Das Haus der Zukunft - Bauen, Wohnen, Leben

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in|pact media Verlag

Gesunde Schulen und Kindergärten Die richtige Wahl der Dämmstoffe ist besonders wichtig, wenn es um Kinder geht

Tim Schäfer / Redaktion

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ie Kindertagesstätte »Anne Frank« im Mecklenburg-Vorpommerschen Wolgast ist in einem typischen DDR-Plattenbau der 1970er Jahre beheimatet. Ein ungemütlicher Ort, um den Nachwuchs auf zukünftige schulische Aufgaben vorzubereiten. Vor vier Jahren folgte die Wende zum Besseren. Mithilfe öffentlicher Förderprogramme wurde die Tagesstätte energetisch grundsaniert. Ein neuer Holzdachstuhl ersetzte die alte Konstruktion und sorgte, versehen mit einer speziellen Abdichtung aus kunststoffmodifizierten Bitumenemulsionen (KMB), für ein Maximum an Dämmung. Zusätzlich wurden alle Flächen, die nach außen gerichtet waren, mit Photovoltaikanlagen ausgestattet. Durch den Einsatz regenerativer Energien in Verbindung mit einer hocheffizienten Dämmung und Dachabdichtung sowie einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung werden nunmehr rund 121 Tonnen CO2 pro Jahr gespart. Werte, die das Mecklenburger Pilotprojekt zu einem Vorbild für effiziente Sanierungspolitik machten. Zwei Milliarden Euro jährlich investierte der Bund 2009 und 2010 in Programme der Gebäudesanierung und

Städtebauförderung. Im laufenden Jahr stehen weitere 450 Millionen Euro zur Verfügung. Das Ziel, die Energie- und Betriebskosten der Sanierungsobjekte zu senken und diese nachhaltig und wirtschaftlich mit geringstmöglichem Aufwand erhalten und unterhalten zu können, ist im Falle der Anne Frank-Tagesstätte gelungen. Doch in Deutschland gelten mittlerweile 150.000 öffentliche Gebäude als dringend sanierungsbedürftig, darunter viele Schulen und Kindergärten – Tendenz steigend. Dass der öffentliche Sektor für rund vier Prozent aller Treibhausgasemissionen verantwortlich ist, wovon allein 55 Prozent auf den Gebäudebereich fallen, verdeutlicht die Dringlichkeit energetischer Sanierungsmaßnahmen. Einer der wichtigsten Faktoren ist hierbei die richtige Wärmedämmung. Natürliche Materialien wie Naturfasern, Holz oder Lehm rücken immer mehr in den Fokus, garantieren sie im Vergleich zu herkömmlichen Baustoffen hervorragende Dämmeigenschaften. Eine 6,5 Zentimeter dünne Schicht aus Nadelholz ist genauso effizient wie eine ein Meter dicke Betonwand. Eine weitere wichtige Rolle für ein effizientes Energiekonzept spielt die Verglasung. Moderne Fenster sind doppelt so wärmedämmend wie alte Verbundfenster von vor 1995 und sogar fünfmal leistungsfähiger als Einfachverglasungen.

Die besten Werte erreichen Dreifachverglasungen. Bereits durch den Austausch von 20 Quadratmetern Einfachglas gegen Zweifach-Isolierglas mit Wärmeschutzbeschichtung lassen sich im Jahr mehr als 1.000 Liter Heizöl und knapp 3.000 Kilogramm CO2 einsparen. Moderne Funktionen wie Sonnen-, Lärm- oder Schallschutz bieten einen weiteren positiven Effekt. Der Energieverbrauch der Anne Frank-Tagesstätte konnte übrigens gegenüber einem vergleichbaren Neubau um rund 45 Prozent gesenkt werden. Ein erfolgreiches Beispiel energieeffizienter Altbausanierung, das hierzulande Schule machen sollte.

Grüne Gewinne »Green Building« heißt der Trend, der Rendite verspricht

Axel Novak / Redaktion

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enn die Deutsche Bank viel Geld in die Hand nimmt, dann kann der Normalsterbliche davon ausgehen, dass sich das rechnet. So auch der Umbau der Konzernzentrale in Frankfurt am Main. Knapp 200 Millionen Euro hat es gekostet, den Bau in eines der »umweltfreundlichsten Gebäude der Welt« – so die Bank – zu verwandeln. Neben der massiven Senkung der Betriebskosten profitiert die Bank vom Renommee der sozialen Verantwortung. Und von einer kräftigen Wertsteigerung. Tatsächlich liegt »Green Building« im Trend. Grüne Gebäude erfüllen ökologische Standards, schonen die Umwelt, sparen Energie und Betriebskosten. Sie sind attraktiv und erwirtschaften eine höhere Rendite. Außerdem lassen sich Immobilien, die mit niedrigen Energiekosten punkten und ökologische Standards einhalten, leichter vermieten. In den USA zum Beispiel waren nachhaltige Immobilien deutlich weniger von der Wirtschaftskrise 2008 bis 2009 betroffen als herkömmliche Immobilien. Darauf zumindest lässt der »Sustainability and the Dynamics of Green Building«-Report des weltweiten Berufsverbands von Immobilienfachleuten RICS schließen. Grüne Gebäude erzielten danach höhere Mieten und stünden seltener leer. »Je grüner, desto

gewinnträchtiger« – diese Formel gelte allerdings nicht. Spitzenrenditen werden dann erreicht, wenn das Gebäude etwa drei Viertel des weltweit anerkannten LEEDStandards erreicht. Ähnliches gilt auch für Deutschland. »Green Building lohnt sich doppelt. Wie hoch die Renditen auf das zusätzlich eingesetzte Kapital sind, lässt sich derzeit noch kaum seriös kalkulieren, aber die Rendite ist positiv«, sagt Bastian Frien von Finance-Research, der für die Hypo-

Vereinsbank das nachhaltige Bauen in Deutschland untersucht hat. Die Deutsche Bank-Tochter Rreef Alternative Investments hat ausgerechnet, dass »grüne« Gebäude um bis zu 50 Prozent höhere Mieten ermöglichten. Auch beim Verkauf erzielen sie höhere Preise als konventionelle Objekte. Zwischen zehn und 20 Prozent beträgt der Wertunterschied, so Sabine Pex von der HypoVereinsbank auf der Webseite von Energiesparclub. de. Kein Wunder also, dass immer mehr Investoren und Mieter daher Objekte nachfragen, die das Gütesiegel »grün« tragen. Der Bau selber kostet knapp zwei Prozent mehr – grundsätzlich sind Bauherren, Investoren und Mieter jedoch bereit, bis zu neun Prozent zusätzlich zu zahlen, haben die Berater von Roland Berger 2010 herausgefunden. Ob beim Grünen Bauen aber tatsächlich dauerhaft goldene Zeiten anbrechen, ist nicht sicher. »Das laute Wunschdenken der Finanzmärkte über schnelle und hohe Renditen bei Green Buildings klingt in den Ohren von Praktikern nur peinlich«, so Timm D. Esser vom Immobilien-Netzwerk SwissVermont Real Estate. Er warnt bei »grünen« Hotelimmobilien: »Bevor Green Buildings ihre konkurrenzlos günstigen Betriebskosten in der hauseigenen Öko-Bilanz verbuchen können, bevor also die Finanzmärkte in diesem Segment hantieren können, sind erst einmal Investitionen erforderlich. Das Füttern kommt vor dem Melken.«


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