SONNTAG, 15. JANUAR 2023
Vortragssaal, Staatsgalerie Stuttgart I 15.00 Uhr
SONNTAG, 15. JANUAR 2023
Vortragssaal, Staatsgalerie Stuttgart I 15.00 Uhr
PROGRAMM
KURT WEILL (1900– 1950)
Berlin im Licht-Song (1928)
WILLI KOLLO (1904 –1988)
Zwei in einer großen Stadt (1942)
ERICH KÄSTNER (1899– 1974)
aus: Der Gang vor die Hunde (1931/2013) »Nachwort für die Sittenrichter«
WERNER RICHARD HEYMANN (1896 –1961)
An den Kanälen (1921)
KURT WEILL
Buddy on the Nightshift (1942)
FRIEDRICH HOLLAENDER (1896– 1976)
Rag 1920 (1919)
ERICH KÄSTNER
aus: Der Gang vor die Hunde
PAUL ABRAHAM (1892 –1960)
aus: Der Ball im Savoy (1932)
» La bella Tangolita«
FRIEDRICH HOLLAENDER
aus: Ich tanze um die Welt mit Dir (1932)
» Sex Appeal«
PROGRAMM
ERICH KÄSTNER
aus: Der Gang vor die Hunde
FRIEDRICH HOLLAENDER
aus: Stürme der Leidenschaft (1932) »Ich weiß nicht, zu wem ich gehöre«
KURT WEILL
Der Abschiedsbrief (1933?)
Je ne t’aime pas (1934)
ERICH KÄSTNER
aus: Der Gang vor die Hunde
EDMUND NICK (1891– 1974)
Die Barfrau
FRIEDRICH HOLLAENDER
Du bist die Frau Eine kleine Sehnsucht (1930)
THEO MACKEBEN (1897– 1953)
Bel Ami (1939)
FRIEDRICH HOLLAENDER
Das ist bist der Herzschlag (1919)
MARIA THERESA ULLRICH, Mezzosopran
NICHOLAS KOK, Klavier
WALTER SITTLER, Lesung
Lesung aus:
Erich Kästner, Der Gang vor die Hunde.
Hrsg. von Sven Hanuschek
© Atrium Verlag AG, Zürich 2013 und Thomas Kästner
GEORGE GROSZ & ERICH KÄSTNER
4. Februar 1957, Huntington/New York
Lieber Erich Kästner:
Dies nur ein Gruß an Sie und ein vielfaches Kompliment für ihr schönes Buch »Fabian«
(bekam es zu Weihnachten und las es in einer Nacht) hier in Huntington.
Bin ein alter Bewunderer ihrer Verse.
Alles Gute wünschend verbleibe ich
Ihr George Grosz
München 27, den 12.2.57
Lieber George Grosz, heute kam Ihr Brief vom 4.2.
Ich habe mich ehrlich darüber gefreut. Und möchte die Gelegenheit nicht versäumen, Ihnen dafür zu sanken. Ihr Glückwunsch ist eine späte Freude und so späte Freuden haben ja ihren besonderen Zauber.
Leider habe ich Sie während Ihres Münchener Besuchs nicht gesehen. Wir waren einander in Berlin, wenn ich nicht irre bei Kohner im Ullstein-Verlag, einmal und nur flüchtig begegnet, und so fühlte ich mich nicht sonderlich legitimert, die Zeit Ihres kurzen Aufenthaltes in Anspruch zu nehmen. [...]
Daß es mich freuen würde, bald wieder von Ihne zu hören, bedarf keiner Versicherung. In jedem Falle bin ich mit herzlichen Grüßssen Ihr Erich Kästner
In seinem satirischen Roman Der Gang vor die Hunde, der 1931 unter dem (von der Zensur entschärften) Titel Fabian. Die Geschichte eines Moralisten erschien, nimmt Kästner die Zustände seiner Zeit mit scharfem, karikierenden Blick unter die Lupe. Der Leser erlebt das durch die Wirtschaftskrise gebeutelte Berlin der späten 1920er Jahre durch den Blick des promovierten Germanisten und Werbetexters Jakob Fabian, der im Roman meist schlicht »Fabian« genannt wird.
