Magazin GARCON - Essen, Trinken, Lebensart Nr. 26

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Berliner Brandstifter Dry Gin 100 % Berlin Spirit Hat Berlin einen besonderen Geschmack? Hat es einen Duft? Laut Vincent Honrodt, dem Kopf hinter dem Berliner Brandstifter, eine Frage, die klar mit einem Ja zu beantworten ist: „Unser Gin ist auf einer Wiese entstanden. Nach einer typisch ereignisreichen Berliner Nacht saß ich mit einem guten Freund beisammen, die Sonne kam durch, reflektierte auf dem Tau des Grases und es lag dieser frische, blumig-grasige Duft in der Luft. Das alles — den Duft und die Essenz dieser Nacht und des Morgens — wollte ich in ein Glas bringen. Ein Western Dry Gin mit typischen Berliner Botanicals erschien mir ideal dafür.“ Honrodt, der bereits sehr erfolgreich mit seinem Berliner Brandstifter Korn in Deutschlands Premium-Gastronomie ver-

treten ist, fand schnell viel Anklang mit seiner Idee: „Jedem, dem ich von dem Projekt erzählte, war begeistert, daher haben wir uns entschlossen, die Kraft der ‚Crowd‘ zu nutzen, um es zum Leben zu erwecken.“ Auf der Crowdfunding-Plattform Startnext wurde innerhalb kürzester Zeit das nötige Startkapital gesammelt und nun ist er da: Der Berliner Brandstifter Gin.

plex. Tester betonen seine Milde und die Tatsache, dass er auch pur besonders gut zu trinken ist. Die für die zugesetzten Botanicals verwendeten Pflanzen werden ausschließlich auf Berliner Ackerland unter Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen ökologischer Produktion angebaut und von Hand gepflückt. Als Anbaufläche wird Naturland Acker von Speisegut in Berlin genutzt.

Basis ist, wie beim Korn, ein besonders hochwertiges, siebenfach gefiltertes Weizendestillat. Die Grundnote bildet der für den Dry Gin charakteristische Wacholder.

Aufgrund der begrenzten Erntemenge ist die Produktion auf 9.999 Flaschen pro Jahr begrenzt. Die Produktion umfasst die Filterung der unterschiedlichen Essenzen bis hin zur Abfüllung per Hand mit reinem Berliner Quellwasser. Jede Flasche Berliner Brandstifter Dry Gin von Berliner Brandstifter wird einzeln per Hand nummeriert.

Der eigenständige Charakter des Berliner Brandstifter Gins wird erzielt durch typische Berliner Anklänge von Holunderblüten, frischen Gurken, Malvenblüten und Waldmeister. Er schmeckt fruchtig, leicht floral, aber trotzdem kom-

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Köche sind eben auch nur Menschen. Vor allem, wenn sie eigene Restaurants betreiben, suchen sie seit jeher Möglichkeiten der Einkommensverbesserung. Die meisten stehen dafür „außer Haus“ am Herd, ihre bekannteren Kollegen schreiben Kochbücher, und einige schaffen es sogar ins Fernsehen und danach in die Werbung. Dann rollt natürlich der Rubel richtig. Warum eigentlich, frage ich mich, machen die wenigsten das, was sie eigentlich am besten können müssten — Lebensmittel produzieren. Ich meine solche, die nicht auf Tellern in ihren Restaurants, sondern in Dosen, Gläsern und Flaschen landen. Kulinarische Devotionalien für ihre Gäste sozusagen, zum Verzehr daheim. Das jedenfalls kam mir in den Sinn, als ich die Nachricht las, dass der Ex-Berliner Küchenchef Johannes King in Keitum auf Sylt einen Feinkostladen eröffnet hat. Das Wort „Nachricht“ ist natürlich ein bisschen untertrieben, in Wirklichkeit war es — wie bei Sterneköchen heute üblich — eine von Werbeprofis wohl formulierte Pressemitteilung. Sei´s drum, klappern gehört auch zum Küchenhandwerk. Um zum Thema zurückzukommen: Also King, Jahrgang 1963 und seit dem Sommer 2000 Sternekoch im Sylter Söl´ring Hof, verkauft nun seine Lieblingslebensmittel im eigenen Laden. Die meisten hat er selbst hergestellt, einige bezieht er von befreundeten

Händlern.

Aus

der Sterneküche stammen beispielsweise

ein

Rosengelee,

ausgefallene Essige, besondere Saucen und verrückte Trüffel. Dazu kommen rote Polenta aus der Toskana, englischer StilSylter Genuss-Welt: Sternekoch und Feinkosthändler Johannes King mit Partnerin Selina Müller.

ton von Fortnum & Masons, Armagnac, Madeira, Champagner und Wein. Eine Verkostungsthe-

ke und ein Lieferservice ergänzen das erlesene Angebot. Wäre so etwas nicht auch in Berlin möglich? Zum Beispiel: Chili-Paprika-Öl von Sebastian Frank, Erdbeersalat von Marco Müller, Kalbsfond von Thomas Kammeier, Knurrhahnbourride von Christian Lohse, Ochsenherztomatensuppe von Michael Kempf, Quittengelee von Tim Raue, Sauergemüse von Michael Hoffmann usw. — Motto: „Sterne im Glas“. Vielleicht nimmt sich ja ein mutiger Berliner Feinkosthändler der Sache an und bestückt ein Regal mit dem, was Sterneköche ohnehin oder exklusiv für ihn produzieren. Und vielleicht kommen wir Berliner ja so auch zu Johannes Kings formidablem Rosengelee, ohne dafür gleich nach Sylt fahren zu müssen.

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MISE EN PLACE


INHALT MISE EN PLACE TITEL Berliner Feinkost Teil 1: Aus aller Herren Länder

Zollhaus: Heimatküche in Kreuzberg. 24 Altes

Feinkost: Aus aller Herren Länder. 08 Berliner

KOPFSALAT

LOKALTERMIN „Neues“ Zollhaus

Charles Rocher

24

52

Monsieur Galette

Günter Beyers Heimatküche in Berlin-Kreuzberg

Gerhard Retter Palace Berlin

33

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Rückkehr nach Berlin

So sehen Sieger aus:

GESCHMACKSSACHEN

Der General Manager Michael Frenzel Die Pâtissièren Karina Appeldorn

Salz: Worauf Köche schwören...

und Sabrina Schanz

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Notizen zu einer kulinarischen Umfrage

Big Bottle Party

40

Große Weine — große Küche

Spargelzeit 2013

Impressionen eines Gourmetfestes

Impressionen aus dem Beelitzer Revier

64

Interview mit dem Gastronomen

a.choice

44

Peter Frühsammer

Fine Dining im andel´s Hotel Berlin

Grüner wird´s nicht Next Organic Neue Messe in Tempelhof

6

GARÇON

50

Auf der Suche nach Vita: Palace-Pâtissièren. 33 LaDieDolce

der Frankfurter Grie Soß

72


in Austria: Kulinarische Entdeckungen zwischen Bregenz und Graz. 94 Made

WEINLESE Nordwein

78

Stuart Pigott — Winzer in Brandenburg

BOUQUET GARNI Nachrichten und Neuigkeiten

83

KULINARISCHE EXKURSION Bayern

wird s nicht: 72 Grüner Auf der Suche nach der Grie Soß.

86

Himmlische Gefühle oder:

...und was wir nicht haben, vermissen Sie nicht!

Regensburger Wurschtologie

Österreich

Alles für Jeden: Profi- oder Hobbykoch.

94

Kulinarische Entdeckungen zwischen Bregenz und Graz / Teil 1

RUBRIKEN Fuhrmanns Früchtekorb

104

Morcheln

Marktnischen

107

Gastroquiz

112

Impressum

113

64

Spargelzeit 2013: Impressionen aus dem Beelitzer Anbaugebiet

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TITEL Berliner Feinkost

BERLINER TEIL 1: AUS ALLER HERREN LÄNDER

VON UWE AHRENS, JÖRG TEUSCHER UND THORSTEN TONSKI

Feinkost braucht Feinschmecker, und die waren in Berlin auch früher schon eine überschaubare Spezies. Genuss, das passte nicht so recht in die Preußenhauptstadt. Das Ideal war die große Portion — am besten Kartoffeln, Fleisch und Soße.

Der Handel trug dem Rechnung. Zwar gab es auch in Berlin dutzende Kolonialwarenläden, die überseeische Lebensmittel anboten — Kaffee, Kakao, Gewürze, Reis und Tee vor allem — aber Feinkost? August Friedrich Wilhelm Borchardt war es schließlich,

der 1903 internationale Esskultur nach Berlin brachte. In seinem Delikatessengeschäft gab es jenen Hauch von kulinarischer Exotik, den London und Paris längst kannten. Wer heutzutage in Berlin „Feinkost“ sagt, meint das KaDeWe.


FEINKOST 34.000 Produkte auf 7.000 Quadratmetern, 3.400 Weine, 500 Meter Fisch-, Fleisch-, Käse-, Wurst- und Schinkentheken, das wahrscheinlich spektakulärste Delikatessenangebot Europas. Oder die Galeries Lafayette. 1.400 Weine, 100 Champag-

ner-, 250 Käsesorten, Charolais-Rind, Limousin-Kalb, Bresse-Geflügel und was Frankreichs Regionen kulinarisch sonst noch zu bieten haben. Hinzu kommen solche Lebensmittelspezialisten wie das Centro Italia und Mitte Meer. Aber — die Stadt hat

auch Platz für kleine, inhabergeführte Geschäfte, die sich mit großem Wissen um ihr Sortiment kümmern und echte Einkaufserlebnisse bieten. Einige dieser guten Adressen wollen wir Ihnen vorstellen. Heute Teil 1: Feinkost aus aller Herren Länder.


TITEL Berliner Feinkost

Inhaberin Ania Bogocz.

Lehrling in Mutters Geschäft: Hartwig Bogocz.

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Berliner Feinkost TITEL

Tante Emma auf polnisch? Ganz einfach, Ania Bogocz. Nur eben, dass die 46-jährige Polin so gar nichts mit der Ladenbesitzerin meiner Kindheit gemeinsam hat. Jene Frau Tutschnig trug Kittelschürze, war wortkarg und besserwisserisch und in meiner Erinnerung auch sonst keine Händlerin, die ihren Kunden Wünsche erfüllen wollte. Musste sie auch nicht, weil sie den Lebensmittelmarkt in meiner Heimatstadt beherrschte. Auch Ania Bogocz hat mit ihrem polnischen Spezialitätengeschäft wenig Konkurrenz in Berlin, dennoch ist sie ein Paradebeispiel für Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft, und zu ihrem gepflegten Äußeren kommt die ausgeprägte Fähigkeit der Kundenkommunikation. Ania Bogocz stammt aus einem kleinen Ort in der Nähe von Poznán und lebt seit 24 Jahren in Berlin. 2007 eröffnete sie im Buckower Kiez — eigentlich j.w.d. im Berliner Süden — ihren, wie sie selbst sagt, „Polenladen“. Kunden sind allerdings längst nicht mehr nur in Berlin lebende Polen, auch Deutsche schätzen ihr Lebensmittelangebot, das Ania Bogocz zum größten Teil selbst aus dem Nachbarland importiert. Brot und Gemüse kommen zweimal die Woche frisch, ebenso die berühmten polnischen Wurstsorten und der Eichen-Rauchschinken. In den Regalen stehen Gläser mit Bio-Gurken, süß-saurem Spargel, Roten Beten und feinem SauerampferMus, ein kulinarischer Geheimtipp. Es gibt polnischen Wodka, polnische Torten, Käse, Konfekt, Marmeladen, Piroggen, Polskie delikatesy eben.

POLNISCHE SPEZIALITÄTEN Schlierbacher Weg 7-9 12349 Berlin-Buckow Tel. 030 - 80 61 77 09 www.polnische-feinkost-spezialitäten.de

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TITEL Berliner Feinkost

Inhaberin Iris Holborn.

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Berliner Feinkost TITEL

Die Sonne scheint, Iris Holborn steht mit rot-weißer Schürze vor ihrem Charlottenburger Laden. Blonde Schüttelfrisur, braune Augen und ein Lächeln, das selbst den stumpfsinnigsten Zeitgenossen fröhlich macht. Eine Kärntnerin in Berlin. Im Februar 1988 kam die gelernte Hotel- und Gaststättenassistentin aus dem idyllischen Maltatal in die laute Hauptstadt und suchte nach einer Marktnische. Caféhaus wäre in Frage gekommen, Reisebüro möglicherweise auch, Skischule eher weniger. Doch die Sehnsucht führte ihre Gedanken, die Sehnsucht nach der Extrawurst. Und weil sie ohne die Kärntner Delikatesse eigentlich nicht leben kann, beschloss Iris Holborn, sie nach Berlin zu holen. Mit der Vermutung, dass es anderen Österreichern — was die Sehnsucht betrifft — ebenso geht, lag sie richtig. Zu den Extrawürsten kamen Karreespeck, Käsekrainer und Landjäger. Es folgten Firn-Bonbons und MannerSchnitten, Bio-Bergkäse, und MeinlKaffee, Kürbiskernöl, Estragonsenf, Fischerbrösel, Fleckerlnudeln und noch etliche Dutzend andere Alpenland Spezialitäten. Das alles verkauft Iris Holborn in ihrem Charlottenburger Mini-Laden, den sie — nomen est omen — Feines aus Österreich nannte. Deshalb heißen die Bohnen hier auch Fisolen und Wacholderbeeren Kranewitten. Nimmermüde erklärt Iris Holborn den Charlottenburgern die österreichische Küchensprache. Dann greift sie zur Extrawurstsemmel und verschwindet in ihrer Küche. Letzter Kommentar: „Das passt schon.“

FEINES AUS ÖSTERREICH Leonhardtstraße 11 14057 Berlin-Charlottenburg Tel. 030 - 31 01 68 20 ohne Internetauftritt

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TITEL Berliner Feinkost

Inhaberin Heike Kaschny und ihr Partner Luc Wolff.

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Berliner Feinkost TITEL

Vor gut einem Jahr testete sich die Tagesspiegel-Probierrunde um Vorkoster Thomas Platt durch 18 industriell oder manufakturell hergestellte, also fix und fertige Mayonnaisen aus dem Berliner Handel (Der Tagesspiegel, 8.Juni 2012). Als sie das Ergebnis lasen, staunten Heike Kaschny und Luc Wolff nicht schlecht. Neben den französischen Marken „Amora“ und „Maille“ aus den Galeries Lafayette machte ihre „Mayonnaise De Luxembourg Aux Œufs“ die beste Figur. State of the Art also. Das gilt uneingeschränkt auch für ihr Bistro mit angeschlossenem Feinkosthandel. Ende 2006 eröffneten die Berlinerin und der Luxemburger den kleinen Laden in guter Charlottenburger Lage. Namensgeber war die Maufel, eine fleischgefüllte Pastete mit einer Art Auge aus Weingelee. Die gibt es immer noch, handgemacht und genauso perfekt wie etwa in Differdange, Echternach oder Troisvierges. Dazu servieren die beiden Happen und Häppchen, Suppen und Süppchen, Kuchen und Küchlein, kulinarische Grüße aus dem ländlichen Luxemburg und so lecker, dass der Gault Millau auch in diesem Jahr wieder 14 Punkte locker machte. Dass die Regale ringsum mit Feinkost gefüllt sind, die in Berlin Seltenheitswert hat, gehört zum Wohlfühlflair des kleinen Ladens. Es gibt im De Maufel Butter, Essig, Gewürze, Honig, Marmelade, Nudeln, Öl, Senf, Schokolade aus der renommierten Luxemburger Konditorei Oberweis und natürlich das berühmte Quetschekraut, zu deutsch Pflaumenmarmelade.

DE MAUFEL Leonhardtstraße 13 14057 Berlin-Charlottenburg Tel. 030 - 31 00 43 99 www.de-maufel.com

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TITEL Berliner Feinkost

Inhaber Matthias Kaiser.

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Berliner Feinkost TITEL

Kulinarisch gesehen ist die Schweiz in Berlin total unterrepräsentiert. Sicher, es gibt da und dort Berner Rösti und Zürcher Geschnetzeltes, auch an Appenzeller Käse und Bündner Fleisch herrscht kein Mangel, dann allerdings wird`s dünn. Das sahen auch Matthias Kaiser und Chris Fankhauser, gelernte Einzelhandelskaufleute und der Schweiz intensiv verbunden — Fankhauser als gebürtiger Eidgenosse, Kaiser mit jahrelangem Wohnsitz in Zürich. Der Idee, den Mangel zu beheben, folgte die Suche nach einem geeigneten Laden — dem Erfolg Renovierung und Namensfindung. Ende Februar 2012 hissten die beiden dann im Wilmersdorfer Kiez die Fahne mit dem weißen Kreuz, sagten „Grüezi mitanand“ und eröffneten ihr „Chuchichäschtli“, das ist Schwizerdütsch und heißt kleiner Küchenschrank. Während Matthias Kaiser in Berlin die Stellung hält, sorgt sein Partner Chris Fankhauser vom heimatlichen Zürich aus für Nachschub. Und den braucht`s kräftig, denn der kleine Laden ist für Original- und Urlaubsschweizer schon nach kurzer Zeit zu einer festen Größe geworden. Die einen finden hier ihr heimatliches Bier oder die in Deutschland unbekannte Vermicelles-Presse, ein Küchenwerkzeug zur Herstellung einer Süßspeise aus pürierten Esskastanien in Spaghettiform. Die anderen entscheiden sich für die türkisfarbene Toblerone oder eben erstmal für ein Wörterbuch Deutsch-Schwizerdütsch. Also dann: Uf wiederluege im Chuchichäschtli.

