grazIN #1 2016

g

in

grazIN # 1 Wir sind Magazin.

der

zauber des

anfangs

Bitte beachten Sie diese Werbung

Warten auf Godot „Komm, wir gehen.“ „Wir können nicht.“ „Warum nicht?“ „Wir warten auf Godot.“ „Ach ja.“

(Dialog zwischen Estragon und Wladimir.

Aus Samuel Becketts „Warten auf Godot“)

Kein vergebliches Warten auf diese Jacke.

Stone Island – exklusiv bei Knilli.

Also visit us on 2

UMFRAGE

?

Was war Ihr schönster Anfang Sandra, 35, Schneiderin

Mein schönster Anfang war der Anfang meiner Beziehung. Ich habe meinen Partner am Arbeitsplatz kennengelernt und wir sind mittlerweile seit zehn Jahren ein Paar. Eine so lange, gut funktionierende Beziehung ist in der heutigen Zeit schon sehr selten geworden und deshalb ist es für mich etwas ganz Besonderes.

Nina, 36, Bürokauffrau & Bernhard, 43, selbstständig

Das war definitiv die Geburt unseres ersten Sohnes, der heute schon 14 Jahre alt ist und sich mitten in der Pubertät befindet – mit allen Hochs und Tiefs, die zu dieser Zeit eben dazugehören. Wir kommen auch gerade vom Elternsprechtag aus der Schule …

Gregor, 19, Student

Zu dieser Jahreszeit hat es für mich immer einen besonderen Zauber, zum ersten Mal die Coca-Cola-Werbung im Fernsehen zu sehen. Dann weiß ich, jetzt beginnt die vorweihnachtliche Zeit mit Christkindlmärkten, beleuchteten Bäumen und das Nachdenken über passende Weihnachtsgeschenke.

Johanna, 65, Pensionistin

Fotos: Katharina Gründl

Ich habe vor 45 Jahren begonnen, an der Technischen Universität in Graz zu arbeiten und da gab es für mich einen Anfang, den ich mein ganzes Leben lang nicht vergessen werde, denn ich durfte das Projekt „Frauen in die Technik“ leiten. Zu meiner Zeit gab es nämlich noch sehr wenige Frauen, die ein technisches Studium begonnen haben und umso mehr freut es mich, dass es unter anderem mithilfe dieses Projekts gelungen ist, den weiblichen Prozentsatz an Studierenden auf heute 30 Prozent zu schrauben.

Gisi, 45, Köchin

Der schönste Beginn für mich war sicherlich der Schritt in die Selbstständigkeit, den ich 2013 gewagt habe. Viele wagen diesen in der heutigen Zeit ja nicht mehr, weil er oft mit vielen Schwierigkeiten und bürokratischen Hürden verbunden ist und oft mehr Nachteile als Vorteile bringt. Das Beste für mich an der Selbstständigkeit ist aber der Umstand, dass sie ein hohes Maß an Selbstverantwortung mit sich bringt und man großteils unabhängig agieren kann.

Impressum/Offenlegung gemäSS § 25 Mediengesetz: grazIN-Wir sind Magazin Medieninhaber und Herausgeber: Gerfried Gombocz, BSc. Anders Handels GmbH, Opernring 5, 8010 Graz, UID ATU 67686667; FN 388805y, Firmenbuchgericht Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz Geschäftsführung: Andreas Prott und Gerfried Gombocz, BSc.; Chefredaktion: Mag. Katharina Gründl und Pako Kovacs-Merlini Redaktion und Fotoredaktion: Heimo Sver, Volker Wohlgemuth und Leser; Büro: Laura Reiterer, 0316/258 666-0, Fax 11 oder office@grazin.at Gestaltung: Manfred Wegscheider, Sonnendeck; Druck: Druck Styria; Vertrieb: Hurtig & Flink Anzeigenpreisliste: Mediadaten 2016; Homepage: www.grazin.at Copyright: Hier dargestellte Inhalte unterliegen, falls nicht anders angegeben, dem Urheberrecht der Anders Handels GmbH. Eine weitere Verwendung bedarf der Genehmigung des Medieninhabers. Alle Rechte, auch die Übernahme von Beiträgen nach § 44 Abs. 1 und 2 Urheberrechtsgesetz, vorbehalten.

Unternehmensgegenstand: Herausgabe und der Vertrieb von Printmedien aller Art. Die Gesellschaft ist zu allen Geschäften und Maßnahmen berechtigt, die zur Erreichung des Gesellschaftszwecks notwendig oder nützlich erscheinen.

Gesellschafter: 100 % Gerfried Gombocz, BSc., Laimburggasse 40a, 8010 Graz Blattlinie: grazIN ist nur seinen Lesern verpflichtet, unabhängig von politischen Parteien, Institutionen und Interessengruppen. grazIN informiert – mit hohem Anspruch – über alles, was das Leben so lebenswert macht oder auch nicht.

3

g

IN EIGENER SACHE

in

Antworten,

wenn man sie braucht ...

Den Zauber des Anfangs hat sicher jeder schon einmal oder vielleicht sogar öfters erlebt. Zauber verbindet man mit Wunder. Viele, einige, Leser und Kunden werden sich jetzt sicher oder auch nur vielleicht wundern, wieder mein Gesicht am Anfang eines neuen Magazins zu sehen. Andere werden sich ärgern ;) und wieder andere werden sich hoffentlich auch mit mir freuen. Als ich 2007 mein erstes Magazin in Graz gegründet habe – das es übrigens noch immer gibt und dem ich an dieser Stelle auch aufrichtig weiterhin viel Erfolg wünsche, denn schließlich wünscht man „seinem Baby“ ja nichts Schlechtes –, war ich voller Überzeugung, dass Graz genau ein solches Magazin braucht. In Folge haben sich aber Konstellationen ergeben, die nicht einstimmig in eine gemeinsame Zukunft geblickt haben.

Und da die Wahrheit bekanntlich immer in der Mitte liegt, nehme ich mich auch selbst nicht aus der Verantwortung, Fehler gemacht zu haben – allerdings immer in Hinblick auf ein erfolgreiches Produkt. Doch das ist die Vergangenheit. Jetzt leben wir die Gegenwart. Und diese Gegenwart hat für mich wieder den Zauber eines neuen Anfangs mit

sich gebracht. Den Anfang von grazIN …

Ich habe lange überlegt, ob ich diese Seite überhaupt mit meinem Vorwort befüllen soll. Warum? Weil das Vorwort eines Herausgebers, in dem er den Inhalt des Magazins beschreibt, selten bis gar nicht gelesen wird. Gut so, denn der Inhalt und die einzelnen Seiten eines gut gemachten Magazins sollen für sich selbst sprechen, sie sollen so mitreißend sein, dass man sie nicht erst groß erklären muss.

Aber ich schreibe diese Zeilen an Sie trotzdem, weil SIE mir wichtig sind, weil ich Sie im Namen meines ganzen Teams willkommen heißen will und weil ich ehrlich zu Ihnen sein möchte: Wir haben in den letzten Wochen, Monaten viele Stunden und Tage/Nächte mit der Ausrichtung von grazIN verbracht. Teils euphorisch, teils niedergeschlagen, einmal ganz sicher, dann wieder unsicher, ob das, was wir da tun, was wir als wichtig, spannend und lesenswert empfinden, auch für Sie lesenswert ist, ob es Ihnen gefallen wird. Ich sage es offen: Ich weiß es nicht, oder besser, ich weiß es nicht mehr so genau – nach so vielen internen Diskussionen mit meinem Team.

Sechs Menschen – sechs unterschiedliche Meinungen.

Auch ein Grund, warum wir im Vorfeld keine Umfragen gemacht haben, denn dann hätten wir jetzt wahrscheinlich hunderte unterschiedliche Aussagen, wie ein Magazin auszusehen hat.

Nun sieht die erste, Ihnen vorliegende Ausgabe, so aus. Und mit ihr haben wir folgende Ziele verfolgt: grazIN steht für INhalt, INteraktion, INnovation und das INmitten von Graz.

Wir haben den Mut, Geschichten und Bildern Raum zu geben, lassen uns nicht in das gängige System von einzelnen Magazinressorts pressen, geben kritischen Auseinandersetzungen mit Themen Platz und nehmen uns für unsere Kunden Zeit, denn wir wollen kein typisches PR-Magazin sein.

Bei uns ist jedes Inserat, jeder PR, jede Reportage, jedes Foto, jede Magazinseite individuell. Mehr Raum für den Leser auf Grund von Geschichten und Bildern.

„Das Wichtige an einer Magazin-Story ist ihre Dramaturgie.

Das Leben verläuft meist langweilig, linear, eintönig.

Wir bringen Dramaturgie hinein, Wendungen, Abläufe, Kurven.“ Hellmuth Karasek, „das Magazin“, Roman, 1998 4

„Jede mediale Informationsbereicherung ist wertvoll und daher wünsche ich auch diesem Magazin viel Erfolg.“

Mehr Raum für den Kunden, seine Ideen und seine Produkte.

Sie möchte ich bitten, ein Teil von grazIN zu werden. Denn so wie jedem Anfang ein Zauber innewohnt, so hat auch jeder und jede – egal welcher Herkunft, jung oder alt, männlich oder weiblich etc. – eine Geschichte zu erzählen. Denn gerade in derart hektischen Zeiten, können wir Ihnen zwar nicht mehr Zeit schenken, aber wir können Ihnen mehr Stoff zum Lesen geben. Wir geben uns nicht mit einer kurzen, knappen Antwort zufrieden, wir blicken hinter die Kulissen, decken auf, erzählen, nehmen Sie auf unsere journalistische Reise mit.

SIE sind nicht nur unsere Leser, Kunden, Partner, Freunde: Machen SIE mit UNS Magazin. Rufen Sie an, schicken Sie Mails, posten Sie Ihre Geschichten und Anregungen auf unserer Facebook-Seite grazIN oder treten Sie unserer grazIN-süchtig Gruppe bei!

Wir haben den Mut, anders zu sein. Wir schwimmen nicht mit dem Strom. Wir geben die Richtung vor. Wir überraschen Sie jedes Mal mit einem neuen Schwerpunktthema.

Doch damit nicht genug. Auch darüber hinaus liefern wir spannenden Lesestoff. grazIN macht sich fern von Ja-Sagern und Einflüsterern viel Luft und gibt vor allem dem Leser wieder Stoff zum Lesen. grazIN wird nicht in vier Wänden gemacht, sondern im Alltag. Mit dem Leser. Mit dem Kunden. Mit Ihnen. grazIN erzählt Geschichten und lässt Menschen Geschichten erzählen. Wir machen Inhalte zum Lesen. Wir sind Text, wir sind Bild, wir sind Magazin.

Das macht Magazin aus. Das ist grazIN. Damit kann ich leben. Denn dieses Magazin entspricht keiner Regel, der es heute bedarf, um eine Zeitschrift zu entwickeln. Wir haben uns einfach über Kriterien hinweggesetzt. Es gibt nur Bilder, die man gesehen haben muss, Geschichten die erzählt gehören und jede Menge Zumutungen. Auf die Inhalte kommt es an. Dies ist wohl die einzige Regel, an die sich grazIN hält.

HANNES ANDROSCH

Und die Frage, die wir uns jedem Monat aufs Neue stellen: wie ein Magazin, das sich bewusst nicht einordnen lässt, aussehen muss. Glänzende Seiten des Alltags. Ein Widerspruch? Na und.

Wieso soll ein Alltag nicht glänzend sein? Für uns ist er das. Ein Tag kann nur bedingt geplant werden. Er unterliegt nicht immer Regeln. Daher sucht man in grazIn Rubriken und Konventionen vergeblich. Die einzige Konvention ist die Inbrunst des Blattmachens, die uns täglich begleitet.

Weil Magazin machen kein Beruf, sondern Berufung ist.

Falls Sie der Meinung sind, dass ich mit meiner These völlig falsch liege – auch ok. Dann lassen Sie es mich und mein Team einfach via E-mail office@grazin.at, unsere grazIN-Homepage www.grazin.at, unsere Facebook-Fanseite oder unsere Facebook-Gruppe grazIN-süchtig auch wissen.

Gerade heutzutage ist der Weg in die Selbstständigkeit kein leichter, vor allem ohne großen finanziellen Background, aber Sie sind mir jedes Risiko wert liebe Leser und Kunden, lassen Sie uns gemeinsam etwas Gutes tun.

Uns allen ein frohes Fest und alles Gute für 2016!

Gerfried Gombocz

Herausgeber grazIN – Wir sind Magazin.

5

g

„RICHTIG WICHTIG“

in

Lebte in Graz: Papst Pius II. (Theodor de Bry nach einer Vorlage von Jean Jacques Boissard, 16. Jh., Stich, Bildarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek Bildausschnitt)

Habemus Papam

Wer hätte gedacht, dass die Stadt Graz einmal einen Papst hervorbrachte? Diese Seite widmet sich – den meisten wohl wenig bekannten – Grazer Persönlichkeiten, die nicht nur die Murstadt, sondern zum Teil die ganze Weltgeschichte nachhaltig mitgeprägt haben.

Das hat auch er getan: Enea Silvio Piccolomini wurde 1405 in Pienza geboren und kam 1437 nach Österreich, wo er Sekretär am Hof König Friedrichs III. in Graz wurde. Nach seiner Priesterweihe leitete er die Pfarren Irdning und Altenmarkt und wurde danach Bischof von Triest und Siena. 1455 kehrte er Graz den Rücken, um Kardinal und am 19. August 1458 zum Papst Pius II. gewählt zu werden. In seinen Memoiren erinnerte sich Pius II. mit Abscheu an das abgekartete Spiel im Konklave.

Schon während seiner Zeit in Graz stieg er zu einem der einflussreichsten Berater des Königs und zum angesehenen Diplomaten auf. So setzte er sich nach der Eroberung Istanbuls (damals noch Konstantinopel)

durch die Osmanen noch von Graz aus unermüdlich für die Ausrichtung eines neuen Kreuzzuges ein.

„Angst vor islamischer Expansion“

Geschichte wiederholt sich! Europa diskutiert über kaum ein Thema mehr als über den Krieg in Syrien, die Flüchtlingswelle und eine drohende Gefahr radikaler Islamisierung. Und wie war dies im 15. Jahrhundert? Piccolomini sah in den Türken die Gefahr einer islamischen Expansion und hielt im Rahmen des Frankfurter Reichstag im Oktober 1454, den er als kaiserlicher Kommissar leitete, eine dreistündige Rede, mit der er veranlassen wollte, eine Art Europa-Armee aufzubauen und führte dabei erstmals seit der Karolinger-Zeit wieder den Begriff „Europa“ ein. Für die Gra6

zer besonders amüsant und interessant zu lesen ist sein satirischer Brieftraktat „Über die armseligen Lebensumstände der kleinen Hofbeamten“. Darin erzählt er vom Alltagsleben am Grazer Hof König Friedrichs III. Seine Heimatstadt Corsignano, später nach ihm Pienza genannt, ließ er nach seinen Idealvorstellungen neu aufbauen und die Kathedrale nach dem Vorbild des späteren Grazer Doms als Hallenkirche errichten.

Die Angst vor den Türken ließ ihn bis zu seinem Tod nicht los und so starb er am 15. August 1464 in Ancona bei dem Versuch, ein Heer gegen die Türken aufzustellen. Seine sterblichen Überreste wurden zuerst im Petersdom beigesetzt und 1614 in die römische Kirche Sant’Andrea della Valle überführt.

Verführt sofort.

Das neue C-Klasse Coupé.

Dieser Anblick ist eine Aufforderung: Steigen Sie ein und genießen Sie den puren Fahrspaß des neuen C-Klasse Coupés. Jetzt neu in der Familie der C-Klasse überzeugt das Coupé mit kultivierter Dynamik und modernem Luxus schon ab Euro 37.990,–*. Lassen Sie sich zu einer Probefahrt verführen – die C-Klasse Modelle warten auf Sie. www.pappas.at/c-coupe Kraftstoffverbrauch (NEFZ) 4,1–6,3 l/100 km, CO₂-Emission 106–146 g/km *

Listenpreis inkl. NoVA und 20 % MwSt.

Wittwar Pappas Gruppe. Das Beste erfahren. www.pappas.at

Konrad Wittwar Ges.m.b.H. Autorisierter Mercedes-Benz Vertriebs- und Servicepartner, 8051 Graz, Schippingerstraße 8, Tel. 0316/60 76-0; Zweigbetriebe: Fohnsdorf-Hetzendorf, Niklasdorf, Liezen und alle Vertragspartner 7

anderen g

ANDERS

in

Dies ist die Seite der

Foto: Jimmy Marseille

Wir nehmen uns nicht so wichtig.

Trotz der strammen, aktuellen Architektur des erst kürzlich erfolgten Umbaus des Grazer Hauptbahnhofes ist in der Eingangshalle bereits starker Realitätsverlust erkennbar, wenn es um die Bandenwerbung geht. Amore am Bahnhof?

Sicher. Am Bahnsteig eines verträumten Fischerdorfes an der Amalfiküste. Am Grazer Bahnhof kommt man mit Pralinen nicht zum Bahnsteig. Zumindest nicht so weit.

Eher mit betoniertem Selbstvertrauen, zumindest aber mit einer Tetanusimpfung. Diese ist Grundvoraussetzung für den herumhetzenden ÖBB-Sicherheitsdienst, der Verstärkung gut gebrauchen könnte. Zwischen auf die Weiterfahrt drängenden, wild gestikulierenden Flüchtlingsfamilien und völlig ungeniert vor sich und um sich schiffenden Pennern steht der Brezelverkäufer von der Bäckerei Strohmayer da wie ein Souverän inmitten einer Choleraepidemie.

Kritik, Wünsche, Offenbarungen und Kontakte für Partnersuchende bitte an: office@grazin.at 8

Bitte beachten Sie diese Werbung

Das MARIA MAGDALENA Food, Bar und Lounge ist eine Welt für sich. Hier erleben feinstes Essen, cooler Bar- und Café-Stil und ein Gastgarten, der seinesgleichen sucht, eine einzigartige Symbiose.

Zu jeder Jahreszeit ist das Maria Magdalena der erste Treffpunkt der Grazerinnen und Grazer – und das in bester Lage.

g

in

„80.000 junge Menschen in unserem Land haben keinen Schulabschluss. Das sind die Sozialhilfeempfänger von morgen.“ Androsch Zur Integration von Kindern im Vorschulalter

rin Gabriele Heinisch-Hosek und Staatssekretär Harald Mahrer konnte kein großer Wurf zustande gebracht werden. Der 17. November, an dem die ungenügenden Absichten verkündet wurden, war daher entgegen der pathetischen Erklärung kein „Glückstag“ für das österreichische Bildungswesen. Also wurde die Blechdose trotz einiger positiver Ansätze wieder einmal nur ein Stück weitergekickt. Das Parlament soll eine echte Bildungsreform auf den Weg bringen. Dabei sollten endlich die Forderungen des Bildungsvolksbegehrens und der Initiative „Neustart Schule“ bzw. die Vorschläge zahlreicher Bildungsexperten umgesetzt werden, damit unser Land bildungsmäßig nicht noch weiter zurückfällt. Im Übrigen gehört die Bildungskompetenz einheitlich zum Bund, um das teure, aus macht- und interessenpolitischen Gründen entstandene Zuständigkeitswirrwarr zu beseitigen.

Sie sagten „Wenn man die Jungen nicht im Vorschulalter integrieren kann, dann wird das Problem immer größer“.

her bedarf es dringend wenigstens eines zweiten verpflichtenden Vorschuljahres – das gilt für Kinder mit oder ohne Migrationshintergrund gleichermaßen –, ganztägiger, elementarpädagogischer Betreuung und ebenso in der Folge verschränkter Ganztagsschulen mit gemeinsamem Unterricht der 10- bis 14-Jährigen statt der bisher üblichen Schulform.

Bleiben wir beim Thema Integration, Flüchtlingswelle nach Europa. Auf der einen Seite die Menschen, die Angst haben, auf der anderen jene, die helfen wollen. Auf welcher Seite stehen Sie? Auf der Seite der Bedrohten, Verfolgten und Vertriebenen. Mit Bezug auf die Erfahrungen meiner Familie im Zuge der Vertreibung aller Deutschsprachigen aus Südmähren 1945, die ich als Kind miterlebt habe, möchte ich auf Basis europäischer humanistischer Werte nur folgende Begriffe nennen: Advent, Herberge, Hospitalität und Nächstenliebe. Der Flüchtlingsandrang und die daraus resultierenden Probleme waren vorausschaubar, aber man hat seitens der Politik keine Vorkehrungen ge-

„Die Blechdose wird immer nur

Er war das „politische Wunderkind“, mit 32 Jahren jüngster Finanzminister, bis er seinem Ziehvater Kanzler Bruno Kreisky zu gefährlich wurde und abdanken musste: Hannes Androsch. Es war bei der letzten Ministerratssitzung 1981, als Kreisky zu seinem mittlerweile zum Intimfeind gewordenen Ziehsohn sagte: „Ich hoffe, deine Vorgänger werden es mir nachsehen, aber du bist der beste Finanzminister der Zweiten Republik.“ Ironisch, fast spöttisch berichtet Androsch in seinem neuen Buch „Niemals aufgeben“, dass der Sessel zusammenkrachte, als sein Nachfolger im Finanzressort, der schwergewichtige Fred Sinowatz, Platz nahm. Im Interview spricht Androsch erstmals ganz offen über die Flüchtlingswelle nach Europa, den Humbug der Verschwörungstheorien, warum die Türkei zur EU muss, das Scheitern der Bildungspolitik und was er den Jungen mit auf den Weg geben möchte. grazIN: Die Regierung hat soeben die Bildungsreform vorgestellt.

Sie haben bereits 2011 für eine Neuausrichtung des Bildungssystems ein Volksbegehren initiiert, bei dem fast 400.000 Unterschriften gesammelt wurden. Sind Sie mit den jetzt präsentierten Ergebnissen zufrieden?

Hannes Androsch: Das Ergebnis ist besser als befürchtet, aber schlechter als notwendig.

