IZ Immobilienanwälte 2014

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Compliance

Gerade Mitarbeiter, die im Einkauf tätig sind, stehen häufig auf der Gästeliste von Geschäftspartnern. „Den Verantwortlichen, die für unsere Mietwohnungen zuständig sind, wird gerne mal ein Kuchen oder ein Blumenstrauß vorbeigebracht“, erzählt Isabella Oppenberg, Leiterin des Stabsbereichs Revision und Compliance bei der LEG Management, Düsseldorf, auf dem Juristischen Jahresgipfel für die Immobilienwirtschaft im Mai dieses Jahres. Sie beschäftigt sich seit rund 15 Jahren mit Compliance und verantwortet seit vier Jahren diesen Bereich bei der LEG. Der unausgesprochene Gedanke des Gebenden dahinter ist wohl, dass die Mieterhöhung noch ein bisschen ausgesetzt oder die freie Wohnung an den guten Bekannten vergeben wird. Freiflüge, Freikarten oder Frischgebackenes – das Unrechtsempfinden reagiert bei jedem anders. Arcandor ging über eine Million Euro verloren, Middelhoff versteht die Aufregung immer noch nicht. Sein Ruf ist in jedem Fall dahin. Der LEG entgehen Einnahmen, wenn die Miete erst ein paar Monate später angehoben wird. Spricht sich herum, dass die Wohnungen danach vergeben werden, ob ein Mitbringsel für gute Stimmung sorgte, wirkt das unseriös – nicht gerade förderlich für ein börsennotiertes Unternehmen. Doch der Mitarbeiter erkennt womöglich nicht einmal, dass sein Verhalten geschäftsschädigend ist – er denkt sich eben nichts dabei.

STRAF- UND ANTIKORRUPTIONSGESETZE Um vorzubeugen, geben sich Unternehmen wie die LEG, Drees & Sommer, die Strabag und Jones Lang Lasalle (JLL) Compliance-Regeln. „Aufgabe einer wirksamen Compliance ist es die rechtlichen Risiken der Geschäftsmodelle des Unternehmens zu erkennen, durch präventive Maßnahmen mögliche Verstöße zu reduzieren und Fehlverhalten aufzudecken“, formuliert Ingo Seidner, Rechtsanwalt und Head of Legal & Compliance Germany bei JLL den Anspruch. Das umfasst auch einen Bereich, zu dem es in einem Unternehmen keine zwei Meinungen geben sollte: kriminelles Handeln. Neben Beamten und Amtsträgern, für die ohnehin andere, umfassendere Vorschriften gelten, bezieht das Strafgesetzbuch (StGB) alle Beteiligten des Wirtschaftslebens mit ein. § 299 StGB etwa trägt den ausdrücklichen Titel: Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr. Diesbezüglich hat die Immobilienbranche nicht den besten Ruf. Eine im Herbst 2012 vorgelegte Studie des Bundeskriminalamts schien zudem zu beweisen, dass die deutsche Immobilienbranche ein Paradies für Geldwäscher ist. Das oberste, selbstverständliche Gebot ist somit für jeden Mitarbeiter: keine strafbaren Handlungen begehen. Oppenberg bläst ins gleiche

Horn, wenn sie betont, Gesetzesverstöße zu vermeiden, stehe an erster Stelle. Die Bandbreite der möglichen Straftatbestände ist groß: Untreue, Betrug, Bilanzmanipulation, die Klassiker wie Bestechung und Geldwäsche nicht zu vergessen. Abgesehen von den deutschen Strafnormen kommen auch internationale Vorschriften zum tragen. Rechtsanwältin Sabine Reimann von Hogan Lovells, Düsseldorf, nennt die maßgeblichen: „Sowohl der U.S. Foreign Corrupt Practice Act als auch der UK Bribery Act gelten als internationale Richtschnur und können für deutsche Unternehmen Anwendung finden.“ Letzterer gilt als das weltweit momentan offensivste Antikorruptionsgesetz, unter das deutsche Firmen beispielsweise dann fallen, wenn sie eine Niederlassung in Großbritannien unterhalten oder einen Teil ihrer Geschäfte dort tätigen. Haftstrafen von bis zu zehn Jahren und Geldstrafen, deren Höhe nach oben offen ist, sind möglich. Ob die sträfliche Handlung bei den Briten selbst stattfindet, spielt dabei keine Rolle: Der Bribery Act versteht sich als weltweit anwendbar.

DER EINKÄUFER ALS STRAFTÄTER Vielen ist ohnehin nicht bewusst, dass selbst die vermeintliche Eindeutigkeit des StGB so ihre Tücken hat. „§ 299 StGB ist sehr schwierig“, nennt Seidner ein Beispiel. „Vom Wortlaut her kann er jeden Einkäufer, der seinen Lieferanten um 5% drückt, in den Bereich der Strafbarkeit drängen.“ Denn wenn der Einkäufer nach den Einsparungen bezahlt wird, die er erreicht, erlangt er mit der Forderung nach einem niedrigeren Preis zugleich einen Vorteil für sich. Und damit ist eine der Tatbestandsvoraussetzungen der Strafnorm erfüllt. Ein Fragezeichen steht hierzulande zudem hinter der Überlegung, inwieweit der Chef, der Abteilungsleiter oder auch der

„ES IST NICHT DAS SPIEL MIT EXTREMEN“ In der Tat erscheint Compliance als ein nebliges Gebilde, das sich aber langsam aufklärt. Es wissen und spüren alle, dass sie es machen müssen. Schwierig ist es vor allem für die, die vom Umsatz getrieben sind. Viele werden nach relativ kurzfristigen Zielen bemessen und vergütet, da ist die Akzeptanz manchmal geringer. Compliance ein sehr sensibler Bereich, viele Manager haben Angst vor Haftung. Dabei geht es nicht um das Spiel mit Extremen und um die Frage, ob man eine Tasse Kaffee annehmen darf. Es geht darum, die Geschäftsprozesse zu kennen und zu wissen, wo die Schwachstellen liegen. Ingo Seidner, Head of Legal & Compliance Germany, Jones Lang LaSalle

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