





Sonntag,



PROGRAMM
FRANZ SCHUBERT (1797–1828)
Der Wanderer an den Mond D870
JOHANNES BRAHMS (1833–1897)
Mondnacht WoO 21
FELIX MENDELSSOHN BARTHOLDY (1809–1847)
Schilflied op. 71/4
JOHANNA MÜLLER-HERMANN (1868-1941)
Wie eine Vollmondnacht op. 20/4
ERICH WOLFGANG KORNGOLD (1897–1957)
Mond, so gehst du wieder auf op. 14/3
HENRY MANCINI (1924–1994)
Moon River
MAUDE VALÉRIE WHITE (1855–1937)
So we’ll go no more a-roving
ROBERT SCHUMANN (1810–1856)
Liederkreis op. 39
In der Fremde Intermezzo
Waldesgespräch
Die Stille
Mondnacht
Waldszenen op. 82
Eintritt Jagdlied
Schöne Fremde
Auf einer Burg
In der Fremde
Wehmut Zwielicht
Im Walde
Frühlingsnacht
Vogel als Prophet Freundliche Landschaft
Herberge
Verrufene Stelle
Einsame Blumen
Jäger auf der Lauer
Abschied
GIACOMO SCHMIDT, Bariton
JONG SUN WOO, Klavier
SINA VONDERACH , Schattenspiel
Mit freundlichern Unterstützung der

GESPRÄCH
Über Lied-Wettbewerbe, Lied-Programme, LiedDuos, Lieder vom Mond, von Licht und Schatten
Giacomo Schmidt, Jong Sun Woo und Sina Vonderach im Gespräch mit Cornelia Weidner
Ihr habt im vergangenen September am Internationalen Wettbewerb für Liedkunst Stuttgart teilgenommen. Das bedeutet viel Arbeit und Vorbereitung im Vorfeld, letztlich auch Kosten für die Reisen etc., Anspannung und Aufregung – und man weiß schließlich vorher nicht, ob man auch wirklich einen Preis gewinnt. Außerdem hattet ihr davor bereits bei anderen Wettbewerben Preise gewonnen (Dortmund, London …) – warum sollte es auch noch der Wettbewerb in Stuttgart sein? Was hat euch hieran gereizt bzw. was war die Motivation für eure Teilnahme?
Giacomo: Die erste Motivation, bei diesem Wettbewerb mitzumachen war, dass wir gemeinsam noch mehr von Hugo Wolf machen wollten. Wir arbeiten ja schon ein paar Jahre im Duo zusammen, aber von Wolf hatten wir bis dahin nur ein paar Lieder aus dem Italienischen Liederbuch gemacht. Und weil wir beide diese Musik so großartig finden und so lieben, war das einfach eine gute Gelegenheit.
Außerdem war auch ein zeitlicher Aspekt dabei, denn für Dich, Sunny, war es glaube ich die letzte Möglichkeit, den Wettbewerb zu machen, richtig?
Jong Sun: Ja, beim nächsten Wettbewerb in zwei Jahren hätte ich wegen der Altersgrenze nicht mehr mitmachen können.
Giacomo: Außerdem ist das ein Duowettbewerb. Da gibt es ja nicht so viele. Und das haben wir gerne wahr-
genommen, denn das ist schon etwas anderes als reine Gesangs-Wettbewerbe, die einen Liedschwerpunkt haben.
Jong Sun: Tatsächlich ist es auch so, dass Wettbewerbe für uns junge Künstler eine der seltenen Möglichkeiten eröffnen, um Konzertengagement zu bekommen. Das ist vor allem die Motivation. Es geht da gar nicht darum, möglichst viele Wettbewerbe mitzumachen und zu gewinnen. Wir wollen da keine Auszeichnungen sammeln, sondern nutzen einfach gerne jede Gelegenheit, um gemeinsam zu musizieren.
Man spürt bei euch die besondere musikalischen Verbundenheit als Duo. Wie seid ihr ein Liedduo geworden bzw. wo habt ihr euch kennengelernt und wusstet ihr sofort, dass ihr als Liedduo gut zusammenpasst?
Giacomo: Wir wurden sozusagen »gematched«. Wir haben uns beide bei der Liedakademie des Heidelberger Frühlings beworben – unabhängig voneinander. Ich habe da noch in Berlin studiert und Sunny war in London. Für die Live-Audition hat man uns dann als Duo zusammengetan. Wir haben uns in Berlin getroffen und ein, zwei Tage miteinander geprobt –und, was soll ich sagen, es hat wirklich sofort gepasst! Wir waren musikalisch direkt auf einer Wellenlänge, wir mussten nichts forcieren – es war einfach da. Das haben wir sofort gespürt.
