ZUSAMMEN:ÖSTERREICH 2014/4

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WINTER 2014

IDENTITÄT MUSS WACHSEN

Umfrage unter Zuwanderern: Wo sind sie daheim?

JE FRÜHER, DESTO BESSER

ÖSTERREICHISCHE POST AG/SPONSORING.POST 08Z037821S, ÖSTERREICHISCHER INTEGRATIONSFONDS, SCHLACHTHAUSGASSE 30, 1030 WIEN

Beratung: Integration beginnt vor der Einreise

NEUE VIELFALT – GEMEINSAME HEIMAT Warum ein Wir-Gefühl in unserem Land wichtig ist und wovon es lebt


„Meine Erfolge im Skisport wären ohne die richtige Ernährung nicht möglich gewesen.“ – Michi Dorfmeister

f Obst“

ust au L „ e v i t a i t Ini

Jetzt

anmelden und mitmachen!

Schulwettbewerb mit tollen Preisen Ab jetzt können Kinder nach Lust und Laune so richtig Naschen – am besten fünfmal am Tag: buntes, geschmackvolles Obst und knackigfrisches Gemüse. Die Österreichische Sporthilfe und SanLucar fördern die ausgewogene Ernährung unserer Kinder mit dem großen Schulwettbewerb der Initiative „Lust auf Obst“. So unterstützen wir sie in ihrer Entwicklung: Denn unsere Kids sind auch die Spitzensportler von morgen.

Früh richtig Essen lernen – mit viel Spaß! Bei dem Wettbewerb werden Aktivitäten rund um Obst und Gemüse prämiert – ob Malen, Basteln oder Tanzen, der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Ab September können LehrerInnen ihre Schulklassen anmelden. Alle teilnehmenden Klassen erhalten als Geschenk vorab einen SanLucar-Obstkorb. Auf die Gewinner in jedem Bundesland wartet neben attraktiven Preisen ein Ausflug mit einem Spitzensportler.

Mehr Infos und Anmeldung unter www.sporthilfe.at/lustaufobst Gefördert aus Mitteln der Europäischen Union


ZUSAMMEN:ÖSTERREICH

Winter 2014

ED I T O R I A L

I NHA LT

Liebe Leserinnen und Leser! 8,5 Millionen Menschen sind wir bereits in Österreich – und jeder Fünfte von uns hat einen Migrationshintergrund. Diese historisch einzigartige Vielfalt bringt zahlreiche Chancen mit sich, aber auch Herausforderungen: Zum einen ist Österreich heute ein offenes und international erfolgreiches Land, nicht zuletzt dank der Zuwanderung. Zum anderen steigt mit wachsender Vielfalt auch die Notwendigkeit, sich auf eine gemeinsame Identität zu verständigen. Wie sieht das Selbstbild der in unserem Land lebenden Menschen heute aus? Welches Verhältnis zu Österreich haben jene, die Wurzeln im Ausland haben? Und wie kommen wir zu einem Wir-Gefühl, das alle hier lebenden Menschen teilen? Diesen Fragen gehen wir in unserem Schwerpunkt ab Seite 6 nach.

Wie kommen wir zu einer gemeinsamen Identität?

FOTOS: ÖIF/MARJANOVIĆ, WWW.WEINFRANZ.AT

Damit Neuzuwanderer von Beginn an wissen, wie die österreichische Gesellschaft tickt, erhalten sie im Rahmen eines Pilotprojekts bereits vor der Einreise Information und Beratung. Die Arbeit der in Ankara und Belgrad tätigen Integrationsberaterinnen stellen wir Ihnen auf Seite 28 vor.

Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre und freuen uns auf Kritik, Lob und kostenlose Abo-Bestellungen unter magazin@integrationsfonds.at

SCHWERPUNKT: DAHEIM IN ÖSTERREICH

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TITELGESCHICHTE. VORHANG AUF FÜR EIN NEUES WIR-GEFÜHL. Wie es gelingt, dass sich alle Menschen in Österreich heimisch fühlen.

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Taktvoll: Azis Sadikovic ist Dirigent des Ensembles Wienklang, dessen Musiker mehrheitlich Wurzeln im Ausland haben. Wie es auf der Bühne gelingt, trotz unterschiedlicher Muttersprachen, Hautfarben und kultureller Hintergründe ein Gesamtkunstwerk zu schaffen, hat er Kristin Längle verraten.

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KONTROVERSE. WIE GELINGT EIN GUTER START IN ÖSTERREICH? Zwei Zuwanderer diskutieren. KURZPORTRÄTS. WURZELN IM AUSLAND, ZUHAUSE IN ÖSTERREICH. Sechs Migranten über ihr Verhältnis zur Alpenrepublik.

14 Die ZUSAMMEN:ÖSTERREICH-Redaktion v. l. n. r.: Franziska Schinnerl, Kristin Längle, Valentin Schwarz, Franziska Troger, Onur Kas, Aleksandra Klepić, Roland Goiser, Julian Unger

Hauptabend-Star: Alice Tumler (mit der letzten ZUSAMMEN:ÖSTERREICHAusgabe), deren Mutter aus Martinique stammt, moderiert im ORF „Die große Chance“. Warum sie sich dabei nicht als Pionierin versteht, hat Aleksandra Klepić erfragt.

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Zusammen:Österreich

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ZUSAMMEN:ÖSTERREICH

Winter 2014

›› INH A LT MENSCHEN UND PROJEKTE Migration, Integration und Zusammenleben

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INTEGRATION VOR ORT. GEMEINSAM FÜR DIE JÜNGSTEN. Vier Vorarlberger Gemeinden setzen auf Sprachförderung. PORTRÄT. EIN WIENER SENKRECHTSTARTER. Martin Ho ist Erfolgsgastronom seit Teenagertagen. PILOTPROJEKT. VON ANFANG AN WISSEN, WIE ÖSTERREICH TICKT. In Ankara und Belgrad informieren Integrationsberaterinnen vor der Zuwanderung. PUBLIKATIONEN. „MIGRATION IST EIN GEWINN FÜR ÖSTERREICH.“ ÖIF-Forschungsbericht belegt Brain Gain.

DOPPELPORTRÄT. „WIR SIND DANK IHM OFFENER GEWORDEN.“ Priester aus Nigeria und Pfarrgemeinderätin.

Hochwürden: Zum Studium nach Wien gekommen, ist Lawrence Ogunbanwo als Pfarrer geblieben. Zu welchem Lied er in der Kirche das Tanzbein schwingt, hat Valentin Schwarz erfahren.

Meisterkoch: Ashok Chandihok kennt alle Geheimnisse, die Reis zu bieten hat. Franziska Schinnerl hat er sein Lieblingsrezept für Kheer, den indischen Reispudding, verraten.

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RUBRIKEN Wissenswertes, Service und Unterhaltung

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I M PRE S S UM

TIPPS FÜR LEHRER. PROJEKT- UND UNTERRICHTSMATERIAL.

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WORTWANDERUNG. BEGRIFFE MIT MIGRATIONSHINTERGRUND.

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INTEGRATION AKTUELL. NEUES VOM ÖIF.

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RUNDBLICK. INTEGRATION INTERNATIONAL.

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TERMINE. VERANSTALTUNGEN UND FRISTEN.

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REZEPT. INDISCHER REISPUDDING.

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RÄTSEL. RATESPASS MIT GEWINNSPIEL.

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Zusammen:Österreich

Medieninhaber, Herausgeber und Redaktionsadresse: Österreichischer Integrationsfonds, Schlachthausgasse 30, 1030 Wien, Tel.: +43/(0)1/710 12 03-0, Fax: +43/(0)1/710 12 03-500, mail@integrationsfonds.at Chefredakteur: Mag. Roland Goiser, roland.goiser@integrationsfonds.at Leitende Redakteurin: MMag. Franziska Troger, franziska.troger@integrations fonds.at Chef vom Dienst: Mag. Valentin Schwarz, valentin.schwarz@integrations fonds.at Redaktion: Onur Kas, BA; Aleksandra Klepić, BSc; Mag. Kristin Längle, MAS; Mag. Julian Unger, MA; Franziska Schinnerl, BA Produktion und Anzeigen: Styria Multi Media Corporate GmbH & Co KG, Geiselbergstraße 15, 1110 Wien, www.corporate.styria-multi-media.com Geschäftsführung: Mag. Erich Schönberg, Mag. Martin Distl Artdirektion: Mag. Nina Ullrich Projektleitung: Kristina Gavric Grafik: Jennifer Fiala Anzeigenleitung: Harald Kuso Korrektur: Mag. Birgit Forst Produktion: m4! Mediendienstleistungs GmbH & Co KG, www.m-4.at Hersteller: Druck STYRIA GmbH&Co KG, Styriastrasse 20, 8042 Graz. Die Artikel von Gastautorinnen und -autoren drücken deren persönliche Meinung aus und müssen nicht den Positionen des Österreichischen Integrationsfonds entsprechen. Seiten, die mit „Werbung“ oder „Advertorial“ gekennzeichnet sind, sind entgeltliche Einschaltungen gemäß § 26 Mediengesetz. Alle Rechte vorbehalten, auch die Übernahme, vollständige oder auszugsweise Weiter- oder Wiedergabe, gem. § 44 Abs. 1 und 2 Urheberrechtsgesetz.

FOTOS: WWW.WEINFRANZ.AT, ÖIF/UNGER; ILLUSTRATIONEN: NIEL MAZHAR

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ZUSAMMEN:ÖSTERREICH

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IN T E G R AT I O N I N Z A H L E N

Menschen werden laut Prognose 2029 in Wien wohnen, also rund 250.000 mehr als heute. Ein zentraler Wachstumsfaktor ist die Zuwanderung aus dem In- und Ausland.

Musliminnen und Muslime leben laut Hochrechnung der Uni Wien in Österreich. Größte Gruppe sind österreichische Staatsangehörige mit 35 Prozent, danach folgen türkische mit 20 und bosnische mit 9 Prozent. ausländische Studierende waren im Wintersemester 2013/14 an Österreichs Hochschulen inskribiert. Die größte Gruppe sind die Deutschen mit 29.033 Studierenden, gefolgt von 8.204 Italienern. Prozent beträgt die Arbeitslosigkeit unter ausländischen, 8,4 Prozent unter österreichischen Staatsangehörigen im Burgenland. Das östlichste Bundesland ist das einzige, in dem Inländerinnen und Inländer häufiger erwerbslos sind als Ausländerinnen und Ausländer. Prozent der Wiener Polizeischüler hatte 2007 einen Migrationshintergrund. Seit damals bemüht sich die Polizei gezielt um Zuwanderinnen und Zuwanderer und konnte den Anteil auf 7 Prozent steigern.

IN T E G R AT I O N I S T …

… eine Mischung aus den besten Sachen, die ich mitgenommen habe und den besten, die ich hier übernommen habe. Biko Botowamungu, aufgewachsen im Kongo, war Olympia-Boxer und Staatsmeister. Heute ist er Integrationsbotschafter.

