für Gleichstellung zu kämpfen bedeutet Kapitalismuskritik. Ohne die heute immernoch vorhandenen Geschlechterrollen würde der Kapitalismus nicht funktionieren können. Ohne die unbezahlte Arbeit vieler Frauen würde er schlicht zusammenbrechen. Darum geht Gleichstellung alle etwas an, auch wenn man sich nicht selber direkt betroffen fühlt. Das Papier soll vor allem die Diskussion anregen und einen neuen Diskurs ermöglichen. Dies ist nötig, damit eine neue Bewegung für Gleichstellung entstehen kann!

Wieso eine neue Bewegung? Ist die Bewegung für Gleichstellung heute so anders als früher? Ich denke, wir haben inhaltliche Differenzen zu den alten FeministInnen. Ihre Forderungen hatten natürlich Berechtigung. Die SP Frauen zum Beispiel haben viel erreicht, als sie begannen hatte es in der Partei vielleicht fünf Prozent Frauen, zu dieser Zeit mussten sich die Frauen erst mal Anerkennung verschaffen, auch bei den Genossen. Heute ist die SP im Vergleich zu anderen Parteien vorbildlich, was die Frauenfrage angeht. Frauen sind sehr gut in Ämtern vertreten. Die frühen FeministInnen folgen meiner Meinung nach noch zu sehr einer Logik, in der sich Frauen gegen Männer durchsetzen müssen. Das halte ich für falsch. Der grundsätzliche Konflikt spielt sich nicht zwischen Geschlechtern ab, sondern ist der Klassenkampf. Es sind die Besitzenden gegen die Besitzlosen. Über die Mann-Frau-Streitereien verliert man das leicht aus den Augen. Auch Männer müssen zu Wort kommen, schliesslich sind auch sie betroffen. Der Kampf muss gemeinsam geführt werden.

Das Papier hiess ursprünglich Feminismuspapier. An der Delegiertenversammlung im Dezember wurde «Feminismus» jedoch durch «radikale Gleichstellung» ersetzt. Warum? Bist du damit einverstanden?

Feminismus ist als Begriff frauenzentriert. Männer kommen in dieser Formulierung nicht einmal vor. Das war eines der Argumente der Antragststellerinnen und -steller. Anfangs war ich mega kritisch. In der Diskussion stellte ich aber fest, dass ich in einen argumentativen Notstand geriet. Ich hing am Wort «Feminismus», da es natürlich geschichtliche Bedeutung hat und ich viel Respekt vor der Leistung unserer Vorkämpferinnen habe. Aber natürlich war der Antrag berechtigt. Wenn man den Kampf für Gleichsstellung neu verstehen will, ist eine neue Formulierung, die Männer wie Frauen einschliesst, gut. Das musste ich einsehen.

«Nur 30 Prozent unserer Mitglieder sind Frauen!»

Im Papier bezeichnet ihr die SP Frauen als «Feigenblatt der SPGleichstellungspolitik». Bist du der Meinung, dass die Bewegung in der Juso breiter als in der SP getragen wird? Welche Stellung hat die Debatte um Feminismus, respektive um radikale Gleichstellung, innerhalb der Juso? Wieder ins Gespräch gebracht wurde das Thema schon von ein paar sehr engagierten Frauen, wobei im Workshop im letzten


Feminismus 11

Tanja Walliser… kommt aus dem Aargau und hat, vom JUSO-Fieber infiziert, ihr Studium aufs Eis gelegt und seit Sommer 2009 als JUSOZentralsekretärin und Berner Stadträtin wohl rund 300 % für die Juso gearbeitet. Im «Leben danach» organisiert sie bei der Unia weiter und hat zum Ziel, im Berner Stadtrat noch hartnäckiger ihre Ideen zu verwirklichen und der SP mal klarzumachen, wie Gleichstellungspolitik auszusehen hat. Sommerlager, in welchem das erste Mal am Papier gearbeitet wurde, auch Männer gut vertreten waren. Der Entwurf des Papiers ist sehr breit diskutiert worden, das Interesse ist in der Juso sicher vorhanden. Die Juso muss aber überdenken, wie sie Gleichstellungspolitik parteiintern betreibt. Das Projekt Juso Frauen war falsch, da es die Bewegung nur an Frauen knüpfte. Wir brauchen eine neue öffentlich wirksam agierende Freiheitsbewegung, die mit den GaynossInnen zusammenarbeitet. Das müssen wir verändern.