CHUCHICHÄSCHTLI Holsteinische Straße 19 10717 Berlin-Wilmersdorf Tel. 030 - 53 67 72 20 www.chuchichäschtli.eu

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TITEL Berliner Feinkost

Geschäftsführer Oliver Pleli.

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Berliner Feinkost TITEL

Berlin-Palma und zurück. Wenn dafür keine Zeit ist, fahren Sie ins Bötzowviertel nach Prenzlauer Berg, besuchen das Delikatessengeschäft La Mallorteca und setzen sich auf die blaue Bank. Ein Glas Rotwein aus Binissalem, die Augen schließen — und schon ist es da, dieses wunderbare Mallorca-Feeling. Genauso hatte es sich Franziska Hohmann vorgestellt, als sie vor anderthalb Jahren ihren kleinen Laden in Prenzlauer Berg eröffnete. Und die 35-jährige Hessin aus Frankfurt am Main, die eigentlich aus der Werbebranche kommt, lag mit ihrem Feinkost-Konzept genau richtig. Die Kunden kommen längst nicht mehr nur aus dem Kiez, um Flor de Sal, Kapernäpfel, Olivenöl, Orangenmarmelade, Mandellikör, Wein oder den berühmten Rico-Kaffee zu kaufen. Sie reisen auch schon mal aus Spandau oder sogar Hamburg an. Zum Angebot gehören frische Backwaren, die in Berlin nach mallorquinischen Rezepturen hergestellt werden sowie fleischige Spezialitäten — Chorizo, Manchego, Serrano und die unvermeidliche balearische Nationalwurst Sobrasada, die aus dem Fleisch schwarzer Schweine hergestellt und mit dem scharfen Paprikapulver aus runden roten Mallorca-Schoten gewürzt wird. Und natürlich Oliven, pikant eingelegt oder als Konfitüre. Den Einkauf erledigt Franziska Hohmann regelmäßig vor Ort — ohne deutsche Zwischenhändler. Dann vertritt sie ihr Mitstreiter Oliver Pleli im Laden, ebenso unsterblich in die Baleareninsel mit den vielen Gesichtern verliebt wie Franziska Hohmann.

LA MALLORTECA Bötzowstraße 28 10407 Berlin-Prenzlauer Berg Tel. 030 - 41 72 11 38 www.lamallorteca.com

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TITEL Berliner Feinkost

Inhaberin Dale Carr.

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Berliner Feinkost TITEL

Was eigentlich ist — kulinarisch gesehen — very british oder typisch englisch? Die Tatsache, dass das Essen auf der Insel oft geschmacklos und eintönig ist, dass das Gemüse zerkocht und Olivenöl zur Autopflege verwendet wird? Dale Carr, 60, Inhaberin der drei Broken-English-Geschäfte in Kreuzberg, Charlottenburg und Steglitz verliert über soviel Ignoranz beinahe die Contenance: „Das war vielleicht vor 50 Jahren so, inzwischen interessieren sich die Engländer längst für sorgfältig zubereitetes Essen und werden zunehmend sensibler, was dessen Qualität betrifft.“ Wir besuchten die Feinkosthändlerin an einem Tag, der so gar nicht für lange Gespräche geeignet war. Dale Carr hatte Ware bekommen, mehrere Paletten mit Kartons, direkt aus England. Sie und ihr Mann Robin waren mit Auspacken und Einräumen beschäftigt. Da kamen Gläser zum Vorschein: Lemon Curd, ein weicher, dicker, leuchtend gelber Brotaufstrich mit herbsüßem Geschmack; Boddington`s Berries, die wahrscheinlich beste Erdbeermarmelade der Welt; Clotted Cream, die einzig wahre Begleitung aller Scones, der kleinen Kuchen aus Mehl, Buttermilch und Backpulver. Cheddar Cheese, der kräftige Käse aus Englands Südwesten, kommt in den Kühlschrank; dutzende Teesorten, Corned-Beef-Dosen, Real-AleFlaschen werden in den Regalen verstaut. Dale Carr zeigt uns eine Flasche Rochester Ginger. „Das ist Ingwer mit Holunderblüte“, erklärt sie, „das verkaufen wir dumm und dusslig.“

BROKEN ENGLISH Körtestraße 10 10967 Berlin-Kreuzberg Tel. 030 - 691 12 27 www.brokenenglish.de

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TITEL Berliner Feinkost

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Berliner Feinkost TITEL

Geschäftsleiter Cù Hũu Viêt.

Die Deutschen, die das Dong Xuan Center kennen, nennen es Klein-Hanoi. Damit beschreiben sie zutreffend, dass es nirgendwo in Berlin vietnamesischer zugeht als auf diesem vietnamesischen Großmarkt. Gegründet wurde das Center 1996 in Marzahn, neun Jahre später zog es an seinen heutigen Standort. Aus drei Hallen wurden sechs, weitere sollen folgen. Längerfristig, so hört man, ist hier eine moderne Asiatown mit Hotels, Restaurants und sogar einer Pagode geplant. Spätestens dann wird es statt des pfützenübersäten Parkplatzes sicher asphaltierte Halteboxen für Touristenbusse geben, denn eine Attraktion ist das Center mit seiner asiatischen Warenwelt schon heute. Wir fragen uns zur Halle 3 und betreten das Achau24. „Alles, was Du kulinarisch brauchst aus Asien“, übersetzt Cù Hũu Viêt den Namen, „über 3.000 Produkte.“ Cù, der als 19-Jähriger 1995 nach Deutschland kam, um Informatik zu studieren, dann aber doch im Handel seine Berufung entdeckte und ins Dong Xuan Center ging, leitet seit 2005 das Achau24. Er zeigt uns Reisnudeln in allen nur denkbaren Varianten, Fischsaucen von zwanzig verschiedenen Produzenten, Bananenblüten, Klebreis, Schichtkuchen sowie Dutzende exotische Obst- und Gemüsesorten, die auch Berliner Kunden gern kaufen. An der Fleischtheke allerdings ist die Asia-Community meist unter sich. Hühnerfüße und Schweineohren gelten selbst unter Deutschen, die die asiatische Küche lieben, mindestens als gewöhnungsbedürftig.

ACHAU24 Herzbergstraße 128-139 10365 Berlin-Lichtenberg Tel. 030 - 55 49 17 53 www.achau24.de

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LOKALTERMIN Altes Zollhaus

Herbert Beltle ist ein Mann der Konstanten. Wer den Gastronomen lange kennt, weiß das. Fixe Ideen sind nicht sein Ding. Rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln und das binnen Wochenfrist, über solche Art Gastronomie kann Beltle nur müde lächeln. Über schnelle Entscheidungen allerdings nicht. „Ich fuhr mit dem Auto nach Hause nach Moabit und dachte über das Zollhaus und dessen Zukunft nach. Verpachtung? Erneuerung? Etwa in Höhe des Brandenburger Tores fasste ich einen Entschluss, rief meine Architektin Heide Hagen an und schon am nächsten Morgen machten wir uns an die Arbeit.“ Das Ergebnis ist bekannt. Beltle verpasste seinem „Stammhaus“ eine behutsame Runderneuerung — sowohl was das Ambiente als auch die Speisenkarte betrifft. Mit dem wichtigsten Grund dafür hielt er ebenfalls nicht hinterm Berg: „Es gab schon eine gewisse Not, denn die Umsätze gingen zurück, zwar nicht dramatisch, aber dennoch.“

NEUES HEIMATKÜCHE IN BERLIN-KREUZBERG VON MARC STEYER

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Altes Zollhaus LOKALTERMIN

ZOLLHAUS GARÇON

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LOKALTERMIN Altes Zollhaus

In Gedanken: Inhaber Herbert Beltle.

Natürlich wirkt das Wort „Not“ aus Herbert Beltles Mund — na, sagen wir mal — eigenartig, aber sei´s drum. Der Mann ist schließlich Schwabe. In kurzer Zeit jedenfalls wurde umgebaut. Die in die Jahre gekommene barocke Gemütlichkeit wich einer zeitgemäßeren Form — klar, warm und wohnlich, in angesagten hellen Farben, geschickt arrangiert, mit neuen Bildern und allerlei abgefahrenen Details. An den Wänden Jugendstilkacheln aus Brandenburg, eine lange Bank aus heller Eiche und als Blickfang ein Tisch, meterlang und von einer kleinen Berliner Schreinerei aus einem einzigen alten Baum gefertigt. Wohlfühlatmosphäre pur. Die Wirkung des Relaunchs ist vor allem deshalb frappierend, weil die Neuerungen so leise daherkommen. „Eigentlich sieht man sie erst auf den zweiten Blick“, so ein Stammgast. Deutlicher wird da schon die Modernisierung des kulinarischen Konzepts.

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Altes Zollhaus LOKALTERMIN

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lokaltermin Altes Zollhaus

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Altes Zollhaus LOKALTERMIN

In guten Händen: Die Zollhaus-Küche unter Günter Beyers Leitung, re.

„Mit unserer konsequent Berlin-Brandenburger Küche wollen wir ein Zeichen setzen“, so Beltle. Das ist der Zollhaus-Mannschaft schon mit der ersten Speisenkarte gelungen. Leipziger Allerlei, Gebackenes Kalbsbries, Tellersülze vom Landhuhn, Berliner Bollenfleisch, Königsberger Klopse und die anderen Gerichte-Klassiker sind kulinarisches „Fach-Werk“ im besten Sinne. Haute Hausmannskost, handwerklich perfekt, alles andere als provinziell, dass heißt, mit jenem Kick versehen, der beim Gast Zufriedenheit erzeugt. Hochgefühle schließlich kommen auf, wenn Restaurantleiterin und Sommeliere Christiane Dutschmann, seit anderthalb Jahren im Zollhaus, Aal grün mit Gurken-Schmand-Salat serviert. So schlicht es klingt, das ist schon großes kulinarisches Kino. Und das behagliche und dennoch klare Ambiente doppelt den Genuss.

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LOKALTERMIN Altes Zollhaus

Verantwortlich dafür sind Günter Beyer und seine Brigade. Vor 25 Jahren übernahm Beltle das Alte Zollhaus, seit 18 Jahren ist der Mann aus Bad Kissingen dessen Küchenchef. Seitdem hat er schätzungsweise 40.000 Brandenburger Bauernenten ins Rohr geschoben und 100.000 Portionen Katalanische Creme zubereitet. Doch nicht deshalb, sondern weil beide Gerichte zum Zollhaus gehören, wie das Amen zur Kirche, bleiben sie auf Beyers Speisenkarte. Konstanten haben eben schon etwas für sich, Überraschungen gibt es im gastronomischen Leben schließlich genug.

ALTES ZOLLHAUS Carl-Herz-Ufer 30 10961 Berlin-Kreuzberg Tel. 030 - 692 33 00 www.altes-zollhaus-berlin.de

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Altes Zollhaus LOKALTERMIN

In Action: Restaurantleiterin Christiane Dutschmann.

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Restaurant first floor LOKALTERMIN

SO SEHEN SIEGER AUS...

MICHAEL FRENZELS GROSSER COUP VON PETRA LEONHARDT

Michael Frenzel in Jubelpose. Der General Manager des Hotels Palace Berlin hat allen Grund, sich so zu präsentieren. Dem 42-jährigen Frenzel, seit 2001 in der Luxusherberge tätig und seit 2010 deren Generaldirektor, schaffte, was schon viele Gastronomen

und Hoteliers vor ihm versuchten, aber keinem gelang. Er lotste alle aktuellen Berliner Sterneköche, selbst jene, die ihren heimischen Herd nur selten und ungern verlassen, in sein Haus an der Budapester Straße. Anlass: Die PalaceBig-Bottle-Party-Festwoche.

Zum ersten Mal verbanden Frenzel und sein Team ihr Großflaschenfest mit einer einwöchigen Gourmet-Gala. Großkampftage auch für zwei junge Frauen, die im Palace-Hotel für das Dolce Vita zuständig sind und die ihr Chef Matthias Diether über den grünen Klee lobt.

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LOKALTERMIN Restaurant first floor

...und auch so. Die Pâtissièren Karina Appeldorn, li. und Sabrina Schanz.

Bei welcher Gelegenheit wir über die süßen Finals seiner Menüs sprachen, weiß ich nicht mehr, aber Matthias Diether hatte plötzlich glänzende Augen. Der nicht gerade zu verbalem Überschwang neigende Küchenchef pries euphorisch die Kreationen seiner beiden Dessertprinzessinnen Karina Appeldorn und Sabrina Schanz, schwärmte von „echten Entdeckungen“, von einem „Glücksfall für das first floor“. Soviel Lob provoziert natürlich Neugier. Wer sind die beiden Frauen, die Diether, zu den besten Pâtissièren in Berlin zählt?

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Ein Freitagabend Ende April in der Hauptstadt. Filmpreis, Kunstfest, Dauerregen. Sternekoch Matthias Diether ist die Ruhe selbst. „Nicht viel los heute.“ Zwei seiner Männer hat er ohnehin nach Italien geschickt, er wird morgen fliegen. „Berlin-Partner präsentiert sich kulinarisch im Tessin.“ Drei, vier Tische sind im luxuriösen Restaurant first floor reserviert, keine Hürde für den Rest seiner Mannschaft und für uns die beste Möglichkeit, Karina Appeldorn und Sabrina Schanz, die gelobten Pâtissièren, näher kennen-


Restaurant first floor LOKALTERMIN

zulernen. Erster Eindruck: Zwei wohltuend normale junge Frauen, spürbar ohne Allüren, sichtbar verliebt in ihren Beruf, irgendwie patent. Zwischen 12.00 und 14.00 Uhr beginnt ihre Schicht. „Je nachdem, wieviel zu tun ist.“ Umziehen, der Blick ins backstage, das ist die Kantine. Die beiden Hühnerkeulen stehen Stunden später noch in einer Ecke, der Kommentar über das Personalessen lässt viele Deutungen zu. „Na ja.“ Na ja, und deshalb kochen Karina Appeldorn und Sabrina Schanz aus dem, was in der first-floor-Küche nicht verarbeitet wurde, für die Kollegen eben mal eine Kürbissuppe. Das ist übrigens nicht nur eine Geschmacks-, sondern auch eine Sache wirtschaftlicher Vernunft. „Die Zeiten sind vorbei, in denen wir Lebensmittel kiloweise wegwerfen konnten“, sagt Sternekoch Matthias Diether knapp. Deshalb hat er beispielsweise auch den opulent bestückten Käsewagen abgeschafft. Statt der früher im first floor präsentierten, kaum noch überschaubaren und selbst Kenner überfordernden Vielfalt von mehreren Dutzend Sorten, wird heute eine Auswahl von acht Rohmilchkäsen des Affineurs Bernhard Antony aus dem Sundgau serviert. „Bisher hat sich noch kein Gast darüber beschwert.“ Reduce to the max, ein zeitgemäßes Prinzip, auch in der Sterneküche. Inzwischen haben Karina Appeldorn und Sabrina Schanz die „Patti“, ihren 15 Quadratmeter großen Arbeitsplatz präpariert, mise en place nennen sie das, frei übersetzt „alles zur Hand haben“. Sie haben Brot gebacken, Sorbets produziert, und Sabrinas linker Zeigefinger hat einen Druckverband bekommen. Ein neues Kochmesser war schuld, auch Pâtissièren leben gefährlich. Karina Appeldorn, Jahrgang 1976, stammt aus einem kleinen Dorf in Thüringen, „vom Bauernhof“, sagt sie. Landwirtin oder Köchin, das war die Frage bei ihrer Berufswahl.

Der Service-Countdown läuft: Küchenchef Matthias Diether.

Konzentration am Pass: Die süße Brigade.

