Beitrag in der "KLEINEN ZEITUNG" vom 14.12.2024

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Der Regierungs-Achter

POLIT-WENDE. Die erste steirische FPÖ-ÖVP-Koalition ist so gut wie fertig: Diese acht Menschen dürften die künftige Landesregierung bilden. Wir berichten exklusiv, wer ans Ruder kommt, welche Konflikte schwelen und wohin das Land in Zukunft steuert.

Steiermark, Seite 12/13

STEIERMARK

26 Jahre alter Steirer nach Eisbad im Wachkoma. Arzt ruft zur Vorsicht auf.

Seite 16/17

WIRTSCHAFT

Wienerberger-Boss Heimo

Scheuch erwartet unter Trump gute Jahre für die USA.

Seite 28/29

Gutes Los für Österreichs

Fußball-Team auf dem Weg zur ersten WM seit 1998. SPORT

Seite 48/49

HANNES

VERRA

Wie man erfolgreich kommuniziert

KÖRPERSPRACHE

Unvernünftig

Das größte Hindernis für den Fortschritt ist nicht die Unwissenheit, sondern die Illusion des Wissens (John Stuart Mill).

Mit der Vernunft ist das so eine Sache. Denn vernünftig halten wir Themen und Lösungen dann, wenn sie uns vernünftig erscheinen Keine Verbrennermotoren fahren, impfen und Sonnencreme zu verwenden, klingt für viele vernünftig. Wobei E-Auto oder Verbrenner? Was vernünftiger ist, darüber könnte man beinahe einen Bürgerkrieg anzetteln. Impfen? Besser nicht anstreifen an dem Thema. Und Sonnencreme?

Da würden andere sagen, alles Hysterie, da, wo die meiste Sonne scheint, cremen sich die Menschen am wenigsten ein. So einfach scheint es also nicht zu sein, mit der Vernunft. Dabei kann die Wissenschaft diese Themen eindeutig beantworten. Aber wer sich für eine Meinung entschieden hat, lässt sich doch von sowas Esoterischem wie Wissenschaft nicht irritieren, ich bitt’ Sie!

Nur weil etwas vernünftig wirkt, muss es noch nicht vernünftig sein.

regte, langsame Kommunikation. Die Elemente dazu sind eine ruhige Stimme, die niemals laut wird. Das Sprechtempo ist meist gemäßigt. Manche meinen: „Wer etwas zu sagen hat, spricht ruhig und leise“. Ganz so, als ob Lautstärke und Tempo mit Wissen gekoppelt wären. Ebenso sind die Gesten langsam und im engen Rahmen. Das erscheint bedachter, erfahrener. Das wirkt! Wir sind nämlich keine rationalen Wesen. Wir sind rationalisierende Wesen. Sobald wir also das Gefühl von Vernunft empfinden, halten wir die Aussagen solcher Menschen auch für plausibler. Denn Gefühl schlägt immer Fakten.

VIn Krisenzeiten Orientierung schaffen

Wie lassen sich in schwierigen Zeiten –trotz Spar- und Restrukturierungsdrucks –positive strategische Zukunftsbilder zeichnen? Worauf es ankommt, wo Führungskräfte und Beschäftigte gefordert sind.

Entscheidend für die Glaubwürdigkeit ist immer die Person, die Halbwissen oder Pseudowissen vermittelt.

Talkshows und Social Media sind voll mit solchen Scharlatanen. TV-Philosophen, Rampenlichtmediziner und Motivationsgurus. Alle eint sie eines: Sie haben eine unaufge-

Bedenklich ist, dass die gebildete(!) Mitte der Gesellschaft solchen Gurus in erstaunlicher Zahl folgt. Daran lässt sich erkennen, dass selbst jene Menschen, die sich für vernünftig halten, im Grunde nach einem Gefühl suchen. Schade nur, dass manche in ihrer Blindheit vom hohen Ross der Pseudobildung herabschauen und nicht bemerken, dass sie es sind, die die Weiterentwicklung unserer Gesellschaft bremsen.

