Der ganze Hugo Wolf XI - Programmheft

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Das Konzert wird in Ton und Bild aufgezeichnet.

Die Aufzeichnung erfolgt mit freundlicher Unterstützung der Volksbank Stuttgart.

PROGRAMM DER GANZE HUGO WOLF XI

HUGO WOLF (1860–1903)

GEKRÖNTE HÄUPTER

Erschaffen und Beleben (Goethe)

Der neue Amadis (Goethe)

Der König bei der Krönung (Mörike)

Königlich Gebet (Goethe)

Es war ein alter König (Heine)*

Ob der Koran von Ewigkeit sei? (Goethe)

Liedpatin: Gabriele Heister

Dank des Paria (Goethe)

WIEGENLIEDER

O wär dein Haus (Italienisches Liederbuch) *

Wiegenlied im Winter (Reinick)*

An*** (Lenau)

Wiegenlied im Sommer (Reinick)*

Auch kleine Dinge können uns entzücken (Italienisches Liederbuch) *

Liedpatin: Gertrud Fritz

AUFFORDERUNG ZUM TANZ

Mausfallen-Sprüchlein (Mörike)*

Liedpate: Klaus Dreier

Sie haben heut’ Abend Gesellschaft (Heine)

Klinge, klinge mein Pandero (Spanisches Liederbuch) *

Seltsam ist Juanas Weise (Spanisches Liederbuch)

Köpfchen, Köpfchen nicht gewimmert (Spanisches Liederbuch) *

Wer tat deinem Füßlein weh? (Spanisches Liederbuch) *

Auftrag (Mörike)

Die Tochter der Heide (Mörike)*

Skolie (Reinick)*

MIRELLA HAGEN, Sopran *

ANDRÉ MORSCH, Bariton

KERSTIN MÖRK, Klavier

TOBIAS TRUNIGER , Moderation

EINFÜHRUNG

»DER GANZE HUGO WOLF«

Das heutige Programm beginnt mit Königen vielerlei Arten − Gott und Brahma unter ihnen − und an vielen Orten, von der neu erschaffenen Erde bis nach Indien. Den Gewaltigen und Mächtigen folgen Mütter und Liebende, die zärtliche Lieder singen: Es ist schließlich die Liebe, die zu Babys in den Wiegen führt. Wir enden mit Tänzen: qualvoll, fröhlich, frenetisch, leidenschaftlich und schließlich berauscht. Wir Zuhörer werden am Ende des Abends von der Musik fröhlich betrunken sein.

GEKRÖNTE HÄUPTER

Wenn ein Bettler einen König anschauen darf, so dürfen das auch Dichter und Liedkomponisten tun: Das Wirken der kaiserlichen Macht, der Könige, Tyrannen und Götter ist das Thema unserer ersten Gruppe von Liedern. Sicherlich hat der große Goethe in seiner Anthologie von »West-Ost-Gedichten« die Menschheit und Herrscher mit einem scharfen, manchmal zynischen, manchmal spöttischen Blick betrachtet: dem Westöstlichen Divan , dessen zwölf »Bücher« oder Abschnitte zwischen 1814 und 1819 geschrieben wurden und vom großen persischen Dichter Hafiz (ca. 1315 oder 1320 − ca. 1389) inspiriert sind.

Johann Wolfgang von Goethe (1749−1832): Das Schenkenbuch − West-östlicher Divan

Erschaffen und Beleben stammt aus Buch 1, Moganni Nameh oder dem Buch des Sängers , und ist eine urkomische Kombination aus Schöpfungsmythos und einem Trinklied, das auf dem biblischen Bericht über die Trunkenheit Noahs basiert. Gottes Hinzugabe von heiligem Geist reicht nicht aus, um dem Ursprung des Menschen aus einem Klumpen Erde entgegenzuwirken; trotz der größten Bemühungen des Herrn bleibt seine Schöpfung ein Flegel, bis Noah ihn mit dem Wein bekannt macht. Wolf übersetzte die polternden poetischen Rhythmen des Dichters in einen wuchtigen Viertelschlag im 4/4-Takt, die perfekte lärmende Begleitung für Bierkrüge, die auf einen Tisch donnern. Wolf muss Spaß daran gehabt haben, das musikalische Niesen zu ersinnen, die aufgeregt ansteigende Basslinie zu komponieren, wenn Noah »dem Klumpen« Wein bringt, und − nach dem schwerfüßigen Moll-Beginn zum beklagenswerten Zustand von Hans Adam − mit einem überaus ekstatischen Ende in Dur zu schließen.

In Der neue Amadis träumt Goethes Hauptfigur davon, der neue Amadis de Gaula aus dem gleichnamigen spanischen Ritterroman des 16. Jahrhunderts von Garcia Rodríguez de Montalvo zu sein; in Don Quijote ist dieser Roman das Lieblingsbuch des unsterblichen Ritters. Das Gedicht besingt die Macht der Phantasie, wenn der selbsternannte »Prinz« die »Prinzessin Fisch« befreit, sie »halb tot« liebt und von ihr verlassen wird. Wolf zupft eine spanische Gitarre auf dem Klavier und paart Goethes Fantasie mit seinem eigenen Klangwitz: Als der Junge losmarschiert, um die Prinzessin zu befreien, hören wir zum Beispiel den für Wolf typischen »Terzfortschritt«, während das Eigenlob »Und ich war galant« eine Kadenz im galanten Stil des 18. Jahrhunderts im kurzzeitigen kristallklaren C-Dur bringt. Diejenigen, die »ihren« Haydn und Mozart kennen, werden laut lachen.

An seinem Geburtstag, dem 13. März 1886, komponierte Wolf eine feierliche, etwas wagnerianische Vertonung (mit einem quasi-orchestralen tiefen Bass-Tremolo am Ende) von Mörikes Der König bei der Krönung − zwei Jahre vor dem unschätzbaren Schaffensrausch der Mörike-Lieder 1888. Hier erklärt ein Monarch seine Hingabe für das Vaterland und sein Königshaus. In der Notation des Liedes erkennen wir bei der Verwendung der Enharmonik den möglichen Einfluss von Liszt: Die Zuhörer können es nicht hören, aber die Interpreten können daraus eine doppelte Loyalität und eine allumfassende Verehrung lesen.

In Königlich Gebet feiert ein Herrscher der Welt die Liebe der vielen edlen Menschen, die ihm dienen und die er regiert. Aber die prahlerische Anmaßung seiner Rede am Anfang − Großartigkeit auf Steroiden − wird durch sein Bewusstsein der Hybris ausgegli -

EINFÜHRUNG

chen. Daher fleht er Gott um Hilfe an, bodenständig zu bleiben. Wolfs Herrscher preist ein Reich, das sich zu Beginn deutlich in beide Richtungen ausdehnt und die Welt in Akkorden mit einer enormen Spannweite umfasst. Die Bitte »O gib mir, Gott« beginnt als vertraute Ansprache an Gott, steigert sich aber bald wieder zu Macht und Stärke, die noch nicht aufgegeben wurden; während des gesamten Nachspiels hören wir den König abtreten, während die feierlichen Klänge immer weicher werden und mit einer andächtigen »Amen«-Kadenz enden.