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LOKALTERMIN Restaurant first floor

Sie wurde Köchin. Lehre in einem Münchner Familienbetrieb, dann drei Jahre bei Sternekoch Christian Jürgens, von dem sie lernte, wie man das Flair der Landschaft in einen Küchenstil auf der Höhe der Zeit umsetzen kann. „Hier fiel die Entscheidung, ‚Patti‛ zu werden.“ Stationen in Australien und der Schweiz und seit drei Jahren nun im first floor. Sabrina Schanz, die früher Jahnke hieß und vor ein paar Wochen geheiratet hat, ist Berlinerin und ebenfalls Köchin. Die 30-jährige arbeitete bei Tim Raue, Christian Lohse und Björn Panek,

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vor knapp drei Jahren kam sie ins first floor. Dort traf sie Karina Appeldorn, und die süße Zwei-Frauen-Brigade avancierte zum Dream-Team. „Ich liebe Teller, die kompakt und symmetrisch angerichtet sind, Sabrina ist mehr der Typ für die vielen Kleinigkeiten“, so Karina Appeldorn. Durch Geschmack bestechen die Kreationen beider Frauen. „Frühling“ heißt beispielsweise eine Dessertkreation — Apfel-Portulak-Fond, Minze-Portulak-Mousse, Rhabarbersorbet, Holunderblütensorbet, Apfel, Himbeere, Passionsfrucht — nicht nur eine


Restaurant first floor LOKALTERMIN

Nachspeise mit Suchtfaktor, sondern auch ein handwerkliches Kabinettstück. Karina Appeldorn und Sabrina Schanz sorgen mit solchen Desserts dafür, dass der letzte Eindruck von der first-floorKüche ein bleibender ist, bleibend begeistert. Wir diskutieren und probieren. Dann kommt plötzlich doch noch Fahrt in diesen bisher so ruhigen Freitagabend. Gunnar Tietz, Chefsommelier im first floor, signalisiert seinem Küchenchef: „Herr Matthies an Tisch vier!“ Der Adrenalinspiegel von Matthias Diether steigt. Bernd Matthies, Tagesspiegel-Restauranttester, ist in

Berlin das Maß aller gastronomischen Dinge. Er vergibt zwar keine MichelinSterne, aber die Köche wissen, dass die, die es tun, auch Matthies` Meinung zur Kenntnis nehmen. Die Küchenbrigade oder besser, jener Rest, der nicht in Italien ist, wirbelt. „Gas geben“, kommandiert Diether. „Vollgas“, ruft er später. Das Ergebnis steht dann am 19. Mai im Tagesspiegel: „Das alles ist ... sehr gut gemacht, immer so, dass die Beigaben dort, wo es nötig ist, die Harmonie zwischen den Gegenspielern herstellen, unerwartete aromatische Verwandt-

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LOKALTERMIN Restaurant first floor

schaften aufzeigen.“ Und auch Karina Appeldorn und Sabrina Schanz bekommen ein bisschen Kritikerlob ab — zwar nur vier Zeilen, aber immerhin. „Sehr schön wie stets: die Desserts ... beispielsweise gelierte Schokowürfel mit

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grünem Tee und asiatischen PandanBlättern.“ Küchenchef Matthias Diether jedenfalls ist hoch zufrieden. Über dem first floor scheint die Sonne, und vielleicht glänzt ja auch bald ein zweiter Stern...

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LOKALTERMIN Big Bottle Party 2013

„Das Gourmetrestaurant first floor besteht 2013 zwanzig Jahre und hat seit fünfzehn Jahren in Folge einen MichelinStern. Wenn das keine Gründe zum Feiern sind!“ Michael Frenzel, Generaldirektor

BIG BOTTLE PARTY IM PALACE BERLIN: GROSSE WEINE — GROSSE KÜCHE 40

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Big Bottle Party 2013 LOKALTERMIN

„Kenner wissen, dass Weine aus Großflaschen ein ganz besonderes Genusserlebnis versprechen.“ Gunnar Tietz, Chefsommelier

„Ich bin auf diese Berliner Genusspremiere unwahrscheinlich stolz, weil sie zeigt, dass wir uns weder national noch international verstecken müssen.“ Matthias Diether, Küchenchef

„Wir begleiten als Partner die gesamte Gourmetwoche, eine tolle Veranstaltung und für uns natürlch auch eine gute Möglichkeit zu zeigen, was wir können.“ Ocke Pinks, Deutsche See

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LOKALTERMIN Big Bottle Party 2013

„Die höhere Qualität von Weinen in Großflaschen ergibt sich daraus, dass nur ausgewählte Jahrgänge in Viel-Liter-Flaschen abgefüllt werden. Außerdem ergeben ein langsamerer Reifeprozess und eine längere Lagerfähigkeit ein größeres Potenzial dieser Weine.“ Gunnar Tietz, Chefsommelier

„Wann gibt es schon mal die Möglichkeit, 45 Spitzenwinzer an einem Ort zu treffen?“ Jens-Uwe Bünger, Gast

„Wir sind zum ersten Mal dabei. Einfach großartig! Und wann bietet sich schon mal die Gelegenheit, die großen Flaschen zu öffnen?“ Stefanie Hasselbach, Weingut Jurtschitsch / Österreich 42

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Big Bottle Party 2013 LOKALTERMIN

„222 Gault-Millau-Punkte, 18 Michelin-Sterne, 43 Feinschmecker-F΄s, 47 Schlemmer-Atlas-Kochlöffel in einer Woche in unserem Haus, dass macht mich einfach stolz. “ Matthias Diether, Küchenchef

„Ganz einfach: große Flaschen machen immer dann Sinn, wenn große Runden zusammen sind.“ Hendrik Otto, Gast

„Ich finde es wunderbar, dass so viele Berliner Spitzenköche gekommen sind, das regt an, sie auch mal wieder in ihren Restaurants zu besuchen.“ Gertrud Gielisch, Gast GARÇON

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LOKALTERMIN a.choice

A.CHOICE

FINE DINING IM ANDEL S HOTEL BERLIN VON HANS-JÜRGEN BERGS

Wir wollen jetzt mal keine Namen nennen, aber Hotelküchen, zumal in sogenannten Businessherbergen, bieten selten kulinarisch Anspruchsvolles. Brav, wacker, mittelmäßig, das sind die Attribute eines Stils, den wir „Ko-

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chen auf Sparflamme“ nennen. Das ist auch der Grund dafür, dass die Restaurants in den meisten dieser Häuser keine Chance haben, in einer höheren Liga zu spielen. Die österreichische Hotelcompany Vienna International geht

andere Wege. In ihren 30 Hotels in neun europäischen Ländern setzen die Manager der Gruppe auch auf eine ambitionierte Küche, die höheren Ansprüchen genügt. Das zeigte sich im ersten Berliner Vienna-Hotel, dem andel`s in


a.choice LOKALTERMIN

der Landsberger Allee, von Anfang an. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten: 15 Gault-Millau-Punkte 2013 für das andel`s Restaurant a.choice! Als Küchenchef Sascha Friedrichs kurz nach der Ehrung das Haus verließ,

zögerte das Management keinen Tag, eine entsprechend versierte Nachfolge zu engagieren. Auch das gelang schnell, ein Kunststück in Berlin. Die Neuen im a.choice heißen Oliver Barda und Alexander Koppe (gro-

ßes Bild, v. li.), beide wechselten aus dem Adlon ins andel`s — Barda als Küchendirektor und Koppe als neue Nummer Eins am a.choice-Herd. Auf dem 31-jährigen Berliner und seinem Team ruhen nun die Hoffnungen,

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Lokaltermin a.choice

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a.choice LOKALTERMIN

Neu im andel΄s: Küchenchef Alexander Koppe und Restaurantleiterin Barbara Merll.

dass die Bewertung gehalten, vielleicht sogar verbessert wird. Die Chancen dafür stehen nicht schlecht. Der 31-jährige Berliner serviert drei Gourmet- und ein vegetarisches Menü. Natürlich gibt es auch einzelne Hauptgerichte á la carte und eine kleine Dessert- und Käseauswahl. Das meiste basiert auf regional verfügbaren Produkten, Modeerschei-

nungen bleiben außen vor. Koppes Speisenkarte ist, wie heute vielerorts üblich, auf die Nennung der wichtigsten Komponenten reduziert. Zum Beispiel: „Havelländer Apfel und Kräuterschwein — Gartenerbse, Majoran, Sauerkohl, Panisse“. Dahinter verbirgt sich ein exakt zubereitetes, harmonisch perfektes Gericht, das durchaus einen Aha-Effekt hinterlässt.

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Lokaltermin a.choice

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a.choice LOKALTERMIN

Gleiches gilt auch für das Beelitzer Kaninchen und den Müritzer Spitzkopfaal. Insgesamt eine beeindruckende Küchenleistung, die kulinarisches Vergnügen bereitet. Der herzliche Service von Barbara Merll und Ilker Özcamur, einem alten Bekannten aus dem e.t.a. hoffmann, machen den Abend im a.choice zu etwas Besonderem.

RESTAURANT A.CHOICE Landsberger Allee 106 10369 Berlin-Prenzlauer Berg Tel. 030 - 453 05 30 www.vi-hotels.com

Beim Anrichten: Alexander Koppe und seine Küchenbrigade.

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LOKALTERMIN Next Organic

NEXT ORGANIC NEUE MESSE IN TEMPELHOF VON PETRA LEONHARDT

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Früher gab´s die Grüne Woche, sonst nichts. Heute gibt es außerdem Barmessen, Biermessen, Bio-Messen, Regio-Messen, Rohkost-Messen und die Hausmessen diverser Großhändler — ein Zeichen dafür, wie vielfältig das kulinarische Interesse in Berlin offenbar ist. Nun wurde eine weitere Messe ins Leben gerufen, die Ende Mai in der ehemaligen Abfertigungshalle des Flughafens Berlin-Tempelhof über die Bühne ging — die Next Organic Berlin. „Dahinter verbirgt sich“, so Jiro Nitsch, einer der Organisatoren des Events, „eine junge und offene Plattform, die sich nicht nur auf den Fachhandel konzentriert, sondern auch neue Brücken schlagen will zwischen den Produzenten, dem Handel und der Gastronomie.“ Das stellte sich in der Messepraxis dann so dar: rund 165 Aussteller präsentierten Ende Mai 2013 sich und ihre Produkte, 2.500 Besucher, darunter Händler, Köche und Caterer, begutachteten die Angebote, und was dabei herausgekommen ist, wird die Zeit zeigen. Das ist auf jeden Fall erstmal ein Erfolg und der Anerkennung wert, vor allem auch deshalb, weil viele junge Food Start Ups mit der Next Organic die Möglichkeit hatten, zum ersten Mal auf sich und ihre Produkte aufmerksam zu machen. Dennoch, die Messe zeigte auch das Problem der meisten dieser jungen Unternehmen: zu viele arbeiten mit exotischen Ressourcen; zu viel Backwerk, Eis und Schokolade, zu wenig „Einfaches“. Die Foodjournalistin Eva-Maria Hilker beispielsweise verwies auf den Mangel an ernstzunehmenden Produzenten aus der Landwirtschaft und traf damit den Nagel auf den Kopf. Wozu die fünfzehnte Mango-PfefferBitter-Schokolade, wenn der gastronomische Markt etwa nach alten Gemüsen oder Früchten ruft? Trotzdem bleibt die erste Next Organic ein vielversprechender Anfang, den es nun auszubauen gilt.


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KOPFSALAT Charles Rocher

„Bonjour Messieurs — Dames!“ Charles Rocher begrüßt Stammgäste. Die antworten prompt französisch: „Nous avous faim.“ „Spécialité de la maison?“, fragt lächelnd der Franzose. Es folgt ein vierstimmiges „Qui!“ Minuten später serviert Rocher die Spezialität seines Hauses, „Galette Paysanne“. Das ist ein mehr als tellergroßer Buchweizenpfannkuchen mit französischem Emmentaler, der etwas weniger

würzig ist als das Schweizer Original, Bayonner Schinken und einem Spiegelei. Die Teile, die über den Tellerrand ragen würden, sind kunstfertig nach oben geklappt, so dass ein Quadrat entsteht und nur noch der Eidotter, ein Salatblatt und ein Zipfel des edlen südfranzösischen Schinkens hervorblinzeln. Dazu schenkt er Cidre ein, einen vergorenen Apfelsaft, leicht alkoholisch und erfrischend säuerlich. Eine weitere Spezialität des Hauses. Das befindet sich unter dem Dach der Marheineke-Markthalle in Kreuzberg, ein Stand von rund 25 Quadratmetern, Café, Crossanterie, Crèperie, Käse-, Wurst- und Feinkostverkauf. Charles Rocher ist der einzige Franzose in der Halle, der einzige Ausländer allerdings nicht. Seine Nachbarn sind Griechen, Italiener, Spanier, Türken, die meisten bieten Delikatessen ihrer Heimatländer an. Kulinarisches Multikulti und längst ein Marheineke-Markenzeichen. Galette und Cidre übrigens kennzeichnen auch die unmittelbare Heimat von Charles Rocher. „Ich bin ein halber Bretonne und ein halber Normande“, sagt der 44-Jährige, der vor 15 Jahren nach Deutschland kam, zuerst nach Göttingen und seit 2003 in Berlin lebt.

MONSIEUR GALETTE ZU GAST BEI CHARLES ROCHER VON JÖRG TEUSCHER


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Charles Rocher KOPFSALAT


KOPFSALAT Charles Rocher

Französisch Genießen im Le Bretagne mit...

...Alain aus Toulouse...

In der Schöneberger Akazienstraße betrieb Rocher das Restaurant Gourmandise — Untertitel „Cuisine bretonne“. Als er sich mit dem Vermieter nicht mehr über die Höhe der monatlichen Zahlung einigen konnte, zog er in die Marheinekehalle. Glück im Unglück. „Die Internationalität der Markthalle, die Lust der Gäste, kulinarisch Neues zu entdecken, das Abwechslungsreiche, Bunte, Lebendige hier macht das Geschäft leichter als im gutbürgerlichen Schöneberg“, erklärt er in ziemlich perfektem Deutsch. Dessen charmanter französischer Zungenschlag wirkt genauso authentisch wie das englische Deutsch von

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...Ludovig aus St. Etienne...

...und Charles, dem Chef.

Cynthia Barcomi, die gleich gegenüber ihre Bäckerei betreibt und manchmal bei Charles Rocher vorbeischaut, womöglich um seinen Kaffee zu testen, der als einer der besten der Gegend rund um den Marheinekeplatz gilt. Dazu bieten Charles Rocher und seine Mitarbeiter Ludovig und Alain, beide Franzosen, und Janine aus Berlin Croissants, Minis, Pains und anderes Gebäck und natürlich die Galettes, die berühmten französischen Buchweizenpfannkuchen, mit neun verschiedenen Belägen an — mit Käse, Merguez, geräuchertem Speck, Spinat usw. „Wie in Paris!“, diesen Spruch hört das kleine Team hinterm Tresen häufig.

Wahrscheinlich aber ist es mehr. Platz nehmen, einen Café exprès bestellen oder einen Café au lait, dazu ein Briochette au beurre, vielleicht auch ein Croissant aux abricots, ein kurzer Plausch oder auch nur ein paar Minuten Stille — das Le Bretagne in der Kreuzberger Marheinekehalle bietet die perfekte Gegenwelt zur Coffee-togo-Gesellschaft, deren Aufgeregtheit ebenso ansteckend ist wie Rochers Gelassenheit. „Bitte, schreibe doch noch über unsere Épicerie“, bittet Charles Rocher zum Abschied. Wir begutachten die Waren in seiner Feinkosttheke: Beurre Salé, Butter mit


Charles Rocher KOPFSALAT

Meersalz, liegt neben Rillette d´oie, dem berühmten französischen Gänsemett. Jambon de Paris, leicht gesalzener Pariser Kochschinken, neben 25 Käsesorten aus allen französischen Regionen. Cidre, Wein, Champagner. Nicht schlecht, Monsieur Galette. Cela me plait. Au revoir.

LE BRETAGNE Marheinekeplatz 15 10961 Berlin-Kreuzberg Tel. 030 - 21 46 33 94 www.lebretagne.de

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KOPFSALAT Gerhard Retter

SPITZENSOMMELIER PLANT WEINBAR IN BERLIN SPIT VON JÖRG T TEUSCHER

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Gerhard Retter KOPFSALAT

Berlin, 20 05 41 02. Tuut, tuut. Dann eine Stimme vom Band: „Restaurant Remake, guten Tag. Wir haben unseren Betrieb eingestellt. Auf Wiederhören.“ In ein paar Monaten könnte die Ansage etwa so klingen: „Grüss Gott, Sie sind mit der CórdoBar verbunden, der deutsch-österreichischen Weinbar in Berlin…“ CórdoBar? Deutsch-österreichisch? War da nicht was? Die Älteren werden sich erinnern. Fußballweltmeisterschaft 1978, die deutsche Nationalmannschaft, amtierender Weltmeister, unterlag im letzten Spiel der Zwischenrunde Österreich mit 2:3. „I wer`narrisch, Krankl schießt ein! Er hat olles überspült, meine Damen und Herren. Und warten S`noch a bisserl, dann können wir uns vielleicht ein Vierterl genehmigen!“ Der legendären Rundfunkübertragung von ORF-Reporter Edi Finger folgten die Schlagzeilen, die, je nach Sichtweise auf die Dinge, „Das Wunder von Córdoba“ oder „Die Schmach von Córdoba“ lauteten. In Wien-Floridsdorf wurde vor vier Jahren ein Platz zur Erinnerung an das Ereignis Cordobaplatz benannt. Nun also Berlin-Mitte… Spiritus rector der CórdoBar ist natürlich ein Österreicher, allerdings einer, der in Berlin kein Unbekannter ist. Seine Karriere in Stichworten: Aufgewachsen im steirischen Pöllauberg in der Nähe von Graz, Koch- und Kellnerlehre, Besuch der renommierten Gastronomiefachschule Bad Gleichenberg, Sommelier in Eckart Witzigmanns Münchner Aubergine und bei Fredy Girardet in der Schweiz. Weitere Stationen in England und Österreich, von 2004 bis 2009 dann Berlin, Maître und Chefsommelier im Restaurant Lorenz Adlon. Mister Adlon. Unter den Sommeliers der Sterneklasse gehört er ebenso zu den Top Five weltweit wie unter den Fachkräften für Camembert und Co. Sein Name ist bekannt wie der bunter Hunde: Gerhard Retter.