Trotz der heroischen Bemühungen von Bundesministe-

Wie sieht die derzeitige Integration an Volksschulen aus Ihrer Sicht aus?

Wenn die Kinder nicht hinreichend für die Einschulung sozialisiert und für die Unterrichtssprache vorbereitet sind, ist das Ergebnis, dass 30 Prozent der Absolventen der Pflichtschulen nicht hinreichend schreiben, lesen und rechnen können und somit nicht lehrfähig sind und keinen Abschluss erzielen. Von diesen jungen Menschen gibt es inzwischen 80.000 in unserem Land. Das sind die Sozialhilfeempfänger von morgen. Da10

troffen, wohl keine treffen wollen, sowohl in der EU als auch in den meisten Mitgliedsstaaten. Jahrelang hat man verabsäumt, ein gemeinsames europäisches Asylregime zu schaffen. Italien und Griechenland ließ man mit der Flüchtlingsproblematik jahrelang alleine im Regen stehen. Kein EU-Mitgliedsstaat kann das Problem allein lösen.

Ebenso wenig sind neue Eiserne Vorhänge oder eine Festung Europa eine Lösung. Nur in solidarischer Gemeinschaft ist dieses Problem be-

© AIC, Maler: Martin Schnur, Foto: Martina Draper

ein kleines Stück weitergekickt“

11

g

in

herrschbar. Nach dem 2. Weltkrieg war das westliche Europa unter wesentlich schwierigeren Umständen in der Lage, 30 Millionen Flüchtlinge aufzunehmen. Heute sind in Österreich sieben Bundesländer unfähig und unwillig, Quartiere, die hinreichend vorhanden wären, bereitzustellen – das „Spiel“ mit Traiskirchen steht dafür als trauriges Symbol.

Verträgt Europa diesen Zufluss?

Europa, das 1900 noch 19 Prozent der Weltbevölkerung und heute nur mehr sieben Prozent ausmacht, würde ohne Zuwanderung in 40 Jahren auf vier Prozent absinken. Überdies war der Mittelmeerraum einstmals ein einheitlicher Zivilisationsraum, aus dem unsere kulturellen und religiösen Wurzeln stammen.

Warum lässt sich die angespannte Lage nicht in Syrien vor Ort lösen?

Das wäre wünschenswert, ist aber kurzfristig kaum erreichbar. Die Nahostpolitik des Westens, vornehmlich die der USA, ist kläglich gescheitert und hat nach den verheerenden Interventionen in Afghanistan und dem Irak sowie der Franzosen in Libyen einen Scherbenhaufen hinterlassen. Dieser wurde zu einem Inferno aus Chaos, Gewalt und Not und leistete einen barbarischem islamischen Terror Vorschub. Auf diese Weise ist die Welt aus den Fugen geraten. Es muss uns klar werden, dass die Weltpolitik in Europa angekommen ist und dass sich Europa schon längst mit einer gemeinsamen

Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik emanzipieren hätte müssen. Alleine aus geopolitischen Gründen hätte die Türkei längst als europäischer Staat Anerkennung finden müssen. Nur mit diesen Grundvoraussetzungen wird es im Interesse der eigenen Sicherheit mühevoll möglich sein, in Syrien bzw. dem gesamten Nahen Osten, der Levante und in Nordafrika wieder Frieden herzustellen und politische Stabilität zu erreichen.

Wie stehen Sie zur Theorie, das Flüchtlingsszenario ist ein bewusst eingefädelter Schachzug, um Europa und seine Wirtschaft zu schwächen?

Das ist törichter, verschwörungstheoretischer Humbug. Man schaue sich nur Bilder der zerstörten Stadt Aleppo an oder nehme die Millionen Flüchtlinge in Syrien und seinen Nachbarländern zur Kenntnis.

Das Flüchtlingsthema polarisiert und hat deutliche Spuren bei den letzten Wahlgängen in Österreich hinterlassen. Ihre Heimatpartei SPÖ hat – außer Wien – alle Wahlen verloren. Lag das allein am Flüchtlingsthema?

Beide Regierungsparteien haben nahezu jede der letzten 20 Wahlen verloren, zuletzt die SPÖ Wien nur deutlich weniger als etwa zeitgleich die ÖVP in Oberösterreich. Die anderen Wahlen fanden zum Teil Jahre vor dem Flüchtlingsansturm bzw.

Flüchtlingsdurchzug statt. Somit hatten die Verluste wohl hauptsächlich andere Ursachen – wie etwa die Verschlechterung der Wirtschaftslage, die Verringerung der Wettbewerbsfähigkeit, die zunehmende Schieflage der öffentlichen Haushalte, die bestehende Reformunfähigkeit und Reformunwilligkeit, die ungehemmte Regulierungswut und Überbürokratisierung, siehe jüngst

„Wir Älteren sollten den Jüngeren helfen, die Voraussetzungen zu schaffen, um aufs Pferd steigen zu können.

Reiten müssen sie dann ohnehin selbst.“ Androsch Zum sozialgedanken 12

die Registrierkassenpflicht, oder die Murkserei bei Schenkung oder Erbschaft von Liegenschaften. Die beiden Regierungsparteien bekamen somit vor allem die Rechnung für Realitätsverweigerung und Zukunftsvergessenheit präsentiert.

Wohin muss sich Ihrer Meinung nach die Politik weg entwickeln/verändern, um das Vertrauen der Menschen wieder zu gewinnen?

Es müssen endlich Zukunftsperspektiven und Zukunftsorientierung geboten und die Bereitschaft zur mutigen und entschlossenen Umsetzung von überfälligen Reformen erkennbar werden.

Brandwichtig sind dabei der Bildungsbereich und die Wirtschaftspolitik, weil diese auch unverzichtbare Grundlage für eine tragfähige Sozialpolitik ist. Nur auf diesem Weg wird man den Menschen, vor allem den Jüngeren, Orientierung, Halt und Hoffnung geben sowie als Ergebnis dann auch wieder Wahlen gewinnen können.

Ihr Wahlwohnort ist Bad Aussee in der Steiermark. Hier hat die SPÖ den Landeshauptmannsessel an die ÖVP abgeben (müssen). Können Sie den Schritt von Franz Voves nachvollziehen?

Die Beweggründe von Franz Voves kenne ich nicht. Sicherlich war die Gefahr einer schwarz-blauen Koalition einer davon. Sein Nachfolger Michael Schickhofer hat jedenfalls ein schweres Erbe übernommen, weil man annehmen kann, dass die neue Landesführung von Hermann Schützenhöfer ihre Aufgabe bestmöglich zu erfüllen trachten wird.

Bleiben wir noch in der Steiermark: Als Aufsichtsratsvorsitzender des steirischen Leiterplattenherstellers AT&S wurden Sie kürzlich als neues Mitglied des Chongqing International Economic Advisory Council in China aufgenommen, dem 35 CEOs der Fortune Top 500 Unternehmen angehören und den Bürgermeister der größten Stadt der Welt berät. Macht Sie das stolz und worin besteht Ihre Aufgabe innerhalb dieses Gremiums?

Diese Einladung ist eine Auszeichnung für die AT&S und all ihre Mitarbeiter und sehr ehrenvoll für mich

persönlich. In diesem Kreis der Vertreter von Top-Firmen repräsentiere ich ein Unternehmen mit modernster Technologie. Dieses Thema ist dem Bürgermeister Huang Qifan offenbar ein großes Anliegen. In diese Richtung wird auch unsere Beratung gehen.

Sie sprechen immer wieder von „Industrie 4.0“ und deren Wichtigkeit: Ist Österreich wirtschaftlich auf dem richtigen Weg? „Industrie 4.0“ ist Teil des digitalen Wandels, wie zum Beispiel bereits die Smartphones. Die weitere Entwicklung wird alle Lebensbereiche vom Rasenmähen über robotisierte Haushaltshilfe, aber auch Medizinund Pflegeassistenten sowie selbstfahrende Autos, vor allem aber auch die industrielle Produktion betreffen. Damit wird sich die Arbeitswelt grundlegend verändern und höherwertige Qualifikationsprofile erforderlich machen. Bei diesem Prozess werden sicher Arbeitsplätze wegfallen, aber ebenso hochwertige neue entstehen. Wenn man bei dieser Entwicklung nicht vorne mit dabei ist, ist man bald weg. Also: entweder „Industrie 4.0“ oder überhaupt keine Industrie mehr.

Stichwort Wirtschaft: Österreich ist das elftreichste Land der Welt, das drittreichste innerhalb Europas. Die Arbeitslosigkeit schlägt dennoch hohe Wellen. Was läuft schief?

Das Problem in Österreich ist nicht nur die steigende Arbeitslosigkeit, sondern insgesamt die anämisch schwächelnde Wirtschaftsentwicklung, die sich verringernde Innovationsdynamik, die anhaltende Schieflage der öffentlichen Haushalte bei Rekordsteuerbelastung und chronischer Defizite bei dennoch steigender Staatsverschuldung. Ursache hierfür ist die politische Lähmung, der Reformstau, der Wildwuchs des Vorschriftendschungels, der überbordende, strangulierende Bürokratismus, wieder Stichwort Registrierkassen. Es wird gerade noch, und das sehr aufwendig, der Stillstand verwaltet. Mutlosigkeit, Hilflosigkeit, Bequemlichkeit und Trägheit, Erhaltung überholter

„Nach dem 2. Weltkrieg war das westliche Europa unter wesentlich schwierigeren Umständen in der Lage, 30 Millionen Flüchtlinge aufzunehmen.“ Androsch Zur FLÜCHTLINGSWELLE

Strukturen und Systeme bestimmen das Verhalten. Es fehlt eine auf die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts ausgerichtete Wirtschaftspolitik. Es braucht offenbar viel mehr öffentlichen Druck, um endlich zu einer zukunftsgestaltenden Politik zu kommen.

Sie haben vor zwei Monaten Ihre Biografie herausgebracht, mit dem Titel „Niemals aufgeben“. Warum gerade jetzt, mit 77 Jahren, und beispielsweise nicht mit 80?

Das Buch ist mehr eine Reflexion über erfolgreiche Jahrzehnte unseres Landes, beinhaltet aber auch einen Zukunftsausblick. Es fügt sich zusammenhängend an das vor zwei Jahren erschienene Buch „Das Ende der Bequemlichkeit“ und die im letzten Jahr veröffentlichte Publikation „1814, 1914, 2014. 14 Ereignisse, die die Welt verändert haben“ an.

Sie geben darin vor allem jungen Menschen Ratschläge, neugierig zu sein, hartnäckig Ziele zu verfolgen, das zu tun, was Freude bereitet und nach einem Sturz sofort wieder aufzustehen.

Sie haben selbst einen 18-jährigen Sohn – nimmt er Ihre Ratschläge an?

Man könnte mit Steve Jobs hinzufügen: stay hungry, stay foolish“.

Bestimmt denken mein Sohn aber auch meine Enkelkinder darüber nach. Den eigenen Lebensweg muss jeder selbst beschreiten und gestalten. Wir Älteren sollten den Jüngeren helfen, die Voraussetzungen zu schaffen, um aufs Pferd steigen zu können. Reiten müssen sie dann ohnehin selbst.

Der für Sie wichtigste Ratschlag an die junge Generation?

Die bestmögliche Ausbildung anzustreben, Erfahrungen zu sammeln, sich zu engagieren, sich kreativ und innovativ zu entfalten. Die ange13

peilten Ziele beharrlich und mit energischer Entschlossenheit einerseits und dennoch mit Gelassenheit und Geduld umzusetzen.

Gibt es etwas, das Sie noch erreichen möchten?

Alt werden und gesund sterben, dabei für Anvertraute sorgen und bestmöglich helfen, damit sich der Jugend die Möglichkeit eröffnet, einen erfolgreichen und erfüllenden Lebensweg zu beschreiten.

Ihnen wurden schon viele Attribute zugeordnet: politisches Wunderkind als jüngster Finanzminister Österreichs mit 32 Jahren, „eiskalter Engel“ etc. Wenn Sie sich selbst beschreiben müssen, wie sieht Ihre Selbsteinschätzung aus?

Ich war immer vielseitig interessiert, besonders politisch, und damit an der Mitwirkung der Gestaltung der öffentlichen Bereiche. Ideelle Grundlage dafür war, auf Basis einer guten Ausbildung und unter Bewahrung eines Mindestmaßes an persönlicher Unabhängigkeit, einen sinnstiftenden Beitrag für eine bessere und friedlichere Welt zu leisten.

Zur Person:

Hannes Androsch, geboren am 18.

April 1938 in Wien, Studium für Welthandel, Steuerberater, von 1970 bis 1981 Finanzminister, 1981 bis 1988 stellvertretender bzw. Generaldirektor der Creditanstalt, Konsulent der Weltbank, Unternehmer und Autor zahlreicher Bücher. Das jüngste „Niemals aufgeben – Lebensbilanz und Ausblick“ erschien im ecowin Verlag.

g

DAS ERSTE MAL

in

Es kommt nie mehr wieder und bleibt unvergessen.

Die eigene Firma gr端nden, mit einem Menschen schlafen, die Geburt eines Kindes.

Das erste Mal.

der

zauber des

anfangs 16

17 Foto: Volker wohlgemuth

g

DAS ERSTE MAL

in

Der Zauber im Anfang

Wem das Warten auf das erste Mal zu wenig spannend ist, hat mit Kirche und Enthaltsamkeit mehr als eine Option. „Was die Frage der Ehelosigkeit angeht, so habe ich kein Gebot vom Herrn. Ich gebe euch nur einen Rat als einer, den der Herr durch sein Erbarmen vertrauenswürdig gemacht hat.“ Vielmehr geht es um eine persönliche Berufung Gottes: „Ich wünschte, alle Menschen wären (unverheiratet) wie ich. Doch jeder hat seine Gnadengabe von Gott, der eine so, der andere so.“ Der Brief an die Korinther holt die Wackelkandidaten für das erste Mal auf den Plan: Prominent besetzt ist das Warten auf den ersten Liebesakt nach der Eheschließung aufgrund der Religion in unseren Breiten nicht, aber immerhin eine Option. Wem das zu viel Selbstbestimmung ist, dem sei die Pfingstbewegung als Beistand empfohlen und mit ihr das Werk des Heiligen Geistes, der dort für die Fortpflanzung verantwortlich zeichnet.

Unter dem Slogan „True love waits“, erklärten sich nach eigenen Angaben der Tulip Grove Baptist Church im US-Bundesstaat Tennessee etwa drei Millionen Jugendliche mittels Verpflichtungskarten zur sexuellen Enthaltsamkeit vor der Ehe bereit. Aber dort ist dem Gesetz nach auch ein Haus, in dem mehr als acht Frauen wohnen, ein Bordell, welches wiederum verboten ist. Außerdem ist es gesetzlich verboten, hohle Baumstämme zu verkaufen.

Verpflichtende Karten sind die Sache von Pfarrer Christian Grabner nicht. Das „erste Mal“ interpretiert er mit einem Zitat von Hermann Hesse: „Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne.“ Kirchliche Verpflichtungen und starre religiöse Doktrin wurden schon unter Papst Johannes Paul II. und seinen Worten „Fürchtet euch nicht“ aufgebrochen.

Der jetzige Papst Franziskus setzt diesen Kurs fort.

So liegen die Prioritäten der katholischen Kirche heute weniger in Fragen der sexuellen Enthaltsamkeit vor der Ehe als vielmehr in der Beschäftigung mit der gerechten wirtschaftlichen Umverteilung in der gesamten Welt.

Nicht überraschend hat sich auch die katholische Kirche dem Thema „Erstes Mal“ angenommen.

Vielmehr noch, dem Thema der Jungfräulichkeit.

Zum ersten Geschlechtsverkehr kommt es in den katholischen Sphären ja eher selten, im optimalen Fall gar nicht. Somit sei der Fairness halber auch jenen eine Alternative geboten, die es mit dem Körperlichen nicht so haben, sondern eher spirituell geleitet sind. Jungfräulichkeit gilt in der katholischen Kirche als der freiwillige und dauernde Verzicht des Liebesaktes, um frei zu sein für den Dienst Gottes.

Nach Vorbildern muss nicht lange gesucht werden: Als prominentestes Beispiel der Kirchengeschichte gilt die über die Grenzen hinaus bekannte Jungfrau Maria. Zur Nachahmung fest entschlossenen jungen Fräuleins sei als Einführung das Lukasevangelium 1,27 ans Herz gelegt: „Im sechsten Monat wurde der Engel Gabriel von Gott in eine Stadt in Galiläa namens Nazareth zu einer Jungfrau gesandt. Sie war mit einem Mann namens Josef verlobt, der aus dem Haus David stammte. Der Name der Jungfrau war Maria.“ Von der Erwähnung der Verlobung darf man sich „Und jedem Anfang jetzt nicht irritieren oder wohnt ein Zauber inne.“ gar vom eingeschlagenen Weg der Enthaltsamkeit Hermann hesse abbringen lassen. „Die Geschichtsschreibung geht davon aus, dass Maria bei der Niederkunft von Jesu zwischen dem 14. und 16. Lebensjahr war. Josef ist nicht der biologische Vater, sondern die Geburt Jesu erfolgte durch die Verkündung des Engel Gabriel“, weiß Pfarrer Christian Grabner. Jesus, der wie Johannes der Täufer und seine Mutter, die Jungfrau Maria, jungfräulich geblieben ist, hat den Sinn der Jungfräulichkeit, die aber nicht als Gebot zu verstehen ist, im Ersten Brief an die Korinther offenbart: 18

„Der Name der Jungfrau war Maria.“

Foto: Jimmy Marseille

LukasEvangelium 1,27

19

g

DAS ERSTE MAL

in

Alex und der erste Stich

Foto: Jimmy Marseille

Natürlich kann er sich an sein erstes Mal erinnern. Dass erste Tattoo vergisst man einfach nicht, schüttelt Alex den Kopf: „Gut. Ich war schon etwas jung.

Zwölf, um genau zu sein.“

20

GROSSE Freiheit Tattoo von Herbert Hoffmann.

Der Hamburger gilt als Ikone der Tätowier-Szene.

Während ein Großteil der Zwölfjährigen also fieberhaft Architektur war für die berufliche Leidenschaft dabei an der lückenlosen Komplettierung eines Panini-Stikein Nachteil: „Ein holländischer Architekt hat mir einckeralbums arbeitet oder am Ferienstrand der Oberen mal gesagt, dass der einzig wahre Architekt eigentlich Adria über ein Henna-Tattoo kichert, hat Alexander der Tätowierer ist.“ Smoltschnik sich das erste Tattoo gestochen. Ein PeaAnstatt Brücken oder Büros realisiert Alex die Vorstelce-Zeichen: „Ich bin Jahrgang 1967.“ Dass da jetzt keilungen seiner Kunden hautnah und diese werden immer ner lang nach dem Grund für die vermeintlich banale vollflächiger, die Motive größer.

Motividee suchen muss. Die Basis für den Tätowierer Die Kundschaft reicht vom Lehrling bis zum Rechtsanvom „Pride & Glory“ wurde aber schon gezeichnet, als walt, der Punk kommt hingegen nicht mehr ins Studio. er mit sechs Jahren im Freibad die damals noch eher Provokation und Revolution sind keine Frage von Äuspärliche Körperkunst sah. „Damals war das noch reißerlichkeiten mehr. „Heute bedeutet Subkultur die Art ne Subkultur. Tätowiert waren da die Häfenbrüder. Das und Weise, wie der Mensch denkt und handelt“, stellt war’s dann auch schon.“ Smoltschnik klar. Er war es im Übrigen auch, der bis Als er seiner damaligen Freundin das erste Tattoo vor Kurzem für Tattoos mit antirassistischen Motiven sticht, ist er „nervöser als beim ersten Mal Sex“. Ein nur den Materialbeitrag kassierte.

Cover der deutschen Band „Einstürzende Neubauten“ Ein großes Bild mit Motiven von Herbert Hoffmann wird es. „Du bist dir der Verantwortung schon bewusst, hängt an der Wand im Studio von Alex in der Mariahildenkst aber in dem Moment nicht daran, dass das für fer Straße 23. Der 2010 verstorbene Deutsche galt als die Ewigkeit ist. Das kommt erst später.“ Zwanzig Jahre Vorreiter der Tätowierer in einer Zeit, als dies noch kein danach ist die Tätowierung als Subkultur dem MainBeruf war. Seine Motive, vom Hamburger Hafen-Style stream gewichen. Die Kunden wissen, was sie wollen, geprägt, treffen den Puls der Zeit heute aber kaum mehr. das Internet hat sich schließlich auch hier durchgesetzt. „Es gibt da keine Hauptverantwortlichen mehr. Eine Beratung und die Vorbereitung auf die Arbeit sind geWechselwirkung zwischen der Tätowierkunst aus Euroblieben: „Nach Absprache mit pa und Asien findet immer wiedem Kunden fertige ich die Entder statt. Motive und Bilder aus „Der einzig wahre Architekt würfe an und zeichne ein paar dem nordischen Schamanismus Vorschläge.“ Das Studium der sind momentan im Kommen. ist der Tätowierer.“

bezahlte Anzeige

Alex schmoltschnik

Über Grenzen hinaus denken und handeln www.ressort-buchmann.steiermark.at

g

DAS ERSTE MAL

in

Drei Ampeln auf Grün

Der Sexualpsychologe Wolfgang Kostenwein vom Institut für Sexualpädagogik spricht mit Jugendlichen darüber, was sie wirklich interessiert. Darüber, dass man nicht immer einen Steifen haben kann, dass Urin nicht aus der Scheide kommt und über Oralsex.

Täglich erblicken in Graz etwa 10 Kinder das erste Licht und ebenso viele sagen ihr erstes Wort.

Etwa 25 Jugendliche erleben ihr erstes Mal. Rund 4 packen das erste Mal richtig an und machen sich selbstständig. Und einer von uns wagt seinen ersten Fallschirmsprung.

