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Teuerung, das Unwort des Jahres
Warum 100 Euro nicht mehr 100 Euro sind
Teuerung – ein Wort, welches 2022 schon überstrapaziert wurde. Ähnlich dem Wort Lockdown 20/21 hätte der Begriff heuer das Potential, zum Unwort des Jahres zu werden. Dies kann dabei helfen, eine schwierige Situation humorvoll zu verarbeiten. Das ist mitunter nötig, denn betrachtet man die Teuerung aufmerksam, vergeht einem der Humor recht schnell. Sie ist nämlich nicht nur in den Medien – sie ist auch mitten in der Gesellschaft angekommen, ohne dass ein Ende der Dynamik in Sicht wäre. Was ist nun die Teuerung genau? Wenn ich im Jahr 2010 exakt 100 € unter mein Kopfkissen gelegt habe, sind es ja im Jahr 2022 immer noch 100 €. Richtig! Aber die 100 € sind nicht mehr das wert, was sie 2010 wert gewesen sind. 2010 konnte ich beispielsweise für 100 € mein Auto volltanken und zusätzlich noch im Supermarkt Bananen, Birnen, Kaffee, Orangensaft, Schwarzbrot, Schinken, Salami, Käse, Butter, Milch, Faschiertes, Nudeln, ein Sechsertragerl Bier, Waschmittel, Toilettenpapier und eine Packung AAA-Batterien kaufen, 2022 kann ich zeitweise nur mehr mein Auto volltanken.
Was tun? Man könnte zum Chef gehen und eine Gehaltserhöhung verlangen. Das haben viele oft erfolglos probiert: Energiekosten sind für alle höher … Die Materialkosten steigen auch … Dauerhaft geht da gar nichts. Eine Einmalzahlung geht vielleicht. Hier kommen Kollektivverträge ins Spiel. Wir – die Gewerkschaft GPA – verhandeln mit den Arbeitgebern mehr EXPERTE: Georg Grundei Gehalt, einerseits, um damit die Teuerung auszugeichen, Diplôme Wirtschafts- andererseits, um ein wenig bereichssekretär Gewerkschaft (GPA) Kaufkraftgewinn zu sichern. Die Basis ist dabei der Durchschnitt der letzten zwölf Monatsinflationsraten (Stand: November 2022), also Nov21-Okt22, der bei 7,51 % liegt. Es ist enorm wichtig, dass wir den Durchschnitt bewerten. Eine monatliche Betrachtungsweise kann, wenn der Monat zufällig eine niedrigere Inflationsrate aufweist, weil beispielsweise genau ein Jahr zuvor gerade eine besonders hohe I-Rate gemessen wurde, massive Kaufkrafteinbußen mit sich bringen. Die alljährlich hart verhandelten KVErhöhungen sind Teil unseres stabilen Wirtschaftsstandorts. Diese Stabilität stärkt uns als Gesellschaft und macht uns krisensicher. Doch das ist keine Selbstverständlichkeit! Ein „Betrachtet man die Teuerung guter Kollektivvertragsabschluss ist aufmerksam, vergeht einem harte Arbeit und zugleich ein Kampf. Jedes Gewerkschaftsmitglied ist dabei der Humor recht schnell.“ die wichtigste Unterstützung!
Die Proteste haben gewirkt – der Kollektivvertragsprozess in der Steiermark ist wieder im Gange
Um den oben beschriebenen Auftrag erfüllen zu können, haben wir nun im letzten Bundesland – der Steiermark – die IST-Erhöhung (Anhebung der Gehälter über dem Mindestschema) einführen können. Dem waren jahrelange harte Verhandlungen, Demonstrationen und die Unterstützung von über 1.000 KollegInnen bei unserer eigens geschaffenen Petition vorausgegangen. Nach vier Jahren haben wir am 1.7. einen neuen KV in Geltung und dabei eine Mindesterhöhung für alle Angestellten von 2 % festgeschrieben. Im November haben wir erneut einen KV abgeschlossen. Diesmal wird es mit 1.1.2023 2,75 % und mit 1.7. nochmals 2,5 % geben. Ende des Jahres 2023 wird dann ein Abschluss für das gesamte Jahr 2023 gemacht. Damit haben wir in knapp 1,5 Jahren vier Erhöhungen erzielt und hoffen, so schrittweise der Teuerung zu begegnen. Zumindest die aktuelle roulierende I-Rate von 7,5 % erreichen wir mit dem Zinseszinseffekt schon einmal näherungsweise. Außerdem haben wir über zwei Modelle eine Teuerungsprämie von insgesamt mindestens € 1.000,- verhandelt und die Arbeitszeit auf 38,5h/W reduziert. Wir werden hier allerdings sicher noch an der Kultur arbeiten müssen und bitten heute schon darum, durch die Mitgliedschaft in der GPA die Verhandlungsposition zu verbessern. Glück auf! >