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Verlust der enteralen Resorption
Therapie des Kurzdarmsyndroms in Abhängigkeit von intestinaler Adaptation
Darmversagen infolge einer intestinalen Resektion: das Kurzdarmsyndrom. Zu dieser Malabsorptionsstörung kommt es insbesondere nach einer Teilentfernung des Dünndarms – das Ausmaß der Symptomatik hängt zudem vom entnommenen Abschnitt ab. So werden Resektionen von 56 bis 60 Prozent des Jejunums in der Regel noch gut toleriert, wohingegen ab einer Entfernung von 30 Prozent des Ileums bereits mit Symptomen zu rechnen ist.1 Resektionen von Dickdarm und Ileozäkalklappe sind zwar weniger ausschlaggebend, jedoch wirkt sich ihr Erhalt positiv auf Klinik und Prognose aus. Die vermehrte Rückresorption von Flüssigkeiten und Gallensäuren im Kolon begünstigt eine stabilere Stoffwechselsituation und die Ileozäkalklappe wirkt Dysbiosen des Dünndarms entgegen.
Postoperative Phasen entscheidend
Ein Kurzdarmsyndrom entsteht beispielsweise aufgrund von Resektionen bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, Malignomen, Darmnekrosen durch Mesenterialischämie, bei chronischer Strahlenenteritis oder Abdominaltraumen. Zu den Folgen zählen wässrige Diarrhö, Steatorrhö, Flatulenz, Meteorismus, Dyspepsie, sekundäre Laktoseintoleranz und Mangelsymptome der Malassimilation. Die Symptomatik ändert sich im Verlauf durch Anpassung und Regeneration des Restdarms – wobei Grunderkrankungen wie Morbus Crohn die Restfunktion limitieren können. Charakteristisch für das Kurzdarmsyndrom sind drei Phasen der intestinalen Adaptation (siehe Tabelle). Das therapeutische Regime richtet sich nach jenen Phasen und beinhaltet diätetische, medikamentöse und chirurgische Maßnahmen. In der Hypersekretionsphase stehen wegen des Flüssigkeitsverlustes durch starke Diarrhö eine parenterale Ernährung und Flüssigkeitssubstitution sowie die Gabe einer oralen Rehydratationslösung im Vordergrund – es besteht die Gefahr der Dehydratation mit prärenalem Nierenversagen. Als medikamentöse Maßnahme können Antidiarrhoika verabreicht werden. Da es in dieser Phase auch zur reflektorischen Überproduktion von Magensäure kommt, ist eine Hemmung der Säureproduktion mittels PPI sinnvoll. In Phase zwei – der Adaptationsphase – regeneriert sich der Restdünndarm allmählich, der Flüssigkeitsverlust geht zurück und Resorption sowie Verdauungstätigkeit steigern sich. Erst in der Erhaltungs- und Stabilisierungsphase erreicht der Restdarm das volle Ausmaß der Regeneration, was eine stabile diätetische Einstellung – oral, enteral oder parenteral – ermöglicht. Eine lebenslange nutritive Supplementation, insbesondere fettlöslicher Vitamine, kann notwendig sein.
Weg von parenteraler Ernährung
Bei einer sehr kurzen Darmlänge, also weniger als 100 cm Restlänge im Falle eines Jejunostomas bzw. weniger als 50 cm im Falle eines inkludierten Kolons, wird eine dauerhafte parenterale Ernährung wahrscheinlich.2 Diese kann jedoch mit erheblichen Gesundheitsrisiken verbunden sein. Die parenterale Ernährung so weit wie möglich zu verringern oder im Idealfall dauerhaft abzusetzen, stellt somit ein zentrales Therapieziel dar. Diesbezüglich kann das GLP-2-Analogon Teduglutid zur Behandlung des Kurzdarmsyndroms in der stabilen Phase der intestinalen Adaptation eingesetzt werden. Der Wirkstoff regt das Wachstum der Darmzotten an, vertieft die Darmkrypten und vergrößert so die Darmoberfläche. Die verbesserte enterale Resorption kann den Bedarf an parenteraler Ernährung reduzieren. Chirurgisch besteht die Möglichkeit einer Optimierung der Resorptionskapazität etwa durch die Wiederherstellung der Darmkontinuität oder durch das Aufheben blinder Schlingen. Die Indikation einer Dünndarmtransplantation ist sehr streng und individuell zu stellen. Sie kann beispielsweise bei benigner Grunderkrankung oder bei Versagen einer dauerhaften parenteralen Ernährung erfolgen.
Anna Schuster, BSc
Literatur: 1 AMBOSS, Kurzdarmsyndrom; Stand: 11/21. 2 S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin e. V.: Ernährung in der Gastroenterologie (Teil 3) – Chronisches Darmversagen, 2014.
X Tabelle: Phasen der intestinalen Adaptation1
Phase Zeitraum
Hypersekretionsphase
Adaptationsphase
Erhaltungs und Stabilisierungsphase
in den ersten Wochen nach OP
mehrere Wochen bis 1–2 Jahre nach OP
ab ca. 1–2 Jahren nach OP