LE SE R B R I E FE

Leser antworten …

… auf ZUSAMMEN:ÖSTERREICH 3/2014: Sprache fördern – Kinder stärken

S S i e uc h r e i b e n M e i n n s I h re ma ung an i n t e gg a z i n @ r f o n da t i o n s s.at

In der Bibliothek auflegen Ihr Magazin hat mich sehr beeindruckt, es ist informativ und interessant. Ich freue mich schon auf die nächste Ausgabe, die ich in unserer Bibliothek auflegen werde, in der wir inklusive Projekte durchführen und noch viel vorhaben. Ursula Liebmann, Leiterin der Öffentlichen Bücherei Sitzenberg-Reidling Sprachförderung bewirkt viel Danke für den Artikel über die Sprachförderung im Kindergarten. Als Vater weiß ich, wie viel es gerade bei kleinen Kindern bewirkt, wenn man sie fördert. Goran Marković, Wien Im Unterricht verwenden Ich unterrichte „Interkulturelle Erziehung“ am Kolleg-Lehrgang für Kindergartenpädagogik und kann mir gut vorstellen, das Magazin mit den sehr gut aufbereiteten Themen in den Unterricht einzubeziehen. Christine Leitinger, BAKIP Bischofshofen

Zusammen:Österreich

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SCHWERPUNKT: DAHEIM IN ÖSTERREICH

Titelgeschichte

ZUSA M M E N LE B E N I N Ö S T E R R E I C H

Vorhang auf für ein neues Wir-Gefühl Unsere Gesellschaft ist heute vielfältiger als je zuvor. ZUSAMMEN:ÖSTERREICH fragt nach, welche Herausforderungen das mit sich bringt und was wir alle lernen können, um unser Zusammenleben besser zu gestalten. TEXT

Valentin Schwarz, Kristin Längle und Roland Goiser

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Zusammen:Österreich


SCHWERPUNKT: DAHEIM IN ÖSTERREICH

Titelgeschichte

FOTO: WWW.WEINFRANZ.AT

Österreichische Kultur, gespeist aus fremden Wurzeln (v. l. n. r.): Irmelin Jansen ist Dänin, Azis Sadikovic Sohn eines Serben, Mirjam Nill auf Sri Lanka geboren. Nur Johann Ratschan hat als Oberösterreicher keinen unmittelbaren Migrationshintergrund.

D

ie Klänge von Cello, Bratsche und Geige schwingen noch im Raum, als die vier Musiker sich für eine Pause im Zuschauerraum des Wiener Raimund Theaters niederlassen. „Es ist wirklich ein Privileg, an so einem Ort arbeiten zu dürfen“, sagt die Geigerin Mirjam Nill. „Ja, dieses Land hat viel zu bieten“, pflichtet Azis Sadikovic bei, der Dirigent.

„Mozart, Beethoven, Strauß – überall, wo man hingeht, haben musikalische Größen gewirkt.“ Nill, Sadikovic und ihre Kollegen Irmelin Irene Aagaard Jansen, Cello, und Johann Ratschan, Bratsche, sind Mitglieder des Ensembles Wienklang. Die Palette des Jungmusiker-Orchesters reicht von Konzerten mit den Wiener Sängerknaben bis zum Life Ball.

Zusammen:Österreich

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SCHWERPUNKT: DAHEIM IN ÖSTERREICH

Titelgeschichte

Wir-Gefühl auf der Bühne: Die Mehrheit des Ensembles Wienklang hat Wurzeln im Ausland und das Zusammenspiel klappt perfekt.

WISSEN

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Die vier Musiker sind Vertreter der traditi­ onsreichen österreichischen Hochkultur – doch drei von ihnen haben Wurzeln au­ ßerhalb der Alpenrepublik. „Das ent­ spricht ungefähr dem Schnitt des gesam­ ten Orchesters“, sagt Sadikovic, Sohn eines Serben und einer Österreicherin. Jansen war von der Vielfalt der Klassiksze­ ne überrascht, als sie aus Dänemark zum Studium nach Österreich gekommen ist: „Ich habe anfangs Leute von überallher kennen gelernt, aber nur wenige Österrei­ cher.“ Und Nill, die auf Sri Lanka gebo­ ren und als Kleinkind von Deutschen ad­ optiert wurde, schmunzelt: „Manchmal werde ich erstaunt gefragt, wo ich denn so gut Geige spielen gelernt hätte. Dabei habe ich doch in Wien studiert.“

12,5 Prozent 2014. Sogar 19,4 Prozent haben einen Migrationshintergrund, also Eltern, die im Ausland geboren wurden. Jeder und jede Fünfte hat heute also inter­ nationale Wurzeln. Was macht angesichts dieser Vielfalt Österreich heute aus? Für die Bevölkerung sind vor allem Land­ schaft, Küche sowie Kunst und Kultur „typisch österreichisch“ (siehe Wissen). Doch neben dem gesellschaftlichen hat jeder Mensch auch ein individuelles Selbstbild, erklärt Hilde Weiss, Soziologie­ Professorin an der Universität Wien: „So­ ziale Normen und Rollenbilder sind ein wichtiger Teil der persönlichen Identität – und die unterscheiden sich zwischen Kul­ turen oft grundlegend. Damit müssen sich Migranten auseinandersetzen, das ist ein wichtiges Thema für sie.“

JEDER FÜNFTE IST MIGRANT Nicht nur die Welt der klassischen Musik, auch die österreichische Gesamtgesell­ schaft wird immer vielfältiger: Der Anteil ausländischer Staatsangehöriger stieg von rund 2 Prozent in den 1960er­Jahren auf

Zusammen:Österreich

WAS IST TYPISCH ÖSTERREICHISCH?

Landschaft, Küche sowie Kunst und Kultur sind für die Befragten – Einheimische und Zuwanderer – die Top 3 der Dinge, die Österreich ausmachen. 1.

LANDSCHAFT

2.

KÜCHE

3.

KUNST & KULTUR

4.

GEMÜTLICHKEIT

5.

JAMMERN

6.

OFFENHEIT

7.

MUSIK

ZWEITE GENERATION SUCHT IDENTITÄT

8.

MENTALITÄT

Vor allem für die zweite Generation, also in Österreich geborene Kinder von Zu­ wanderern, sei die Identitätssuche oft nicht einfach, so Weiss. Auf der einen Seite stehe die Familie, die meist die Wertvor­

9.

BRAUCHTUM & TRADITION

10.

DIALEKT

QUELLE: IMAS-ERHEBUNG OKTOBER 2014, 1.000 BEFRAGTE MIT UND OHNE MIGRATIONSHINTERGRUND

FOTOS: WWW.WEINFRANZ.AT, ILLUSTRATION: MATTHIAS MOSER

VIELFALT ALS NORMALFALL


SCHWERPUNKT: DAHEIM IN ÖSTERREICH

Kommentar

EX P E RT E NM E I NUNG

Heimat ist mehr als ein geographischer Ort Egal, wo man herkommt, die Musik ist wie ein Anker.

stellungen des Herkunftslands bewahren wolle. Auf der anderen Seite seien Freunde und Kollegen, unter Azis Sadikovic, denen häufig andere Dirigent des Ensembles Normen gelebt würden. Wienklang „Was unter Gleichaltrigen als Freizeitgestaltung oder Verhalten bei der Partnersuche normal ist, kann in der Familie verpönt sein“, sagt Weiss. „Die zweite Generation muss sich aus diesen oft widersprüchlichen Elementen ihre eigene Identität bauen.“ Ein zentraler Baustein für die auf Sri Lanka geborene Mirjam Nill ist ihre Arbeit als Violinistin. „Ich habe hier in Österreich dank der Musik eine Heimat gefunden“, sagt sie. „Was uns verbindet, ist das Ziel, das Publikum für zwei Stunden in eine andere Welt zu befördern“, ergänzt Azis Sadikovic. Dieses gemeinsame Anliegen, meint der Dirigent, wirke über Muttersprachen, Hautfarben und kulturelle Hintergründe hinweg. „Egal, wo man herkommt, die Musik ist wie ein Anker.“

DIE SCHULE IST GEFRAGT Doch wie können junge Menschen ihren persönlichen Anker finden, zumal wenn sie den Erwartungen zweier Kulturen gerecht werden müssen? Vor allem die Schule könne sie dabei unterstützen, meint Hilde Weiss. „Im Unterricht sollte stärker diskutiert werden, was die Jugendlichen in ihrem Leben eigentlich interessiert“, sagt die Soziologin. Das betreffe sowohl Grundlegendes wie die Chancen, die das Bildungssystem bietet, als auch Fragen, die die Jugendlichen aktuell bewegen, wie die Propaganda des sogenannten Islamischen Staats im Internet. Entscheidend sei dabei, so die Soziologin, dass der Umgang mit brisanten Themen nicht von oben herab gelehrt, sondern offen disku-

Wenn Zuwanderer faire Chancen erhalten, werden sie sich in Österreich auch heimisch fühlen. Erzwingbar ist das aber nicht. TEXT

Heinz Faßmann

Heimat hat viele Bedeutungen: Zunächst ist sie ein geografischer Ort, in den Menschen hineingeboren werden oder in dem sie eine Phase ihres Lebens verbringen. Heimat ist zugleich ein sozialer Ort, in dem Familie, Freunde oder eine soziale Gruppe, mit der man sich identifiziert, mehrheitlich leben. Heimat ist damit immer auch ein emotionaler Ort, der meistens positiv belegt ist, manchmal aber auch mit Sehnsucht und Enttäuschung. Schließlich ist Heimat ein höchst privater Ort. Welche Menschen oder Landschaften emotionale Bedeutung haben, ist eine persönliche Frage. Zuletzt ist Heimat nicht im Singular zu denken. Menschen können mehrere Heimaten haben, insbesondere dann, wenn sie ihr Leben an unterschiedlichen Orten verbringen. Die sogenannte Fremde kann zur Heimat werden, die Orte der Kindheit oder Jugend können dennoch Heimat bleiben. Wie stark Zuwanderer Österreich als Heimat empfinden, versuchen Umfragen zu beantworten. Dabei sagen 55 Prozent der Befragten, dass sie sich in Österreich heimisch fühlen. 35 Prozent antworten „eher heimisch“ und nur 10 Prozent geben an, sich wenig oder überhaupt nicht heimisch zu fühlen. Gefragt wird auch, welchem Staat, Österreich oder dem Herkunftsland ihrer

Familie, sich Zuwanderer eher zugehörig fühlen. Hier entscheiden sich 69 Prozent für Österreich, 8 Prozent fürs Herkunftsland und 10 Prozent antworten „beide“ (siehe Diagramm S. 15). Die Ergebnisse zeigen: Für die Mehrheit der Zugewanderten ist Österreich längst neue Heimat geworden, während die emotionale Verbindung zur alten fortbesteht. Das ergibt sich eben auch, wenn man mehrere Heimaten mit sich trägt. Welche Rolle kommt dabei der Politik zu? Soll sie für die emotionale Verbundenheit mit der geografischen und sozialen Heimat sorgen, kann sie das überhaupt? Fest steht: Die Politik kann und soll Rahmenbedingungen bereitstellen, die Vertrauen schaffen und es ermöglichen, dass sich die Bürger eines Landes wohlfühlen und Chancen für sich und ihre Kinder sehen. Die Politik kann aber nicht dafür sorgen, dass das Land für die Zuwanderer zur neuen, zweiten oder ersten Heimat wird. Das bleibt in einer pluralistischen und liberalen Einwanderungsgesellschaft eine individuelle und persönliche Frage.

Heinz Faßmann

ist Vizerektor der Universität Wien und Vorsitzender des Expertenrats für Integration.

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SCHWERPUNKT: DAHEIM IN ÖSTERREICH

Titelgeschichte

REITANS R E FLE X I O NE N

Es geht um Anerkennung

tiert werde: „Wir müssen die jungen Menschen dabei unterstützen, sich kompetent eine eigene Meinung zu bilden.“

Jeder Mensch braucht sie, aber nicht jeder kriegt sie: Anerkennung. Gemeint ist schlichte Anerkennung als Person. Etwas Zuwendung. Ein wenig Aufmerksamkeit. Wer so angenommen wird, erkennt sich in seiner Umgebung wieder, fühlt sich verstanden und zu Hause. Das ist die Heimat, derer wir alle bedürfen. Der Mensch lebt nicht nur vom Brot allein, lautet ein biblisches Wort. Wie wahr. Der Mensch bedarf des Wortes, auch jenes seiner Mitmenschen. Das gilt erst recht für jene, die sich in einer neuen, einer bisher unbekannten Gesellschaft einleben wollen, also konkret für Zuwanderer und ihre Kinder, hier und jetzt in Österreich. Es geht um viel, aber die Herausforderung ist kompliziert. Nur wer sich mit einer Gesellschaft, mit ihren Werten und Regeln identifiziert, wird anerkannt. Andererseits: Warum soll sich jemand mit einer Gesellschaft identifizieren, die ihm Anerkennung verweigert? Denn Ausgrenzung ist Schmerz. Das macht einige traurig, andere aggressiv. Die Neurobiologie hat dies aufgezeigt. Also Schluss mit Ausgrenzung. Start frei für Anerkennung – und zwar auf Gegenseitigkeit. Dann kriegt jeder Mensch, was er braucht.