Im Verlauf des Romans verliert Fabian seinen Job bei einer Zigarettenfirma, was ihn umso mehr zum Flaneur und sezierenden Beobachter seiner Stadt werden lässt. Er durchsteift Berlin, gerät in die unterschiedlichsten, nicht selten absurden und kuriosen Situationen, trifft auf gescheiterte Existenzen und liebeslüsterne Damen, die ihm nachstellen, findet schließlich sogar die große Liebe – Cornelia – die diese Liebe zwar erwidert, ihn aber kurz darauf wieder verlässt, um beim Film Karriere zu machen (und sich deshalb mit einem deutlich älteren Filmregisseur einlässt).
Fabians engster Freund aus Studientagen ist Stephan Labude, mit dem Fabian immer wieder intensiv die Missstände ihrer Zeit diskutiert – und dabei im Gegensatz zu Labude wenig Hoffnung auf Besserung hat. Wie Fabian hat Labude kein Glück in der Liebe – seine langjährige Verlobte betrügt ihn. Als er infolge einer missgünstigen Intrige auch noch die falsche Rückmeldung erhält, dass seine Habitilationsschrift über Lessing, in die er fünf Jahre Arbeit investiert hat, abgelehnt wurde, schreibt er einen Abschiedsbrief an Fabian und erschießt sich. Nach Labudes Tod stellt sich heraus, dass die Ablehnung der Arbeit nur der böse Scherz eines Universitätsassistenten war.
Fabian hat seinen Freund verloren und findet keine neue Stelle. Er besucht seine Eltern in seiner Heimatstadt Dresden (dort wurde auch Kästner geboren), trifft alte Klassenkameraden und bekommt tatsächlich ein Jobangebot von einer rechts stehenden Zeitung, das er ablehnt, weil er seine Seele nicht verkaufen will. Er will schließlich sein Glück in den Bergen und in der Natur suchen – dazu kommt es nur leider nicht mehr: Beim Versuch einen kleinen Jungen zu retten, der von einer Brücke in den Fluss gefallen war, ertrinkt Fabian. Er kann nicht schwimmen.
Aus urheberrrechtlichen Gründen
können leider nicht alle Lied-Texte abgedruckt werden.
KURT WEILL
Text: Kurt Weill (1900–1950)
BERLIN IM LICHT-SONG
Und zum Spazierengehn
Genügt das Sonnenlicht
Doch um die Stadt Berlin zu sehn
Genügt die Sonne nicht
Das ist kein lauschiges Plätzchen
Das ist ’ne ziemliche Stadt
Damit man da alles gut sehen kann
Da braucht man schon einige Watt
Na wat denn, na wat denn?
Was ist das für ’ne Stadt denn?
Komm, mach mal Licht
Damit man sehn kann, ob was da ist
Komm mach mal Licht und rede nun mal nicht
Komm mach mal Licht, dann wollen wir doch auch mal sehen
Ob das ’ne Sache ist
Berlin im Licht
Komm, mach mal Licht
Damit man sehn kann, ob was da ist
Komm mach mal Licht und rede nun mal nicht
Komm mach mal Licht, dann wollen wir doch auch mal sehen
Ob das ’ne Sache ist
Berlin im Licht
Kurt Weill »Berlin im Licht-Song«
© Copyright 1928 by Universal Edition / UE 8862
WERNER RICHARD HEYMANN
Text: Walter Mehring (1896 –1981)
Schnurgrade zwischen Mietskasernen
Ziehen die schwarzen Gitterpfähle
Und die Laternen der Kanäle!
Es zieht ein Brisenhauch vom Meer Und Möwen, deren Silberkehlen
Umhalst ein dunkler Ring von Teer, Längs den Kanälen!
...
Es ziehen Wagen, Omnibusse
Spiegeln sich taumelnd von den Brücken Im schwarzen Flusse ihre Rücken.
Dampfkräne, die sich Holz und Kohl’n Mit Elefantenrüsseln wählen.
Verbeugen sich beim Nahrungshol’n Längs den Kanälen!
Nachts lauert im Versteck von Fässern
Gesindel längs der Uferkanten
Mit blanken Messern auf Passanten!
Ein Fischer, der stromabwärts stakt, Zieht in der Früh mit blut’gen Krälen
Ein Menschenbündel festgehakt
Aus den Kanälen!
Es zieht der Abschaum aller Städte, Es ziehen die lebensmüden Seelen
Zum ew’gen Bett in den Kanälen!
Es treibt ein Brisenhauch vom Meer Die Möwen mit zerbiss’nen Kehlen
Und hungernd zieht das Rattenheer
Längs den Kanälen!