Jong Sun: Natürlich hat es sich dann in der weiteren Zusammenarbeit noch weiter entwickelt – aber letztlich haben wir sofort gespürt, dass wir gut als Duo zusammenpassen und dass wir das gleiche musikalische Verständnis und die gleiche Herangehensweise haben. Und das Interessante war und ist, dass wir ei -
GESPRÄCH
gentlich gar nicht viel zusammen proben müssen. Natürlich reden wir über Dinge, aber letztlich ist es ein gegenseitiges Vertrauen. Vieles entsteht einfach im Moment des Musizierens. Das ist auch so bei den Wettbewerben, auf die wir uns gemeinsam vorbereitet haben. Wir können uns da tatsächlich aufeinander verlassen und legen nicht alles vorher beim Proben fest, sondern lassen es gemeinsam im Moment entstehen.
Giacomo: Ja, das ist wirklich schön. Wenn wir uns eine Weile nicht gesehen haben, braucht es immer ein bisschen, bis wir wieder an diesem Punkt sind. Denn wir entwickeln uns weiter und verändern uns in der Zeit, in der wir nicht zusammen arbeiten. Dann müssen wir uns wieder aufeinander einschwingen, sozusagen. Aber dann stellt sich das von alleine wieder ein und wir müssen letztlich auch gar nicht mehr viel reden, sondern können direkt gemeinsam musizieren. Natürlich besprechen wir auch Sachen, wobei wir dafür oft nicht mal konkrete Worte benutzen müssen. Das ist gar keine richtige Sprache. Da sage ich dann zum Beispiel »ich glaube, das müsste eher so sein« oder »glaube, hier braucht es mehr mhdaa…« – und Sunny versteht sofort, was ich meine.
Jong Sun: Für uns ist das irgendwie selbstverständlich, dass es so läuft – und dabei ist es das gar nicht. Wir wissen, dass es eigentlich etwas ganz Besonderes und Seltenes ist, wenn man so einen musikalischen Partner findet. Ich merke das dann erst, wenn ich mit einem anderen Sänger oder einer anderen Sängerin arbeite und es dann eben nicht mehr so ohne Worte und automatisch läuft. Dann fällt mir ein, oh ja, ich muss ja etwas sagen, um zu erklären, was ich möchte. Das ist dann eine Umstellung.
Giacomo: Das hat auch gar nichts mit der Qualität oder Professionalität des Partners zu tun. Es können fantastische und auch wahnsinnig erfahrene Musiker sein – und es klappt trotzdem nicht.
Jong Sun: Sicherlich hilft es uns in der musikalischen Zusammenarbeit auch, dass wir darüber hinaus auch wirklich gute Freunde sind, denn wenn wir Konzerte haben, verbringen wir richtig viel Zeit miteinander.
Giacomo, Du bist auch im Opernstudio an der Oper in Kopenhagen tätig, stehst also auch auf der Opernbühne.
Giacomo: Das ist eigentlich gar kein Opernstudio. Die Opera Academy ist eine Kooperation zwischen dem Opernhaus und dem Konservatorium in Kopenhagen. Außer Gesangsunterricht und Korrepetition finden die meisten Kurse an der Oper statt. Man bekommt auch Rollen am Opernhaus, ist aber noch im Masterstudiengang.
Man spürt bei Dir eine ganz besondere Verbundenheit zum Lied – die aber wiederum von Deiner Bühnenpräsenz und Deinem szenischen Talent, von Deiner plastischen Art des Liedvortrags profitiert. Das macht es unglaublich spannend, Dir zuzuhören. Ist es so, dass Lied ohne Oper nicht geht?
Giacomo: Ja und nein. Es ist nicht immer so, dass Oper dem Lied gut tut. Manche Sänger*innen machen auch zu viel Oper im Lied. Es ist eher der theatralische Teil der Oper, der hier hilft, die Art, innere und äußere Vorgänge zu verkörpern. Aber es ist tatsächlich auch umgekehrt so, dass das Lied bei der Oper hilft.
GESPRÄCH
Vielleicht ist es aber noch etwas ganz anderes, das mir hier zugutekommt: Ich spiele noch in einer Band, die Folk Music macht. Ich singe da gar nicht, sondern spiele Geige. Was wir da machen, ist eher Unterhaltungs- und Tanzmusik. Diese Erfahrung mit einem Publikum, das mittanzt und unterhalten wird, ist bei Liedern wie Der Priem zum Beispiel sehr hilfreich. Es wird da nicht alles so ernst genommen mit einem guten Schuss Ironie – und das tut einem Liederabend tatsächlich manchmal auch ganz gut.