Im Oktober 1878 kehrte Wolf zu Heines Lyrik zurück, nachdem er eine erste Gruppe von Liedern dieses »empfindsam-ironischen« Dichters (Heines augenzwinkernde Beschreibung seiner frühen Verse) fertiggestellt hatte. Für dieses zweite Heft verließ Wolf das Buch der Lieder und wandte sich den Neuen Gedichten des Dichters zu, die er Anfang der 1830er Jahre zu Beginn seines Selbst-Exils in Paris geschrieben hatte. In vielen dieser Gedichte ist die Liebe nicht nur bitter und erniedrigend, sondern auch todbringend oder bedeutungslos. In Es war ein alter König (die Märchensprache verrät, dass dieses alte Märchen dazu verdammt ist, sich im Laufe der Menschheitsgeschichte zu wiederholen) heiratet ein älterer König eine junge Frau, die sich in einen schönen jungen Pagen verliebt; die Liebenden werden für ihre Verfehlung getötet. Alle Verbrechen aus Leidenschaft aus den Morgenzeitungen sind hier zusammengefasst, nur ohne Kronen und Throne. Da Heine nur andeutet, dass die jungen Leute zu Liebenden werden, konnte Wolf mit einem langen Klavierzwischenspiel und Nachspiel aufs Ganze gehen und so den aus dem Text ausgesparten Ehebruch darstellen. Der Page wird mit leichtem, ausgelassenem Dur eingeführt, das dann im Zwischenspiel bis zu einem gewissen Grad sexualisiert wird: Wir hören unkonventionelle Betonungen, die ein Hecheln und Stöhnen imitieren, einen Fortississimo-Höhepunkt, den man im Nachhinein entweder als Orgasmus oder als Todesstoß interpretieren kann, sowie verhallende Klänge.

In Ob der Koran von Ewigkeit sei? reichen sich Wein und Spiritualität die Hände und tanzen. Hier im neunten Buch, das der Verherrlichung des Weins gewidmet ist, tut der Sänger jede Möglichkeit ab, den göttlichen Ursprung des Korans zu kennen − Ist er ewig? Wurde er erschaffen? −, während er die immerwährende Existenz des Weins und seine Wirkungskraft denjenigen zusichert, die zu Gott aufschauen. Wolf komponiert die beiden Fragen als starke, schroffe, unharmonische Oktaven, die aufwärts drängen, gefolgt von sanften Echos im Klavier auf dem »Klage«-Intervall eines Halbtons (wir hören die Echos sowohl als Ironie als auch als Echos aus vergangener Zeit, in denen andere diese Fragen stellten) und gefolgt von offenen, gleichgültigen Phrasen der Zurückweisung − das musikalische Äquivalent eines Achselzuckens. Der tonale Witz ist

wunderbar: Wir beginnen mit der d-Moll-Schwere, stoßen auf die neapolitanische kleine Sekunde, um »den Wein« zu veranschaulichen, und wechseln dann zur Dur-Tonart und einer ausgelassen bombastisch-jubelnden »Amen«-Kadenz für den Schluss.

In Dank des Paria (das dritte Gedicht in Goethes Paria -Trilogie) dankt ein Paria dem hinduistischen Schöpfergott Brahma für seine Fürsorge für alle Geschöpfe, einschließlich der Nieder-Geborenen: Dies ist das leidenschaftliche Plädoyer des späten Goethe für den angeborenen Adel aller Menschen. Wenn Wolfs Figuren das Göttliche ansprechen oder wenn das Göttliche zu ihnen spricht, verwendet der Komponist oft Grundton-Akkorde in ungewöhnlicher Abfolge; auch hier tut er dies, während der Paria Brahma huldigt. Massive Akkorde, die das Göttliche symbolisieren, umrahmen das leise, verletzliche Menschliche in der Liedmitte.

WIEGENLIEDER

Wolf war ein großer Bewunderer der Balladen von Carl Loewe (1796−1869). Der Einfluss des Balladenmeisters zeigt sich sogar in Wolfs kompaktesten lyrischen Liedern wie in O wär' dein Haus . Hier wünscht sich eine Frau, dass das Haus ihres Geliebten aus Glas wäre, damit sie ihn im Vorbeigehen sehen und ihm mehr innige Blicke zuwerfen könnte als die Anzahl von Wassertropfen bei einem Regenschauer. Die Jagdhornfanfaren im Klavier in Loewes Der Edelfalk op. 68/2 , die die Liebeserklärung eines anthropomorphisierten Falken an eine Prinzessin wiedergeben, sind in Wolfs Lied kristalline Symbole der Regentropfen.

Wolf war zum großen Teil Autodidakt (er lehnte den Unterricht am Wiener Konservatorium ab), und Schumann war einer seiner bedeutendsten »Lehrer«. Daher waren Schumanns Dichter, darunter Robert Reinick, für Wolf in seinen frühen Jahren wichtig; aus den Vier Wiegenliedern des Dichters (eines für jede Jahreszeit) wählte der Komponist das Sommer- und Winter-Wiegenlied aus. Das Wiegenlied im Winter steht im sanft schaukelnden 6/8-Takt, der so vielen Wiegenliedern zueigen ist, jedoch macht es der Winterwind, der durch den Klavierpart weht, zu einem chromatischeren, komplexeren Lied als das Sommer-Wiegenlied.

Ein weiterer für den jungen Wolf wichtiger Schumann-Dichter war Nikolaus Lenau, der 1848 auf tragische Weise in einer Nervenheilanstalt starb. An*** ist ein Appell des Liebhabers an die Geliebte, nicht mit seinem Herzen zu spielen, der überwiegend in der »Klagetonart« d-Moll gesetzt ist, mit einem Mittelteil in der helleren Dominanttonart.

EINFÜHRUNG

Wir hören Schumanns Einfluss in der Art und Weise, wie das Klavier uns von einer Gesangsphrase zur anderen trägt.

Für das Wiegenlied im Sommer verzichtete Wolf auf seine extremsten chromatischen Harmonien − die vielleicht nicht die beste Art sind, ein Kind in den Schlaf zu wiegen − und schuf einen beruhigenden Strom von Achtelnoten in der rechten Hand und einen »gehenden Bass« in der linken Hand, die eine zarte Melodie über eine weite Spanne (die Länge und Weite der Mutterliebe) begleiten sollten. Die Anhebung in das Diskantregister für den kleinen Vogel, die summenden Fliegen und die Engel ist bezaubernd.

