IHWA_Programmheft_Preistraegerkonzert_4Okt2023

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Mittwoch, 4. Oktober 2023

»Dass ich trag’ Todeswunden, dass ist der Menschen Tun« Justinus Kerner

ROBERT SCHUMANN (1810–1856)

Kurzes Erwachen (1828)

Im Herbste (1828)

Kerner Lieder op. 35 (1840)

I. Lust der Sturmnacht

II. Stirb, Lieb’ und Freud’!

III. Wanderlied

IV. Erstes Grün

V. Sehnsucht nach der Waldgegend

VI. Auf das Trinkglas eines verstorbenen Freundes

VII. Wanderung

VIII. Stille Liebe

IX. Frage

X. Stille Tränen

XI. Wer machte dich so krank?

XII. Alte Laute PAUSE

JAMES MACMILLAN (*1959)

The Children (1995)

FRANCIS POULENC (1899-1963)

La fraîcheur et le feu (1950)

I. Rayon des yeux

II. La Matin les branches attisent

III. Tout disparut

IV. Dans les ténèbres du jardin

V. Unis la fraicheur et le feu

VI. Home au sourire tender

VII. La grande rivière qui va

SHAWN E. OKPEBHOLO (*1981)

Two Black Churches (2020)

I. Ballad of Birmingham

II. The Rain

H. LESLIE ADAMS (*1932)

Prayer (1961)

FLORENCE PRICE (1902-1967)

Feet o’ Jesus (1930)

»DASS ICH TRAG’ TODESWUNDEN DASS IST DER MENSCHEN TUN«

Theodore Platt und Keval Shah im Gespräch über Liedwettbewerbe, Liedprogramme und die Liedauswahl ihres Preisträgerkonzerts

Cornelia Weidner: Ihr habt vor gut einem Jahr am Internationalen Wettbewerb für Liedkunst Stuttgart teilgenommen. Das bedeutet viel Arbeit und Vorbereitung im Vorfeld, letztlich auch Kosten für die Reisen etc., Anspannung und Aufregung – und man weiß schließlich vorher nicht, ob man auch wirklich einen Preis gewinnt. Was hat euch dazu bewogen oder auch angespornt, euch dem zu stellen und all das auf euch zu nehmen? Was war die Motivation für die Teilnahme?

Theodore Platt & Keval Shah: Wenn wir ehrlich sind, war es zuerst einmal, weil wir beide das Lied und dieses Repertoire so sehr lieben und weil es für junge Künstler wie uns gar nicht so viele Möglichkeiten gibt, es aufzuführen. Diese Form ist so klein und so besonders – und wir nutzen gerne jede Möglichkeit, um Lied aufzuführen und auch um Feedback von den Künstlerinnen und Künstlern in der Jury zu bekommen. Es war uns vor allem auch wichtig, eine Plattform in Deutschland zu finden, auf der wir uns als Liedduo präsentieren können. Dafür ist so ein Wettbewerb natürlich fantastisch.

Außerdem war 2022 irgendwie genau der richtige Moment für die Wettbewerbsteilnahme. Einen Großteil des Repertoires hatten wir bereits im Programm, zum Beispiel die meisten Lieder von Hugo Wolf oder Franz Schubert. Wir haben da nur ein, zwei Lieder wie Normans Gesang oder Auf einer Wanderung neu

dazugenommen. Der Rest war aber dahingehend schon „im Blut“ bzw. im Körper, weil wir die Lieder schon oft bei anderen Gelegenheiten – Konzerten, anderen Wettbewerben, kleineren Plattformen – musiziert hatten. Daher fühlten wir uns jetzt einfach bereit.

Den Stuttgarter Wettbewerb hatten wir zudem schon länger auf dem Schirm. Wir hatten 2020 sogar schon einmal überlegt, ob wir uns anmelden sollten. Da waren wir aber noch nicht soweit – 2022 hat dann einfach alles gepasst.

Keval Shah : Ich hatte 2018 ja auch schon einmal teilgenommen. Das war aber eine komplett andere Situation, da ich damals mit meiner Partnerin alle Lieder nur für den Wettbewerb vorbereitet hatte. Ich war da gerade mal Mitte 20 und noch im Studium. Ich habe daraus auch viel mitgenommen, aber jetzt war das wirklich ganz anders. Es war der richtige Moment, um sich mit diesem Repertoire, das wir ganz verinnerlicht hatten, als fertige Künstler zu präsentieren.

Und ihr habt damit den 1. Preis gewonnen! Der Aufwand hat sich also in jedem Fall gelohnt. Aber abgesehen von dem Preis(geld) – hat euch der Wettbewerb darüber hinaus in euerer künstlerischen Entwicklung etwas gebracht, vielleicht auch im Vergleich zu eurer Situation heute und vor einem Jahr?

Theodore Platt & Keval Shah: Ja, dieser 1. Preis hat sehr viel verändert. Das hat absolut etwas in unserer eigenen künstlerischen Wahrnehmung verändert, in unserem Empfinden, wer wir sind und was wir sein können. Es gibt natürlich sehr viel Selbstvertrauen, wenn man so einen Wettbewerb gewinnt. Wobei sich dieses Gefühl ehrlich gesagt erst sehr viel später eingestellt hat. Die erste Reaktion auf diesen Erfolg war

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fast so etwas wie Angst vor den Erwartungshaltungen und dem Druck, der dann da plötzlich entsteht. Aber jetzt – mit zwölf Monaten Abstand – können wir sagen, dass uns dieser Preis in unserer künstlerischen Vision über die Zukunft dieses Genres bestätigt hat, sodass wir heute ohne Angst und ohne Vorbehalte Liedprogramme so zusammenstellen können, wie es uns als Liedduo entspricht. So spiegelt zum Beispiel das Programm, das wir heute in Stuttgart präsentieren, genau das wieder, was für uns das Lied heutzutage ausmacht.

Ist die Teilnahme an einem Wettbewerb sinnvoll, selbst wenn am Ende nicht jeder gewinnen kann?

