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Ein Lichtblick

Möglichkeiten der Gentherapie bei erblicher Netzhautdystrophie

Neben den Vorsorgeuntersuchungen beim Augen- oder Kinderarzt kann auch die Beobachtungsgabe der Eltern dabei helfen, Augenerkrankungen frühzeitig zu erkennen. Im Falle von jungen Patienten sind Mediziner bei der Diagnosestellung auf deren Mithilfe angewiesen. Der Leitsatz „Je früher, desto besser“ trifft insbesondere auch auf seltene genetisch bedingte Netzhauterkrankungen zu. Zu diesen zählt beispielsweise die Leber’sche kongenitale Amaurose (LCA), welche bereits in jungen Jahren zur Erblindung führen kann. Etwa zwei bis drei von 100.000 Neugeborenen erkranken daran.1 Die LCA, eine autosomal-rezessiv vererbte Netzhautdystrophie, ist eine der Sonderformen von Retinitis pigmentosa (RP) und galt bis vor kurzem als unheilbar.

Mutationen im RPE65Gen

Seltene Augenerkrankungen stellen Mediziner vor erhebliche Herausforderungen. Eine große Anzahl von Krankheitsbildern steht der Tatsache gegenüber, dass diese in der Praxis kaum vorkommen, dass wenige Erfahrungen gesammelt werden können und die Diagnosestellung dementsprechend erschwert wird. Bei Netzhautdegenerationen sind insgesamt über 250 Gene und Gendefekte bekannt2, welche eine Amaurose verursachen können – darunter auch Mutationen im RPE65-Gen.3 Letztere Erkrankung wird bei sehr schweren Verläufen als Leber‘sche kongenitale Amaurose LCA 2 oder bei milderen Ausprägungen als Retinitis pigmentosa RP20 bezeichnet. Ein Anzeichen der Sehstörung kann das schlechte Zurechtfinden bei Dunkelheit sein, beispielsweise beim Greifen nach Objekten. Die Betroffenen leiden bereits von früher Kindheit an unter einer ausgeprägten Nachtblindheit. Hinzu kommen eine verlangsamte Dunkeladaption und andere häufige Symptome wie Nystagmus, eine erhöhte Lichtempfindlichkeit sowie der Verlust der Sehschärfe. Die starke Reduktion oder Abwesenheit der Fundusautofluoreszenz bei weitgehend unauffälligem Augenhintergrundbefund gilt als ein zentrales klinisches Symptom der Erkrankung.4 Um eine erbliche Netzhautdystrophie festzustellen, sollte nach der Abklärung der bereits erwähnten Merkmale zunächst eine Anamnese einschließlich einer Stammbaumanalyse vorgenommen werden. Es folgen eine ophthalmologische Untersuchung und ein klinischer Befund. Bei Verdacht auf eine erbliche Netzhauterkrankung, beispielsweise eine RPE65-Mutation, ist außerdem eine molekulargenetische Untersuchung bzw. eine Überweisung an ein Spezialzentrum vonnöten.

Augenlicht dank Gentherapie

Die Möglichkeit der Gentherapie gibt es bisweilen nur für Patienten, bei denen ein Defekt des Gens RPE65 vorliegt. Eine korrekte frühe Diagnose ist in diesem Fall von höchster Relevanz, denn eine Therapie mit dem Wirkstoff Voretigen Neparvovec setzt voraus, dass bei den Betroffenen beide Genkopien defekt sind und die Patienten außerdem über genügend lebensfähige Netzhautzellen verfügen. Hier kommt ein modifiziertes Virus mit einer intakten Kopie des besagten Gens zur Anwendung, wodurch eine Verbesserung des Sehvermögens erzielt werden kann. Dafür ist ein mikrochirurgischer Eingriff erforderlich. Für Kinder unter vier Jahren liegen diesbezüglich allerdings noch keine Daten vor. Weitere gentherapeutische Optionen bei Augenerkrankungen sind noch in Prüfung begriffen, beispielsweise für LCA10-Patienten mit einer Mutation im CEP290-Gen.5 Eine kausale Therapie erblich bedingter Augenerkrankungen eröffnet in diesem Bereich jedenfalls eine neue Perspektive für den künftigen klinischen Alltag.

Mag.a Ines Riegler, BA

Quellen: 1 Pschyrembel Online: Lebersche kongenitale Amaurose (LCA), Stand: 04/20. 2 Bach B, Lebersche kongenitale Amaurose, aerztezeitung.de, 07.06.2021. 3 Borsch J, Gentherapie gegen erblich bedingte Augenerkrankung in der EU zugelassen, DAZ.online, 23.11.2018. 4 Universitätsklinikum Gießen und Marburg: RPE65

Gentherapie. ukgm.de//ugm_2/deu/ugi_aug/44449. html (abgerufen am 8.11.2021). 5 Pro Retina Deutschland e. V., Lebersche kongenitale

Amaurose (LCA), 18.06.20. pro-retina.de/netzhauterkrankungen/ lebersche-kongenitale-amaurose/krankheitsbild (abgerufen am 8.11.2021).

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