Auch kleine Dinge können uns entzücken zu Beginn des Italienischen Liederbuchs ist ein Credo: Diejenigen, die nur die »XXL-Gattungen« (Symphonien, Opern) schätzen, und für diejenigen, die bereits Lieder lieben, erinnert Wolf daran, dass kleine Dinge − Perlen, Oliven, Rosen, Lieder − kostbar sind. Für dieses Anliegen, das dem Komponisten so viel bedeutet haben muss, schuf er ein Meisterwerk der Zärtlichkeit, von der sanft abfallenden Terzengirlande in der versonnenen Klaviereinleitung und im Nachspiel bis zu den absteigenden Bass-Linien (im Diskant), als ob wir uns langsam und immer tiefer in vortreffliche Miniaturkunstwerke verlieben würden.

Paul Thumann (1834−1908), Holzschnitt, 19. Jahrhundert

AUFFORDERUNG ZUM TANZ

Wolf sollte Mörikes tiefgründigere Gedichte erst sechs Jahre nach dem MausfallenSprüchlein von 1882 vertonen, aber sein Lied ist der perfekte erste Entwurf für die Art von Witz und Humor, die er sein ganzes Leben lang gepflegt hat, mit seiner Vitalität, der starken Würze von Bosheit und psychologischem Realismus. Das Kind, das diese verlockende Einladung zum Feiern in der Welt der Nagetiere ausspricht, hat einen Hauch von Grausamkeit − das ist der Reiz für Mäusefänger −, und Wolf stattet es mit zahlreichen (und recht erwachsenen) Mitteln der Betonung aus; nur das Diskantregister zeugt von Kindlichkeit.

Da Heinrich Heine für die Geschichte des deutschen Liedes so wichtig ist, fühlte sich der jugendliche Wolf für eine Reihe seiner frühen Experimente in der Liedkomposition zwangsläufig zu diesem Dichter hingezogen. Eine kleine Gruppe bzw. ein »Liederstrauß« von Heine-Vertonungen aus dem Jahr 1878 war das erste Werk, das Wolf für publikationsfähig hielt, obwohl die Firmen Breitkopf & Härtel, André und Kistner die HeineLieder des jungen Mannes ablehnten. Aber er war stolz auf sie: Hier erreicht die Schumann-Nachahmung eine neue Stufe, mit immer mehr Beweisen für »Wölferls eigenes Geheul« (seine scherzhafte Bezeichnung für seinen eigenen Stil). Vor dem Hintergrund einer hell erleuchteten Gesellschaftswelt, in der seine Geliebte ein Fest feiert und er nicht eingeladen ist, beklagt der Protagonist in Sie haben heut' Abend Gesellschaft sein gebrochenes Herz. In bestimmten Liedern hören Wolfs Protagonisten Musik in der Außenwelt. Auch wir hören sie, sowohl in ihrem reinen Zustand als auch verzerrt durch die Gefühle der Protagonisten. Am Ende weichen die zunächst dominierenden Tanzmelodien der Wut über die Zurückweisung im langen Nachspiel (ein Viertel des gesamten Liedes!), nachdem die durch die Worte vermittelte Beherrschung vorüber ist.

Wolfs Spanien war eine musikalische Kolonie des spätromantischen Deutschlands, geprägt vom postwagnerianischen Bild des Komponisten. Eine Tamburin spielende Colombina singt in Klinge, klinge, mein Pandero vom Abgrund zwischen dem fröhlichen Klang ihres Instruments und dem Elend in ihrem Herzen. Wie wir gerade gehört haben, liebte es Wolf, Musik zu erschaffen, die etwas in der Außenwelt imitiert, aber auch von extremen psychologischen Zuständen erzählt. Der Klavierpart ist von drängender chromatischer Unruhe erfüllt, und der Sängerpart wechselt zwischen deklamatorischem Gesang, plötzlichen Abwärtssprüngen und ausgleichenden Aufwärtsschwüngen.

Eine Königin der Widersprüchlichkeit wird von ihrem unglücklichen Liebhaber in Seltsam ist Juanas Weise gepriesen. Aber immerhin kann der Sänger seine Wehklage

EINFÜHRUNG

vor einem Publikum aufbauschen, und das ist ein gewisser Trost: Man kann ihn fast sehen, wie er sich zunächst in Pose wirft und dann zwischen den Sätzen gezupfte Gitarrenakkorde schlägt. Nach vier Beschwörungen des Refrains (»Wenn ich seufz’ und sage: heut, ›Morgen‹ spricht sie leise.«) fragen wir uns, wie lange dieses ungleiche Paar noch seinen Krieg der Gegensätze weiterführen wird. Die Achterbahnfahrt von »laut«, dann »leise« auf engem Raum ist eine besondere Schwierigkeit im Lied wie auch in der einseitigen Liebes(?)-Beziehung.

Geibel und Heyse bevorzugten das sagenumwobene Spanien mit seinen stürmischen Leidenschaften und seiner qualvollen Religiosität, sodass es in der Anthologie nicht viel Platz für Leichtigkeit gab. Aber Köpfchen, Köpfchen, nicht gewimmert (Preziosas Sprüchlein gegen Kopfweh) ist eine Rarität im Spanischen Liederbuch , die in ihrer Kombination von Zartheit und Dissonanz an das Mausfallen-Sprüchlein erinnert (Preciosa ist die Hauptfigur in Miguel de Cervantes’ La Gitanella von 1613). Hier werden kindliche Bosheit und Kopfschmerzen zu konfliktreichen Intervallen, die im Diskant sehr leise gespielt werden. Erst ganz am Ende wirkt der Zauber, und wir hören zum ersten Mal die Haupttonart voll und ganz, womit alle Spannung verfliegt.

Wer tat deinem Füßlein weh? ist ein Dialoglied (gesungen von einer Person), in dem eine leidenschaftlich klagende junge Frau von einem Mann, der sie liebt, gefragt wird, was ihren Fuß verletzt hat. Sie gibt eine dreifache Antwort, in der Blumen, die symbolisch für die Liebe stehen (Rose, Lilie, Nelke), sie gestochen oder auf sie eingestochen haben, und der Fragesteller meldet sich freiwillig, um ihre Wunden zu heilen: Man muss nicht Freud bemühen, um diese Botschaft zu entschlüsseln. Chopins »Terzen-Etüde« op. 25/6 ist kaum anspruchsvoller als die Begleitung dieses Liedes.

Wolfs Auftrag ist ein wunderbares Beispiel für seinen einzigartigen Humor im Lied. Man kann fast sehen, wie sein verzweifelter Liebespoet frustriert mit den Füßen stampft, bevor er eine Nachricht an seinen Vermittler, Vetter Christel, schreibt, der mit der Lieferung nicht durchkommt: die Nachricht von der Geliebten des Sängers. Das Ende, als der Cousin aufgefordert wird, ihm eine Abhandlung darüber zu schreiben, wie er sich in der Liebe verhalten soll, ist urkomisch − und klingt im spöttischen Klavier nach (wie viele Phrasen in diesem Lied). Wunderbar ist, wie Wolf dafür sorgt, dass wir die schiere Begeisterung der Liebe in den punktierten rhythmischen Tanzmelodien im gesamten Text des Liedes hören. Wer würde nicht mit diesem liebenswerten, wenn auch unbeholfenen Jungen mittanzen wollen?