KURT WEILL
Text: Oscar Hammerstein (1895 –1960)
BUDDY ON THE NIGHTSHIFT
Hello there, buddy on the nightshift
I hope you slept all day
Until the moon came out and woke you up
And sent you on your way
Hello there, buddy on the nightshift
I hope you’re feeling fine
I left a lot of work for you to do
On a long assembly line
I wish I knew you better
But you never go my way
For when one of us goes on the job
The other hits the hay
Goodbye now, buddy on the nightshift
And push those planes along
And when the sun comes out I’ll take your place
All wide awake and strong
I’ll follow you, you’ll follow me
And how can we go wrong?
KAMERAD VON DER NACHTSCHICHT
Grüß dich, Kamerad von der Nachtschicht
Ich hoffe, du hast den ganzen Tag geschlafen
Bis der Mond rauskam und dich aufgeweckt that
Und dich auf deinen Weg schickte
Grüß dich, Kamerad von der Nachtschicht
Ich hoffe, dir geht es gut
Ich habe eine Menge Arbeit für dich hinterlassen
Auf einem langen Fließband
Ich wünschte, ich würde dich besser kennen
Aber du gehst nie in meine Richtung
Denn wenn einer von uns zur Arbeit geht, legt sich der andere hin
Mach’s gut, Kamerad von der Nachtschicht
Und schieb die Flugzeuge weiter
Und wenn die Sonne aufgeht, werde ich deinen Platz einnehmen
Ganz wach und stark
Ich folge dir, du folgst mir
Und was kann schon schief gehen?
PAUL ABRAHAM
Text: Alfred Grünwald (1884 – 1951) und Fritz Löhner-Beda (1883 – 1942)
LA BELLA TANGOLITA
Man nennt mich nur: La bella Tangolita! La Tangolita von Santa Fé. Man sagt zu mir: Oh, bella Tangolita, ich glüh’ vor Liebe, wenn ich dich seh’.
In meinen Augen brennt ein dunkles Feuer, das lockt zur Sünde und zum Abenteuer! Du wilde, braune, schlanke Tangolita, oh Tangolita von Santa Fé.
Mein Blut ist heiß, mein Herz ist kühl, wenn eure Liebe erwacht, fühl ich mein Macht im Tanze.
Ich geb mich preis der Liebe Spiel, wenn eure Sinne erglühn, dann geb ich mich hin dem Tanze.
Man nennt mich nur: La bella Tangolita!
Ihr träumt von mir in dunkler Nacht, wer mich nur einmal gesehn, kann nie meinen Blick vergessen.
Ich hab geküsst, ich hab gelacht, jedoch mein flammendes Herz hat keiner von euch besessen!
Wunschlos würd’ ich dann entschweben.
Macht mich auch der viele Krach
Und das ganze Leben schwach,
Dieser Wunsch erhält mich wach! Ach!
Ach!
Ich wär’ so gern ein Sexappeal!
Sowohl en face als auch profil!
Ach, was wär’ das für ein Gefühl, Ein Sexappeal im Garbostil!
Von außen warm, von innen kiehl!
Zur Hälfte sex, zur Hälfte peal!
Doch ich hab noch ein höhres Ziel:
Am liebsten wär’ ich sexappeal
Und 7-appeal und 8-appeal!
Mir wär’ kein Sexappeal zu viel!
Im Geigentiel!
Wollt’ ein Regisseur mich sprechen, Würde er sich das erfrechen,
Könnt’ ich mich für alles rächen
Und wär’ nie für ihn zu sprechen!
Holt man mich zum Filmen ab,
Vor der Aufnahme ganz knapp, Sagte ich aus Daffke ab – Schwapp!
Schwapp!
Ich wär’ so gern ein Sexappeal!
Sowohl en face als auch profil!
Ach, was wär’ das für ein Gefühl, Ein Sexappeal im Garbostil!
Von außen warm, von innen kiehl!
Zur Hälfte sex, zur Hälfte peal!
Noch hab ich nicht erreicht das Ziel
Und noch bin ich ein 5-appeal,
Ein 4-appeal, ein 3-appeal, Dabei wär’ mir kein Peal zu viel!
FRIEDRICH HOLLAENDER
Text: Marcellus Schiffer (1892 – 1932)
SEXAPPEAL
Einen Wunsch hab ich im Leben: Mög’s der liebe Gott mir geben, Diesen Wunsch noch zu erleben!
Im Geigentiel!
Doch könnt’ ich mein Ziel erreichen, Würde mir kein Star mehr gleichen!
Und ich ließ mich nie erweichen!
