SPIRIT of Styria - 12/2018 - Talk am Ring

DEZ 2018

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€ 4,50

OF ST YRIA WIRTSCHAFT / WANDEL / WACHSTUM

F R I E N D LY

LEADER

Österreichische Post AG / MZ / 17Z040992 M / Grazetta GmbH, Opernring 4, 8010 Graz/ Jahrgang 02/ Nummer 10/ Preis: Euro 4,50/ Foto: Oliver Wolf

Teamplayer: Die neue Landesdirektorin der Wiener Städtischen Versicherung Sonja Steßl in der Nahaufnahme

DIE TRENDS DER CLUSTER

READY FOR DISRUP TION?

E XIT UND EXPANSION

Automotive & Co: Die Pläne der Steirer-Cluster für 2019

Talk am Ring: Wie gerüstet ist die Steiermark für die Digitalisierung?

Die Pläne des iTranslate-Gründers nach dem jüngsten Millionen-Deal

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AM RING

TEXT FOTOS

WOLFGANG SCHOBER OLIVER WOLF, iSTOCK / NADLA

RE ADY FOR

DISRUPTION? MINDSET, BREITBAND UND DIGITALE STARTUPS: WIE FIT IST DIE STEIERMARK FÜR DIE HERAUSFORDERUNGEN DER DIGITALISIERUNG? WIE GERÜSTET SIND WIRTSCHAFT UND POLITIK FÜR DIE ÄRA 4.0? HOCHRANGIGE EXPERTEN DISKUTIEREN POTENZIALE UND RISIKEN.

Frau Landesrätin, welchen Eindruck gewinnen Sie bei Ihren Betriebsbesuchen im Land? Wie stark ist das Thema Digitalisierung bereits in den Köpfen der Firmenchefs verankert und orten Sie dabei eine Kluft zwischen Kleinen und Großen?

TALK AM RING ist ein Diskussionsformat von "SPIRIT of Styria“.

Jedes Monat laden wir Experten zur Diskussion über ein spannendes Wirtschaftsthema an den runden Tisch in die Redaktion am Grazer Opernring.

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Eibinger-Miedl: So vielfältig wie die steirische Wirtschaft, so unterschiedlich sind auch die Flughöhen im Bereich der Digitalisierung. Wobei ich die Unterschiede nicht an Unternehmensgrößen festmachen würde – und auch nicht an der Frage, ob die Firmen im ländlichen oder städtischen Bereich angesiedelt sind. Wir haben kleine Hightech-Unternehmen in den Regionen genauso wie Flaggschiffe der Industrie 4.0.

Das Thema selbst ist längst in aller Munde, dennoch versteht jeder darunter etwas anderes. Für den einen bedeutet Digitalisierung ein schneller Breitbandanschluss, für den anderen sind es digitalisierte Produktionsprozesse und für den Dritten ist es eine Homepage mit Online-Buchungsmöglichkeiten. Ich habe das Thema Digitalisierung zu einem meiner großen

Schwerpunkte gemacht, um das Bewusstsein in allen Branchen und quer über alle Unternehmensgrößen zu stärken. Daher habe ich in all meinen Ressorts – Wirtschaft, Wissenschaft und Tourismus – eigene Digitalisierungsschwerpunkte gesetzt.

Eine digitale Wirtschaft braucht ein hochleistungsfähiges Datennetz. Wie lässt sich der Breitbandausbau in der Steiermark beschleunigen?

Eibinger-Miedl: Der Breitbandausbau verlief in den vergangenen Jahren weitgehend zu langsam – vor allem in den Regionen. Die Gemeinden wurden mit dem Thema allein gelassen. Daher habe ich in den letzten eineinhalb Jahren in dieser Frage einen Paradigmenwechsel in der Landesregierung herbeigeführt.

Wir haben eine landeseigene Glasfaser- und Dateninfrastrukturgesellschaft gegründet, wo alle Fäden zum Thema Breitband in der Steiermark zusammenlaufen sollen, und wir wollen Gemeinden dazu bringen, zusammenzuarbeiten und regionale Masterpläne zu

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ANGEREGTE DISKUSSION ÜBER DAS THEMA DIGITALISIERUNG IN DER REDAK TION VON SPIRIT OF STYRIA MIT HER AUSGEBER SIEGMUND BIRNSTINGL UND CHEFREDAK TEUR WOLFGANG SCHOBER

DIE TEILNEHMER 01 | Barbara Eibinger-Miedl Steirische Landesrätin für Wirtschaft, Tourismus, Europa, Wissenschaft und Forschung.