Mörike war ein Meister im Schreiben origineller Gedichte, die an deutsche Volksweisen erinnern. In Die Tochter der Heide bittet ein ungestümes Mädchen vom Lande seine Schwester, sich zu waschen, um zur Hochzeit ihres treulosen Liebhabers mit einer anderen Frau zu gehen. In Wolfs Klaviereinleitung hören wir, wie wütend sie ist, und ihr Zorn wird zu einem Strom von Drohungen, einschließlich eines Zaubersprüchleins, das das hinterhältige Paar festbannt, während das Haus neben den beiden abbrennt. Als sie am Ende erklärt: »Das war nur ein Scherz«, und plant, ihren neuen Liebhaber zur Hochzeit mitzubringen, sind wir uns nicht ganz sicher, ob wir glauben sollen, dass sie ihre Drohungen nicht wahr machen wird. In ihrer Mischung aus Wut und Hochzeitsmelodie ähnelt Wolfs Vertonung Schumanns Das ist ein Flöten und Geigen aus der Dichterliebe .

Wir enden mit einer feurigen, lebhaften Lobrede auf Wein, Weib und Gesang: Robert Reinicks Skolie . Wolf schickt schäumende Klangwellen, die durch eine Vielzahl von verschiedenen Tonarten zu einem stürmischen Abschluss tosen, während der Sänger das Leben selbst feiert. Wie könnte man ein Konzert besser beschließen?

Robert Barnes (1840−1895): Tanzen Sie! Holzschnitt für Thomas Hardys »The Mayor of Casterbridge«, 1886

HUGO

ERSCHAFFEN UND BELEBEN

Hans Adam war ein Erdenkloß

Den Gott zum Menschen machte, Doch bracht er aus der Mutter Schoß Noch vieles Ungeschlachte.

Die Elohim zur Nas’ hinein

Den besten Geist ihm bliesen, Nun schien er schon was mehr zu sein, Denn er fing an zu niesen.

Doch mit Gebein und Glied und Kopf

Blieb er ein halber Klumpen, Bis endlich Noah für den Tropf Das Wahre fand, den Humpen.

Der Klumpe fühlt sogleich den Schwung,

Sobald er sich benetzet, So wie der Teig durch Säuerung Sich in Bewegung setzet.

So, Hafis, mag dein holder Sang, Dein heiliges Exempel, Uns führen, bei der Gläser Klang, Zu unsres Schöpfers Tempel.

Johann Wolfgang von Goethe (1742−1832)

DER NEUE AMADIS

Als ich noch ein Knabe war, Sperrte man mich ein; Und so saß ich manches Jahr Über mir allein, Wie im Mutterleib.

Doch du warst mein Zeitvertreib, Goldne Phantasie, Und ich ward ein warmer Held, Wie der Prinz Pipi, Und durchzog die Welt.

Baute manch kristallen Schloss

Und zerstört es auch, Warf mein blinkendes Geschoss Drachen durch den Bauch, Ja, ich war ein Mann!

Ritterlich befreit ich dann Die Prinzessin Fisch; Sie war gar zu obligeant, Führte mich zu Tisch, Und ich war galant.

Und ihr Kuss war Götterbrot, Glühend wie der Wein.

Ach! Ich liebte fast mich tot!

Rings mit Sonnenschein War sie emailliert.

Ach wer hat sie mir entführt?

Hielt kein Zauberband Sie zurück vom schnellen Fliehn?

Sagt, wo ist ihr Land?

Wo der Weg dahin?

Johann Wolfgang von Goethe

DER KÖNIG BEI DER KRÖNUNG

Dir angetrauet am Altare,

O Vaterland, wie bin ich dein!

Lass für das Rechte mich und Wahre

Nun Priester oder Opfer sein!

Geuß auf mein Haupt, Herr, deine Schale,

Ein köstlich Öl des Friedens, aus, Dass ich wie eine Sonne strahle

Dem Vaterland und meinem Haus!

Eduard Mörike (1804−1875)

KÖNIGLICH GEBET

Ha, ich bin der Herr der Welt!

Mich lieben die Edlen, die mir dienen.

Ha, ich bin der Herr der Welt!

Ich liebe die Edlen, denen ich gebiete.

O gib mir, Gott im Himmel, Dass ich mich der Höh und Liebe Nicht überhebe.

Johann Wolfgang von Goethe

ES WAR EIN ALTER KÖNIG

Es war ein alter König, Sein Herz war schwer, sein Haupt war grau;

Der arme alte König, Er nahm eine junge Frau.

Es war ein schöner Page, Blond war sein Haupt, leicht war sein Sinn;

Er trug die seidne Schleppe

Der jungen Königin.

Kennst du das alte Liedchen?

Es klingt so süß, es klingt so trüb!

Sie mussten beide sterben, Sie hatten sich viel zu lieb.

Heinrich Heine (1797−1856)

OB DER KORAN VON EWIGKEIT SEI

Ob der Koran von Ewigkeit sei?

Darnach frag ich nicht!

Ob der Koran geschaffen sei?

Das weiß ich nicht!

Dass er das Buch der Bücher sei, Glaub ich aus Mosleminenpflicht.

Dass aber der Wein von Ewigkeit sei,

Daran zweifl' ich nicht;

Oder dass er vor den Engeln geschaffen sei,

Ist vielleicht auch kein Gedicht.

Der Trinkende, wie es auch immer sei, Blickt Gott frischer ins Angesicht.

Johann Wolfgang von Goethe

DANK DES PARIA

Großer Brahma! Nun erkenn ich,

Dass du Schöpfer bist der Welten!

Dich als meinen Herrscher nenn ich; Denn du lässest alle gelten.

Und verschließest auch dem Letzten

Keines von den tausend Ohren; Uns, die tief herabgesetzten, Alle hast du neu geboren.

Wendet euch zu dieser Frauen, Die der Schmerz zur Göttin wandelt! Nun beharr ich anzuschauen

Den, der einzig wirkt und handelt.

Johann Wolfgang von Goethe

O WÄR DEIN HAUS DURCHSICHTIG WIE

EIN GLAS

O wär dein Haus durchsichtig wie ein

Glas,

Mein Holder, wenn ich mich vorüber stehle!

Dann säh ich drinnen dich ohn Unterlass, Wie blickt ich dann nach dir mit ganzer Seele!

Wie viele Blicke schickte mir dein Herz, Mehr als da Tropfen hat der Fluss im März!

Wie viele Blicke schickt ich dir entgegen, Mehr als da Tropfen niedersprühn im Regen!

Paul Heyse (1830 −1914) nach einem italienischen Volkslied

WIEGENLIED IM WINTER

Schlaf ein, mein süßes Kind, Da draußen geht der Wind, Er pocht ans Fenster und schaut hinein, Und hört er, wo ein Kindlein schrei’n, Da schilt und summt und brummt er sehr,

Holt gleich sein Bett voll Schnee daher, Und deckt es auf die Wiegen, Wenn’s Kind nicht still will liegen.