Theodore Platt & Keval Shah: Die Teilnahme an Wettbewerben ist in jedem Fall sinnvoll. In unserem Beruf ist es so wichtig – und das gilt vor allem auch für das Lied –, eine Gemeinschaft zu finden. Beim Lied arbeiten wir ja meistens alleine oder allenfalls zu zweit im Duo, nicht im Ensemble wie in der Oper oder im Orchester, wo man doch ständig im Austausch mit Kolleg*innen ist. In so einem Wettbewerb trifft man eine ganze Woche lang auf eine Gemeinschaft von Liedenthusiastinnen und -enthusiasten. Das ist sehr inspirierend. Es war so wundervoll und bereichernd, all die Kolleg*innen und Freund*innen zu treffen. Wir fühlten uns so bestätigt und inspiriert durch die vielen verschiedenen künstlerischen Annäherungen an dieses Repertoire. Es hat uns gezeigt, dass es eine große Gemeinschaft von Leuten gibt, die alle sehr verschiedene Hintergründe haben und denen aber allen das Lied so sehr am Herzen liegt. Das war unglaublich schön – und es gibt einem das gute Gefühl, dass es für das Lied bei so viel Interesse und Begeisterung in jedem Fall eine Zukunft gibt.

Außerdem ist es eine unglaublich gute Übung, unter diesem Druck aufzutreten, den so ein Wettbewerb nun mal mit sich bringt. Und in Stuttgart zum Beispiel ist man ja auch nicht ganz frei in der Programwahl, sondern die Jury legt immer einen Teil der Lieder fest, sodass man wirklich sehr gut vorbereitet sein muss und alle Lieder wirklich verinnerlicht haben muss.

Keval Shah : Jetzt, da ich selbst als Professor Lied unterrichte, versuche ich auch an meine Studierenden weiterzugeben, wie man sich gut vorbereitet – und da habe ich sehr viel bei diesem Wettbewerb gelernt. Er hilft dabei, sich selbst und seinen musikalischen Partner besser kennenzulernen und ist in jedem Fall eine Chance, um künstlerisch zu wachsen.

Theodore Platt & Keval Shah: Es ist aufregend und bereichernd, vor Künstlerinnen und Künstlern wie Graham Johnson, Soile Isokoski oder Olaf Bär aufzutreten, deren Kunst wir bewundern, und deren Reaktion zu bekommen. Das ist einfach toll.

Wie seid ihr ein Liedduo geworden? Seit wann kennt ihr euch und seit wann arbeitet ihr zusammen? Ist diese Verbindung erst für den Wettbewerb entstanden?

Nein, wir kennen uns schon sehr viel länger. Wir haben uns während unseres Bachelor-Studiums in Cambridge kennengelernt und sind schon seit 2013 befreundet. In London haben wir dann gemeinsam unseren Master absolviert und dort haben wir auch angefangen zusammen zu arbeiten. Das war aber erst sehr viel später. Letztlich kam eine Professorin, die uns beide kannte, auf die Idee, dass wir beide gut zusammenpassen würden und dass wir doch mal zusam -

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men arbeiten sollten. Wir haben ihr beide sehr vertraut. Sie war jemand, der sehr gut Persönlichkeiten einschätzen konnte. Also haben wir begonnen, ein gemeinsames Repertoire zu erarbeiten und uns für einen Wettbewerb in London vorbereitet – und so arbeiten wir bis heute zusammen. Das hat sich immer gut angefühlt, auf der Bühne, bei den Proben. Wir sind sehr gute Freunde – und sehr unterschiedliche Musiker, was durchaus sehr bereichernd und inspirierend ist, wenn man einen musikalischen Partner hat, der sehr anders über Musik denkt als man selbst. Es ist natürlich auch ganz wunderbar, mit jemanden zu arbeiten, der quasi auf der gleichen Wellenlänge ist wie man selbst. Musikalisch sind sind wir das auch sehr oft, aber die Art, in der wir über bestimmte Dinge denken, ist unterschiedlich, und das ist sehr wichtig. Denn es bedeutet, dass wir uns ein gemeinsames Ergebnis erarbeiten, mit dem wir auf die Bühne gehen – nicht mit der Sicht des einen oder des anderen, sondern mit einer dritten, gemeinsamen Sicht. Dieser künstlerische Prozess ist sehr stark. Das ist etwas, das man einfach nicht erlebt, wann man nur als Solist arbeitet.

Inwieweit haben die Wettbewerbsteilnahme und der -gewinn euch als Duo weitergebracht und vielleicht auch verändert?

Hat uns der Wettbewerb verändert? – Ja, er hat definitiv unsere Haltung zu dem verändert, was uns wichtig ist. Es gab ja in diesem Wettbewerb im Pflichtrepertoire die zwei Lieder einer noch lebenden Komponistin. Wir hatten zwar schon vorher zeitgenössische Musik gemacht und auch Lieder von Komponistinnen. In der Vorbereitung auf den Wettbewerb haben wir aber erstmals sehr, sehr lange und intensiv darüber nachgedacht und auch recherchiert,

welches Repertoire hier gut wäre, was gut zum übrigen Repertoire passen würde etc. Wir haben uns schon länger damit beschäftigt, wie man interessante Liedprogramme zusammenstellt. Die Vorbereitung auf diesen Wettbewerb und die Recherche nach Repertoire, das passt und das uns gut gefällt, haben uns definitiv darin bestärkt, weiter zu suchen und weiterhin neues Repertoire zu entdecken.

Wir sind überzeugt, dass dieses wunderbare Genre nur eine Zukunft hat, wenn wir ernsthaft darüber nachdenken, welche Geschichten wir erzählen wollen und welche wir nicht erzählen. Wir leben heute in einer anderen Welt und sind absolut privilegiert, dass wir so eine enorme Repertoirevielfalt zur Verfügung haben. Und es geht dabei nicht darum, Schubert o. ä. wegzulassen, sondern den Rahmen, in dem Schubert existiert, zu erweitern. Beim Zusammenstellen eines Liederabendprogramms haben für uns die Fülle und die Vielfalt des Repertoires höchste Priorität.

Zum Programm eures heutigen Konzerts: Ihr habt hier eine spannende Mischung mit Liedern in drei verschiedenen Sprachen zusammengestellt. Wie kam es zu dieser Auswahl?