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Zusammen:Österreich

Die Trennung zwischen Staat und Religion schützt gerade Minderheiten wie Muslime.

GEMEINSAMER WERT MENSCHENWÜRDE

Wie wichtig es ist, dass Zuwanderer sich in Österreich heimisch fühlen, unterstreicht Zekirija Sejdini. „Das führt zu Zekirija Sejdini, KONFLIKTE SCHWÄCHEN Professor für Islamische Zufriedenheit und verhindert IDENTIFIKATION Isolation“, sagt der Professor Religionspädagogik Die Herausforderungen für Islamische Religionspädader Identitätssuche junger Menschen mit gogik, der an der Universität Innsbruck Migrationshintergrund kennt Shahla Tol- islamische Religionslehrer ausbildet. Auch loy aus erster Hand. Für den Verein Balu er sieht den Schlüssel für das Zugehörig& Du organisiert die Jugendarbeiterin keitsgefühl von Zuwanderern im BilFreizeitangebote für Teenager in Wien- dungssystem. „Der islamische ReligionsSimmering. „Für Jugendliche ist es heute unterricht sollte die Gemeinsamkeiten mit der Normalfall, dass im Freundeskreis anderen Religionen zum Thema machen. Leute unterschiedlicher Herkunft oder Das ist vor allem die Menschenwürde. Religion sind“, sagt Tolloy. „Das spielt im Diesen Wert teilen Islam und ChristenAlltag meist keine große Rolle – außer, tum“, sagt Sejdini. Nur wer bestimmte wenn es zu Konflikten kommt. Dann kann Grundprinzipien teile, könne in Österreich es passieren, dass die Jugendlichen sich einen Platz finden, meint der Theologe. nach ethnischen oder reliBeispiele, wo das gelungen ist, giösen Linien spalten, holt aktuell die Initiative Z U SA M M E N : Ö ST E R R E I C H auch wenn der Auslöser #stolzdrauf vor den Vorhang. des Streits gar nichts damit Erfolgreiche Zuwanderer erzu tun hatte.“ Konflikte klären dabei, worauf sie in Ösdieser Art beeinflussen das terreich stolz sind – etwa auf Zugehörigkeitsgefühl zu Kunst und Kultur, den Österreich negativ, betont Rechtsstaat oder die Bildungsdie Soziologin Hilde Weiss. chancen. „Die Jugendlichen erleben im Alltag verschiedene SÄKULARISMUS Diskriminierungen. Häu- Für JugendSCHÜTZT MUSLIME fig haben sie das Gefühl, liche ist es Aktuell wird öffentlich diskuwegen ihrer Herkunft ab- heute normal, gewertet zu werden.“ Die- Freunde unter- tiert, ob der Islam mit der Trennung zwischen Staat und se Kränkung führe nicht schiedlicher Religion, die in Österreich automatisch dazu, dass sie gelte, überhaupt vereinbar sei. sich stärker mit dem Ur- Herkunft „Der Säkularismus ist für sprungsland ihrer Familie oder Religion Muslime kein grundsätzliches identifizierten. „Sie haben zu haben. Shahla Tolloy, Problem, nur eine ungeeher das Gefühl, nirgends wohnte Situation“, sagt der dazuzugehören“, sagt Weiss. Jugendarbeiterin

FOTOS: UNIVERSITÄT INNSBRUCK, UNIVERSITÄT WIEN, BALU&DU, ISTOCK/JOEL CARILLET, ISTOCK/FRANZ PFLUEGL; ILLUSTRATION: MATTHIAS MOSER

Von Claus Reitan, Journalist


SCHWERPUNKT: DAHEIM IN ÖSTERREICH

Service

SERVICE & TIPPS

SIE WOLLEN MEHR WISSEN?

Weitere Fakten, Lesetipps und Angebote zum Thema Identität und Zugehörigkeit finden Sie hier.

Das Buch „Leben in zwei Welten“, herausgegeben von der Soziologin Hilde Weiss, ist ein Standardwerk zur Integration der zweiten Generation von Zuwanderern in Österreich. Identität ist ebenso Thema wie die Rolle der Familie und Bildungschancen.

Identifikationsfiguren wie Alaba und Arnautovic haben das Potenzial, unser Selbstbild zu ändern.

Theologe Sejdini. Sie kämen oft aus Staaten, wo Gläubige im Namen des Säkularismus unterdrückt würden. „In Österreich ist das ganz anders. Staat und Hilde Weiss, ProReligion können eifessorin für Soziologie nander hier nicht instrumentalisieren. Ihre Trennung schützt gerade Minderheiten wie Muslime.“ Die Vorteile des österreichischen Systems, so Sejdini, gelte es muslimischen Zuwanderern begreifbar zu machen.

FÜR EIN NEUES WIR-GEFÜHL Die neue Vielfalt wirkt auch auf das Selbstbild der Österreicher. „Für viele ist noch die Abstammung der entscheidende Punkt, um dazuzugehören: Wer aus einer deutschsprachigen Familie stammt, ist Österreicher“, erklärt die Soziologin Hilde Weiss. Doch dieses Selbstverständnis ändere sich bereits, die Gesellschaft werde immer offener. Eine entscheidende Rolle auf dem Weg zu diesem neuen Wir-Gefühl könnten Identifikationsfiguren wie die Fußballer David Alaba und Marko Arnautovic spielen, meint Weiss: „Sie können dazu beitragen, dass unsere Gesellschaft sich als so vielfältig sieht, wie sie de facto ist – und damit unser Selbstbild ändern.“ Zurück bei den Musikern des Ensembles Wienklang wird klar, wie diese neue, bunte Identität funktionieren kann. „Für mich ist es selbstverständlich, Mitspieler verschiedenster Herkunft zu haben“, sagt der aus Oberösterreich stammende Bratschist Johann Ratschan. Und Dirigent Azis Sadikovic ergänzt: „Wenn wir gemeinsam auf der Bühne stehen und alle ihr Bestes geben – da entsteht ein echtes Wir-Gefühl.“

Die Initiative #stolzdrauf, in deren Rahmen Zuwanderer zeigen, worauf sie in Österreich stolz sind, ist auf www.stolzdrauf.at zu finden.

Die Menschenwürde als Leitidee vertritt die Fibel „Zusammenleben in Österreich“. Sie stellt die zentralen Werte vor, die die österreichische Gesellschaft prägen. Alle Neuzuwanderer erhalten die Fibel als Begrüßungsgeschenk. Zudem ist sie online frei verfügbar: www.integration.gv.at Leben in Österreich

Wo fühlen wir uns zu Hause, wo fremd? Fragen wie diese behandeln die neun Kurzfilme der DVD „anderswo daheim“ für Kinder ab sechs. Mit Begleitmaterial für den Unterricht. www.baobab.at/anderswo-daheim

Den Verein Balu & Du, der in Wien-Simmering Freizeitund Parkbetreuung anbietet, erreichen Sie unter www.parkbetreuung.at.

Islamische Religionslehrer bildet das Team von Zekirija Sejdini an der Uni Innsbruck aus. Es ist das erste öffentlich angebotene Bachelorstudium Österreichs. www.uibk.ac.at/irp/studium

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SCHWERPUNKT: DAHEIM IN ÖSTERREICH

Kontroverse

DI E ERS T E Z E I T I N Ö S T E R R E IC H

Wie glückt ein guter Start in Österreich? Wie unterschiedlich die Wege für einen erfolgreichen Beginn im neuen Land sein können, zeigt die ZUSAMMEN:ÖSTERREICH-Kontroverse. INTERVIEW

Valentin Schwarz

W

er nach Österreich kommt, bringt meist Ziele und Träume mit, die er oder sie rasch erreichen will. Zwei Zuwanderer, denen das gelungen ist, erzählen über ihre unterschiedlichen Ansätze zum Erfolg.

Herr Ntiamoah, Sie kamen als Student der Theologie nach Österreich. Wie leicht ist Ihnen der Start hier gefallen? Henry Ntiamoah: Anfangs war mein größ-

hilfreich, die Vorlesungen waren ja alle auf Deutsch. Frau Havralenko, ist Ihnen die Anfangszeit in Österreich leichter gefallen? Natalija Havralenko: Ja, das ist sie. Nach

zwei Wochen in Österreich fand ich schon einen Job im Handel, ohne dass mir irgendwer geholfen hätte. Mein Vorteil war: Ich konnte schon Deutsch. Das hatte ich

von meiner Mutter, einer Kärntnerin, gelernt. Außerdem lebten meine Schwestern bereits in Wien. Bei ihnen konnte ich anfangs wohnen. Das hat mir Sicherheit gegeben, ebenso wie die Tatsache, dass es hier eine Krankenversicherung gibt und ich in Notfällen geschützt bin. Wie sind Sie vom Handel zur Musik gekommen? Havralenko: Ich hatte zuvor Gesang stu-

diert und wollte in Wien weitermachen. Ich habe aber zuerst zwei Jahre lang Geld verdient, bevor ich mich ans Konservatorium wagte. Seither läuft’s super. Ich singe viel, trete jede Woche auf, hatte schon rund 500 Konzerte. Im Sommer schließe ich mein Studium ab. Herr Ntiamoah, obwohl Sie an-

Wie haben sich diese Schwierigkeiten im Alltag gezeigt? Ntiamoah: Ich wohnte damals in Mödling

und pendelte nach Wien. Im Zug starrten mich die Leute oft an. Sie haben nie etwas gesagt, aber die Blicke waren unangenehm für mich. Ich fühlte mich nicht sehr willkommen und fragte mich: Bin ich einfach nur etwas Besonderes für sie oder haben sie etwas gegen mich? Es war unmöglich, das herauszufinden, ich konnte ja kein Deutsch. Ich wollte daher unbedingt die Sprache lernen, um niemandem unrecht zu tun. So machte ich aus der unangenehmen Situation eine Motivation. Ich suchte in meiner Freizeit gezielt den Kontakt zu Österreichern, um mich sprachlich herauszufordern. Auch das Studium war

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Zusammen:Österreich

Anfangs war mein größtes Problem, dass ich keine Sprachkenntnisse hatte. Henry Ntiamoah, Krankenhaus-Seelsorger und Pastoralassistent, kam zum Studieren aus Ghana nach Österreich

ILLUSTRATIONEN: NIEL MAZHAR

tes Problem, dass ich keine Sprachkenntnisse hatte. Ich habe niemanden verstanden. Es war auch nicht leicht für mich, Deutsch zu lernen. Ich musste viel üben, um die Grammatik zu lernen.


SCHWERPUNKT: DAHEIM IN ÖSTERREICH

Kontroverse

Nach zwei Wochen in Österreich fand ich schon einen Job Natalija Havralenko, Sängerin, ist Tochter einer Kärntnerin und eines ukrainischstämmigen Bosniers

fangs kein Deutsch sprachen, haben Sie das Studium in der Regelstudienzeit abgeschlossen. Wie haben Sie das geschafft? Ntiamoah: Mir war von Anfang an klar:

Wenn ich hier etwas erreichen möchte, brauche ich gute Sprachkenntnisse und einen Bildungsabschluss. Sonst kann ich

meine Träume nicht realisieren. Also habe ich mir eine gewisse Disziplin auferlegt. Zuerst machte ich einen sechsmonatigen Deutschkurs, dann begann ich zügig zu studieren. Manchmal hatte ich von 8 Uhr bis 19 Uhr durchgehend Vorlesungen. Das war anstrengend, aber ich hab’s überlebt. Ich wollte einfach schnell fertig werden.