Schlaf ein, mein süßes Kind, Da draußen geht der Wind, Er rüttelt an dem Tannenbaum, Da fliegt heraus ein schöner Traum, Der fliegt durch Schnee und Nacht und Wind

Geschwind, geschwind zum lieben Kind, Und singt von Licht und Kränzen, Die bald am Christbaum glänzen.

Schlaf ein, mein süßes Kind, Da draußen bläst der Wind, Doch ruft die Sonne: »Grüß euch Gott!«, Bläst er dem Kind die Backen rot, Und sagt der Frühling: »Guten Tag!«, Bläst er die ganze Erde wach, Und was erst still gelegen, Springt lustig allerwegen.

Jetzt schlaf ’, mein süßes Kind, Da draußen bläst der Wind!

Robert Reinick (1805−1852)

AN***

O, wag’ es nicht, mit mir zu scherzen, Zum Scherze schloss ich keinen Bund; O, spiele nicht mit meinem Herzen! Weißt du noch nicht, wie sehr es wund?

Weil ich so tief für dich entbrannte, Weil ich mich dir gezeigt so weich, Dein Herz die süße Heimat nannte Und deinen Blick mein Himmelreich:

O, rüttle nicht den Stolz vom Schlummer, Der süßer Heimat sich entreißt,

Dem Himmel mit verschwiegnem Kummer

Auf immerdar den Rücken weist.

Nikolaus Lenau (1802−1850)

WIEGENLIED IM SOMMER

Vom Berg hinabgestiegen

Ist nun des Tages Rest, Mein Kind liegt in der Wiegen, Die Vögel all im Nest; Nur ein ganz klein Singvögelein

Ruft weit daher im Dämmerschein:

»Gut’ Nacht! Gut’ Nacht!

Lieb Kindlein, gute Nacht!«

Die Wiege geht im Gleise, Die Uhr tickt hin und her, Die Fliegen nur ganz leise Sie summen noch daher.

Ihr Fliegen, lasst mein Kind in Ruh! Was summt ihr ihm so heimlich zu?

»Gut’ Nacht! Gut’ Nacht!

Lieb Kindlein, gute Nacht!«

Der Vogel und die Sterne

Und alle rings umher, Sie haben mein Kind so gerne, Die Engel noch viel mehr. Sie decken’s mit den Flügeln zu Und singen leise: »Schlaf in Ruh!

Gut’ Nacht! Gut’ Nacht!

Lieb’ Kindlein, gute Nacht!«

Robert Reinick

AUCH KLEINE DINGE KÖNNEN UNS ENTZÜCKEN

Auch kleine Dinge können uns entzücken, Auch kleine Dinge können teuer sein. Bedenkt, wie gern wir uns mit Perlen schmücken; Sie werden schwer bezahlt und sind nur klein.

Bedenkt, wie klein ist die Olivenfrucht, Und wird um ihre Güte doch gesucht. Denkt an die Rose nur, wie klein sie ist, Und duftet doch so lieblich, wie ihr wisst.

Paul Heyse nach einem italienischen Volkslied

Koloman Moser (1868−1918): Mausfallen Sprüchlein, 1897

MAUSFALLEN-SPRÜCHLEIN

Kleine Gäste, kleines Haus. Liebe Mäusin oder Maus,

Stell dich nur kecklich ein

Heute Nacht bei Mondenschein!

Mach aber die Tür fein hinter dir zu, Hörst du?

Dabei hüte dein Schwänzchen!

Nach Tische singen wir, Nach Tische springen wir

Und machen ein Tänzchen:

Witt witt!

Meine alte Katze tanzt wahrscheinlich mit.

SIE HABEN HEUT’ ABEND GESELLSCHAFT

Sie haben heut’ Abend Gesellschaft, Und das Haus ist lichterfüllt.

Dort oben am hohen Fenster Bewegt sich ein Schattenbild.

Du siehst mich nicht, im Dunkeln

Steh’ ich hier unten allein; Noch wen’ger kannst du schauen

In mein dunkles Herz hinein.

Mein dunkles Herze liebt dich, Es liebt dich und es bricht, Es bricht und zuckt und verblutet, Du aber siehst es nicht.

KLINGE, KLINGE, MEIN PANDERO

Klinge, klinge, mein Pandero, Doch an andres denkt mein Herz.

Wenn du, muntres Ding, verständest

Meine Qual und sie empfändest, Jeder Ton, den du entsendest, Würde klagen meinen Schmerz.

Bei des Tanzes Drehn und Neigen

Schlag’ ich wild den Takt zum Reigen, Dass nur die Gedanken schweigen, Die mich mahnen an den Schmerz.

Ach, ihr Herrn, dann will im Schwingen

Oftmals mir die Brust zerspringen, Und zum Angstschrei wird mein Singen, Denn an andres denkt mein Herz.

Emanuel Geibel (1815−1884) nach Alvaro Fernandez de Almeida (1815−1884)

SELTSAM IST JUANAS WEISE

Seltsam ist Juanas Weise. Wenn ich steh’ in Traurigkeit, Wenn ich seufz’ und sage: heut, »Morgen« spricht sie leise.

Trüb’ ist sie, wenn ich mich freue; Lustig singt sie, wenn ich weine; Sag’ ich, dass sie hold mir scheine, Spricht sie, dass sie stets mich scheue. Solcher Grausamkeit Beweise

Brechen mir das Herz in Leid − Wenn ich seufz’ und sage: heut, »Morgen« spricht sie leise.

Heb’ ich meine Augenlider, Weiß sie stets den Blick zu senken; Um ihn gleich emporzulenken, Schlag’ ich auch den meinen nieder. Wenn ich sie als Heil’ge preise, Nennt sie Dämon mich im Streit –Wenn ich seufz’ und sage: heut, »Morgen« spricht sie leise.

Sieglos heiß’ ich auf der Stelle, Rühm’ ich meinen Sieg bescheiden; Hoff’ ich auf des Himmels Freuden, Prophezeit sie mir die Hölle.

Ja, so ist ihr Herz von Eise, Säh’ sie sterben mich vor Leid, Hörte mich noch seufzen: heut, »Morgen« spräch’ sie leise.

Emanuel Geibel nach einem spanischen Volkslied

KÖPFCHEN, KÖPFCHEN, NICHT GEWIMMERT Köpfchen, Köpfchen, nicht gewimmert, Halt dich wacker, halt dich munter, Stütz’ zwei gute Säulchen unter, Heilsam aus Geduld gezimmert!

Hoffnung schimmert, Wie sich’s auch verschlimmert

Und dich kümmert.

Musst mit Grämen

Dir nichts zu Herzen nehmen, Ja kein Märchen, Dass zu Berg dir stehn die Härchen; Da sei Gott davor

Und der Riese Christophor!

Paul Heyse nach Miguel de Cervantes (1547−1616)

WER TAT DEINEM FÜSSLEIN WEH?