Schumann war der Ausgangpunkt. Wir beide lieben die Kerner-Lieder und wollten diese unbedingt machen. Wir haben letztlich eine Gelegenheit gesucht, sie aufzuführen. Und da schien es uns eine gute Idee, Kerner in Stuttgart aufzuführen, der ja ganz in der Nähe, in Ludwigsburg, geboren ist. Es ist immer schön, Dichter quasi an ihren Ursprungsort zurückzubringen. Wir fanden es dann auch interessant, einige der ganz frühen Kerner-Vertonungen von Robert Schumann ins Programm zu nehmen. Schumann hat

GESPRÄCH

fünf oder sechs Kerner-Gedichte ganz am Anfang seines Liedschaffens vertont. Diese Lieder blieben aber zu Schumanns Lebzeiten unveröffentlicht. Mit zwei dieser Lieder eröffnen wir nun unseren Abend.

Kurzes Erwachen erschien uns ein sehr passendes Lied, um in einen Liederabend zu starten. Es ist wirklich wie eine Ouvertüre, ein Lied, das quasi keinen Anfang hat, sondern mittendrin beginnt, das ist sehr unkonventionell komponiert – man fühlt sich unmittelbar in der Welt von Justinus Kerner. Das hat uns für den Anfang sehr gut gefallen. Und danach geht es dann direkt in die Kerner-Lieder op. 35 , die wir so sehr lieben, weil es so intime Lieder sind. Es handelt sich hier ja nicht um einen Liedzyklus. Schumann selbst hat von einer „Liederreihe“ gesprochen. Es gibt hier keine Verbindung zwischen den Gedichten oder eine Geschichte wie zum Beispiel in der Dichterliebe . Es sind zwölf Einzellieder, von denen jedes für sich so eine intime Qualität hat, das ist fantastisch, aber auch schwer zu spielen und zu interpretieren – das ist eine gute Herausforderung.

Nach Robert Schumann im ersten Teil geht es im zweiten Teil englisch und französisch weiter. Die Lieder von Francis Poulenc sind zwar viel zu selten in hiesigen Konzertprogrammen zu hören, aber immerhin bekannt. Anders verhält es sich mit dem Schotten James MacMillan oder den amerikanischen Komponistinnen und Komponisten Shawn E. Okpebholo, H. Leslie Adams und Florence Price. Könnt ihr uns zu diesen Werken noch etwas erzählen, vor allem auch, warum ihr sie ausgewählt habt?

Der erste Programmteil stand wie gesagt ziemlich schnell fest. Dann stellte sich die große Frage: Was

können wir im zweiten Teil zu den Kerner-Liedern programmieren? Wir haben dann angefangen darüber zu sprechen, was uns bewegt, in welcher Zeit und welcher Welt wir gerade leben, was um uns herum gerade passiert. Was ist relevant? Was wollen wir als Künstler in der heutigen Zeit sagen? Die Welt um uns herum ist leider voller Gewalt und kriegerischer Auseinandersetzungen. Wir haben oft das Gefühl, dass der Liedabend sehr weit entfernt bleibt von dieser Realität, dass er diese ausblendet und sich davor verschließt. Das ist sicherlich eine Möglichkeit, aber wir denken, dass es auch anders sein kann und vielleicht auch sein sollte, dass ein Liedprogramm nämlich auch auf die Realität um uns herum reagieren und diese einschließen kann. Und so haben wir uns auf die Suche nach zeitgenössischem Repertoire gemacht und sind auf die Lieder des afro-amerikanischen Komponisten Shawn Okpebholo gestoßen.

Two Churches ist ein Lied in zwei Teilen, das rassistisch motivierte Morde in den USA thematisiert. Im ersten Teil geht es um den Bombenanschlag auf die 16th Street Baptist Church in Birmingham/Alabama im Jahr 1963, bei dem vier junge Mädchen ums Leben kamen. Der zweite Teil mit dem Titel Der Regen hat den Anschlag auf die Mother Emanuel African Methodist Episcopal Church in Charleston im Jahr 2015 zum Thema, bei der ein Weißer neun Gemeindemitglieder während der Bibelstunde erschoss. Als wir diese Lieder zum ersten Mal gehört haben, dachten wir – wow, das ist wirklich nicht einfach, über so etwas zu singen. Aber dann haben wir überlegt, dass in anderen Lied-Genres, in der Popmusik usw., ständig über das Leben gesungen wird. Das Lied wird so zum Statement über das, was Du als Künstler bist und was Du denkst, was Musik bewegen kann, dass

Musik Dinge verändern kann. Wir beide waren wirklich sehr inspiriert von diesem Stück, weil es auch wirklich sehr mutig ist, über so etwas zu schreiben. Die Musik ist außerdem fantastisch, wirklich unglaublich. Im ersten Teil zeigen sich deutliche Einflüsse von der Musik der afro-amerikanischen Kirche. Das hört man immer wieder durch das ganze Lied. Und dann gibt es Fragmente von wichtigen Liedern aus der amerikanischen Geschichte wie zum Beispiel Amazing Grace oder die Protesthymne We shall not be moved . Okpebholo bringt damit das Lied in Verbindung mit der Welt, in der es entstanden ist. Und das ist eine Welt, die immer noch voll ist von Rassismus, Gewalt und Ungerechtigkeit. Lieder wie dieses erlauben es uns als Künstler, auf der Bühne Dinge zu präsentieren, die uns betreffen und die uns wichtig sind.

Dann stellte sich allerdings die Frage, wie bzw. was kann man in der zweiten Programmhälfte zu so einem gewichtigen Werk programmieren? Es ist ein wirklich langes Stück, 16 oder 17 Minuten. Es geht um Tod, um Mord, aber es geht auch um Freiheit. Und ein anderer Künstler, der auch eine Art Anwalt der Freiheit war, war der französische Schriftsteller Paul Éluard, der sich im Zweiten Weltkrieg in der Résistance engagierte. Der Komponist Francis Poulenc war mit Eluard befreundet und wurde von ihm zu zahlreichen Liedern inspiriert, so auch zu La fraîcheur et le feu , das 1950, also nach dem Zweiten Weltkrieg, entstand. Die Gedichte von Éluard allerdings entstanden bereits 1938 als Zeichen der Abwehr gegen den Faschismus. Und damit entstand der rote Faden um das Thema Freiheit und um Künstler*innen, die Ungerechtigkeit erkennen und benennen und die für eine bessere Welt kämpfen. Wir haben dann nach Komponist*innen gesucht, die

Texte des amerikanischen Schriftstellers und Aktivisten Langston Hughes vertont haben, eines der wichtigsten Vertreter der afroamerikanischen Künstlerbewegung Harlem Renaissance. Wir haben uns dann für ein Lied von Florence Price entschieden, Feet o’ Jesus aus dem Jahr 1930, und für eine neuere HughesVertonung von Leslie Adams aus dem Jahr 1961, Prayer . Diese beiden Liedern sind ein schöner Abschluss nach dem großen Okpebholo-Stück. Zuerst eher reflektierend, das Lied von Leslie Adams, und dann Florence Price, die mit der Hoffnung auf eine bessere Welt schließt. Das erschien uns ein guter Abschluss zu sein.