Worauf kommt es neben Disziplin noch an, wenn man als Zuwanderer in Österreich Erfolg haben will? Ntiamoah: Auf die ganze innere Haltung.

Eine positive Einstellung führt zu positiven Dingen. Als ich nach Österreich kam, sagte ich mir: Ich muss bereit sein, das zu hinterfragen, was ich bisher gelernt habe. Wenn es Gemeinsamkeiten gibt, ist das schön, aber auch von den Unterschieden muss ich lernen. So kann ich mich anpassen, ohne meine Werte von zu Hause völlig zu verlieren. Havralenko: Da stimme ich zu. Man kann erfolgreich sein und sich integrieren, ohne alles aufzugeben, was man mitgebracht hat. Die eigene Einstellung ist der wichtigste Faktor.

ZAHLEN & FAKTEN

WEM GEHT’S HEUTE BESSER ALS VOR FÜNF JAHREN?

Je besser gebildet Zuwanderer sind, desto eher geben sie an, dass sich ihre Lage in den letzten fünf Jahren verbessert hat.

45 % 40 %

41%

35 % 30 %

34% 31 %

31 %

25 % 24%

20 %

Studium

Matura

Lehre/BMS

0 %

Pflichtschule

5 %

keine Pflichtschule

10 %

15% Alle Zuwanderer

15 %

Mein Leben ist in den letzten fünf Jahren eindeutig besser geworden: Das sagt knapp ein Drittel der Menschen mit Migrationshintergrund in Österreich. Im Detail gibt es jedoch deutliche Unterschiede. Ein entscheidender Faktor ist die Bildung. Dabei gilt im Großen und Ganzen: Je höher die Qualifikation, desto eher verbessert sich die Lebenssituation. Zuwanderer mit Lehre, Fachschulausbildung oder Matura geben rund doppelt so oft wie jene ohne Pflichtschulabschluss an, dass sich ihre Lage vorteilhaft entwickelt habe. Am höchsten ist der Wert bei Absolventen einer Hochschule oder Universität. Menschen mit mittlerer oder hoher Qualifikation haben objektiv günstigere Chancen, einen guten Job mit angemessener Bezahlung zu finden. Dieser Vorteil führt auch zu einer subjektiv besseren Bewertung der eigenen Lebenssituation.

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SCHWERPUNKT: DAHEIM IN ÖSTERREICH

Kurzporträts

as d , h ic e r ine r e e t m s Ö ch i m r ist fü chwerte s unbe eit und . Kindh d in Tirol n Juge Alice

Tu

od TV-M mler,

erato

rin

ER F OL G S G E S C H I C H T E N

Wurzeln im Ausland, Zuhause in Österreich Sie kennen viele Länder und Welten – doch zu Österreich haben sie eine besondere Beziehung. Sechs Migranten über ihr Verhältnis zur Alpenrepublik. TEXT

Aleksandra Klepi c´

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Zusammen:Österreich

Alice Tumler, 36

Die TV-Moderatorin ist Tirolerin, Französin und Kosmopolitin

W

er einen Fernseher hat, kennt sie: Alice Tumler moderierte diesen Herbst „Die große Chance“ auf ORF1. Was weniger bekannt ist: Ihr Vater stammt aus Innsbruck, ihre Mutter von der französischen Karibikinsel Martinique. „Österreich, das ist für mich meine unbeschwerte Kindheit und Jugend in Tirol“, sagt die zweisprachig erzogene Tumler. In ihrer Karriere hat sie bereits für das französische und englische Fernsehen sowie für ARTE gearbeitet. „Jetzt auch in meinem Geburtsland das Hauptabendprogramm zu moderieren, ist schon was Besonderes“, meint sie. Als Pionierin versteht sich die Moderatorin mit Migrationshintergrund aber nicht. „Ich empfinde mich nicht als Ausnahme“, sagt Tumler. „Menschen mit unterschiedlichen Wurzeln arbeiten überall. Warum nicht auch im Fernsehen?“


ne die Bin n e k it: Ich herhe cherin? c i s n i U sterre erin? Ö h c i Bosni hrerin Oder nora Softić, Le

Eleonora Softic´, 30

Eleo

Die Lehrerin ist mit ihrer Laufbahn Vorbild für Schüler aus benachteiligten Familien

M

eine Aufgabe ist es, den Kindern etwas zuzutrauen“, sagt Eleonora Softic´. „Ich sage ihnen: Schaut mich an! Ich bin auch nicht hier geboren und trotzdem Lehrerin. Wenn ihr Anwältin oder Arzt werden wollt, könnt ihr das auch schaffen.“ Zur begeisterten Pädagogin wurde Softic´ über Umwege. Die Tochter bosnischer Zuwanderer hat Internationale Entwicklung studiert. Zur Lehrerin wurde sie erst diesen Herbst durch das Programm Teach for Austria, das Jungakademiker ohne Lehramtsstudium für zwei Jahre unterrichten lässt. Die Jugendlichen, viele aus sozioökonomisch benachteiligten Familien, haben Softic´ rasch akzeptiert. „Ich kenne die Unsicherheit: Bin ich Österreicherin? Oder Bosnierin?“, sagt sie. „Als die Schüler das erkannt haben, war das Eis gebrochen.“

Asif Safdary, 21

In wenigen Jahren hat er es vom Flüchtlingskind zum erfolgreichen Informatiker geschafft

FOTOS: WWW.WEINFRANZ.AT

I

ch kam mir wie ein Fremdkörper vor“, erinnert sich Asif Safdary an seine Ankunft in Österreich. „Das Wetter, das Essen, die Menschen: Alles war anders als gewohnt.“ Auch ohne Kulturschock war Safdarys Lage nicht leicht: Als 15-Jähriger kam er als Flüchtling aus Afghanistan nach Österreich – alleine, denn seine Eltern verschlug es nach Pakistan. „Die Anfangszeit war schwierig“, denkt Safdary zurück. „Doch dann habe ich Anschluss und Freunde gefunden. Heute ist Österreich mein Zuhause.“ Der gebürtige Afghane hat einen beeindruckenden Weg zurückgelegt. Obwohl noch IT-Student, arbeitet er bereits als Informatiker für eine internationale Consulting-Firma. „Ich bin dankbar für dieses Leben“, sagt Safdary. „In Afghanistan wäre das in dieser Form nicht möglich gewesen.“

n fa n g i g , A r e r D c hw i e wa r s e u te i s t h doch eich r Ö s te r u h a u s e . Z mein Safdary, t In

Asif tuden und S r e ik t fo r m a

Zusammen:Österreich

015


SCHWERPUNKT: DAHEIM IN ÖSTERREICH

Kurzporträts

Ayo Elizabeth Olaogun, 31

Über ihre Mode bringt sie ein Stück nigerianische Alltagskultur nach Österreich

D a ss der M ich mich i n etabl odebranc i mach eren konn he t mic t h s to e , Ayo E li l z z. Olao abeth gun , Mod e

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ien ist ruhig und entspannend, hier höre ich mich selber denken“, sagt Ayo Elizabeth Olaogun. „Lagos dagegen vibriert Tag und Nacht. Die Leute sind emotionaler, man kommt auf der Straße spontan ins Gespräch.“ Die nigerianische Metropole ist der zweite Lebensmittelpunkt der Modedesignerin – und Inspirationsquelle für ihre Kollektionen. „Stoffe und Farben sind an klassische nigerianische Gewänder angelehnt“, erklärt Olaogun. „Wer sie trägt, setzt ein Statement, wird garantiert angesprochen. So bringe ich etwas nigerianischen Alltag nach Österreich.“ Nach Wien kam Olaogun als junge Frau – und hat sich seither in der Branche einen Namen gemacht. „Mode ist ein hartes Business, man muss die Kunden jeden Tag neu gewinnen“, sagt sie. „Dass ich mich etablieren konnte, macht mich stolz.“

Nadja Maleh, 42

Maleh Nadja ti is tt n Kabare

016

Zusammen:Österreich

A

n ihrem Beruf würde wohl niemand erkennen, dass Nadja Maleh einen Migrationshintergrund hat: Sie ist Kabarettistin, übt also eine traditionell österreichische Kunst aus. „Mein Vater ist Syrer. Aber die wahre Exotin ist meine Mutter, die ist Osttirolerin“, schmunzelt Maleh. Als Kind schlüpfte sie gerne in fremde Rollen, wollte Schauspielerin werden. „Mein schwarzer Humor hat mich aber zum Kabarett geführt“, erzählt sie, „der ist auch das typisch Österreichische an mir.“ Die väterlichen Wurzeln wiederum erkennt Maleh in ihrem Temperament wieder: „Ich gestikuliere viel, lache laut und betatsche andere beim Reden – sehr orientalisch.“ Das als Kind erlernte Arabisch ist zwar eingerostet, „aber wenn ich die Sprache irgendwo höre, schwelge ich in schönen Kindheitserinnerungen“.

FOTOS: WWW.WEINFRANZ.AT

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Die Tochter eines Syrers und einer Osttirolerin vereint beide Welten in sich


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Ismet Özdek, 35

Mit seinen Tanzkursen trägt der Walzer-Fan zum Erhalt österreichischen Kulturguts bei

A

ls Jugendlicher fand ich tanzen blöd“, erinnert sich Ismet Özdek. „Gut darin war ich auch nicht.“ Erst ein Tanzkurs, den der damalige Elektrotechnik-Lehrling besuchte, weckte seine Leidenschaft für Tango, Polka und Walzer. „Ich liebe die Wiener Musikkultur“, schwärmt er heute. Zu deren Erhalt trägt der als Kind aus der Türkei zugewanderte Özdek als Tanzschulbesitzer tatkräftig bei. „Ich will, dass auch zukünftige Generationen gerne tanzen.“ Diese Hingabe wurde 2012 belohnt, als Özdek die Eröffnung des Opernballs choreografieren durfte. „Das war das bisherige Highlight meiner Karriere.“ Anfeindungen steckt der Walzer-Fan locker weg: „Im Internet stänkerten einige, dass ‚der Türke‘ diesen Job bekommen hat“, erzählt Özdek. „Ich sehe mich aber als Österreicher mit Wurzeln im Ausland.“

Zusammen:Österreich

017


MENSCHEN UND PROJEKTE

Zahlen und Fakten

U MF R A G E U NT E R Z UWA N D E R E R N

„Identität ist nicht

einfach da, sie muss wachsen“ Warum sich manche Zuwanderer Österreich stärker zugehörig fühlen als andere, weiß Peter Ulram. TEXT

Valentin Schwarz

das Zusammenleben in Österreich positiv, sogar deutlich positiver als die Mehrheitsbevölkerung. Das ist keine Momentaufnahme, sondern zieht sich seit Jahren durch alle Umfragen. Migrantinnen identifizieren sich stärker mit Österreich als Migranten. Warum? Ulram: Vor allem bei männlichen Jugend-

lichen gibt es Schwierigkeiten. Möglicherweise liegt das daran, dass sie ihre Chancen in Bildung und Beruf schlecht einschätzen

Zusammen:Österreich

Was auch auffällt: Menschen mit ex-jugoslawischer Herkunft fühlen sich Österreich stärker zugehörig als jene mit türkischen Wurzeln. Ulram: Auf den ersten Blick sind sich die

Peter Ulram, Politikwissenschafter

Sieben von zehn Zuwanderern fühlen sich Österreich stärker zugehörig als ihrem Herkunftsland. Kann man daraus schließen, dass sie mit dem Zusammenleben in Österreich insgesamt zufrieden sind? Peter Ulram: Ja. Zuwanderer bewerten

018

und mit ihrem gesellschaftlichen Status in Österreich unzufrieden sind. Für Frauen ist die Lage dagegen hierzulande meist eindeutig besser als im Herkunftsland.