22

Das erste Mal Sex. Einen Stellenwert hat es im Leben allemal. Jeder kann sich daran erinnern. Die meist älteren Semester wissen ja auch, wo sie waren, als auf Präsident Kennedy geschossen wurde oder Lady Di verunglückte. Das erste Mal Geschlechtsverkehr zu haben ist dann für Jugendliche hoffentlich weniger dramatisch. Gewiss ist, dass sie sich dafür noch genauso lange Zeit lassen wie noch vor 30 Jahren. Das Durchschnittsalter beim ersten Mal Sex liegt zwischen 16 und 17 Jahren. „Die meisten glauben, dass das Alter der Jugendlichen beim ersten Geschlechtsverkehr deutlich drunter liegt. Oft wird reißerisch von 13- oder 14-Jährigen gesprochen, aber das geht dann wohl auf unseriöse Studien oder Berichte zurück“, weiß Wolfgang Kostenwein vom Institut für Sexualpädagogik. Mit falschen Informationen und Vorstellungen über Sex aufzuräumen und Jugendlichen ihre Fragen dazu zu beantworten ist Teil seiner Arbeit. Die aktuelle Diskussion über digitale Trends, wie etwa das „Sexting“, das Produzieren und Versenden von intimen Aufnahmen im Internet, sieht er eher unaufgeregt: „Jugendliche wollen sich natürlich präsentieren, damit sie Sympathien bekommen, und fangen heute schon früher damit an.“ Dennoch sollten Eltern ihre Kinder darin unterstützen, die Konsequenzen von sexuellen Internetauftritten abschätzen zu lernen, anstatt Kinder und Jugendliche zu beschämen.

Mit Zwölfjährigen in der Schule deshalb über Verhütung zu sprechen, sieht Kostenwein aber überzogen. Panini-Sticker sind da noch gefragt und keine genoppten Kondome. Dass sich die Schritte auch in der Sexualität ändern, weiß der Sexualpädagoge aber auch: „Vor 30 Jahren kam der Oralsex erst nach dem Geschlechtsverkehr, wenn eine gewisse Intimität gegeben war. Heute sind

EnErgiE

die Schritte: Ansprechen, Händchenhalten, Küssen und dann kommt schon das Blasen.

Dahin gehen auch die Fragen der Jugend.

Aber wie erklärt man jemandem das Blasen? Sex ist ja Lust und diese wird intuitiv gesteuert. Da gibt es keine Anleitung dafür.“ Kostenwein erklärt es dann doch und nennt die Dinge beim Namen. Was immens wichtig ist, weil Erfahrungen ihm oft zeigen, „dass in der Schule, die ja prinzipiell auch einen sexualpädagogischen Auftrag hat, die meiste Zeit im Zusammenhang mit Sex über Krankheiten und Verhütung gesprochen wird.“ Themen, die Jugendliche aber wirklich interessieren, werden nicht angesprochen, Antworten über die ersten sexuellen Beziehungen und Kontakte holt man sich aus dem Internet und Pornos, die dort zugänglich sind. Kostenwein: „Für den einen oder anderen Jugendlichen kann das, was „Aber wie erklärt man er da sieht, schon verjemandem das Blasen?“ wirrend sein. In der Sexualtherapie hatte Wolfgang kostenwein ich einen 17-Jährigen, der meinte, er habe Erektionsprobleme, weil nach jeder Ejakulation sein Glied nicht mehr steif wurde. Als ich ihm sagte, dass das durchaus normal ist, erklärte er, dass in den Pornos das Glied der Männer immer steif sei. Man muss erklären, dass das nichts mit Realität zu tun hat, sondern ein Fantasyfilm ist.“ Für den ersten Sex ist es vor allem wichtig, dass Jugendliche ein gutes und gesundes Körperbewusstsein haben. Wer einen guten Zugang zum eigenen Körper hat, lässt sich von immer geilen Frauen und ständig steifen Schwänzen im Internet auch weniger einschüchtern, und diese Bilder bekommen weniger Macht. Kompetenz im Umgang mit der eigenen Sexualität bedeutet, die eigene Lust zu spüren und auch genießen zu können. Erst diese Fähigkeit ermöglicht es, Nähe und Distanz zu gestalten. Dass Mädchen in dieser Hinsicht „reifer“ und Burschen „immer sexuell drängend“ wären, ist ein Gerücht. Auch wenn sich Mädchen und Burschen in unserer Gesellschaft in der Sprache und im Gehabe nach außen tendenziell anders zeigen, haben doch beide sehr ähnliche Bedürfnisse, was Sex mit einer anderen Person anbelangt: gute Gefühle und die Fähigkeit, diese zu genießen. Leider klappt genau das nicht immer – nicht selten

bEratung infozentrale für Energie und Wohnbau 0316 / 877- 3713

Bezahlte Anzeige

Kostenlose Beratung rund ums Bauen, Sanieren, Heizen, Wohnen und Energiesparen!

Hotline Energieberatung 0316 / 877- 3955

Geförderte Energieberatung vor Ort und in der Beratungsstelle des Landes (Landhausgasse 7, Graz)

www.technik.steiermark.at

23

g

DAS ERSTE MAL

in

liegt es daran, dass beide unsicher sind im Umgang mit den eigenen sexuellen Gefühlen, der eigenen körperlichen Lust. Die Fragen zum Thema Verhütung kommen in der Altersgruppe der 14- bis 16-Jährigen oft von Mädchen – Burschen zeigen häufig erst dann Interesse für das Thema Verhütung, wenn sie in einer Beziehung mit einem Mädchen sind. Dafür macht sich bei Burschen ein ausgeprägtes Interesse für die Pornographie bemerkbar. Und es werden Fragen gestellt. Spezifische, ob es zum Beispiel möglich ist, dass ein Mann seinen Kopf in die Scheide steckt, aber auch essenzielle, wie der richtige Zeitpunkt für das erste Mal. Die Antwort von Erwachsenen oder Freunden auf diese Frage, die vor allem von Mädchen in der Altersgruppe 12-14 Jahre ge-

„… ob es zum Beispiel möglich ist, dass ein Mann seinen Kopf in die Scheide steckt.“ Frage eines jugendlichen stellt wird, lautet dann oft: „Dass wirst du schon merken.“ Was soll das heißen? Wo ist es merkbar?

Im Herzen, weil es Liebe ist? „Natürlich ist Liebe mit im Spiel.

Aber es muss auch im Genital spürbar sein. Alle drei Ampeln müssen auf grün geschalten sein: Kopf, Bauch und Genital. Erwachsene lassen das Genital immer weg“, weiß Kostenwein. Auf das nicht unwesentliche Genital wird im Übrigen schon Jahre vor dem ersten Sex scheinbar gern vergessen. Während zum Beispiel im Gesicht jede Faser und Falte benannt wird, haben Eltern oft für das Genital ihrer Kinder keinen Namen. Die Stelle des Körpers

wird rhetorisch ausgeblendet und mit ihr auch die Funktionen und Aufgaben. „Viele Mädchen glauben mit 16 oder 17 Jahren, dass sie aus der Scheide pinkeln und nicht aus der Harnröhre. Das Genital ist in der Wahrnehmung oft negativ besetzt, wird als schmutzig verstanden und man sollte die Hände davonlassen. Hier ist ein absolutes Umdenken notwendig“, so Kostenwein. Oft wird durch dieses Verhalten eine Negativserie erzeugt, die dann letztendlich auch zur fehlenden eigenen Körperkompetenz beim ersten Geschlechtsverkehr führt.

Für die Kompetenz ist es zum Beispiel nicht förderlich, wenn man Kindern und Jugendlichen erklärt, wie Erwachsene Sex haben. Viel wichtiger ist es hingegen, wenn man mit den Kindern auf den Spielplatz schaukeln geht und damit die Grundlage für das erste sexuelle Erlebnis schafft.

Kompetenz in diesem Sinne heißt auch nicht, dass man alles ausprobieren muss. Der Sexualtherapeut: „Wir kennen das Beispiel schon aus dem Kindergarten, wenn von den Kindern verlangt wird, dass sie diverse Speisen kosten sollen. Warum? Wenn ich weiß, dass ich es nicht mag, muss ich es nicht probieren.“ Selbiges gilt auch für den Analsex.

Wenn ich darauf nicht stehe, muss ich es nicht erst probieren.

Die Basis für ein gesundes Verhältnis zum eigenen Körper, zur Stärkung der beschriebenen Kompetenz wird in den ersten zehn Lebensjahren gelegt und nicht in der Pubertät. Schließlich geht es nicht nur darum, dieses Verhältnis zum Körper zu entwickeln, sondern dieses auch anzuwenden.

Kostenwein: „Es hilft ja nichts, wenn ein Mädchen den Zyklus rauf und runter beten kann, aber nicht weiß, wann sie ihre fruchtbaren Tage hat.“ 24

g

DAS ERSTE MAL

in

30 Sekunden Zeit

… die über Original oder Fälschung, Abschiebung oder Weiterreise entscheiden.

Ein Grazer Trio hat ein mobiles Gerät zur Dokumentenprüfung entwickelt und damit einen völlig neuen Geschäftsmarkt erobert.

Und auch das nächste Projekt steht schon in den Startlöchern: eine Lichtwolke …

Spazierengehen hat etwas Visionäres. Nicht für alle. Nicht immer. An jenem Jännertag 2013 hatte der Spaziergang durch den Grazer Bezirk St. Peter für sie aber etwas nachhaltig Visionäres. Sandra Slavinec und ihr Lebensgefährte Dieter Lutzmayr, beide Techniker und neben- sowie hauptberuflich an der FH Joanneum tätig, gründeten bereits 2010 ihr eigenes Unternehmen charismaTec und boten unter dem Motto „Damit der Kunde Ihr Produkt versteht“ Produktschulungen für Klein- und Mittelunternehmen an. So schön. So gut. Doch nicht genug. So kam es bei diesem Spaziergang zur Aussage von Dieter Lutzmayr „Ich hätte so gerne mein eigenes Produkt.“

Kontrolle weitergeschickt. Diese wurde mit einem stationären Gerät, das den Pass um das 10-Fache vergrößert, durchgeführt. Problem: Die heutigen Fälschungen sind schon derart gut und ausgereift, dass spezielle Wölbungen des Papiers, Drucke, Symbole nur unter 15-facher Vergrößerung und teilweise nur unter UV-Licht zu erkennen sind.

Pass ist Türöffner zu allen Sozialleistungen

Fiel den Beamten also nicht gleich etwas auf, wurde der Verdächtige auch gar nicht erst weitergeleitet und sein Pass auch nicht genauer untersucht. Was hieß das also? Ungehinderte Weiterreise und ein möglicherweise gefälschter Pass als „Türöffner zu allen Sozialleistungen eines Staates“. Das sollte so nicht weitergehen. Und so kamen von Draxler, der mittlerweile auch Partner des daraufhin gegründeten Unternehmens „Doculus lumus“ von Savinec und ihrem Lebensgefährten ist, die Inputs für das ersehnte „eigene, neue, nachhaltige Produkt“: ein mobiles Gerät zur sicheren Pass- und Dokumentenkontrolle.

Die Vorgaben waren vielschichtig: Es muss schnell gehen, in 30 Sekunden sollte Echtheit oder Fälschung feststehen, denn bis dato benötigten die Beamten zumindest drei Minuten pro Pass und so lange kann man keine Menschenmenge anhalten, die auf Durchreise ist, es sollte flach sein und in die Hemdtasche passen, eine Handschlaufe soll befestigt sein, es muss über große Tasten verfügen, denn im Winter tragen die Beamten Handschuhe und es braucht Batterien. Batterien? Ist das nicht mehr als überholt in Zeiten von USB-Anschlüssen und anderen Auflademöglichkeiten? Nein, gar nicht, denn in Kriegs- oder Flüchtlingsgebieten, in Wüsten oder entlegenen Gegenden gibt es nicht jederzeit beliebigen Stromanschluss. Und robust sollte es obendrein sein.

Die richtige Begegnung

Ein eigenes Produkt sollte es also sein. Ein Wunsch, den viele haben, auch Ideen gibt es wie Sand am Meer, doch eine Idee braucht auch eine Umsetzung, eine Finanzierung, einen Abnehmermarkt. So sollte es noch einige Monate dauern, genauer gesagt bis zum folgenden Mai, bis die Idee da war. Slavenic hielt wie so viele Male zuvor eine Vorlesung an der Grazer FH und diese Vorlesung sollte die Fortsetzung des Spaziergangs und des damals geäußerten Wunsches ihres Lebensgefährten werden.

In dieser Vorlesung saß Matthias Draxler, Polizist und einer der wenigen Dokumentenspezialisten in Österreich, der unter anderem auch für Flüchtlinge zuständig ist und Passkontrollen durchführt. Der bisherige Weg der Kontrollen: Pässe wurden auf Bahnhöfen, Flughäfen, in Zügen, auf Autobahnen kontrolliert. Das Material, das Rascheln des Materials, die Erfahrungen der Beamten und ein mobiles Gerät, das allerdings mehr als ungenau war, vermittelten einen ersten Eindruck, ob der Pass echt oder gefälscht ist. Kam ein Pass verdächtig vor, wurde die Person angehalten und zur weiteren

„Ich habe gebaut, gestillt, getestet, gestillt, gelötet, gestillt.“ sandra slavinec 26

individuell im Carl… „Für Freunde der schnellen Rush-Hour“ Das Mittagsmenü im Carl.

Drei Köstlichkeiten servieren wir Ihnen Dienstags bis Freitags von 11.30 – 14.30 Uhr

...genießen, feiern und einfach das schöne Ambiente auf sich wirken lassen.

3 Gänge um 12,50 €

„Einen gemütlichen Abend verbringen“ Feines Abendessen im Carl.

Genießer und Feinschmecker kommen voll auf Ihre Kosten beim gemütlichen Abendessen á la carte von 17.30 – 22.00 Uhr

„Fünf Tage die Woche im Carl genießen“ Von Dienstags bis Samstags haben wir für Sie geöffnet

Ob Sie Ihre Geburtstagsfeier, Weihnachtsfeier oder Ihre Hochzeit veranstalten wollen – wir bieten Ihnen die optimale Location. Im Carl bis zu 120 Personen oder in der Thalia bis zu 400 Personen.

Innovativ, geradlinig, international dafür steht die Küche des Carl unter der Leitung von Philipp Haiges.

Opernring 5a 8010 Graz +43 (0)316 824848 info@carl-restaurant.at www.carl-restaurant.at 27

g

DAS ERSTE MAL

in

In Serienproduktion oder sterben lassen?

halbes Jahr unter anderem an das Landeskriminaltechnische Institut Graz sowie an den Grazer und Wiener Flughafen zu Testzwecken gegeben und haben sich dort mehr als bewährt. Dann stellte sich die alles entscheidende Frage: Was nun? Entweder in Serienproduktion gehen oder das Projekt sterben lassen?

Es kam der Juni 2013, einen guten Monat nach der „visionären Vorlesung“ und ein halbes Jahr nach dem „visionären Spaziergang“. Der erste Prototyp lag auf dem Tisch. „Ich war zu dieser Zeit gerade in Karenz mit meinem Sohn und habe in dieser Zeit löten gelernt. Mit dem Equipment der FH Joanneum bin ich ans Werk gegangen. Ich habe gebaut, gestillt, getestet, gestillt, gelötet, gestillt“, erzählt Sandra Slavinec die ersten Gehversuche ihres ersten eigenen Produkts, dem „Doculus Lumus“ – dem gewünschten mobilen Dokumenten-Kotrollgerät. Und das konnte sich wahrlich sehen lassen: Alle Vorgaben wurden erfüllt und es entstand das erste Gerät, das mit 15-facher Vergrößerung sofort und überall Dokumentenfälschungen erkennt. Dann ging es Schlag auf Schlag: Zehn Geräte wurden für etwa ein

Globale Ausweitung

FotoS: Privat

Die Frage war eigentlich schnell beantwortet: Es ging in Serienproduktion. Ein Darlehen wurde aufgenommen und die Produktion, die mittlerweile in den Händen der Firma „Team Styria“ liegt, die fast ausschließlich Menschen mit Behinderung beschäftigt, nahm ihren Anfang und dieser Anfang war der Beginn einer echten Erfolgsgeschichte: Bis jetzt wurden zum Preis von 249 Euro – auch das war eine Vorgabe, ein Gerät, das nicht mehr als 250 Euro kosten sollte – 240 Geräte in Österreich verkauft. Die Abnehmer: die Landespolizeidirektionen der Bundesländer, die Nationalbank, die die Echtheit von Dokumenten ebenfalls überprüft, die Staatsdruckerei, Polizisten, Privatdetektive, die österreichischen Justizanstalten. Aber auch andere, ganz ungeahnte Geschäftsfelder haben sich aufgetan: Briefmarkensammler, Fahrkarten- und Konzertticketkontrolleure. Insgesamt wurden bis heute 350 Geräte europaweit verkauft, einige gingen auch nach Australien und Japan. Das Ziel: die globale Ausweitung. Ein Ziel, das bei der jetzigen Flüchtlingsproblematik sicher nicht aus den Sternen gegriffen ist.

Nächstes Produkt: Lichtwolke

Und Sterne sind schon das nächste visionäre Stichwort. Diesmal kam die Idee aber nicht beim Spazierengehen, sondern bei einem Aufenthalt in der Therme Nova Spa, wo es in der Ruhezone einen „Sternenhimmel“ aus LED-Leuchten gibt. Dieser diente als Inspiration für das neueste Produkt „Cumulus lumus“, eine Lichtwolke, die sich derzeit im Prototypen-Status befindet. Was soll das sein? „Es wird aussehen, wie das Kunsthaus in Kleinformat und für die Gestaltung von Ambiente in Luxushotels, auf Schiffen, aber auch als Außenwerbung oder Logo zum Einsatz kommen“, erklärt Slavinec.

Neu daran ist, dass man jedes beliebige Muster, jede Farbe und Form steuern kann und auch jede einzelne LED-Leuchte einzeln ansteuern kann und nicht mehr wie bisher an einen vorgegebenen, quadratischen Raster, etwa ein TV-Gerät oder einen Bildschirm gebunden ist. So kann man auf nun vier Quadratmetern 5.400 LED-Leuchten dimmen und beliebig verwandeln – und das ganz simpel über das Smartphone. Läuft alles nach Plan, soll der Prototyp noch heuer präsentiert und patentiert werden.

Wieder ein erstes Mal …

aufgedeckt Erst mit Doculus Lumus wird der Uhrturm in steirischen Pässen sichtbar.

28

Von Mensch zu Mensch: Der Vertrieb über den Außendienst ist nach wie vor die wichtigste und häufigste Form, Versicherungen abzuschließen. Als Kundenberater bei der GRAWE verkaufen Sie aber nicht nur unsere Versicherungsprodukte, sondern übernehmen vor allem auch die Funktion einer echten Kundenberatung. Dies ergibt in Summe einen äußerst abwechslungsreichen und vielfältigen Verantwortungsbereich.

Sie beraten und betreuen Privatpersonen und Firmenkunden in allen möglichen Lebenssituationen, erken-

nen Risiken und zeigen Lösungen zur Absicherung auf. Mit der Beratung und dem Verkauf von Versicherungsund Vorsorgelösungen nehmen Sie eine wichtige Aufgabe für die Sicherheit und Zukunft Ihrer Kunden wahr.

Sie lernen täglich interessante Menschen kennen, sind fix angestellt, können aber bei freier Zeiteinteilung arbeiten. Ihr Einsatz macht sich finanziell bezahlt und Sie ernten dafür auch die entsprechende Anerkennung. Wir bieten Ihnen eine abwechslungsreiche Tätigkeit in einem dynamischen Team.

Weitere Informationen erhalten Sie bei Claudia Erjawetz unter Tel. 0316 8037 6701 oder auf www.grawekarriere.at

JETZT DURCHSTARTEN! • von Mensch zu Mensch • abwechslungsreich und vielfältig

• flexibel und sicher • anerkennung – menschlich und finanziell

g

DAS ERSTE MAL

in

Von Aleppo nach Graz Sturm und Maroni haben geschmeckt: Bano aus Syrien mit Sprachlehrerin Michaela Simons.

Foto: Jimmy Marseille

„Da Baum“

Drei Jahre hat er darauf gewartet. Dass es aufhört mit dem Krieg. Dann ist er gegangen, und jetzt ist er in Graz. Der Syrer Bano spricht über seinen ersten Sturm mit Maroni, den Schloßberg und warum Dialekt leichter ist als Hochdeutsch. weile beachtlich. Im Vergleich mit seinem Heimatland Immer wieder wird Bano nach den ersten Eindrücken wird er auch wehmütig: „Dort wo ich herkomme, ist in Österreich und den Unterschieden zu seiner Heimat alles voller Olivenbäume, aber hier gibt es die nicht.“ Syrien gefragt. Immer wieder überlegt der Student Hier fehlen ihm auch Familie, die typischen Feste, der Nachrichtentechnik, der vor neun Monaten nach der Alltag wie zu Hause. Bano ist auf sich alleine geÖsterreich gekommen ist. Und fängt zögerlich mit stellt. Drei Jahre hat er darauf gewartet, dass die Lage Aufzählungen an: Wiener Schnitzel kannte er vorher in seinem Land besser wird. Viel lieber wollte er dort nicht. Brettljause und Topfenstrudel ebenso wenig bleiben. Dann hat er die Hoffnung aufgegeben. Seine und nach dem ersten Besuch auf der südsteirischen Eltern sind indessen geblieben und hoffen weiter. „Die Weinstraße war ihm nach Sturm und Maroni leicht Erlebnisse der Vergangenheit flau, aber es schmeckte. Aber kann man nicht aufarbeiten, sonst? Einen Schloßberg mit „Integration funktioniert, wenn sondern nur wegschieben.