Jenny Jugo könnt man streichen!
Läg’ die Garbo auf dem Knie
Hingestreckt und flehte sie:
»Lass mich auch noch gelten!« Wie? Nie!
Nie!
Nee, nu bin ich mal sexappeal!
Sowohl en face als auch profil!
Und nu hab ich mal das Gefühl,
Von außen warm, von innen kiehl!
Zur Hälfte peal, zur Hälfte sex!
Ein richt’ger Sexappeal-Komplex!
Ich hab erreicht das hohe Ziel!
Am ganzen Körper sexappeal
Und 7-appeal und 8-appeal!
Fast bin ich schon vom Sexappeal
Das Geigentiel.
FRIEDRICH HOLLAENDER
Text: Robert Liebmann (1890 – 1942)
ICH WEISS NICHT ZU WEM ICH GEHÖRE
Sprechen die Männer von Treue, lächle ich nur vor mich hin.
Liebe ist ewig das Neue, Treue hat gar keinen Sinn!
Heute schon ist mir entschwunden, was ich noch gestern besaß, Liebe macht selige Stunden, Treue macht gar keinen Spaß.
Ich weiß nicht, zu wem ich gehöre, ich bin doch zu schade für einen allein.
Wenn ich jetzt grad’ dir Treue schwöre, wird wieder ein and’rer ganz unglücklich sein.
Ja soll denn etwas so Schönes nur einem gefallen?
Die Sonne, die Sterne gehörn doch auch allen!
Einer hat zärtliche Hände, einer packt kräftiger zu.
Wenn ich den Richtigen fände, bringt er mir auch keine Ruh! Bin ich bei einem geborgen, glücklich, zufrieden und still, lockt mich ein anderer morgen, nie hab’ ich das, was ich will.
Ich weiß nicht, zu wem ich gehöre, usw.
Ich weiß nicht zu wem ich gehöre, ich glaub’, ich gehöre nur mir ganz allein!
KURT WEILL
Text: Erich Kästner (1889 – 1974)
DER ABSCHIEDSBRIEF
Zwei Stunden sitz ich schon im Café Bauer.
Wenn du nicht willst, dann sag mirs ins Gesicht.
Deswegen wird mir meine Milch nicht sauer.
Ich pfeif auf dich, mein Schatz. Na schön, dann nicht!
Du brauchst nicht denken, dass ich dich entbehre.
Mit dem Verkehr mit mir, das ist jetzt aus. Auch ich hab so etwas wie eine Ehre. Lass dich nicht blicken, Schatz, sonst fliegst du raus.
Du bist der erste nicht der so verschwindet. Das hab ich nicht an dir verdient, mein gutes Kind.
Du glaubst doch nicht, dass sich nicht noch ein andrer findet?
Es gibt noch welche, die bequemer für mich sind.
LIEDTEXTE
Ich hab das Grüne an aus Poppelien. Das Loch drin hast du auch hineingerissen. Du weißt es reicht mir nur bis zu den Knien. Ich hab auch noch ein angefangenes Kissen ...
Das solltest du am heiligen Abend kriegen. Das ist nun aus und mir auch einerlei. Es werden öfters andre darauf liegen.
Denn was vorbei ist, Schatz, das ist vorbei.
Ich bin nicht stolz. Auch wär das nicht am Platze. Wenn du was übrig hast dann schick es schnell. Mir gegenüber feixt ein Herr mit Glatze. Das ist der Scheff von Engelshorns Hotell.
Na Schluß. Der Visawie von gegenüber fragt ob ich wollte denn er möchte schon. Der hat Moneten so ein alter Schieber.
Behalt dein Geld und schlaf allein, mein Sohn.
Auch du warst einer von die feinen Herrn. Der Alte kommt. Er nimmt mich zu sich mit.
Rutsch mir den Buckel lang und hab mich gern. Von ganzem Herzen Deine Erna Schmidt
Erich Kästner, Der Scheidebrief (Die ledige Erna Schmidt schreibt), aus: Herz auf Taille © Atrium Verlag AG, Zürich 1928 und Thomas Kästner.
KURT WEILL
Text: Maurice Magre (1877 – 1941)
JE NE T’AIME PAS
Retire ta main, je ne t’aime pas, Car tu l’as voulu, tu n’es qu’une amie.
Pour d’autres sont faits le creux de tes bras
Et ton cher baiser, ta tête endormie.