Jong Sun, das Lied hat für Dich als Pianistin auch einen ganz besonderen Stellenwert. Ist das richtig?
Jong Sun: Ja, das schon. Aber ich spiele auch noch viel Kammermusik und auch solistisch. Ich finde es ganz wichtig, dass man sich da nicht irgendwo einschränkt. Schließlich kann man Robert Schumann nicht verstehen, wenn man nur seine Klaviermusik spielt und seine Lieder nicht kennt und umgekehrt. Ich spiele zwar sehr viel Lied, aber letztlich bin ich Pianistin. Für mich gibt es da keine Unterscheidung –ich bin nicht nur Liedpianistin oder nur Solistin.
Was reizt Dich aber besonders an der Zusammenarbeit mit Sängerinnen und Sängern beim Lied? Oder was ist für dich das Besondere am Lied generell?
Jong Sun: Ich mag Geschichten. Das mochte ich schon immer, schon als Kind habe ich selbst kleine Geschichten und Gedichte geschrieben. Meine Mutter hat kreatives Schreiben unterrichtet – da habe ich das schon zu Hause gelernt. Und ich liebe Rollenspiele. Lieder sind wie Rollenspiele. Letztlich werde ich immer zum Kind, wenn ich Lieder begleite und in diese vielen kleinen parallelen Welten abtauche.
Immer nur für 2-3 Minuten. Das mag ich sehr. Es gibt im Internet doch diese Memes, diese kleinen Bildchen zu bestimmten Emotionen und so. Lieder sind wie Memes – kleine Vignetten – und zu jeder Emotion gibt es ein Lied. Das ist sehr besonders.
Und wenn ich sehr viel solistisch spiele, habe ich das Gefühl, dass ich zu selbstbezogen werde, zu egoistisch. Das macht mich tatsächlich nervös. Wenn ich mit jemanden gemeinsam auf der Bühne musiziere, fühle ich mich befreit. Mein Fokus ist dann komplett auf meinem Partner und meine Aufgabe ist es dann, das Beste aus ihm oder ihr herauszuholen. Es geht dann nicht mehr um mich, sondern nur noch um die Musik. Und ich mag es einfach, Musik zu machen.
Zum heutigen Programm: Im ersten Teil des Konzerts dreht sich alles um den Mond. Ihr habt Lieder aus verschiedenen Epochen und in verschiedenen Sprachen zusammengestellt, die den Mond als Thema haben. Wie kamt ihr auf diese Idee?
Jong Sun : Na ja, wir haben festgestellt, dass in wahnsinnig vielen Liedern, die wir im Repertoire haben, der Mond vorkommt. Und so haben wir angefangen, hierzu ein Programm zusammenzustellen.
Giacomo : Der offensichtlichste Bezug zur zweiten Hälfte ist die Mondnacht von Eichendorff, die im ersten Teil in der Vertonung von Johannes Brahms vorkommt und dann eben in Schumanns Opus 39 . Wobei ich bei Opus 39 gar nicht unbedingt zuerst an den Mond denke. Da geht es eher um den Wald, um Märchen. Aber dann kommt der eben doch wieder sehr häufig vor in den Liedern, nicht unbedingt im Vordergrund oder als Protagonist wie in der Mondnacht ,
GESPRÄCH
aber er ist einfach ganz oft da und wird in den Texten erwähnt. Da hat der erste Teil einfach gut gepasst.
Ihr verbindet hier wie gesagt Mondlieder vom frühen 19. bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts. Henri Mancinis »Moonriver« ist kein klassisches Kunstlied im engeren Sinn, sondern ein Song aus dem Film »Frühstück bei Tiffanys«, der 1962 mit dem Oscar als bester Filmsong ausgezeichnet wurde. Mir gefällt das sehr gut, dass es hier letztlich keine Repertoiregrenzen gibt. Das tut dem Lied gut und wird es in die Zukunft führen.
Jong Sun: Ja, und uns gefällt hier auch einfach der Gedanke, dass es immer ein- und derselbe Mond war, den all diese Komponisten und Dichter in unserem Programm gesehen haben. Ob Schubert, Eichendorff oder Mancini – sie meinen alle denselben Mond! Das macht, finde ich, diese großen Komponisten wie Schubert oder Schumann, die wir ja gerne auf einen heiligen Sockel stellen, auch etwas nahbarer und menschlicher, wenn man sich das bewusst macht.