Gruppen ähnlich: Beide kamen meist als Gastarbeiter aus traditionellem Umfeld nach Österreich. Aber in Ex-Jugoslawien ist die Säkularisierung weiter verbreitet, also die Trennung zwischen Religion und Staat. Daher haben diese Menschen oft eine größere mentale Nähe zur österreichischen Gesellschaft als türkische Zuwanderer. Zudem gibt es aus der Türkei starke Identitäts-Angebote an Auswanderer, sich weiterhin in erster Linie als Türken zu fühlen. Prinzipiell ist das etwas völlig Normales. Wir alle fühlen uns mehreren Gruppen auf einmal zugehörig. Problematisch werden Mehrfach-Identitäten nur, wenn sie einander nicht ergänzen, sondern ausschließen. Wie entsteht Identität eigentlich?

Ulram: Identität ist ein Prozess: Sie ist nicht einfach da, sondern muss wachsen. Wir fühlen uns auch nicht von Geburt an als Österreicher, das kommt erst mit den Lebensjahren. Institutionen wie Schule oder Medien prägen die Identität stark mit. Bei Zuwanderern ging das früher fast automatisch: Es gab nur wenige Zeitungen und nur ein Fernsehprogramm. Man konsumierte die gleichen Medien wie Einheimische und hat sich irgendwann auch wie sie gefühlt. Heute gibt es viel mehr Medienauswahl. Das ist ein Gewinn an persönlicher Freiheit, erschwert aber das Ankommen im neuen Land.

Ist es möglich, diesen Prozess der Identitätsbildung von außen zu stärken, etwa durch politische Maßnahmen? Ulram: Ja, ich halte das für durchaus

FOTOS: ISTOCK, PETER KORRAK

W

ie stark sich Zuwanderer mit Österreich identifizieren, hat Meinungsforscher Peter Ulram für den Österreichischen Integrationsfonds in einer Umfrage erhoben, die Anfang 2015 veröffentlicht wird. ZUSAMMEN:ÖSTERREICH präsentiert einige Ergebnisse vorab (siehe Diagramme rechts).

Ein Gastland hat das Recht, zu sagen: Wir wollen, dass sich Zuwanderer mit uns identifizieren.


MENSCHEN UND PROJEKTE

Zahlen und Fakten

ZAHLEN & FAKTEN

WELCHES LAND SEHEN ZUWANDERER ALS IHRE HEIMAT? Österreich

Herkunftsland

Beides

keine Angabe

ALLE ZUWANDERER

Sieben von zehn Zuwanderern fühlen sich Österreich stärker verbunden als dem Herkunftsland ihrer Familie.

69% 8% 10% 0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

13%

80% 90% 100%

NACH HERKUNFTSLAND

Menschen mit Wurzeln im ehemaligen Jugoslawien identifizieren sich stärker mit Österreich als jene aus der Türkei.

57,5%

Türkei

42,5% 75,7%

ehemaliges Jugoslawien

0% wichtig. Ein Gastland hat das Recht, zu sagen: Wir wollen, dass sich Zuwanderer mit uns identifizieren und wir tun dafür, was wir können. In Österreich ist da unter dem Stichwort „Willkommenskultur“ in letzter Zeit viel passiert. Wichtig ist, dass politische Botschaften und Alltagserfahrungen der Zuwanderer zusammenpassen. Dann wirkt die Willkommenskultur nachhaltig.

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

24,3% 80% 90% 100%

NACH GESCHLECHT UND ALTER:

Frauen bezeichnen Österreich häufiger als ihre Heimat als Männer. Vor allem bei jungen Männern ist die Identifikation schwächer.

74%

Frauen ab 45 Jahre

9% 6% 10%

77%

Frauen bis 44 Jahre

68%

Männer ab 45 Jahre

8%

69% 6%

Männer bis 44 Jahre

9% 8%

17%

7% 7% 16% 19%

Peter Ulram

Politikwissenschafter, leitet das Meinungsforschungsinstitut.

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80% 90% 100%

QUELLE: GFK-ERHEBUNG FEBRUAR/MÄRZ 2014 UND IMAS-ERHEBUNG OKTOBER 2014

Zusammen:Österreich

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MENSCHEN UND PROJEKTE

Angebote für Schulen

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UNTERRICHTSMATERIAL

V O R Z E I G E P R O J E KT

Integration macht Schule Beim Wettbewerb „Mein Österreich“ zeigen Jugendliche auf kreative Weise, was Heimat für sie bedeutet.

WIE WIR EINANDER BESSER VERSTEHEN Ein Mann fragt seine neue Arbeitskollegin, aus welchem Land sie komme und meint, dass sie gut Deutsch spreche. Sie bricht daraufhin das Gespräch ab. Er denkt: „Warum reagiert sie so ablehnend? Vermutlich schämt sie sich wegen ihrer Herkunft und will nicht darüber reden.“ Sie denkt: „Ist mein Akzent so stark? Wahrscheinlich denkt er, dass ich mich besser anpassen soll.“

Die Broschüre ist online unter www.landdermenschen.at Taschenbüchlein verfügbar und kann per Mail an landdermenschen.ooe@aon.at kostenlos bestellt werden.

Zeichnungen oder Wenn sich alle as bedeutet HeiVideos“, sagt Staudinheimisch fühlen, mat für dich und ger. Den Wettbewerb funktioniert das was willst du in gab es bislang in OberÖsterreich erreichen? Das Zusammenleben. österreich und SalzDoris Staudinger, ÖIF fragt der Österreichische Inteburg, wo hunderte grationsfonds (ÖIF) ab sofort Schülerinnen und Schülerinnen und Schüler in ganz Öster- Schüler teilnahmen. Nun wird er auf ganz reich. Die kreativsten Einsendungen wer- Österreich ausgedehnt. „Die Auseinanden mit tollen Preisen belohnt. Ob die dersetzung mit dem Thema Heimat und Teilnehmer „dahoam“, „evde“, „kod kuce“, den eigenen Wurzeln spielt gerade für oder „at home“ sagen, spielt dabei keine Jugendliche eine große Rolle“, meint Rolle. „Alle Kinder und Jugendlichen zwi- Staudinger. „Wenn sich alle heimisch fühschen zehn und 19 Jahren können mitma- len, funktioniert das Zusammenleben.“ chen, einzeln oder in Gruppen“, erklärt Zusätzlich stärke die Beschäftigung mit Doris Staudinger, die die Idee zum Wett- der Frage, was die Jugendlichen verbinde, bewerb hatte. die Klassengemeinschaft und helfe dabei, Vorurteile abzubauen.

W

KREATIVE BEITRÄGE GEFRAGT Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. „Wir freuen uns über Fotos, Texte,

020

Zusammen:Österreich

Die Bewerbungsfrist läuft bis 15. 02. 2015: www.integrationsfonds.at/meinoesterreich

FOTOS: ÖIF/HUMER; ILLUSTRATION: NIEL MAZHAR

Interkulturelle Missverständnisse wie diese gibt es im Alltag oft. Sieben davon beschreibt die Broschüre „Jedes Mal anders“ des Vereins „Land der Menschen Oberösterreich“. Sie liefert zu jeder Situation beide Blickwinkel, Hintergrundinfos und einen Lösungsvorschlag – und ist damit bestens für den Einsatz im Unterricht geeignet.

Einsend u und Fla ngen a us Ob er chga u, S alzburg öster eich (links)


MENSCHEN UND PROJEKTE

Wissenswertes

B E G R I FFE M I T M I G R AT I O N S H IN T E R G R U N D

Wortwanderung Begriffe, die in den deutschen Sprachraum ein- oder aus diesem ausgewandert sind.

Die Maroni, die in Österreich gebraten werden, stammen zum Großteil aus Frankreich, Italien und der Türkei. Auch das Wort Maroni kam über das französische marron und das italienische marrone ins Deutsche. Die gemeinsame Wurzel marr heißt Kieselstein – dem die Edelkastanie in Form und Größe ähnelt. Die Kartoffelpuffer haben ferne Wurzeln: Spanische Kolonisatoren brachten die Kartoffel aus Südamerika nach Europa und bezeichneten sie nach den indigenen Namen batata und papa als patata. Im Englischen wurde daraus potato. In Italien fühlte man sich von der Knollenfrucht an den ebenfalls unterirdisch wachsenden Trüffelpilz erinnert – und nannte sie daher auch tartufuolo, kleiner Trüffel. Daraus entstand unsere Kar-toffel. Eingedeutschte Alternativen sind Erdapfel und Grundbirne. Die Puffer haben ihren Namen vom Geräusch des Kartoffelteigs beim Backen.

Die Schürze, die bei uns einst Vortuch hieß, ist in Polen bis heute als fartuch bekannt. Die Mütze bedeckte ursprünglich mehr als nur den Kopf: Das arabische al-mustakah ist ein Pelzmantel mit langen Ärmeln. Daran angelehnt nannten die europäischen Mönche des Mittelalters

Gratis-Abo ZUSAMMEN:ÖSTERREICH erscheint vierteljährlich und ist für alle Interessierten kostenlos im Abonnement erhältlich.

ihre Kapuzenmäntel in Mittellatein almutia. Bald bezog sich der Begriff nur noch auf die Kapuze, bis schließlich die Mütze übrig blieb. Die Tasse stammt ebenfalls aus dem Orient. Vom persischen tašt für Schale gelangte sie über das arabische tās und das französische tasse zu uns.

K we i t e n n e n S i e re B e mit M egri h i n t ei g ra t i o n f f e srg r Schr und?

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Senden Sie Name und Adresse per Mail an magazin@integrationsfonds.at oder füllen Sie diesen Coupon aus und schicken Sie ihn in einem Kuvert an: Österreichischer Integrationsfonds, Redaktion ZUSAMMEN:ÖSTERREICH, Schlachthausgasse 30, 1030 Wien

Ich stimme zu, dass meine oben angegebenen personenbezogenen Daten für die Durchführung des Versandes vom ÖIF elektronisch verarbeitet und verwendet werden. Die Daten werden nicht an Dritte weitergegeben. Diese Zustimmung kann jederzeit schriftlich widerrufen werden. Nach einem Widerruf werden meine Daten vom ÖIF gelöscht. Eine Stornierung ist jederzeit möglich. Sie erwerben keinen Rechtsanspruch auf den Erhalt des Magazins. Sollte das Magazin, aus welchen Gründen auch immer, nicht erscheinen, behält sich der ÖIF das Recht vor, den kostenlosen Bezug des Abos zu stornieren.


MENSCHEN UND PROJEKTE

Gemeindeprojekt

INTEGR AT I O N V O R O R T

Gemeinsam für die Jüngsten Vier Vorarlberger Gemeinden vernetzen Eltern, Kindergarten, Schule und andere, um die Sprachentwicklung der Kinder zu fördern – mit beachtlichem Erfolg. TEXT

Kristin Längle

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n jeder Gemeinde sind viele Akteure an der sprachlichen Entwicklung von Kindern beteiligt: Eltern, Spielgruppen, Kindergärten, Schulen oder auch Bibliotheken“, sagt Simon Burtscher-Mathis. „Aber leider arbeiten sie oft nicht aufeinander abgestimmt.“ Eine bessere Vernetzung aller Beteiligten erhöht die Förderqualität für die Jüngsten deutlich. Darum bemüht sich Burtscher-Mathis als

FOTOS: OKAY. ZUSAMMEN LEBEN, MARKTGEMEINDE RANKWEIL

Öffentliches Vorlesen in verschiedenen Sprachen: Das bietet die Gemeinde Hard in Vorarlberg.

