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Gehirn-Training

Gehirn-Training

Zum einen müssen KI-Algorithmen klinisch validiert werden und zum anderen ist es für universitäre Forschungseinrichtungen hilfreich, Partnerschaften mit innovativen Unternehmen zu schließen. In München profitieren das KI-Start-up deepc und das Klinikum rechts der Isar gegenseitig sowohl von der räumlichen Nähe zueinander als auch wegen des Know-hows.

Das Münchener MedTech Start-up deepc und die Abteilung für Neuroradiologie am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München starteten 2019 im Rahmen des vom Zentrum Digitalisierung Bayern geförderten Konsortialforschungsprojekts die Zusammenarbeit im Bereich der entscheidungsunterstützenden Anwendung von Künstlicher Intelligenz bei der Befundung von CT/MRT-Bildgebung des Gehirns. Mittlerweile liegen erste Studienergebnisse dazu vor. Guido Gebhardt sprach mit PD Dr. Benedikt Wiestler, Oberarzt am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München, und Dr. Franz Pfister, Mediziner, Datenwissenschaftler und CEO von deepc, über die Zusammenarbeit und Chancen beziehungsweise Unsicherheiten bei KI-Anwendungen in der Radiologie.

Welche Erleichterung für den Radiologen versprachen Sie sich aus dem gemeinsamen KI-Projekt?

Dr. Benedikt Wiestler: Bei CT/MRT-Aufnahmen des Gehirns liegen uns zum Teil über 1.000 Einzelbilder vor, die man immer – auch nachts – in gleichbleibend hoher Qualität sichten und befunden muss. Wir wollten gemeinsam mit deepc untersuchen, wie wir den radiologischen Workflow hinsichtlich Sicherheit und Effizienz signifikant verbessern können.

Wie haben Sie angefangen? Welche Vorbereitungen waren zu treffen?

Dr. Franz Pfister: In zahlreichen Gesprächen mit Radiologen und Radiologinnen fanden wir heraus, dass bisherige KISoftware zwar vielversprechend ist, aber immer nur kleine Teilprobleme des gesamten Workflows löst. KI ist heutzutage so trainiert, dass lediglich bestimmte pathologische Befunde wie zum Beispiel eine Gehirnblutung erkannt werden können. Hier kam uns gemeinsam die Idee, dass wir die KI so trainieren, dass sie anstelle von Pathologien den Normalbefund lernt.

Wie funktioniert so ein KI-Training und was ist der Nutzen für den Radiologen?

Dr. Franz Pfister: Unsere cloudbasierte KISoftware baut auf über 10.000 anonymisierten Bildern auf, mit denen wir unser System, natürlich datenschutzkonform, gespeist haben. Die KI hat nach vielen Iterationen gelernt, auffällige von unauffälligen CT/MRT-Befunden zu unterscheiden. Dem Radiologen werden die Auffälligkeiten farblich markiert angezeigt. Gleichzeitig können wir mit hoher Sicherheit einen Normalbefund erkennen. Dies beschleunigt die Befundung, minimiert die Fehlerquote und erhöht gleichzeitig die Patientensicherheit.

PD Dr. Benedikt Wiestler und Dr. med. Franz Pfister sind überzeugt davon, dass Radiologen, die KI in ihren Arbeitsablauf einbringen, produktiver und effizienter arbeiten können als bisher, und damit mehr Zeit für komplexe Fälle und den Patienten bleibt.

Bild © deepc

Und der Radiologe ist damit nicht mehr notwendig?

Dr. Benedikt Wiestler (lacht): Ja, wir kennen alle diese Prognosen, dass durch KI bald keine Radiologen mehr gebraucht werden. Das sehe ich ganz und gar nicht. Durch die KI-Unterstützung konnte ich mich intensiver mit den auffälligen Befunden beschäftigen. Die Diagnose stellt nicht die KI, sondern der Arzt. Dennoch ein beruhigendes Gefühl, zu wissen, dass Fehlerquoten wirklich reduziert werden und man quasi eine Zweitmeinung ohne großen Aufwand erhält.

Welche technischen Voraussetzungen braucht es dafür?

Dr. Franz Pfister: Da unsere Plattform cloudbasiert und für die Integration verschiedenster KI-, Software- und anderer digitaler Anwendungen entwickelt ist, ist lediglich eine einmalige und einfache Integration in bereits bestehende Kliniksysteme nötig. Wir erfüllen alle regulatorischen Voraussetzungen gemäß MDR und DSGVO und sind zertifiziert. Ich weiß, dass insbesondere Kliniken gegenüber KI und Datenschutzaspekten heute noch gewisse Vorbehalte haben. Wir nehmen diese Ängste sehr ernst und hoffen natürlich, dass wir mit solchen gemeinsamen Projekten wie dieses mit dem Klinikum rechts der Isar und auch mit anderen derzeit in weiteren Kliniken laufenden Piloten größeres Vertrauen bei Ärzten und IT-Abteilungen schaffen können.

Sie erwähnten eine gemeinsame Studie?

Dr. Benedikt Wiestler: Ja, wir freuen uns sehr, dass unsere Studienergebnisse zur Veröffentlichung in Investigative Radiology angenommen wurden. Wir haben im klinischen Setting die KI auf Herz und Nieren getestet und die Resultate sind sehr vielversprechend. Die Veröffentlichung wird nun in den nächsten Wochen erfolgen, so dass wir an dieser Stelle noch nicht ins Detail gehen können. Wir sind aber sehr stolz über das Ergebnis dieser Kooperation und Entwicklung zwischen unserer AG Computational Imaging und deepc. Die Motivation, hier intensiv weiter zusammen zu arbeiten, ist sehr hoch.

Dr. Franz Pfister: Im Rahmen des Krankenhauszukunftsgesetzes (KHZG) werden digitale Systeme zur ärztlichen Entscheidungsunterstützung übrigens finanziell gefördert. Wir erfüllen hierbei 100 Prozent aller zu erfüllenden Förderungskriterien, was uns natürlich freut.

www.deepc.ai

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