Die Fischerklause in Lütjensee...

...bleibt — trotz CordoBar — Gerhard Retters erstes Standbein.

Anfang 2009 hatte er die Hauptstadt in Richtung Schleswig-Holstein verlassen, um in Lütjensee, von den Toren Hamburgs, die Fischerklause zu übernehmen, ein Traditionsrestaurant, seit 1920 im Besitz der Familie seiner Frau. Nun also kehrt Retter zurück, um die CórdoBar zu eröffnen. „Natürlich bleibt die Fischerklause unser erstes Standbein und Lütjensee unser Zuhause“, erklärt der 40-Jährige, „aber warum nicht wieder einen Koffer in Berlin?“ Ja, warum eigentlich nicht! Gut für Berlins Gastronomie ist es allemal, weil in der Stadt zwar der Weinhandel

boomt, aber Weinbars, die den Namen wegen ihres Angebots und der Kompetenz ihrer Mitarbeiter wirklich verdienen, noch die Ausnahme sind. „Gibt es denn überhaupt eine?“, fragt Gerhard Retter, der die Idee für die CórdoBar hatte, mit zwei Männern aus der Film- und Musikbranche die Investoren und mit einem Österreicher und ehemaligen Mitarbeiter auch einen Gastgeber, Geschäftsführer und Sommelier fand. „Am 1. Oktober 2013 wollen wir aufsperren“, plant Retter. Also dann: 1:0 für die CórdoBar.

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GESCHMACKSSACHEN Salz

SALZ: WORAUF KÖCHE SCHWÖREN...

NOTIZEN ZU EINER KULINARISCHEN UMFRAGE VON UWE AHRENS UND THORSTEN TONSKI

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Salz GESCHMACKSSACHEN

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GESCHMACKSSACHEN Salz

TV- und Sternekoch: Björn Freitag.

Björn Freitag ist der Vorkoster, jedenfalls beim Westdeutschen Rundfunk in Köln. So jedenfalls lautet der Titel einer 45-minütigen Sendung, die der Sternekoch aus Dorsten, einer Stadt am Rande des Ruhrgebiets, seit drei Jahren im WDR-Fernsehen moderiert und dabei eine ziemlich gute Figur macht. Freitag gehört nicht zu jener, die deutschen Sender inflationär bevölkernden allwissenden Köchetruppe, sondern zu denen, die alles wissen wollen und deshalb Fragen stellen. Zum Beispiel diese: „Welches Salz braucht man in der Küche wirklich?“ und „Schmeckt teures Salz besser als billiges?“ ( Der Vorkoster, Freitag, 3. Mai 2013, 21.00 Uhr, West 3). Eine interessante Sendung für kulinarisch Interessierte, die uns anregte, auch einmal die elementare chemische Verbindung von Natrium und Chlorid unter die Lupe zu nehmen und nachzufragen, welches Salz Spitzenköche in der Region zwischen die Finger nehmen, um die Ess-Avantgardisten und Edelschmecker zufriedenzustellen. Wir befragten zuerst zwölf mehr oder weniger hoch dekorierte Küchenchefs (Seite 61) und waren über das Ergebnis, ehrlich gesagt, erstaunt. Die Vielfalt dessen, womit King und Co. sal-

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zen, ist weit kleiner, als das Angebot. Immerhin haben deutsche Groß- und Einzelhändler, Internetversender und Gastronomielieferanten derart viele Salze mit derart vielen Superlativen im Angebot, dass einem schier schwindlig werden kann. In den Profiküchen am stärksten vertreten — das Maldon Sea Salt. Es stammt aus England und wird seit über 200 Jahren in der Grafschaft Essex gewonnen. Sein Geschmack gilt als besonders fein und aromatisch, seine Konsistenz als besonders fest. Natürlich ist es weder raffiniert, also gereinigt und

enthält auch keinerlei Zuschlagstoffe, etwa die berühmt-berüchtigte Rieselhilfe Natriumaluminiumsilikat, mit dem billige Supermarktsalze versetzt sind. Aber am Ende ist auch das hochgelobte Maldon Sea Salt genauso wie etwa das sündhaft teure japanische OshimaIsland-Salz oder das angeblich so gesunde Himalaya-Salz, das in Wirklichkeit fast immer aus Pakistan stammt, zu weit über 90 Prozent nichts anderes als Natriumchlorid. Und das ist auch gut so, denn der Mensch braucht es zum Überleben. Ob man allerdings wirklich einen Unterschied zwischen raffinier-

Meersalz: Gewinnung auf der französischen Île de Ré.


Salz GESCHMACKSSACHEN

Michael Hoffmann, Margaux Sel Gris — unbehandeltes graues Meersalz SalMartins, Portugal Maldon Sea Salt Eigenes Kräutersalz

Hendrik Otto, Lorenz Adlon Esszimmer Meersalz grob, feucht und trocken, schwarzes Meersalz Maldon Sea Salt Himalaya-Steinsalz, Pökelsalz Eigenes Gewürzsalz

Johannes King, Söl'ring Hof, Rantum/Sylt Fleur de Sel mit Rosmarin, Majoran, Thymian gemischt Sylter Solesalz Meersalz, Frankreich Himalaya-Steinsalz

Matthias Diether, first floor Maldon Sea Salt Flakes

Thomas Kammeier, Hugos Maldon Sea Salt Fleur de Sel Eigene Kräutersalze Eigene Salze für Fisch- und Fleischgerichte

Michael Kempf, Facil Himalaya-Steinsalz Fleur de Sel Meersalz-Flakes aus Portugal Amalfizitronensalz, Fliedersalz, Malvensalz, Meersalz mit Johannisbeerholzrauch

Daniel Achilles, reinstoff Bad Reichenhaller Siedesalz Maldon Sea Salt Meersalz, Portugal Eigenes Rapsblüten-, Rhabarber- und Rotkohlsalz, Gewürzsalz für Fischgerichte

Cristiano Rienzner, Maremoto Maldon Sea Salt Mallorquinisches Hibiscussalz Aprikosensalz spice world, Österreich

Sven Elverfeld, aqua, Wolfsburg Steinsalz, GraslebenHelmstedt Fleur de Sel, Camargue Gemahlenes, naturbelassenes Meersalz

Oliver Heilmeyer, 17fuffzig, Burg/Spreewald Himalaya-Steinsalz Maldon Sea Salt Maldon Sea Salt, geräuchert Fleur de Sel Pökelsalz

Matthias Buchholz, Gutshof Britz Sel Marin, Portugal

Holger Zurbrüggen, Balthazar Meersalz Steinsalz Rauchsalz Selleriesalz Pökelsalz

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GESCHMACKSSACHEN Salz

tem Speisesalz und beispielsweise den edlen Maldon-Kristallen schmecken kann, ist wissenschaftlich bisher nicht untersucht. Sensorik-Tests zeigten lediglich, dass teure und seltene Salze in küchenüblichen Konzentrationen von den Probanden nur selten herausgeschmeckt werden konnten, zumal außer Natrium und Chlorid viele andere Mineralstoffe in den meisten Salzen nur in geringen Spuren enthalten sind. Dennoch scheint es wohl doch so zu sein, dass die verschiedenen Meersalze ebenso wie naturbelassene Solesalze — beide sind übrigens gleichen Ursprungs

— eine geschmacklich weichere und harmonischere Anmutung haben als raffiniertes Speisesalz. Aber wie gesagt, wissenschaftlich bewiesen ist das nicht — im Gegensatz zu der Tatsache, dass eine grobere Kristallstruktur weniger Geschmacksrezeptoren anspricht als eine feinere, dass also feineres Salz als subjektiv salziger empfunden wird als groberes Salz. Rund 300 Salzsorten sind derzeit in Deutschland im Angebot, selbst Salz aus Süßwasserseen gibt es. Die Preisspanne reicht von 50 Cent bis 80 Euro je Kilogramm. Das beweist: Salz ist

ein Trendprodukt — je exotischer, desto besser. Möglicherweise ist das ein Grund, dass deutsches Salz aus Natursole, etwa aus Bad Essen, Luisenhall oder Halle/Saale in den meisten Küchen keine Rolle spielt. Übrigens: Aus einer Untersuchung, britischer Wissenschaftler geht hervor, dass in vielen Restaurants zu stark gesalzen wird. So fanden die Forscher in einem Gericht von Gordon Ramsay die unglaubliche Menge von 7,3 Gramm Salz pro Teller. Die empfohlene Tagesmenge für einen Erwachsenen übrigens beträgt 6 Gramm.

Steinsalz: Abbau unter Tage.

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täglich geöf fnet

Am 08. und 09.06.2013 Brandenburger Landpartie

Aus unserem Veranstaltungskalender Beelitz: 01.06. Kindertag mit Radio Teddy 21.09. „Al Capone“ Krimidinner 22.09. Preußen-Brunch mit „Altem Fritz“ ab 28.09. Oktoberfestwochen ab19.10. Schlachtefestwochen 16.11. „Titanic-Dinner“

Jakobs-Hof Beelitz, Kähnsdorfer Weg 1a, 14547 Beelitz, Tel: 033204-62727 www.jakobs-hof.de

Aus unserem Veranstaltungskalender Schäpe: 30.06. 17.08. ab 21.09. ab 02.10. ab 09.11. ab 01.12.

Spargel-Abschluss-Brunch Alt-Berliner-Sommer-Fest Kürbiswochen Oktoberfest Martinsganswoche Adventszeit

Jakobs-Hof Schäpe, Schäpe 21,GARÇON 63 14547 Beelitz - Schäpe, Tel.: 033204-41970 www.jakobs-spargel.de


GESCHMACKSSACHEN Spargelzeit 2013

SPARGEL IMPRESSIONEN AUS DEM BEELITZER ANBAUGEBIET VON HANS-JÜRGEN BERGS UND MARC STEYER

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Spargelzeit 2013 GESCHMACKSSACHEN

LZEIT 2013 GARÇON

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GESCHMACKSSACHEN Spargelzeit 2013

Unser Bild auf den beiden vorigen Seiten wurde in der Nähe von Beelitz aufgenommen — ein Spargelfeld am 20. März, am Tag des Frühlingsanfangs also. Die Spargelbauern des Reviers staunten nicht schlecht, und spätestens da schwante ihnen, dass dieses Jahr 2013 ein schwieriges werden würde. Zu Väterchen Frost kam Väterchen Frust und blieb auch bis zur offiziellen Saisoneröffnung am 18. April. Josef Jakobs, gemeinsam mit seinem Bruder Jürgen Chef zweier Spargelhöfe in Beelitz, erklärte: „Es braucht noch ein paar warme Tage, damit der Spargel austreiben kann. Wenn die entsprechenden Temperaturen erreicht sind, wächst er dann locker bis zu fünf Zentimeter am Tag.“ Doch diese Tage ließen lange auf sich warten, und dann kam statt der Sonne erstmal der Regen und weichte die Äcker auf. „Zu Pfingsten machen wir auf unseren Höfen normalerweise ein Bombengeschäft, in diesem Jahr allerdings fiel es total ins Wasser“, so hieß es auf den Jakobs-Höfen. Und da ist es wohl nur ein kleiner Trost, dass es den meisten Landwirten in den 34 deutschen Anbauregionen mit ihren 21.000 Hektar Spargel nicht besser ging. 30 bis 40 Prozent Verlust, so war es schon in der vorigen Woche aus Süddeutschland zu hören. In Berlins Nachbarland hält man sich mit Prognosen noch zurück. 15.191 Tonnen Spargel ernteten die Brandenburger Bauern im vergangenen Jahr. Das entsprach einem Ertrag von 53,3 Dezitonnen je Hektar — ein Spitzenwert. Schon jetzt dürfte sicher sein, dieses Ergebnis wird 2013 nicht erreicht werden, obwohl das Sommerwetter der letzten Tage den Spargel wie selten in diesem Jahr schießen ließ. Und die Jakobs-Brüder werden, so war auf ihren Höfen zu erfahren, die Saison ein wenig „strecken“, so dass es bei ihnen wahrscheinlich bis zum 30.Juni noch Spargel gibt.

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Kalter Start: Spargelanstich 2013 im Beelitzer Anbaugebiet.

Herbe Verluste: Spargelbauer Josef Jakobs.

Spätes Geschäft: Jakobs Spargelhof in Schäpe.


Gut Boeckenhoff am Niederrhein: Alte Sorte im Angebot.

Gut Boeckenhoff liegt in der Erler Heide zwischen Dorsten und Borken, an der Nahtstelle zwischen Ruhrgebiet und Münsterland, ein typischer Bauernhof in einer traditionell agrarischen Gegend. Neben Erd- und Blaubeeren baut Bernhard Boeckenhoff hier auch Spargel an. „Der gute Sandboden ist ein idealer Nährboden für unseren Lukullus“, sagt der Bauer. Die alte Sorte wurde vor über 100 Jahren in Baden-Württemberg gezüch-

tet und gehörte bis in die 1970er Jahre neben „Ruhm von Braunschweig“ und „Schwetzinger Meisterschuss“ zu den großen Sorten des deutschen Spargelbaus — mild im Geschmack, aber mit feinen, spargeltypischen Bittertönen. Etwas kräftiger schmecken auch die ebenfalls bereits im vorigen Jahrhundert kultivierten Sorten „Violetta“ und „Eros“, die heute weitgehend in Vergessenheit geraten sind. Viele Gastronomen bedauern das.

B E R LIN CLA SSIC S M EET H AU T E CU IS I N E Müritzer Spitzkopfaal

Freiland Gurken, Goldparmäne, Pumpernickel

Havelländer Apfel & Kräuterschwein Gartenerbse, Minze, Sauerkohl, Panisse

Koppe´s Rote Grütze

Waldfrüchte, Quarkkeulchen, Berliner Weisse 3-GÄNGE-MENÜ EUR 45,ERLEBEN SIE DIE MAGIE DER KOCHKUNST im Restaurant a.choice von Dienstag bis Samstag 18:00-23:00 Uhr RESERVIERUNG: +49 30 453 053 2620, a.choice@andelsberlin.com EXPLORE: www.andelsberlin.com

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GESCHMACKSSACHEN Spargelzeit 2013

Frühsammers Restaurant...

Zum Beispiel Peter Frühsammer. Der 53-Jährige winkt ab. Nein, über Spargel und dessen Verarbeitung in der gehobenen Küche wolle er nicht sprechen. Zuviel Bohai um ein zwar durchaus respektables Gemüse, das allerdings in den letzten Jahrzehnten so viel verloren habe — vor allem an Geschmack. „Wenn es heute im ganzen Land Brandenburg, mal von denen abgesehen, die Spargel im eigenen Garten kultivieren, nur noch einen einzigen Bauern gibt, der die geschmacklich

ausgezeichnete Sorte „Eros“ anbaut, stimmt das schon bedenklich“, so Peter Frühsammer. Der streitbare Gastronom wechselt das Thema und präsentiert uns seine neuen Cocktail-Wagen. Die liegen ihm derzeit besonders am Herzen, mehr als der Spargel jedenfalls. Mareike Nagel, Servicemitarbeiterin in Frühsammers Restaurant, zeigt wie`s geht. Sie rollt den Wagen zum Tisch, erklärt und mixt schließlich vor unseren Augen einen erstklassigen Gin Tonic.

Küchenchefin Sonja Frühsammer...

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...mit neuem Cocktailkonzept.

„Damit wollen wir etwas wieder aufleben lassen, das in den letzten Jahren zunehmend verloren gegangen ist — die Arbeit am Gast“, erklärt Frühsammer. „Natürlich fordert das von uns Servicemitarbeitern neue Kenntnisse, das haben wir so nicht gelernt, aber es kommt bei den Gästen gut an“, ergänzt Mareike Nagel. Wir probieren einen zweiten Gin Tonic — anderer Gin, anderes Wasser, ebenfalls erstklassig. Und dann sprach Peter Frühsammer mit uns doch noch zum Thema Spargel.

