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Krankenhausbegleitung von Menschen mit Behinderung

3.3. Neue Krankenhausbegleitungs-Richtlinie (KHB-RL) regelt medizinisch notwendige Krankenhausbegleitung von Menschen mit Behinderung

Wir möchten Sie über die neue Krankenhausbegleitungs‐Richtlinie (KHB‐Richtlinie) des Gemeinsamen Bundesausschusses informieren, die zum 1. November 2022 in Kraft treten wird.

Gesetzlicher Hintergrund und Ziel

Der Gesetzgeber hat in §44b SGB V einen Krankengeldanspruch für bei stationärer Behandlung mitaufgenommene Begleitpersonen von Menschen mit Behinderungen geregelt.

Ziel ist, dass gesetzlich krankenversicherte Begleitpersonen diesen Anspruch geltend machen können, wenn ihnen im Zusammenhang mit der aus medizinischen Gründen notwendigen Begleitung von Versicherten bei einer stationären Behandlung im Krankenhaus ein Verdienstausfall entsteht.

Wer hat Anspruch auf Begleitung?

Anspruch auf eine Begleitung haben Versicherte,

• die Leistungen der Eingliederungshilfe nach Teil 2 des SGB IX (Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen), • die Eingliederungshilfe nach §35a SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfe) oder • die Eingliederungshilfe nach §27d Abs. 1 Nr. 3 des Bundesversorgungsgesetztes (BVG) erhalten

In der Regel handelt sich hierbei um

• Menschen mit Behinderungen, die bereits im Alltag regelhaft einen Bedarf an Begleitung und Unterstützung durch eine vertraute Bezugsperson haben • Menschen mit Behinderung, die ausschließlich in bestimmten Situationen, zum Beispiel während der Krankenhausbehandlung aufgrund der besonderen Belastungssituation oder wegen der

Einbindung in ein Therapiekonzept unterstützt werden müssen.

Welches Kriterium begründet die medizinische Notwendigkeit der Mitaufnahme einer Begleitperson?

Die Einschränkung beziehungsweise Behinderung eines Menschen ist für sich allein kein begründendes Kriterium für die Mitaufnahme einer Begleitperson ins Krankenhaus. Als Kriterium gilt, wenn

• ohne eine Begleitperson die notwendige Krankenhausbehandlung nicht durchführbar ist, • ohne eine Begleitperson die Behandlungsziele nicht oder nicht im erforderlichen Ausmaß erreicht werden können oder deren

Erreichung erheblich gefährdet wäre, • die Begleitperson in das therapeutische Konzept im Krankenhaus oder für die Zeit nach der Entlassung eingebunden ist.

Anspruch

Begleitperson

• Konkretisiert werden die Kriterien in drei Fallgruppen in der Anlage zu der KHB‐Richtlinie: • Fallgruppe 1: Sie beschreibt die Kriterien im Rahmen der Kommunikation. Dazu gehört beispielsweise die mangelnde Fähigkeit, die eigene Symptomatik oder Befindlichkeiten, wie Schmerzen oder Wünsche, deuten, beschreiben oder verstehen zu können. • Fallgruppe 2: Hier werden Kriterien beschrieben, die als Verhaltensauffälligkeit bereits bestehen oder im Rahmen einer Krankenhausbelastung entstehen oder verstärkt werden und somit die Behandlung gefährden können. Dazu gehören Ängste und

Wahnvorstellungen oder aber auch sozial inadäquates Verhalten (das Werfen von Gegenständen, Weglauftendenz, Schlagen). • Fallgruppe 3: Die Kriterien umfassen das Begleitungserfordernis, um das therapeutische Konzept im Krankenhaus zu gewährleisten. Dazu gehören individuelle Lagerungs‐ und Transfervorgänge, Einweisung im Umgang mit Hilfsmitteln oder auch die Sicherstellung der Versorgung im häuslichen Umfeld nach Versorgung mit einer perkutanen endoskopischen Gastrostomie/PEG oder einer Trachealkanüle.

Die Listung ist nicht abschließend, sodass diese Regelung auch für Schädigungen und Beeinträchtigungen gilt, die sich in vergleichbarem Umfang auf die Krankenhausbehandlung auswirken und in der Anlage zur Richtlinie unter den Kriterien nicht ausdrücklich benannt sind.