Ihr habt es bereits erwähnt – im zweiten Teil des Programms werdet ihr Robert Schumanns »Eichendorff-Liederkreis« op. 39 aufführen, allerdings nicht so, wie ihn denke ich die meisten Zuschauer*innen normalerweise im Konzert hören. Ihr habt euch eine ganz besondere Programmverbindung ausgedacht, indem ihr das Opus 39 mit Schumanns Klavierstücken op. 82, den »Waldszenen«, kombiniert und durchmischt. Wie kam es zu dieser Programmidee bzw. wer hatte diese Idee?
Jong Sun : Letztlich kam ich ganz zufällig dazu. Es war während der Pandemie und ich war gerade dabei, Schumanns Waldszenen zu lernen und gleichzeitig auch Opus 39 . Und dabei stellte ich fest: Das ist quasi
dasselbe! Es sind die gleichen Themen, die gleiche Szenerie, auch wenn die Waldszenen acht, neun Jahre nach dem Liederkreis entstanden sind. Hier ist es eine eher extrovertierte Sicht auf den Wald und dort eher die Innenperspektive, aber letztlich ist es eins. Und ich habe festgestellt, dass die beiden Zyklen wirklich gut zusammenpassen. Ich habe dann eher aus Spaß angefangen, auf Spotify mit der Reihenfolge der Stücke herumzuexperimentieren und habe die Lieder und Stücke in eine Abfolge gebracht und quasi einen neuen, größeren Zyklus kreiert.
Das Thema des Waldes, seinen eigenen Wald und darin seinen Frieden und zu sich selbst zu finden, war in dieser Zeit unglaublich wichtig für mich. Die Welt geriet aus den Fugen und zugleich passierte nichts. Da war für mich dieser Gedanke, in der Natur Trost zu finden und den metaphorischen Wald in mir selbst, unglaublich wichtig. So kam es dazu.
Ist dies heute die Premiere, dass ihr die beiden Stücke so gemeinsam aufführt?
Jong Sun: Ja und nein. Ich habe das so in meiner Abschlussprüfung an der Hochschule gespielt – da konnte es aber wegen der Corona-Pandemie nicht mit Publikum stattfinden.
Diese Stückkombination ist aber nicht die einzige Besonderheit im zweiten Konzertteil. Ihr habt euch noch etwas ganz Besonderes ausgedacht – was?
Jong Sun: Na ja, das hat letztlich auch mit dem Thema Wald zu tun, mit dem Mystischen, Schattenhaften und Uneindeutigen des Waldes. In der Pandemie habe ich mich als Hobby mit Puppenspiel beschäftigt
GESPRÄCH
und vor allem auch mit Schattenspiel. Dabei kam mir der Gedanke, dass es interessant sein könnte, bei den Klavierstücken auch einen visuellen Aspekt des Waldes hinzuzufügen.
Giacomo: Die Idee, Schumanns Waldszene mit Schattenspiel-Elementen zu kombinieren gibt es tatsächlich schon länger. Wir wollten das auch schon mal genauso im Konzert machen – da hätten wir das Schattenspiel dann allerdings selbst gemacht – und haben das in meinem (nicht sehr großen) Zimmer in Kopenhagen probiert. Das war alles recht improvisiert –und kam dann auch leider gar nicht dazu, weil ich krank geworden bin und das Konzert nicht singen konnte.
Jong Sun: Es war dann ein totaler Zufall, dass ich im Zug Sina kennengelernt habe. Ich kam da gerade aus Stuttgart vom Wettbewerb und wir saßen im Zug nebeneinander. Sina hat gezeichnet und ich war total begeistert davon. Wir sind dann einfach so ins Gespräch gekommen und irgendwie dachte ich, dass das jetzt Schicksal oder Fügung ist. Ich habe sie also total spontan gefragt, ob sie sich vorstellen könnte, in diesem Programm den Part des Schattenspiels zu übernehmen – und sie hat ja gesagt!
Sina, wie ist Dein Bezug zur klassischen Musik? Hast Du vorher schon mit Lied zu tun gehabt?
Sina: Nicht direkt. Ich komme eher vom Ballett. Das ist für mich fast wie ein Zurückkommen zur klassischen Musik, als ich Jong Sun getroffen habe – und ich dachte wirklich, dass ich diese Musik wieder mehr in mein Leben einbinden muss! Jong Sun hat mich ja dann gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, das Schat -
tenspiel zu machen. Das hat mich absolut gereizt und neugierig gemacht, ist aber auch eine große Herausforderung.
In meinen Bildern und meiner Kunst arbeite ich tatsächlich häufig eher abstrakt. Hier bin ich dann allerdings zunächst eher erzählend an die Sache herangegangen – wie ein Geschichtenerzähler mit den Schatten. Und dann haben wir drei uns zusammengetan und Giacomo und Sunny haben mich ermuntert, auch mit den Schatten etwas abstrakter zu werden, was absolut gut funktioniert mit der Musik. So kommt beides zusammen in einen gemeinsamen Fluss. Das war ein toller Prozess, der wahnsinnig spannend ist und viel Freude macht.