»Wer tat deinem Füßlein weh?

La Marioneta,

Deiner Ferse weiß wie Schnee?

La Marion.«

Sag’ Euch an, was krank mich macht, Will kein Wörtlein Euch verschweigen:

Ging zum Rosenbusch zur Nacht, Brach ein Röslein von den Zweigen; Trat auf einen Dorn im Gang, La Marioneta, Der mir bis ins Herze drang, La Marion.

Sag’ Euch alle meine Pein, Freund, und will Euch nicht berücken:

Ging in einen Wald allein, Eine Lilie mir zu pflücken; Traf ein Stachel scharf mich dort, La Marioneta, War ein süßes Liebeswort, La Marion.

Sag’ Euch mit Aufrichtigkeit

Meine Krankheit, meine Wunde: In den Garten ging ich heut, Wo die schönste Nelke stunde; Hat ein Span mich dort verletzt, La Marioneta, Blutet fort und fort bis jetzt, La Marion.

»Schöne Dame, wenn Ihr wollt, Bin ein Wundarzt guter Weise, Will die Wund’ Euch stillen leise, Dass Ihr’s kaum gewahren sollt. Bald sollt Ihr genesen sein,

La Marioneta, Bald geheilt von aller Pein, La Marion.«

Emanuel Geibel nach einem spanischen Volkslied

AUFTRAG

In poetischer Epistel Ruft ein desperater Wicht: Lieber Vetter! Vetter Christel! Warum schreibt Er aber nicht?

Weiß Er doch, es lassen Herzen, Die die Liebe angeweht, Ganz und gar nicht mit sich scherzen, Und nun vollends ein Poet! Denn ich bin von dem Gelichter, Dem der Kopf beständig voll; Bin ich auch nur halb ein Dichter, Bin ich doch zur Hälfte toll.

Amor hat Ihn mir verpflichtet, Seinen Lohn weiß Er voraus, Und der Mund, der Ihm berichtet, Geht dabei auch leer nicht aus.

Pass Er denn zur guten Stunde, Wenn Sein Schatz durchs Lädchen schaut, Lock ihr jedes Wort vom Munde, Das mein Schätzchen ihr vertraut.

Schreib Er mir dann von dem Mädchen Ein halb Dutzend Bogen voll,

Und daneben ein Traktätchen, Wie ich mich verhalten soll!

Eduard Mörike

DIE TOCHTER DER HEIDE

Wasch dich, mein Schwesterchen, wasch dich!

Zu Robins Hochzeit gehn wir heut: Er hat die stolze Ruth gefreit.

Wir kommen ungebeten; Wir schmausen nicht, wir tanzen nicht, Und nicht mit lachendem Gesicht Komm ich vor ihn zu treten.

Strähl dich, mein Schwesterchen, strähl dich!

Wir wollen ihm singen ein Rätsel-Lied, Wir wollen ihm klingen ein böses Lied; Die Ohren sollen ihm gellen.

Ich will ihr schenken einen Kranz

Von Nesseln und von Dornen ganz:

Damit fährt sie zur Hölle!

Schick dich, mein Schwesterchen, schmück dich!

Derweil sie alle sind am Schmaus, Soll rot in Flammen stehn das Haus, Die Gäste schreien und rennen.

Zwei sollen sitzen unverwandt, Zwei hat ein Sprüchlein festgebannt; Zu Kohle müssen sie brennen!

Lustig, mein Schwesterchen, lustig!

Das war ein alter Ammensang. Den falschen Rob vergaß ich lang.

Er soll mich sehen lachen!

Hab ich doch einen andern Schatz, Der mit mir tanzet auf dem Platz − Sie werden Augen machen!

Eduard Mörike

SKOLIE

Reich den Pokal mir schäumenden

Weines voll,

Reich mir die Lippen zum Kusse, die blühenden, Rühre die Saiten, die seelenberauschenden!

Feuer des Mutes brennt im Pokale mir, Gluten der Liebe glühn auf der Lippe dir, Flammen des Lebens rauschen die Saiten mir.

Woge des Kampfes, reiß in die Brandung mich!

Wogen der Liebe, hebt zu den Wolken mich!

Schäumendes Leben, jubelnd begrüß ich dich!

Robert Reinick

MIRELLA HAGEN

Sopran

Mirella Hagen studierte in Stuttgart bei Prof. Ulrike Sonntag und Prof. Cornelis Witthoefft und schloss ihr Studium mit Auszeichnung ab. Meisterkurse besuchte sie bei KS Edith Mathis, Prof. Ulf Bästlein und Charles Spencer, KS Helen Donath und Helmut Deutsch ergänzten ihre Studien. Nach ihrem Studium folgte ein Engagement am Opernstudio der Staatsoper Stuttgart, wo sie zahlreiche Partien ihres Fachs sang. Weitere Engagements führten sie an die Oper Dortmund, an die Komische Oper Berlin und an das Theater Regensburg (Gretel, Hänsel und Gretel) . An der Opera Vlaanderen war sie als Anna (Nabucco) , Papagena (Die Zauberflöte) sowie als 1. Knappe und 1. Blumenmädchen in Parsifal zu hören. Am Staatstheater Braunschweig debütierte sie als Adina (L’elisir d’amore) , Pamina und Eliza Doolittle (My Fair Lady) und sang Partien des lyrischen Fachs wie Gilda (Rigoletto) und Fiorella (Les Brigants) sowie die Sopranpartie im Requiem von Brahms. 2013 gab sie ihr Debüt bei den Bayreuther Festspielen als Woglinde in Rheingold und Götterdämmerung sowie als Waldvogel in Siegfried . 2016 debütierte sie am Theater an der Wien als Betty in Salieris Falstaff unter der Leitung von René Jacobs, mit dem sie 2017 eine Tournee mit Monteverdis Il ritorno d’Ulisse nach Brüssel, Amsterdam, Köln und Wien unternahm. Mit dem Freiburger Barockorchester führte sie eine Tournee mit Le nozze di Figaro nach Korea, China, Österreich und Spanien. 2018 debütierte Mirella Hagen als Waldvogel an der Bayerischen Staatsoper unter Kirill Petrenko.

Neben ihrer Operntätigkeit ist die vielseitige Künstlerin auch als Konzertsängerin gefragt. Eine enge Zusammenarbeit verbindet sie mit Helmuth Rilling, mit dem sie nach Korea, Polen, Italien und Russland reiste und beim Beethovenfest Bonn, dem Europäischen Musikfest Stuttgart sowie der Bachwoche Stuttgart auftrat. Unter Hans-Christoph Rademann sang sie in Katowice in der Johannes-Passion von J. S. Bach, mit der sie auch in der Tonhalle Zürich zu erleben war.

Ein weiterer Schwerpunkt ihrer noch jungen Laufbahn ist der Liedgesang. Zusammen mit der Pianistin Kerstin Mörk war sie auf vielen bedeutenden Liedpodien wie etwa der Villa Wahnfried in Bayreuth, der Hugo-Wolf-Akademie Stuttgart und dem Festival Ljubljana zu Gast und veröffentlichte die CD Mädchenherzen mit Liedern von Richard Strauss, Ludwig Thuille und Hugo Wolf.

