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Expedition ins Innerste

religio.

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DREI KIRCHEN SIND TEIL DER INSELTEXTUR und bilden doch Gegenwelten zum Stadt- und Strandleben. Weithin sichtbar repräsentieren sie die gewachsenen Kirchengemeinden der Insel. Und sie stehen auch dafür, dass Freiräume wie Urlaub für viele Menschen spirituelle Dimensionen haben.

Inselkirche Stella Maris. „Freuen sollen sich die Inseln, es juble die Erde!“, lautet die im Original lateinische Inschrift auf dem Altarbild der „Stella Maris“

Die heutige Nutzung des Wortes Religion entspricht nicht dem ursprünglichen Sinn des lateinischen Wortes. „religio“ bedeutet ursprünglich so viel wie „gewissenhafte Betrachtung“. Eine erweiterte Bedeutung beschreibt die „erneute Verbindung“ zu etwas, zu dem wir Nähe verloren haben. Wahrscheinlich haben die meisten von uns auf ihren Lebenswegen Nähe verloren – zur Natur, zu Anderen, zu sich. Genau diese Verbindungen suchen und fi nden viele Menschen auf Norderney.

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Die überwiegende Mehrheit der Norderneyer sind Protestanten. Dennoch fi nden sich auf der Insel zwei katholische Kirchen – auch für die Urlaubsgäste aus vielfach katholisch geprägten Regionen wie Westfalen oder etwa dem Bistum Köln. Im Ortszentrum neben dem Denkmal liegt die Kirche St. Ludgerus. Die neogotische Saalkirche von 1883 / 84 bietet seit einer Umgestaltung ihres Inneren klare Linien, Transparenz, Licht und Raum für 80 Menschen. Die puristisch-sachliche Gestaltung spiegelt die Frage, inwieweit der liturgische Ort Begegnungsstätte sein möchte – auch für Menschen, die sich nicht als religiös erleben, die aber auf der Insel (wieder) Fragen zur „gewissenhaften Betrachtung“ in sich hören. St. Ludgerus und die übrigen Inselkirchen öffnen ihre Türen zu Gottesdiensten, Meditationen und Veranstaltungen wie „Singen und Segen“ oder dem „Spirituellen Abendspaziergang“. Jeder Mensch ist eingeladen, dort für sich Inspiration und Nähe zur Natur, zum Meer oder sich selbst zu fi nden.

Die ursprünglich als Sommerkirche von St. Ludgerus erbaute Kirche Stella Maris mit 700 Plätzen ist das größte katholische Gotteshaus Ostfrieslands. Der 1931 errichtete Flachdachkubus trug den steigenden Gästezahlen Rechnung. Ein freistehendes Holzkreuz kennzeichnet das weiße Gebäude im Stil der Neuen Sachlichkeit als Kirche. Stella Maris ist als „Kirche am Weg“ konzipiert. Ein Fußweg aus inseltypisch rotem Straßenpfl asterstein setzt sich im Gebäude bis zum Altar fort. Das den Altar krönende Ölgemälde zeigt die Insel Norderney und ihren Leuchtturm. „Freuen sollen sich die Inseln, es juble die Erde!“ lautet die lateinische Inschrift in dessen Lichtstrahlen.

Im Zentrum der Insel steht ihr ältestes Gotteshaus, die evangelisch-lutherische Inselkirche von 1420. Der neugotische Backsteinbau wurde wiederholt umgestaltet und erweitert. Das Gebäude von 1879 hat bis heute Bestand. Die unkonventionelle Farbgebung des Kirchenschiffes in Rot und Weiß stammt aus dem Jahr 1970. Unter der Decke hängende Votivschiffe betonen die maritime Seele Norderneys. Bis ins 19. Jahrhundert hinein war es in Küstenkirchen je nach gesellschaftlichem Stand Usus, seine Dankbarkeit etwa für eine Rettung aus Seenot durch die Stiftung detailgetreuer Schiffe auszudrücken.

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