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02 | Herbert Gartner Investor und Business-Angel.

Gründer des Investmentclubs eQventure, einer der größten Risikokapitalgeber Österreichs.

03 | Bernhard Türk Vorstandsdirektor Landes-Hypothekenbank Steiermark. Zustän-

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dig für Filialen, Privatkunden, Institutionelle, Immobilienprojekte, Firmenkunden.

erstellen. Die Finanzierung für die Gesellschaft steht, auch die Genehmigung aus Brüssel haben wir bereits.

Wir sind jetzt so weit, dass wir mit Jahresbeginn loslegen und die weißen Flecken auf der Landkarte sukzessive angehen können.

Traussnigg: Die Notwendigkeit des Ausbaus kann ich nur bestätigen. Dazu wird es ein ausgewogenes Verhältnis von Glasfaser-, 4G- und 5G-Ausbau brauchen. Wir bekommen im Rahmen der Plattform Automatisierungstechnik Steiermark viele Rückmeldungen von Klein- und Kleinstbetrieben aus den Regionen, die nicht entsprechend arbeiten können. Schließlich braucht heute ja schon fast jeder Servicetechniker mit seinem Laptop und Diagnosewerkzeugen vor Ort beim Kunden eine entsprechende Internetverbindung. Der will ja, überspitzt gesagt, nicht die Waschmaschine wieder ausbauen, damit woanders hinfahren, wo es eine bessere Internetverbindung gibt, und danach zurückfahren und das Gerät wieder einbauen.

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Götzenauer: Ein aus meiner Sicht ganz wesentlicher Punkt ist die Bewusstseinsbildung. Das Thema Digitalisierung lässt sich nicht auf die Infrastruktur reduzieren. Wenn man bei uns am Land Bürgermeister nach Glasfaser fragt, antworten viele: „Ja eh, aber was bringt mir das an lokalen Wählerstimmen? Da ist es doch viel gescheiter, ich baue die Zufahrt zum Gasthaus X aus.“ Auch mit den aktuellen Fördersystemen tun sich viele Gemeinden schwer, da geht es uns Unternehmen erfahrungsgemäß ja nicht anders.

Herr Götzenauer, Sie verbringen viel Zeit in den USA. Würden Sie sagen, das Bewusstsein für das Kommende ist dort bereits stärker ausgeprägt?

04 | Udo Traussnigg Studiengangsleiter Automatisierungstechnik der Fachhochschule CAMPUS 02.

Mitbegründer Plattform Automatisierungstechnik Steiermark.

05 | Jürgen Götzenauer CTO des Messtechnik-Spezialisten Dewetron. Absolviert derzeit ein Studium an der Wharton Business School in Philadelphia.

Götzenauer: Aus meiner Sicht ist das eine komplett andere Welt. Zuletzt habe ich mich mit einem befreundeten Radiologen aus Orlando, Vater zweier Buben, unterhalten. Er hat mir erzählt, dass seine Kinder glauben, Zahnpasta materialisiert sich vor ihrer Haustür. Das kommt daher, dass die Kinder, wenn

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„ICH HABE DIGITALISIERUNG ZU EINEM MEINER GROSSEN SCHWERPUNKTTHEMEN GEMACHT, UM DAS BEWUSSTSEIN IN ALLEN BRANCHEN ZU STÄRKEN.“ BARBAR A EIBINGER-MIEDL WIRTSCHAFTSLANDESRÄTIN

sie sich in der Früh im Bad die Zähne putzen und die Zahnpasta sich dem Ende zuneigt, sagen: „Alexa, bestelle Zahnpasta!“ Und innerhalb der nächsten dreißig bis sechzig Minuten liegt das Päckchen Zahnpasta kostenfrei geliefert vor der Haustür. Weil Amazon in Ballungszentren in den USA eine Zustellung an Kunden mit Prime-Account binnen kürzester Frist auch in Kleinstmengen garantiert. Dieser Radiologe geht nicht mehr einkaufen und viele Millionen Amerikaner ebenso nicht. Convenience ist dort der große Treiber. Daher wird alles digitalisiert, das sich digitalisieren lässt, um es den Kunden so einfach wie möglich zu machen.