Und um abschließend noch auf das Lied The children des schottischen Komponisten James MacMillan aus dem Jahr 1995 zu kommen, mit dem wir den zweiten Konzertteil eröffnen: MacMillan vertont hier ein sehr düsteres Gedicht von William Soutar, das die Bombardierung von Guernica im Zweiten Weltkrieg thematisiert. Und damit schließt sich der Kreis, denn Picassos berühmtes Guernica-Gemälde wurde 1937 auf der Weltausstellung in Paris neben einem Gedicht von Paul Éluard präsentiert. Und damit haben wir hier all diese Künstler, die in ihren Werken Gewalt thematisieren und die Realität um sie herum – aber die damit auch für Freiheit und Gerechtigkeit einstehen. Das Lied von James MacMillan ist nach den Liedern von Robert Schumann im ersten Teil die perfekte Überleitung in das Thema des zweiten mit Okpebholos Two Black Churches im Zentrum.

Theo, Keval, ich danke euch sehr für dieses Gespräch und das fantastische Programm!

TEXTE

Texte: Justinus Kerner (1786–1862)

KURZES ERWACHEN

Ich bin im Mai gegangen

Und hab’ es nicht gewusst, Also von Schmerz befangen

Ist die erkrankte Brust.

Ein Vogel hat gesungen

Im jungbelaubten Wald, Da ist ins Herz gedrungen

Mir seine Stimme bald.

Vom Aug’ ist mir gefallen

Ein schwerer Tränentau,

Drauf sah den Mai ich wallen

Durch Erd’ und Himmel blau.

Als Vogel ausgesungen

Flog er ins weite Land,

Und wie sein Lied verklungen, Um mich der Mai verschwand.

IM HERBSTE

Zieh’ nur, du Sonne, zieh

Eilend von hier, von hier!

Auf dass ihr Wärme komm’

Einzig von mir!

Welkt nur, ihr Blumen, welkt!

Schweigt nur, ihr Vögelein!

Auf dass ihr sing’ und blüh’

Ich nur allein.

LUST DER STURMNACHT

Wenn durch Berg und Tale draußen Regen schauert, Stürme brausen, Schild und Fenster hell erklirren, Und in Nacht die Wandrer irren,

Ruht es sich so süß hier innen, Aufgelöst in sel’ges Minnen; All der goldne Himmelsschimmer Flieht herein ins stille Zimmer:

Reiches Leben, hab Erbarmen!

Halt mich fest in linden Armen!

Lenzesblumen aufwärts dringen, Wölklein ziehn und Vöglein singen.

Ende nie, du Sturmnacht, wilde!

Klirrt, ihr Fenster, schwankt, ihr Schilde, Bäumt euch, Wälder, braus, o Welle, Mich umfängt des Himmels Helle!

STIRB, LIEB’ UND FREUD’!

Zu Augsburg steht ein hohes Haus, Nah bei dem alten Dom, Da tritt am hellen Morgen aus

Ein Mägdelein gar fromm; Gesang erschallt, Zum Dome wallt

Die liebe Gestalt.

Dort vor Marias heilig’ Bild

Sie betend niederkniet, Der Himmel hat ihr Herz erfüllt, Und alle Weltlust flieht: »O Jungfrau rein!

TEXTE

Lass mich allein

Dein eigen sein!«

Alsbald der Glocke dumpfer Klang

Die Betenden erweckt, Das Mägdlein wallt die Hall’ entlang, Es weiß nicht, was es trägt;

Am Haupte ganz

Von Himmelsglanz

Einen Lilienkranz.

Mit Staunen schauen all’ die Leut’

Dies Kränzlein licht im Haar,

Das Mägdlein aber wallt nicht weit,

Tritt vor den Hochaltar:

»Zur Nonne weiht

Mich arme Maid!

Stirb, Lieb’ und Freud’!«

Gott, gib, dass dieses Mägd’lein

Ihr Kränzlein friedlich trag’, Es ist die Herzallerliebste mein, Bleibt’s bis zum jüngsten Tag. Sie weiß es nicht,

Mein Herz zerbricht,

Stirb, Lieb’ und Licht!

WANDERLIED

Wohlauf! noch getrunken den funkelnden Wein!

Ade nun, ihr Lieben! geschieden muss sein.

Ade nun, ihr Berge, du väterlich’ Haus!

Es treibt in die Ferne mich mächtig hinaus.

Die Sonne, sie bleibet am Himmel nicht stehn, Es treibt sie, durch Länder und Meere zu gehn.

Die Woge nicht haftet am einsamen Strand, Die Stürme, sie brausen mit Macht durch das Land.

Mit eilenden Wolken der Vogel dort zieht Und singt in der Ferne ein heimatlich’ Lied, So treibt es den Burschen durch Wälder und Feld, Zu gleichen der Mutter, der wandernden Welt.

Da grüßen ihn Vögel bekannt überm Meer, Sie flogen von Fluren der Heimat hierher; Da duften die Blumen vertraulich um ihn, Sie trieben vom Lande die Lüfte dahin.

Die Vögel, die kennen sein väterlich’ Haus, Die Blumen, die pflanzt’ er der Liebe zum Strauß, Und Liebe, die folgt ihm, sie geht ihm zur Hand: So wird ihm zur Heimat das ferneste Land.

ERSTES GRÜN

Du junges Grün, du frisches Gras! Wie manches Herz durch dich genas, Das von des Winters Schnee erkrankt, O wie mein Herz nach dir verlangt!

Schon brichst du aus der Erde Nacht, Wie dir mein Aug’ entgegen lacht! Hier in des Waldes stillem Grund Drück’ ich dich, Grün, an Herz und Mund.