Wer darf begleiten und hat Anspruch auf Krankengeld?

Bei der Begleitperson muss es sich um einen gesetzlich krankenversicherten nahen Angehörigen handeln, der Anspruch auf Krankengeld hat. Das können Eltern, Geschwister, Schwiegereltern, Lebenspartner oder Personen aus dem engsten persönlichen Umfeld sein, zu der die gleiche persönliche Bindung wie zu einem nahen Angehörigen besteht.

Ein Antrag auf Krankengeld, kann nur dann geltend gemacht werden, wenn es sich um eine ganztägige Begleitung handelt. Dabei muss die Zeit der notwendigen Anwesenheit im Krankenhaus einschließlich der Zeiten der An‐ und Abreise der Begleitperson insgesamt acht oder mehr Stunden am Tag umfassen.

Wer stellt die medizinische Notwendigkeit der Mitaufnahme einer Begleitperson fest?

1. Planbare stationäre Behandlung

Die Feststellung und Bescheinigung der medizinischen Notwendigkeit im Vorfeld einer stationären Behandlung soll durch Vertragsärztinnen/Vertragsärzte, Vertragspsychotherapeutinnen /Vertragspsychotherapeuten oder Vertragszahnärztinnen/Vertragszahnärzte erfolgen.

Die medizinische Notwendigkeit der Mitaufnahme einer Begleitperson wird auf einer Krankenhauseinweisung (Muster 2) unter Angabe mindestens eines medizinischen Kriteriums oder einer vergleichbaren Schädigung oder Beeinträchtigung ausgestellt.

Feststellung

2. Zwei‐Jahresbescheinigung

Unabhängig von einem planbaren stationären Aufenthalt kann eine Zwei‐Jahresbescheinigung ausgestellt werden. Diese formlose Bescheinigung soll dem Patienten oder der Patientin eine gewisse Sicherheit im Hinblick auf die Begleitung bei einer stationären Notaufnahme bieten.

Die Bescheinigung, die für einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren ausgestellt werden kann, muss eine Angabe zu mindestens einem Kriterium oder einer vergleichbaren Schädigung oder Beeinträchtigung enthalten.

Die Bescheinigungen können ebenfalls von allen Vertragsärztinnen/Vertragsärzten, Vertragspsychotherapeutinnen /Vertragspsychotherapeuten oder Vertragszahnärztinnen/Vertragszahnärzten ausgestellt werden.

Die abschließende Feststellung und Entscheidung über die medizinische Notwendigkeit der Mitaufnahme einer Begleitperson trifft das Krankenhaus. Grund hierfür ist, dass nur das Krankenhaus als ausführender Leistungserbringer sicher beurteilen kann, ob und in welchem Umfang sich die Schädigungen und Beeinträchtigungen des Patienten oder der Patientin auf die aktuelle Krankenhausbehandlung auswirken und in welchem zeitlichen Umfang eine Begleitung in Bezug auf die aktuelle Krankenhausbehandlung erforderlich ist.

3. Bescheinigung für die Begleitperson zur Vorlage bei der Krankenkasse bzw. Arbeitgeber

Das Krankenhaus stellt die erforderlichen Bescheinigungen für die Begleitperson aus, die diese für die Krankenkasse bzw. den

Arbeitgeber benötigt.

Weiteres Vorgehen

Der Beschluss über die Erstfassung der KHB‐Richtlinie wurde vom Bundesministerium für Gesundheit nicht beanstandet und wird zum 1. November 2022 in Kraft treten.

Nach Inkrafttreten der Richtlinie hat der Bewertungsausschuss sechs Monate Zeit, den EBM zu überprüfen und ggf. anzupassen. Erst danach kann nach der KHB-RL verfahren werden. Über die EBM-Anpassung werden wir Sie zeitnah informieren.

Die KHB-RL ist auf der Internetseite des G‐BA abrufbar (https://www.g-ba.de/richtlinien/132).

3.4. Aktualisierung des Vordruckmusters 56 (Antrag auf

Kostenübernahme für Rehabilitationssport/Funktionstraining) zum 1. Januar 2023

Hintergrund der Anpassung sind Änderungen an der Rahmenvereinbarung Rehabilitationssport und Funktionstraining der Bundesarbeitsge-

Inkrafttreten

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