Und Amazon treibt das mit Ressourcen und Strategien voran, die wir uns gar nicht richtig vorstellen können.

Das ist nur ein kleiner Ausschnitt der Realität, aber er sagt viel aus. Siehe auch die Disruption im Taxibusiness: Wenn ich heute in San Francisco zum Flughafen fahre, sehe ich fast nur noch Uber- und Lyft-Fahrer und dazwischen nur noch wenige klassische Taxis.

Digitalriesen wie Amazon und Uber haben erst vor wenigen Jahren als Startups begonnen. Wie sind hierzulande die Standort-Bedingungen für digitale Startups, Herr Gartner?

Gartner: Ich werde oft gefragt, wie man mehr digitale oder innovative Startups generieren kann. Meine Antwort: Wir müssen das Rad nicht neu erfinden. Das Erfolgsrezept zum Beispiel in UK oder Israel lautet, intelligentes unternehmerisches Kapital in junge Technologieunternehmen – also sogenanntes Smart Money – massiv zu beschleunigen. Es ist wichtig, dass das Geld von unternehmerischen Investoren kommt – von unten, bottom up. Wir hingegen versuchen das mit unseren Förderungssystemen oft top down zu lösen.

Aber wie die derzeit überaus dynamische Startup-Sze-

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ne in Tel Aviv beweist, es funktioniert nur bottom up wirklich gut. Das Prinzip: Privates Geld, das investiert wird, wird massiv gefördert – entweder direkt mittels Darlehen für die Unternehmen oder indirekt über Steuern bzw. Ausschreibungsmöglichkeiten für die Investoren, die dadurch wesentlich mehr investieren.

Wäre Smart Money auf diese Weise begünstigt, würden mehr Menschen privates Geld in riskante Technologieunternehmungen investieren und damit die Entstehung von Startups unterstützen. Denn dadurch hätten mehr gute Leute aus der Industrie einen Anreiz, es selber zu probieren und eine Selbständigkeit zu wagen. Die Zahlen belegen den Nachholbedarf: In Österreich wurden im Vorjahr rund 150 Millionen Euro Venture Kapital investiert, heuer kommen wir wahrscheinlich auf rund 200 Millionen. Im Vergleich zu Deutschland, das heuer rund 5 Milliarden Euro investiert, hinken wir BIP-äquivalent um über 100% hinterher. Und im Vergleich zu China oder den USA müssten wir sogar fast zehnmal so viel investieren.

In welchen Bereichen der Digitalisierung sehen Sie derzeit die großen Trends im Startup-Bereich?

Gartner: Die Trends gehen genau genommen über die Digitalisierung hinaus. Wenn ich mit Investor Hermann Hauser, mit dem ich sehr eng zusammenarbeite, spreche, sehen wir die nächsten vier Wellen bereits kommen, bei denen wir schon heute sagen: Haltet euch fest! Das sind die Themen Synthetische Biologie, Artificial Intelligence, ein Bereich, in den China allein im Vorjahr fünf Milliarden Euro investiert hat, weiters das Thema Quantencomputing und schließlich der Bereich Smart Contracts bzw. Blockchain. Das sind vier Innovationswellen, die auf uns zukommen und auf die wir uns vorbereiten müssen.

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„WÄRE SMART MONEY BEGÜNSTIGT, WÜRDEN MEHR LEUTE PRIVATES GELD IN RISKANTE UNTERNEHMUNGEN INVESTIEREN UND SO DIE ENTSTEHUNG VON STARTUPS UNTERSTÜTZEN.“ HERBERT GARTNER INVESTOR EQVENTURE

Traussnigg: Wir haben ja auch bei uns an der FH eine Anlaufstelle für Startups und Restart-ups, das so genannte Innolab sowie glücklicherweise immer wieder auch Studierende, die sich selbstständig machen.

Dabei sehen wir, dass wir hierzulande in der Finanzierung, Förderung und Betreuung von der Idee bis hin zu einem ersten funktionalen Prototypen recht gut aufgestellt sind. Aber danach gibt es meist eine große Kluft – beim Weg vom Prototypen hin zum Serienprodukt, da haben wir meines Erachtens enormen Bedarf.

