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Auf den Teller
statt in die Tonne
seelenlose Bauruine daneben. Die Vorbesitzer planten einen Ausbau. Ein erster Schritt war getan, die linke Haushälfte abgerissen. Dann sprang unter anderem der Investor ab. Es folgte der Konkurs. Die o ene Wunde am Haus hat Grindelwald Tourismus notdürftig mit einer Bauplane abgedeckt.
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So blieb es, bis die Brüder Michel das Haus übernahmen. Innert acht Monaten ist das Hotel renoviert worden. «Was möglich war, beliessen wir und renovierten es sanft in unserem Einrichtungsstil», so Matthias Michel (29), ausgebildeter Tourismusfachmann. Für die Handwerksarbeiten heuerten die Brüder Firmen aus der Region an. Das beauftragte Interior Design Büro Raumforum aus Thun/BE hat für die Einrichtung Naturfarben mit skandinavischer Schlichtheit kombiniert. «Dies entspricht uns», sagt Michel. «In unseren Adern fliesst dänisches Blut.» Dies ist dem dänischen Grossvater zu verdanken, der wegen eines Beinbruchs seine Skiferien im «Gletschergarten» verlängerte und sich in die Réceptionistin verliebte, der Grossmutter der Brüder.
Zeitgemässes Arbeitsmodell
Im «Fiescherblick» arbeiten zwölf Personen. «Doch wir könnten mehr brauchen», so Matthias Michel. «Wir sind vom Anfangserfolg förmlich überrascht worden.» Das Haus ist Mitte Dezember auf die Wintersaison hin aufgegangen und war über die Festtage bis auf das letzte Bett ausgebucht.
Den Brüdern war das Wohlergehen der Mitarbeitenden von Beginn weg wichtig. Lars Michel (27), der die SHL Schweizerische Hotelfachschule Luzern absolviert hat, legt Wert darauf, dass seine Mitarbeitenden keine Zimmerstunden haben. «Diese geteilten Dienste sind unattraktiv.» Wichtig war den Brüdern auch, dass die Angestellten zwei fixe Tage hintereinander frei haben. In der Küche, wo drei gelernte Köche arbeiten, wird dies galant gelöst: sonntags und montags ist die Küche geschlossen, auch für Hotelgäste.
«Wir kommunizieren das o en. In Grindelwald gibt es eine vielfältige Gastronomie, deshalb ist das kein Problem», so Lars Michel. Getränke gibt es jedoch auch, wenn die Küche zu ist. Und der Frühstücksservice wird von den Mitarbeitenden abgedeckt, die Frühdienst haben. RUTH MARENDING
Fakten und Zahlen
Zimmer 19
Restaurant 40 Sitzplätze
Foodkonzept Küchenchef Aurélien Mettler (26) präsentiert eine saisonale Küche auf der Basis der französischen Esskultur, kombiniert mit der japanischen, skandinavischen und kalifornischen Küche.
Das junge Start-up Hängry Foods will Food Waste in Form von Convenience-Produkten verwerten und in den Umlauf bringen.

Lebensmittel, die in der Schweiz in der Mülltonne landen, wären oft noch problemlos geniessbar. Sie haben aber die falsche Form, ihr Mindesthaltbarkeitsdatum ist abgelaufen oder sie fallen in der Lebensmittelindustrie als nicht verwertete Nebenprodukte an.
Hier setzt das Zürcher Startup Hängry Foods an. Das junge Unternehmen will Food Waste im grossen Stil zu Convenience-Produkten wie Fertigmenüs verarbeiten. Letztes Jahr hat das Team, bestehend aus drei Studierenden der Lebensmittelwissenschaften, seine Vision zunächst im Kleinen getestet. «Wir wollten herausfinden, ob es überhaupt genügend Lebensmittel gibt, um unser Konzept umzusetzen», sagt Sophia Graupner, die Hängry Foods gemeinsam mit ihrer Mitstudentin Ximena Franco gegründet hat.

«In der Schweiz könnte sich rein theoretisch jeder Dritte von Food Waste ernähren.»
Die beiden haben einen beruflichen Hintergrund in der Gastronomie, Franco ist gelernte Köchin und Graupner gelernte Restaurationsfachfrau. In der so genannten Proof-of-Concept-Phase haben sie einige ausgewählte Büros im Raum Zürich mit ihren Menüs beliefert. «Dadurch, dass viele Lebensmittelabfälle in einer gewissen Regelmässigkeit anfallen, konnten wir überraschend gut planen», so Sophia Graupner.

So konnten sie beispielsweise durchgehend ein Pasta-Menü anbieten, mit einer Sauce aus dem gerade verfügbaren Gemüse. Zu Trockenwaren und Frischprodukten hinzu kommen so genannte
Nebenströme aus der Lebensmittelindustrie. «Wir haben Okara, das bei der Herstellung von Sojadrink als Nebenprodukt anfällt, zu Falafelbällchen verarbeitet», sagt Ximena Franco.
In der Testphase wurde dem Hängry-Foods-Team vor allem eines klar, wie Franco weiter erzählt: «Wir müssen industriell produzieren. Die Mengen an Food Waste, die anfallen, sind sonst einfach zu gross.» Nun ist das Start-up auf der Suche nach Produktionspartnern aus der Lebensmittelindustrie. Auch geht es darum, im Gespräch mit dem Detailhandel Lösungen zu finden, um die Menüs aus geretteten Lebensmitteln zu verkaufen.
«In den nächsten Monaten wird sich vieles entscheiden», sagt Ximena Franco. Während die beiden Gründerinnen jetzt noch Teilzeit an der ZHAW studieren, wollen sie nach dem Studium Vollzeit auf Hängry Foods setzen. «Wir sind zuversichtlich, dass wir bald ein richtiges Unternehmen werden», sagt Sophia Graupner. «Unser Konzept stösst auf grosses Interesse.» ALICE GULDIMANN
Food Waste
2,8 Millionen Tonnen Food Waste fallen in der Schweiz jährlich an. Laut Food Waste Schweiz entstehen 20 Prozent in der Landwirtschaft, 35 Prozent in der Verarbeitung, 10 Prozent im Detailhandel, 7 Prozent in der Gastronomie und 28 Prozent im Haushalt.