Nimm deine Hand zurück, ich liebe dich nicht, Denn du hast es so gewollt, du bist nur eine Freundin. Für andere sind deine hohlen Arme gemacht.
Und dein liebevoller Kuss, dein schlafendes Haupt.
Ne me parle pas, lorsque c’est le soir, Trop intimement, à voix basse mêm’, Ne me donne pas surtout ton mouchoir
Il renferme trop le parfum que j’aim’.
Dis-moi tes amours, je ne t’aime pas, Quelle heure te fut la plus enivrant’.
Et s’il t’aimait bien, ou s’il fut ingrate
En me le disant, ne sois pas charmant;
Je n’ai pas pleuré, je n’ai pas souffert,
Ce n’était qu’un rêve et qu’une folie.
Il me suffira que tes yeux soient clairs, Sans regret du soir, ni mélancolie.
Il me suffira de voir ton bonheur, Il me suffira de voir ton sourire.
Conte-moi comment-il a pris ton cœur
Et même dis-moi ce qu’on ne peut dire.
Non, tais-toi plutôt Je suis à genoux
Le feu s’est éteint, la porte est fermée...
Ne demande rien, je pleure. C’est tout.
Je ne t’aime pas, ô ma bien-aimé.
Sprich nicht mit mir, wenn es Abend ist, Zu intim, sogar mit leiser Stimme, Gib mir vor allem nicht dein Taschentuch Es enthält zu viel von dem Duft, den ich liebe.
Sag mir deine Liebe, ich liebe dich nicht, Welche Stunde war für dich am berauschendsten?
Und wenn er dich mag, oder wenn er undankbar ist. Indem du mir das sagst, sei nicht charmant;
Ich habe nicht geweint, ich habe nicht gelitten, Es war nur ein Traum und eine Torheit. Es genügt mir, dass deine Augen klar sind, Ohne Bedauern des Abends und ohne Melancholie.
Es genügt mir, dein Glück zu sehen, Es genügt mir, dein Lächeln zu sehen. Erzähle mir, wie er dein Herz genommen hat. Und sag mir auch, was man nicht sagen kann.
Nein, schweige lieber, ich bin auf den Knien. Das Feuer ist erloschen, die Tür ist verschlossen ...
Frag nicht, ich weine nur. Das ist alles. Ich liebe dich nicht, meine Geliebte.
EDMUND NICK
Text: Kurt Tucholsky (1890 – 1935)
DIE BARFRAU
Ich lächle alle Gäste an Ich mix’ schon sieben Jahr’
In der Bar
Mit Cocktails ist mein Herz gefärbt
Mit Wasserstoff mein Haar
In der Bar
Sind die Büros geschlossen Graut den Herren vor zuhaus’ Dann hamse noch ’ne ’Konferenz’ Und quatschen sich hier aus
Na, ist doch wahr!
Na, ist doch wahr!
Immer rüber, immer rüber über die Bar
Sei doch nicht so dumm, Schatz
Ein Cognac schadet nie
Zehn Prozent vom Umsatz
Und acht Mark Garantie
Manhattan für den Herrn!
Da hockt der Kavalier und gähnt
Auf seinem hohen Sitz
In der Bar
Von einer Barfrau wünscht der Gent ’Nen unanständigen Witz
In der Bar
Ich erzähl’ ihm klar und deutlich
Die Pointe vorne an
Damit so’n abgehetzter Mann
Ihn auch verstehen kann
Na, ist doch wahr!
Na, ist doch wahr!
Immer rüber, immer rüber über die Bar
Sei doch nicht so dumm, Schatz
Ein Cognac schadet nie
Zehn Prozent vom Umsatz
Was heißt denn hier Esprit!
Ein Portwein für den Herrn!
Mal komm’se auch mit ihren Frauen
Das kann ich gut verstehen
In die Bar
Was die sich nämlich nicht getrauen
Das woll’nse bei uns sehen
In der Bar
Da hamse nun die Frauen
Und manche sind so süß
Jenne zieh’n mit ei’m Gezumpel rum
Da wird ei’m aber mies
Na, ist doch wahr!
Na, ist doch wahr!
Immer rüber, immer rüber über die Bar
Sei doch nicht so dumm, Schatz
Ein Cognac schadet nie
Heb du man den Umsatz
Der Liebesindustrie!
Ein Glas Wasser für den Herrn!
Der Herr ist nicht wohl
Manchmal spritzt aus den Kerlen raus
Die reine Poesie
Schon jebongt!