...mit Spargel, Scholle, Saubohnen, Kerbel.


Spargelzeit 2013 GESCHMACKSSACHEN

Peter Frühsammer.

Es gibt tonnenweise Spargel, Herr Frühsammer, aber auf Ihrer Speisekarte macht er sich rar. Weshalb? Eben deswegen. Was meinen Sie damit? Menge ist nicht gleich Geschmack. Und was bedeutet das? Ein Beispiel. Als ich 1974 im Hotel Paradies in Stockach am Bodensee die Kochlehre begann, gab es badischen Spargel, der zwar nicht bleistiftgerade und schneeweiß war wie heute, der aber einen ganz besonderen, unverwechselbaren Geschmack hatte. Ich glaube, die Sorte hieß Huchel`s Alpha. Und die heutigen Sorten schmecken nicht? Probieren Sie doch mal die holländischen Hybridsorten Gijnlim, Thielim, Grolim oder wie sie alle heißen. Die sind zwar schnellwachsend, auch standortunkritisch und optisch eine Augenweide, kulinarisch allerdings taugen sie nur was, wenn Sie eine kräftige Sauce drübergießen. Ich jedenfalls halte diese Sorten im Geschmack für mehr oder weniger nichtssagend. Wie sollte denn Spargel schmecken, den Sie akzeptieren würden? Eben wie damals Huchel`s Alpha. Oder wie andere alte Sorten — Ruhm von Braunschweig zum Beispiel, Schwetzinger Meisterschuss, Eros oder

Lukullus. Also ein bisschen nach grünen Erbsen, zart bitter, irgendwie nach Frühling eben. Gibt es die von Ihnen genannten Sorten noch? Kaum. Wir haben bis zum vorigen Jahr eine dieser Sorten von einem Beelitzer Bio-Bauern bezogen, aber der ist jetzt auf Aroniaanbau umgestiegen. Also suchen wir wieder. Weshalb bauen denn die Spargelbauern in der Region nur noch neue Hybridsorten aus Deutschland oder Holland an? Ich bin häufig im Beelitzer Revier unterwegs, weil in Beelitz/Schönefeld unsere Islandpferde stehen (Sonja und Peter Frühsammer züchten diese Rasse, d. Red.) und habe diese Frage natürlich auch schon häufig gestellt. Die Antworten fielen immer ähnlich aus. Die Bauern haben eben in ihre Höfe, in Anbau- und Sortiertechnik dermaßen viel investiert, dass sie das nur mit Massenproduktion refinanzieren können. Stichwort Massenproduktion. Sie kritisieren ja auch, dass die Natur beim Spargelanbau zunehmend überlistet wird. Sie meinen sicher die sogenannte Verfrühung durch Folien- und Doppelfolien oder — noch extremer — die Beheizung von Feldern. Das sind Methoden, die nicht nur die Landschaft verschandeln, sondern die meiner Meinung nach auch dem Boden nicht sonderlich gut tun. Er wird nicht richtig belüftet, Schädlinge können sich unter den Folien besser vermehren, was wieder den Einsatz von Bekämpfungsmitteln nach sich zieht. Aber es gibt durch die Folienverfrühung genügend Spargel zu vertretbaren Preisen, das Edelgemüse ist kein Luxuslebensmittel mehr wie früher. Das ist natürlich richtig und dagegen polemisiere ich ja auch nicht. Es ist nun mal eine gesellschaftliche Entwicklung, dass die meisten Menschen möglichst

wenig Geld für ihr Essen ausgeben wollen und dass es einen bestimmten Massengeschmack gibt. Das sehen Sie nicht nur beim Spargel, sondern beispielsweise auch bei der Gurke, die früher einen feinen Bitterton hatte oder beim Radieschen, das einst viel schärfer war. Ich gehöre jedenfalls zu den Gastronomen, die sich für die Sortenvielfalt und damit auch für den Aromenreichtum stark machen. In diesem Fall eben beim Spargel. Wenn aber diese Spargelbauern mit neuen Hybridsorten finanziell besser zu Rande kommen… …sollte man auch verstehen, dass sie die in den Boden bringen, das wollten Sie doch sagen. Noch einmal: Mir geht es darum, dass die Vielfalt der Sorten nicht verloren geht und irgendwann nur noch industriell produziertes Gemüse auf dem Markt ist, dass oft nach nichts mehr schmeckt. Wie stellen Sie sich denn eine Lösung vor? Wie bei großen Autofirmen zum Beispiel. Nehmen Sie Mercedes, da gibt es eine A- und eine S-Klasse. Ich würde mir also wünschen, dass einige Landwirte wieder ein paar der alten Sorten ohne Düngerdoping und Folienwärme anbauen, echten Gourmetspargel eben. Wir haben jedenfalls Gäste, die sich auf dessen geschmackliche Eigenheiten einlassen würden. Ein Salat aus Violetta-Spargel etwa, mit einer Wildkräutervinaigrette, das ist kulinarisch schon etwas Besonderes. Wir würden ihn als Vorspeise servieren, vorausgesetzt natürlich, wir bekämen diese Spargelsorte ohne riesigen Aufwand. Vielen Dank für das Gespräch.

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GESCHMACKSSACHEN Spargelzeit 2013

Wannsee-Restaurant...

Harry Wolleschak, 47, Berliner gastronomisches Urgestein und 2011 mit seiner Eselin von A. in Wannseenähe gelandet, sieht die Sache mit dem Spargel gelassen: „Meine Gäste lieben das frische Gemüse aus Beelitz“, erklärt Wolleschak. „Das wichtigste ist die Zubereitung, der Spargel muss so auf die Teller kommen, dass er noch Biss hat.“ Fünf Spargel-Gerichte serviert seine Küchenbrigade — allesamt Klassiker. Da gibt es das Edelgemüse mit Lachs, mit Parmaschinken, mit Schnitzel oder mit

Rinderfiletmedaillons — in allen Fällen werden dazu neue Kartoffeln, hausgemachte Sauce hollandaise oder flüssige Butter serviert. „So verstehe ich gute Gasthausküche, alles andere kann die Grand-Cuisine-Front unter sich ausmachen“, sagt Wolleschak. Dass er dafür vom Gault Millau mit immerhin 13 Punkten belohnt wurde, spricht für ihn und seine Küche. Übrigens: Großen Wert legt der Eselin-Gastgeber darauf, dass seine Spargelgerichte von gutem Wein begleitet

Fröhliche Küchenbrigade...

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...mit Familienanschluss.

werden. In diesem Jahr empfiehlt er einen 2012er Müller-Thurgau vom Weingut Klaus Böhme in Kirchscheidungen, ein süffiges Saale-Unstrut-Gewächs.

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GESCHMACKSSACHEN Grie Soß

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Dort, wo sie das Licht der Welt erblickte, heißt sie „Grie Soß“. Sie ist das Heiligtum der hessischen Küche, und ihre Zutaten sind ebensowenig diskutabel wie ihre Zubereitung. Man hat ihr ein Denkmal errichtet und einen Verein zu ihrem Schutz gegründet. Doch obwohl die Frankfurter Grüne Soße der Star unter den deutschen Saucen und mindestens genauso berühmt wie etwa die Sauce bérnaise oder die Sauce bordelaise ist, muss man sie in Berliner Restaurants mit der Lupe suchen. Ein heißer Tipp führte uns schließlich in das Bistro „Mainhattan“ der Hessischen Landesvertretung.

GRÜNER WIRD´S NICHT AUF DER SUCHE NACH ORIGINALER GRIE SOSS VON PETRA LEONHARDT

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SCHNTTLAUCH


Grie Soß GESCHMACKSSACHEN

Die Hessische Landesvertretung in Berlin.

Das Bistro Mainhattan.

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GESCHMACKSSACHEN Grie Soß

Pressesprecher Dr. Martin Klonowski.

Herzlichen Dank für die Einladung, Herr Dr. Klonowski. Eine schicke Kantine haben Sie da … Danke für die Blumen. Das „Mainhattan“ ist aber ein öffentliches Bistro, das es seit 12 Jahren gibt, genauso lange also wie die Hessische Landesvertretung hier in der Hauptstadt. Die Landesvertretungen anderer Länder haben keine für jedermann geöffneten Restaurationen, weshalb hat Hessen dieses Bistro eingerichtet? Die Hessische Landesvertretung in den Berliner Ministergärten hat die Aufgabe, unser Bundesland in der Bundeshauptstadt politisch zu vertreten. Wie alle anderen Länder wirkt auch Hessen über den Bundesrat an der Gesetzgebung des Bundes und der Europäischen Union mit. Gleichzeitig sind wir das Schaufenster Hessens in Berlin und eine Bühne für Wirtschaft und Kultur unseres Landes. Und weil dazu auch die Kulinarik gehört, haben wir uns 2001 entschlossen, mit der Landesvertretung auch das Bistro „Mainhattan“ zu eröffnen. Was hat Hessen denn kulinarisch zu bieten? Wahrscheinlich mehr als viele Menschen glauben. Nehmen Sie zum Beispiel mal Frankfurt, die mit 700.000 Einwohnern größte hessische Stadt.

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Dr. Martin Klonowski, 44, seit drei Jahren Referatsleiter Politische Planung und Kommunikation sowie Pressesprecher der Hessischen Landesvertretung in Berlin. Obwohl der promovierte Historiker als gebürtiger Berliner kein waschechter, sondern ein — wie er selbst sagt — „Berufshesse“ ist, kennt er sich natürlich mit der hessischen Küche im Allgemeinen und der Frankfurter Grünen Soße im Besonderen bestens aus. Deshalb baten wir ihn auf ein Wort über den wichtigsten Beitrag Hessens zum Weltkocherbe. Er lud uns dafür ins Bistro "Mainhattan" der Hessischen Landesvertretung ein.

Sichtbare Zeichen sind die Skyline, der Flughafen, die Messe und die Börse. Kaum einer weiß, dass in Frankfurt aber auch 90 Agrarbetriebe zu Hause sind, die über 4.000 Hektar Land bewirtschaften und viele Spezialitäten produzieren. Mit der Kleinmarkthalle in der Altstadt und dem Konsti-Markt gibt es kulinarische Paradiese, in denen der „Leib auf die Seele trifft“, wie man in Frankfurt sagt. In der Fressgass, die eigentlich Große Bockenheimer Straße heißt und zwischen Rathenau- und Opernplatz verläuft, laden dutzende Restaurants, Bars und Imbisse ein, Frankfurter Gastfreundschaft zu testen. Typisch für die Stadt sind auch die hervorragenden Apfelweinlokale im Stadtteil Sachsenhausen, auf der anderen Mainseite. Dort wohnt übrigens auch Staatsminister Michael Boddenberg, Hessischer Minister für Bundesangelegenheiten und Bevollmächtigter des Landes beim Bund, und damit Chef der Hessischen Landesvertretung. Zudem dürfen Frankfurter Kranz, Frankfurter Würstchen und die Grüne Soße nicht vergessen werden. Ich könnte das fortsetzen — nicht nur die Mainmetropole, auch Nord-, Mittelund Südhessen haben für Genießer jede

Menge zu bieten. Unser Slogan „An Hessen führt kein Weg vorbei“ gilt auf jeden Fall auch kulinarisch. Das spiegelt sich in Ihrem Bistro wider? Natürlich. Unsere Küche im Bistro „Mainhattan“ serviert beispielsweise Weckewerk, ein Gericht aus Nordhessen, sozusagen die hessische Antwort auf den Berliner Falschen Hasen. Es gibt die leckeren Kasseler Rippchen, außerdem die durch Slow Food und seine Arche des Geschmacks wahrscheinlich deutschlandweit bekannte Ahle Wurscht. Sie können Gref-Völsings Rindswurst aus 100 Prozent Rindfleisch und „Handkäs`mit Musik“ probieren. Und wie steht`s um die Grüne Soße? Die gibt es natürlich auch im „Mainhattan“, mit Tafelspitz und Kartoffeln. Umstritten sind dabei die Zahl und die Sorten der Kräuter, die hineingehören. Unser Küchenchef Stephan Kolb hält sich an die traditionelle Frankfurter Kräutermischung. Borretsch, Kerbel, Kresse, Petersilie, Pimpinelle, Sauerampfer und Schnittlauch — das sind die glorreichen Sieben. Dass es auch Varianten mit Dill und Zitronenmelisse gibt, ist für einige Verfechter der reinen Grüne-Soße-Lehre ein unverzeihliches Sakrileg. Das sehen Sie aber nicht so eng? Ich bin weder Koch noch Frankfurter und daher in dieser Frage großzügig. Wer gerne Dill und Zitronenmelisse in der Grünen Soße mag — bitteschön. Und die Beilagen? Gute Frage. Weshalb? Weil Sie das wichtigste der GrüneSoße-Philosophie verstanden haben. Und das wäre? Sie ist die Hauptsache auf dem Teller. Kartoffeln, gekochte Eier, gedünsteter Fisch oder gekochtes Fleisch sind kulinarische Ergänzungen. Vielen Dank für das Gespräch, Herr Dr. Klonowski.


Grie Soß GESCHMACKSSACHEN

Grüne Soße mit Tafelspitz und Kartoffeln.

Handkäs mit Musik.

Frankfurter Würstchen.

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GESCHMACKSSACHEN Grie Soß

Mainhattan-Küchenchef Stephan Kolb, li. und Serviceleiter Peter Schmidt.

Stephan Kolb, Küchenchef in Hessens Berliner Botschaft, ist natürlich ebenso ein Grie-Soß-Experte wie Serviceleiter Peter Schmidt, obwohl Kolb aus Oberfranken stammt und Schmidt in der Steiermark zu Hause ist. Die beiden Gastro-Profis würden es begrüßen, wenn die Frankfurter Grüne Soße das EU-Gütezeichen „geschützte geografische Angabe“ verliehen bekäme. Das Verfahren jedenfalls läuft. Für das hessische Nationalgericht wäre die Anerkennung 157 Jahre nach Veröffentlichung des ersten Rezeptes in Wilhelmine Rührigs Praktischem Frankfurter Kochbuch allemal verdient.

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Es ist schon ein gutes Gefühl, wenn man merkt, dass sich jemand Arbeit und einen Kopf gemacht hat. Bei Ingrid Schicks im CoConVerlag Hanau (www.cocon-verlag. de) erschienenen Band „Grüne Soße — Die besten Rezepte“ stell-

te sich dieses Gefühl schnell ein. Das 120-Seiten-Büchlein hebt sich wohltuend von jener ominösen Masse kulinarischer Schriften ab, die es inzwischen zu jedem Gericht und Thema gibt und die wie ein schlechtes Kantinenessen zusammengeschustert erscheinen. Zutaten: Convenience-Produkte. Verarbeitung: Ruck, zuck und schicken. Die studierte Germanistin und produktive Fachbuchautorin räumt nicht nur mit manchen Mythen rund um die Grüne Soße auf — beispielsweise, dass Goethes Mutter Catharina Elisabeth das Rezept erfunden haben soll — sondern sie serviert auch eine interessante Kräuterkunde, ein Dutzend klassischer Grüne-Soße-Gerichte und vor allem das besonders lesenswerte Kapitel „Grüne Soße global“ mit internationalen Rezepten — von Mojo verde bis Salsa de Huacatay.


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WEINLESE Stuart Pigott in Brandenburg

Stuart Pigott: Neuwinzer in Töplitz

NORDWEIN STUART PIGOTT WIRD WINZER IN BRANDENBURG VON JÖRG TEUSCHER

Wir kennen hierzulande keinen bekannten Gastrokritiker, der es bisher gewagt hätte, ein eigenes Restaurant zu eröffnen. Auch berühmte Filmkritiker, die selbst mal Regie führten, sind eher Fehlanzeige. Das hat den Berliner Weinkritiker Stuart Pigott aber nicht abgehalten, das Projekt „Eigener Wein wird doppelt fein“ zu starten. Am ersten Maifreitag setzte der international renommierte Autor und Journalist (u.a. „Die großen deutschen Rieslingweine“, „Die führenden Winzer und Spitzenweine Deutschlands“) 1.200

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junge Rebstöcke in den Sandboden des Töplitzer Weinbergs, der zum Weingut Klosterhof Töplitz gehört, des einzigen zertifizierten Bio-Weinguts in der Mark. Der Berg wurde vor rund 650 Jahren von Zisterziensern des Klosters Lehnin begründet, ebenso übrigens, wie die benachbarten Lagen Kagelwit und Werderaner Wachtelberg. Die Mönche des in Frankreich gegründeten Ordens zogen, wie Theodor Fontane schrieb, „mit dem Kreuz in der Linken und dem Spaten in der Rechten, lehrend und ackerbauend durch die Mark“. Wo immer sie einen geeigneten Hügel fanden,

legten sie Weingärten an. So kam der Rebensaft nach Brandenburg, wobei nicht der Bedarf an Messwein Motor für das Tun der Mönche war, sondern wohl eher die Lust am Genuss. In einer Beschreibung des Kurfürstentums aus dem Jahre 1572 hieß es dann auch: “Die Mark hat viel Weinwachs, sonderlich in der Mittelmark, um Brandenburg, Berlin und Cölln, Frankfurt an der Oder, Drossen, im Land zu Sternberg, zu Beeskow, in der Niederlausitz und Krossen.“ Über den Geschmack der Tropfen allerdings wurde trefflich gestritten.