Uhrturm, so etwas kannte er Integration in die Gesellauch aus Aleppo. Vor den man selbst aufgeschlossen ist.“ schaft und das Erlernen der Bomben. Die Straßencafés Bano Sprache sind hier für mich sind ein gewohntes Bild in die Zukunft. Das geht nicht der zweitgrößten Stadt Syrivon heute auf morgen und man darf seine Werte auch ens mit ihren unzähligen Studenten. Die engen Gassen nicht ganz aufgeben. Aber Integration funktioniert nur, von Graz mit ihrem mediterranen Flair könnten nicht wenn man selbst aufgeschlossen ist.“ An den Besuch nur an der Mur liegen, sondern auch am Quwaiq, der der Buschenschank erinnert er sich gern, aber seidurch die mittlerweile zerbombte Stadt fließt. Bano ist ne Augen leuchten auch, wenn er über den Ramadan alleine nach Österreich gekommen. Zuerst war er zwei oder das kurdische Neujahrsfest Newroz spricht. Seine Tage in Traiskirchen, danach kam er in einem Quartier Herkunft und seine Zukunft sind für Bano kein Widerfür Flüchtlinge in der Nähe von Vorau bei Hartberg spruch, weil er sich auf seine eigenen Stärken verlassen unter. Dort wurde er von Österreichern herzlich aufgekann. Mit einem Freund hat er eine Wohnung in Graz nommen und lernte so unsere Kultur kennen: Er half renoviert, er will auf eigenen Beinen stehen. Sobald er einem befreundeten Bauern beim Apfelsaftpressen, seine Papiere bekommt, kann er auf der Uni Deutschwurde auf Konzerte und in Museen mitgenommen und spielte im örtlichen Fußballteam mit. kurse besuchen, vielleicht als Übersetzer arbeiten und hoffentlich sein Studium wiederaufnehmen. Auf dem Die Mischung zwischen neuer Architektur und alten steirischen Land konnte er alle Facetten der österreiHäusern in Graz gefällt Bano, die Sprache der Menchischen Tradition und Kultur kennenlernen. Hier in schen ebenfalls. Der Dialekt ist für ihn einfacher zu erGraz möchte er an sein vorheriges Leben anknüpfen, lernen als das Hochdeutsche. „Da Baum“, schmunzelt das in seiner Heimat durch Krieg und Gewalt unter den er, sei einfacher als „der Baum“. Immer mehr Begriffe Trümmern begraben wurde. sprudeln aus ihm heraus. Sein Wortschatz ist mittler30

Neues Medium – neues Jahr.

Wir Wir gratulieren gratulieren dem Team Team von von GRAZIN grazIN dem zur zur ersten erstenAusgabe Ausgabe und und wünschen wünschenallen allen LeserInnen LeserInnen einerfolgreiches erfolgreiches Jahr Jahr 2016.

2016. ein

www.peer-pr.at

facebook.com/peerpr 31

instagram.com/peer_pr

g

DAS ERSTE MAL

in

Helden in rot-weiß-roten Strumpfhosen

„Pantherion“ Vom Scheitel bis zur Sohl‘ a Steirerbua!

32

Fotos und Bilder: Jörg Vogeltanz / ASH-Austrian Superheroes / Harald Havas

Während Batman, Spider-Man und ihre maskierten Kumpels diverse US-Großstädte beschützend in Schutt und Asche legen und glubschäugige japanische Manga-Helden kämpfend der Metrosexualität frönen, hat sich nun auch Österreich Gedanken zum Schutz gegen das Böse gemacht.

Alle Zäune und Widerstände wegretuschiert und einfach Helden gezeichnet, die Panels zu sprengen verstehen.

Männer in hautengen Strumpfhosen, und Beamtenschaft kam, treibt sich ein muskulös und elegant. Frauen, eingebunter Haufen Helden herum, der sich quetscht in beklemmende Korsagen aus kurz ASH – lang: Austrian Superheroes Leder oder Latex. Masken, die das Ge– nennt und Gutes tut, ohne dabei Bares zu ordern. Quasi: „Licht ins Dunkel“, sicht, die Identität seiner Träger halb aktiv mit einem gehörigen heimischen oder zur Gänze verbergen. Und schließRummmmmms!!! lich Waffen, wie geflochtene Peitschen, chromblitzende Schlagstöcke, funktiDie Geburt von Legenden onell-funktionierendes Schneidwerkzeug zur „Mehrzweckverwendung“.

Rund um Mastermind Harald Havas, Wer da nicht verschämt an verschwitzte profunder Wiener Buch- wie Comic-Au„Ruf mich an!“-Clips im Schatten viritor mit starkem Hang zu jedweder Form ler S/M-Spielchen des Abgründigen, denkt, die in 50 Vahat sich ein österrianten von Grau so reichisches Team einiges versprechen, von bislang rund der liegt diesmal …

10 Künstlern (u.a. ganz, ganz falsch.

Thomas „Auge“ Denn die bestrumpfAigelsreiter, Lisa ten Männerbeine – Heschl, Leo Koller) rundum rasiert oder gruppiert, die es also nicht?! – die straff superheldenmäßig gebündelten Frauenganz genau wissen bodys und das Gimwollen und mit ihmick als Gag wie ren getuschten und SZENE IN GRAZ Gelegenheit gehören geinkten Avataren „Feel the Light, Baby!“ schlicht und banal im Wien (und auch zu „Superhelden“.

Graz!) von 2016 geGenauer: österreichischen Superhelgen eine ganze Serie von brutalen, ofden. Ja, Sie haben schon richtig gelesen: fensichtlich übermenschlichen Angriffen ÖSTERREICHISCHE SUPERHELDEN. böser Wesen antreten. Im Zentrum dieser Menschen also wie du und ich, allerdings kleinen Gruppe gezeichneter Heroes, die außerordentlich bunt bedressed und … sich die „Wiener Wächter“ nennen, steht leider ganz und gar nicht wie du und ich der junge „Captain Austria“, der da rot… versehen mit vielerlei übermenschweiß-rot maskiert (No na!), mit langem lichen Gaben … besser noch: Kräften, Umhang und superstark diesem mördeum den fleischgewordenen Widrigkeiten rischen Treiben im walzerseligen Dodes Lebens, den sinistren Finsterlingen naustädtl ein Ende setzen will. Flankiert mit Feuer, Eis, Wasser, Blitzen, weiß wird er dabei von solch PartnerInnen wie der Teufel selbigen auszutreiben. Es gibt dem „Donauweibchen“, einer hocherosie also jetzt auch hierzulande, im betisch-bläulichen Schönheit, die es verschaulichen Österreich; wo bis dato kein mag, durch reine Gedankenkraft Wasser Blatt zwischen Sängerknabe, Lipizzaner auf molekularer Ebene zu manipulieren,

33

oder der feisten „Lady Heumarkt“, der wahrhaften Überfrau aller Frauen, welche mit ihrem gewaltigen Umfang, egal ob an Körperfülle oder Mundwerk, allzeit aufzutrumpfen weiß. Dass sie natürlich irrsinnig stark ist – allerdings nur etwas stärker als der Captain, so geht die Kund’ – und beinah unverwundbar, ist da nur mehr als Fußnote wichtig. Außerdem ist da noch der aschfahle „Bürokrat“, ein schweigsames Superhirn mit Funkwellenkopfempfang in seiner Staubpatina oder der ursteirische „Pantherion“, ein etwas schmerbäuchiger, leicht abgehalfterter Kostümträger in Grün, der, optisch auf den Spuren des steirischen Panthers wandelnd, aus diversen Körperöffnungen (Upps!) Feuer zu schießen weiß. Sofern nüchtern auffind- bzw. ansprechbar, versteht sich. Letzterer ist die kreative Ausgeburt des Grazer Allroundkünstlers mit harschem Federstrich Jörg Vogeltanz. Längst sattsam bekannt als Comiczeichner der „Anger Diaries“, einer finsteren mehrteiligen Weltverschwörungs-Geschichte vom Gestern ins Heute zum Morgen und retour, wurde er als einziger Künstler, der meldepflichtig nicht in Wien beheimatet ist, eingeladen, diesem illustren Kreis an Visionären der neunten Kunst beizutreten und sogar auserkoren, einer (nämlich der dritten) der vier Ausgaben, die von ASH – Austrian Superheroes nächstes Jahr erscheinen wird, seinen eigenen ästhetischen Stempel aufzudrücken. Eine wahrhafte Ehr’ … bei meiner Treu!

Superheroes braucht das Land

Vertraut man den ersten Entwürfen, Panels und Probeheften, braucht man sich vor der US-Konkurrenz von Marvel oder DC nicht zu fürchten. Nein, besser: Jene

g

DAS ERSTE MAL

in

„Captain Austria“ bereit

sollten ein Auge auf Allzeit dieses wirklich unglaublich innovative Kunst- und Kulturprojekt werfen, das sich da im Kopf von Harald Havas und seinen Getreuen entsponnen hat. Denn was da daherkommt, in seiner ganzen kreativen Vielfalt aus verschiedensten Stilen der einzelnen Zeichner, die dann von ihren Partnern in ihrem eigenen Stil wieder kopiert

werden müssen, um sich sinnstiftend wie wohlwollend vor dem Auge des kritischen Betrachters aufzublättern, ist schon, ohne übertreiben zu wollen, beispielgebend. Dass ASH – AUSTRIAN SUPERHEROES, welches übrigens weitgehend mit Crowdfunding finanziert wird und wurde und sich gottlob ganz und gar nicht als Parodie, sondern als

ernstzunehmendes Comic versteht, auf dem richtigen Weg zu sein scheint, beweist die Tatsache, dass, wie bereits erwähnt, fürs nächste Jahr vier Ausgaben in Druck gehen und österreichweit in den Handel kommen werden. Dies soll, bei Erfolg der Heftchen – die Verniedlichung beschreibt hier keineswegs eine frotzelnde Abwertung, sondern vielmehr eine liebevolle Umgarnung – mit SpinOff-Serien ergänzt werden und sich fürderhin geographisch querfeldein durch Österreich (vielleicht ja auch durch EU-Europa?!) bewegen, hie und da Destinationen bilden, aktuelle Themen aufgreifen … so möglicherweise greifbarer machen, immer wieder zurückblicken auf Momente österreichischer Vergangenheit, österreichischer Identität und somit eine flächendeckende Superheldenlandschaft entwickeln, wie man sie so sonst eben nur von den Vereinigten Staaten her kennt. Ein wahrlich großes Unterfangen. Wahrlich groß. „Größenwahnsinnig“, hör’ ich Sie murmeln?

Vielleicht. Vielleicht auch nicht? Was soll’s! Nur wer sich in Panels bewegt, vermag diese auch zu sprengen.

Zeichner Jörg Vogeltanz im Interview Warum gerade ein Superheldencomic in Österreich?

Dass es bislang keine wirklichen deutschen oder österreichischen Superhelden und -heldinnen gegeben hat, liegt sicher einerseits an der Geschichte der beiden Länder, in der der Wunsch nach Übermenschentum meist eher negative Effekte hatte, andererseits an den architektonischen Gegebenheiten: Ein Mensch mit Superkräften wirkt in einer österreichischen Stadt, die üblicherweise nicht aus Wolkenkratzern besteht, eher deplatziert. Man stelle sich zum Beispiel Spider-Man sich in Wien durch die Häuserschluchten schwingend vor: Der würde schon an den oberirdisch verlegten Stromleitungen scheitern. Angesichts der in den let-

zen Jahren aber immer präsenteren Comicadaptionen in Film und TV und damit dem gewachsenen Bewusstsein für dieses Genre waren wir der Meinung, die Zeit könnte reif sein für eine heimische, sich selbst durchaus ernst nehmende Variante … freilich nicht ganz ohne das in Österreich nicht wegzudenkende gelegentliche Augenzwinkern.

Warum wurdest gerade du als einziger nicht in Wien verorteter Zeichner ausgewählt?

Das mag einerseits damit zu tun haben, dass ich unseren „Spike Lee“, den Mastermind von ASH, Harald Havas, seit Jahren persönlich kenne und auch daran, dass ich für gewöhnlich nicht im Funny- oder Manga-Stil zeichne, sondern eben auch naturalistisch, was zur üblichen Darstellung von Superheldencharakteren unerlässlich ist.

Was macht Graz wirklich attraktiv für eine Superhelden-Story?

34

Graz ist eigentlich nur einer von sehr vielen Schauplätzen, die bespielt werden sollen; was den Inhalt betrifft, darf und kann ich noch nicht viel sagen, aber es wird in Graz einen „eingeborenen“ Helden geben.

Wer sind deine Superheroes? Gibt’s da einen direkten Graz-Bezug?

Wie gesagt, einer der Helden lebt in Graz, ist so etwas wie ein „Firestarter“, trägt ein an den steirischen Panther erinnerndes Kostüm und heißt PANTHERION (was wiederum auf die gleichnamige Film-Mystery-Serie münzt, die ich gemeinsam mit Bernhard Reicher 2012 produziert habe).

Laut Backgroundstory hat er seine besten Zeiten allerdings schon hinter sich. Das ist aktuell der einzige von mir eingebrachte Superheld. Für den BÜROKRATEN habe ich zudem das letztgültige Character Design entwickelt, die Idee zur Figur an sich stammt allerdings nicht von mir.

der Bürokrat Der österreichische Beamte als grauschwarzer Grenzgänger, oder: der „Bürokrat“ auf der Suche nach einer Identität zwischen Aktenlage und Weisungshoheit

Ist es nicht schwierig, als Solo-Künstler plötzlich in einem Team zu stehen bzw. die Ideen der anderen Zeichner mit seinem eigenen Stil zu vereinbaren?

Naja, so dramatisch ist es ja dann auch nicht. Ich zeichne ja immer noch allein in meinem Zimmerchen, und Auftraggeber zufriedenzustellen gehört auch sonst zu meiner Tätigkeit als Illustrator und Grafikdesigner.

Meinen Stil anzugleichen ist auf jeden Fall eine Herausforderung; auch Charaktere, die von anderen entworfen wurden, so zu adaptieren, dass sie sofort wiedererkennbar bleiben.

Durch die sehr plakativen Kostüme der Heldinnen und Helden wird das allerdings etwas erleichtert.

Kannst du, der gewohnt ist, unabhängig zu sein, dich in einem, wenn auch höchst kreativen, aber dennoch thematisch-inhaltlichen Korsett verwirklichen?

In der Gestaltung „meines“ Charakters war ich ziemlich frei, sonst gibt es halt einen Farb-, Form- und Darstellungskanon, dem man zu folgen hat. Dennoch ist die Arbeit an ASH für mich auch darstellungstechnisch spannend, da subjektive Stile in einem notwendigen Rahmen durchaus erwünscht sind. Man sollte aber nicht vergessen, dass eine nach US-Vorbild entstehende Superheldenserie primär dazu dient, eine gute Story spannend zu erzählen und nicht einzelkünstlerische Eitelkeiten zu befriedigen.

Wo wird die Geschichte Ende 2016 stehen? Wird’s ein Erfolg? Oder eher wie vieles andere Kulturpopuläre verhalten aufgenommen werden?

35

Ich hoffe natürlich, dass ASH sich als exzellente Comicserie etablieren kann und den für die Kontinuität der Publikation notwendigen finanziellen Erfolg generiert. Harald Havas hat ein sehr komplexes und ausbaufähiges Universum erschaffen, das wohl jahrzehntelange Entwicklungsmöglichkeiten beinhaltet. Wir haben durchwegs sehr professionelle ZeichnerInnen unterschiedlichster Altersstufen an Bord. Die ersten Reaktionen waren durchwegs positiv, die Finanzierung des ersten Jahres scheint sicher, das Interesse von Publikum und Kollegenschaft (etwa bei der gerade zu Ende gegangenen „Vienna Comic Con“) war erstaunlich groß, Morawa ist als Vertriebspartner im Boot … ich denke, es ist angebracht, optimistisch zu sein.

Auch wenn das normalerweise leider keine österreichische Super(helden) fähigkeit ist.

g

DAS ERSTE MAL

in

Fremde Köche, fremde Töpfe

Vor 20 Jahren verkaufte Kara Osman Kücükcelik in der Reitschulgasse das erste Kebap. Nur eine von vielen exotischen, internationalen Köstlichkeiten, die seither die Speisekarte unserer Stadt gestalten. Alles war einmal das erste Mal: die erste Pizza bis hin zu den ersten Pierogi.

Beanery, England Flan O‘Brien, Irland

A la Karte:

Pierogi, Polen Saray, Iran

Asia, China Ganesha, Indien Kapadokya, Türkei Athen, Griechenland

Rincon Andino, Südamerika Kornati, Kroatien Pizzeria Caterina, Italien

GRAZER LOKALLEGENDEN und woher sie kamen Mit dem Kapadokya kamen 1995 zum ersten Mal anatolische Gerichte und der Kebap nach Graz. Zwanzig Jahre später drehen sich unzählige Fleischspieße in den Gassen. Eine perfekte Mischung aus osmanischer und persischer Küche bietet das „Saray“ im Herzen der Altstadt, in der Jungferngasse. Die „Catherina“ am Ende der Sporgasse brachte Italien in aller Munde. Unvergessen der Beginn mit den Tischcomputern mitten im Lokal und der legändere „Pizza-Walter“, der tausenden von Jugendlichen die Pizzaschnitte aus dem Fenster reichte. Als innoffizielles griechisches Konsulat gilt seit jeher das „Athen“ am Dietriechsteinplatz. Die Sternstunde er-

lebten die Gäste 2004, als die Hellenen Europameister wurden und Inhaber Panos den Ouzo fließen ließ. Fußball war auch die Attraktion im ersten Irish Pub, dem „Flann O’Brien“. Als die Ryanair noch von London flog, zog es unzählige Engländer über das Wochenende nach Graz und diese machten die Spiele der Premier League zu einem feuchtfröhlichen TV-Erlebnis.

War ja auch günstiger als daheim. Die englische Gemütlichkeit fand mit der Beanery in der Zinzendorfgasse seine Grazer Heimat. Dass es das „Asia“

„Dass es das ‚Asia‘ nicht mehr gibt, gilt als Drama.“ 36

in der Färbergasse, der erste Chinese überhaupt, nicht mehr gibt, gilt als Drama. Mit dem „Kornati“ hingegen kehrte mit der Wiedereröffnung vor einem Jahr der Edelkroate in die Franckstraße zurück. Die Sturm-Spieler um Ivo Vastic schauten früher gerne vorbei. Mit peruanischer Paella, Empanadas und Chacareros lotste das „Rincon Andino“ als Erster die Südamerika-Liebhaber an den Tisch und für schmackhafte Schärfe war das indische Restaurant „Ganesha“ die erste Adresse. Und auch Polen ist seit Kurzem erstmals kulinarisch vertreten: Das „Pierogi“ benannt nach den traditionell gefüllten Teigtaschen, findet man in der Leonhardstraße.

Bitte beachten Sie diese Werbung

Foto: Volker wohlgemutH

Stufenfresser

Vorbei die Zeiten, in denen Hausmeister ihre Gangtour, Turnschuh bereift, mit Bohnerwachs gl채nzend schrubbten. Wer reich & sexy ist, tritt heute sportlich auf.

Wie man hier sieht.

Fotografiert wurde bei Knilli.

Seine Stufen hat er am Joanneumring.

37

g

DAS ERSTE MAL

in

RINGEN UM LEBEN Bei der Geburt war Niki 37,5 Zentimeter groß und 1.150 Gramm leicht

Wie aus heiterem Himmel Laut einer aktuellen Studie der WHO wird eines von zehn Babys weltweit zu früh geboren.

Ein Vater eines Frühchens erzählt seine Geschichte.

Niki ist ein unfassbar winziges Baby.

Die Händchen sind so groß wie der Daumennagel seines Vaters, die Füßchen fänden Platz in einer Streichholzschachtel. Unter der papierdünnen Haut schimmern bläulich die Adern, Schläuche und Kabel schlängeln sich von dem mageren Körper zu Monitoren und Infusionspumpen; über dem rechten Knöchel misst eine Mini-Manschette den Blutdruck und er wiegt kaum mehr als eine Packung Zucker.

Nikis Zuhause ist ein Inkubator, ein Brutkasten aus Plexiglas, in dem konstant eine Temperatur von 33,5 Grad und eine Luftfeuchtigkeit von 65 Prozent gehalten werden.

Normalerweise dürfte Niki noch gar nicht auf der Welt sein, sein Geburtstermin war um den 10. April herum ausgerechnet. Aber seine Mutter bekam am 20. Jänner vorzeitig Wehen – und so ist mein Sohn eine Frühgeburt, die in der 27. Schwangerschaftswoche zur Welt kam: 37,5 Zentimeter groß und 1.150 Gramm leicht. Zum Vergleich: 50 Zentimeter und 3.500 Gramm sind bei termingerechter Geburt durchaus normal.

Neben ihm auf der Kinderintensivstation der Grazer Universitätsklinik liegen vier weitere solcher Frühchen.

Abrupt war die Schwangerschaft zu Ende, plötzlich der winzige Erdenbürger da. Zu früh für diese Welt und schon ist er mit Kabeln und Elektroden bestückt. Bei allem Glück über den Nachwuchs musste ich als Vater von einem Frühgeborenen erst einmal lernen, mit dem kleinen scheinbar zerbrechlichen Wesen an meiner Seite und den Sorgen um den Nachwuchs umzugehen – und zwar nicht im trauten Zuhause, sondern auf der Frühchenintensivstation. Tage war es um den zuvor lebhaften Niki im Mutterleib still geworden, er war unterversorgt. „Es passiert einfach, man hat vorher kaum eine Chance, sich damit auseinanderzusetzen. Es besteht die Gefahr, dass das Kind krank geboren wird, kurz nach der Geburt erkrankt oder stirbt.“ Nur der direkte körperliche Kontakt zum Nachwuchs fehlte mir sehr. Sobald das Kind stabil ist, versuchte die Klinik deshalb abzuhelfen. „Känguruhn“ heißt das Zauberwort. Ich bekam das Kind auf die nackte Brust gelegt – egal ob mit oder ohne Kabel. Ein schöner Moment, vorher durfte ich meist nur mit Handschuhen durch zwei Öffnungen im

„Nikis Zuhause ist ein Inkubator, ein Brutkasten.“ Nikis Vater 38

Inkubator streicheln, man hat Kontakt, aber das Kind ist doch weit weg. Zwischendurch denkst du schon einmal, das kann nicht gut gehen.

Elf Wochen lang wurde Niki in der Uniklinik Graz versorgt und jeden Tag von Ärzten, Schwestern und vor allem auch durch uns Eltern versorgt.