Da heißt es dann: »Hier sitzen Sie nu
Na, so ’ne Frau wie Sie!«
Schon jebongt
Lieber Freund, es ist die Wahrheit
Und wennde dran erstickst:
Ich mixe Flips und Eiergrogs
Aber mit mir wird nicht gemixt
Na, ist doch wahr!
Na, ist doch wahr!
Mein Inventar gehört nicht in die Bar
Sei doch nicht so dumm, Schatz
Ein Flip ist auch ganz fein
Manhattan kannste kriegen
Aber wollt’ ich unterliegen
Müsst’ ich keine Barfrau sein!
FRIEDRICH HOLLANEDER
Text: Theobald Tiger (Pseudonym von Kurt Tucholsk, 1890 – 1935)
DAS IST DER HERZSCHLAG
Geh ich durch die Straßen um die Berolina, seh ich die Visagen dicker Geldverdiener, in dem wilden Gaukelspiel, Geld besagt heut gar nicht viel, jeder zählt die braunen Scheine, eins, zwei, drei, vier.
Wie die Kavaliere mit den Nutten tanzen, Rußland importiert die Händler und die
Wanzen, in den Lokalen, sieh, wie sie zahlen, der Lockenkopp, die Schmalzfrisur, ’s ist alles nur Glasur! Und ob auch fiebernd tobt ein ganzes Land, was hilft uns über all den Unverstand?
Das ist der Herzschlag, der zusammenhält, trotz Rebellion in einer Flammenwelt!
Wenn auch der Nachbar schwimmt in süßem Sekt und Rauch bis nachts um vier, und klettert hoch und immer höher noch das Überseepapier!
Solang die Kiefern stehn im Grunewald, solang die Sonne auf den Asphalt knallt, solang wir noch auf Arbeit gehn:
Da sag ich nein! ‚ne solche Stadt, die darf nicht untergehn!
mal die alte Bruderhand auch übern Schlagbaum weg, die ganze Welt ist doch ein einziges Land!
Solang für alle eine Sonne scheint, das Menschenherz auf Erden lacht und weint, solang wir Mensch zum Menschen stehn: Da sag ich ja! Ein solches Land, das kann nicht untergehn!
Jetzt im Lenz, wenn alle kleinen Knospen springen, in Grünau die ersten Finken leise singen: Zuckt es durch die Großstadt hin, Tippmamsell und Schneiderin, jeder Mann hat seine Brautens, eins, zwei, drei, vier.
Kleine Mädchen kommen in die Lenzeswochen. Strohhut raus! Hier können Familien Kaffee kochen.
Unabhängige gibts und Mehrheitssozialisten,
Militärs und andre dufte Bolschewisten, wer nicht hört, wird abgeknallt.
Jeder glaubt nur der Gewalt, jeder Mann hat Ideale, eins, zwei, drei, vier.
Jeder Stand und jedes Land hat
Sondergruppen, unsre ganze Erde wimmelt voller Truppen!
Immer mit der Ruhe!
Ohne dies Getue kommt die Welt vielleicht zurück zum kleinen bißchen Glück.
Und mitten im Spektakel und Gerauf, Herrgott! Ich geb die Hoffnung doch nicht auf:
Das ist der Herzschlag, der zusammenhält die Republik in einer Flammenwelt! Vertragt euch, Kinder, reicht euch wieder
Lenchens weiße Fahne in der Vorortbahne wird zerknautscht, wie kam das bloß auf einen fremden Schoß.
Der Chef im Auto, Maxe auf dem Rad, was eint denn schließlich doch die ganze Stadt?
Das ist der Herzschlag, der zusammenhält, süß eingehakt in einer Flammenwelt! Steigt der Tarif und steigt der Streuselkuchen und das helle Bier, die Nase hoch! Denn uns kann keiner. Mensch! Vastehste: wir sind wir!
Solang der Dampfer puckert zur Abtei, sich Pärchen knutschen im April und Mai, wir Arm in Arm ins Freibad gehn: Da sag ich nein! Ein’ solche Stadt, die darf nicht untergehn!