Gartner: Das sehe ich anders. Wenn ein Produkt wirklich gut ist, gibt es immer eine Finanzierung.

Es gibt genug Geld für sehr gute Projekte. Aber von diesen guten Frühphasen-Projekten müsste es mehr geben. Wir müssen nur die Leute, die durch Unternehmertum zu Geld gekommen sind, motivieren, das Geld wieder ins Unternehmertum bottom up zu investieren. Solange Immobilieninvestments steuerlich attraktiver sind als Startup-Investments, wird das Geld in die falsche Richtung fl ießen.

Traussnigg: Dann freue ich mich schon darauf, wenn wir in Zukunft zusammenarbeiten.

Eine Frage an den Vorstandsdirektor: Sind ImmobilienInvestments um so viel lukrativer als Startup-Finanzierungen, Herr Türk?

Türk: Ich bin ja auch selbst Vorstand einer Privatstiftung, die über Private Equity verfügt, das wir gerne Startups zur Verfügung stellen würden. Allerdings nicht an typische Internet-Startups, sondern an solche, die bereits produzieren. Dazu haben wir verschiedene Stellen kontaktiert, wie die Wirtschaftskammer, Wirtschaftstreuhänder und Anwälte. Die Reaktion war

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leider Null. Ich darf das Thema aber auf einen Punkt bringen, der mir wichtig ist. Wir sehen, dass die Digitalisierung stark vom Kundenverhalten initiiert wird.

Das heißt, die Kunden drängen durch ihr Verhalten Unternehmen förmlich dazu, sich zu digitalisieren.

Daher bin ich der Meinung, dass Digitalisierung Chefsache sein muss. Es ist kein technisches Projekt im Unternehmen, sondern es geht immer darum, Digitalisierung in den Köpfen der Mitarbeiter zu verankern und generell eine Freude an Innovationen zu entwickeln.

Laut einer Untersuchung glauben nur zwei Prozent der österreichischen Firmenchefs, dass die Digitalisierung ihr Unternehmen in den nächsten zwei Jahren verändern wird, weltweit sind es rund zwanzig Prozent. Ein klares Signal, dass die Unternehmen noch nicht gut vorbereitet sind auf das, was auf sie zukommen wird.

Auch wir Banken müssen noch viel Aufklärungsarbeit leisten.

Wie disruptiv ist der Wandel in der Bankenwelt?

Türk: Er wird massiv sein. Dazu nur eine Zahl: Die Banken erwarten im Bereich des Retailgeschäfts, dass künftig nur noch 45 % der Erträge aus dem Offline-Geschäft kommen werden. Das sind schon enorme Veränderungen und wenn Banken darauf nicht reagieren, dann drohen massive Verschiebungen der Erträge zu anderen Dienstleistern.

In welchen Bereichen ändert sich am meisten?

Türk: Es gibt unterschiedlichen Ebenen der Veränderung. Der Kunde macht seine einfachen Bankgeschäfte bereits zu 80 % über digitale Kanäle wie ELBA & Co. Darin müssen die Banken einfach gut aufgestellt sein, um Standardgeschäfte zu ermöglichen. Wenn es um komplexere Finanzierungen oder Veranlagun-

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„OFT WIRD SO GETAN, ALS KÖNNTEN WIR UNS AUSSUCHEN, OB WIR DIE DIGITALISIERUNG WOLLEN ODER NICHT. NATÜRLICH GIBT ES KEINE WAHL – DER ZUG FÄHRT UNAUFHALTSAM.“ JÜRGEN GÖTZENAUER CTO DEWETRON

gen in komplexere Produkte geht, wünschen sich die Kunden aber immer noch eine persönliche Beratung.

