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Leistungssteigerung durch gesunde Zähne

Wichtig beim Taekwondo scheint mir auch zu sein, seine Toleranzgrenzen zu erweitern. Ich merke in der Schule, dass die Toleranzgrenzen immer mehr sinken. Umso schneller ich an meine Grenzen stoße, umso unzufriedener werden die Kinder. Und das kann man gerade im Sport fördern und auch fordern. Keiner von uns ist perfekt. Und das muss man den Kindern und auch manchen Erwachsenen immer wieder in den Blick rufen. So wie ich damals angefangen habe, da war auch nicht alles super. Da funktionierte auch nicht alles beim ersten Mal. Ich sage immer, wenn es nach 21 Jahren noch genauso aussehen würde wie am Anfang, dann hätte ich irgendwas falsch gemacht in den Jahren.

DTU 20: Kannst Du als Referentin für den Breitensport bei der DTU solche Impulse auch in die Landesverbände hinein und in die Vereine hinein geben?

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Stephanie Wiechert: Ja, auf jeden Fall. Sowohl für Klaus Haggenmüller als auch für mich ist das Ziel, den Breitensport einfach wieder ein bisschen mehr in den Fokus zu rücken. Wir sprechen logischerweise immer alle gerne vom Leistungssport. Wir freuen uns alle, wenn Medaillen gewonnen werden. Aber ich denke, der Breitensport ist die Basis des Verbandes. Klar bekommen wir auch Förderung durch den Deutschen Olympischen Sportbund und aus anderen Fördertöpfen. Wenn wir aber die breite Masse nicht hätten, könnte keiner diesen Sport im Sinne von Leistungssport ausleben. Und ich denke, dass wir einfach unseren Breitensportlern, wieder mehr bieten müssen. Gerade durch Corona war das natürlich sehr schwer. Wir alle sind nun gefordert wieder aktiver zu werden, und zu schauen, wo können wir zum Beispiel bundesweit Breitensportlehrgänge organisieren. Da sind wir natürlich bestrebt, mit den verschiedenen Landesreferenten öfters in Kontakt zu kommen, um zu hören, wie sind überhaupt deren Bedürfnisse. Wir sind ja nur die Spitze des Eisberges, ohne die anderen können wir auch nichts machen. Heißt, wenn die Landesreferenten nicht mitziehen, dann können Klaus und ich uns auf den Kopf stellen, und mit den Füßen wackeln. Dann wird nichts passieren. Da denke ich, muss ein enger Austausch auf jeden Fall das Ziel sein, um auf die Bedürfnisse der einzelnen Verbände und Vereine einzugehen. Man kann es nicht jedem recht machen. Aber ich denke, wir müssen mehr für den Breitensport machen, damit die wieder mehr die Verbindung zum Landesverband oder zum Bundesverband bekommen.

DTU 20: Ein wichtiger Aspekt der Vereinsarbeit sind die Themen Migration und Integration. Dies spielt gerade bei Taekwondo eine große Rolle. Wie ist das im Breitensport aus?

Stephanie Wiechert: Unser Verein ist ein Stützpunktverein für Integration. Dazu gehört auch die Inklusion. Für mich sind die beiden Themen gleichermaßen wichtig und müssen gelebt werden und selbstverständlich sein. Taekwondo wird ja nicht nur in Deutschland praktiziert, sondern gefühlt in allen Ländern auf dem Globus. Warum sollen der Unterschiede gemacht werden? Wir wollen alle diesen Sport lernen. Wir wollen auch alle das Hintergrundwissen dazu erlangen. Und ich glaube, das macht es wieder so, dass wir alle gleich sind. Egal welche Sprache.

Ich glaube, dass die Integration ein bisschen leichter ist als die Inklusion. Ich höre unglaublich viel, dass Kinder mit Inklusion Probleme haben, in Vereinen aufgenommen zu werden. Es ist für mich ein bisschen schwer nachvollziehbar. Das liegt vielleicht auch an dem pädagogischen Hintergrund, aber vielleicht auch einfach an meiner persönlichen Einstellung, dass ich einfach denke, ein Kind mit Inklusion hat es ja sowieso schon schwieriger. Und das wäre vielleicht auch noch so ein Ziel, was wir hier im Breitensport fördern könnten. Dass wir Seminare anbieten. Wie gehe ich mit Inklusionskindern um? Wie kann ich diese Hemmschwelle, die ich vielleicht als Trainer habe, abbauen oder niederschwelliger machen, dass ich nicht diese große Angst habe. Ich finde es beim Training jedes Mal wieder faszinierend, wenn man sieht, wie einfach Kinder damit umgehen. Ich kann die Hemmschwelle bei uns in der Trainingshalle nicht sehen. Die Kinder kommen zur Tür rein und sind direkt mitten drin. Interessiert keinen ob die Down-Syndrom haben, ob die Williams-BeurenSyndrom haben, ob die eine körperliche Beeinträchtigung haben in irgendeinem Sinne. Interessiert keinen. Und das ist, glaube ich, Faszination Sport.