Wie treibt’s mich von den Menschen fort! Mein Leid, das hebt kein Menschenwort, Nur junges Grün ans Herz gelegt, Macht, dass mein Herze stiller schlägt.

TEXTE

SEHNSUCHT NACH DER WALDGEGEND

Wär’ ich nie aus euch gegangen, Wälder, hehr und wunderbar!

Hieltet liebend mich umfangen Doch so lange, lange Jahr’.

Wo in euren Dämmerungen

Vogelsang und Silberquell, Ist auch manches Lied entsprungen Meinem Busen, frisch und hell.

Euer Wogen, euer Hallen, Euer Säuseln nimmer müd’, Eure Melodien alle

Weckten in der Brust das Lied.

Hier in diesen weiten Triften

Ist mir alles öd’ und stumm, Und ich schau’ in blauen Lüften Mich nach Wolkenbildern um.

Wenn ihr’s in den Busen zwinget, Regt sich selten nur das Lied; Wie der Vogel halb nur singet, Den von Baum und Blatt man schied.

AUF DAS TRINKGLAS EINES VERSTORBENEN

FREUNDES

Du herrlich Glas, nun stehst du leer, Glas, das er oft mit Lust gehoben; Die Spinne hat rings um dich her Indes den düstren Flor gewoben.

Jetzt sollst du mir gefüllet sein

Mondhell mit Gold der deutschen Reben!

In deiner Tiefe heil’gen Schein Schau’ ich hinab mit frommem Beben.

Was ich erschau’ in deinem Grund Ist nicht Gewöhnlichen zu nennen.

Doch wird mir klar zu dieser Stund’, Wie nichts den Freund vom Freund kann trennen.

Auf diesen Glauben, Glas so hold! Trink’ ich dich aus mit hohem Mute.

Klar spiegelt sich der Sterne Gold, Pokal, in deinem teuren Blute!

Still geht der Mond das Tal entlang, Ernst tönt die mitternächt’ge Stunde.

Leer steht das Glas! Der heil’ge Klang Tönt nach in dem kristallnen Grunde.

WANDERUNG

Wohlauf und frisch gewandert ins unbekannte Land! Zerrissen, ach zerrissen, ist manches teure Band.

Ihr heimatlichen Kreuze, wo ich oft betend lag, Ihr Bäume, ach, ihr Hügel, oh blickt mir segnend nach.

Noch schläft die weite Erde, kein Vogel weckt den Hain, Doch bin ich nicht verlassen, doch bin ich nicht allein, Denn, ach, auf meinem Herzen trag’ ich ihr teures Band, Ich fühl’s, und Erd und Himmel sind innig mir verwandt.

TEXTE STILLE LIEBE

Könnt’ ich dich in Liedern preisen, Säng’ ich dir das längste Lied.

Ja, ich würd’ in allen Weisen

Dich zu singen nimmer müd’!

Doch was immer mich betrübte, Ist, dass ich nur immer stumm

Tragen kann dich, Herzgeliebte, In des Busens Heiligtum.

Dieser Schmerz hat mich bezwungen,

Dass ich sang dies kleine Lied,

Doch von bitterm Leid durchdrungen,

Dass noch keins auf dich geriet.

FRAGE

Wärst du nicht, heil’ger Abendschein!

Wärst du nicht, sternerhellte Nacht!

Du Blütenschmuck! du üpp’ger Hain!

Und du, Gebirg’ voll ernster Pracht!

Du, Vogelsang aus Himmeln hoch!

Du, Lied aus voller Menschenbrust!

Wärst du nicht – ach! was füllte noch

In arger Zeit ein Herz mit Lust? –

STILLE TRÄNEN

Du bist vom Schlaf erstanden

Und wandelst durch die Au.

Da liegt ob allen Landen

Der Himmel wunderblau.

So lang du ohne Sorgen

Geschlummert schmerzenlos,

Der Himmel bis zum Morgen

Viel Tränen niedergoss.

In stillen Nächten weinet

Oft mancher aus dem Schmerz, Und morgens dann ihr meinet, Stets fröhlich sei sein Herz.

WER MACHTE DICH SO KRANK?

Dass du so krank geworden, Wer hat es denn gemacht? –

Kein kühler Hauch aus Norden Und keine Sternennacht.

Kein Schatten unter Bäumen, Nicht Glut des Sonnenstrahls, Kein Schlummern und kein Träumen

Im Blütenbett des Tals.

Dass ich trag’ Todeswunden, Das ist der Menschen Tun; Natur ließ mich gesunden, Sie lassen mich nicht ruhn.

ALTE LAUTE

Hörst du den Vogel singen? Siehst du den Blütenbaum? Herz! kann dich das nicht bringen Aus deinem bangen Traum?

Was hör’ ich? alte Laute

Wehmüt’ger Jünglingsbrust

Der Zeit, als ich vertraute

Der Welt und ihrer Lust.

Die Tage sind vergangen, Mich heilt kein Kraut der Flur; Und aus dem Traum, dem bangen, Weckt mich ein Engel nur.

THE CHILDREN

Upon the street they lie

Beside the broken stone: The blood of children stares from the broken stone.

Death came out of the sky

In the bright afternoon: Darkness slanted over the bright afternoon.

Again the sky is clear

But upon earth a stain: The earth is darkened with a darkening stain:

A wound which everywhere Corrupts the hearts of men: The blood of children corrupts the hearts of men.

Silence is in the air:

The stars move to their places: Silent and serene the stars move to their places:

William Soutar (1898 – 1943)

Übersetzungen: IHWA

DIE KINDER

Auf der Straße liegen sie

Neben dem zerbrochenen Stein:

Das Blut der Kinder starrt von dem zerbrochenen Stein.

Der Tod kam aus dem Himmel Am hellen Nachmittag: Dunkelheit legte sich über den hellen Nachmittag.

Wieder ist der Himmel klar

Doch auf der Erde ein Fleck:

Die Erde ist verdunkelt mit einem dunklen Fleck:

Eine Wunde, die überall

die Herzen der Menschen verdirbt: Das Blut der Kinder verdirbt die Herzen der Menschen.

