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Handarbeit nach Maß
Das klassische Ausseer-Dirndl in den Farben Grün, Rosa und Lila.
Handarbeit nach Maß Das Ausseerland-Salzkammergut ist eine Insel lebendiger Volkskultur. Traditionelle und lebendige Trachten spielen hier sowohl an Festtagen als auch im Alltag eine große Rolle. 2012 wurde Bad Aussee zur Trachtenhauptstadt ernannt. Daher ist es nicht verwunderlich, dass viele Ausseer Betriebe ihre Kompetenz im Trachtenschneidern und Lederhosenmachen unter Beweis stellen. Eine von ihnen ist die Dirndlwerkstatt Raich.
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Zwei Generationen harmonisch in einer Werkstatt – das klappt. Das stellen Dirndlschneiderin Wilhelmine Raich und ihre Enkelin Sophie im AusseerlandSalzkammergut eindrucksvoll unter Beweis. „Omi ist eine gute Lehrmeisterin – auch wenn sie sehr kritisch ist“, sagt Sophie und lacht. Wilhelmine Raich hat vor etwa 50 Jahren die Schneiderei in Bad Aussee eröffnet – klein und fein. Heute ist davor die Lederhosenwerkstatt ihres Sohnes Christian angesiedelt. „Auch mein Vater hat schon Lederhosen gemacht“, berichtet Wilhelmine, wie immer in einem Trachtenoutfit. Sie entschied sich für den Beruf der Damenschneiderin und nähte Röcke und Kostüme aus Leder, Dirndl und exklusive Kleider aus besonders edlen Stoffen, die vor allem bei Urlaubsgästen sehr beliebt waren. Ihre Enkelin Sophie kam schon als Kind gerne in die Werkstatt. Dort suchte sie nach Stoffresten und nähte mit Begeisterung Patchworkpölster oder Kleidung für ihre Puppe und den Teddy. Mit elf Jahren durfte sie in Omas Werkstatt mithelfen und besserte sich ihr Taschengeld mit Bügeln und Zusammenstecken von Kleidungsteilen auf. Nach der Hauptschule hatte Sophie keine Lust, in den Betrieb zu Hause einzusteigen. Und so besuchte sie in Altmünster drei Jahre lang das Agrarbildungszentrum Salzkammergut mit Fachrichtung ländliches Betriebsund Haushaltsmanagement. „Zum Unterricht gehörte auch Nähen. Ich freute mich – als eine der wenigen Schülerinnen – immer auf diese Stunden“, erinnert sich Sophie.
Auf Spezialwünsche eingehen
Nach Abschluss der Schule suchte Sophie in der Region eine Lehrstelle als Schneiderin und wurde in Bad Mitterndorf fündig. Sie befindet sich aktuell im Endspurt, die 3. Klasse Berufsschule hat sie bereits erfolgreich hinter sich gebracht. Omi ließ sich die Präsentation der Abschlussarbeiten in Österreichs einziger Berufsschule für Scheiderei in Fürstenfeld nicht entgehen und lobte mit Kennerblick die Arbeiten der Schüler: „Da waren schon spitzenmäßige Sachen dabei!“ Sophie punktete mit einer weinroten Jacke mit Schalkragen und einem flotten Hosenrock. Die Enkelin lässt sich zur Damenschneiderin ausbilden, mit dem
Zusatzmodul Herrenschneiderin. „Männermode ist eher klassisch und klar vorgegeben. Bei den Frauen hat man beim Schneidern viel mehr Spielraum“, erklären die Expertinnen den Unterschied. Bei der Näharbeit kommt es auf Genauigkeit an, Hudeln ist verpönt. Voll im Trend liegen unter anderem fröhliche Modelle à la „LenaHoschek-Style“, Sommerkleider im Trachtenstil und Trachtenröcke mit Schürzen. „Oft passt der Dirndlleib nicht mehr. Dann wird der Dirndlkittel einfach zum Rock umgemodelt und nach Belieben mit oder ohne Schürze getragen“, erklärt Sophie.
In der Schneiderwerkstatt Raich wird alles maßgeschneidert, die Wartezeit für ein Dirndl beträgt bis zu vier Wochen. Es gibt zwei Anproben, bei einem Brautdirndl kommen die Bräute sogar bis zu vier Mal in die Werkstatt. Kunden aus nah und fern schätzen die Qualität der traditionellen Handwerkskunst und sind auch gerne bereit, dafür einen höheren Preis zu bezahlen. „Wir können auf noch so spezielle Wünsche eingehen und schneidern einzigartige Modelle, mit denen die Trägerinnen jahrelang Freude haben“, machen die Schneiderinnen aus Leidenschaft auf den Vorteil ihrer kleinen Dirndlwerkstatt aufmerksam, schnappen sich ein farbenfrohes Dirndl vom Ständer und fachsimpeln über Feinheiten dieses Modells.
c_Kommhaus, Griselda Fosen