Mehr verraten wir hier denke ich nicht – das soll das Publikum dann im Konzert selbst erleben. Ich danke euch allen aber sehr für diese Einblicke in eure Arbeit und in die Entstehung dieses besonderen Programms. Und nun sind wir sehr gespannt auf das Ergebnis und die Schattenspiel-Premiere im Konzert.
TEXTE
FRANZ SCHUBERT
DER WANDERER AN DEN MOND
Ich auf der Erd’, am Himmel du, Wir wandern beide rüstig zu: –
Ich ernst und trüb, du mild und rein, Was mag der Unterschied wohl sein?
Ich wandre fremd von Land zu Land, So heimatlos, so unbekannt; Bergauf, bergab, waldein, waldaus, Doch bin ich nirgend – ach! – zu Haus.
Du aber wanderst auf und ab Aus Westens Wieg’ in Ostens Grab, –Wallst länderein und länderaus, Und bist doch, wo du bist, zu Haus.
Der Himmel, endlos ausgespannt, Ist dein geliebtes Heimatland: O glücklich, wer wohin er geht, Doch auf der Heimat Boden steht!
Johann Gabriel Seidl (1804–1875)
JOHANNES BRAHMS
MONDNACHT
Es war, als hätt’ der Himmel, Die Erde still geküsst, Dass sie im Blütenschimmer Von ihm nur träumen müsst.
Die Luft ging durch die Felder, Die Ähren wogten sacht, Es rauschten leis die Wälder, So sternklar war die Nacht.
Und meine Seele spannte Weit ihre Flügel aus, Flog durch die stillen Räume, Als flöge sie nach Haus.
Joseph von Eichendorff (1788–1857)
FELIX MENDELSSOHN BARTHOLDY
SCHILFLIED
Auf dem Teich, dem Regungslosen, Weilt des Mondes holder Glanz, Flechtend seine bleichen Rosen In des Schilfes grünen Kranz.
Hirsche wandeln dort am Hügel, Blicken durch die Nacht empor; Manchmal regt sich das Geflügel Träumerisch im tiefen Rohr.
Weinend muss mein Blick sich senken; Durch die tiefste Seele geht Mir ein süßes Deingedenken, Wie ein stilles Nachtgebet.
Nikolaus Lenau (1802–1850)
TEXTE
Aus urheberrechtlichen Gründen können die folgenden Texte leider nicht abgedruckt werden:
JOHANNA MÜLLER-HERMANN
WIE EINE VOLLMONDNACHT
Joseph A. Rinaldini (1893–1977)
ERICH WOLFGANG KORNGOLD
MOND, SO GEHST DU WIEDER AUF
Ernst Lothar Müller (1890–1974)
HENRI MANCINI
MOONRIVER
Johnny Mercer (1909–1976)
MAUDE VALÉRIE WHITE
SO WE’LL GO NO MORE A-ROVING So we’ll go no more a-roving So late into the night, Though the heart be ne’er as loving, And the moon be still as bright.
For the sword outwears the sheath, And the soul wears out the breast, And the heart itself must pause, And Love itself have rest.
Though the night was made for loving, And the day returns too soon, Yet we’ll go no more a-roving By the light of the moon.
(George Gordon) Lord Byron (1788–1824)
wörtliche deutsche Übersetzung: IHWA
WIR WERDEN ALSO NICHT MEHR UMHERZIEHEN Wir werden also nicht mehr umherziehen So spät in der Nacht, Auch wenn das Herz noch so liebevoll ist, Und der Mond noch so hell ist.
Denn das Schwert wächst aus der Scheide, Und die Seele verschleißt die Brust, Und das Herz muss innehalten, um zu atmen, Und die Liebe selbst muss ruhen.
Auch wenn die Nacht zum Lieben gemacht ist, Und der Tag kehrt zu früh zurück, wir werden doch nicht mehr umherziehen Beim Licht des Mondes.
TEXTE
ROBERT SCHUMANN
Texte: Joseph von Eichendorff
IN DER FREMDE
Aus der Heimat hinter den Blitzen rot Da kommen die Wolken her, Aber Vater und Mutter sind lange tot, Es kennt mich dort keiner mehr.
Wie bald, wie bald kommt die stille Zeit, Da ruhe ich auch, und über mir rauscht die schöne Waldeinsamkeit, Und keiner kennt mich mehr hier.
