Journal Parallelaktion Kunst 2018

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Alfred Biber Die letzten 15 Jahre von Alfred Biber, der am 3. September 2013, kurz nach seinem 71. Geburtstag, verstorben ist, hatte der Künstler seine ständige Vertretung im Kunstraum gefunden. Der Leiter der Galerie, Hubert Thurnhofer erinnert sich: Es gibt bedürftige Kunst, konkreter gesagt erklärungs-bedürftige Kunstwerke, und es gibt kraftvolle Bilder, die für sich sprechen, die den Betrachter direkt und unmittelbar in ihren Bann ziehen. Die erklärungsbedürftige Kunst erinnert an neue Batterien, die aus der Fabrik kommen, aber nicht geladen sind. Man kann damit wenig anfangen. Das ist bei den Bildern von Biber völlig anders. Von diesen Bildern geht eine gewaltige Energie aus, der man sich nicht entziehen kann. Verstärkt wird das Kraftfeld von Bibers Bildern auch durch seine großen Formate. Im August 2012 feierte der Kunstraum den 70 Geburtstag des Künstlers mit einer Retrospektive. Wenige Wochen davor ist sein letzter Katalog mit einem programmatischen Titel erschienen: „Malerei ist ein Kraftakt, der ins Dasein weist“. Da ich immer schon ein „Moralapostel“ war, kritisierte ich bei der Gelegenheit, dass in Museen die Tendenz herrscht, immer mehr von immer weniger Künstlern auszustellen. Tendenzen enthalten das Tendenziöse als Nebenwirkung. Tendenziös ist die Museumspolitik, die schon lange nicht mehr aus kritischer, wissenschaftlicher Distanz agiert. Weder zeitlich, mit einem angemessenen Abstand zum Leben eines Künstlers, noch personell, da Verhaberung zwischen Kuratoren bzw. Direktoren und Künstlern zur Voraussetzung gehört, museal geadelt zu werden. Dazu kommt, dass Museen zunehmend zum Spielball finanzkräftiger Sammler werden. Da sie ausstellen wollen, was „in“ ist, müssen sie mangels eigenem Ankaufsbudget auf Leihgaben von finanzkräftigen Sammlern zurückgreifen, die ihre Sammlung damit ganz nebenbei museal aufwerten. Sammler, die aus Leidenschaft etwas kaufen, Besucher die aus Liebe zur Kunst ins Museum oder in eine Galerie gehen, gehören ebenso der Vergangenheit an, wie Künstler, die aus Berufung handeln. Zur

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antiquierten Gattung der Künstler aus Berufung gehört Alfred Biber, der seinen Beruf in der Werbebranche an den Nagel gehängt hat um seiner Berufung zu folgen. Für so eine Entscheidung gibt es selten einen zureichenden Grund, aber rückblickend wird man sicher viele unzureichende Gründe finden. Einer davon heißt Hermann Nitsch. Nitsch wird’s nicht freuen, als „unzureichender Grund für Alfred Biber“ in die Geschichte einzugehen, und Biber war der erste, der sich gegen diese respektlose Einschätzung verwehrt hat. Doch als Galerist von Alfred Biber sei mir dieser kleine Seitenhieb auf einen Künstler erlaubt, aus dessen Schatten Biber nie richtig hervortreten konnte. Mit Nitsch verbindet Biber eine langjährige, künstlerische Freundschaft. Trotzdem – oder deswegen? - konnte er nie an die Markt-Erfolge seines Freundes anschließen. Würden Kritiker und Kuratoren bei Alfred Biber einmal genauer hinschauen, so müssten sie entdecken, dass sein Leitmotiv „Übermalungen eigener Arbeiten“ zu einer Zeit, als Malerei - unter anderem von Peter Weibel - für tot erklärt wurde, eine Entscheidung war, gegen den Strom zu schwimmen. Bis zur Wahrnehmunggrenze der Insider und des Kunstpublikums gelangte aber nur Arnulf Rainer, dessen Übermalungen schnell in den Mainstream der „gefragtesten“ und „angesagtesten“ Künstler der Zeit aufgenommen wurden. „Rainers Kunst der Aneignung sucht bis heute Ihresgleichen“, schreibt die Kunstzeitung (Ausgabe 9/2014). Da hat der Autor wohl nicht viel Zeit auf die Suche verschwendet. Übermalung ist nicht gleich Übermalung, wie Wolfgang Denk bemerkt hat: "Alfred Bibers Arbeiten sind bi-polare Bilder, oder sind es bi-polare Übermalungen von Bildern, oder sind es multi-polare Übermalungen von bipolaren Übermalungen von Bildern? Befragt

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man das Werk Bibers, fällt einem eine Interpretation besonders ins Auge, nämlich dass dort scheinbar grundlegend verschiedene Rhythmen zu einem spannungsvollen Ganzen verbunden sind. Bibers Bilder wirken obsessiv und ruhig zugleich, geplant und voll von kontrolliertem Chaos." Zu der Zeit, als Malerei wieder salonfähig wurde, hat Biber mit der konsequenten Weiterentwicklung seiner multipolaren Bilder bereits einen genuinen Beitrag zur Entwicklung der Malerei des 20. Jahrhunderts geleistet, während Aktionisten und Konzeptualisten die (Öl-)Farbe wieder entdeckten, weil sie damit die Marktnachfrage leichter bedienen konnten als mit Aktionsrelikten. Alfred Biber ist deshalb für mich als Maler interessanter und gewichtiger als Hermann Nitsch. Und um Dimensionen interessanter als viele andere Namen, die ich nicht für nennenswert halte. Soviel lässt sich zu Beginn des 21. Jahrhunderts bereits sagen: auch im 20. Jahrhundert war die Malerei noch die wichtigste Ausdrucksform der bildenden Kunst. Dem entsprechend ist Bibers Beitrag zur Entwicklung der Malerei des 20. Jahrhunderts eine künstlerische Leistung, die Beachtung verdient – auch in den Museen dieser Welt!

Kontakt: der Kunstraum www.thurnhofer.cc und Galerie Kopriva Krems www.kopriva-kunst.com


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