Hier sind wir als Regionalbank gefordert, die entsprechende Qualität vor Ort zu bieten. Die zweite Ebene betrifft digitale Mittbewerber, die berühmten Fintechs und diverse Vergleichsportale. Potenzielle Kunden gehen heute oft nicht mehr einfach so zur Bank, sondern suchen sich Anbieter über digitale Medien. Daher arbeitet die HYPO Steiermark mit Experten daran, ihre Präsenz in der virtuellen Welt weiter zu festigen. Ein weiteres Thema, das uns wie alle Unternehmen bewegt, ist, dass wir die Digitalisierung natürlich auch zur Kostenminimierung nutzen, um damit Prozesse schlanker und besser zu machen. Und schließlich – der vierte Punkt – gibt es nunmehr eine europäische Verordnung (PSDII), die es erlaubt, dass Banken und Fintechs in Konten anderer Banken Einschau halten dürfen, wenn der Kunde dies genehmigt. Das heißt, Vergleichbarkeit und Transparenz werden deutlich erhöht, dies bietet uns auch große Chancen.

Eibinger-Miedl: Zum Thema Startup-Ökosystem möchte ich anmerken, dass wir in der Steiermark im Österreichvergleich ein sehr gutes Umfeld haben. Bedingt durch unser gutes Klima der Vernetzung zwischen Wissenschaft und Wirtschaft und die enge Zusammenarbeit mit den neunzehn Kompetenzzentren, den neun Hochschulen und Einrichtungen wie dem Innolab oder SciencePark. Zudem haben wir rund dreißig Impulszentren, wo Startups unterstützt werden. Unlängst hat auch das Startup-Barometer gezeigt, dass die Zufriedenheit der Startups in der Steiermark gestiegen ist. Natürlich müssen wir noch besser werden, auch wenn wir bereits eine Top-Region sind und

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mit einer Forschungsquote von 5,14 % zu den innovativsten Regionen Europas gehören.

Gartner: Wir investieren jährlich über zwölf Milliarden Euro in F&E in Österreich – eine Riesensumme.

Gleichzeitig gibt es aber eine vergleichsweise mickrige Summe Risikokapital. Und diese Menschen in Forschung und Industrie, die diese Summen abarbeiten, sind ja alles potenzielle Gründer. Wenn es gelänge, davon nur einen Bruchteil in die andere Welt zu bringen, könnten wir auf diese Art viele neue Unternehmen generieren. Diese Zellteilung der Wirtschaft zu befeuern, wäre eine Riesenchance!

Götzenauer: Zu diesen 5,14 % muss man sagen, dass inputorientierte Indikatoren wie eine F&E-Quote nur wenig darüber aussagen, was mit dem Geld passiert und damit erwirtschaftet wird. Man müsste das Ganze auch outputorientiert betrachten: Was kommt am Ende raus? Und noch eine Beobachtung zur Wirtschaftsstrategie des Landes Steiermark, die ich mir zur Vorbereitung angeschaut habe: Dort kommt das Wort Digitalisierung quantitativ zwanzigmal vor, wird aber im Großen und Ganzen zu sehr auf die Digitalisierungsinfrastruktur und die Produktion reduziert. Digitalisierung ist meiner Ansicht nach viel mehr als das.

Und weil, wie ich höre, eine Überarbeitung der Wirtschaftsstrategie ansteht und der Forschungsrat neu aufgesetzt werden soll, darf ich Ihnen, Frau Landesrätin, raten: Setzen Sie auf einen Ideenfindungsprozess und machen Sie auf! Machen Sie, wie in den USA üblich, ein Innovation Tournament! Holen Sie sich die Ideen und Weltbilder der Jungen, der zukünftigen Generation, mit hinein – und es werden alle profitieren!

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„ES GIBT ZIG UNTERSUCHUNGEN, DIE BELEGEN, DASS DURCH AUTOMATISIERUNG MEHR ARBEITSPLÄTZE ENTSTEHEN, ALS DURCH SIE VERLOREN GEHEN.“ UDO TR AUSSNIGG STUDIENGANGSLEITER AUTOMATISIERUNGSTECHNIK FH CAMPUS 02

Eibinger-Miedl: Die Forschungsquote ist natürlich ein inputorientierter Faktor, aber auch eine europaweit anerkannte Vergleichszahl, anhand derer sich die Regionen messen können. Natürlich ist noch wichtiger, welcher Output am Ende herausschaut, aber

auch dabei müssen wir uns nicht verstecken. Zum anderen: Die Wirtschaftsstrategie des Landes ist aus dem Jahr 2015, die Wissenschaftsstrategie ist noch älter. Wir sehen es als Riesenchance, dass mit meinem Eintritt in die Landesregierung die beiden Ressorts

WIRTSCHAF TSBUND BEGRÜSST

NEUES S TA NDOR T GESE T Z DERZEIT SIND GENEHMIGUNGSVERFAHREN FÜR GROSSE INFRASTRUKTURPROJEKTE OFT LANGWIERIG, KOSTSPIELIG UND MÜHSAM.