Stuart Pigott in Brandenburg WEINLESE

Während einige Chronisten die wahrscheinlich mit Honig oder Gewürzen verbesserten märkischen Weine über den grünen Klee lobten, reimten die vornehmlich aus dem Rheinland stammenden Frankfurter Viadrina-Studiosi: „Märkischer Erde Weinerträge gehn durch die Kehle wie eine Säge.“ Mit dem 30-jährigen Krieg 1618 bis 1648 begann der Niedergang des Weinbaus in Brandenburg. Die Weinberge waren verwüstet, das Wissen über ihre Bewirtschaftung ging verloren. Preußens Herrscher schließlich setzten auf Gerste- und Kartoffelanbau,

die Weine kamen vom Rhein. „Wo der Pflug kann gehen, soll kein Weinstock stehen“, wurde zum geflügelten Wort. 1989, im Jahr des Mauerfalls, gab es in Brandenburg nur noch einen Weinberg — den Werderaner Wachtelberg. 2,5 Hektar, angelegt 1985 von Dr. Manfred Lindicke. Das Argument, damit an die positiven Traditionen Preußens anzuknüpfen, hatte damals selbst die nicht eben weinaffinen DDR-Oberen überzeugt. Inzwischen ist die Rebfläche des Wachtelberges auf 6,2 Hektar gewachsen. Sie gehört zum Weinanbaugebiet Saale-Unstrut; Müller-Thurgau,

Dornfelder, Saphira und Regent sind die wichtigsten dort angebauten Rebsorten. Im vorigen Jahr startete der Weinbauverein in Werder ein weiteres Projekt: Die Rekultivierung des historischen Galgenbergs. Das Vorhaben machte Schlagzeilen, als Stuart Pigott ankündigte, sich mit bis zu 15 Prozent daran beteiligen zu wollen. Doch es blieb bei der Ankündigung. Die Vorstellungen des Vereinsgründers Manfred Lindicke und des 53-jährigen Briten, dessen Kolumnen in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung zum Kennt-

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WEINLESE Stuart Pigott in Brandenburg

Andreas Schultz: Winzer und Betriebsleiter.

Sein Motto: Wein erleben...

nisreichsten gehören, was in Deutschland über Wein publiziert wird, gingen wohl zu weit auseinander. “Pigott hat eingesehen, dass über Wein zu schreiben und Wein zu machen zweierlei ist“, zitierte das Slow-Food-Magazin den Wachtelberg-Chef. Das ist sicher richtig, allerdings hat der Weinjournalist auch neun Monate als Gasthörer an der Geisenheimer Fachhochschule Weinbau studiert und im Taubertal schon einmal selbst Müller-Thurgau-Reben angebaut. Pigotts neuer Partner heißt nun Ludolf Artymowytsch, ein Bio-Winzer aus der Nordpfalz, der im vorigen Jahr das Weingut Klosterhof auf der Insel Töplitz übernahm. Knapp drei Hektar, auf denen Weiß- und Grauburgunder, Bacchus, Sankt Laurent, Regent und andere Rebsorten wachsen, umgeben von der Havel und verschiedenen Schifffahrtskanälen, sonnenverwöhnt, zumindest für Brandenburger Verhältnisse. Pigotts Reben sind von der Sorte Pinotin, eine Schweizer Neuzüchtung, Spätburgunder-Typ, komplex-elegant, mit geringer Anfälligkeit für Echten und Falschen Mehltau — beides Pilzkrankheiten — und deshalb geeignet, auf den Einsatz von Kupfer als Spritzmittel ganz oder weitgehend zu verzichten. Für Bio-Winzer ist das deshalb wichtig, weil Kupfer zwar für Mensch und Rebe unbedenklich ist, aber den Boden belastet, weil es kaum abgebaut werden kann. Neu-Winzer Stuart Pigott rechnet mit den ersten Erträgen in zwei Jahren, den ersten marktfähigen Wein wird es aber erst 2018 geben. „Groß, dicht und mindestens zehn Jahre lagerfähig“, so der Journalist und Winzer.

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Nachrichten und Neuigkeiten BOUQUET GARNI

BÄCKEREI-KARRIERE

René Jahnke.

Die meisten Köche können kochen, klar. Viele können auch backen, ebenfalls klar. Einige so gut, dass sie gelernte Bäcker sogar in den Schatten stellen. Zu dieser Kategorie gehören Peter Krüger und René Jahnke. Das und die Tatsache, in Brandenburg kulinarisch nicht mehr allzuviel stemmen zu können, bewog die beiden Herdarbeiter — Krüger war Küchenchef in der Alt Madlitzer Klostermühle und 2010 sogar mal Brandenburger Meisterkoch; Jahnke SousChef im Residenzhotel Motzen — Ende März 2013 im niedersächsischen Hildesheim eine insolvente Bäckerei zu übernehmen, um fortan mit Brot und Brötchen ihr Geld zu verdienen. „Weshalb ausgerechnet in Hildesheim?“ „Weil es weder in Berlin noch in Brandenburg einen geeigneten Betrieb gab.“

Das Attribut steht für passende Größe und entsprechende Mitarbeiterzahl, und die Wiener Dampfbäckerei Könneker in Hildesheim hatte beides, möglicherweise sogar mehr davon als den beiden lieb war. Immerhin sechs Filialen mit insgesamt 34 Mitarbeitern. Krüger und Jahnke erhielten nicht nur die Arbeitsplätze und Verkaufsstätten, sondern packten noch eins drauf. Mit „Brot von Köchen für Köche“ formulierten sie einen griffigen Spruch und gingen daran, ihn in der Berliner und Brandenburger Gastronomie publik zu machen. Nicht mit Krawall, wie einst Präsidentenbäcker Gaues aus Hannover, sondern mit Überzeugung. „Die Leistung muss stimmen“, so René Jahnke, der Mann fürs Marketing und den Verkauf, „und jeder kann uns besuchen und sehen, wie sie zustande kommt.“ „Wir wollen nicht Lieferant, sondern Partner der Gastronomie sein“, fügt er hinzu und spricht dann über die Handwerksbäckerei als hätte er sein Leben lang nichts anderes getan. „Backmal“ nennen sie ihr Unternehmen, „Slow baking“, dessen Motto. Mit Havelland express haben sie einen kompetenten Partner mit dem Gespür fürs Regionale im Boot und mit dem Westin Grand in der Friedrichstraße, dem Neuköllner Estrel, dem Dämeritzseehotel und anderen inzwischen auch die ersten Kunden in Berlin und Brandenburg.

Brot und Brötchen aus Hildesheim für Berlin.

Wir haben in unserer Ausgabe „Garcon“ Nr. 25/2013 ein Interview mit dem Neuköllner Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky verbreitet. Die von uns dort wiedergegebenen Äußerungen über das Restaurant Alt Rudower Dorfkrug und Britzer Mühle sind von Herrn Buschkowsky nicht geäußert worden, das gesamte Interview ist von ihm nicht autorisiert worden. Die Redaktion.

FEIER-LAUNE

Inhaber Bruno Pellegrini, li. und Küchenchef Andrea Girau.

Er erlebte Höhen — etwa als er 2000 zum Berliner Meisterkoch gekürt wurde — und Tiefen — etwa als er von der verspäteten BER-Eröffnung und damit auch seines Airport-Bistros erfuhr. Angela Merkel hält sein Restaurant für eins der besten in Deutschland, Günter Jauch ist begeistert von dessen Küche, und Wolfram Siebeck fragte: „Wo bleibt der Stern für den Edel-Italiener?“ Die Rede ist von Bruno Pellegrini und seinem Ana e Bruno. Dieser Tage feierte das Restaurant sein 25-jähriges Bestehen. Grund zu einer tiefen Verbeugung. Grazie mille, Bruno.

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BOUQUET GARNI Nachrichten und Neuigkeiten

KÜCHEN-WERBUNG

Anfang Januar 2013 ging das Projekt in die heiße Phase, Ende April lag das Ergebnis vor: 160 großformatige Seiten, 14 Restaurants, 14 Küchenchefs, 42 Rezepte, 42 Kochtipps, 39 Wein-, zwei

Autor Georg Hoffelner im Gespräch.

ERFOLGS-KONZEPT

Markthalle IX: Street Food Market.

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Sekt- und eine Ginempfehlung — flotte Texte, starke Bilder — lediglich der Titel wirkt ziemlich hausbacken. „Berlin kocht“, na ja, aber alles kann man bei diesem Produktionstempo eben nicht haben. Autor Georg Hoffelner, 34, Österreicher aus Graz, auf die Frage, wie die Auswahl der Köche und Restaurants zustande kam: „Die Kollegen des Magazins ‚rolling pin‛, das auch zu unserer Verlagsgruppe gehört, haben eine Vorauswahl getroffen, die aber ins Zeitfenster der 5-tägigen Fotoarbeiten passen musste.“ Damit wäre dann auch die Frage beantwortet, weshalb Küchenchefs wie Daniel Achilles, Sebastian Frank, Michael Hoffmann, Christian Lohse, Marco Müller, Martin Schanninger, Andreas Saul oder Markus Semmler und ihre Re-

staurants in diesem Buch keine Beachtung fanden. Auch das Klappentext-Versprechen, „ungewöhnliche Einblicke in 14 ausgewählte Kreativwerkstätten zu geben“, konnte, sagen wir mal, nur bedingt eingelöst werden. Das hätte eben bedeutet, zum Beispiel Kolja Kleeberg mal nach zwölfstündiger Real-Live-Küchenschlacht zu porträtieren, ungeschminkt und ohne Gitarre. Oder Stefan Hartmann am Herd, wenn sein SousChef sich krank gemeldet hat, die bestellte Ware zu spät geliefert wurde und der Laden wider Erwarten rappeldickevoll ist. Das wirkliche Leben der Spitzenköche eben. Aber das ist wohl ein anderes Thema, und was nicht ist, kann ja vielleicht noch werden. www.mvmedien.eu

Anlässlich der Buchpräsentation...

...hatten Berlins Spitzenköche...

...die Möglichkeit, das zu tun,...

...wozu sonst selten Zeit ist: Quatschen.

Kavita Meelu hat Wort gehalten. In der Kreuzberger Markthalle IX eröffnete die 29-Jährige Ende April den ersten Berliner Street-Food-Markt, der das Wort wirklich verdient. Jeden Donnerstag erfreut nun kulinarische Abwechslung das Herz jedes Foodies — von Arancini und Gözleme bis zu Hot Pies und Vegan Curry. Und wem das zu exotisch ist — natürlich gibt es

auch eine wunderbar geschmorte Wildschweinkeule. Die Preise sind moderat, die Stimmung prächtig — kein Wunder, dass die Halle aus allen Nähten platzt. „Food eaten alone is not delicious“, so heißt Kavita Meelus Motto. Das sehen viele Berliner und ihre Gäste aus der halben Welt genauso. Deshalb können manche Köche nur vertrösten: Kommen Sie am nächsten Donnerstag wieder.


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KULINARISCHE EXKURSION Regensburg

HIMMLISCH

ODER: REGENSBURGER WURSCHTOLOGIE VON RENATE PEILER

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Regensburg KULINARISCHE EXKURSION

HE GEFÜHLE GARÇON

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KULINARISCHE EXKURSION Regensburg

An Fronleichnam, in diesem Jahr am 30. Mai, ist auf alle Ewigkeit Würschtltag im Regensburger Bischofshof am Dom. Herbert Schmalhofer, seit mehr als 25 Jahren der Chef im Haus, fühlt sich eh den Rezepturen seiner Oberpfälzer Heimat, den Jahreszeiten und dem Kirchenkalender verpflichtet.

Am Pass: Herbert Schmalhofer.

Letzteres ist eher Selbstverständlichkeit denn Wunder, schließlich kocht der Mann im Schatten des mächtigen Domes, der Klerus geht herzlich ein und aus bei ihm und feiert mit ihm draußen im Biergarten den fröhlichsten aller katholischen Feiertage, das Fronleichnamsfest. Während der Bischof noch im Dom arbeitet und anschließend um den Dom herum „prozessiert“, haben Schmalhofer und seine Jungs im Hof einen Megagrill angefeuert. Über dessen Glut rösten ganz langsam hunderte dicke runde oder fingerlange dünne, auf jeden Fall aber würzige Regensburger Würste aus der Werkstatt des 5-Sterne-Metzgers Gierstorfer langsam ihrem seligen Ende entgegen. Wenn dann der Bischof mit dem Domkapitel einmarschiert, wird aufgetischt. Würschtl pur, Würschtl auf Kraut, Würschtl als Salat, dazu süßer Händlmaier Senf — auch der ein Urregensburger — kurzer, kräftiger Radi und saftige Radieschen aus Weichs an der

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Historisch: Der Bischofshof am Dom.

Traditionell: Fronleichnamsprozession in Regensburg.


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Donau, dick gebutterte Schnittlauchbrote, Schwarzer Kipferln, Brez´n und gekümmeltes Bauernbrot. Und hauseigenes Bier vom Bischofsbräu. Wenn sich dann noch die Trompeter Franz Maß und Peter Birnthaler von den Dächern über dem Hof den Jäger aus Kurpfalz zublasen, dann ist man mittendrin in unverfälschtem Brauchtum, in einem der schönsten vorstellbaren bayerischen Volksfeste. An den Tischen hocken kleine Leute und Großkopferte dicht an dicht zusammen, der Bischof ist auch nur ein Mensch, und der ehemalige Domkapellmeister Ratzinger, der Bruder vom emeritierten Papst Benedikt XVI., würschtelt vergnügt mit Freunden und Fremden. Stimmung und frisch gehopftes Bier dringen sofort in die Blutbahn, selbst den Nordlichtern wird’s barock. Regensburg ist eine der schönsten Städte der Welt. Sagt Stararchitekt Lord Norman Foster. Die Schöne an der Do-

Osten der Zucker, der Südwind bringt eine Prise Schnupftabak. Der Mensch wird in der Hauptstadt der Oberpfalz seit mehr als zweitausend Jahren mit gutem Essen und Trinken mehr als verwöhnt. Glücklicherweise sind die Regensburger auch als Gastgeber begnadet. Seit die Römer hier vor über zweitausend Jahren siedelten, sind die Oberpfälzer vertraut im Umgang mit An- und Abreisenden und deren zuweilen anstrengenden Ansprüchen. Der Immerwährende Reichstag residierte hier und erfand eigens für das Warten auf der Langen Bank Regensburger Konfekt. Mit Thurn und Taxis kam die Post. Don Juan wurde am Haidmarkt gezeugt. Der Klerus war immer mächtig und beschäftigte in Kirchen, Klöstern und Stiften reichlich umtriebiges Personal. Die Bischöfe bauten sich und ihren Gästen eine mächtige Burg am Dom,

den Bischofshof. Und der ist heute, mit seinen großen und kleinen Sälen, kleinen Stüberln und einem hinreißend schönen Biergarten ein kulinarisches Gesamtkunstwerk. Chef im Haus ist der freundliche, bescheidene Herbert Schmalhofer. Zusammen mit seiner Frau Monika hat er das imposante Gemäuer zum Hort grundguter oberpfälzisch-niederbayerischer Traditionsküche und zum ersten Haus am Platz gemacht, das durch die Herzlichkeit besticht, mit der die Gäste umhegt werden. Schmalhofer stammt aus der Oberpfalz, wo das Essen einfach und herzhaft, teils böhmisch, teils bayerisch, auf alle Fälle von der Kartoffel geprägt und stämmig ist. Und so wird im Bischofshof eine klare, unverfälschte Heimatküche aufgetischt, die durch kurz gereiste Zutaten aus dem Umland fest mit dem heimischen Brauchtum verhaftet ist.

Bischofshof-Klassiker...

nau ist denn auch ein verführerischer Frontalangriff auf alle fünf Sinne. Die Augen sehen buntes Mittelalter, die Ohren hören Glocken von Kirchen und Türmen, die Nase spürt den vier Regensburger Winden nach: Vom Norden zieht Würschtldampf über die Stadt, von Westen durftet der süße Senf und von

...Würschtl vom Grill, dazu Semmel und Senf.

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KULINARISCHE EXKURSION Regensburg

Freitags und in der Fastenzeit gibt es Mehlspeisen und Fisch — Herbert Schmalhofers Pichelsteiner Fischeintopf ist papstfähig. Die gigantische Regenbogenforelle aus den Teichen der Karolinenhütte kommt im Wurzelsud, rarer Huchen aus dem quellklaren Regen ist sanft pochiert.

Gut Bürgerliches...

