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Rheuma und die Abwehrkräfte

Warum Frauen das stärkere Immunsystem haben und warum das von Nachteil sein kann

Sowohl in der Verteilung als auch in der Ausprägung sowie mitunter in der Therapie verschiedener Erkrankungen gibt es markante Unterschiede zwischen Frau und Mann. Autoimmun bedingte, entzündlich-rheumatisch bedingte Beschwerden beispielsweise betreffen deutlich mehr Frauen als Männer. Vor allem im Bewegungsapparat kommt es dabei zu entzündlichen Reaktionen, aber auch Organe, etwa Herz oder Nieren, können beteiligt sein. Beispiele dafür sind die rheumatoide Arthritis oder der systemische Lupus erythematodes (SLE). Letzterer etwa tritt bei Frauen neun bis zehn Mal häufiger auf. Wenn jedoch Männer von solchen eher typisch weiblichen Erkrankungen betroffen sind, zeigen sich bei ihnen häufig schwerere Verläufe. Darüber, ob bzw. wie Frauen und Männer unterschiedlich auf Therapien ansprechen, liegen bislang noch keine ausreichenden Daten vor.

Ausnahme axiale Spondyloarthritis

Die axiale Spondyloarthritis (Morbus Bechterew), die lange Zeit als typische Männerkrankheit galt, wird heute bei Frauen öfter diagnostiziert. Dennoch betrifft diese als einzige entzündlichrheumatisch bedingte Erkrankung Männer häufiger. Das klinische Erscheinungsbild der Erkrankung ist in erster Linie von chronischen, entzündlichen, tiefsitzenden Rückenschmerzen gekennzeichnet. Diese beginnen in der Regel schleichend vor dem 45. Lebensjahr, treten oft nachts bzw. in den frühen Morgenstunden auf und bessern sich in der Regel bei Bewegung. Oft kann es bei der axialen Spondyloarthritis auch zu einer Arthritis kommen – oder zu einer Enthesitis, also einer Entzündung im Ansatzbereich von Sehnen und Bändern am Knochen. Extraskelettale mögliche Begleiterkrankungen sind unter anderem Schuppenflechte (Psoriasis), eine Entzündung der mittleren Augenhaut (Uveitis) oder des Darmtrakts (Colitis). Betroffene sprechen üblicherweise gut auf nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) wie Voltaren oder Ibuprofen an. Typisch für die Krankheit ist eine familiäre Häufung. Bis Frauen bei dieser Erkrankung die Diagnose bekommen und somit mit der Therapie begonnen werden kann, dauert es im Schnitt sieben Monate länger als bei Männern. „Frauen weisen oft nicht die typischen Beschwerden auf. Sie können häufig ihre Schmerzen nicht so genau definieren und beschreiben einen ‚widespread pain‘, also einen Ganzkörperschmerz, während Männer eher dem klassischen Krankheitsbild entsprechen und es auch so beschreiben“, erklärte die Rheumatologin Dr.in Antonia Mazzucato-Puchner von der Medizinischen Universität Wien in einem MeinMed-Webinar.

EXPERTIN: Dr.in Antonia Mazzucato-Puchner

Klinische Abteilung für Rheumatologie, Universitätsklinik für Innere Medizin III, Wien

MEINMED-VORTRAG

Im Rahmen von MeinMed hielt Dr.in Antonia Mazzucato-Puchner einen Vortrag über autoimmun-bedingte chronisch entzündliche rheumatische Erkrankungen. Das gesamte Video dazu finden Sie auf meinmed.at/mediathek.

Das Webinar wurde unterstützt von:

Kampf den eigenen Zellen

„Autoimmunerkrankungen entstehen, wenn sich das Immunsystem gegen den eigenen Körper richtet. Die Ursachen für das fehlgeleitete Immunsystem sind größtenteils immer noch unbekannt, was natürlich die Behandlung erschwert“, so die Rheumatologin. Dass Frauen öfter an rheumatischen Erkrankungen leiden, hängt mit ihren Abwehrkräften zusammen, die Infektionen besser bekämpfen oder auch nach Impfungen mehr Antikörper produzieren. Aufgrund seiner Sensibilität entwickelt das weibliche Immunsystem jedoch auch eher Autoimmunerkrankungen. Dies ist auf die Rolle der Sexualhormone zurückzuführen: Östrogen und Prolaktin aktivieren das Immun-

Dieser Beitrag wurde im Fortbildungs-Fragebogen auf S. 19 berücksichtigt.

system, Testosteron und andere Androgene hingegen unterdrücken es.

Das Immunsystem in der Schwangerschaft

Interessant ist der Verlauf verschiedener Autoimmunerkrankungen bei einer Schwangerschaft, bei der im Immunsystem der Mutter viele Veränderungen stattfinden. Beispielsweise können Frauen, die an SLE erkrankt sind, während oder kurz nach einer Schwangerschaft vermehrt zu Krankheitsschüben tendieren. Die rheumatoide Arthritis bessert sich hingegen oft vorübergehend. Das liegt an den jeweils „zuständigen“ Lymphozyten-Abwehrzellen (Th1- versus Th2-Zellen), die unterschiedliche Botenstoffe produzieren. Th1-Zellen bekämpfen Bakterien oder andere Krankheitserreger nicht direkt, vielmehr töten sie infizierte Zellen des eigenen Organismus ab. So bewirkt das Immunsystem, dass sich erkrankte Zellen nicht ausbreiten und vom Körper ausgeschieden werden können. Ein menschlicher Fötus wächst – anders als etwa bei Vögeln – im Bauch der Mutter und somit auch innerhalb ihres Immunsystems heran. Allerdings stellt das Baby für das mütterliche Immunsystem fremdes Gewebe dar, dessen Antigene vom Vater stammen. Es ist also sinnvoll, dass die Th1-Immunabwehr vorübergehend gedrosselt wird, damit der Fötus nicht abgestoßen wird. Hingegen ist die Th2Immunabwehr, die Krankheitserreger direkt bekämpft, in dieser Lebensphase von besonderer Bedeutung. „Wenn eine Autoimmunerkrankung besteht, ist die exakte medikamentöse Einstellung der Patientin entscheidend, um Frühgeburten oder andere Komplikationen während der Schwangerschaft zu verhindern“, so Dr.in Mazzucato-Puchner.

Margit Koudelka

RHEUMA

Rund 400 verschiedene Erkrankungen werden unter dem Oberbegriff „Krankheiten des rheumatischen Formenkreises“ zusammengefasst. Unterteilen lassen sich rheumatische Erkrankungen in fünf Gruppen:

„ Autoimmun bedingte chronisch entzündliche rheumatische Erkrankungen des Bewegungs- und Stützapparates (z. B. rheumatoide Arthritis) „ Verschleiß- bzw. altersbedingte (degenerative) rheumatische

Erkrankungen (z. B. Arthrosen) „ Rheumatische Erkrankungen der Weichteile (Muskel- und Bindegewebe, etwa Fibromyalgie) „ Stoffwechselstörungen, die zu rheumatischen Beschwerden führen (z. B. Gicht) „ Erkrankungen des Knochens, die zu Beschwerden der Wirbelsäule führen (z. B. Osteoporose)

Rheuma wird häufig für eine Erkrankung gehalten, die vor allem ältere Menschen betrifft. Jedoch stellen sich gerade die autoimmun bedingten entzündlichen rheumatischen Erkrankungen häufig bereits im jungen Erwachsenenalter ein. Außerdem gibt es rheumatische Erkrankungen auch bei Kindern.

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(API-Studie der GfK 01/2016)

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