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as Standortentwicklungsgesetz bringt effi zientere Entscheidungsverfahren und in weiterer Folge mehr Aufträge für Klein- und Mittelbetriebe und eine leistungsfähige Infrastruktur für Österreichs Regionen. Die derzeit endlosen Verfahrensschleifen kosten den Betrieben Geld und Zeit. Es werden Investitionen blockiert und Aufträge zurückgehalten. „Wir erwarten einen spürbaren Investitionsschub. Deshalb haben wir das Projekt von Anfang an unterstützt.

Der nunmehr vorliegende Entwurf für ein Standortentwicklungsgesetz ist ein guter Schritt nach vorne“, so Mag.(FH) Kurt Egger, Direktor Wirtschaftsbund Steier-

mark. Denn durch raschere Entscheidungen werden Investitionen beschleunigt und der Wirtschaftsstandort Österreich einen Schritt weiter in Richtung Zukunft gebracht.

Entscheidend für das öffentliche Interesse ist, dass die Projekte der Region maßgebliche Vorteile bringen und über ein entsprechendes Investitionsvolumen verfügen. „Es geht darum, die Regionen zu stärken und unseren Betrieben die Infrastruktur zu bieten, die sie brauchen, und nicht darum, Rechte zu beschneiden“, stellt Egger klar. Beispiele sind Forschungszentren für den Technologiestandort, Speicherkraftwerke zur Ener-

giewende oder Hochleistungsstrecken für den Verkehrsknotenpunkt Österreich.

Durch das neue Gesetz werden nicht nur die Infrastruktur maßgeblich ausgebaut und die Regionen gestärkt, sondern auch Arbeitsplätze geschaffen. Gerade bei großen Infrastrukturprojekten profitieren österreichische Klein- und Mittelbetriebe maßgeblich, denn zahlreiche Aufträge gehen dabei an die ansässigen heimischen Betriebe und damit direkt in die Regionen. „So gewinnen Österreichs Unternehmen doppelt – als Auftragnehmer und als ansässiges Unternehmen durch eine moderne und leistungsfähige Infrastruktur“, so Egger.

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„ICH SEHE DIGITALISIERUNG NICHT ALS TECHNISCHES PROJEKT, SONDERN ALS CHEFSACHE. ES GEHT DARUM, DAS THEMA IN DEN KÖPFEN DER MITARBEITER ZU VERANKERN.“ BERNHARD TÜRK VORSTAND HYPO STEIERMARK

Wissenschaft und Wirtschaft zusammengekommen sind, daher habe ich mir auch vorgenommen, die beiden Strategien, die vor Jahren von unterschiedlichen Abteilungen erarbeitet wurden, neu aufzusetzen. Einen offenen Prozess halte ich für einen spannenden Zugang. Ich werde mir gerne anschauen, wie wir das umsetzen können.

Götzenauer: Alles, was wir heute besprechen, fällt unter den Begriff Innovation und aus meiner Sicht bräuchte das Land eigentlich einen CIO, Chief Innovation Officer, jemanden der das Thema aktiv vorantreibt und breit koordiniert. Die SFG setzt aus meiner Sicht gute Schritte – was mir persönlich sehr gut gefällt, ist etwa die Installation von Innovationsbeauftragten, die in den Regionen unterstützen sollen. Ein guter Schritt, aber es braucht aus meiner Wahrnehmung eine noch stärkere Fokussierung, die letzte Konsequenz. Im Zeitalter der Digitalisierung haben wir keine Zeit zu verlieren. Die Entwicklungen passieren mit rasender Geschwindigkeit.

Eibinger-Miedl: In den eineinhalb Jahren, die ich in der Regierung bin, habe ich meine Energie insbesondere in Themen wie die Breitbandgesellschaft, regionale Innovationscoaches, Forschungsprojekte zur Digitalisierung und vieles mehr investiert. Es kann nie schnell genug gehen, aber ich versichere Ihnen, dass ich mit ganzer Kraft dahinter bin.