Ostern gibt es Zicklein mit den ersten Hopfensprossen. Und ab Kirchweih geht es im mit fröhlichem Katholizismus gesegneten Regensburg sonntags erst in den Dom zur Messe und dann gleich über den Hof zum zünftigen Entenessen in den Bischofshof. Im Herbst schieben Schmalhofer und seine Köche an die fünfhundert Vögel in die Röhre. Das Rezept für den passenden Knödel ist nur in ein paar Dörfern an der Grenze zwischen Niederbayern und der Oberpfalz bekannt. Es ist ein aus rohen und gekochten Oberpfälzer Kartoffeln gedrehter Rundling, in dem ein niederbayerischer Semmelknödel steckt. Ein zartes Wölkchen ist der kleine Knödel nicht, doch er hat Struktur und Biss — so wie die Menschen hier. Aber: Herbert Schmalhofer kann auch fein. Als Koch ist der Mann Purist, kreativ und sensibel. Er war lange Jahre Leibkoch des Fürsten Johan-

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...im Pilsstüberl des Bischofshofs.


Regensburg KULINARISCHE EXKURSION

nes von Thurn und Taxis. Der hat ihn, den ausgebildeten Koch und Witzigmann-Gefährten, als Praktikanten zu den Größen der Nouvelle cuisine nach Frankreich geschickt, weil er zuhause im Schloss nicht minder schlecht bekocht werden wollte als draußen in der Welt der Schicken und der Schönen. Für seine feine Küche, die auf französischer Klassik basiert, sich neuen Tendenzen nicht verschließt, ohne aber modisch zu werden, hat sich Herbert Schmalhofer auf dem Top des Regensburger Goliath-Hauses das Restaurant David eingerichtet. Hier verwöhnt er — zusammen mit Küchenchef Markus Wagner — seine Gäste mit einer qualitativ anspruchsvollen Küche, die keinen Moment abhebt, sondern fest auf dem Boden gekonnter Kulinarik verhaftet bleibt. So wie hier im David, so könnte es gerne im Paradies sein: Ein Plätzchen in der Sonne, hoch oben und luftig und mit den Domspitzen von St. Peter den lieben Gott fest im Blick — vor sich ein wunderbar gefüllter Teller, der wie das Weinglas niemals leer wird. Das David verführt in Regensburg zu absolut himmlischen Gefühlen.

Fine Dining...

RESTAURANT BISCHOFSHOF Krauterermarkt 3 93047 Regensburg Tel. 033202 - 70 02 56 www.weingut-toeplitz.de RESTAURANT DAVID Watmarkt 5 93049 Regensburg Tel. 0941-56 18 58

...im Restaurant David.

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KULINARISCHE EXKURSION Regensburger Kulinaria

REGENSBURGER KULINARIA:

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Regensburger Kulinaria KULINARISCHE EXKURSION

REGENSBURGER KNACKER Wem’s Wurst ist, welche Wurst er isst, der wird auch keinen Sinn haben für die Onomatopoesie der echten Regensburger Knacker. Da hört man richtig, wie die Haut unter dem Zustich der Gabel knackt, platzt, der Saft spritzt. Da sieht man richtig, was für lustig-lis-

tige kullerige Wurst-Originale da über den Teller walzen. Und wer sich durch so eine Wurst hindurch beißt, von Zipfel zu Zipfel, gleichsam vom Pol zum Äquator und wieder zum Pol, der weiß, was sattes Behagen ist, was behagliches Sattsein.

REGENSBURGER BRATWÜRSTE Tu´ klüglich deine Zeit bemessen, dann reicht sie auch zum Bratwurstessen. So sagt man, dass die Regensburger Bratwürschtl so fein sein müssen, dass sie durch ein Schlüsselloch (eins von früher) passen. In Regensburg steht auch die älteste Bratwurstbude der

Welt, ein Hutzelhäuschen am Ende der Steinernen Brücke, für deren Erbauer sie vor rund 850 Jahren Kantine war. Man ordert vier, sechs, acht, zwölf bis unendlich Stück, mal mit, mal ohne Kraut, aber immer mit Händlmaier’s Senf und Schwarzer Kipferl.

REGENSBURGER SENF Gehört zu den Würschtln wie das Amen in den Dom: Händlmaier’s süßer Senf, der eine Regensburger Großtat ist. Früher wurde er in der Metzgerei in der Gesandtenstraße 17 im großen Topf gekocht, heute gibt es eine kleine Fabrik vor den Toren der Stadt. Die Rezeptur

der scharfen Sache wird im Familienbetrieb streng gehütet. Tipp der SeniorChefin Christa Aumer: Händlmaier’s Senf ist erst nach zwei Monaten in der Verpackung richtig reif. Ist das Töpfchen geöffnet, muss die Regensburger Kultwürze schnell verbraucht werden.

SCHWARZER KIPFERL Sie heißen nicht etwa so, weil sie dunkel, sondern weil sie eine Schöpfung vom Bäcker Schwarzer in der Oberen Bachgasse 7 sind. Knusprige Einzelstücke, die aus Roggen und Weizen, mit Kümmel und anderen geheimen Gewürzen gebacken werden. Die länglichen

Backwerke mit der schrundig-krachigen Kruste schmücken jeden Brotkorb und sind so gar nichts für verzärtelte Weißbrot- und Kuchenesser. Man verzehrt sie nicht nebenbei und nicht zwischendurch, sondern immer mit einer gewissen Andacht.

REGENSBURGER BIER Biertrinken ist eine Kunst. Von den Regensburgern kann man sie lernen. Das fängt schon bei der Auswahl an: Lagerbier, hell oder dunkel, hell- bis braungoldenes Märzenbier, das ebenfalls untergärige, stark gehopfte Pils, das Exportbier, die Starkbiere Bock

und Doppelbock mit bis zu sechseinhalb Prozent Alkohol, das obergärige Weizenbier, diverse Festbiere. Die Liste ist nicht vollständig, selbst dann nicht, wenn man die Malz- und Nährbiere noch hinzufügt. Und immer heißt es: »Bier ist gesund, solang man’s net säuft«.

REGENSBURGER WEIN Hier, an der nördlichsten Stelle der Donau, trank man schon Wein, als die Germanen Hopfen noch für Unkraut hielten. Die Römer haben vor rund zweitausend Jahren den Weinstock mitgebracht und ihre oenologische Kunst an die Ureinwohner weitergegeben.

Heute werden an den nach Süden geneigten Jurahängen stillgelegte Rebflächen wieder aktiviert, und die Winzer keltern einen trinkbaren, trockenen Landwein, der nur deshalb keine QbAQualifizierung erhält, weil das Anbaugebiet zu klein ist.

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KULINARISCHE EXKURSION Österreich

MADE IN AUST

KULINARISCHE ENTDECKUNGEN ZWISCHEN BREGENZ UND GRAZ / TEIL 1 VON JÖRG TEUSCHER UND THORSTEN TONSKI

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TRIA

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Wer mit langer Brennweite auf die österreichische Landwirtschaft blickt, entdeckt viele Besonderheiten: die kleinen Bauernhöfe, die vielen Tiere auf Weiden und Almen, den schonenden Umgang mit dem Boden. Alte Rassen und Sorten werden nicht verbannt, sondern hofiert — sowohl durch den aufgeklärten Konsumenten, aber auch ganz offiziell.

Da gibt es beispielsweise die geschützte Marke „Genussland Österreich“. Sie trägt dazu bei, besondere Kulturlandschaften zu erhalten und zu stärken. 110 mal wurde das Prädikat bisher verliehen — an Regionen, die für eine nachhaltige Lebensmittelproduktion und für traditionelle Spezialitäten stehen. In zwei Folgen stellen wir Ihnen besondere Beispiele vor.

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Regionalbekannt: Der Dietrich-Hof mit Hofladen in Lauterach.

Wiederbelebt: Riebelmaisanbau im Rheintal.

Luftgetrocknet: Kolben des Riebelmaises.

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Dr. Richard Dietrich.

Schmales Gesicht, hohe Stirn, randlose Brille — auf den ersten Blick wirkt Richard Dietrich nicht wie ein Land-, sondern wie ein Geistesarbeiter. Doch wie es häufig mit solchen Klischees ist, auch dieses stimmt eben nicht. „Sowohl als auch“, erwidert Dietrich auf die Frage, ob er sein Geld mehr mit dem Kopf oder eher mit den Händen verdiene. Der 54-Jährige aus Lauterach, einem Ort im westlichen Vorarlberg nahe des Bodensees, ist promovierter Agrarwissenschaftler, engagierter Landwirt und Obstbauer, versierter Autor und in allem ein Mann mit Grundsätzen. Biodiversität, Arten-, Sorten- und Geschmacksvielfalt also, ist eins seiner Lieblingsthemen. Regionale bäuerliche Vermarktungsstrukturen sind ein zweites. „Um nicht in einem globalen Einheitsbrei unterzugehen, ist es wichtig, zerstörte Kreisläufe wieder aufzubauen, den kulinarischen Reichtum der Regionen zu stärken und deren Traditionen zu achten“, sagt er. Zu den traditionellen Produkten seiner Heimat gehört der Riebelmais, ein weißer Hartmais, der seit etwa 350 Jahren im gesamten Rheintal angebaut und zu feinerem Riebel oder groberem Bramata vermahlen wird, um daraus eine Art Polenta kochen zu können.


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www.dietrich-kostbarkeiten.at Sowohl auf der Schweizer als auch auf der österreichischen Seite galt der Riebelmais als „Brot des Rheintals“ und war wichtiges Grundnahrungsmittel der bäuerlichen Bevölkerung. Nach dem Zweiten Weltkrieg verdrängten billige Weizenimporte und ertragsstarke Hybridmaissorten aus den USA das Uralt-Getreide vom Markt. Eine folgenreiche Entwicklung übrigens, die genauso auch in Deutschland vonstatten ging. Im benachbarten Bayern beispielsweise wächst heute auf über 70 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche Hybridmais, die neue

Monokultur zur Erzeugung von Biogas. Tendenz steigend. Männer wie Richard Dietrich ist es zu verdanken, dass der Riebelmais heute wieder kultiviert wird und die vermahlenen Körner ihren angestammten Platz in den Küchen Österreichs und der Schweiz zurück eroberten. Slow Food Austria nahm die alte Kultursorte in ihre Arche des Geschmacks auf; in der Schweiz steht sie im Register der AOC (Appellation d'origine contrôlée)- oder IGP (Indication géographique protégée)-geschützten Produkte. Das ist nicht nur eine Verbeugung vor der

Tradition. Der Riebelmais hat auch geschmacklich und ernährungsphysiologisch einiges zu bieten. Das belegt zum Beispiel eine Untersuchung der Schweizer Pädagogischen Hochschule St. Gallen, die vor allem den höheren Magnesium- und Kaliumgehalt im Vergleich zu herkömmlichen Maissorten hervorhebt und Polenta aus Riebelmaisgrieß besonders für die Sportlerernährung empfiehlt. Das belegen aber auch Spitzenköche der Region, die den Wert des geschmacksstarken Riebelmaises erkannten und ihn auf ihre Speisekarten setzten.

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Genussregion: Wildschönauer Krautingerrübe.

Erntezeit: Urtiroler Gemüse.

Erntedank: Prozession in der Wildschönau.

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Peter Lechner.

Die Tiroler Wildschönau ist ein Hochtal in den Kitzbüheler Alpen, ein rauer Landstrich von herbem Reiz, eine Seelenlandschaft. Sie erstreckt sich auf 24 Kilometern Länge über die vier Dörfer Niederau, Oberau, Auffach und Thierbach und ist im Rest Österreichs durch einen Rübenschnaps bekannt, an dem sich die Geister scheiden: der Krautinger. Manche sagen, er würde nach mehrfach getragenen Socken riechen. Andere behaupten, dass er auch so schmeckt. Peter Lechner gehört zu einer dritten Gruppe, den Fans des hochprozentigen Destillates mit geschützter geografischer Angabe. „Eine echte Kostbarkeit mit Charakter“, sagt Lechner, und man kann ihm nicht widersprechen. Der Pensionär aus Schwaz, einer Stadt auf halbem Weg zwischen Innsbruck und Kufstein, führte jahrzehntelang ein gut gehendes Feinkostgeschäft, verkaufte dort Jahr für Jahr ungezählte Flaschen Krautinger und verarbeitet auch heute noch dessen Ausgangsprodukt — die berühmte Krautingerrübe. Lechner macht daraus Rübenkraut, das sind eingelegte Rübenschnitzel, eine gefragte Delikatesse. Allerdings kann er nur einen Bruchteil dessen herstellen, was er verkau-


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www.amtirol.at fen könnte, denn die Krautingerrübe ist in den letzten Jahrzehnten selten geworden und inzwischen vom Aussterben bedroht. Nur noch 14 Landwirte in der Wildschönau bauen die große weiße Stoppelrübe an, die hier „Soachbruam“ heißt — auf insgesamt fünf Hektar. Die winzigen Samenkörner, die die Bauern selbst gewinnen, werden mit Sägespänen vermischt und per Hand im Frühjahr auf den vorbereiteten Äckern ausgesät. Im Spätherbst werden die zuweilen tennisballgroßen Rüben geerntet, ebenfalls „händisch“, wie man in Österreich sagt.

„Man kann die Rübe übrigens auch roh essen, nur mit ein bisschen Salz“, erklärt Peter Lechner, „sie schmeckt durch ihre typischen Glucosinolate besonders würzig und ist außerdem ziemlich vitaminreich.“ Das ist wohl auch der Grund dafür, dass die Herbstfrucht einst in der Volksmedizin von großer Bedeutung war. Das Rübenkraut sollte das Immunsystem stärken, der saure Saft des Krautes dem Magen guttun. Äußerlich wird es in den Dörfern der Wildschönau noch heute angewendet, beispielsweise bei Gelenkentzündun-

gen. Kein Wunder, dass der regionalen Tiroler Gemüsespezialität mit der langen Geschichte und dem besonderen Geschmack das Prädikat „Österreichische Genussregion“ zuerkannt wurde. Da ist Brassica rapa ssp. rapa — so ihre offizielle botanische Bezeichnung — übrigens in guter Gesellschaft. Außer der Krautingerrübe tragen lediglich der Alpbachtaler Heumilchkäse, die Oberinntaler Erdäpfel, das Osttiroler Berglamm, der Paznauner Almkäse, die Stanzer Zwetschke und vier weitere landwirtschaftliche Produkte dieses begehrte Gütesiegel.

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Bekannt: Die Vulcano-Schinkenmanufaktur in Auersbach.

Glücklich: Die Schinken-Schweine.

Informativ: Die Schinken-Welt.

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Die Gründer: Bettina und Franz Habel.

Burgegger Herrenschinken, Klagenfurter Blondschinken, Waldviertler Barriqueschinken, Weinviertler Thermenschinken, Wiener Beinschinken, Werfener Schlossschinken — nirgendwo in Europa ist die Vielfalt der getrockneten oder geräucherten Fleischspezialität größer als in Österreich. Einige dieser Sorten verdienen nicht nur begrifflich, sondern auch geschmacklich die Bezeichnung Delikatesse und können sich durchaus mit italienischem Parmaschinken, französischem Bayonne, kroatischem Prsut, spanischem Joselito und sogar mit den Super-Schinken Presunto de Barrancos und Casa de Porco Pret aus Portugal messen. Die Nummer Eins im Schinkenland Österreich kommt aus dem Vulkanland, einer Region in der Südsteiermark und trägt auch dessen Namen — Vulcano. „Wir wollen zu den Besten der Welt gezählt werden“, heißt es selbstbewusst im Firmenprospekt. Vier steirische Landwirte gründeten im Jahr 2000 dafür die Vulcano-Manufaktur. Bereits ein Jahr später wurde ihr Schinken als bestes steirisches Lebensmittel des Jahres ausgezeichnet, viele weitere Ehrungen folgten. Grundlage des Erfolgs ist das Vulcano-Schwein. Die Tiere der Edelrasse


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www.vulcano.at mit ihrer ausgewogenen Fettverteilung werden artgerecht gehalten und stressfrei geschlachtet. Für die Schinkenherstellung werden die Keulen trocken gesalzen, eine hauseigene Mischung aus heimischen Gewürzen verleiht dem Fleisch dann eine dezente, aber geschmacklich besonders raffinierte Note. Die Reifung erfolgt bei relativ hohen Temperaturen von 18 bis 20 Grad Celsius und über einen ausgesprochen langen Zeitraum — das Premiumprodukt der Vulcano-Manufaktur beispielsweise reift 27 Monate.

Peter Griebel, Küchendirektor im Berliner Estrel-Hotel und ein ausgesprochener Kenner der europäischen Schinkenszene ist begeistert: „Der Vulcano-Schinken steht für mich in einer Reihe mit dem Bayonner Schinken aus Frankreich sowie dem Parma- und dem San-Daniele-Schinken aus Italien, wobei das Vulcano-Produkt mit seinen vielen feinen Aromen geschmacklich eine Art Mischung aus allen ist.“ Übrigens: Die Herstellung des Vulcano-Schinkens in der Feldbacher Manufaktur ist eine öffentliche Angelegenheit, transparent von Anfang bis Ende.