DTU 20: Ein wichtiges Thema für den Breitensport, hier noch stärker Impulse und Anregungen zu geben. Die Kommunikation zu nutzen über die offiziellen Wege hinaus. Vor Ort wird mal über einen Verein berichtet, der solche Angebote macht. Das ist ja eben wiederum das Problem vieler Vereine vor Ort, wie werden wir wahrgenommen? Wie erreichen sie überhaupt die Öffentlichkeit? Das ist eine große Schwierigkeit?

Stephanie Wiechert: Wir hatten zum Beispiel im vergangenen Jahr das Glück, dass das WDR-Fernsehen über uns so eine kleine Dokumentation gedreht hat, weil eine InklusionSportlerin von uns letztes Jahr dreifache Landesmeisterin geworden ist. Die waren total begeistert und haben gesagt, genau das muss man mehr in den Fokus rücken. Dass auch diese Kinder die Möglichkeit haben, so etwas zu erreichen. Dass Eltern sich trauen sollen, in Vereine reinzugehen. Und zu sagen, wir probieren es einfach. Das Kind muss keinen Leistungssport machen, aber ich glaube mit diesen zwei Beispielen, die wir zu dieser Zeit hatten, einmal mit einer körperlichen Beeinträchtigung und auch mit der geistigen, dass man einfach sagen kann, doch es gibt Trainer, es gibt Vereine, die sich trauen, es zu probieren. Um dann einfach zu gucken, wo die Reise für das jeweilige Kind hingehen kann. Dass sie nicht zu Hause sitzen müssen, nur zur Schule gehen dürfen, die auch schon stellenweise dann gesondert ist. Sondern, dass sie einfach irgendwo hinkommen, wo sie Kind sein können. Und keiner mit dem Finger draufzeigt, und sagt, du hast aber.

DTU 20: Das ist wichtig. Man muss es ja irgendwie der Öffentlichkeit darstellen, damit sie dieses mitbekommt. Und ich glaube, da brauchen manche Vereine auch Hilfe und Unterstützung. Wie geht man mit der Öffentlichkeit und der PR-Arbeit um, damit es einem gelingt, genau auch diese Wirkung zu erzielen?

Stephanie Wiechert: Als ich 2020 den Trainer A Lehrgang besucht habe, war zum Beispiel Helena online zugeschaltet, weil sie zu dem Zeitpunkt hochschwanger war, und hat quasi zu diesem Thema referiert. Danach bin ich nach Hause gekommen, und habe gesagt, da gibt es noch viel mehr. Und ab dem Zeitpunkt machen wir vielmehr auch im Internet: auf Facebook, Instagram. Dass man den Leuten mit kleinen Videos vermitteln kann, sie waren gefühlt dabei, und können so kleine Trainingseinblicke sehen. Die Zeitung lesen meistens ältere Leute. Wenn ich die Jugendlichen bei uns frage, und habt ihr den Zeitungsartikel gelesen? Dann fragen die mich zurück: welche Zeitung? Allerdings haben mich auch schon Großeltern angerufen und sagen: „Wir haben den Zeitungsartikel gelesen, wir würden gerne mit unserem Enkelkind kommen.“ Man muss halt echt gucken, welche Generation schaut welches Medium?

DTU 20: Vielen Dank für das Gespräch und die Ideen, Impulse und Anregungen für den Breitensport. Wir wünschen Dir und Klaus Haggenmüller viel Erfolg bei eurer Arbeit.

Leistungssteigerung und Verletzungsprophylaxe durch gesunde Zähne

von Helena Stanek

Mit sechs Monaten kommen sie. Mit sechs Jahren fallen sie das erste Mal aus. Und mit 66 kann es sein, dass man schon seine dritten bekommt. Die Rede ist von: Zähnen! Auf höchstem sportlichem Niveau entscheiden oft Nuancen über Sieg und Niederlage.