Frühchen, die auf der Grazer Kinderklinik betreut werden, haben besonders gute Startchancen auf ein normales, unbelastetes Leben. Die Datenbank eines amerikanischen Instituts, das weltweit jährlich über 55.000 Frühgeburten von 750 Zentren erfasst und analysiert, belegte die hervorragende Arbeit der Grazer Neonatologen. Als ich schließlich meinen Sohn mit nach Hause nehmen durfte, waren andere Herausforderungen zu meistern. Denn im Babybekleidungsgeschäft ist man hoffnungslos verloren – alles zu groß. Puppenkleider sind oft der Ausweg. Das Gleiche gilt für Windeln. Und diese ständige Angst, ob mit dem Kind alles in Ordnung ist.

In unserem Fall war es zum Glück so und nach unzähligen weiteren Besuchen in der Klinik und bei Kinderärzten ist Niki heute ein gesunder und lebhafter Knabe und darf den Zauber des Anfangs in der Weihnachtszeit erleben.

DAS GRÖSSTE GESCHENK IST DAS LEBEN Heute kann Niki Weihnachten so richtig feiern.

39

g

DAS ERSTE MAL

in

Glück ab, gut Land!

Am 31. März 1958 steigt die österreichische Luftfahrt mit dem Jungfernflug von Wien nach London wieder in den internationalen Flugverkehr ein. Im Cockpit saß damals ein Grazer: Kurt Capesius aus der Harrachgasse 28.

Foto: privat

Im Frühjahr 1958 nahm nach 20 Jahren wieder eine österreichische Luftverkehrsgesellschaft, die „Austrian Airlines“ ihren Linienverkehr auf. Was viele vergessen haben: Pilotiert wurde sie von einem Grazer. Der Rückblick auf das bewegende Leben des Kurt Capesius, der am 12. Februar 1919 in Teplitz-Schönau, dem heutigen Teplice (Tschechei) geboren wird. Nach der Reifeprüfung absolviert er 1937 den Segelfluglehrgang beim österreichischen Aeroclub, dessen Mitbegründer er in der Zweiten Republik sein wird und von dem er 1956 das Silberne Ehrenzeichen erhält.

Als Offiziersanwärter zur Fliegertruppe beim Österreichischen Bundesheer wird er nach dem Anschluss in der Deutschen Wehrmacht zur Luftkriegsschule nach Berlin-Gatow eingezogen und nach Beginn des Zweiten Weltkrieges als Kapitän einer Bomberstaffel an mehreren Fronten eingesetzt.

Anfang 1944 bekommt er den Auftrag zur Durchführung des Bauprogrammes mit dem Decknamen „Mistel“, von den Alliierten auch als „Vater und Sohn“-Projekt bezeichnet.

Bei diesem Geheimprojekt, in Zusammenarbeit mit dem Flugzeughersteller Junkers, handelt es sich um die Konstruktion eines sogenannten „Huckepackflugzeuges“: Ein großes, unbemanntes Flugzeug, vollgepackt mit Sprengstoff wird von einem kleineren Flugzeug von oben getragen und bis kurz vor das Ziel gesteuert. Es folgt eine Abtrennung und während die fliegende Bombe ins Ziel gelenkt wird, kehrt das Führungsflugzeug wieder zur Basis zurück. Das Projekt hatte speziell die Bekämpfung und Zerstörung von Schiffen zum Ziel.

„Alles für den Aufbau.“ kurt capesius

Phönix aus der Asche Der Grazer Kurt Capesius agierte 1958 als Flugkapitän der ersten Kursmaschine.

40

„Er galt als absoluter Mitinitiator und war ein Flugbegeisterter.“ gerti gaisbacher Ende Februar 1945 wird der hochdekorierte Capesius zum Beauftragten der Düsenflugzeuge ernannt.

Zur gleichen Zeit heiratet er seine Elfriede in Berlin, ein Jahr später wird Tochter Katja in Graz geboren. Aus seinem Gedächtnisprotokoll, das er im April 1947 verfasst und das der Redaktion exklusiv vorliegt, geht hervor, dass er versuchte, sich gegen Ende des Krieges durch die Verlegung seiner Gruppe nach Dänemark der Schutzstaffel (SS) und ihren Befehlen zu entziehen. Einen ausdrücklichen Befehl von Reichsmarschall Hermann Göring, Ziele zu bombardieren, befolgt er unter Vorspiegelung falscher Tatsachen nicht. Daraufhin leiten SS und deren Sicherheitsdienst (SD) erste Untersuchungen gegen ihn ein.

Zur gleichen Zeit will Rüstungsminister Albert Speer mit anderen Offizieren die Hauptakteure des Dritten Reiches mit mehreren Maschinen nach London entführen, damit sie sich der Verantwor-

tung nicht entziehen können. Einer der Flugzeugführer soll Capesius sein. Zur Durchführung des Planes kommt es bekanntlich nicht.

Stattdessen wird der Befehl „Eisenhammer“ gegeben: Die Mistelgeschwader sollen Industrieanlagen in der Sowjetunion bombardieren. Capesius stellt sich abermals gegen den Befehl, worauf hin im März 1945 der SD einen Haftbefehl gegen ihn ausgestellt. Mittlerweile im Rang eines Majors, taucht der Offizier unter und kommt mit Kriegsende, nach über einer Million geflogenen Kilometern, in englische Kriegsgefangenschaft. Ein Bescheid der

Bemalen können wir fast alles.

INFO HOTLINE 0316 67 28 33 Ihr Maler- und Bodenlegermeister wünscht frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr! www.schimpel.at

g

DAS ERSTE MAL

in

„Die Steirer waren immer auf Höhenflug.“ südost-tagespost Steirischen Landesregierung vom Dezember 1948 (GZ.LAD Reg Ein 5C21/3_1948) spricht Capesius von jeglicher Mitgliedschaft einer nationalsozialistischen Vereinigung sowie Mitgliedschaft der NSDAP frei. Den Nachkriegsalltag bestreitet er, in der Harrachgasse 28 wohnend, als Kaufmann.

Er studiert Meteorologie und Astronomie, doch die Leidenschaft für das Fliegen lässt den Grazer nicht los: Bei der ersten konstituierenden Sitzung des Aeroclub Graz im Mai 1949 in der „Thalia“ ist Capesius ebenso dabei, wie der spätere erste Präsident, Regierungsrat Josef Gaisbacher. „Er galt damals gemeinsam mit meinem Mann als absoluter Mitinitiator und war durch und durch ein Flugbegeisterter“, erinnert sich Gerti Gaisbacher, selbst über 20 Jahre lang Generalsekretärin des Klubs. Schon im Oktober 1949 bedankt sich der Aeroclub Salzburg in einem Brief an Capesius für die Einladung zu einem Wettbewerb, mit der Bemerkung, nicht mit allen Segelfliegern aufwarten zu können, da es letztens zu viel „Kleinholz“ gegeben habe. Im folgenden Jahr gehört er zu einer Gruppe von Piloten, die in Udine den italienischen Fliegerschein erfliegt, denn in der Heimat ist von der englischen Besatzungsmacht das Fliegen von Motorflugzeugen noch verboten. Die Segelflieger am Thalerhof werden von Motorflugzeugen mit Schweizer Hoheitsabzeichen gezogen. Am 8. April 1951 wird der Steirische Landesverband des Österreichischen Aeroclubs gegründet und unter Präsident Josef Gaisbacher fallen die Finanzen, die Sektion Fallschirmspringen sowie Motorflugzeuge in den Verantwortungsbereich von Capesius. Nur ein Jahr später finden am Grazer Flughafen bereits die Weltmeisterschaften Modellflugbau statt und die von den Besatzern unabhängige, motorisierte Fliegerei startet im Jahr 1954. „Die Steiermark rangierte in den 50er-Jahren im Hinblick auf Leistungen, Geräte, Flugplätze und Piloten an vorderster Stelle in Österreich. Die Landesregierung unterstützt seit damals die Fliegerei und steht ihr wohlwollend gegenüber. Unvergessen war wohl der Flugtag am Thalerhof im Jahre 1957, der 50.000 Besucher anlockte“, weiß Michael Gaisbacher, Sohn des einstigen Aeroclub-Gründers und aktueller Steirischer Präsident. Die Südost-Tagespost schloss sich dieser Meinung in einem Rückblick unter dem Titel „Die

Steirer waren immer auf Höhenflug“, in ihrer Ausgabe im August 1981 an.

Ganz nach der Parole „Alles für den Aufbau“ engagiert sich Kurt Capesius auch mit der Mittelbeschaffung. Bei einer Vorstandssitzung im Dezember 1954 wird der Ankauf von Fallschirmen zwischen Wien (Kosten von 8.500 bis 9.000 Schilling) sowie den USA und Deutschland (6.000 bis 6.500 Schilling) diskutiert. Der Gedanke, wieder eine nationale Verkehrsfluglinie ins Leben zu rufen, reift im Land und in den Ministerien indessen immer weiter. Capesius gehört zu den ersten Piloten, die in Holland, Irland und England Flugmeilen für die Auferstehung der österreichischen Zivilluftfahrt sammeln. Auch in der Sache des Aeroclubs reist er im Jänner 1956 nach England, um den Ankauf einer einmotorigen Auster-Autocraft zu verhandeln.

Am 31. März 1958 ist es dann so weit: Wie ein Phönix aus der Asche startet die „Austrian Airlines“ (AUA) um 8.30 Uhr zu ihrem Jungfernflug von Wien nach London. Geflogen werden die 48 Passagiere in der Vickers-Viscount 779 D von einem 39-jährigen Grazer: Kurt Capesius.

Nach 20 Jahren heißt es für die zivile Luftfahrt in Österreich wieder: Glück ab – Gut Land.

Capesius trägt Österreich nun täglich nach London, Rom, Frankfurt und Paris. Bis zum 23. September 1958. Auf dem Heimweg vom Flughafen Schwechat nach Graz verunglückt Capesius nahe Frohnleiten mit seinem Auto und erliegt am 4. Oktober seinen Verletzungen.

42

forschergeist Die Steiermark liegt mit ihrer F&E-Quote im europäischen Spitzenfeld.

70 Millionen aus der EU Wissenschaft und Wirtschaft bilden in der Steiermark mehr als in jedem anderen Bundesland eine erfolgreiche Symbiose. Nicht umsonst flossen 70 Millionen an EU-Forschungsgeldern in unser Bundesand.

Die Steiermark ist bisher sehr erfolgreich, wenn es darum geht, Gelder aus dem neuen EU-Forschungsförderungsprogramm „Horizon 2020“ zu lukrieren. Das zeigt der erste Zwischenbericht des Programms. „Die Forschungsförderungen der EU tragen gemeinsam mit den Kofinanzierungen von Bund und Land wesentlich dazu bei, dass wichtige Wachstumsprojekte steirischer Unternehmen umgesetzt werden können, die für Wertschöpfung und Arbeitsplätze sorgen. Der erfolgreiche Start in die laufende Programmperiode ist ein Beweis für die exzellente Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Wissenschaft und die hohe Innovationsorientierung unser Unternehmen“, freut sich Wirtschaftslandesrat Christian Buchmann.

Zwischen dem Projektstart von Horizon 2020 im Jänner 2014 und Juni 2015 wurden 70 Millionen

Euro an EU-Forschungsgeldern für die Steiermark genehmigt. Gegenüber dem Vergleichszeitraum zu Beginn des Vorgängerprogramms konnte die Steiermark das Volumen um zehn Prozent steigern – der mit Abstand höchste Anstieg aller Bundesländer. 42 Prozent der Projekte kommen von Unternehmen, 29 von Universitäten und Fachhochschulen und 25 von außeruniversitären Forschungseinrichtungen.

Buchmann setzt auch in den kommenden Jahren auf Fördergelder aus Brüssel: „Wir brauchen die Mittel aus dem Forschungsförderungsprogramm, wenn wir unser Ziel einer F&E-Quote von fünf Prozent bis 2020 erreichen wollen. Ich bin sicher, dass in den kommenden Jahren viele steirische Projekte überzeugen werden!“ Ein zentrales Anliegen von Buchmann ist auch der Abbau von bürokratischen Hürden bei EU-Förderungen.

Horizon 2020:

Horizon 2020 ist das neue EU Forschungsrahmenprogramm (seit 2014) und das größte Forschungs- und Innovationsprogramm weltweit.

In der laufenden Periode (2014-2020) stehen rund Im zweiten Bereich sind Maßnah80 Milliarden Euro zur Förderung von men gebündelt, die das Ziel haben, die Forschung und Innovation zur Verfügung.

Marktführerschaft der europäischen 2016 läuft die zweite Programmphase an.

Wirtschaft zu sichern. Unterstützt werden hier Die 3 Schwerpunkte von Horizon 2020: Projekte, die Europa eine führende Rolle in den Kerntechnologien wie z.B. IKT, NanoDer erste Bereich fördert das Streben ober Biotechnologie ermöglichen. Darüber nach wissenschaftlicher Exzellenz in Eu- hinaus wurden in dieser Säule Maßnahmen ropa. Es werden Maßnahmen unterstützt, entwickelt, die den Zugang zu Risikokapitaldie erstklassige Pionierforschung in Europa finanzierungen für Unternehmen erleichtern. fördern, Forschungstalente entwickeln und Neue Förderungsinstrumente zur UnterstütWissenschaftern den Zugang zu Infrastruktu- zung innovativer, wachstumsorientierter KMU werden ebenso angeboten. ren von Weltrang ermöglichen.

1

2

43

3

Aus den Projekten die im Rahmen des dritten Bereichs gefördert werden, sollen Lösungsvorschläge für die großen gesellschaftlichen Herausforderungen entwickelt werden. Diese Projekte werden in 7 „Challenges“ ausgeschrieben. Diese Herausforderungen sind: „Gesundheit“, „demografischer Wandel und Wohlergehen“, „Ernährungssicherheit, nachhaltige Landwirtschaft“, „Meeresforschung und Bioökonomie“, „sichere, saubere und effiziente Energie“, „intelligenter, umweltfreundlicher und integrierter Verkehr“, „Klimaschutz, Ressourceneffizienz und Rohstoffe“, „integrative, innovative & reflektive Gesellschaften“ sowie „sichere Gesellschaften.“

g

in

OPULENT Der „Opernball“ (Operette) kommt mit schrägen Kostümen und rauschenden Farben.

Noch bis März 2016.

Opernstolz Sie gilt als eines der besten Opernhäuser der Welt.

Keine andere Stadt in der Größe von Graz kann auf ein solches Haus verweisen. Das Ensemble hat inzwischen ein eigenes Premieren-Abo: Das Abo für tosenden Applaus.

Tauchen Sie auf den nächsten Seiten ein in die Welt der wunderschönen Bühnenbilder. In die Welt der Oper Graz.

FOTOS: Werner Kmetitsch

HAARIG Der „Barbier von Sevilla“.

Bühnenbild und Kostüme verwöhnen das Auge und bringen zum Schmunzeln.

Noch bis Juni 2016.

44

z 45

g

in

46

ROMANTISCH „Der Liebe Schlaf – Ein Dornröschen Ballett“.

Ein Grazer Kritiker nennt die Inszenierung: „Ein Gesamtkunstwerk, das als verheißungsvoller Auftakt einer neuen Ära gelten darf.“

MALERISCH Die Oper „Luisa Miller“ von Giuseppe Verdi.

Stücke wie dieses ließen die Oper Graz heuer einen unglaublichen Erfolg einfahren: Sie wurde, neben der russischen und der britischen Staatsoper, von einer fachkundigen Jury unter die sechs besten Opernhäuser der Welt gewählt.

(nächste Seite)

47

Veträumt und berührend Der „Ferne Klang“ (Oper) bezaubert durch beeindruckende Bilder und Klänge.

Manchmal weiß man gar nicht, ob man nicht träumt.

g

in

48

49

g

in

ESSAY

das ende des dopplers

Wolfgang Bauer und Gunter Falk soffen in den Grazer Beiseln.

Mit ihnen verschwanden nicht nur der Doppler, sondern auch die Künstlerlokale. „wenn der grazer schriftsteller seine arbeit getan hinter dem Schanktisch einer Runde von laut lachenden Männern in blauen Overalls den Wein hat, wenn er emsig wie ein kupferstecher eine einschenkt. Aus einer Zweiliterflasche.“ Der seite seines großen werkes (er arbeitet immer Doppler ist Geschichte, eine trinkfeste schreibenan einem großen werk) heruntergeradelt hat, bede Bohème ebenso. Statt subalternen Schnapssorgibt er sich zur entspannung, wohl auch wegen ten und Doppelliterflaschen Wein pfeifen die litedie human relations, aber vor allem weil er nicht rarischen Nachwuchshoffnungen, wie es scheint, weiß, was er morgen schreiben soll, auf den groauf die immer spärlicher werdende alkohol- und ßen GRAZER KLASSIKER. darunter versteht zigarettenrauchgefüllte Luft der Beisl. „Was junhiesiger zeitgenosse eine beiseltour deren statigen Schriftstellern von heute mehr oder weniger onen sich wie aufgereihte tollkirschen durch die unbekannt ist, ist der experimentelle Umgang nacht ziehen. zuerst geht er so um 6 uhr abends mit Lebensformen. Der Künstler agiert heute wie in HARINGS LIKÖRSTUBE. dort sitzen schon sein eigener Marketingdirektor, die Literatur ist die ehrlichen schnapsbrüder, sozrentner, pensioleider oft ganz danach: betulich und angepasst“, nisten bei irgendeiner subalternen schnapssorte so der Ritter-Verlagslektor Paul Pechmann. Mit heim.“ dem bohèhmehaften Habitus sind im Lauf der So war das damals. So beschreibt Alfred Paul Jahre auch die Soziotope verschwunden. Vom Schmidt unter dem Titel „A Hard Days Night großen Grazer Klassiker ist einzig „der Mild“ oder Der große GRAZER KLASSIKER“ in „Wie (heute natürlich „die Mild“) in der Stubenbergdie Grazer auszogen, die Literatur zu erobern“1 gasse übergeblieben. Jüngstes Opfer der ehemaden „Tourbeginn“ der Grazer intellektuellen ligen Beislkultur, die auch H. C. Artmann so an Bohemiens der 70er Jahre. Es folgen die GastGraz begeistert hat, war der „Mohrenwirt“ in der stätte Mild, das Gasthaus Lückl, der Kodolitsch, Mariahilfer Straße. Als letztes Knodo, Theatercafé und im Soziotop des künstlerischen Finale das Sporbuffet. Der „Heißt das, daß ich Graz sei noch das „lʼangolo“, Text erschien 1976. Gunter sterben muss?“ adressiert am Hauptplatz 15, Falk und Reinhard P. Gruber erwähnt. Aber die Zeiten, in lasen im Forum Stadtpark, Stefanie Sargnagl denen Künstler und Literaten Wolfi Bauer fand mit Hans wie Christian Marczik, Herbert Soltys, GünCarl Artmann Beisln, „die ich selbst im Leben nie ter Brus, Joe Vötter, Fedo Ertl, Werner Stadler, betreten hätte und die, was die verruchte ÄstheGünter Eichberger, Franz Motschnig-Yang oder tik und Originalität betrifft, in Graz ihresgleichen Günter Schimunek dort anzutreffen waren, liegen suchen.“2 Und der Doppler, die allseits vertraute bereits wieder Jahre zurück. Und auch dort stand Zweiliterflasche Wein, war noch am Leben. Der kein Doppler mehr am Tisch.

Doppler war ein Symbol für die antibürgerliche Ja, vermag der junge Schreibende heutzutage Bohème, ein Attribut für einen proletarischen überhaupt noch ohne Beisl, ohne Soziotop, ohne Habitus, wie die Fotografin Liesl Ponger erkannHaring und ohne Doppler zu provozieren? Kann te, die in ihrem Bildband „Doppler-Anarchie“ die er oder sie ohne diesen Boden gar sein? Er kann.

Wiener Kunstszene von 1967 bis 1972 dokumenMax Höfler, Jahrgang 1978 und Literaturbeauftierte. Und auch Dieter Gogg schreibt in „Klachltragter des Forums Stadtpark liest vor Publikum suppe und Nachtigall“3 über „... die Wirtin, die

50

eines unangedann schon auch passten, widerstäneinmal nackt, wenn er digen Lebens. Zugegeben, es der Meinung ist, dass es der Text geht nicht mehr wie in den 1960er Jahren verlangt. Ältere Zeitzeugen des Literaum den Mythos vom „Schriftsteller als Auturbetriebes erinnern sich an einen Wolfgang ßenseiter“ im Kontext der ersten Forum-StadtBauer, der nach einer von Wodka getränkten park-Generation und als Folge von Diffamierung Zugfahrt nach Polen in Warschau nackt ankam. der rechts-ideologischen/katholischen GegnerHöfler, Autor der Bücher „Texas als Texttitel“ schaft der Literaturzeitschrift „manuskripte“. Es und „Wies is is“ weiß um die große Vergangengehe, wie Höfler meint, über eine nicht marktheit der Grazer Literaturszene und sieht diese konforme Ästhetik hinaus auch um vermeintlich durchaus als Aufgabe, stellt aber auch klar, dass Triviales wie den Kauf von Bio-Lebensmitteln „man nicht in der Vergangenheit leben kann. Das und die daraus folgende Auswirkung auf die Grätzel um Bauer und Falk war schon wichtig.

Gesellschaft oder um andere Dinge des Alltags.