022

Zusammen:Österreich


MENSCHEN UND PROJEKTE

Gemeindeprojekt

Wir wollen, dass die Orte zu lernenden Gemeinden werden.

Koordinator des Proeinheitlichen Standards Simon Burtscher-Mathis, und entwickeln gemeinjekts „Netzwerk mehr Sprache“ in den Vorarl- Projektkoordinator sam Materialien für die berger Orten Frastanz, Sprachförderung. In Hard Hard, Rankweil und Wolfurt. unterstützen zweisprachige Kindergartenassistentinnen die Kinder bei ihrer LOKALEN BEDÜRFNISSEN ANGEPASST Sprachentwicklung und intensivieren den Konkret unterstützt Burtscher-Mathis die Austausch mit den Eltern. Gemeinden beim Aufbau eines lokalen Sprachfördernetzwerks. Dieses bringt VIELFALT AN MASSNAHMEN Menschen aus Politik, Verwaltung und Die Erziehungsberechtigten sind auch Bildung ebenso wie Eltern, Ehrenamt- Zielgruppe des Sprachförder-Ratgebers liche, Vereinsvertreter oder interessierte „Sprich mit mir und hör mir zu!“, der in Privatpersonen zusammen. Sie bilden ein Rankweil im lokalen Babypaket enthalten Kernteam und Arbeitsgruppen und ent- ist. Zudem begrüßt die Gemeinde Besuwickeln Maßnahmen. Was dabei umge- cher mit Willkommensplakaten in den 27 setzt wird, hängt ganz von den individu- Muttersprachen, die in der Bevölkerung ellen Bedürfnissen ab und ist auf den je- gesprochen werden. So soll die Sprachenweiligen Ort zugeschnitten. In Frastanz vielfalt und Offenheit stärker sichtbar etwa arbeiten nun alle Kindergärten nach werden. Öffentliche Bücherschränke mit

mehrsprachiger Literatur laden ein, sich kostenlos neue Sprachwelten zu erlesen. „Die große Vielfalt an Maßnahmen ist wirklich beeindruckend“, sagt Projektkoordinator Burtscher-Mathis.

LANGFRISTIGE STRUKTUR SCHAFFEN Das „Netzwerk mehr Sprache“ ist als langfristiger Entwicklungsprozess angelegt: Ziel ist es, eine funktionierende Struktur zu schaffen, die von jeder Gemeinde ganz nach den eigenen Ressourcen und Bedürfnissen weiterentwickelt wird. „Wir wollen, dass die Orte zu lernenden Gemeinden werden“, so Burtscher-Mathis. Im September 2014 wurde das Projekt mit dem Sonderpreis Integration des „Intercultural Achievement Awards“ des Integrationsministeriums und des Österreichischen Integrationsfonds ausgezeichnet.

AUF EINEN BLICK

PROJEKT: Aufbau von Netzwerken auf kommunaler und regionaler Ebene zur sprachlichen Frühförderung von Kindern GEBIET: Die Gemeinden Wolfurt, Rankweil, Frastanz und Hard in Vorarlberg DAUER: Eineinhalb Jahre Entwicklungsphase, danach dauerhafte Umsetzung in den Gemeinden TEILNEHMENDE: Rund 200 Personen pro Gemeinde ZIELGRUPPE: Alle Menschen, die sich vor Ort mit den Themen Kinder und Familie beschäftigen FINANZIERUNG: Rund 22.000 Euro pro Gemeinde, je zur Hälfte getragen vom Land Vorarlberg und den Gemeinden selbst. Hinzu kommen Umsetzungskosten für die beschlossenen Maßnahmen KONTAKT: Simon Burtscher-Mathis, Verein okay. zusammen leben, Tel.: +43/5572/398102 simon.burtscher@okay-line.at

DAS SAGT DER BÜRGERMEISTER:

„Rund 30 Prozent der Rankweiler Bevölkerung haben einen Migrationshintergrund. Da uns ein gutes Miteinander und die Chance auf Bildung für alle Kinder bedeutende Anliegen sind, haben wir das Modell „Netzwerk mehr Sprache“ aufgegriffen. Seitdem hat sich die Vernetzung der einzelnen Akteure, die für die Sprachförderung von Kindern wichtig sind, deutlich verbessert. Diese wertvolle und inhaltlich abgestimmte Zusammenarbeit erhöht die Wirksamkeit der Sprachförderung unserer Kinder – egal welcher Herkunft – entscheidend.“ Martin Summer, Bürgermeister von Rankweil

TIPPS ZUR PROJEKTFÖRDERUNG: Zahlreiche lokale Integrationsprojekte werden durch den Europäischen Integrationsfonds und das Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (BMEIA) kofinanziert. Der Österreichische Integrationsfonds, Team Europäische Fonds, unterstützt das BM.I und BMEIA bei der Fondsabwicklung und ist als Anlauf- und Servicestelle mit der Bereitstellung von Information für Projektinteressierte sowie Verwaltung und Kontrolle der ausgewählten Projekte beauftragt. Mehr Informationen zu den Europäischen Fonds und zur Antragstellung finden Sie auf: www.bmi.gv.at Aufgabengebiete EU-SOLID-Fonds, Integration auf www.bmeia.gv.at Europäische Fonds Projektförderung sowie auf www.integrationsfonds.at Europäische Fonds. WEITERE FÖRDERTÖPFE: Je nach Thema und Ort können Sie auch hier Unterstützung erhalten:  Europäischer Sozialfonds: www.esf.at  EU-Programm für Beschäftigung und soziale Innovation: www.ec.europa.eu/social  Initiative Vielfalter: www.viel-falter.org  Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds: www.waff.at

Zusammen:Österreich

023


MENSCHEN UND PROJEKTE

Porträt

INTEGR AT I O NS B O T S C H A F T E R

Ein Wiener Senkrechtstarter Martin Ho ist Erfolgsgastronom seit Teenagertagen, Erfinder zahlreicher ExperimentalSushis – und versteht sich als „Extrem-Wiener“. TEXT

Onur Kas

I

ch wollte in meinem Leben einfach so wenig Zeit wie möglich verlieren“, sagt Martin Ho. Tatsächlich hat der Sohn vietnamesischer Zuwanderer schon früh viel gewagt: Bereits im zarten Alter von 19 Jahren wagte er den Schritt in die Selbstständigkeit. Während viele in diesem Alter mit Matura, Führerschein und der ersten eigenen Wohnung beschäftigt sind, gründete Ho das Restaurant DOTS in der Wiener Mariahilfer Straße. „Je früher man mit seiner Karriere beginnt, desto mehr Möglichkeiten hat man“, meint er rückblickend. Chancen hat Ho bereits viele genützt: Er führt mittlerweile drei Restaurants, ein Café, eine Galerie und einen privaten Salon. An die 100 Arbeitsplätze hat der 28-Jährige so bereits geschaffen.

SUSHI FÜR KATZENFREUNDE Wagemut und Vielseitigkeit zeichnen auch Hos gastronomischen Zugang aus. Auf der

024

Zusammen:Österreich


FOTOS: WWW.WEINFRANZ.AT

MENSCHEN UND PROJEKTE

Porträt

WISSEN

Der Wiener Schmäh und auch der Tonfall haben viel Charme.

Martin Ho ist erst 28, blickt aber bereits auf ein Jahrzehnt gastronomische Erfahrung zurück.

DOTS-Speisekarte stehen bald festgestellt, dass mir neben Klassikern der vietmein Unternehmen wichnamesischen Küche auch tiger als das Studium ist Kreationen wie Trüffelund ich nicht genug Zeit Martin Ho, Spargel-Maki und die Ha- Integrationsbotschafter für beides habe“, sagt er. waii Roll mit Ananas und Eine wesentliche Stütze Minze. Für Katzenfreunde gibt es das Hel- seines Erfolgs sind seine Eltern. „Ihre Einlo-Kitty-Sushi mit rosa Reis und schwar- stellung in Österreich war von Anfang an, zer Kaviar-Mayonnaise. „Experimental hart zu arbeiten und so erfolgreich zu sein, Sushi“ nennt Ho sein Restaurantkonzept. dass wir uns von niemand etwas gefallen Seine besten Rezepte hat er kürzlich im lassen müssen“, erzählt er. Auch bei der Buch „DOTS Cooking“ veröffentlicht. 40 Unternehmensgründung haben sie ihren Prozent des Erlöses gehen an die UN-Or- noch jungen Sohn tatkräftig unterstützt. ganisation Blue Ribbon, die sich gegen Menschenhandel einsetzt. „Ein Mensch WIENER SCHMÄH UND CHARME darf keine Ware sein, das untergräbt seine Was das Zusammenleben von Menschen mit und ohne Migrationshintergrund beWürde“, erklärt er seine Motivation. trifft, sieht Ho Österreich auf einem guten JUGENDLICHEN LEICHTSINN NÜTZEN Weg. „Sicher gibt es nach wie vor Leute, Auch als Integrationsbotschafter enga- die den alten Zeiten nachtrauern und uns giert sich Ho seit einiger Zeit. Die Schüle- weismachen wollen, dass ein Österreicher rinnen und Schüler will er vor allem zu hellhäutig, westlich und nicht asiatisch Tatendrang und Unbekümmertheit ermu- auszusehen hat“, meint er. „Aber solche tigen: „Junge Menschen sollten es als Menschen treffe ich immer weniger.“ Für Chance sehen, dass ihnen jugendlicher ihn ist Wien seine Heimat, er schätzt vor Leichtsinn noch verziehen wird. Wenn et- allem die lokale Mentalität. „Der Wiener was schiefgeht, haben sie immer noch Schmäh und auch der Tonfall haben viel Zeit, neue Dinge auszuprobieren.“ Hos Charme“, schmunzelt Ho und wechselt eigene Integration verlief wie von selbst. dabei selbst in den Dialekt der HauptIm Alter von zwei Jahren kam er mit sei- stadt. „Meine Freunde nennen mich auch nen Eltern aus Vietnam nach Österreich. einen Extrem-Wiener.“ Eine, wie Ho selbst sagt, „ganz normale Kindheit“ mit Schule und Matura folgte. Bald darauf gründete er DOTS, studierte Martin Ho kam als Zweijähriger aus anfangs auch parallel Medizin und Vietnam nach Österreich. 2005 gründete er Rechtswissenschaften. „Ich habe aber als 19-Jähriger das Restaurant DOTS.

DIE INTEGRATIONSBOTSCHAFTER „ZUSAMMEN: ÖSTERREICH“ ist nicht nur der Name dieses Magazins, sondern auch eines Projekts von Integrationsminister Sebastian Kurz und dem Österreichischen Integrationsfonds. Mehr als 300 gut integrierte Migranten besuchen als Integrationsbotschafter Schulen in ganz Österreich, um ihre persönliche Erfolgsgeschichte zu erzählen und mit den Kindern und Jugendlichen zu diskutieren. 20.000 Schüler profitierten bisher davon. Das Projekt läuft seit drei Jahren und konnte die Zahl der Integrationsbotschafter seither verdreifachen. In mehreren Ausbaustufen wurden die Themen Ehrenamt und Bildung aufgegriffen. 2014 startete die Initiative #stolzdrauf, die die Identifikation mit Österreich erhöhen soll. www.zusammenoesterreich.at

Zusammen:Österreich

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MENSCHEN UND PROJEKTE

Aktuelles

N EU ES V O M Ö S T E R R E I C H IS C H E N I N T E G R AT I O N S F O N D S ( Ö I F)

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KÄRNTEN: Vereine, die ein positives Miteinander von Menschen unterschiedlicher Herkunft ermöglichen, zeichnet der ZUSAMMEN:ÖSTERREICH Vereinspreis aus. In Kärnten wurde der Preis in Höhe von 1.000 Euro am 28. Oktober im Beisein von Landeshauptmann Peter Kaiser an den Klagenfurter Leichtathletik-Club verliehen.