Dafür haben die Produzenten auf über 1.000 Quadratmetern eine sogenannte „Schinkenwelt“ geschaffen, in der Besucher erleben können, was es mit den Besonderheiten der Produktion des Vulcano-Schinkens auf sich hat. „Natürlich dient das Ganze auch dem Marketing“, so Bettina Habel, stellvertretende Geschäftsführerin. Auf jeden Fall nehmen alle, die den Weg zur „Schinkenwelt“ abseits der großen Straßen finden, als wichtigste Erkenntnis mit, dass guter Schinken keine Massenproduktion sein kann, weil er eins braucht — Zeit.

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Bio-Bauer Walter Froihofer.

Winterlich: Krautgrube im Tiefschnee.

Herbstlich: Kohlernte und Grubenbefüllung.

Speziell: Happeln aus der Grube.

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Steirisches Grubenkraut stammt von milchsäurevergorenen Weißkohlköpfen, deren Herstellung einer uralten Tradition folgt, die allerdings nur noch von wenigen Bauern gepflegt wird. Waltraud und Walter Froihofer gehören nicht nur zu den Grubenkraut-Aktivisten in der Steiermark — die beiden Biobauern waren es auch, die diese archaische Konservierungsmethode vor dem Vergessen bewahrten. Wer allerdings im Winter auf den Froihof in der Nähe des Dorfes Fischbach fährt, bekommt nicht viel davon zu sehen. Die Krautgruben sind verschneit, die Bäuerin grippekrank, ihr Mann Walter in Zeitnot. Aber weil Steirer gastfreundliche Leute sind, gibt es dann doch noch eine Erklärung im Schnee und Kostproben in der Küche. Waltraud und Walter Froihofer bauen auf ihrem Bio-Hof, eigentlich einem klassischen Milchviehbetrieb, auch Weißkohl an. Sieben alte Sorten, denen die Schädlinge in Höhenlagen um die 1.000 Meter nicht viel anhaben können. Aus dem Gros der Köpfe entsteht Grubenkraut. Froihofer beschreibt die Prozedur: „Die Köpfe werden rund fünf Minuten in einem Eisenkessel mit heißem Quellwasser blanchiert und an der Luft getrocknet. Dieser Vorgang dient


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www.froihof.at der Desinfektion, setzt aber auch die Fermentation in Gang. Dann werden die äußeren grünen Blätter entfernt, und die Kohlköpfe kommen in die Grube, ohne Salz, ohne Gewürze.“ Ganz wörtlich ist das Zitat nicht, denn Froihofer benutzt anstelle des Substantivs „Kohlkopf“ den Dialektbegriff „Happel“, und die „Grube“ nennt er „Ohla“. Ihre Maße: gut vier Meter tief und 1,20 Meter im Durchmesser. Das Besondere: Sie ist mit Lärchenholz ausgekleidet. Etwa vier Tonnen Kohl passen in eine Grube, zwei davon haben Waltraud und Walter Froihofer an-

gelegt. Nach der Kohlernte im Oktober werden sie gefüllt und abgedeckt, fünf bis sechs Monate später sind die Köpfe genussreif und werden ab Hof verkauft: geschnitten in Gläsern oder im Ganzen vakuumiert. Es ist ein aufwändiger Prozess, bis die Natur aus jungfräulichen Kohlköpfen gereiftes Grubenkraut gemacht hat, und es ist Schwerstarbeit. Kein Wunder, dass in unserer Zeit der Tempo-Technologien und Billig-Methoden in der Lebensmittelherstellung so etwas wie das Grubenkraut kaum eine Chance hat, es sei denn, es gibt Produzenten wie die Froihofers, denen

die Tradition noch etwas wert ist und Konsumenten, die das anerkennen. Geschmacklich jedenfalls ist das Fischbacher Grubenkraut mit seiner feinen, milden Säure, einer leichten, erdigen Note und der knackigen Konsistenz schon frisch etwas Besonderes, verarbeitet wird es zum Hochgenuss. „Natürlich hilft es uns, wenn Haubenköche unser Grubenkraut auf ihre Speisekarten setzen, wenn Händler, denen gute Lebensmittel am Herzen liegen, es in ihr Angebot aufnehmen oder wenn Slow Food International es mit der Anerkennung als Presidio ehrt.

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RUBRIKEN Fuhrmanns Früchtekorb

Firmenchef Dieter Fuhrmann.

Wenn in Berlin oder Brandenburg ein weißer 7,5-Tonnen-Kühltransporter mit dem Zeichen der Kirsche ein Hotel, ein Krankenhaus, eine Kantine

oder ein Restaurant ansteuert, heißt es dort schlicht: Fuhrmann kommt. Dieter Fuhrmann, Chef des gleichnamigen Fruchtgroßhandels und der

Grand Old Man seines Berufsstandes in Berlin, gehört zu den kenntnisreichsten Männern seiner Branche. Lieber klein, dafür fein — mit diesem Motto startete er 1977 auf einem Charlottenburger Hinterhof ins Obstund Gemüsegeschäft. 1980 Umzug auf den Fruchthof an der Beusselstraße, 1996 Eintritt seines Sohnes Marcus als Juniorchef in die Firma, 2007 Übernahme einer neuen Kühlhalle. Inzwischen beschäftigen die Fuhrmänner 28 Mitarbeiter, die mit 18 Kühltransportern rund 500 Produkte ausliefern, pünktlich, zuverlässig und in hoher Qualität. Für Garcon stellen die Großhändler Dieter und Marcus Fuhrmann im Wechsel ihre Früchte vor.

Heute: Die Morchel

FUHRMANNS FRÜCHTEKORB DAS AROMENWUNDER VON DIETER FUHRMANN

Jeden Morgen, wenn ich in unserer Kühlhalle die Ware begutachte, bin ich begeistert: Es gibt doch nichts besseres als knackiges, frisches, junges Gemüse! Deshalb sind für mich Zeitmangel und

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Küchenstress auch keine Argumente, jetzt, im Frühjahr und Frühsommer, allemal nach diesem langen Winter, zu Dosengemüse zu greifen — weder zu Hause noch im Restaurant.

Mein Lieblingsgericht in dieser Jahreszeit ist eigentlich ein Mischgemüse aus Blumenkohl, Erbsen, Karotten, Kohlrabi und Spargel, allerdings schon ein besonderes.


Fuhrmanns Früchtekorb RUBRIKEN

Sein Name: Leipziger Allerlei, ein berühmter Klassiker der deutschen Küche. Das Originalrezept wurde zum ersten Mal 1892 im „Allgemeinen deutschen Kochbuch für alle Stände“ von Sophie Wilhelmine Schreiber veröffentlicht. Fünf Jahre später tauchte es auch in Henriette Davidis „Praktischem Kochbuch für die gewöhnliche und feinere Küche“ auf. In beiden Fällen empfehlen die damals berühmten Koch-Damen, die Vorfahrinnen von Sarah Wiener sozusagen, neben dem Gemüse Flusskrebse und Speisemorcheln als unbedingte Zutaten, womit wir bei unserem heutigen Thema wären, der Morchel also. Für mich kommt der Pilz mit seinem wabenartigen Hut und seiner aromatischen Würze noch vor dem Trüffel, der inzwischen leider langsam inflationär und häufig auch noch mit grausigem Trüffelöl verstärkt wird. Da lobe ich mir beispielsweise Kalbsschnitzel mit Morchelsauce, Kalbsbries mit Morcheln oder eben Leipziger Allerlei. Das sind Gerichte, die ich den neumodischen, oft mit künstlichen Aromen gepimpten sogenannten „Geschmacksexplosionen“ allemal vorziehe. Die übrigens sehr vitaminreichen Morcheln wachsen in Laub- oder Auwäldern, besonders in der Nähe von

Eschen, auf Waldwiesen und an Flussufern, wenn es dort kalkhaltige und humusreiche Böden gibt. Meines Wissens existieren 12 verschiedene Mor-

Leipziger Allerlei.

chelarten, die sich äußerlich zwar stark ähneln, geschmacklich aber durchaus verschieden sind. Unter den Speisemorcheln (Morchella esculenta) am meisten verbreitet, ist die Spitzmorchel (Morchella elata), frisch ein ganz und gar saisonales Produkt, das etwa von Mitte April bis Ende Juni verfügbar ist. Deutsche Speisemorcheln allerdings — sie werden übrigens auch „Gold des Waldes“ genannt — sind heute so selten wie die Blaue Mauritius und stehen außerdem unter Naturschutz. Das ist auch der Grund dafür, dass man hierzulande überwiegend Importware aus der Türkei, Bulgarien, und Serbien, aber auch aus Kanada findet. Achtung übrigens — woher auch immer die kulinarischen Kostbarkeiten stammen — roh sind Morcheln ungenießbar und sollten deshalb für den Verzehr mindestens einige Minuten gegart werden. www.dieter-fuhrmann.de

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Marktnischen RUBRIKEN

MARKTNISCHEN

ENTDECKUNGEN ZWISCHEN KOLLWITZPLATZ UND MAYBACHUFER VON PETRA LEONHARDT UND HANS-JÜRGEN BERGS Rund 120 Wochenmärkte gibt es in Berlin, und die meisten erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Bestes Beispiel ist der Freitags- und Samstagsmarkt in der Kreuzberger Markthalle IX. An über 30 Marktständen werden regionale Produkte angeboten, typische Nahrungsmittel aus der Uckermark, dem Spreewald, aber auch aus der unmittelbaren Umgebung — Kräuter und Pflanzen etwa aus den Prinzessinnengärten am Moritzplatz. Klatsch wird getauscht, Geschichten werden erzählt, Ereignisse gefeiert. Es gibt Märkte, die riesig groß sind wie die am Maybachufer oder auf dem Winterfeldtplatz, mit hunderten Besuchern und lärmendem Stimmengewirr.

Doch auch abseits der bekannten Plätze bekommt man Eier von glücklichen Hühnern und Gemüse, das ohne Pestizide gewachsen ist — zum Beispiel auf dem Arkonaplatz in Prenzlauer Berg oder dem Wilmersdorfer Hohenzollernplatz. Alle diese Märkte funktionieren als soziale Orte, an denen Menschen ihre Beziehungen auf die Probe stellen und als ästhetische Räume, in denen visuelle, akustische und olfaktorische Reize in ihrer Vielfalt und Intensität erfahrbar werden. Die Kunden schätzen Nähe, Frische und kompetente Beratung. Den größten Zuspruch haben deshalb Händler, die gleichzeitig Produzenten sind. Das gilt für Rüdiger Kebe und sei-

ne Feinkostprodukte auf dem Kollwitzplatz ebenso wie für Axel Szilleweit und seine seltenen Gemüsesorten auf dem Chamissoplatz in Kreuzberg. Dazu gehören auch die Gärtnerinnen aus Blumberg, die zum Beispiel echte Brunnenkresse und Portulak anbieten oder die Bauern der Hofgemeinschaft Marienhöhe aus Bad Saarow, zwischen deren frischer Butter und den Supermarkt-Sorten geschmackliche Welten liegen. Unter der Rubrik „Marktnischen“ stellt Garcon regelmäßig kleine Händler aus Berlin und Brandenburg vor, deren Wochenmarkt-Offerten es durchaus wert sind, auch mal quer durch die Stadt zu fahren.

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RUBRIKEN Marktnischen

CHRISTINE BERGMANN AUF DEM KARL-AUGUST-MARKT:

PILZSPEZIALITÄTEN MIT KOMPETENZ „Den Titel Dr. myk. hätte sie verdient, auf jeden Fall ehrenhalber“, sagt ein älterer Herr und fügt mit Blick auf die Umstehenden hinzu, „myk. für Mykologie, Pilzkunde.“ Wir sind im gutbürgerlichen Charlottenburg, der Samstagsmarkt auf dem Karl-August-Platz gehört, was die Lebensmittelofferten betrifft, zum Besten, was Berlin zu bieten hat. Seit fünf Jahren verkauft Christine Bergmann hier Zucht- und Waldpilze, derzeit natürlich mehr Zuchtpilze. Über den angetragenen Titel lächelt sie nur, die 33-Jährige hat längst einen, der noch mehr hermacht. Auf ihrer Visitenkarte steht unter dem Namen als Berufsbezeichnung schlicht „Königin“. Sicher, das dient dazu, Aufmerksamkeit zu erregen, aber es ist auch viel Wahres dran. Der Stand ist d n a nicht nur kt-St mar n wegen ihe h c

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res umwerfenden Lächelns und des außergewöhnlichen Angebots umlagert, vor allem ist es wohl das Wissen um die Ware, das die Kunden anzieht. Ob Austern-, Kastanien- oder Rosensaitling, Pom-Pom, Shiitake oder Stachelbart, ob Aufbewahrung oder Verarbeitung, Christine Bergmann berät ausdauernd, freundlich und sachkundig. Und weil das nicht gerade alltäglich ist in Berlin, gebührt ihr also auch die Krone der Pilzkönigin. Im „normalen“ Leben ist die gebürtige Marburgerin ausgebildete Heilpraktikerin. Mit Kollegen teilt sie sich eine Praxis in Prenzlauer Berg, und

neben ihrem Beruf und dem Pilzverkauf studiert sie in London noch Psychologie — „prozessorientierte Psychologie“, sagt sie. Eine Frau mit Verve und mit Zielen. Hut ab! Auf die Pilze kam sie zufällig, durch einen früheren Verkäuferinnenjob bei der Extertaler Biopilzzucht im niedersächsischen Extertal, einem Ort zwischen Hannover und Bielefeld. Sie fand Interesse an Pleurotus ostreatus und Co., mietete schließlich den Wochenmarktstand auf dem Karl-August-Platz — der Rest siehe oben. Neuerdings verkauft sie auch Pilzbürsten und Pilzmesser. Und in der vorigen Woche bot Christine Bergmann zum ersten Mal italienische Sommertrüffel an. Die gingen weg wie warme Semmeln. Nun hat sie Mut auf mehr.


Marktnischen RUBRIKEN

SYLVIE ASSIG AUF DEM WOCHENMARKT AM BOXHAGENER PLATZ:

BACKMISCHUNGEN MIT GESCHICHTE Normalerweise sind Convenienceprodukte nicht unser Ding, gleich, ob es sich dabei um Tiefkühlpizzen, Tütensuppen oder andere Fix-und-FertigAngelegenheiten handelt. Im Fall der Backmischungen, die Silvie Assig jeden Samstag auf dem Wochenmarkt am Boxhagener Platz anbietet, wollen wir jedoch großzügig eine Ausnahme machen — erstens, weil die 33-Jährige ihre Angebote mit so viel

Charme offeriert; zweitens, weil sie gänzlich auf künstliche Farb- und Aromastoffe verzichtet und drittens, weil ihre kulinarischen Kreationen interessante Berliner Geschichten erzählen. Eine davon geht beispielsweise so: Am Potsdamer Platz stand Berlins erste Verkehrsampel, 1924 nach einem Entwurf des Architekten Jean Krämer errichtet. Mit Hilfe von Lichtsignalen sollte der rasant wachsende Automo-

bil- und Straßenbahnverkehr geregelt werden. Eine für damalige Verhältnisse zwar revolutionäre Sache, die sich aber nicht bewährte — der Turm blieb dennoch stehen, als erhöhter Beobachtungsplatz für einen Schutzmann. Erzählungen darüber und Erklärungen dazu sind keine Hürden für Silvie Assig, schließlich ist die 33-Jährige diplomierte Kulturwissenschaftlerin mit Hang zum Historischen — und natürlich zur Plätzchenbäckerei. Die Backmischung „Potsdamer Platz“ für leckere Haferkekse enthält dann auch Cranberries, Kürbiskerne und Äpfel — Ingredienzen, die für die Ampelfarben rot-gelb-grün stehen. Nur noch mischen, Butter und ein Ei dazu, ab in den Ofen und ruck, zuck sind die Kreativplätzchen fertig. Sieben solcher Mixe mit Geschichte gibt es derzeit. Nicht nur am Boxi, sondern beispielsweise auch in Dussmanns Wochenm Kulturkaufarkt-Sta nd samstag haus. s: Boxhag ener Pla tz, Berlin-F riedrich shain 9.0 0 - 15 .30 Uhr www.bac kflasch.d e


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Ihre Antwort bitte an: Bildart Media Verlag GmbH Redaktion GARÇON Marzahner Promenade 26 12679 Berlin E-Mail: info@bildart-verlag.de Die Gewinne, ein De-luxe-Grillpaket von Gourmet Connection und zwei Kochbücher, werden unter den Teilnehmern verlost, die die Frage richtig beantwortet haben. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Einsendeschluss ist der 15. Juli 2013. Die Gewinne werden von der Redaktion per Post zugesandt.




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