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Die sechs Subtypen des Prädiabetes
Ein Typ2Diabetes liegt vor, wenn die Betazellen des Pankreas (Bauchspeicheldrüse) nicht mehr ausreichend Insulin produzieren, um die zunehmende Insulinresistenz zu kompensieren. In den meisten Fällen zeigt sich jedoch nicht sofort das Vollbild der Erkrankung, da die Betazellen jene Insulinresistenz lange ausgleichen. Dieses Stadium wird als Prädiabetes bezeichnet – die Blutzuckerwerte sind hier allenfalls leicht erhöht. Allerdings: Prädiabetes ist nicht gleich Prädiabetes – darüber geben die Ergebnisse einer aktuellen Studie* Aufschluss. Die Forscher stellten fest, dass es beim Vorstadium des Typ2Diabetes sechs klar abgrenzbare Subtypen gibt. Sie unterscheiden sich in der Krankheitsentstehung, dem DiabetesRisiko und der Entwicklung von Folgeerkrankungen. Jene Erkenntnis ist ein wichtiger Schritt in Richtung der Präzisionsmedizin auf dem Gebiet der Diabetologie.
Unterschiedliches Gefährdungspotential
Die Probanden (n = 899) der Studie* wurden seit 2003 im Rahmen der Tübinger Familienstudie und der Studie des Tübinger Lebensstilprogramms begleitet. Anhand von 6.810 Teilnehmenden der britischen WhitehallIIKohorte konnten die Forscher ihre Ergebnisse bestätigen. Die Subtypen werden wie folgt klassifiziert:
Subtyp 1: niedriges Risiko
Patienten des Clusters 1 sind mit einem BMI (BodyMassIndex) von durchschnittlich 26,82 kg/m2 übergewichtig, jedoch gesund. Das DiabetesRisiko ist niedrig.
Subtyp 2: niedriges Risiko
Der Subtyp 2 unterscheidet sich vom Subtyp 1 durch den BMI, welcher beim Subtyp 2 im Normalbereich liegt (durchschnittlich 23,45 kg/m2). Dieser Subtyp zeichnet sich durch das besonders niedrige Risiko aus, an Diabetes und seinen Komplikationen zu erkranken.
Subtyp 3: hohes Risiko
Mit einem BMI von durchschnittlich 29,15 kg/m2 sind die Patienten des Clusters 3 übergewichtig bis adipös. Das genetische DiabetesRisiko sowie das subtypspezifische DiabetesRisiko sind hoch. Bei Personen, die dem Subtyp 3 angehören, produzieren die Betazellen nicht mehr genügend Insulin, um den Blutzuckerspiegel im Normalbereich zu halten. Eine Erklärung für die unzureichende Insulinsekretion stellen Fettablagerungen im Bauchbereich und im Pankreas dar. Es besteht das Risiko einer Nephropathie (Erkrankung der Niere) und das kardiovaskuläre Risiko ist als hoch einzustufen. Bei Patienten mit einem Prädiabetes vom Subtyp 3 sollte angestrebt werden,
Dieser Beitrag wurde im Fortbildungs-Fragebogen auf S. 23 berücksichtigt.
den Diabetes durch einen Abbau des viszeralen Fettgewebes („Bauchfett“) mithilfe von Ausdauersport und einer Kalorienreduktion zu verhindern.
Subtyp 4: niedriges Risiko
Die Gruppe des Subtyps 4 weist keine Störungen des Glukosestoffwechsels auf, das DiabetesRisiko ist niedrig. Zwar ist der Subtyp 4 mit einem mittleren BMI von 31,54 kg/m2 adipös, jedoch befinden sich die Fettablagerungen überwiegend im subkutanen Gewebe und nicht im Bauchbereich. Bezeichnet wird dieser Zustand auch als „metabolisch gesunde Adipositas“.
Subtyp 5: hohes Risiko
Beim Subtyp 5 sind das Diabetes, das Nephropathie und das kardiovaskuläre Risiko am größten. Die Betroffenen sind adipös (BMI im Durchschnitt bei 34,45 kg/m2), der Fettgehalt ihrer Leber ist sehr hoch und sie weisen eine ausgeprägte Insulinresistenz auf. Subtyp 5 geht mit einer höheren Mortalität einher. Aufgrund des unmittelbaren Risikos, einen Diabetes zu entwickeln, ist eine frühzeitige Intervention ratsam. Betroffene können von Lebensstiladaptionen und/oder einer strengen Diät profitieren. Jene Maßnahmen sollten auf eine Gewichtsabnahme und eine Reduktion des Leberfetts abzielen.
Subtyp 6: hohes Risiko
Subtyp 6 wird dadurch charakterisiert, dass sich bereits Folgeschäden an den Nieren nachweisen lassen, bevor sich der Typ2Diabetes manifestiert hat. Kennzeichnend ist eine ausgeprägte viszerale Adipositas (bei einem durchschnittlichen BMI von 34,94 kg/m2). Eine Fettleber kommt selten vor, Betroffene weisen jedoch ein massives renales Sinusfett („fettige Niere“) auf. Bei einem relativ niedrigen DiabetesRisiko bestehen dennoch ein hohes NephropathieRisiko und eine besonders hohe Mortalität. Die Insulinproduktion der Betazellen war beim Subtyp 6 deutlich gesteigert, aber ausreichend, um die Insulinresistenz zu kompensieren. Neben Fettablagerungen in den Organen könnte jene Hyperinsulinämie für die Nierenschäden verantwortlich sein. Trotz des fehlenden Anstiegs des Blutzuckers sind frühzeitige therapeutische Maßnahmen angezeigt.
Fazit
Die Erkenntnisse hinsichtlich der Subtypen des Prädiabetes können dazu beitragen, die Entwicklung eines Diabetes bzw. damit assoziierter Komplikationen durch eine gezielte Prävention zu verhindern. Die Subtypen 3, 5 und 6 sind besonders gefährdet, daher sind gerade in jenen Fällen eine frühzeitige Identifikation und eine – möglichst maßgeschneiderte – Intervention wichtig. Vor allem der Subtyp 6, bei welchem Komplikationen bereits im Vorstadium des Diabetes entstehen, unterstreicht den Stellenwert der Früherkennung.
Anna Schuster, BSc
Literatur: * Wagner R et al., Nat Med. 2021 Jan;27(1):49-57. „Subtypen bei Vorstufe des Diabetes entdeckt“,
Deutsches Zentrum für Diabetesforschung. https://bit. ly/2LAv9Ma (abgerufen am 11.01.2021). Deutsches Ärzteblatt: Prädiabetes: Studie findet 6
Subtypen mit unterschiedlichem Gefährdungspotenzial (05.01.2021).
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