Stille liegt in der Luft:

Die Sterne bewegen sich zu ihren Plätzen: Ruhig und gelassen bewegen sich die Sterne an ihre Plätze:

TEXTE FRANCIS POULENC

Texte: Paul Éluard (1895–1952)

RAYON DES YEUX

Rayons des yeux et des soleils

Des ramures et des fontaines

Lumière du sol et du ciel

De l’homme et de l’oubli de l’homme

Un nuage couvre le sol

Un nuage couvre le ciel

Soudain la lumière m’oublie

La mort seule demeure entière

Je suis une ombre je ne vois plus

Le soleil jaune le soleil rouge

Le soleil blanc le ciel changeant

Je ne sais plus

La place du bonheur vivant

Au bord de l’ombre sans ciel ni terre.

LA MATIN LES BRANCHES ATTISENT

Le matin les branches attisent

Le bouillonnement des oiseaux

Le soir les arbres sont tranquilles

Le jour frémissant se repose.

TOUT DISPARUT

Tout disparut même les toits

même le ciel

Même l’ombre tombée des branches

Sur les cimes des mousses tendres

Même les mots et les regards bien accordés

Soeurs miroitières de mes larmes

Les étoiles brillaient autour de ma fenêtre

Übersetzungen: IHWA

Strahlen der Augen und der Sonnen

Von Zweigen und Brunnen

Licht der Erde und des Himmels

Vom Menschen und vom Vergessen des Menschen

Eine Wolke bedeckt den Boden

Eine Wolke bedeckt den Himmel

Plötzlich vergisst mich das Licht

Der Tod allein bleibt ganz

Ich bin ein Schatten ich sehe nicht mehr

Die gelbe Sonne die rote Sonne

Die weiße Sonne den wechselnden Himmel

Ich weiß nicht mehr

Den Ort des lebendigen Glücks

Am Rande des Schattens ohne Himmel und Erde.

Am Morgen treiben die Zweige

Das Brodeln der Vögel an

Am Abend sind die Bäume still

Der zitternde Tag ruht.

Alles verschwand, sogar die Dächer, sogar der Himmel.

sogar der Schatten, der von den Zweigen fiel

Auf den Wipfeln der zarten Moose

Selbst die Worte und die gut abgestimmten Blicke

Spiegelschwestern meiner Tränen

Die Sterne funkelten um mein Fenster

TEXTE

Et mes yeux refermant leurs ailes pour la nuit

Vivaient d’un univers sans bornes.

DANS LES TÉNÈBRES DU JARDIN

Dans les ténèbres du jardin

Viennent des filles invisibles

Plus fines qu’à midi l’ondée

Mon sommeil les a pour amies

Elles m’enivrent en secret

De leurs complaisances aveugles.

UNIS LA FRAICHEUR ET LE FEU

Unis la fraîcheur et le feu

Unis tes lèvres et tes yeux

De ta folie attends sagesse

Fais image de femme et d’homme.

HOMME AU SOURIRE TENDER

Homme au sourire tendre

Femme aux tendres paupières

Homme aux joues rafraîchies

Femme aux bras doux et frais

Homme aux prunelles calmes

Femme aux lèvres ardentes

Homme aux paroles pleines

Femme aux yeux partagés

Homme aux deux mains utiles

Femme aux mains de raison

Homme aux astres constants

Femme aux seins de durée

Und meine Augen schlossen ihre Flügel für die Nacht

lebten aus einem grenzenlosen Universum.

In der Dunkelheit des Gartens

Kommen unsichtbare Mädchen

Feiner als am Mittag der Regenschauer.

Mein Schlaf hat sie zu Freunden

Sie berauschen mich heimlich

Mit ihrem blinden Wohlgefallen.

Vereine die Kühle und das Feuer

Vereine deine Lippen und deine Augen

Von deiner Torheit wartet Weisheit

Mach ein Bild von Frau und Mann.

Mann mit zartem Lächeln

Frau mit zärtlichen Augenlidern

Mann mit erfrischten Wangen

Frau mit weichen, kühlen Armen

Mann mit ruhigen Schlehen

Frau mit feurigen Lippen

Mann mit vollen Worten

Frau mit geteilten Augen

Mann mit zwei nützlichen Händen

Frau mit den Händen der Vernunft

Mann mit den beständigen Gestirnen

Frau mit Brüsten von Dauer

TEXTE Il n’est rien qui vous retient Mes maîtres de m’éprouver.

LA GRANDE RIVIÈRE QUI VA

La grande rivière qui va Grande au soleil et petite à la lune

Par tous chemins à l’aventure

Ne m’aura pas pour la montrer du doigt

Je sais le sort de la lumière

J’en ai assez pour jouer son éclat Pour me parfaire au dos de mes paupières

Pour que rien ne vive sans moi.

BALLAD OF BIRMINGHAM

»Mother dear,« she asks, »may I go downtown Instead of out to play, And march the streets of Birmingham In a Freedom March, Freedom March, today?«

»No, baby, no, you may not go, For the dogs are fierce and wild, And clubs and hoses, guns and jails Aren’t good for a little child.«

»But, mother, I won’t be alone. Other children will go with me, And march the streets of Birmingham To make our country free.«

Es gibt nichts, was euch zurückhält

Meine Herren, mich zu prüfen.

Der große Fluss, der geht

Groß zur Sonne und klein zum Mond

Auf allen Wegen zum Abenteuer

Wird mich nicht haben, um mit dem Finger auf ihn zu zeigen

Ich kenne das Schicksal des Lichts

Ich habe genug, um seinen Glanz zu spielen

Um mich auf der Rückseite meiner Augenlider zu perfektionieren.

Damit nichts ohne mich lebt.

Übersetzungen: IHWA

BALLADE VON BIRMINGHAM

»Liebe Mutter«, fragt sie, »darf ich in die Stadt gehen?

Statt raus zum Spielen, Und durch die Straßen von Birmingham marschieren In einem Freiheitsmarsch, Freiheitsmarsch, heute?«

»Nein, Baby, nein, du darfst nicht gehen, Denn die Hunde sind wild und grimmig, Und Knüppel und Schläuche, Gewehre und Gefängnisse

Sind nicht gut für ein kleines Kind.«

»Aber, Mutter, ich werde nicht allein sein.

Andere Kinder werden mit mir gehen, Und marschieren durch die Straßen von Birmingham Um unser Land frei zu machen.«

TEXTE

»No, baby, no, you may not go, For I fear those guns, I fear, will fire. But you may go to church instead Go to the church instead and sing in the children’s choir.«

She has combed and brushed her night-dark hair, And bathed rose petal sweet, And drawn white gloves on her small brown hands, And white shoes on her feet.