MITWIRKENDE
Die Mezzosopranistin MARIA THERESA ULLRICH , in Bonn geboren, studierte dort Romanistik und Komparatistik sowie Gesang am Bergischen Gesangsinstitut in Gummersbach. Von 1998 bis 2006 war sie Ensemblemitglied der Staatsoper Stuttgart, wo sie u. a. als Polina in Pique Dame , als Wellgunde ( Das Rheingold ), als Grimgerde ( Die Walküre ), als Rosina ( Il barbiere di Siviglia ), als Annio in ( La clemenza di Tito ), als Cherubino ( Le nozze di Figaro ) und als Emilia ( Otello ) zu erleben war. Ihr Repertoire umfasst auch Werke zeitgenössischer Komponisten wie Péter Eötvös, unter dessen Leitung sie die Partie der Harper Pitt in dessen Oper Angels in America beim Holland Festival sang. Sie arbeitete mit Dirigenten und Regisseuren wie Lothar Zagrosek, Nicola Luisotti, Roy Goodman, Nicholas Kok und Steven Sloane, Martin Kušej, Peter Konwitschny, Hans Neuenfels und Anouk Nicklisch zusammen. Gastengagements führten sie u. a. an die Opernhäuser in Zürich, Amsterdam, Klagenfurt, Regensburg, Mannheim und Montepulciano. Seit 2014/15 ist sie wieder Ensemblemitglied der Staatsoper Stuttgart und sang u. a. Zweite Dame ( Die Zauberflöte ), Suzuki ( Madama Butterfly ), Das Fischweib ( Die Verurteilung des Lukullus ) sowie 2021 die Titelpartie in der Uraufführung HOLLE! am JOiN. 2022/23 ist Maria Theresa Ullrich u. a. als Grimgerde ( Die Walküre ), als Tisbe ( La Cenerentola ), als Marcellina ( Le nozze di Figaro ), als Mercédès ( Carmen ), in der Titelpartie von HOLLE! am JOiN und als Großmutter in der Uraufführung der Kinderoper Der Räuber Hotzenplotz an der Staatsoper Stuttgart zu erleben.
NICHOLAS KOK studierte am New College Oxford (als Orgelstipendiat) und am Royal College of Music. 1996–2006 war er Chefdirigent des East of England Orchestra (Sinfonia Viva), 2007–2011 leitete er als Chefdirigent das führende Ensemble für zeitgenössische Musik in Nordengland, Psappha. 2012/13 war Nicholas Kok als erster Gastdirigent des WDR Rundfunkchors tätig. An der English National Opera leitete er u. a. Monteverdis L’Orfeo und Il ritorno d’Ulisse in patria , Purcells The Fairy Queen , Mozarts Le nozze di Figaro und Così fan tutte sowie zwei Uraufführungen von Mark-Anthony Turnage. Mit der Opera North erarbeitete Nicholas Kok u. a. Dido and Aeneas , Les Noces , Glucks Orfeo ed Euridice sowie Uraufführungen von Simon Holt und Mark Simpson. 2018 dirigierte er die britische Premiere von Kevin Puts Oper Silent Night . Als Dirigent hat Nicholas Kok bei vielen Festivals mitgewirkt, u.a. beim Aldeburgh, Edinburgh International Festival, BBC Proms, Zürich Contemporary Music Festival und Éclat. Er arbeitete mit Orchestern wie dem London Philharmonic Orchestra, der London Sinfonietta, dem Scottish Chamber Orchestra, dem RSO Berlin und dem Münchner Kammerorchester. Zahlreiche Rundfunkund CD-Aufnahmen begleiten seine Tätigkeit. An der Oper Stuttgart hat er King Arthur , L’incoronazione di Poppea , L’italiana in Algeri sowie Hänsel und Gretel , Iphigénie en Aulis und Orphée dirigiert. 2012/13 übernahm er die musikalische Leitung bei der Neuinszenie -
rung von Schaf an der Jungen Oper (JOIN), für die er 2020 eine Version von King Arthur komponiert/arrangiert hat. Außerdem arbeitete er an den Opernhäusern in Leipzig, Braunschweig, Köln, Bielefeld, am Teatro de São Carlos Lissabon, am Music Theatre Wales, an der English Touring Opera und der Opera Factory. Darüber hinaus hat er zahlreiche Produktionen in Hochschulen in Großbritannien, Deutschland und Hong Kong dirigiert. Außerdem verbindet ihn mit den BBC Singers eine langjährige Zusammenarbeit.