Dass unsere Zahnhygiene ein entscheidender Punkt auf dem Weg zu Olympischen Medaillen sein kann und wie wichtig eine symmetrische Kieferstellung für einen Spitzensportler ist, erklärt uns Frau Dr. Johanna Herzog, Geschäftsführerin der Deutschen Gesellschaft für Sport-Zahnmedizin (DGSZM) und Zahnärztin bei unserem Partner „Edel und Weiss Zahnärzte“ in Nürnberg. Es geht um Zähne, ein gesundes Zahnfleisch und eine spezielle Sportschiene, die Spitzensportlern zu mehr Leistungsfähigkeit verhelfen kann.

Doch zunächst möchte ich über meine persönlichen Erfahrungen berichten:

Ich muss gestehen, dass ich meine Zahnpflege in den letzten Jahren teilweise vernachlässig habe. Nicht das tägliche Zähneputzen, aber den Besuch beim Zahnarzt habe ich stets beiseitegeschoben. Bis es nun an manchen Stellen hier und da mal häufiger zwickte. Dass ich ein Loch im Zahn haben würde, damit hatte ich fast gerechnet. Doch nach dem Betrachten meines Röntgen-Bildes sagte mir Frau Dr. Herzog freundlich, aber bestimmend, dass hier einiges vor mir liegt. Etwas erschrocken über die Vielzahl an Problemstellen in meinem Mund, aber froh, hier in der Praxis von einem solch netten Team an die Hand genommen zu werden, denke ich darüber nach, welchen Einfluss wohl die Zahnpflege während meiner aktiven Leistungssportkarriere hatte. Nach dem, was mir Frau Dr. Herzog über die Zusammenhänge zwischen Kiefermuskulatur und Leistungsfähigkeit schnell zwischen Tür und Angel erzählte, ist meiner Einschätzung nach möglicherweise einiges an Potenzial verschenkt worden. Oft habe ich mit meinem Mann überlegt, warum mir so oft das Kreuzband gerissen ist. Warum mir gleich dreimal der Meniskus operiert werden musste. War es einfach ein blödes Schicksal oder lag es vielleicht … an den Zähnen?

Zum ersten Mal habe ich den Zusammenhang zwischen Kiefermuskulatur und Leistungsfähigkeit nach einer intensiven und langwierigen Behandlung bei meinem damaligen Physiotherapeuten Stefan Hunecke gemerkt. Nach den Olympischen Spielen in London, die ich wohl mit gerissenem Meniskus gekämpft haben muss, wurde ich an dem zwickenden Knie im Oktober 2012 erneut operiert und es ging wieder ins Reha-Training. Ich muss sagen, bei der Vielzahl an Operationen war ich es irgendwie leid und ich wollte mir und meinem Körper nach dieser Operation etwas mehr Zeit geben. Nicht wieder sofort auf der Matte stehen und das nächste große Event anpeilen. Gut, die Olympische Medaille im Gepäck, hat mir dies ein wenig erleichtert.

Ich wechselte also meinen Physio und merkte gleich, dass ich hier ein wenig anders behandelt wurde. Natürlich lag das Hauptaugenmerk auf dem operierten Knie, aber eben auch auf noch mehr Flexibilität im Körper. Ich hatte nie Probleme, meinen Gegnerinnen zum Kopf zu treten. Ich war stets gelenkig genug, um alle möglichen Tritte auszuführen. Doch das, was ich bei meinem ersten Taekwondo-Training in Iserlohn nach dem langen Reha-Training erlebte,

war ein völlig neues Kick-Gefühl. Vielleicht kennen einige Leserinnen und Leser das Gefühl, das man locker zum Kopf kicken kann, aber dennoch ist immer etwas, was den Kick nicht hundert Prozent frei gib. Man schafft es, aber es ist manchmal schon ein kleiner „Kraftakt“. Als ich an diesem Tag ins Training ging und wir in dieser ersten TaekwondoEinheit einfach nur leichte lockere Standard-Kicks trainierten, hatte ich das Gefühl, ich fliege. Und das meine ich ernst. Ich hatte in meiner ganzen Karriere noch nie so ein freies Gefühl beim Treten wie an diesem Tag. Es war nichts, was mich zurückhielt oder was mich quälte, wenn ich zum Kopf getreten habe. Was war also in der Praxis passiert?