ÖSTERREICH: Am 6. Oktober verlieh Integrationsminister Sebastian Kurz das Liese Prokop Stipendium für das Studienjahr 2014/15 an 44 Studierende aus 20 Nationen. Sie erhalten 300 Euro monatlich. Zusätzlich wurde erstmals ein Sonderstipendium für ein gesamtes Bachelorstudium an der MODUL University Vienna vergeben. Das Liese Prokop Stipendium besteht seit zehn Jahren. In dieser Zeit wurden 650 Studierende unterstützt.

SALZBURG: Integrationsberatung nicht nur in Ballungsräumen, sondern in allen Bezirkshauptstädten: Das bietet der ÖIF seit 13. Oktober in Salzburg. In Hallein wurde der landesweit vierte mobile Welcome Desk von Integrationsminister Sebastian Kurz, Landesrätin Martina Berthold und ÖIF-Geschäftsführer Franz Wolf eröffnet.

OKTOBER

ÖSTERREICH: Der Journalistenpreis Integration 2014 geht (v. l. n. r.) an Bernd Vasari von der Wiener Zeitung, Roberto Talotta von Ö1 und Doris Plank vom ORF. Die Presse, vertreten durch Chefredakteur Rainer Nowak, erhielt bei der Verleihung am 17. September einen Anerkennungspreis für ihre Sonderausgabe zum Thema „50 Jahre Gastarbeiter aus der Türkei“.

026

Zusammen:Österreich

SEPTEMBER

ÖSTERREICH: Sie sind gut qualifiziert, kommen aus Ländern wie Rumänien, Spanien oder Brasilien und leben seit kurzem in Österreich: 160 Zuwanderer werden in den nächsten Monaten beim Einstieg in den Arbeitsmarkt durch einen Mentor oder eine Mentorin unterstützt. Im September und Oktober startete der neue Durchgang des Programms von ÖIF, Wirtschaftskammer und Arbeitsmarktservice in allen Bundesländern.

FOTOS: GERT EGGENBERGER, WKO/GERHARD WEINKIRN, WWW.WEINFRANZ.AT, DRAGAN TATIĆ, MAHMOUD ASHRAF, ÖIF/UNGER

Integration aktuell

Alle ÖIFA finde ktivität n Sie en www .inte auf gratio


MENSCHEN UND PROJEKTE

Integration international

R U ND B LI C K

Unsere Jugend vor Radikalisierung schützen Damit die Propaganda des sogenannten Islamischen Staats hierzulande nicht auf fruchtbaren Boden fällt, gilt es die Communities zu stärken.

SO MACHEN’S ANDERE STAATEN

Per Handy und Internet kommt die IS-Propaganda auch nach Österreich. Gegenmaßnahmen sind gefragt.

DEUTSCHLAND: Beratung für Betroffene Angehörigen, Freunden und Lehrern junger Menschen, die sich radikalisieren, bietet das deutsche Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eine kostenlose Telefonhotline. Auf Islamismus und Nationalismus spezialisiert ist die Beratungsstelle Hayat, türkisch und arabisch für „Leben“.

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it Erschütterung reagiert die Öffentlichkeit auf die Verbrechen des sogenannten Islamischen Staats (IS) – und auf die Tatsache, dass auch Jugendliche aus Europa sich der Terrormiliz anschließen. Aus Österreich sollen es bisher rund 140 sein. Um junge Menschen besser zu schützen, hat die Bundesregierung eine Anti-Radikalisierungs-Initiative gestartet.

MULTIPLIKATOREN AUS DER COMMUNITY Zahlreiche präventive Maßnahmen werden derzeit umgesetzt: Die Ministerien richten Hotlines ein, wo Fälle gemeldet werden können und Betroffene und Angehörige Hilfe erhalten. Das Integrationsressort hat einen Kompetenzkreis „Extremismus“ für Multiplikatoren initiiert. In Moscheen, Schulen und muslimischen Vereinen werden Infomaterialien verteilt, die darüber aufklären, dass Krieg und Terror dem islamischen Glauben widersprechen.

INTERNATIONALES

In ÖIF-Deutschkursen werden neben Sprachkenntnissen verstärkt Kompetenzen wie Jugendarbeit, Gewaltprävention und Konfliktmanagement vermittelt. Auch in Spezialkursen für Imame wird das Thema Extremismus aufgenommen. Geplant ist zudem eine Charta gegen Radikalisierung, an der sich Vereine orientieren können.

VEREINIGTES KÖNIGREICH: Online-Kampagne gegen Hass #notinmyname, nicht in meinem Namen: Diese Botschaft verbreiten Muslime ausgehend von Großbritannien weltweit in sozialen Medien, um die IS-Verbrechen zu verdammen. Australische Abgeordnete griffen den Slogan auf, um sich von Hass jeder Art zu distanzieren, auch von Muslimfeindlichkeit als Folge des Konflikts. Auch in Österreich wird die Botschaft aufgegriffen.

KURZ GEMELDET

BILDUNGSCHANCEN FÜR ALLE Zwei Jahre unterrichten ohne Lehramt: Das ist das Konzept von Teach for Austria. Die Lehrer auf Zeit sind herausragende Uni-Absolventen anderer Fächer und werden gezielt an Schulen mit sozioökonomisch benachteiligten Jugendlichen eingesetzt. www.teachforaustria.at

WARUM MIGRANTEN SELTEN LEHREN Zuwanderer sind in vielen Branchen unterrepräsentiert, auch in der Erwachsenenbildung. Warum das so ist und wie Bildungseinrichtungen Hürden abbauen können, hat ein Team der Uni Graz in einem Forschungsprojekt untersucht. Die Ergebnisse sind online: www.mig2eb.at

ENGAGIERTE SCHÜLER FÖRDERN Das START-Stipendium unterstützt Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund aus wenig privilegierten Familien, die sich zur Matura hocharbeiten wollen, mit Zuschüssen zu Bildungsausgaben, Seminaren und Coachings. www.start-stipendium.at

Zusammen:Österreich

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MENSCHEN UND PROJEKTE

Integration von Anfang an

BERATU N G A N D E N B OT S C H A F T E N

Damit Integration von Anfang an gelingt Integration beginnt bereits vor der Zuwanderung. In Ankara und Belgrad beraten Expertinnen des Integrationsministeriums bei den ersten Schritten. TEXT

Onur Kas

Menschen, die nach Österreich zuwandern wollen, sollen ein realistisches Bild bekommen. Nalan Gündüz, Integrationsbeauftragte in Ankara

schen wollen wissen, wie die österreichische Gesellschaft tickt“, berichtet sie. Zudem legt sie Wert darauf, die Bedeutung der Sprache zu vermitteln. „Ohne Deutschkenntnisse wird man in Österreich weder erfolgreich noch glücklich sein“, stellt sie fest.

INTEGRATIONSMINISTERIUM BERÄT OHNE DEUTSCH GEHT NICHTS Neben den Bildungschancen in Österreich sind auch Themen wie Deutschlernen, das Gesundheitssystem oder österreichische Werte wie Demokratie und Gleichberechtigung Teil des Orientierungsmoduls, das Nalan Gündüz Zuwanderern anbietet. „Das Interesse daran ist groß. Die Men-

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Rund 1.600 Menschen hat Nalan Gündüz beraten, seit sie 2013 als erste Integrationsbeauftragte ihre Arbeit an der österreichischen Botschaft in Ankara aufgenommen hat. Seit Oktober hat sie mit Belma Cokovic´ eine Kollegin an der Botschaft in Belgrad. Die Türkei und Serbien sind die beiden Länder, aus denen die meisten An-

träge auf Zuwanderung kommen. „Österreich ist hier in Serbien sehr beliebt. Aber wir werben keine Zuwanderer an, sondern beraten diejenigen, die die rechtlichen Voraussetzungen erfüllen“, stellt Cokovic´ klar. „Die Menschen sollen schon vor der Einreise bestmöglich über Österreich Bescheid wissen. Integration soll bereits vor der Zuwanderung beginnen.“

NACH ZUWANDERUNG: WELCOME DESK Einmal im Land angekommen, stehen weiterführende Integrationsangebote zur Verfügung. „Wir vermitteln schon im Herkunftsland Beratungstermine an einem Welcome Desk in Österreich“, erklärt Cokovic´. Dort heißen Mitarbeiter des Österreichischen Integrationsfonds die Neuzuwanderer willkommen und stehen bei den ersten Schritten vor Ort unterstützend zur Seite. So setzt sich der im Herkunftsland begonnene Integrationsbogen fort – und endet im Idealfall Jahre später mit dem Erwerb der Staatsbürgerschaft.

FOTOS: WWW.WEINFRANZ.AT, GIULIO RIOTTA

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atsächlich? In Österreich werden unsere Kinder vielleicht einmal studieren können?“, fragt das junge Ehepaar überrascht. „Ja“, antwortet Nalan Gündüz. „Wenn sie die Matura machen und gute Leistung erbringen, können sie auf die Universität gehen.“ Fragen wie diese beantwortet Gündüz häufig. Sie ist Integrationsbeauftragte des Bundesministeriums für Europa, Integration und Äußeres an der Botschaft in Ankara. „Ich berate Menschen, die nach Österreich zuwandern wollen, damit sie von Anfang an ein realistisches Bild von den Chancen und Pflichten bekommen“, erklärt sie. „Sie stellen oft Fragen, die man nicht unbedingt erwarten würde. In der Türkei haben Kinder aus einfachen Verhältnissen beispielsweise wenig Chancen, einmal zu studieren.“


MENSCHEN UND PROJEKTE

Termine

TERMINE

WIEN: An Unternehmer mit Migrationshintergrund, die das Marketing ihrer Firma verbessern wollen, richtet sich die Workshopreihe „Content Marketing“, die das Integrationszentrum Wien und das Forschungsinstitut ABIF organisieren. Anmeldung unter www.abif.at JÄNNER

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AUF EINEN BLICK

PROJEKT: Integration von Anfang an ANGEBOT: Integrationsberatung vor der Zuwanderung THEMENBEREICHE: Sprache, Beruf, Bildung, Gesundheit, Werte u. a. ZIEL: Zuwanderern aus Serbien und der Türkei ein realistisches Bild von Chancen und Pflichten des Lebens in Österreich vermitteln KONTAKT: Österreichische Botschaften in Belgrad, Serbien, und Ankara, Türkei www.bmeia.gv.at/belgrad www.bmeia.gv.at/ankara

WEITERE ANGEBOTE: Deutschlernen vor der Einreise ermöglichen die Österreich Institute. In Belgrad, Budapest, Bratislava, Brünn, Laibach, Rom, Warschau, Krakau und Budapest bieten sie Kurse aller Alters- und Niveaustufen sowie Fachsprachenkurse. Die Zertifikate sind international anerkannt. www.oesterreichinstitut.at Kostenlose Online-Sprachübungen bietet das Sprachportal des Österreichischen Integrationsfonds. Interessierte können dort ihre Kenntnisse verbessern – rund um die Uhr und weltweit verfügbar. Das Angebot umfasst Materialien, Lernvideos und Probetests zu den Niveaus A1 bis B2 und ist in acht Sprachen von Deutsch über Türkisch bis Rumänisch verfügbar. www.sprachportal.at

SALZBURG: Die CareerFAiR, Österreichs einzige Karrieremesse speziell für Jugendliche mit Migrationshintergrund, findet zum vierten Mal statt. Mit dabei sind 30 Aussteller und Vortragende aus Wirtschaft, Politik und Medien. www.careerfair.nyc.co.at MÄRZ

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WIEN: Die 15. internationale ECHA-Konferenz versammelt unter dem Titel „Begabungsförderung und Migration – gestern, heute, morgen“ Experten aus Bereichen wie Pädagogik, Religion, Wirtschaft und Kultur. Information und Anmeldung unter www.echa2016.info MÄRZ 2016

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MENSCHEN UND PROJEKTE

Publikationen

Zuwanderer bringen wertvolle Qualifikationen mit nach Österreich, zeigt Rainer Münz’ Forschungsbericht.