Wir arbeiten daran, dass sich im Forum StadtBestes Beispiel für Höfler ist etwa Stefanie Sargpark wieder so eine Runde bildet.“ Literarische nagel. Ihre Erfahrungen und Beobachtungen des Soziotope gäbe es heute genauso. Etwa die (altäglichen Lebens schreibt sie auf Facebook, diese lerdings zur Disposition stehende) „Kombüse“ mündeten im Buchdebüt „Binge Living“. Mehim Stadtpark, aufgrund der geographischen Nähe rere Tausend Menschen „sind zum Forum seit jeher ein fiamüsiert über ihre durchxer Treffpunkt, früher noch „Beisln, die ich selbst zechten Nächte, ungewaschedie mittlerweile geschlosseim Leben nie betreten nen Strumpfhosen, die nach ne „Traminer Weinstube“ in Brie riechen, und ihre Häme der Klosterwiesgasse oder hätte.“ gegenüber all jenen, die dem die „Frühbar Beate“, wo die Diktat der LeistungsgesellLichter durch das Ableben WolfGANG Bauer schaft unterworfen sind ...“4. der Betreiberin leider erloWurde Wolfgang Bauers internationaler Durchschen sind. Nicht zu vergessen das „Café Uhu“ bruch, das Theaterstück „Magic Afternoon“, in der Leonhardstraße, in dem schon Jochen noch von 40 deutschen Bühnen abgelehnt, bevor Rindt nach seinen schweißtreibenden Riesrenes in Hannover 1968 uraufgeführt wurde, hat es nen abdampfte. Dort fand auch die letzte Lesung Sargnagel mit Einträgen wie „Mein Gacki war im Gedenken an den im September verstorbenen heute flüssig. Heißt das, dass ich sterben muss?“ Dichter und „perspektive“-Mitherausgeber Hel- zumindest bei digitaler Leserschaft – in sehr mut Schranz statt. Ein paar kleine Bier, Texte kurzer Zeit zu Kultstatus gebracht. Ganz ohne über „Muschi-Zumpfi-Aktion“ oder „Hesse-KifDoppler. Denn der ist am Ende, wie der „Kurier“ fer“, aber kein Joint. schon vor vier Jahren titelte und dessen Rückkehr Für Höfler hat Provokation auch nichts mit Prokategorisch ausschloss. Wurden vor 30 Jahren mille zu tun: „Es wird ja behauptet, dass die Provonoch zwölf Millionen Zweiliterflaschen produkation durch ist. Aber das stimmt nicht. Es reicht ziert, ist man heute von der Million so weit entja schon, wenn man wie der verstorbene Helmut fernt wie ein Wolfgang-Bauer-Text von flüssigem Schranz sich in einem Nichtraucherbereich eine Sargnagelschiss. In den herkömmlichen KühlZigarette angesteckt hat. Die künstlerische Proschrank des vormalig ambitionierten Welschvokation kommt wieder, weil sie notwendig ist.“ riesling- oder Veltlinerkonsumenten passte er Die Provokation nicht der Provokation wegen, ohnedies nicht und temperiert war er auch nie sondern weil sie etwas zeigt, etwas bewirkt. Und: vorgesehen. Manche meinen auch, dass heute „Literatur muss politisch sein“, so Höfler, der einfach weniger getrunken wird. die schreibende Avantgarde rund um das Forum Stadtpark, die Literaturzeitschrift „perspektive“ 1 Verlag edition text + kritik, Seite 281 und den Ritter Verlag verortet. Literatur als Teil 2 Grazer Beisl-Welten, Seite 93 3 Merian, Heft 9, 1978

4 Wiener Zeitung, 29.11.2013

51

g

KUNST

in

Ein Mann sieht rot

Eine persönliche Begegnung: Künstler Georg Brandner über seine Reisen, nackte Frauen, seinen Zugang zur Flüchtlingskrise, über sein „erstes Mal“, die Affinität zur Farbe Rot und sein 40-Jahr-Jubiläum als freischaffender Künstler.

Es ist einer meiner liebsten Ausflüge im Herbst. Rein ins Auto, neben mir mein Kollege und Freund, Fotograf Volker Wohlgemuth. Er ist es immer, der mich auf diesem Ausflug begleitet. Es geht von Graz nach Niklasdorf und es ist immer das gleiche Szenario. Wir verfahren uns in Niklasdorf und weil wir wie meistens mehr als pünktlich sind und unseren Interviewpartner nicht länger als notwendig warten lassen wollen, weil wir gespannt sind auf die Neuigkeiten, die er zu erzählen hat und wir uns auf den Kaffee bei ihm freuen, vielleicht auch schon auf das Glas Prosecco oder den kleinen Grappa, gebe ich ein bisschen mehr Gas. Ein bisschen zu viel.

Polizeikontrolle. Zwanzig Euro für 15 km/h Geschwindigkeitsübertretung im Ortsgebiet. Macht nichts. Dieser Termin ist die zwanzig Euro wert. Wir teilen sie uns – geteiltes Leid ist bekanntlich halbes Leid.

Keiner fragt, wo er sich hinsetzen soll

Es geht zu Künstler Georg Brandner in sein Heimathaus. Hier ist er aufgewachsen, hier hat er seine ersten Gehversuche als Künstler gemacht. Das ist jetzt einige Jahrzehnte her. Genauer gesagt feiert er nächstes Jahr sein 40-jähriges Jubiläum als freischaffender Künstler und seinen 60. Geburtstag. Genau das ist auch der Grund, warum dieser Text etwas anders ist als die, die ich davor über ihn geschrieben habe. Persönlicher. Wir werden herzlich empfangen, ein Jahr ist es wieder her, als wir ihn zuletzt besucht haben. Alles ist fast wie immer, das Atelier, der Duft nach Lacken, der mit Farben bekleckste Boden, der dadurch fast selbst wie eines seiner Werke aussieht,

die Sitzgarnitur im Wintergarten. Jeder von uns hat schon seinen Stammplatz.

Niemand fragt mehr, wo er sich hinsetzen soll. Alles beim Alten also? Nein.

Es hat sich viel getan im letzten Jahr und so beginnt unser Gespräch diesmal auch anders. Georg fragt, wie es uns geht, nachdem Volker und ich eine berufliche Veränderung hinter uns haben.

Ich erzähle ihm vom neuen Magazin „grazIN“und dem Schwerpunktthema „Das erste Mal“. Ein gutes Stichwort.

Für öffentliches Aufsehen sorgte Brandner zum ersten Mal, als er 1983 ein Bild einer nackten Frau an die Hausmauer seines Ateliers malte. Damals ein Skandal. Heute sind auf seiner Hausmauer keine nackten Frauen mehr zu sehen, zumindest keine ganzen Körper. 61 Reliefkeramiken in Rot und Orangetönen sind da zu sehen. „Herbstlaub“ nennt der Künstler seine Installation, andere Beobachter wollen darin aber mehr Erotisches sehen und werden an die weiblichen Geschlechtsteile erinnert. „Man verändert sich als Künstler“, die Affinität zu Frauenkörpern, Nacktheit und Erotik ist Brandner aber erhalten geblieben. „Da hat für mich etwas sehr Ästhetisches.“

Hundert Schilling für das erste verkaufte Bild

Ich frage ihn, ob er sich an das erste Mal erinnern kann, als er ein Bild verkauft hat. „Das war als Straßenkünstler in der Grazer Herrengasse im Jahr 1978. An den Käufer erinnere ich mich nicht, aber ich weiß noch, dass ich zwischen fünfzig und hundert Schilling dafür bekommen habe.“ Auch an seine erste Ausstellung hat er noch Erinnerungen: Sie war in Leoben und „ich habe Werke zum Thema irrationale Landschaften ausgestellt.

Als Besucher kamen meine Familie und zwei weitere Personen.“ Wir lachen. Das ist lange her, mittlerweile stellt Georg 52

Brandner in ganz Europa aus und seine Bilder finden Liebhaber rund um den Globus. Und obwohl alles so gewohnt ist, eines ist doch immer wieder anders: Im Atelier sind unzählige neue Arbeiten zu sehen.

Zum Teil fertig, zum Teil noch im Entstehen. „Wie schaffst du es, immer wieder etwas Neues entstehen zu lassen?“ „Es sind meine Reisen, die mich inspirieren. Meine erste große Reise habe ich mir durch

„Mein ganzes Leben ist eine einzige Collage.“ Georg brandner

eine Ausstellung finanziert. Das war 1984 und sie führte mich nach Indien und Thailand.“ Die Farbe Rot kehrt immer wieder – sie ist für ihn Teil seiner Herkunft, stammt er doch aus der Hochburg der Stahlindustrie und den Hochöfen Leobens und symbolisiert sie für ihn auch Wärme und ist die künstlerische Übersetzung des kräftigen Grüns der obersteirischen Landschaft.

Jeden Winter zieht es ihn selbst in die Wärme – heuer voraussichtlich nach Südamerika, Chile und Brasilien. „Ich habe meine Käufer immer schon mit verschiedenen Kulturen, Menschen, Religionen und Weltanschauungen konfrontiert.“

„Meine Freiheit lasse ich mir nicht nehmen“

Nach diesem Satz drängt sich fast die Frage auf, wie er die aktuelle Flüchtlingswelle nach Europa und Österreich sieht? „Ich habe auf meinen Reisen viel Toleranz ge-

Foto: Volker wohlgemuth

lernt und halte mich an Regeln, die es in anderen Ländern gibt. Wenn ich das nicht tun will, dann reise ich nicht in ein solches Land. Ich würde in der aktuellen Situation auch Künstler aufnehmen, die bei mir wohnen und arbeiten können – das habe ich in den letzten 30 Jahren in Form von Workshops immer wieder getan. Wo ich vorsichtig bin, ich sage bewusst vorsichtig und nicht voreingenommen, sind die Themen Kopftuch und Burka. Das hat für mich den Anschein, etwas verbergen zu wollen, und das erzeugt bei mir ein Gefühl von Unsicherheit, denn ich finde zu einem Menschen keinen Zugang, wenn ich seine Augen nicht sehen kann. Fest steht für mich aber, meine Werte, meine Freiheit, mein Demokratiebewusstsein lasse ich mir in meiner Heimat nicht wegnehmen.“

„Meine Bilder werden mich überleben“

Jetzt habe ich in den letzten Jahren so viel über Georg Brandner geschrieben, seine malerischen Anfänge als Straßenkünstler in der Grazer Herrengasse, über seine Arbeiten, die Bildsprache in seinen Werken, wie ein Leben im Tag eines Künstlers aussieht und etliches mehr. Wenn wir einen Blick in die Zukunft werfen: „Beunruhigt dich dein 60.

Geburtstag nächstes Jahr oder anders gefragt, was wünscht du dir?“ „Die Zeit ist so unglaublich schnell vergangen.

Ich möchte eigentlich nur die Kraft und die Motivation bewahren, immer wieder Neues zu schaffen, und habe stets Ideen, die mich selbst überraschen. Ich lege auch stets höchsten Wert auf gutes Material, denn meine Bilder sollen mich überleben.“ Dem ist wohl nichts mehr hinzuzufügen, außer: Ich freue mich auf die nächste Begegnung, Georg!

Bildgewaltig Georg Brandner ist seit 40 Jahren freischaffender Künstler.

53

g

RECHT SO

in

Der Treppenlift ist auf der unteren Wohnungsebene stehen geblieben. Die Wohnung ist schlicht, bescheiden eingerichtet.

Im Wohnzimmer eine große freie Fläche. Über diese Fläche hat sie es an diesem Tag geschafft, über den Boden zu robben, gehen ist seit ihrem vierten Lebensjahr unmöglich.

Und auch beim Über-den-Boden-Krabbeln braucht sie meist die unterstützende Hand ihrer Mutter unter dem Popo, der in Windeln gepackt ist. Julia wird im kommenden

Februar elf Jahre alt. Jetzt sitzt sie auf der Couch, dunkelbraune halblange Haare. Sie will ihr Fotoalbum ansehen und das teilt sie mit, die Wörter schwer, für Fremde gänzlich unverständlich. Sie bekommt das Album.

Darin sind Fotos aus schöneren Tagen, als sie in den Kindergarten ging, Freundinnen zum Spielen hatte, plauderte, was das Zeug hielt. Sie sucht nach den Torten, vor allem nach der, die sie von ihrem Vater bekommen hat. Nach einigen Minuten mag sie nicht

mehr. Lange Konzentration auf eine Sache ist nicht möglich. Sie will die Wohnzimmerschaukel. Ihre Mutter befestigt eine große, runde Platte an der Zimmerdecke und hebt Julia darauf. Ein Kraftakt, denn Julia wiegt über zwanzig Kilo, mithelfen kann sie nicht, ihre Muskulatur ist zu schwach. Vor allem baden und in die Badewanne heben ist zu einem riesigen Problem geworden. Das muss jetzt in einem Plastikbassin im Wohnzimmer gemacht werden.

Nach ein paar Minuten ist auch das Schaukeln langweilig.

Foto: Privat

„Mein Kind kann auch gepunktet sein“

Julia Kreuzer, „Ich werde das Kind bekommen, denn es ist ein Wunschkind“, sagt ihre Mutter.

Es lohnt sich, zu kämpfen

Julia ist zehn. Sie sitzt auf der Couch. Man sieht auf den ersten Blick, dass sie „anders“ ist, und ihre Mutter wusste das bereits zu Beginn der Schwangerschaft: Down-Syndrom. Abtreiben? Nein. Nach vier „fast“ normalen ersten Lebensjahren fällt Julia ins Koma. Eine Geschichte, die Mut machen soll, um sein Recht zu kämpfen.

54

Ein Kind ist das größte Geschenk im Leben – ein bekannter Satz.

Das war es auch für sie: „Ich habe mir ein Kind gewünscht, aber ich hatte keine Erwartungen, wie dieses Kind zu sein hat, ob gepunktet oder kariert, das war mir nicht wichtig“, sagt Helga Kreuzer.

Und schon in der 12. Schwangerschaftswoche wurde klar, dass Julia kein „normales“ Kind sein wird. Eine Untersuchung zu dieser Zeit ergab, dass Julia als Kind mit Trisomie 21, besser bekannt als Down-Syndrom, zur Welt kommen wird. „Dass es zu dieser Untersuchung kam, war fast ein Zufall, denn ich wollte dem Vater eigentlich nur ein Ultraschallfoto des Kindes mitbringen“. Ein Schock, dem drei verzweifelte Tage des Nachdenkens folgen sollten. Dann stand fest: „Ich werde das Kind bekommen, denn es ist ein absolutes Wunschkind und das ist es heute noch“, sagt die alleinerziehende Mutter. Mit dem Vater führte sie vor Julias Geburt eine Wochenendbeziehung. Heute führt er eine Wochenendbeziehung mit Julia. „Die beiden verstehen sich sehr gut und das passt so.“

Vollblind, sprach- und bewegungslos

„Julia ist ein Kind des Universums, heil und vollkommen. Sie findet, sieht und geht ihren per-

fekten Weg durch ihr glückliches, ins Koma. Ärztliche Behandlungsgesundes, liebevolles, wohlhabenfehler führten zu jener Lage, in der des, selbstbestimmtes und eigenJulia wieder nach Hause entlassen ständiges Leben“ – das schreibt wurde: Mit dem EntwicklungsstaHelga Kreuzer in ein von ihr vertus eines neugeborenen Kindes. fasstes Gedächtnisprotokoll. Ein Sie konnte nicht sprechen, war Protokoll aus sehr dunklen Tagen. vollblind, konnte nicht gehen, sich Wir drehen das Rad der Zeit zu kaum bewegen und musste über Julias Geburt zurück. Die ersten eine Magensonde ernährt werden. vier Jahre waren „So schön es war, für Julia eigentlich nach monatelangen perfekt, sie ging Spitalsaufenthal„Julia ist ein Kind in den Kindergarten wieder nach des Universums.“ ten, hatte dort ihre Hause zu dürfen, Freundinnen: „Ich Privatsphäre zu leHelga Kreuzer habe zu dieser Zeit ben, stand demgeeigentlich völlig genüber doch die vergessen, dass sie als behindertes Angst, ob wir das alles schaffen Kind eingestuft wird“, erzählt ihre werden.“ Mutter heute. Dann, mit vierein„Konnte die Wohnung halb Jahren, bekam Julia innernicht mehr zahlen“ halb kurzer Zeit drei Schübe mit Mit Hilfe von Krankenschwestern hohem Fieber. Beim dritten Schub päppelten sie Julia langsam wiewurde sie stationär im Krankender auf, denn die Mengen, die sie haus aufgenommen, die Situation besserte sich nicht, ein Gehirnabdamals über den Mund aufnehmen szess wurde diagnostiziert, sie fiel konnte, lagen bei 30 ml! Ganz lang-

sam begann sie einzelne verwaschene Wörter zu sprechen. Auf optische Reize wie Licht reagierte sie nicht, konnte aber gut hören und bemerkte sofort, wenn sich ihr eine der Hauskatzen näherte. „Dann auf einmal, im Frühling nach dem langen, dunklen Winter winkte sie uns aus dem Garten zu“, das war das schönste Geschenk, das sie ihrer Mutter machen konnte. Doch die finanziellen Schwierigkeiten wurden immer massiver, „ich konnte meine Wohnung nicht mehr bezahlen, nicht arbeiten, ich musste für Julia rund um die Uhr da sein.“ Alles Geld floss in Therapien, Medikamente und medizinische Versorgung.

Fünf Jahre Rechtsstreit

„Deshalb entschied ich mich, die Grazer Rechtsanwältin Karin Prutsch aufzusuchen, die mir als Expertin auf dem Fachgebiet Medizinrecht empfohlen worden war. Das war die beste Entscheidung meines Lebens. Karin

g

in

Prutsch war in den vergangenen Jahren ein Segen für mich. Ich hätte niemals mit dieser menschlichen Unterstützung gerechnet und mit der Geschichte über Julia möchte ich allen Betroffenen, denen Ähnliches wiederfahren ist, Mut machen, sich zu wehren, die Kraft zu haben, es durchzustehen und nicht aufzugeben.“ Das ganze Verfahren rund um Julia hat insgesamt fünf Jahre lang gedauert und „immer wieder gab es Rückschläge, es mussten mehrere medizinische Gutachten eingeholt werden und oft gab es Momente, in denen ich einfach alles hinschmeißen wollte. Von vielen Seiten habe ich gehört, dass es keinen Sinn hat, weiter zu kämpfen, deine Gegner stecken doch alle unter einer Decke, da hast du nicht den Funken einer Chance.“ Doch die gab es und erst vor kurzem wurde das Verfahren positiv beendet und Julia und ihre Familie

ter ins Wohnzimmer. Dann gibt es Frühstück. „Am liebsten etwas Süßes, Julia liebt Kuchen und Torten, weshalb ich selbst backe und darauf achte, dass nicht zu viel Zucker verwendet wird.“ Nach dem Frühstück wird Julia bis zum Mittagessen von ihrer Schwester Miriam betreut, die sich die letzten beiden Jahre Prutsch war ein um Julia gekümmert hat. Am Nachmittag Segen für mich ...“ Besuch in der geht es mit Mama Helga Kreuzer Schule zum Einkaufen, ins Wir drehen das Kaffeehaus oder auf Rad der Zeit in die Gegenwart zuden Spielplatz. An zwei Tagen der rück. Der Tag in der Wohnung der Woche besucht Julia für etwa ein Gemeinde St. Marein im Mürztal bis zwei Stunden die Volksschule beginnt um halb sechs Uhr morim Ort: „Ich weiß, dass sie niemals gens und Mama wird von Julia gelesen und schreiben lernen wird, weckt, nach ein bisschen kuscheln aber es war mir ein Anliegen, sie und spielen im Bett geht es hinununter Kinder zu bringen.“

erhielten eine angemessene finanzielle Entschädigung. „Wir sind damit abgesichert, können heute gut leben und Julia hat zum Glück auch jene technischen Hilfsmittel, die ihr das Leben erleichtern, denn ohne ihren Treppenlift könnte sie in ihrem Zuhause nicht ohne Hilfe in den ersten Stock zu ihrem Zimmer „Karin gelangen“.

OPERNREDOUTE 2016

Nur ein Motto: „Tanzen“

Es ist der unumstrittene Höhepunkt der Grazer Ballsaison: Am 30. Jänner verwandelt sich die Grazer Oper wieder in einen glanzvollen Ballsaal, um bei der 18. Opernredoute gleich mit mehreren Premieren zu verzaubern.

Die erste Premiere gibt es gleich zu Beginn: Sie ist die Gastgeberin der zauberhaften Ballnacht und feiert gleichzeitig auch ihr Opernredoute-Debut: Die neue Intendantin Nora Schmid begrüßt gemeinsam mit dem bewährten Organisator Bernd Pürcher die Gäste aus Wirtschaft, Politik, Kultur und Gesellschaft. Das musikalische Eröffnungsfeuerwerk entfacht das Grazer Philharmonische Orchester unter der Leitung von Chefdirigent Dirk Kaftan. Die zweite Premiere: Die jedes Jahr aufs Neue beeindruckende Eröffnungspolonaise wird zum ersten Mal von zwei Solisten des Opernensembles stimmlich veredelt und erstmals steht die Opernredoute auch unter einem Motto: „Tanzen“ lautet dieses ganz reduziert und dabei feiert auch der neue Conférencier des

Abends, Dorian Steidl, seinen Einstand.

Eine weitere Neuheit erwartet das Publikum durch die Eröffnungsshow des Ballettensembles, die vom neuen Ballettdirektor Jörg Weinöhl inszeniert wird. Die Mitternachtseinlage bleibt wie immer ein gut gehütetes Geheimnis. Nur so viel: Vier Publikumslieblinge des Opernensembles werden mit ihren unvergleichlichen Stimmen den Saal zum Beben bringen! Neben so vielen Novitäten kommt auch liebgewonnene Tradition nicht zu kurz: So können alle Gäste auch diesmal wieder die Havana Lounge, die Casino Champagner Bar, das 1001 Oase Restaurant, die Tanzbar sowie die Diskothek besuchen und bei der Mitternachtsquadrille selbst Hauptdarsteller des Abends werden!

Also: Alles Walzer!

56

Eintrittskarten erhalten Sie an der Theaterkasse, Kaiser-Josef-Platz 10, 8010 Graz via Email: tickets@opernredoute.com online unter www.opernredoute.com, www.ticketzentrum.at oder telefonisch unter 0316 / 8000 sowie bei Kastner & Öhler bei der Kassa im 2. OG

Foto: KOnstantinov

INTERVIEW

Rechtsanwältin Karin Prutsch

„Ich hätte Julia nie aufgegeben“ Die Grazer Rechtsanwältin Karin Prutsch hat Julia und ihre Familie in einem Rechtsstreit begleitet, der insgesamt fünf Jahre lang gedauert hat, und das hat sich gelohnt. grazIN: Könnten Sie den Fall Julia bitte schildern. Was ist passiert?