INTERMEZZO
Dein Bildnis wunderselig
Hab ich im Herzensgrund, Das sieht so frisch und fröhlich Mich an zu jeder Stund’.
Mein Herz still in sich singet
Ein altes schönes Lied, Das in die Luft sich schwinget Und zu dir eilig zieht.
WALDESGESPRÄCH
Es ist schon spät, es ist schon kalt, Was reitst du einsam durch den Wald? Der Wald ist lang, du bist allein, Du schöne Braut! Ich führ dich heim!
»Groß ist der Männer Trug und List, Vor Schmerz mein Herz gebrochen ist, Wohl irrt das Waldhorn her und hin, O flieh! Du weißt nicht, wer ich bin.«
So reich geschmückt ist Ross und Weib, So wunderschön der junge Leib, Jetzt kenn ich dich – Gott steh mir bei! Du bist die Hexe Lorelei. –
»Du kennst mich wohl – von hohem Stein Schaut still mein Schloss tief in den Rhein. Es ist schon spät, es ist schon kalt, Kommst nimmermehr aus diesem Wald.«
DIE STILLE
Es weiß und rät es doch keiner, Wie mir so wohl ist, so wohl! Ach, wüsst es nur einer, nur einer, Kein Mensch es sonst wissen sollt’
So still ist’s nicht draußen im Schnee, So stumm und verschwiegen sind Die Sterne nicht in der Höh, Als meine Gedanken sind.
Ich wünscht’, ich wäre ein Vöglein Und zöge über das Meer, Wohl über das Meer und weiter, Bis dass ich im Himmel wär!
MONDNACHT
Es war, als hätt’ der Himmel, Die Erde still geküsst, Dass sie im Blütenschimmer Von ihm nur träumen müsst.
Die Luft ging durch die Felder, Die Ähren wogten sacht,
TEXTE
Es rauschten leis die Wälder, So sternklar war die Nacht.
Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus, Flog durch die stillen Lande, Als flöge sie nach Haus.
SCHÖNE FREMDE
Es rauschen die Wipfel und schauern, Als machten zu dieser Stund’
Um die halbversunkenen Mauern
Die alten Götter die Rund’.
Hier hinter den Myrtenbäumen
In heimlich dämmernder Pracht, Was sprichst du wirr wie in Träumen
Zu mir, phantastische Nacht?
Es funkeln auf mich alle Sterne Mit glühendem Liebesblick, Es redet trunken die Ferne
Wie vom künftigem, großem Glück!
AUF EINER BURG
Eingeschlafen auf der Lauer
Oben ist der alte Ritter; Drüber gehen Regenschauer
Und der Wald rauscht durch das Gitter.
Eingewachsen Bart und Haare
Und versteinert Brust und Krause, Sitzt er viele hundert Jahre
Oben in der stillen Klause.
Draußen ist es still und friedlich, Alle sind ins Thal gezogen, Waldesvögel einsam singen
In den leeren Fensterbogen.
Eine Hochzeit fährt da unten
Auf dem Rhein im Sonnenscheine, Musikanten spielen munter, Und die schöne Braut die weinet.
IN DER FREMDE
Ich hör’ die Bächlein rauschen Im Walde her und hin, Im Walde in dem Rauschen
Ich weiß nicht, wo ich bin.
Die Nachtigallen schlagen
Hier in der Einsamkeit, Als wollten sie was sagen
Von der alten, schönen Zeit.
Die Mondesschimmer fliegen, Als säh ich unter mir
Das Schloss im Thale liegen, Und ist doch so weit von hier!
Als müsste in dem Garten
Voll Rosen weiß und roth, Meine Liebste auf mich warten, Und ist doch so lange tot.
TEXTE
WEHMUT
Ich kann wohl manchmal singen, Als ob ich fröhlich sei, Doch heimlich Tränen dringen, Da wird das Herz mir frei.
Es lassen Nachtigallen, Spielt draußen Frühlingsluft, Der Sehnsucht Lied erschallen Aus ihres Kerkers Gruft.
Da lauschen alle Herzen, Und alles ist erfreut, Doch keiner fühlt die Schmerzen, Im Lied das tiefe Leid.
ZWIELICHT
Dämmrung will die Flügel spreiten, Schaurig rühren sich die Bäume, Wolken ziehn wie schwere Träume − Was will dieses Grau’n bedeuten?
Hast ein Reh du lieb vor andern, Lass es nicht alleine grasen, Jäger ziehn im Wald und blasen, Stimmen hin und wieder wandern.
Hast du einen Freund hienieden, Trau ihm nicht zu dieser Stunde, Freundlich wohl mit Aug’ und Munde, Sinnt er Krieg im tück’schen Frieden.