The mother smiled to know her child Was in the sacred place, But that smile was the last smile To come upon her face.

For when she heard the explosion, Her eyes grew wet And her eyes grew wild. She raced through the streets of Birmingham Calling for her child.

She clawed through bits of glass and brick, Then lifted out a shoe.

»O, here’s the shoe my baby wore, But, baby, where are you?«

»Nein, Baby, nein, du darfst nicht gehen, denn ich fürchte, die Gewehre werden schießen.

Aber du kannst stattdessen in die Kirche gehen Geh stattdessen in die Kirche und singe im Kinderchor.«

Sie hat ihr nachtschwarzes Haar gekämmt und gebürstet, Und badete Rosenblüten süß, Und weiße Handschuhe über ihre kleinen braunen Hände gezogen, Und weiße Schuhe an ihre Füße.

Die Mutter lächelte, weil sie wusste, dass ihr Kind an dem heiligen Ort war, Doch dieses Lächeln war das letzte Lächeln das auf ihr Gesicht kam.

Denn als sie die Explosion hörte, wurden ihre Augen feucht Und ihre Augen wurden wild. Sie rannte durch die Straßen von Birmingham und rief nach ihrem Kind.

Sie krallte sich durch Glas und Ziegelsteine, Dann hob sie einen Schuh heraus.

»Oh, hier ist der Schuh, den mein Baby trug, Aber, Baby, wo bist du?«

TEXTE THE RAIN

When the reality of racism returns, All joy treads water in oceans of buried emotion.

When the reality of racism returns...

Charleston is doing Everything it can To only swim

In a colorless liquid of calm sea and blind faith.

But the Lowcountry In a terrain

Of ancient tears, Suffocating through floods of segregation

When murderous gunshots Made waves at Emanuel AME Church, We closed our eyes, Held our breath And went under.

And we are still trying Not to taste the salt Of our surrounding blues Or face the rising tide Of black pain.

DER REGEN

Wenn die Realität des Rassismus zurückkehrt, Alle Freude tritt in Ozeanen verschütteter Gefühle auf der Stelle.

Wenn die Realität des Rassismus zurückkehrt...

Charleston tut alles Alles was es kann Um nur zu schwimmen

In einer farblosen Flüssigkeit aus ruhiger See und blindem Glauben.

Aber das Lowcountry In einem Terrain

Von alten Tränen, Erstickend durch Fluten der Segregation

Als mörderische Schüsse

Wellen schlugen in der Emanuel AME Church, schlossen wir unsere Augen, hielten unseren Atem an Und gingen unter.

Und wir versuchen immer noch Nicht das Salz zu schmecken des uns umgebenden Blaus zu schmecken Oder der steigenden Flut des schwarzen Schmerzes.

TEXTE

LESLIE ADAMS

PRAYER

I ask you this:

Which way to go?

I ask you this:

Which sin to bear?

Which crown to put Upon my hair? I do not know, Lord God, I do not know.

Langston Hughes (1902–1967)

FLORENCE PRICE

FEET O’ JESUS

At the feet o’ Jesus

Sorrow like a sea Lordy, let yo’ mercy

Come driftin’ down on me

At the feet o’ Jesus

At yo’ feet I stand

O, ma little Jesus

Please reach out yo’ hand

Langston Hughes (1902–1967)

Übersetzungen: IHWA

GEBET

Ich frage Dich das:

Welchen Weg soll ich gehen?

Ich frage Dich dies:

Welche Sünde soll ich tragen?

Welche Krone soll ich auf mein Haar setzen?

Ich weiß es nicht,

Herr und Gott, ich weiß es nicht.

Zu den Füßen von Jesus

Kummer wie ein Meer

Herr, lass deine Gnade auf mich herabtreiben

Zu den Füßen von Jesus

Zu deinen Füßen stehe ich

Oh, mein kleiner Jesus

Bitte strecke deine Hand aus

THEODORE PLATT

Bariton

Der aufstrebende britisch-russische Bariton Theodore Platt, der für seine »warme und kraftvolle englische Baritonstimme« ( Music OMH ) gefeiert wird, ist eine der vielversprechendsten jungen Stimmen der Oper. Er war Mitglied des Opernstudios der Bayerischen Staatsoper in den Spielzeiten 2020/21 und 2021/22. Im Jahr 2022 erhielt er das renommierte BorlettiBuitoni Trust (BBT) Stipendiums.

In der Spielzeit 2023/24 gibt Theodore Platt mehrere spannende Debüts. Bei seiner Rückkehr zum Glyndebourne Opera Festival ist er zum ersten Mal als Belcore in L’elisir d’amore zu sehen, und am Theater St. Gallen gibt er sein Rollen- und Hausdebüt als Titelheld in Guillaume Tell . Auf der Konzertbühne gibt er Liederabende mit dem Pianisten Keval Shah in der Wigmore Hall, beim Oxford International Song Festival und in der Sibelius Academy Concert Hall in Helsinki. Zur Mozartwoche in Salzburg kehrt er mit den Wiener Philharmonikern und Andrés Orozco-Estrada mit Werken von Mozart, Haydn und Salieri zurück. Außerdem ist er als Solist in Bent Sørensens St Matthew Passion im DR Concert House in Kopenhagen zu hören.

In der vergangenen Saison debütierte der Bariton in Glyndebourne in der Rolle des Gefängniswärters in Barrie Koskys neuer Produktion von Dialogues des Carmélites . Sein Debüt in Salzburg gab er im Rahmen der Mozartwoche mit der Pastiche The Old Tree, or Franzi’s Journey to the End of the World . An die Bayerische Staatsoper kehrte Theodore Platt in der Rolle des Dachses in der Kinderoper Mondbär zurück, und

in Baden-Baden und Berlin trat er als Nachtwächter in Frau ohne Schatten unter der musikalischen Leitung von Kirill Petrenko auf.