KARIN PRUTSCH: Julia erlitt im Alter von etwa viereinhalb Jahren mehrere Fieberschübe. In Folge bildete sich bei ihr ein Hirnabszess, das zu neurologischen Ausfällen führte, die unverzüglich diagnostiziert und behandelt gehört hätten.

Das war aber nicht der Fall und somit ergaben sich durch die Verspätung der Abklärung und den verspäteten Behandlungsbeginn schwere Gesundheitsschäden. Julia musste intensivmedizinisch versorgt und operiert werden. Doch es kam noch schlimmer: Ihre Nieren versagten und durch den Druck des Abszesses wurde die rechte Gehirnhälfte geschädigt, was schwerwiegende Folgen hatte. Julia war auf dem rechten Auge blind, litt unter motorischen Einschränkungen, Sprachstörungen, epileptischen Anfällen und die Funktion der Schilddrüse war ebenfalls eingeschränkt.

Hätte sich das verhindern lassen?

Mit großer Wahrscheinlichkeit, ja. Wäre Julia zu einem früheren Zeitpunkt genauer untersucht und behandelt worden, wären die geschilderten Schäden überwiegend ausgeblieben.

Was waren die größten Herausforderungen in diesem Rechtsstreit?

Der Zeitdruck war die größte Herausforderung.

Dadurch, dass viele Gutachten notwendig waren, hat sich der Fall sehr in die Länge gezogen und die finanzielle Notlage der Familie hat sich immer mehr zugespitzt.

Julia war und ist in einem Alter des Wachstums und gerade dann sind Therapien am effektivsten und notwendigsten. Diese Therapien konnten aber kaum mehr finanziert werden. Zwischenzeitlich war die Lage so dramatisch, dass nicht einmal sicher war, wie lange Julia ohne Therapien überleben würde.

Der Fall Julia hat fünf Jahre lang gedauert: Haben Sie immer an einen guten Ausgang zugunsten Ihrer Mandantin geglaubt?

Ich war immer überzeugt davon, dass wir es schaffen werden, diesen Rechtsstreit zu gewinnen, die Frage war nur, wann.

Es ging wirklich darum, zu kämpfen und durchzuhalten, die Hoffnung habe ich während dieser ganzen, langen Zeit nie verloren und ich hätte Julia nie aufgegeben.

57

g

Leben mit fussfessel

in

Ohne Joker

In der Steiermark tragen aktuell 49 Menschen eine Fußfessel.

Einer davon erzählt über die Monate in den eigenen vier Wänden, und die immer wiederkehrende Aufforderung, in den Alkomat zu blasen.

2.208 Stunden durchgehend unter elektronischer Überwachung der Justiz.

Nüchtern. „Aber immerhin bist du nicht in einer Zelle“, blickt ein Grazer auf seine Haft mit der Fessel am Fuß zurück. Über sein Vergehen will er nicht sprechen, der Name bleibt anonym, die Details erzählt er.

Bevor es überhaupt zum Haftantritt mit Fußfessel kommt, muss ein Antrag gestellt werden. Alle wesentlichen Punkte, wie ein geregeltes Einkommen oder die maximale Strafzeit von zwölf Monaten, finden sich unter dem Paragraphen 156 des Strafvollzugsgesetzes. „Prinzipiell ist aber kein Delikt ausgenommen“, heißt es aus der Justizanstalt Graz-Jakomini. Selbst Sexualstraftäter können unter besonderer Überwachung mittels GPS-System, das die Annäherung an Schulen oder Kindergärten unterbindet, am Fuß gefesselt werden. Und die Fessel muss man sich leisten können: 24 Euro pro Tag kostet das schwarze Band, das ähnlich aussieht wie ein Pulsmessgerät.

Bei der Justizanstalt findet auch die Unterweisung des Häftlings statt. „Die Herren dort waren sehr nett und haben sich auch vorher mit meinem Fall beschäftigt. Nach der ersten Unterweisung

kommen die Beamten nach Hause und sehen sich die räumlichen Gegebenheiten an. Es muss ja mit dem Empfang zwischen Fußfessel und Standgerät alles klappen“, erinnert sich unser ehemaliger Grazer Häftling, bevor sich am Haftantrittstag um Punkt 8.23 Uhr die Fessel für auf die Minute genau drei Monate um seinen Fuß legt. Ein Kasten wird in der Küche postiert und ist mit der Fessel wie auch mit der Überwachungszentrale in Wien verbunden. Im Kasten ist in unserem Fall auch ein Alkomat mit Kamera integriert, der die biometrischen Daten des Häftlings speichert: „Mindestens zwei Mal am Tag piepst das Gerät, am Wochenende kann es auch vier bis fünf Mal sein. Während der ganzen Haft gilt 0,0 Promille. Einen Joker gibt es nicht.“ Sollte der Test etwa durch den Genuss von Süßigkeiten oder Essig die 0,1-Promillegrenze überschreiten, wird zwanzig Minuten später noch einmal getestet. „Der Entzug der Fußfessel kommt aber so gut wie gar nicht vor. Die Häftlinge

„Aber immerhin bist du nicht in einer Zelle.“ ehemaliger häftling

58

wissen um die Hafterleichterung und ein Unrechtsbewusstsein muss vorhanden sein. Meistens trifft diese Art der Haft auf Menschen zu, die auch vorher noch nie in ihrem Leben im Gefängnis waren“, weiß Andreas Zembaty von Neustart.

Der Verein arbeitet seit 1957 im Bereich der justiznahen Sozialarbeit, leistet Resozialisierungshilfe für Straffällige und ist den Justizanstalten unterstellt.

Mit dem Verein Neustart erstellte unser Häftling auch für jede folgende Woche sein Bewegungsprofil. Für Angestellte umfasst dieses maximal 45 Stunden, für Selbstständige bis zu 50 Stunden pro Woche. Hinzu kommt eine Stunde Freizeit pro Tag. „Die ersten eineinhalb Wochen waren total ungewohnt. Ständig habe ich auf den piepsenden Ton gewartet auf den man innerhalb von 30 Sekunden reagieren muss. Die Angst,. dieses Piepsen zu überhören, lässt dich in der ersten Zeit nicht schlafen. Ein einziges Mal ist es mir passiert, dass ich auch das dritte Mal den Ton zu spät hörte“, kann der Häftling heute darüber schmunzeln.

Ein anschließendes Lebenszeichen aus der heimatlichen Zelle an die Zentrale kam noch rechtzeitig. „Sonst wären sie vor der Tür gestanden.“

AM TISCH

41 a/b

FOTO: JIMMY MARSEILLE

Von Dienstag bis Samstag fährt Miran von Maribor zur Halle am Lendplatz.

In seinem Stand mit der Nummer 41 a/b bringt er das Meer kulinarisch gleich mit. Die Grazer danken es ihm mit Stammgastfrequenz.

VOM NETZ AUF DEN TELLER Calamari und Fisch kommen jeden Tag aus Slowenien zum Lend.

Ihn gab es am Lendplatz schon, da war die „Lotte“ noch ein Puff und hieß „Salambo“ und im „Grazer Eck“, dem heutigen „Blendend“, gab es kein Gin Tonic und krosse Fritten, sondern Pfirsichspritzer und Toast. Seit zehn Jahren ist Miran am Stand 41 a/b am Lendplatz. „Zu lange“, wie er schmunzelt, und dabei wird er nicht müde, das, was er kochen kann, aus Maribor mitzubringen. Von Dienstag bis Samstag.

Der maritim angehauchte Murmetropolist dankt es ihm artig. Die Fischsuppe ist seit Beginn gefragt. In großen, bunten Magazinen mit pseudokosmopolitischer Berichterstattung über Barcelona oder Istanbul würde er als „exklusiver Geheimtipp“ gelten. „Miran,

du bist so Berlin“, würden die Bobos und Chai-Latte-Schlürfer im Chor krakeelen.

Barsch, Wels, Tilapia und Sardellen scheren sich aber nicht um Trends.

Schmecken muss es und das tut es.

Als wären die Netze unter dem Dach der Lendstandhalle nicht zum Schutz gegen die Tauben, sondern von den Fischern aus ihren Booten noch voller Gischt unter den Giebel geworfen und ihr Fang direkt von oben auf den Teller gefallen, gleich dem Segen. Stammgast Thomas, auch „Onkel Tommy“ gerufen, kommt oft vier Mal in der Woche her.

Neben dem Fisch lockt ihn das Fleisch. „Der Miran hat eigene Gewürze. Macht auch das Salz selber“, schneidet er mit 59

leuchtenden Augen das Schweinskotelett und fährt anschließend genüsslich in das Bohnengemüse. Ćevapčići und Pljeskavica im Angebot lassen gleiche Euphorie vermuten. „Onkel Tommy“ unterbricht nur ungern die Völlerei, um zum Weißwein, der aus der Gegend des slowenischen Weinbaugebiets Jerusalem kommt, zu greifen. Die georderten Calamari mit Kartoffeln und Knoblauch kitzeln Gaumen und Nase.

Bereitwilligst landet der Tschik im authentischen „Boss“-Zigaretten-Aschenbecher. Die Harten bleiben auch bei frischen Temperaturen zum Essen unter den Taubennetzen. Die anderen zieht es in den dazugehörigen geschlossenen Bereich gleich neben dem 41 a/b.

g

ASYL IN GRAZ

in

Das Geschäft mit der Flucht

45 asylsuchende Männer ziehen in eine Immobilie im Herz-Jesu-Viertel. Betreiber des Quartiers ist die Caritas, die damit einen monatlichen Umsatz von 25.650 Euro macht. Was bleibt, sind besorgte Stimmen aus der Nachbarschaft.

Foto: KK

Schauplatz Herz-Jesu-Viertel. Es wurde eine Informationsveranstaltung einberufen. Etliche Anrainer, Nachbarn, interessierte und aufgeregte Bürger sind gekommen. Alle reden wild durcheinander, immer lauter, denn jeder will gehört werden. Geht es doch um ein heikles Thema, das den gesamten Bezirk, vornehmlich von gut situierten Grazern bewohnt, wachgerüttelt hat: Zwei abgewohnte, mehrstöckige Häuserblöcke in der Raimundgasse sollen – bevor sie zu einer Anlage „mit leistbaren Wohnungen“ umgebaut werden – als Asylantenheim zwischengenutzt werden. Und zwar als Asylantenheim ausschließlich für Männer. 45 an der Zahl. Teils unbekannter Herkunft, teils aus Afghanistan, Pakistan, Tschetschenien und Syrien.

Brennpunkt.

In dieses Haus in der Raimundgasse sollen 45 männliche Asylanten einziehen.

„Habe Angst um meine Kinder“

Nichtsdestotrotz, das Asylheim kann kommen und das erweist sich als mehr als lukratives Geschäft für alle.

Die Diözese kann ihre Immobilie zwischenzeitlich untervermieten – wie viel an Miete die Caritas dafür monatlich zahlt, ist nicht bekannt – und die Caritas als Quartierbetreiber erhält für die Versorgung folgende Summen: Für Asylwerber in Vollversorgung erhalten die Quartiergeber einen Tagsatz von 19 Euro (das inkludiert Unterbringung und Verpflegung mit drei Mahlzeiten am Tag), die Asylwerber erhalten 40 Euro monatliches Taschengeld. Bei Volllast mit genannten 45 männlichen Asylwerbern ergibt das folgende Rechnung: 45 Personen x 19 Euro am Tag x 30 Tage im Monat = 25.650 Euro Umsatz pro Monat. „Uns ärgert es einfach maßlos, dass über unsere Köpfe hinweg entschieden wird, niemand hat uns gefragt, ob uns das recht ist“, so ein Nachbar, und eine junge Mutter fügt hinzu: „Ich habe zwei kleine Kinder und nach den Anschlägen in letzter Zeit und den von Medien geschilderten Übergriffen durch Flüchtlinge – seien sie nun wahr oder nicht – habe ich bei 45 Männern, die in unmittelbarer Nachbarschaft wohnen, schon ein sehr mulmiges Bauchgefühl. Ich fühle mich nicht mehr sicher und habe Angst um meine Kinder.“

„Asyl ist biblischer Auftrag“

Es herrscht Unruhe bei der Informationsveranstaltung.

Viele Fragen stehen im Raum. Fragen, die sich die Akteure und Initiatoren des Männerasylheims anhören. „Viele Antworten haben wir nicht bekommen“, sagt eine pensionierte Anrainerin. Mit einem Argument war eigentlich alles erledigt: „Hilfe ist für uns ein biblischer Auftrag“, erklärte der Wirtschaftsdirektor der Diözese.

Und mit dem Wirtschaftsdirektor der Diözese ist schon einer der Protagonisten des Hilfsprojekts genannt. Eigentümer der Immobilie ist die Diözese Graz-Seckau, Betreiber des Flüchtlingsheimes ist die Caritas – die Hilfsorganisation der genannten katholischen Diözese Graz Seckau. Was am ganzen Szenario ebenfalls verwundert, ist, dass der Grazer VP-Bürgermeister kürzlich zu verstehen gab, dass „man Frauen, Kindern und alleine reisenden Jugendlichen weiterhin helfen werde, den Männern solle aber zu verstehen gegeben werden, dass für sie hier kein Platz ist, denn ansonsten drohe die völlige Überforderung“.

60

LÖSUNGEN

„Wir müssen unsere Werte verteidigen“

Hermann Schützenhöfer ist der neue Landeshauptmann der Steiermark.

Welche Lösung er in der Flüchtlingsproblematik sieht, wie er das Vertrauen der Menschen in seine politische Arbeit stärken will und wie wichtig Investitionen in die Wirtschaft sind, erzählt er im grazIN Interview.

„Wirtschaftliches Erfolgsmodell“ Voestalpine-Vorstand Franz Kainersdorfer, Projektleiter Gunter-Franz Korp und LH Hermann Schützenhöfer (v.l.)a bei der Besichtigung des neu entstehenden Drahtwalzwerks.

Foto: voestalpine

Wie schaffen Sie es das große Vertrauen in Ihre Arbeit für die Steiermark aufrecht zu erhalten?

Vor fünf Jahren haben wir in der steirischen Landespolitik einen neuen Weg beschritten. Das gegenseitige Ausrichten von Gehässigkeiten über die Medien ist absolut entbehrlich. Es ist wichtig, dass jeder seinen Standpunkt vertritt, aber es ist noch wichtiger, dass man zu einem gemeinsamen Ergebnis findet, das von allen mitgetragen wird und das gemeinsam kommuniziert wird.

Nur durch gemeinsames und verantwortungsvolles Handeln können wir die Steiermark an die Spitze bringen.

Dieser steirische Weg der Zusammenarbeit scheint erfolgreich zu sein?

Ja, das ist er! Wir haben in vielen Belangen eine Vorreiterrolle eingenommen und andere Länder wagen jetzt hoffentlich auch wichtige Schritte.

Aber auch wirtschaftlich ist die Steiermark ein Erfolgsmodell! Ich war unlängst in Leoben und konnte das neue Drahtwalzwerk der voestalpine besichtigen. In den letzten Jahren wurde über eine Milliarde Euro in die steirischen Standorte dieses österreichischen Weltkonzerns investiert.

Das sichert und schafft tausende steirische Arbeitsplätze. Gerade in der forschungsintensiven und entwicklungsgetriebenen Industrie ist die Steiermark mit ihrer hohen Forschungsquote von 4,8 Prozent ein Standort mit Zukunft, davon profitieren alle Steirerinnen und Steirer.

grazIN: Vor rund einem halben Jahr wurden Sie zum Landeshauptmann der Steiermark gewählt, was sind Ihre Eindrücke von diesen ersten sechs Monaten?

LH Hermann Schützenhöfer: Es waren schwierige Tage, Wochen und Monate. Sie waren geprägt von großen Herausforderungen für unsere Steiermark, für Österreich und für ganz Europa.

Nur wenige Tage nach meiner Wahl gab es diese schreckliche Amokfahrt mitten im Herzen unserer Landeshauptstadt und seit dem Sommer bin ich mit den zuständigen Stellen permanent in Kontakt, um die Auswirkungen der Flüchtlingskrise auf unser Land in Grenzen zu halten.

Sie haben die Flüchtlingskrise angesprochen, viele Menschen sind dadurch verunsichert, wie sehen Sie diese Situation?

Gerade in schwierigen Zeiten müssen wir noch deutlicher zusammenrücken und entschlossen gegen Terror und Unmenschlichkeit vorgehen.

Es muss uns noch stärker gelingen, unsere europäischen Werte, wie Freiheit, Demokratie, Rechtstaatlichkeit und Toleranz zu verteidigen.

Die Flüchtlingsproblematik kann nur europaund weltweit gelöst werden. Das ist eine große Herausforderung – kein Zweifel – aber wenn es nicht gelingt, scheitert Europa.

Es wenden sich viele Menschen von der Politik ab, weil sie sich im Stich gelassen fühlen. Die Landespolitik stellt dabei eine Ausnahme dar.

61

g

in

Die perfekte Welle

Von der Mur ans Meer mit dem Brett, das f端r ihn die Welt bedeutet: dem Surfbrett. Der Grazer Martin Roll besuchte die besten Surfspots weltweit und betreibt eine eigene Surfschule in Portugal.

NAH AM WASSER. Mit acht Jahren entdeckte der Grazer Martin Roll sein Surfer-Gen. Neben seiner Surfschule organisiert er Reisen zu Surfer-Destinationen rund um den Globus.

62

WILDER RITT. Benรถtigt werden lediglich ein Surfbrett, Surfwachs, eine Leash, das ist die etwa zwei Meter lange Schnur, mit der das Brett am Bein gesichert wird, und ein Surfanzug.

63

g

in

HEʼE NALU. Das Wellenreiten entwickelte sich bereits vor 4000 Jahren auf den Inseln Hawaiis.

Von optimalen Surfbedingungen spricht man bei einem leichten bis moderaten Wind in Richtung der entgegenkommenden Welle, wodurch sie sich zu einem sogenannten Barrel formt, der es dem Surfer ermöglicht, sich in der Welle zu bewegen, während sie bricht. Den größten Einfluss auf die Wellenform hat die Topografie des Wasserbetts im Bereich hinter und neben der brechenden Welle

64

SURFSCHULE. In Ericeira, Portugal, gründete Roll seine Surfschule. Warum? „Weil es hier das ganze Jahr konstant gute Wellen gibt.“

SIESTA. Nach dem Wellenreiten wird Salzwasser gegen Pool getauscht.

65

g

Stadtpolitik

in

1 BIG Magazin,

April 2003

„So wahr mir Gott helfe“ Mit diesem Satz, als Zusatz in seinem Antrittsgelöbnis, übernimmt Siegfried Nagl am 27.

März 2003 das Grazer Bürgermeisteramt. Ein Blick zurück und der Versuch einer Bestandsaufnahme.

Schulden „Wir“ Mitarbeiter Zeitung des Magistrat Graz, Dezember 2004

Der Rechnungsabschluss der Stadt Graz 2014 wies einen Schuldenstand von 1,137 Milliarden Euro auf. Im November 2014 kam aus dem Rathaus die Warnung, „dass man die kommenden zwei Jahre für politische Weichenstellungen nutzen müsse, sonst werden die Gesamtschulden ab 2017 über 1,4 Milliarden ansteigen.“

66

2

Sicherheit ÖVP-Zeitung „Wir machen Graz“, 2008

3

Das Grundrecht der Sicherheit konnten die Grazer auch 2012 noch in relativ geringem Ausmaß genießen. Die Häufigkeit lag bei 1.637 Straftaten pro 100.000 Einwohner. Mit 53.438 Fällen war somit auch eine Zunahme zum Vorjahr zu verzeichnen. Der Volksgarten bleibt weiterhin das „Mexico City“ der Steiermark.

Lebensqualität

4

Verkehr

ÖVP-Folder „Nagl – eine gute Chance“, 2003

Der neue Hauptbahnhof kann was, keine Frage.

Für die Annenstraße hat der Meilenstein des Nahverkehrs aber wenig gebracht. Heute stehen noch immer 21 Geschäfte leer. Was für den Wiener die Tangente ist, bleibt für den Grazer weiterhin die Plüddemanngasse.

67

Aus einer Umfrage der Europäischen Union 2013 konnte sich Graz in puncto Lebensqualität unter 80 EU-Städten auf Platz 14 behaupten. Neun von zehn Grazern waren mit den Gesundheitseinrichtungen sehr zufrieden, beim Kulturangebot lag man bei beachtlichen 95 Prozent. Nicht befragt wurden mit großer Wahrscheinlichkeit die Angestellten vom Billa am Hauptplatz bezüglich Sicherheit.

g

TIERE Tiere

in

Die Asche von Laura

Zehn Jahre ist er Rettung gefahren. Die faktische Bilanz: 25 Tote.

Die psychische Bilanz: Nach zehn Jahren ist der Anblick der toten, menschlichen Körper zur Routine geworden, da war nicht mehr diese Starre.

Jetzt fährt er nicht mehr Rettung, der Alltag mit toten Körpern ist ihm aber geblieben. Nicht mit menschlichen, sondern mit tierischen.

Es ist ein idyllischer Weg. Die von den Buchen gefallenen und am Waldboden liegenden Laubblätter rascheln unter den Schuhsohlen, die Sonne blinzelt auf das ein Hektar umfassende Waldstück in St. Josef, nähe Lannach, fünfzehn Autominuten von Graz entfernt. Es ist ein idyllischer Weg. Aber es ist ein schwerer Weg, nicht physisch anstrengend, aber schwer für das Gemüt. Und doch hat der Platz etwas Magisches, etwas Mystisches. Marmorquader bilden den letzten Ruheplatz. Ein Ruheplatz, den es erst seit Kurzem gibt und der der einzige und erste seiner Art in Österreich ist: der Franziskus Urnenhain im Schilcherland.

Ein Waldgrundstück, auf dem die Urnen von Menschen und Tieren in gemeinsamen Ruheplätzen beigesetzt werden können. Betrieben wird dieser besondere Friedhof von Eduard Reininger und seiner Gattin Renate. Der Ruheplatz ist dabei in verschiedene Zonen aufgeteilt, aus denen man seine persönliche, letzte Ruhestätte, die aus maximal fünf Urnen, angeordnet um einen Marmorquader – mit der Inschrift der Verstorbenen – besteht, wählen kann. „Wir haben bereits aus ganz Österreich Anfragen für ein solches Grabmal“, erzählt Eduard Reininger stolz. Mit 2.490 Euro ist man dabei.

