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Die Progression verlangsamen
Ein Klettverschlussgeräusch könnte ein Indiz für eine idiopathische Lungenfibrose sein
Bislang gilt die idiopathische pulmonale Fibrose (IPF) als eine seltene unheilbare Erkrankung. Die gemeldeten Inzidenzen reichen von 0,2 bis 94 pro 100.000 Einwohner pro Jahr.1 Sowohl die therapeutischen Möglichkeiten, als auch jene eine frühzeitige Diagnose zu stellen sind begrenzt. Sie stellen aber einen wesentlichen Faktor dar, um die Lebenszeit von betroffenen Personen zu verlängern. Die mediane Überlebenszeit ohne Behandlung beträgt zwei bis fünf Jahre ab dem Zeitpunkt der Diagnose.1 Durchschnittlich vergehen jedoch vom Beginn der Beschwerden bis zur Diagnose 1,5 Jahre. Zuletzt hat die Awareness für die Erkrankung – auch dank der mittlerweile verfügbaren Behandlungsoptionen –zugenommen. Aktuell wird ein neuer Therapieansatz zur Erhaltung der Lungenfunktion erforscht.2
Lungenauskultation könnte erste Hinweise geben
Die idiopathische Lungenfibrose ist durch eine progredient verlaufende chronische
Fibrose der Lunge charakterisiert. „Diese geht mit einer großen Symptomlast und einer sehr schlechten Prognose einher“, weiß Dr. Mathis Hochrainer von der Abteilung für Innere Medizin und Pneumologie an der Klinik Floridsdorf in Wien. „Auch wenn wir die Ursache der IPF nicht kennen, sind Risikofaktoren bekannt: Betroffen sind vor allem Männer über 60 Jahre mit Raucheranamnese“, so der Experte. Häufig werden die Patienten falsch diagnostiziert – ein Umstand, der unter anderem auf die unspezifische Symptomatik zurückzuführen ist. Menschen mit IPF stellen sich meist mit einem trockenen Husten und einer Belastungsdyspnoe vor. Das typische Fibroseknistern ist bei der Auskultation der Lunge vor allem in den unteren hinteren Lungenabschnitten hörbar.1 Dieses ähnelt dem Geräusch eines sich öffnenden Klettverschlusses. Die pulmonale Auskultation kann im niedergelassenen Bereich für die Frühdiagnose von größter Bedeutung sein. Ebenso können Trommelschlägelfinger und Uhrglasnägel als Folgen einer chronischen Hypoxämie beobachtet werden.
Eine Untersuchung der Lungenfunktion ergibt in der Regel eine restriktive Ventilationsstörung und eine verminderte Diffusionskapazität.
Ausschlussdiagnose
Zu einer Vernarbung der Lungen können neben der IPF auch sekundäre Lungenfibrosen führen, welche auf Autoimmunerkrankungen, medikamentös-toxische Reaktionen, häusliche oder berufliche Umwelteinflüsse, Strahlenschäden sowie Infektionen zurückzuführen sind. Bei Verdacht auf eine idiopathische Lungenfibrose gilt es daher, zunächst bekannte Ursachen einer interstitiellen Lungenerkrankung (ILD) auszuschließen. Wenn diese nicht in Frage kommen, erfolgt im nächsten Schritt eine multidisziplinäre Falldiskussion im Rahmen eines interdisziplinären ILD-Boards mit Spezialisten aus Pneumologie, Radiologie und Pathologie. Diese stellt den Goldstandard in der Diagnostik der IPF dar. Auf eine Biopsie kann verzichtet werden, wenn ein typisches UIP-Muster („usual interstitial pneumo- nia“) in der hochauflösenden Computertomographie (HRCT) der Lunge vorliegt. Ein typisches UIP-Muster ist durch basal betonte retikuläre Veränderungen, Traktionsbronchiektasen und honigwabenartige Zysten (Honeycombing) charakterisiert. Handelt es sich hingegen um ein wahrscheinliches UIP-Muster, wird anhand der klinischen Vortestwahrscheinlichkeit individuell entschieden, ob bzw. welche Form der Biopsie notwendig ist.
Das Ziel – die Lungenfunktion erhalten
Bisher stehen die beiden Antifibrotika Pirfenidon und Nintedanib für die Behandlung zur Verfügung. Sie können den fibrotischen Prozess zwar verlangsamen, aber nicht stoppen. Aus diesem Grund sollte die medikamentöse Therapie möglichst schnell nach Diagnosestellung eingeleitet werden, betont Dr. Hochrainer. „Wichtige Bestandteile der Behandlung von Patientinnen und Patienten mit IPF sind außerdem die symptomatische Therapie von Husten und Dyspnoe, die etwaige Verordnung von Langzeitsauerstoff und die palliative Therapie“, ergänzt der Facharzt. Psychologische Hilfe kann die Krankheitsverarbeitung verbessern. Um Patientinnen und Patienten mit dieser stark einschränkenden Erkrankung zu behandeln, ist außerdem eine ausgeprägte psychosoziale Kompetenz von Hausärztinnen und Hausärzten notwendig. Sie fungieren einerseits in vielen Fällen als erste Ansprechpersonen, andererseits übernehmen sie eine koordinierende Rolle – auch bei der Behandlung von Komorbiditäten.
Zusätzlich zu den bisher verfügbaren antifibrotischen Medikamenten könnten in Zukunft Substanzen, die das Enzym Phosphodiesterase Typ 4 hemmen, einen möglichen neu- en Therapieansatz bieten. Sie weisen neben einer antientzündlichen auch eine antifibrotische Wirkung auf. In einer Phase-2-Studie wurde bereits gezeigt, dass der PDE4B-Inhibitor BI 1015550 die Lungenfunktion von Patientinnen und Patienten mit IPF stabilisieren kann.2 Mag.a Ines Pamminger, BA
Referenzen:
1 Idiopathic pulmonary fibrosis, Stand: Juli 2020, orpha.net (abgerufen am 24.2.23).
2 Richeldi L et al., N Engl J Med. 2022 Jun 9;386(23):2178-2187. doi: 10.1056/NEJMoa2201737.
Das Wichtigste In K Rze
Symptomatik
Belastungsdyspnoe, trockener Husten und Abgeschlagenheit zählen zu den typischen Symptomen. Klinisch findet sich in der Auskultation der Lunge in vielen Fällen eine Sklerophonie. Die chronische Hypoxämie kann Uhrglasnägel und Trommelschlägelfinger verursachen.
(Späte) Diagnose
Es handelt sich um eine Ausschlussdiagnose. Oftmals verzögert sich die Diagnosestellung aufgrund der unspezifischen Symptomatik und der potenziell unauffälligen Thoraxröntgen-Befunde in der Frühphase der Erkrankung. Durchschnittlich vergehen ab Beschwerdebeginn 1,5 Jahre, bis eine IPF erkannt wird.
Therapie
Das Behandlungsziel ist es, den Verlust an Lungenfunktion zu bremsen und somit das Überleben zu verlängern. Die Therapie mit Antifibrotika sollte daher unmittelbar nach Diagnosestellung initiiert werden. Für die optimale Betreuung von Menschen mit IPF ist die Zusammenarbeit zwischen dem niedergelassenen Bereich und ILD-Spezialambulanzen in Krankenhäusern essenziell.
Wissenswertes für Patient:innen Betroffene finden hilfreiche Informationen auf der Seite der Interessenvertretung: lungenfibroseforum.at