Was heut gehet müde unter, Hebt sich morgen neu geboren. Manches geht in Nacht verloren − Hüte dich, sei wach und munter!
IM WALDE
Es zog eine Hochzeit den Berg entlang, Ich hörte die Vögel schlagen, Da blitzten viel Reiter, das Waldhorn klang, Das war ein lustiges Jagen!
Der Bräutigem küsste die blasse Braut, die Mutter sprach leis’, »Nicht klagen!«
Fort schmettert das Horn durch die Schluchten laut, Es war ein lustiges Jagen!
Und eh’ ich’s gedacht, war alles verhallt, Die Nacht bedecket die Runde, Nur von den Bergen noch rauschet der Wald Und mich schauert’s im Herzensgrunde.
FRÜHLINGSNACHT
Über’n Garten durch die Lüfte Hört’ ich Wandervögel ziehn, Das bedeutet Frühlingsdüfte, Unten fängt’s schon an zu blühn.
Jauchzen möcht’ ich, möchte weinen, Ist mir’s doch, als könnt’s nicht sein!
Alle Wunder wieder scheinen Mit dem Mondesglanz herein.
Und der Mond, die Sterne sagen’s, Und im Traume rauscht’s der Hain, Und die Nachtigallen schlagen’s: Sie ist deine! Sie ist dein!
MITWIRKENDE

GIACOMO SCHMIDT Bariton
Der junge deutsch-italienische Bariton Giacomo Schmidt stammt aus Flensburg und sang bereits früh in Kinderchören, so zum Beispiel am Schleswig-Holsteinischen Landestheater. Er absolvierte sein Bachelorstudium an der HfMT Köln und der UdK Berlin und ist seit dieser Saison Teil der Opera Academy an der Royal Danish Opera Copenhagen. Neben seinem Studium bereichern Meisterklassen seine Ausbildung, z. B. als Stipendiat der Liedakademie des Heidelberger Frühlings unter der Leitung von Thomas Hampson oder beim Internationalen Liedfestival Zeist.
Erfahrungen im Bereich Oper sammelte er u. a. mit einer Kinderproduktion der Taschenoper Lübeck von Hänsel und Gretel , die ihn zum Rheingau Musik Festival und dem Lucerne Festival führten. Als Mitbegründer und Ensemblemitglied des Musiktheaterkollektivs operationderkuenste wirkte er als Papageno und Conte di Almaviva in vergangenen Produktionen mit. An der Opera Hedeland sang er vergangenen Sommer José Castro in La fanciulla del West . Weitere gesungene Partien umfassen u.a. L’Horologe Comptoise ( L’enfant er les sortilèges, Ravel) und Pandolfe ( Cendrillon, Massenet).
Ein großer Schwerpunkt seines Repertoires ist das Lied. Aus der gemeinsamen Zeit in der Liedakademie des Heidelberger Frühlings ging die enge Duopartnerschaft mit der Pianistin Jong Sun Woo hervor. Gemeinsam gewannen sie wichtige Preise bei renommierten Wettbewerben – darunter den 1. Preis beim Internationalen Wettbewerb für Liedkunst Stuttgart 2024 sowie den 2. Preis und den Publikumspreis beim Internationalen Schubert Wettbewerb in Dortmund 2023.
JONG SUN WOO Klavier
Jong Sun Woo ist eine vielseitige Pianistin, die für ihr »poetisches und charaktervolles« ( The Guardian ) Spiel gelobt wird. Erst kürzlich gewann sie den Pianistenpreis beim Wigmore Hall/Bollinger International Song Competition 2024. Außerdem wurde sie mit dem Gerald Moore Award der Royal Philharmonic Society und dem Pianistenpreis bei den Maureen Lehane Vocal Awards ausgezeichnet. Mit ihrem Duopartner Giacomo Schmidt gewann sie Preise beim Internationalen Schubert-Wettbewerb in Dortmund, beim IVC in ’s Hertogenbosch, beim International Student Lied Duo Competition in Groningen sowie beim Internationalen Wettbewerb für Liedkunst Stuttgart. Jong Sun war Stipendiatin der Lied Akademie 2021/22 Liedzentrum Heidelberger Frühling, das von Thomas Hampson geleitet wird. Sie wurde kürzlich für den Wigmore French Song Exchange 23/24 unter der Leitung von Dame Felicty Lott und François Le Roux ausgewählt und wird im Rahmen dieses Programms in der Wigmore Hall in London und im Salle Cortot in Paris auftreten. Außerdem ist sie Samling Artist und Britten-Pears Artist.