ANDRÉ MORSCH

Bariton

Der deutsche Bariton André Morsch studierte bei Margareet Honig in Amsterdam und schloss sein Studium mit Auszeichnung ab. 2007 gewann er den prestigeträchtigen Internationalen Wettbewerb für Liedkunst der Hugo-Wolf-Akademie in Stuttgart.

André Morsch sang u. a. an den Opernhäusern von Stuttgart, Leipzig, Zürich, Basel, Paris, Lyon, Straßburg, Genf, Amsterdam und tritt regelmäßig im Konzert- und Oratorienfach auf mit Orchestern wie der Akademie für Alte Musik Berlin, Les Arts Florissants, Les Talents Lyriques, Le Poème Harmonique, dem Orchester des 18. Jahrhunderts sowie den Niederländischen und Flämischen Rundfunkorchestern.

Er arbeitete mit Dirigenten wie Frans Brüggen, Jaap van Zweden, Carlo Rizzi, Ingo Metzmacher, William Christie, Marcus Creed, Christophe Rousset, Hervé Niquet, Vincent Dumestre, Edo de Waart und Thomas Hengelbrock zusammen.

2008 hatte er sein Debüt an der Opéra Comique in Paris in der Titelrolle der Oper Cadmus et Hermione von Lully. Die DVD dieser Produktion konnte zahlreiche Preise gewinnen, darunter die Diapason d’Or und die Auszeichnung DVD des Jahres 2009 der deutschen Schallplattenkritik.

Von 2011 bis 2018 war er als festes Ensemblemitglied der Staatsoper Stuttgart u. a. zu hören als Figaro, Leporello, Papageno, Barbier, Harlekin und Malatesta.

Von André Morsch sind zahlreiche Aufnahmen erschienen wie Lieder von Hermann Reutter, das Requiem von Brahms unter der Leitung von Daniel Reuss, Telemanns Miriways und Haydns L’Isola Disabitata mit Akamus Berlin sowie die h-Moll-Messe von J. S. Bach mit Les Arts Florissants und William Christie. Gegenwärtig ist er am Theater Basel als Papageno zu hören.

KERSTIN MÖRK

Klavier

Die Pianistin Kerstin Mörk gilt als eine der vielseitigsten Musikerinnen der jungen Generation. Ihr Repertoire erstreckt sich von Sololiteratur über Kammermusik und Lied bis hin zu großbesetzten Solokonzerten. Engagements führten sie unter anderem in Konzertsäle wie die Liederhalle Stuttgart, die Dresdner Semperoper, die Beethovenhalle Bonn, das Berliner Konzerthaus, die Philharmonie Essen, das Haus Wahnfried in Bayreuth sowie zum Ljubljana Festival, zu den Weingartener Musiktagen und den Ludwigsburger Schlossfestspielen. Regelmäßig arbeitet sie mit der Internationalen Bachakademie Stuttgart und der Hugo-Wolf-Akademie für Liedkunst Stuttgart. Als Solistin spielte sie mit dem Akademischen Kammerorchester Karlsruhe und der Sinfonietta Vidin, dem HSSO Valerius Den Haag, dem Göppinger Kammerorchester und der Jungen Philharmonie Karlsruhe.

Eine enge Zusammenarbeit verbindet sie mit der Sopranistin Mirella Hagen. 2016 erschien ihre gemeinsame CD mit Liedern von Richard Strauss, Ludwig Thuille und Hugo Wolf, die von der Presse hoch gelobt wird. Zusammen mit der Bratschistin Madeleine Przybyl widmet sich Kerstin Mörk gängigem Repertoire ebenso wie Neuentdeckungen und zeitgenössischer Musik. Im pianoduo mo:rk spielt sie zusammen mit ihrer Schwester Anja Mörk Klavier zu vier Händen sowie an zwei Klavieren. Kerstin Mörk ist Mitglied der Stuttgarter Parnassus-Akademie und der Gruppe VisualsandVoices, welche Musik der Avantgarde mit Video-Liveperformances verbindet. Sie musiziert außerdem mit Instrumentalisten wie der Geigerin Viktoria Kaunzner und den Sängern Seda Amir-Karayan, Fanie Antonelou, Rabea Kramp, Christine Müller und Simon Tischler. Kerstin Mörk studierte an den staatlichen Hochschulen in Stuttgart und Würzburg, am Conservatoire national supérieur de Paris und am Conservatoire de Montréal, wo sie von Renate Werner, Shoshana Rudiakov, Florian Wiek, Cornelis Witthoefft, Roger Muraro und Bernd Glemser unterrichtet wurde und ihre Studien mit Auszeichnung abschloss. Sie besuchte Meisterkurse u. a. bei Klaus Hellwig, Konrad Elser und Elisso Virsaladze und arbeitete kammermusikalisch regelmäßig mit dem Fauré Quartett, Tabea Zimmermann sowie Wolfram Rieger und Gerold Huber. Zu ihren wichtigsten Auszeichnungen gehören der Sonderpreis für Klavierbegleiter beim Internationalen Wettbewerb für Liedkunst Stuttgart im Jahr 2012, ein Stipendium des Deutschen Musikwettbewerbs, die Verleihung des Musikpreises der Bruno-Frey-Stiftung

sowie der zweite Preis beim Bechstein-Hochschulwettbewerb f ü r Klavier. Außerdem war Kerstin Mörk Stipendiatin des Yehudi Menuhin Live Music Now e.V., der Gesellschaft der Freunde der Musikhochschule Stuttgart sowie der Landesstiftung Baden-Württemberg.

Seit März 2017 unterrichtet sie als Senior Lecturer für Korrepetition an der Universität für Musik und dastellende Kunst Graz und lebt in München.

Moderation

Der gebürtige Schweizer Tobias Truniger absolvierte sein Klavierstudium bei den Professoren Boris Bloch und Till Engel an der Folkwang Hochschule Essen. Er setzte seine Studien im Bereich Liedgestaltung und Korrepetition an der Musikhochschule Leipzig bei Prof. Karl-Peter Kammerlander sowie in Kursen bei Brigitte Fassbaender, Norman Shetler und Roger Vignoles fort. Tobias Truniger arbeitete als Korrepetitor an der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf, wo er auch als Lehrbeauftragter an der Robert-Schumann-Musikhochschule tätig war. Ab 2000 war er Studienleiter der Gesangsklassen an der Musikhochschule Nürnberg-Augsburg und leitet weiterhin eine Liedklasse an der Musikhochschule München. Als Liedbegleiter konzertiert er mit Sängern wie Angelika Kirchschlager, Thomas Moser und Edith Wiens und betreut als Vocal Coach zahlreiche Sänger an führenden europäischen Opernhäusern und bei Festivals. Seit der Saison 2009/10 ist er musikalischer Leiter des Opernstudios der Bayerischen Staatsoper.