Stefan Verra ist KörperspracheExperte.

orweihnachtliche Ruhe spüren wir derzeit leider nur in den Auftragsbüchern und in unserer Fertigung“ – mit diesem Befund meldete sich unlängst ein Manager aus der Autozulieferindustrie bei der Kleinen Zeitung. In vielen Branchen sind resignative Töne wie diese zu vernehmen. Insbesondere Österreichs Industrie steht unter massivem Druck. Die Kostenstrukturen – von der Energie über die Lohn- und Lohnnebenkosten – lasten, in Kombination mit der schwachen Nachfrage, schwer auf den Unternehmen. „Österreichs Lohnstückkosten sind seit Jahren nicht mehr wettbewerbsfähig, und die Folgen sind spürbar: Werksschließungen, Insolvenzen und Kündigungswellen prägen die Schlagzeilen“, sagt der Unternehmensberater Jürgen Götzenauer, früher selbst Industriemanager. „Viele Unternehmen suchen händeringend nach Auswegen.“ Aus seiner Beratungspraxis leitet sich ein wiederkehrendes Motiv ab: „EineklareVisionundStrategiegeben Orientierung, stärken den Zusammenhalt im Team und schaffen Vertrauen – eine ent-

scheidende Grundlage für die Resilienz eines Unternehmens.“

Was schlüssig klingt, ist aber in derart brüchigen und von Verwerfungen dominierten wirtschaftlichen Zeiten alles andere als einfach umzusetzen. „Die Aufgabe, unter enormem Druck ein solches Zukunftsbild zu entwickeln, erfordert ein besonderes Maß an strategischem Weitblick und Fingerspitzengefühl.“ Götzenauer verweist dabei auf zwei entscheidende Phasen.

Die erste fokussiere „auf die gemeinsame Entwicklung einer klaren Vision und Strategie mit einem kleinen Kernteam“. Hierbei gehe es darum, „Leuchttürme“ zu setzen. Auch oder gerade in Krisenzeiten sei es wichtig, „zentrale strategische Ziele, die dem Unternehmen klare Orientierung für die kurzfristige Zukunft bieten“, zu formulieren. Als Beispiele nennt Götzenauer u. a. den „Eintritt in neue Märkte, die Entwicklung innovativer Produkte oder die Anpassung des Geschäftsmodells an zukünftige Anforderungen“. Wesentlich sei, „dass es um den zeitlichen Horizont der nächsten ein bis zwei Jahre geht“. Alles darüber hinaus mache aktuell kaum Sinn. Der Fo-

kus liege auf dem Prinzip „Weniger ist mehr“. Denn für Unternehmen ist es in dieser Phase bedeutend, „sich auf die wirklich erfolgversprechenden Maßnahmen zu konzentrieren und den Mut zu haben, klare Prioritäten zu setzen“. Ein wesentlicher Bestandteil dieser Fokussierung sei, „in Zeiten enormen Drucks die Kostenstruktur des Unternehmens kritisch zu hinterfragen und Sparpotenziale gezielt zuidentifizierenundzunutzen“.

Die Optimierung der Kostenbasis schaffe nicht nur unmittelbare Entlastung, sondern ermögliche es auch, „Ressourcen für strategische Maßnahmen freizusetzen, die das Unternehmen zukunftsfähig machen“. Nur so entsteht ein Zukunftsbild, das den aktuellen Herausforderungengerechtwirdundsowohlfür dieOrganisationalsauchfürdie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erreichbar bleibt.