Stefan hatte neben meiner Baustelle „Knie“ stets meinen Kiefermuskel mitbehandelt und die umliegende Muskulatur gelockert. Vielleicht war nie nur das Knie die Baustelle, sondern stets der Kiefermuskel, der es mir nicht ermöglichte, eine symmetrische Körperhaltung beim Kicken einzunehmen. Verletzungen waren, so könnte man rückblickend sagen, vorprogrammiert. Es war sicherlich nicht nur die Behandlung meines Kiefers, die mir dieses freie Gefühl beim Kicken gegeben hatte, denn wir haben in vielen, vielen Stunden gemeinsam an der allgemeinen Flexibilität des Körpers gearbeitet. Aber an diesem Punkt habe ich persönlich gemerkt, wie Kiefer und das anschließende Training zusammenhänge können.

Doch nun möchte ich lieber der Fachfrau das Wort geben, denn sie kann uns in den folgenden Zeilen noch viel tiefere Infos über Sportzahnmedizin geben:

Dr. Johanna Herzog ist im letzten Jahr 30 geworden und seit 2016 im Team der Zahnarztpraxis „Edel und Weiss“ in Nürnberg. Sie ist in einem kleinen Dorf in Franken aufgewachsen und wusste lange nicht so recht, was sie beruflich eigentlich machen will. Eher zufällig hat sie direkt einen Studienplatz für Zahnmedizin in Erlangen bekommen und war seit diesem Moment an, „schwer verliebt in das Thema Zahnmedizin“. Sie beschreibt sich selbst als sehr zielstrebig und gewissenhaft und sucht stets den Spaß am Ganzen. Auch bei der Arbeit.

DTU: Taekwondo als Kampfsport hat viele Berührungspunkte mit Zähnen. Angefangen vom Zahnschutz, den wir tragen müssen, bis hin zu Zahnverletzungen, spielt das Thema Zähne stets eine Rolle im Taekwondo. Und andersherum: Hattest du schon Berührungspunkte mit Taekwondo?

Dr. Herzog: Total witzig. Ich war tatsächlich mit acht oder neun Jahren mal beim Taekwondo-Training. Aber dann gab es parallel noch zu viele andere Hobbys, darum ist Taekwondo leider rausgefallen. Aber ich weiß, worum es bei dem Sport geht. Ja.

DTU: Der Zahnschutz im Taekwondo ist ein elementarer Bestandteil im Wettkampf. Was empfiehlst du hier? Eher klein und unscheinbar für eine gute Atmung, oder eher dick und damit ein besserer Schutz?

Dr. Herzog: Das ist tatsächlich ein wichtiger Punkt beim Kampfsport. Es gibt leider viele Zahnärzte, die wirklich viel zu große Zahnschützer herstellen, die dann den Sportler eher beeinträchtigen. Eine ganz dünne Knirscherschiene halte ich auch für nicht optimal, da sie wirklich kaum Schutz für die Zähne bietet. Darum liegt die Hauptaufgabe bei uns Zahnärzten darin, einen Mundschutz herzustellen, der tragbar ist, aber trotzdem genug Schutz für die Zähne bringt. Wir von der Deutschen Gesellschaft für SportZahnmedizin (DGSZM) haben hier einen speziellen Sportmundschutz entwickelt. Der Zahnschutz ist relativ dünn, sodass die Atmung und das Sprechen kaum beeinträchtig werden, aber er gewährleistet auch guten Schutz. Wir haben den Schutz noch dahingehend weiterentwikkelt, dass der Zahnschutz zudem den Biss vorgibt und so dem Kiefer beziehungsweise dem Sportler während der gesamten Zeit die optimale Statik vorgegeben wird.

DTU: Zahnschutzhygiene – wie sollte mein Zahnschutz gereinigt werden?

Dr. Herzog: Wenn der Zahnschutz im Mund ist, ist er umhüllt von Speichel. Und im Speichel ist nicht nur Wasser, sondern dort sind auch viele Nährstoffe. Aber eben auch Zucker. Und diese Sachen lassen den Zahnschutz mit der Zeit vergilben und verkleben. Darum sollte man den Zahnschutz nach jedem Training oder nach einem Wettkampf einmal mit einem Tröpfchen Spülmittel oder Handseife abbürsten und unter lauwarmen Wasser abspülen. Wichtig ist, dass man ihn wirklich abbürstet und nicht nur unters Wasser hält.

DTU: Kiefermuskulatur – Wie wichtig ist ein entspannter Kiefer zur Verletzungsprophylaxe?

Dr. Herzog: Ein entspannter Kiefer ist enorm wichtig. Das ist genau das, was wir mit unserer Performance-Schiene machen. Der Sportler kommt zu uns und wir vermessen

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