Herausgeber Internationale Hugo -Wolf - Akademie für Gesang, Dichtung, Liedkunst e.V. Stuttgart, Jägerstraße 40, 70174 Stuttgart, Deutschland, Telefon +49(0)711-22 11 77, Fax +49(0)711. 22 79 919, info@ihwa.de, www.ihwa.de

Vorstand Prof. Dr. Hansjörg Bäzner (Vorsitzender), Hans Georg Koch (Stv. Vor sitzender), Albrecht Merz (Schatzmeister), Walter Kübler (Schrift führer), EBM Dr. Fabian Mayer (Ver treter der Landeshauptstadt Stuttgart), MDgt Dr. Claudia Rose (Ver treterin des Landes B aden - Württemberg), Cornelius Hauptmann, Patrick Strub

Künstlerischer Beirat Prof. Marcelo Amaral, Oswald Beaujean, Prof. Dr. h.c. Thomas Hampson, Prof. Christiane Iven, Dr. Regula Rapp

Kuratorium Prof. Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Christiane Nüsslein-Volhard, Direktorin d. Max-Planck-Instituts für Entwicklungsbiologie (Tübingen) – Vorsitzende; Dr. h.c. Erwin Teufel, Ministerpräsident a. D. (Spaichingen) – Stv. Vorsitzender; Prof. Siegfried Bauer, Landeskirchenmusikdirektor i. R. (Ludwigsburg), Prof. HansJürgen Drescher, Präsident d. Bayerischen Theaterakademie August Everding (München), Wilfried Ensinger, Ensinger GmbH (Nufringen), Prof. Dr. h.c. Brigitte Fassbaender (München), Dr. Alfred Geisel, Erster stv. Präsident des Landtags von Baden-Württemberg a. D. (Stuttgart), Prof. Dr. Christian Gerhaher (München), Dr. Wolfgang Gushurst, SWR (Baden-Baden), Dr. Karl Gutbrod (Stuttgart), Peter Jakobeit (Stuttgart), Hartmut Jenner, Vorsitzender der Geschäftsführung der Kärcher GmbH (Winnenden), Michael Klett, Verleger (Stuttgart), Richard Kriegbaum (Böblingen), Prof. Philip Kurz, Geschäftsführer Wüstenrot Stiftung (Ludwigsburg), Prof. Uta Kutter (Stuttgart), Gerti Mayer-Vorfelder (Böblingen), Georg Mehl (Stuttgart), Sergio Morabito (Stuttgart/Wien), Dr. Herbert Müller (Hessigheim), Dr. Günther Nath, Geschäftsführender Gesellschafter der Lumatec Gesellschaft für medizinisch-technische Geräte mbH (München), Dr. Winfried Nowak (Baden-Baden), Franz Xaver Ohnesorg (Essen),

Albrecht Puhlmann (Berlin), Prof. Dr. Ulrich Raulff, Präsident des Instituts für Auslandsbeziehungen (Stuttgart), Gernot Rehrl (München), Michaela Russ, Geschäftsführerin Südwestdeutsche Konzertdirektion Erwin Russ GmbH (Stuttgart), Dr. Roland Schelling, Rechtsanwalt (Stuttgart), Dr. Uwe Schroeder-Wildberg, Vorstandsvorsitzender der MLP AG (Wiesloch), Mario Schulz Stuttgart), Dr. Wolfgang Schuster, Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Stuttgart a.D. (Stuttgart), Peter Ströbel, Rechtsanwalt (Stuttgart), Klaus von Trotha, Minister a. D. (Stuttgart), Dr. Erwin Vaih, Wirtschaftsprüfer (Stuttgart), Susanne Weber-Mosdorf (Hochdorf), Jossi Wieler (Berlin), Dr. Rainer Wilhelm (Stuttgart), Dr. Gerhard Wirth (Stuttgart), Thomas Wördehoff (Hohentengen), Dr. Herbert Wörner (München), Prof. Dr. Walther Zügel (Stuttgart)

Intendanz Dr. Cornelia Weidner

Redaktion & Satz Monika Treutwein

Textnachweis Der Text von Susan Youens ist ein Originalbeitrag für dieses Heft (Deutsche Übersetzung: IHWA)

Bildnachweis S. 6: Falkenstein Foto/Alamy Stock Foto; S. 10: Dichtergrüße. Neuere deusche Lyrik, ausgewählt von Elke Polko, Leipzig um 1890; S. 13: Granger Historical Picture Archive/ Alamy Stock Foto; S. 18: Buchillustrationsentwurf von Koloman Moser zu »Mausfallen Sprüchlein« von Eduard Mörike für Felicie Ewarts Jugendschatz. Deutsche Dichtungen, 1897, S. 43, Foto: © MAK – Museum für angewandte Kunst, Wien.

Gerard Collett (Mirella Hagen, Kerstin Mörk), Christian Knörr (André Morsch), Wilfried Hösl (Tobias Truniger)

Änderungen des Programms und der Mitwirkenden vorbehalten.

LIEDPATE WERDEN! – IHR PERSÖNLICHES LIEBLINGSLIED VON HUGO WOLF

Haben Sie ein Lieblingslied von Hugo Wolf? Als Liedpate können Sie die Aufführung dieses Liedes im Rahmen unserer Reihe »Der ganze Hugo Wolf« unmittelbar unterstützen. Außerdem tragen Sie mit diesem ganz persönlichen Beitrag zum Gelingen unseres ambitionierten Unterfangens bei, in den nächsten Jahren nahezu das komplette Liedschaffen von Hugo Wolf in Stuttgart zur Aufführung zu bringen.

Für einen Beitrag von nur 25 Euro können Sie sich aus den knapp 300 Liedern, die Hugo Wolf in seinem relativ kurzen Leben komponiert hat, ihr Lieblingslied aussuchen. Wenn gewünscht, wird der Name des Liedpaten im Programmheft des Konzerts veröffentlicht, selbstverständlich kann die Patin/der Pate aber auch ungenannt bleiben. Liedpatenschaften können natürlich auch verschenkt werden. Wer hat schon jemals ein Lied von Hugo Wolf geschenkt bekommen?

Alle Paten erhalten als Dank ein von den Künstlern, die das Lied im Rahmen unserer Reihe aufführen, signiertes Notenblatt und ein Programmheft zum Konzert. Und wer für »sein« Lied mehr geben möchte, kann dies natürlich auch gerne tun. Bei Patenschaften ab 50 Euro erhalten Sie zwei Freikarten für das Konzert, bei dem Ihr Lied erklingt, oder für ein Galeriekonzert Ihrer Wahl.

Da ständig neue Liedpaten hinzukommen, finden Sie auf unserer Webseite www.ihwa. de eine fortlaufend aktualisierte Liste der verfügbaren Lieder. Dort gibt es auch alle weiteren Informationen zu den Liedpatenschaften sowie das Formular, mit dem Sie Liedpate werden können.

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