TRENDKOMPASS 5/2017

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KONZEPTE & STRATEGIEN

REPORTAGE & INTERVIEW

KÜPPERSBUSCH

Saumagen mit Technik aus Gelsenkirchen Wo wird das Essen passend zum Wein ausgesucht und jede Sauce und auch das Dessert mit Wein verfeinert? – Im Weinparadies Pfalz. Das Weingut Georg Siben Erben in Deidesheim besteht seit zehn Generationen. Die Gutsküche im vierten Jahr. Ausgestattet wurde sie mit Technik von Küppersbusch. Von Jo Berlien Im vergleichsweise nüchternen Schwaben, wo in alter Zeit ein säuerlicher Most als Haustrunk herhalten musste, kursiert heute noch folgender Witz: Eine Gruppe Auswärti­ ger trifft in einer Schänke ein. Das Wirtshaus ist so gut wie leer, sechs Personen sitzen verteilt an sechs Tischen. Tut mir Leid, sagt der Wirt, alles besetzt! – In der klimatisch begünstigten Pfalz dagegen versammelt man sich am Sechser- und Achtertisch, stößt mit einem süffigen Riesling an, babbelt drauf los. Es kann passieren, dass einer, der hier­ her zieht und Wurzeln schlägt, in kurzer Zeit mit so vielen Menschen in Kontakt kommt wie anderswo in seinem bisherigen Leben. „Die großen Tische und die Bankreihen, an denen man sich wie selbstverständlich zu­ sammensetzt, das war schon in den Tra­ ditionshäusern so, das macht die Pfalz im Grunde aus“, sagt Nadine Siben, Gastgebe­ rin im Weingut Siben in Deidesheim. Noch am ersten Abend ist auch der Gast aus der Fremde oder der Bustourist mitten drin in der Leutseligkeit. „Kann schon sein, dass ein Paar zur Tür herein kommt und denkt: O Gott, bloß große Tische! Dann setzen sie

sich an eine Ecke, aber am Ende des Abends wird zusammengerückt und zum Schluss weiß der eine vom anderen, in welchem Ho­ tel er logiert.“ Und wo man zum famosen Wein das passende Essen bekommt. In Deidesheim an der Weinstraße, wo mehr als 20 namhafte Weingüter ein gutes Aus­ kommen haben, steht stets der Wein im Mittelpunkt, alles andere gruppiert sich um Riesling und Co. herum. Nadine und Andreas Siben stehen beispielhaft für diese Rangfol­ ge: Ihr Restaurant besteht seit vier Jahren, das Weingut führt das Winzer-Ehepaar in zehnter Generation fort.

Kulinarisches Paradies Das Lokal bietet den Erzeugnissen aus dem Weingut Siben eine Bühne. „Der Gast kommt herein, bringt die Ruhe und eine gewisse Er­ wartung mit, und wir haben die Zeit, uns zu empfehlen, unsere Weine zu zelebrieren“, beschreibt Nadine Siben, die studierte Be­ triebswirtin ist, ihr Geschäftskonzept. „Wir haben das Lokal sozusagen um den Wein drumherum gebaut. Wir hatten den Wein, und wir wollten eine stimmige regionale

Küche. Die wuchtigen Holztische mit sechs und acht Plätzen bilden einen Kontrast zum steinig-kühlen Gutshaus-Ambiente und ste­ hen für Bodenständigkeit.“ Doch in Deidesheim gibt es nicht nur rund zwei Dutzend Weingüter. Der Ort zählt kaum 4.000 Einwohner, doch das offizielle Verzeichnis der Stadtverwaltung umfasst in­ nerorts fünf Hotels und 30 Lokale, darunter zwei Sterne-Restaurants. War es angesichts einer solchen Ausgangslage nicht ein Wag­ nis, ein weiteres Speiselokal zu eröffnen? Andererseits residiert das Weingut nicht ver­ wunschen zwischen Weinbergen, sondern im Zentrum, in einem denkmalgeschützten, 170 Jahre alten Dreiseithof aus Sandstein­ quadern. Beste Lage, direkt an der Wein­ straße, am Marktplatz ist man in zwei Mi­ nuten. Andreas Siben sagt: „Unseren Gast­ raum haben wir zuvor schon immer wieder sporadisch für Feiern zur Verfügung gestellt. Die Nachfrage war einfach da. Also haben wir uns entschieden, Vollgastronomie anzu­ bieten. Und es lief vom ersten Tag an gut.“ Geboten wird eine gehobene Pfälzer Küche mit saisonal verfügbaren Zutaten, zwar nicht

Patron und Winzer Andreas Siben (Mitte, mit Küchenchef Stefan Happich) betreibt seine Gutsküche seit vier Jahren. KüppersbuschGebietsleiter Andreas Gick (links) hat die Küche dem regionalen Konzept entsprechend geplant

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Fotos: Sabrina Paries, Küppersbusch

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