Roesti/Keist, Stimmen der Heuschrecken

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Die Stimmen der Heuschrecken

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kHz a

b

c Abb. 13: Die beiden oberen Abbildungen zeigen ein Spektrogramm und ein Oszillogramm von fünf Silben aus dem Spontangesang von Gryllotalpa gryllotalpa (a, b, 110 ms). Das untere Oszillogramm zeigt die Sinuswelle einer einzelnen Silbe (c, 25 ms). Beim Spontangesang von vielen Grillen besteht eine einzelne Silbe aus nur einem einzigen Puls. Nagyivan, Hajdu-Bihar, H, 17 °C.

Kurzfühlerschrecken Die meisten Kurzfühlerschrecken (Caelifera) reiben die Innenseite der Hinterschenkel gegen eine nach außen hervortretende Ader im Vorderflügel. Bei den Grashüpfern (Gomphocerinae) werden die Schrillleisten (auch Feilen genannt) der beiden Hinterschenkel mit ihren arttypisch angeordneten Schrillzäpfchen über die hervortretende Radialader der Vorderflügel gerieben. Analog zu den Langfühlerschrecken wird der Ton, der bei einem Kontakt eines Zäpfchens mit der Radialader entsteht, Impuls genannt. Schallereignisse, die durch die Verschmelzung von zwei bis vielen Impulsen entstehen, werden Pulse genannt (vgl. Langfühlerschrecken). Das Geräusch, das durch eine Auf- und Abwärtsbewegung der Hinterbeine entsteht, wird Silbe genannt. Der Gesang von Kurzfühlerschrecken kann je nach Art aus einzeln geäußerten Silben (vor allem beim Rivalengesang), aus Versen, Strophen oder Serien bestehen. Die Vorderflügel werden während der Stridulation nicht aktiv bewegt. Grashüpfer, die schnelle Beinbewegungen machen, geraten regelrecht ins Vibrieren. Während des Singens wird der Hinterleib bananenförmig nach oben gebogen (S. 18). Die in Bewegung versetzten Flügel produzieren den Schall und der Raum darunter verstärkt ihn. Im Gegensatz zu den Langfühlerschrecken haben Kurzfühlerschrecken zwei Stridulationsapparate (zwei Hinterschenkel),

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die zum Teil auch unabhängig voneinander bewegt werden. Die Hinterbeine werden mehr oder weniger streng synchron (z. B. bei Chrysochraon dispar), gegenläufig (z. B. bei Myrmeleotettix maculatus) oder leicht phasenverschoben (z. B. bei Chorthippus biguttulus und den meisten anderen Kurzfühlerschrecken) bewegt. Die Bewegungsmuster der beiden Hinterbeine weichen oft leicht voneinander ab (z. B. bei Chorthippus mollis) (Helversen, 1977). Nicht selten werden beim Werbegesang die beiden Hinterbeine auf recht unterschiedliche Art bewegt (z. B. bei Omocestus viridulus). Je nachdem, ob der ganze mögliche Bewegungsumfang ausgenützt wird (im Spontangesang von Stauroderus scalaris) oder ob sich die Beine nur über eine kleine Amplitude (im Werbegesang von Stenobothrus lineatus) mit starkem oder leichtem Andruck bewegen, werden verschiedenste Geräusche erzeugt. Einige Grashüpfer erzeugen auch im Flug meist leise Geräusche (z. B. Stenobothrus lineatus und Arcyptera fusca). Außer bei den beiden Arten Stauroderus scalaris und Stenobothrus rubicundulus scheinen diese Geräusche aber nur Nebenprodukte der Flugbewegungen zu sein. Stenobothrus rubicundulus erzeugt im Sitzen oder im Flug ein Schnarren, indem die Vorderkanten der Hinterflügel gegeneinander geschlagen werden (Elsner 1974). Stauroderus scalaris fliegt zwischen den einzelnen Strophen umher und erzeugt ein auffälliges Flugschnarren.

15.07.2009 06:56:48


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