In der Saison 2021/22 war er in München als Fiorello in Il barbiere di Siviglia, als Lakai in Ariadne auf Naxos und als Graf Ceprano in Rigoletto zu hören. In München kreierte der Bariton auch die Rolle des Digitalen Baritons in der Weltpremiere von Miroslav Srnkas Singularity und spielte die Titelrolle des Johannes Kepler in der Weltpremiere von Tim Watts’ Kepler’s Trial. Als gefragter Konzertsänger gab der Bariton 2019 sein Debüt in der Wigmore Hall im Rahmen der Songmakers’ Recital-Series von Graham Johnson. Im Jahr 2021 trat er beim Oxford Lieder Festival und bei der Schubertiade Schwarzenberg auf. 2018/19 nahm

Theodore Platt am ersten French Song Exchange in der Wigmore Hall teil, wo er in Konzerten in London und Paris auftrat. Im Jahr 2022 kehrte er für einen Liederabend an der Seite von Malcolm Martineau nach Wigmore zurück.

Theodore Platt ist ein Absolvent der Verbier Festival Academy und des Royal College of Music Opera Studio. Er war Teilnehehmer der Internationalen Meistersinger Akademie (IMA) in Neumarkt.

Der junge Sänger ist Preisträger zahlreicher Wettbewerbe, darunter die 64. Kathleen Ferrier Awards, der Veronica Dunne International Singing Competition, der Copenhagen Lied Duo Competition, der Lies Askonas Competition und der Joan Chissell Schumann Competition. Außerdem wurde er beim Verbier Festival mit dem Prix Thierry Mermod ausgezeichnet. Im Jahr 2022 gewannen Theodore Platt und der Pianist Keval Shah den ersten Preis beim 13. Internationalen Kunstliedwettbewerb Stuttgart.

Der in London geborene Theodore Platt studierte Musik am St John’s College in Cambridge.

Klavier

Der Pianist Keval Shah hat sich schnell an der Spitze einer neuen Generation von Liedpianisten etabliert. Seit 2020 ist er Dozent für Liedgesang an der SibeliusAkademie in Helsinki – eine Ernennung, die ihn zum jüngsten Professor der Einrichtung machte. Heute teilt er seine Zeit zwischen der Leitung des Liedprogramms der Akademie und Konzertauftritten in ganz Europa auf und hat einen zunehmend vollen Terminkalender als Gastdozent, künstlerischer Kurator sowie Rundfunksprecher. In der Saison 2023/2024 gibt er u. a. Liederabende in der Wigmore Hall, bei der Hugo-Wolf-Akademie, beim Oxford International Song Festival, dem Leicester International Music Festival und dem Oulu Music Festival. Er arbeitet mit Künst ler*innen wie Louise Alder, Iryna Kyshliaruk, Theodore Platt und Tomi Punkeri zusammen. Zu den jüngsten Höhepunkten zählen ein Liederabend in der Wigmore Hall mit Karita Mattila, Aufführungen der Winterreise mit Roderick Williams und von Saariaho-Liedern mit Anu Komsi in Anwesenheit der Komponistin sowie ein Aufenthalt bei Dame Imogen Cooper und Henk Neven als Stipendiat des Imogen Cooper Music Trust.Keval Shah ist Preisträger mehrerer internationaler Liedwettbewerbe, darunter der 1. Preis beim 13. Internationalen Wettbewerb für Liedkunst Stuttgart, der 2. Preis beim Kopenhagener Lied-Duo-Wettbewerb, beide mit Theodore Platt, und der Gewinn des Oxford Lieder Young Artist Competition mit Michael Mofidian. Abseits der Konzertbühne moderiert Keval regelmäßig Sendungen auf BBC Radio 3 und dem BBC World

Service. Außerdem ist der vielseitige Künstler Gründer und künstlerischer Leiter der Soiva-Kieli-Konzertreihe der Sibelius-Akademie und Kurator der Liederabende bei Helsinki Seriös. Neben seiner Lehrtätigkeit in Finnland unterrichtete Keval an der Royal Academy of Music, dem Royal College of Music, der Royal Danish Academy of Music und der Akademie für Musik und Oper an der Universität Mälardalen in Schweden. In dieser Saison kehrt er für eine Reihe von Liedmeisterkursen an die norwegische Musikakademie zurück und wird als Gastkünstler an der Juilliard School in New York auftreten.

SAMSTAG, 14. OKTOBER 2023, 19.00 UHR

Weißer Saal, Neues Schloss Stuttgart

MARIE SEIDLER, Mezzosopran

CHRISTOPH POHL, Bariton

MARCELO AMARAL, Klavier

Vertonungen aus »Des Knaben Wunderhorn« von Mendelssohn, Strauss, Mahler u. a.

MITTWOCH, 25. OKTOBER 2023, 19.30 UHR

Staatsgalerie Stuttgart

DIANA HALLER, Mezzosopran

CORNELIUS MEISTER , Klavier

Robert Schumann: Dichterliebe op. 48 u. a.

2. – 5. NOVEMBER 2023

Kammermusiksaal, HMDK Stuttgart

45. STUTTGARTER MEISTERKLASSE FÜR LIED

mit KS BRIGITTE FASSBAENDER

( öffentlich vom 3. bis 5. November)

KARTEN & INFO www.ihwa.de

IMPRESSUM

Herausgeber Internationale Hugo -Wolf - Akademie für Gesang, Dichtung, Liedkunst e.V. Stuttgart, Jägerstraße 40, 70174 Stuttgart, Deutschland, Telefon +49(0)711-22 11 77, Fax +49(0)711. 22 79 989, info@ihwa.de, www.ihwa.de Vorstand

Prof. Dr. Hansjörg Bäzner (Vorsitzender), Hans Georg Koch (Stv. Vor sitzender), Albrecht Merz (Schatzmeister), Walter Kübler (Schrift führer), Erster Bürgermeister Dr. Fabian Mayer (Ver tre ter der Landeshauptstadt Stuttgart), MDgt Dr. Claudia Rose (Vertreterin des Landes Baden - Württemberg), Cornelius Hauptmann, Richard Kriegbaum, Patrick Strub Künstlerischer Beirat

Prof. Marcelo Amaral, Oswald Beaujean, Prof. Dr. h.c. Thomas Hampson, Prof. Christiane Iven, Dr. Regula Rapp Intendanz/ Redaktion Dr. Cornelia Weidner Textnachweis Das Gespräch mit Theodore Platt und Keval Shah entstand als Originalbeitrag für dieses Programmheft. Bildnachweis Reiner Pfisterer (Titel), Ben McKee (T. Platt), Gerard Collett (K. Shah) Änderungen des Programms und der Mitwirkenden vorbehalten.

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