NEUER FO R S C H UNG S B E R I C H T

„Migration ist

ein Gewinn für Österreich“ Das von Zuwanderern mitgebrachte Potenzial ist groß, wird aber noch zu wenig genützt. Das zeigt ein neuer ÖIF-Forschungsbericht. TEXT

Valentin Schwarz

Hürden bei der Anerkennung führen dazu, dass Ärzte als Pflegehelfer arbeiten müssen. Rainer Münz, Studienautor

BERUF STATT FLUCHT Die Migration hat sich seit den 1990erJahren deutlich verändert. Erstens hat die Zuwanderung zugenommen. Zweitens sind es mittlerweile vor allem berufliche Gründe, die Menschen nach Österreich führen, während vor zwanzig Jahren die Flucht vor Kriegen, etwa am Balkan, dominierte. Drittens kommen heutige Zuwanderer vorwiegend aus der EU und sind gut qualifiziert: Die Hälfte hat Matura oder Studium. Viertens sind auch die Österreicher, die auswandern, meist hochge-

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bildet. Ein Großteil von ihnen kehrt aber nach einigen Jahren zurück.

ANERKENNUNG VEREINFACHEN In Summe verbessert Migration also Österreichs Bildungsstruktur und damit das wirtschaftliche Potenzial. Doch dieses wird, so Rainer Münz, noch nicht optimal genützt: „Die Zahl internationaler Studierender etwa hat sich in 15 Jahren verdreifacht“, sagt der Studienautor. „Aber wir halten nur wenige von ihnen im Land.“ Absolventen aus Nicht-EU-Staaten scheiterten oft an den strengen Regeln der RotWeiß-Rot-Karte. Sie müssen das Land nach dem Studium verlassen. Damit sie ihre in Österreich erworbenen Kompetenzen auch hier einsetzen dürfen, schlägt Münz vor, ihnen mehr Zeit zu geben, nach dem Abschluss einen Job zu finden. Das zweite zentrale Problem seien die Hürden bei der Anerkennung ausländischer Abschlüsse. „Das führt etwa dazu, dass Ärzte als Pflegehelfer arbeiten müssen“, sagt Münz. Die geplante Vereinheitlichung in einem Anerkennungsgesetz sei „ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung“.

WISSEN

BESTELLEN ODER ONLINE LESEN Den ÖIF-Forschungsbericht „Zuwanderung nach Österreich: Ein Gewinn?“ von Rainer Münz, erstellt auf Basis einer quantitativen Analyse von Synthesis Forschung, können Sie per Mail an pr@integrationsfonds.at kostenlos bestellen oder online lesen: www.integrations fonds.at Publikationen Forschungsberichte

FOTOS: ÖIF/TROGER, UNHCR

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ie hat sich die Zuwanderung nach Österreich in den letzten Jahren entwickelt? Wie die Abwanderung? Und welche wirtschaftlichen Folgen haben diese Entwicklungen? Diesen Fragen ist Rainer Münz, Demograf und Mitglied im Expertenrat für Integration, für einen neuen ÖIF-Forschungsbericht nachgegangen (siehe Wissen). Seine Antwort: „In Summe ist die Migration ein Gewinn für Österreich. Es kommen mehr Menschen mit guter Qualifikation, als das Land verlassen.“


FORSCHUNG AKTUELL

FOKUS INTEGRATION

Der Österreichische Integrationsfonds (ÖIF) empfiehlt: Termine und Aktuelles rund um Integration und Migration ARBEITSMIGRATION BESSER NÜTZEN: Wie Migration optimal für den Arbeitsmarkt genützt werden kann, haben EU und OECD erforscht. Ergebnis: Verbesserungen bei Sprachkenntnissen, im Bildungssystem und der Mobilität sind am vielversprechendsten. Die Studie „Matching Economic Migration with Labour Market Needs“ ist online auf www.oecd.org Countries European Union verfügbar.

ALLES ÜBER MOSCHEEN: Islamische Gotteshäuser sind ein emotionales Thema. Regelmäßig führen Bauprojekte zu lokalen Konflikten. Religiöse, kulturelle und architektonische Hintergründe liefert eine neue ÖIFPublikation, die sich an Gemeindevertreter, Multiplikatoren und Interessierte richtet. Die Publikation „Moscheen als Teil der Gemeinde“ ist per Mail an pr@integrationsfonds.at kostenlos bestellbar.

MEHR FLÜCHTLINGE WELTWEIT: Krisenherde wie Syrien, Irak oder Afghanistan sorgen für einen Anstieg der internationalen Flüchtlingszahlen. Wie ein UNHCR-Bericht zeigt, gingen in der ersten Jahreshälfte 2014 in 44 erfassten Industriestaaten 330.700 Asylanträge ein, davon 8.395 in Österreich. Der UNHCR-Bericht „Asylum Trends in Industrialized Countries“ ist auf www.unhcr.at Service Zahlen und Statistiken verfügbar.

DER ISLAM VON A BIS Z: Wann ist eine Speise halal? Was ist der Unterschied zwischen Burka, Niqab und Tschador? Wer ist ein Mufti, wer ein Ayatollah? Alle zentralen Begriffe rund um die Weltreligion erklärt das neue Islam-Glossar des ÖIF. Das Islam-Glossar ist per Mail an pr@integrationsfonds.at kostenlos bestellbar.


MENSCHEN UND PROJEKTE

Zusammen:Genießen

Für Ashok Chandihok ist Reis viel mehr als trockene Beilage zum Schnitzel. „Es gibt scharfe, süße und saure Gerichte mit Reis“, erklärt der Gastronom. „Ich möchte den Österreichern alle Geschmacksrichtungen näherbringen.“ Diese Mission verfolgt er mit seiner Frau Sonia im „Indian Pavilion“, den sie seit 1996 am Wiener Naschmarkt führen. Sein wichtigster Tipp, um Reisgerichte aufzupeppen: „Verwenden Sie immer Basmatireis, der ist viel geschmacksintensiver, und würzen Sie ihn mit Nelken und Kreuzkümmel.“ Auch für Reispudding, der in Österreich über Schokoladegeschmack meist nicht hinauskommt, hat Chandihok vielfältige Vorschläge. Kheer, wie der Nachtisch in Indien heißt, wird mit Pistazien, Rosenwasser und -blättern, aber nach Belieben auch mit Rosinen, Cashews oder Kokosnussscheiben garniert und erhält so das gewisse Etwas. „Und Sie können ihn kalt oder warm servieren!“ KHEER (4 PERS.): 1. 70 g gewaschenen Basmatireis 15 Min. in Wasser, 1/4 TL Safran separat in etwas Milch einweichen. 2. 1 l Milch mit kleiner Zimtstange und 6 grünen angebrochenen Kardamomkapseln zum Kochen bringen, Reis und 70 g Zucker unterrühren. Auf kleiner Flamme rühren, bis die Konsistenz cremig wird. 3. 15 g Mandelblätter und den Safran hinzufügen. Umfüllen, fertig! Als Garnierung eignen sich gehackte Pistazien, Rosenwasser oder -blätter.

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G A S T F R E UNDSCHAFT

Der Reis mit dem gewissen Etwas Wie man aus dem Grundnahrungsmittel den indischen Pudding Kheer zaubert, verrät Ashok Chandihok. TEXT

Franziska Schinnerl

Ashok Chandihok kocht im „Indian Pavilion“ am Wiener Naschmarkt, Stand 74/75


MENSCHEN UND PROJEKTE

Unterhaltung

„Die Dinge sind nie so, wie sie sind. Sie sind immer das, was man aus ihnen macht.“

JEAN ANOUILH

Welches Wort suchen wir?

n ache Mitm n d

u en! n w e g in

Lösen Sie das Rätsel und gewinnen Sie das „50 unternehmerisch erfolgreiche Zuwander/innen und ihre Erfolgstipps“ der Initiative ZUSAMMEN:ÖSTERREICH ZUSAMMEN:ÖSTERREICH.. Alle Teilnahmeinfos finden Sie auf www.integrationsfonds.at/

FOTOS: WWW.WEINFRANZ.AT, SFREEIMAGES/MELA

gewinnspiel

Zugewandert: die Gegen schwache Augen war lange nichts zu machen. Selbst Cicero, mächtiger römischer Senator, klagte darüber, einen Sklaven zu brauchen, der ihm im Alter vorlas. Der erste Meilenstein gelang dem arabischen Gelehrten Al-Hazen um das Jahr 1000. Er entdeckte den vergrößernden Effekt gewölbten Glases und inspirierte um 1300 in der Toskana die Erfindung der Brille. Erste Zielgruppe waren alterssichtige, im trüben Kerzenlicht arbeitende Mönche.

Brille

Eine wirtschaftliche Revolution folgte: Auf gute Augen angewiesene Fachkräfte wie Schreiber, Werkzeugmacher oder Weber konnten nun bis ins hohe Alter arbeiten. Die Produktivität stieg, raffiniertere Maschinen wurden gebaut. 1727 erfand der englische Optiker Edward Scarlett das heute übliche Brillengestell mit Ohrenbügeln, auch wenn sich Monokel und Zwicker noch lange hielten. Den nächsten Meilenstein setzte 1784 Benjamin Franklin, Erfinder und US-Gründervater:

geg Alltags m i t Me n s t ä n d e h i n t ei g ra t i o n s rg r u nd

Seine Bifokalbrille kombinierte Linsen gegen Kurz- und Weitsichtigkeit. Zahllose Menschen profitierten von den auf drei Kontinenten getätigten Erfindungen – darunter jener 3,7 Millionen Österreicher, die heute eine Brille tragen.

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MENSCHEN UND PROJEKTE

Doppelporträt

Zwe M i Zwe e n s c h e n i Her . kunf länd t G e s ce r. E i n e s hich te.

ZUSA M M E N : LE B E N

„Wir sind dank ihm offener geworden“ Pfarrer Lawrence Ogunbanwo wünscht sich von seinen Gläubigen Lebendigkeit – mit zunehmendem Erfolg, wie Pfarrgemeinderätin Gabriele Ballner bestätigt. TEXT

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eine erste Messe habe ich, wie ich es aus Nigeria kannte, mit ‚Guten Morgen‘ eröffnet“, erinnert sich Pfarrer Lawrence Ogunbanwo. „Niemand hat geantwortet.“ Doch der Kulturschock währte nicht lange, versichert Pfarrgemeinderätin Gabriele Ballner. „Heute freuen sich alle, wenn er nach der Abendmesse ‚Gute Nacht und süße Träume‘ wünscht.“ Auch auf andere Weise brachte Ogunbanwo frischen Wind in die

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niederösterreichischen Pfarren Großebersdorf und Manhartsbrunn. „Wenn wir ‚Oh Happy Day‘ singen, tanzt er dazu – und die Leute wippen mit“, berichtet Ballner. „Wir sind dank ihm offener geworden.“

formuliert ein klares Ziel: „Als ich hier zum ersten Mal im Fußballstadion war, war ich überrascht, wie begeistert die Menschen plötzlich sind. Diese Lebendigkeit will ich auch in meiner Kirche haben.“

BEGEISTERT WIE IM STADION

Sie kennen zwei Menschen unterschiedlicher Herkunft, deren Geschichte erzählt werden sollte? Schreiben Sie an magazin@integrationsfonds.at!

Obwohl schon acht Jahre im Amt, ist Pfarrer Ogunbanwo weiter voller Tatendrang. „Ich will noch mehr Spontaneität und Emotion in meine Gemeinde bringen“, sagt er – und

FOTO: ÖIF/UNGER

Valentin Schwarz



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