Welche Bedeutung hat Feminismus für dich persönlich? Ich bin in einer Gesellschaft aufgewachsen, in der der Schein von Gleichstellung vorherrschte. Irgendwann habe ich aber festgestellt, dass dem nicht so ist. Positiv wie negativ, werden Männer und Frauen alltäglich diskriminiert. Beim Unterschriftensammeln fällt es mir als Frau leichter. Im Bus schaue ich kritischer, wenn eine Frau hinter dem Steuer sitzt. Provokative Aktionen, wie solche, in welchen ich das Thema Pornographie offen auf den Tisch gebracht habe, würde einem Mann nicht verziehen werden. Eltern werden durch Arbeitsrealitäten gezwungen, bestimmte Familienbilder zu leben. Die Freiheit zur Lebensgestaltung ist wegen den Geschlechterrollen nicht vorhanden. Diese Rollen sind tief und krass verwurzelt. Eigentlich herrscht in der Juso ja ein Konsens in Gleichstellungsfragen. Genau auch deswegen laufen wir jedoch Gefahr,

über Tatsachen hinwegzusehen. Nur 30 Prozent unserer Mitglieder sind Frauen. Wir haben zwei Kandidaten für das Präsidium, und zwei Kandidatinnen für das Sekretariat. Das ist kein Zufall! Das Selbstverständnis und die Praxis driften bei uns Juso auseinander. Die meisten Jungsozialistinnen sind eigentlich sehr emanzpiert. Aber auch ich entdecke immer wieder, dass ich in diesen Mustern denke und muss daher an mir arbeiten. Es braucht extreme Forderungen, um diese Strukturen aufzurütteln. Wir dürfen nicht vergessen, dass die Gleichstellung als SozialistInnen ein wichtiger Bestandteil ist, um den Kapitalismus zu überwinden.

Geschlechterquoten werden im Papier überhaupt nicht erwähnt. Sind sie für die Juso kein Thema mehr? Hätten wir Quoten gefordert, hätte dies zu sehr vom eigentlichen Fokus abgelenkt. Persönlich bin ich aber für Quoten, solange es sie braucht. Sie sind ein Mittel zum Zweck, und ich freue mich, wenn wir so weit sind, dass wir Quoten nicht mehr brauchen, da sich die Frauen gleich beteiligen oder sich die Frage nach Mann und Frau gar nicht mehr stellt. Bis dann sind die Quoten aber wichtig. Ich bin ein Beispiel – ich bin selber eine Quotenfrau. Hätte es die Quotenregelung nicht gegeben, hätte man mein Amt wohl einfach mit einem Mann besetzt, da ich erst in mehreren Gesprächen mühsam von einer Kandidatur für die Geschäftsleitung überzeugt werden musste.

«Das Projekt Juso Frauen war falsch, da es die Bewegung nur an Frauen knüpfte. Es braucht eine neue öffentlich wirksam agierende Freiheitsbewegung, die alle einschliesst.»


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Ab in den Wahlkampf! An der Winterschool vom 7. bis 9. Januar wurden in toller Stimmung diverse Konzepte für das Wahljahr 2011 ausgearbeitet. Hast du es verpasst? Vom 2. bis 7. August findet das grosse Sommerlager der Juso Schweiz in Chandolin, Waadt, statt. Vormerken empfohlen!

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Und ausserdem: Am 21. März werden wir um 10.30 die 1:12-Initiative in der Bundeskanzlei in Bern einreichen. Impressum Herausgeber: Infrarot – Infrarouge – Infrarosso – Infracotschen · Spitalgasse 34, PF 8208, 3001 Bern, www.juso.ch, www.jss.ch · Kontakt: infrarot@juso.ch, 031 329 69 99 · Redaktion: Clau Dermont, Salome Bay, Fabio Höhener, Samira Marty, Tanja Walliser · Design & Layout: art.I.schock GmbH, Zürich, www.artischock.net · Druck: S & Z Print, 3902 Brig-Glis · Abo: Fr. 20.– / Jahr – Infrarot erscheint 6 Mal pro Jahr


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