Der Bestandsaufnahme und strategischen Zielsetzung folge in Phase zwei die Umsetzung. „Nach der Festlegung der strate-

gischen Leitlinien gilt es, eine positive Aufbruchsstimmung zu erzeugen, die das Team zur Umsetzung motiviert.“EinBalanceakt, wie Götzenauer einräumt. Denn dies erfordere „sowohl ein Dringlichkeitsgefühl, das den Tatendrang stärkt, als auch ein Klima des Vertrauens“. Es gehe nicht nur darum, dass Mitarbeitende die neuen Ziele verstehen, „sondern als bedeutende gemeinsame Aufgaben wahrnehmen“. Der Experte verweist auf eine Harvard-Studie, der zufolge basiere das Vertrauen in die Führung im Wesentlichen auf drei Faktoren:positiveBeziehungen, Konsistenz und gutes Urteilsvermögen. „Positive Beziehungen entstehen durch regelmäßige, offene Gespräche – auch über persönlicheAnliegen.Kurze,wöchentliche Check-ins sind oft wirkungsvoller als das klassische Jahresgespräch und stärkendasVertrauensowiedieMotivation der Mitarbeitenden.“ Konsistenz sei ebenfalls entscheidend. „Führungskräfte, die transparent kommunizieren und Zusagen einhalten, schaf-

BUCHTIPP

Lernen von einer Legende

Markus Leyacker-Schatzl verwebt Chaplin-Biografie mit Erfolgstipps.

fen Verlässlichkeit und verhindern Unsicherheiten. Konsequentes Verhalten im Alltag ist Grundlage einer glaubwürdigen Führungskultur.“ Das spannt den Bogen zum „guten Urteilsvermögen, das zur zusätzlichen Förderung des Vertrauens“ beitrage. „Fundierte Entscheidungen in Krisenzeiten sichern nicht nur die Unterstützung des Teams, sondern auch dessen Respekt.“

Ein Zukunftsbild sollte realistisch, positiv – und damit erreichbar sein –, dann gehe damit ein „wesentlicher Erfolgsfaktor“ einher, um Unternehmen auch in Krisenzeiten nachhaltig zu positionieren, ist Götzenauer überzeugt. „Führungskräfte, die sich um das Vertrauen ihrer Mitarbeitenden bemühenundsiedurcheineklare Vision und transparente Kommunikation motivieren, schaffen dafür die Grundlage.“ Vertrauen bleibe dabei immer „die wichtigste Ressource in der Führungskultur, die gerade in schwierigen Zeiten über die Zukunftsfähigkeit einer Organisation entscheidet“.

Schon der Zugang, den Markus Leyacker-Schatzl für sein Buch wählt, nötigt Respekt ab: Der Unternehmer und Autor verwebt die Biografie der Komiker- und FilmLegende Charlie Chaplin (1889-1977) mit RatgeberLektüre. So ein Unterfangen kann auch scheitern, ist es im Fall von „Charlie Chaplin. Erfolgsgeheimnisse einer Legende“ aber nicht. Leyacker-Schatzl, der sich gleich auf den ersten Seiten als Chaplin-Verehrer outet, destilliert aus der vielschichtigen Weltkarriere Erfolgsfaktoren heraus und stellt diese – in eigenen Einheiten portioniert – jeweils als „Erfolgstipp“ ans Ende der Kapitel. Das gerät bisweilen zum Balanceakt zwischen Motivationsappellen und überzeugendem Input, aber auch (partiellen) TrivialRatschlägen. Der FormatierungsKniff ist aber ein struktureller Vorzug des Buchs. Inhaltlich versteht es der Autor durch eine kluge Auswahl von Bonmots, Schicksals-, Durchhalte- und Triumph-Passagen den Aufstieg des Multitalents Chaplins unterhaltsam und reflektiert zu erzählen, wobei die Kapitel „Unternehmertum“ sowie „Innovation und Kreativität“ besonders überzeugen. Manfred Neuper

Leyacker-Schatzl: „Charlie Chaplin. Erfolgsgeheimnisse einer Legende.“ FBV Verlag, 23,5 Euro (E-Book 18,99 Euro), 219 Seiten.

Jürgen Götzenauer
JG/OLIVER WOLF

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