MITWIRKENDE
Jong Sun Woo begann ihr Studium bei Patsy Toh an der Junior Royal Academy of Music und an der Purcell School. Nachdem sie ihr Grundstudium an der Guildhall School of Music and Drama mit Auszeichnung abgeschlossen hatte, erhielt sie ein Vollstipendium am Bard College in New York, wo sie bei dem verstorbenen Peter Serkin studierte. Sie kehrte nach London zurück und erwarb ihren Master und ihr Artist Diploma in Klavierbegleitung an der Guildhall, wo sie bei Eugene Asti, Pamela Lidiard, Carole Presland und Dr. Bretton Brown studierte. Sie schloss ihr Studium mit Auszeichnung ab und erhielt das »Concert Recital Diploma«, das ihr für ihr herausragendes Abschlusskonzert verliehen wurde. Derzeit wird sie von Sebastian Wybrew betreut.
SINA VONDERACH Schattenspiel
Sina Vonderach, 1997 geboren und aufgewachsen in Hölstein (CH), beschäftigte sich seit Kindheitstagen mit Zeichnungen und Geschichten. Nebst der Leidenschaft für die Kunst verfolgte sie noch bis im Sommer 2024 aktiv das Tanzen, wobei sie über 20 Jahre Ballettunterricht erhielt. Auf ihrem künstlerischen Weg absolvierte sie 2014/15 den gestalterischen Vorkurs an der SfG Basel und schloss die gestalterische Berufsmaturität im Jahr 2019/20 ab. In der Zwischenzeit absolvierte sie eine Schreinerlehre, um ihre handwerklichen Fertigkeiten weiterzubilden.
Heute ist sie vor allem in der Comic- und Illustrationsszene heimisch.
AUSBLICK
DONNERSTAG, 30. JANUAR 2025, 19.30 UHR
Vortragssaal, Staatsgalerie Stuttgart
Galeriekonzert: Engelsfrieden und Traumgesichter
MICHAEL NAGL, Bass-Bariton
GÖTZ PAYER, Klavier
JULE HÖLZGEN, Sprecherin
Lieder und Texte von Franz Liszr, Hugo Wolf, Rainer Maria Rilke u. a.
SONNTAG, 9. FEBRUAR 2025, 17.00 UHR
Vortragssaal, Staatsgalerie Stuttgart
Galeriekonzert: Es ist ein Märchen ...
MIKHAIL TIMOSHENKO, Bariton
ELITSA DESSEVA , Klavier
Lieder von Schubert, Wolf, Loewe, Musto, Poulenc, Copland, Frances-Hoad u. a.
SAMSTAG, 15. MÄRZ 2025, 19.00 UHR
Vortragssaal, Staatsgalerie Stuttgart
Galeriekonzert: Hommage à Mörike
CAROLINA ULLRICH, Sopran
WERNER GÜRA, Tenor
MARCELO AMARAL , Klavier
Mörike-Vertonungen von Hugo Wolf, Pauline Viardot, Othmar Schoeck u. a.
DONNERSTAG, 10. APRIL 2025, 19.30 UHR
Vortragssaal, Staatsgalerie Stuttgart
Galeriekonzert: Lied und Mélodie
STÉPHANE DEGOUT, Bariton
CÉDRIC THIBERGHIEN , Klavier
Lieder von Robert Schumann, Johannes Brahms, Claude Debussy und Herni Duparc
KARTEN & INFO
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Wir danken unseren institutionellen Förderern



Herausgeber Internationale Hugo -Wolf - Akademie für Gesang, Dichtung, Liedkunst e.V. Stuttgart, Jägerstraße 40, 70174 Stuttgart, Deutschland, Telefon +49(0)711-22 11 77, Fax +49(0)711. 22 79 989, info@ihwa.de, www.ihwa.de Vorstand
Prof. Dr. Hansjörg Bäzner (Vorsitzender), Hans Georg Koch (Stv. Vor sitzender), Albrecht Merz (Schatzmeister), Walter Kübler (Schrift führer), Erster Bürgermeister Dr. Fabian Mayer (Ver tre ter der Landeshauptstadt Stuttgart), Cornelius Hauptmann, Richard Kriegbaum, Patrick Strub Künstlerischer Beirat Prof. Marcelo Amaral, Oswald Beaujean, Prof. Dr. h.c. Th omas Hampson, Prof. Christiane Iven, Axel Köhler Intendanz/Redaktion & Satz Dr. Cornelia Weidner Textnachweis Das Gespräch mit Giacomo Schmidt, Jong Sun Woo und Sina Vonderach führte
Dr. Cornelia Weidner als Originalbeitrag für dieses Programmheft. Bildnachweis Reiner Pfi sterer/IHWA
Änderungen des Programms und der Mitwirkenden vorbehalten.