Digitalisierung braucht bestens ausgebildete Fachkräfte. Haben wir genug Bildungsangebote und ausreichend Nachfrage junger Talente?

Traussnigg: Die Ausgewogenheit zwischen Nach-

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frage und Angebot ist die große Herausforderung. Natürlich brauchen wir immer wieder neue Angebote im Bildungssektor für aktuelle Themen, aber gleichzeitig ist auch entscheidend, die Nachfrage zu erhöhen.

Derzeit haben wir das Problem im Bereich MINT, dass wir im Verhältnis zu anderen Themen, vor allem bei Frauen, eine geringere Nachfrage haben. Ich bin auch Mitbegründer der Initiative „Faszination Technik“ in der Steiermark und wir tun viel in diesem Bereich. Wir erleben bei unseren Veranstaltungen viele Schüler und vor allem auch Schülerinnen mit größter Begeisterung für Technik. Daher frage ich mich, warum am Ende des Tages nicht noch mehr junge Leute herauskommen, die sich für technische Berufswege entscheiden?

Gartner: Wieder nehme ich das Beispiel Tel Aviv.

Dort ist es gesellschaftlich einfach cool, Techniker zu sein. Das ist alles eine Frage der gesellschaftlichen Akzeptanz, ebenso wie der Frauenanteil in der Technik und in der Startup-Szene. Ich bin ja selber entsetzt, dass wir in unseren Firmen im Portfolio derzeit keine einzige Gründerin haben.

Eibinger-Miedl: Da sind wir mittendrin im Thema Geschlechter- und Rollenbilder. Man sieht es ja auch an der Teilzeitquote in Österreich und an den Führungsebenen. Das ist ein großes gesellschaftspolitisches Thema, bei dem noch sehr viel Nachholbedarf besteht. Daher habe ich in meinem Ressort auch einen Frauenschwerpunkt gesetzt.

Beim Thema Digitalisierung schwingen auch viele Ängste mit – etwa die Sorge um die Arbeitsplätze, die in der Welt 4.0 vielfach überflüssig zu werden drohen.

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Traussnigg: Diese Ängste begleiten die Automatisierungstechnik von Beginn an, aber es ist eine Frage des Blickwinkels. Denn abgesehen von den punktuell direkt betroffenen Arbeitsplätzen die verloren gehen, weil deren Tätigkeiten automatisiert werden, belegen zig Untersuchungen dass gleichzeitig in Summe deutlich mehr Arbeitsplätze durch Automatisierung entstehen. Das ist auch logisch: Wenn man beispielsweise den Durchsatz in einem Bereich durch Automatisierung erhöht, braucht man in der gesamten Wertschöpfungskette einfach mehr Arbeitskräfte. Klar ist aber auch, dass sich dadurch für einzelne Personen die Tätigkeiten und die damit geforderten Kompetenzen ändern, womit wir als Lösung wieder bei Bildung und Qualifikation landen.

Gartner: Wer zurückschaut auf andere Industrialisierungswellen, die es in der Geschichte immer wieder gab, wird erkennen: Es sind in Summe immer mehr Arbeitsplätze entstanden. Wir können uns heute noch nicht vorstellen, welche neuen Jobs entstehen werden.

Türk: In meiner Branche, wo ja durchaus disruptive Verschiebungen stattfi nden, ist es so, dass viele Banken – auch unser Haus – schon viel Vorarbeit geleistet haben. Daher wird es personell keine massiven Veränderungen geben und ich glaube, dass wir die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die wir jetzt haben, auch dringend benötigen, um die Face-toFace Beratung auch weiter mit entsprechender Qualität sicherzustellen.

Götzenauer: Oft wird in der öffentlichen Debatte so getan, als gäbe es eine Entscheidungsmöglichkeit, als könnten wir uns aussuchen, ob Digitalisierung stattfi ndet oder nicht, ob wir das wollen oder nicht? Natürlich gibt es keine Wahl – der Zug fährt unaufhaltsam. Und wir sind gefordert, rechtzeitig und bestens gerüstet auf diesem Zug vorne mit dabei zu sein. Auch wenn sich keiner von uns noch genau vorstellen kann, was bei dieser Fahrt alles auf uns zukommen wird.

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