WALTER SITTLER , als Deutschamerikaner in Chicago geboren, besuchte von 1978 bis 1981 die Otto Falckenberg Schule an den Kammerspielen München. Von 1981 bis 1988 war er am Nationaltheater in Mannheim engagiert und anschließend bis 1995 am Staatstheater Stuttgart. Die Karriere als Schauspieler im TV und in einigen Kinofilmen begann 1995. Die Produktion Nikola bei RTL erhielt u. a. den Grimme Preis. Für seine Darstellung des Dr. Schmidt in dieser Serie wurde Walter Sittler mit dem deutschen Fernsehpreis als bester Schauspieler in einer Comedy ausgezeuchnet. Die Serien Girl Friends , Nikola sowie die Reihen Ein Fall für den Fuchs und Der Kommissar und das Meer haben ihn, neben vielen anderen Filmen, einem breiten Publikum bekannt gemacht. Daneben hat Walter Sittler nie die Bühne aufgegeben und gastiert seit Jahren mit diversen Theaterproduktionen und Lesungen in vielen Städten Deutschlands, so derzeit als Jorge Mario Bergoglio späteter Papst Franziskus, in der deutschsprachigen Erstaufführung von Anthony McCartens Theaterstück Die zwei Päpste am Renaissance Theater in Berlin. Große Erfolge auf der Bühne feiert er auch als Erich Kästner in den literarischen Soli für einen Schauspieler und sechs Musiker Als ich ein kleiner Junge war , Prost, Onkel Erich! und Ein Mann im Schnee . Des Weiteren ist er regelmäßig mit zahlreichen Lesungsprogrammen und einem Dieter-Hildebrandt-Abend zu erleben.
WALTER SITTLER
»Ich bin immer noch da« – Texte von Dieter Hildebrandt Quer durch die Republik hat der Schauspieler Sittler, der sich schon immer dem Erbe Erich Kästners verpflichtet gefühlt hatte, mit seiner außergewöhnlich einfühlsamen und gleichzeitig zwerchfellerschütternden Darbietung der Pointen des Kästner- Bewunderers Hildebrandt Beifallstürme und euphorische Kritiken en masse gesammelt.
Dienstag, 17. Januar 2023, 20 Uhr
Renitenztheater Stuttgart (Büchsenstr. 26, 70174 Stuttgart) www.renitenztheater.de
als Großmutter in der Uraufführung von Sebastian Schwabs Oper DER RÄUBER HOTZENPLOTZ
Samstag, 4. Februar 2023, 18 Uhr
Opernhaust, Staatstheater Stuttgart (Oberer Schloßgarten 6, 70173 Stuttgart) www.staatsoper-stuttgart.de Impressum
Herausgeber Internationale Hugo -Wolf - Akademie für Gesang, Dichtung, Liedkunst e.V. Stuttgart, Jägerstraße 40, 70174 Stuttgart, Deutschland, Telefon +49(0)711-22 11 77, Fax +49(0)711. 22 79 919, info@ihwa.de, www.ihwa.de
Vorstand Prof. Dr. Hansjörg Bäzner (Vorsitzender), Hans Georg Koch (Stv. Vor sitzender), Albrecht Merz (Schatzmeister), Walter Kübler (Schrift führer), EBM Dr. Fabian Mayer (Ver treter der Landeshauptstadt Stuttgart), MDgt Dr. Claudia Rose (Ver treterin des Landes Baden - Württemberg), Cornelius Hauptmann, Richard, Kriegbaum, Patrick Strub
Intendanz, Redaktion & Satz Dr. Cornelia Weidner
Textnachweis Brief von George Grosz, zitiert nach: Matthias Nicolai, George Grosz und Erich Kästner - eine flüchtige Bekanntschaft?, in: Artur Nickel (Hrsg.), Matthias Nicolai (Hrsg.): Erich Kästner Jahrbuch. Wenn Erich Kästner Zeitgenossen trifft. Band 7, Königshausen & Neumann 2012; Brief von Erich Kästner, zitiert nach: Erich Kästner Nachlass, Handschriftensammlung Deutsches Literaturarchiv Marbach
Bildnachweis George Grosz: Fotografie: Emil Bieber, Reprorechte: Klaus Niermann, Hamburg, Deutsches Reich, 1921/1929 © Emil Bieber; im Foto abgebildetes Gemälde: © VG Bild-Kunst, Bonn 2021
Inv.-Nr.: F 66/1544, Deutsches Historisches Museum/Lebendigs Museum Online (www.dhm.de/lemo); Erich Kästner: Dutch National Archives, The Hague, Fotocollectie Algemeen Nederlands Persbureau (ANEFO), 1945-1989 bekijk toegang 2.24.01.09 Bestanddeelnummer 912-8730,Wikimedia Commons
Änderungen des Programms und der Mitwirkenden vorbehalten.