Grab für Mensch und Tier

Der Urnenhain mitten im Wald ist das neueste, lange aber nicht das einzige Geschäftsfeld von Reininger, denn seine berufliche Hauptaufgabe ist seit der Eröffnung seines Krematoriums im Jahr 2002, in Landscha in der Südsteiermark, das Kremieren von Tieren. Für Reinin-

ger ist das aber viel mehr als nur Beruf und finanzielles Einkommen: „Ich habe so viele tote Menschen während meiner Zeit bei der Rettung gesehen, aber bei Tieren habe ich ein ganz anderes Empfinden. An diesen Anblick gewöhnt man sich nicht. Es macht einen mit den Jahren noch sensibler. Und dabei spricht er auch von ganz persönlichen Erfahrungen, denn er und seine Frau sind Tierfreunde, wie sie im Buche stehen. „Wir haben immer Tiere, Katzen und Hunde gehabt, und von vielen mussten auch wir uns schon verabschieden.“ Ein solcher, schmerzlicher Verlust ereilte die beiden erst letztes Jahr, als bei ihrer Dalmatiner-Mischlingshündin Laura ein Gehirntumor festgestellt wurde. „Das emotional so Belastende ist, dass wir als Menschen über Leben und Tod eines Tieres entscheiden müssen, dürfen.“ Und sie haben sich für den Tod entschieden, um ihrer Hündin die vom Tierarzt prophezeiten qualvollen Schmerzen zu ersparen. Nicht nur sie trauerten, auch der zweite Hund Snoopy, ein Border-Collie-Mischlingsrüde, verweigerte tagelang das Fressen. „Wir haben ihn dann mit dem Löffel gefüttert. Und diese Bedienung hat er nicht mehr abgelegt.

Auch heute dürfen oder müssen wir ihm sein Hundemenu mit dem Löffel servieren“, erzählt Renate Reininger mit einem lachenden und weinenden Auge.

Da hat also ein Hund sehr gut sein Herrl erzogen. Doch Tierliebe ist bei vielen Menschen zumindest gleich, wenn nicht

„Wir betreiben keinen Kult mit dem Tod.“ eduard reininger 68

noch stärker ausgeprägt als Menschenliebe und das lassen sich ihre Besitzer auch gerne etwas kosten.

150 Kremierungen pro Monat

„Bei uns wird jedes Tier würdevoll behandelt, natürlich ist es unser Brotberuf, aber wir machen keinen Kult daraus, wir bieten keine – wie es andere Tierkrematoriumsbetreiber machen – übertriebenen Zeremonien an. Das ist reine Geschäftemacherei und entbehrt aus unserer Sicht jeglicher Ethik“, so Reininger.

Pro Monat werden 120 bis 150 Kremierungen von Hunden, Katzen, Mäusen, Echsen, Hausschweinen oder Zwergponys durchgeführt. Der Preis dafür richtet sich nach Gewicht des Tieres. Kleintiere bis zwei Kilogramm werden um 60 Euro, ein mittelgroßer Hund zwischen 16 und 25 Kilogramm, um 250 Euro kremiert.

Das Prozedere erfolgt folgendermaßen: Das tote Tier wird zur Familie Reininger gebracht, dann kommt es in einen Leichensack und wird bis zur Einäscherung gekühlt gelagert. Für die Besitzer gibt es einen Raum, in dem sie sich alleine von ihrem Tier verabschieden können.

Viele geben ihm auch noch Briefe, das Lieblingsspielzeug oder Blumen auf den letzten Weg mit. Die Urne für die Asche des Tieres kann aus einem Katalog je nach Geschmack gewählt werden: „Am gefragtesten ist derzeit das Modell Kristall, eine Urne die mit Swarovski-Steinen, zum Beispiel in Form einer Pfote, besetzt ist. Wer sein Tier aber auch nach dem Tod noch nah bei sich haben möchte, kann einen kleinen Teil der Asche in einem Medaillon – auf einer Halskette oder auf ein Armband – bei sich tragen.

Bühne: Krone Center Graz, Münzgrabenstraße 36

Otello darf nicht platzen Komödie von Ken Ludwig

3. Oktober 2015 bis 6. Februar 2016 ENSEMBLE: Michaela HaselbacherBerner, Michaela Mock, Monika Schmatzberger, Birgit Spuller, Urs Harnik, Helmut Kasimir, Stefan Moser, Reinhardt Winter REGIE: Robert Weigmüller

www.kleinekomoedie-graz.at 69

g

in

WIRTSCHAFT

FULMINANTER TAG Josef Herk, Präsident der WKO Steiermark (l.) mit dem ehemaligen deutschen Außenminister Joschka Fischer beim Unternehmertag in der Grazer Stadthalle.

Tafelsilber

Foto: Manfred Lach

Ein rastloser Präsident der Steirischen Wirtschaftskammer, mehr als 2.000 Wirtschaftstreibende und der ehemalige deutsche Außenminister mit einem Impulsvortrag: Unternehmertag der WKO Steiermark.

Zehntausende Kilometer spult er unermüdlich quer durch die Betriebe der Steiermark, und so nahm Josef Herk, Präsident der Steirischen Wirtschaftskammer, die Stufen zum Podium der Grazer Stadthalle an diesem Nachmittag im Laufschritt. Rasant hatte der Steirische WKO Unternehmertag schon in der Früh begonnen und nach zahlreichen Vorträgen und Netzwerken wollten mehr als 2.000 Wirtschaftstreibende, von Herk als „Tafelsilber der Steirischen Wirtschaft“ tituliert, den krönenden Abschluss, den Vortrag des ehemaligen deutschen Außenministers und Vizekanzlers Joschka Fischer, nicht verpassen. Herks einleitenden Worten, „die Regionen zu stärken und für entsprechende Rahmenbedingungen zu kämpfen“, folgten Fischers Ausführungen über die aktuelle Flüchtlingsfrage sowie Europas wirtschaftliche Zukunft in einer globalisierten Welt. Sein Appell, dass „ein Europa sich den Heraus-

forderungen der Digitalisierung und Globalisierung stellen muss“, fand nicht nur bei den Wirtschaftstreibenden breite Zustimmung.

Auch Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer unterstrich die Wichtigkeit entsprechender Rahmenbedingungen für das Unternehmertum und die daraus resultierenden Gewinne, ohne welche die Aufrechterhaltung einer fairen sozialen Infrastruktur nicht möglich sei. In diesem Zusammenhang habe die Förderung von regionalen Arbeitsplätzen absolute Priorität.

Mit wirtschaftlicher Politur soll der Unternehmertag auch nächstes Jahr wieder glänzen. „Ein fulminanter Tag, der im nächsten Jahr auf jeden Fall seine Fortsetzung finden soll“, war sich Josef Herk mit seinen beiden Vizepräsidenten Benedikt Bittmann und Andreas Herz, sowie den Wirtschaftskammerdirektoren KarlHeinz Dernoscheg und Peter Hochegger einig.

70

reformwillig WKO Steiermark Präsident Josef Herk und WK-Direktor KarlHeinz Dernoscheg fordern mutige Reformen von Seiten der Politik.

Kleiner Silberstreif am Horizont

27,7 Prozent der Unternehmen damit, die Preise senken zu müsse. Problematisch bleibt auch die Entwicklung am Arbeitsmarkt. Obwohl sich der Personalstand in der Steiermark verbessert hat, lässt dies leider nicht auf einen Aufwärtstrend am Jobmarkt schließen. Mit einem Erwartungssaldo von -12,1 Prozentpunkten in der Steiermark geben deutlich mehr Unternehmen an, Personal im kommenden Jahr abzubauen.

Insgesamt 680 steirische Unternehmer haben an der aktuellen Konjunkturumfrage der Wirtschaftskammer Steiermark teilgenommen, die Bandbreite der Befragten reicht dabei vom Kleinstbetrieb bis hin zu steirischen Leitbetrieben. Diese Umfrage ermöglicht interessante Einblicke, wie WKO Steiermark Präsident Josef Herk und Direktor Karl-Heinz Dernoscheg betonen: „Das steirische Konjunkturprofil ist zwar weiterhin durchwachsen, liegt in vielen Bereichen aber über dem Bundesschnitt. Getragen wird diese leichte Besserung vor allem von der Exportwirtschaft, also der internationalen Wirtschaftsdynamik, der Österreich leider noch immer hinterherhinkt. Um diese Lücke zu schließen, braucht es eine neue Offenheit und Ehrlichkeit von Politik und Sozialpartnern gegenüber den vielen real existierenden Herausforderungen.“

Forderungen der Wirtschaftskammer

Einige rasch zur Umsetzung kommende Systemreformen liegen für die Führungsspitze der WKO Steiermark auf der Hand. Das wären etwa die Einführung eines Investitionsfreibetrags bzw. einer Investitionszuwachsprämie, mit Hilfe derer der Unternehmer zehn Prozent seiner über dem Durchschnitt der drei letzten Kalenderjahre getätigten Investitionen vom Staat ersetzt bekommen würde. „Weiters machen wir uns für eine Anhebung der Grenze für geringfügige Wirtschaftsgüter auf 1.500 Euro stark, das würde vor allem Kleinunternehmer entlasten“, erklärt Herk. Weiters fordert man weniger der oft willkürlichen Überprüfungen und eine Entbürokratisierung auf Landesebene sowie die Senkung der Lohnnebenkosten. Auch eine Einführung einer flächendeckenden LKW-Maut wird von Seiten der WK Steiermark vehement abgelehnt, begrüßenswert wären hingegen Infrastruktur fördernde Maßnahmen, eine zusätzliche Breitbandoffensive und die Einhaltung eines fairen Wettbewerbs vor allem bei öffentlichen Ausschreibungen.

Die Ergebnisse im Detail

Zuerst zum positiven Teil der Ergebnisse: Die Einschätzungen der Unternehmer zum bisherigen Geschäftsverlauf bezüglich Umsatz (+17,3%), Investitionen (+6%), Auftragslage (+3,3%) und auch Beschäftigung (+7,8%) im Saldo fallen durchwegs positiv aus. Die wirtschaftliche Gesamtsicht hingegen wird weiterhin negativ beurteilt – und das zum neunten Mal in Folge. Im Detail: 34 Prozent gehen von einer Verschlechterung aus, 20 Prozent von einer Besserung. Unterm Strich ergibt das ein Negativsaldo von -14 Prozentpunkten. Hoch bleibt der Druck auf die Unternehmen in Bezug auf die Preise. In der Steiermark rechnen 71

Werbung

Der Umsatz ist gestiegen, die Auftragslage auch. Dennoch gehen 34 Prozent der steirischen Unternehmer von einer Verschlechterung der Wirtschaftslage aus. Für die Wirtschaftskammer Steiermark ein triftiger Grund, tief greifende Systemreformen zu fordern.

g

in

Auto & mehr

FOTO: VOLKER WOHLGEMUTH

Vielleicht kann man den gelben Blazer mit den erste Mal“ vor mittlerweile zwölf Jahren. Aber Schulterpolstern irgendwann wieder tragen. es ist nicht die motorische Kraft hinter dem DreiIn nächster Zeit wohl kaum. Alexandra Querz zack des Kühlers, sondern seine inneren Werte, schaut noch immer ein wenig ungläubig auf das die überzeugen. Das Leder der Sitze ist vom itaFoto in ihrer Hand. „Aber so war das eben Mitlienischen Modelabel Missoni zugeschnitten und te der 90er.“ Es klingt fast ein wenig nach Entüberstrahlt die Türtafeln aus Imitaten. Die Frau schuldigung. Ihre Frisur von damals, die klassihat den Blick für das Detail. Es ist die Uhr in der sche Dauerwelle mit der Tolle will sie hingegen Mittelkonsole, die sie fasziniert. Bis heute. „Es nicht kommentieren. Die eine Hand selbstsicher war eine ganz einfache schwarze Quarzuhr aus in der Hüfte, die andere ruht stolz auf der MoKunststoff, nichts Besonderes. Bei keinem andetorhaube des Maserati Biturbo. Es war nicht die ren Auto habe ich so etwas zuvor gesehen. AuLiebe auf den ersten Blick, aber die Beziehung ßerdem war es ja auch praktisch“, beschreibt sie hält bis heute. Eines Tages stand er vor der Tür. ihr ganz persönliches Lieblingsstück. Alexandra Ein Geschenk des damaligen Verlobten. „Ehrlich Querz fährt heute ihren dritten Maserati. Die gesagt war mir das Auto ein bisschen zu viel von Uhr gibt es immer noch. Heute ist sie wesentallem. Aber als ich hinter lich hochwertiger. Und dem Steuer gesessen bin, der Blazer der Fahrerin ist „Im Maserati sitzt immer hat es dann doch gefunkt“, aus grauem Stoff. Ohne der Richtige.“ erinnert sich Querz an „das Schulterpolster.

KARL PICHLMAIER, GRAZER AUTOMOBILKENNER

72

Unsere Ansicht.

Autohaus Pr체gger, Hausmannst채tten bei Graz www.pruegger-exklusiv.com

SPORT

Turm gegen Zwerg

Kicken lernte er auf der Tändelwiese. Er wurde der grimmigste Vorstopper der Bundesliga. Am 28. Mai 1971 deckte Sturm-Legende Walter Fuchs den „fünften Beatle“ von Manchester United, George Best.

FOTO: STEIRISCHER FUSSBALLVERBAND

g

in

Steirische Auswahl gegen Manchester United Von links: Wagner, Grloci, Helmut Huberts, Schilcher, Kaiser, Fuchs, Lamprecht, Makotschnig, Peintinger, Maier, Stering, Raithofer Foto: Steirischer Fußballverband

74

Bald schon war die Tändelwiese zu klein für ihn. Und auch der damalige Landesligaklub Waagner Biro konnte ihm den Platz nicht geben, den der „Turm“, von Statur groß und grimmig, brauchte. So wechselte Walter Fuchs 1966 zum SK Sturm. Die Gruabn, das alte Liebenauer Stadion oder Highbury in London gaben ihm die Fläche.

28. Mai 1971: Der Steirische Fußballverband feiert sein 60. Jubiläum und zelebriert den Geburtstag mit einem Knaller: Der Europapokalsieger (heutige Gewinner der Champions League) von 1968, Manchester United, kommt zum Freundschaftsspiel nach Liebenau. Im Gepäck Legenden des damaligen Klubfußballs: Trainer Matt Busby, Kapitän Bobby Charlton, Dennis Law und George Best, aufgrund seiner langen Haare, dem guten Aussehen und seinem extravaganten Lebensstil, auch der „fünfte Beatle“ genannt. In der Saison 1971 zudem mit 18 Treffern gefährlichster Torschütze des Klubs. „Der Best war ein Zwerg, aber schnell, hatte eine Technik und war unglaublich wendig. Also überhaupt nicht mein Fall“, erinnert sich Fuchs, heute 71-jährig. Aber Trainer Kleindienst war überzeugt: „Walter, der Best ist für heute deiner.“ Der „Grimmige“, der sich noch im Jahr davor mit Heinz Schilcher und Franz Reiter unter der Trainerregie von

Gerdi Springer im Messestädte-Cup (mittlerweile UEFA-Cup) eine Abwehrschlacht gegen Arsenal London im Highbury-Stadion lieferte, war wenig begeistert: „Bei einem Freundschaftsspiel kannst auch nicht voll reingehen, aber irgendwann hab ich ihn dann am Leiberl gehalten und gebremst. Aber zugegeben, die meiste Zeit sah ich von ihm nur eines: die Nummer sieben. Seine Rückennummer.“ Und Gottfried Lamprecht, der 45 Minuten mehrmals Best als Gegenspieler hatte: „Er war ein unbritischer Fußballer, balltechnisch hervorragend. Gegen österreichische Angreifer hatte ich es wesentlich leichter …“. Manchester United gewann vor ausverkauftem Haus mit 3:0.

Dann begann mit Best und Konsorten die dritte Halbzeit. Nach dem Bankett auf Einladung des damaligen Grazer Bürgermeisters Gustav Scherbaum am Schloßberg ging es in das „Victoria Steakhouse“ von Rudi Jonas in die Einspinnergasse.

Für Jonas, einen eingefleischten United-Fan, ging damit ein Lebenstraum in Erfüllung. Es wurde ein bunter Abend.

Doch für Best war an diesem Abend erst Halbzeit. Fuchs: „Der Georgie war ein absoluter Gasgeber. Von Whiskey und Frauen konnte er nicht genug kriegen.

„Der Best war ein Zwerg, aber schnell.“ Walter Fuchs

75

Außerdem hatte er die Hosentaschen voller Geldscheine.“ Selbst Besitzer einiger Nachtlokale stammt von ihm der legendäre Spruch: „Ich habe viel Geld für Alkohol, Frauen und schnelle Autos ausgegeben, den Rest habe ich einfach verprasst.“ Der gebürtige Nordire verstarb 2005 im Alter von 59 Jahren nach einer Lebertransplantation an Multiorganversagen. Über 100.000 Menschen gaben ihm in Belfast die letzte Ehre und das Begräbnis zählt damit nach wie vor zu einem der größten in der Geschichte Großbritanniens.

Am 25. November huldigten die Fans von Manchester in der Champions-League-Partie gegen Eindhoven der unvergessenen Legende anlässlich des zehnten Todestages. Der unstete Lebenswandel des nordirischen Mittelfeldgeigers setzte sich auch in dieser Grazer Nacht fort.

Nach dem „Aufwärmen“ bei Rudi Jonas ging es weiter ins „Scotch“ von Jörg Slavnitsch nach Mariagrün, bevor der „Belfast Boy“ über den Kücheneingang des Hotel „Daniel“ in die Bettfedern trippelte. Walter Fuchs wechselt 1975 zu DSV Alpine, wo er wieder unter Gerdi Springer und zusammen mit Walter Schachner viele Erfolge feierte. Heute, nach vielen Trainerstationen, unter anderem bei Wolfsberg, kennt man ihn nach wie vor als Inbegriff des Sturmgeistes.

g

FOTOS: MANFRED LACH

Fotos: Manfred Lach

in

Gesellenst端ck

76

Wer reinkommt, ist drin.

grazIN Auftakt, Thalia, 18. November 2015 Zu große und unhandliche Teller für Schulterscherzl vom Almo und Lachsfilets, ein Stau an der Garderobe und trotz über 300 Gästen zu viele Namen, die man vergessen hat einzuladen. Ohne Frage, die Auftaktveranstaltung von grazIN in der Thalia-Bar hat-

te Luft nach oben. Viele Gäste waren auch der Meinung, schon die vermeintlich erste Ausgabe in den Händen zu halten. Die reichen wir hiermit nun nach. Für jegliches persönliches Empfinden bezüglich schlechter Akustik, zu hoher Raumtemperatur

und nicht temperierten Getränken übernimmt der Gastgeber natürlich die komplette Verantwortung. Ebenso auf die meistgestellte Frage des Abends „ob denn diese Stadt noch ein Magazin brauche“ haben wir die Antwort: unbedingt.

War leider nicht drin … … und ist hoffentlich beim nächsten Mal dabei:

Wer nicht da war: Amin Vera Andersen Daniela Andreadis Alexander Battaglia Theodora Baxa Anna Berger Walerich Berger Werner Brandner Manfred Bravc Wolfgang Dayrmina Majid Deutsch Gernot Dumpelnik Jürgen Ebner Peter Eder Angela Ennemoser Verena Fink Cornelia Fink Nils Fürnholzer Hubert Graf Walter

Haider Alexander Haiden Tanja Haider Franz Höfferer Manuel Hölbling Hannelore Janger Rene Jantscher-Schwarz Elke Just Bernhard Karner Martin Koncar Sabine Kortschak Wolfgang Koss Martin Körver Christian König Herbert Krenn Mario Kriwetz Walter Lampesberger Markus Lanzer Stephan Marotta Giovanni Messner Wolfgang (Kein Anpruch auf Vollständigkeit) 77

Muhr Barbara Neuwirth Gerhard Neuwirth Petra Pammer Gerhard Poppmaier Georg Reischl Alexandra Rossbacher Gerd Schmidt Frank Schullin Hans Schullin Annemarie Strobl Carola Sulzer Sandra Stajan Paul Sünkel Jochen Sünkel Manuela Taibinger Jakob Walcher Christian Weinberger Susanne Widmann Gerhard Wolf Christian

g

in

78

Bei so groĂ&#x;em Andrang konnten wir nicht alle Bilder im Magazin verĂśffentlichen.

Daher alle Fotos auf www.grazin.at oder auf unserer Facebook-Seite.

g

in

80

Weils auch ums Essen und Trinken geht.

446 Gösser 3 Schlossgold 489 Weiße Spritzer 380 Gin Tonic 168 Mineral 127 Cola 93 Apfelsaft

81

22 Birnennektar 104 Schaumsuppen vom Kürbis 319 Tramezzini 157 Schulterscherzl vom Almo 128 Filet von der Lachsforelle 59 Kartoffel-Gemüsegratin 256 Schokoladenmousse

g

in

FINALER STREIFZUG

FOTO: VOLKER WOHLGEMUTH

Dem allgemeinen Trend zur gesunden Volksernährung darf und kann man sich nicht mehr verschließen. Frei nach dem Motto „Verflucht gutes Obst und Gemüse“ hat nun auch diese letzte Seite somit ihre Berechtigung über die Maßen erfüllt. Bei Peter Fluch am Kaiser-Josef-Platz und am Jakominiplatz findet sich das gute und vitaminreiche Gewissen. Nicht nur steirische Birnen und Äpfel sowie Trauben aus dem Burgenland und den steirischen Hokkaidokürbis bietet die Marktstandinstitution hier feil. Auch der weiße Trüffel aus Alba und sein schwarzes Pendant aus dem französischen Perigord kommen auf die Waage.

82

exklusiv bei Carina Harbisch

Das stil- und typgerechte Shoppingerlebnis f端r exklusive Damen- und Herrenmode.

8010 Graz, Hans-Sachs-Gasse 8 www.carinaharbisch.com

84