Steirerland Thema

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Thema zur Ausgabe No. 85 März 2008

Steirerlandthema

Zum Gedenken an ã70 Jahre AnschlussÒ …sterreichs an Hitler-Deutschland

Orte des Erinnerns in der Steiermark In ganz Österreich gibt es Orte, Denkmäler und Gebäude, die uns an die nationalsozialistische Vergangenheit unseres Landes erinnern. Natürlich ist auch die Steiermark nicht vom NS-Regime verschont geblieben und deshalb finden wir auch hier Orte des Erinnerns. Auf dem Boden der grünen Steiermark wurden in der NS-Zeit zahlreiche Nebenlager des KZ-Mauthausen errichtet, in denen sich der NS-Terror in unglaublicher Grausamkeit und Brutalität fortsetzte. Das erste KZ, welches in der Steiermark im Jahr 1941 entstanden ist, lag in Bretstein. Im Jahr 1942 wurden die KZs Lind und St. Lambrecht (Männerlager) errichtet. Dort wurden Arbeiten für den Bereich Landwirtschaft und Bauarbeiten von den Inhaftierten verrichtet. 1943 kam das Frauenlager St. Lambrecht und das KZ Eisenerz hinzu, wobei in Eisenerz der Höchststand an Häftlingen 400 betrug. Im darauf folgenden Jahr wurden die KZs Lannach, Leibnitz und Peggau erbaut. Der Arbeitseinsatz in den KZs Leibnitz und Peggau konzentrierte sich auf Stollenbau und Rüstungsindustrie. Weiters befanden sich in diesen beiden Konzentrationslagern die meisten Häftlinge, in Leibnitz 655 und in Peggau 900 Menschen.

Zwischen Wald und Hügeln versteckt, kaum eine halbe Gehstunde von der Tramway Endstation Wetzelsdorf entfernt, liegt der Feliferhof, der ab 1941 zu einem Ort nationalsozialistischen Terrors wurde. Denn an diesem so „idyllischen“ Platz wurden in den Jahren von 1941 – 1943 die Todesurteile, die von den Militär- und Polizeigerichten verhängt wurden, vollstreckt. Ab 1943 bis Anfang 1945 wurde im Landesgericht in der Conrad von Hötzendorfstrasse eine Hinrichtungsstätte eingerichtet. Ab Februar wurden die Hinrichtungen wieder am Feliferhof vollzogen. An diesem ehemaligen Schießplatz wurde auf Initiative des Bundesheeres 1980 eine Erinnerungstafel angebracht. Den Präbichl, nicht nur bekannt durch seine wunderschönen Wanderrouten, plagt ein trauriges Schicksal. Denn bei einem so genannten Todesmarsch wurden 200 aus Ungarn stammende Jüdinnen und Juden vom Eisenerzer Volks-

KZ-Außenlager, die NAPOLAS, Verfolgung, Denunziation und Terror standen auch in den steirischen Regionen auf der Tagesordnung. sturm (unter der Leitung des Leobener Kreisleiters Otto Christandl) ermordet. Denn dieser feuerte wahllos in einen aus 7.000 Menschen bestehenden Personenzug. Heute erinnert auf der Passhöhe ein Mahnmal an das blutige Massaker. Die Nervenklinik Sigmund Freud in Graz war ein Ort der grausamen „NS-Gesundheitspolitik“, denn 1.400 Menschen fielen dem Euthanasieprogramm der Nationalsozialisten zum Opfer.

Bilanz des Grauens Schätzungen zufolge fanden im 2. Weltkrieg 55 bis 60 Millionen Menschen den Tod. 5,6 bis 6,3 Millionen Jüdinnen und Juden wurden von den Nationalsozialisten im Holocaust ermordet. Weitere nationalsozialistische Massenmorde betrafen Millionen so genannter „SlawenInnen“, hunderttausende Behinderte, Roma und Sinti, 20.000 SozialdemokratInnen und KommunistInnen, 5.000 Homosexuelle und 1.200 Zeugen Jehovas.

In drei Orten der Steiermark, nämlich in Vorau, Seckau und auf Burg Strechau befanden sich so genannte NAPOLAs (Nationalpolitische Erziehungsanstalten) in denen das nationalsozialistische Gedankengut weitergegeben bzw. eingetrichtert wurde. In diesen Schulen sollte die zukünftige Elite des „Tausendjährigen Reiches“ herangezogen werden. Der Leitspruch der Schulen lautete: „Erziehung zu Nationalsozialisten, tüchtig an Leib und Seele für den Dienst an Volk und Staat“. Auch der Toplitzsee und Altaussee werden oft in Verbindung mit dem Nationalsozialismus gebracht. Zwischen 1943 und 1945 wurden im Toplitzsee waffentechnische Versuche der deutschen Kriegsmarine durchgeführt. Gegen Kriegsende wurden Kisten mit gefälschten englischen Pfundnoten im See versenkt, die gedruckt wurden, um die Wirtschaft Englands zu schwächen. Im Bergwerk in Altaussee wurden während des Krieges die von den Nazis ge-

stohlenen Kunstwerke und Schätze aus Österreich und Europa im Stollen versteckt. Mit Kriegsende wurde von den Nazis angeordnet, das Bergwerk zu sprengen, jedoch wurde diese Aktion vom SS-Chef der Ostmark, Ernst Kaltenbrunner, gestoppt. Die Steiermark war auch für die Rüstungsindustrie im 2.Weltkrieg von zentraler Bedeutung, vor allem das Eisenerzvorkommen am Erzberg war ausgesprochen interessant für die Nationalsozialisten. Die Übernahme des Erzberges erfolgte 1881 durch die ÖAMG (Österreichisch-Alpine-Montangesellschaft) und nach dem Anschluss wurde die ÖAMG in den deutschen Vierjahresplan für Rüstung und Wirtschaft miteinbezogen. Sie gehörte ab 1.Oktober 1938 zu den Reichswerken Hermann Görings. Es gab damals zahlreiche Produktionsstätten für Zulieferteile der Flugzeugindustrie, beispielsweise in Graz, weiters Munitionserzeugunswerke in Leibnitz und Knittelfeld, Stahlwerke in Bruck an der Mur, Kapfenberg, Mürzzuschlag und Judenburg. Natürlich gab es noch mehr Lager, Produktionsstätten und Werke im Bereich der Rüstungsindustrie in der Steiermark, doch alle aufzuzählen würde den Rahmen dieses Artikel sprengen. Was jedoch noch kurz erwähnt werden sollte, sind die Flugplätze Zeltweg und Aigen im Ennstal im Bezirk Liezen. Am 13. März 1938 wurden beide Flugplätze von Einheiten der Schutzpolizei besetzt und am 16. März landeten die ersten Maschinen der Luft-

waffe am Flugplatz Zeltweg. Man muss jedoch anmerken, dass auf Grund der Lage der beiden Flugplätze inmitten der Berge, was vorerst als Schutzfunktion gedacht war, sich damals zu einem Hindernis wandelte und deshalb Plätze in flacheren Landesteilen bevorzugt wurden. Das Wahrzeichen der Landeshauptstadt ist zweifelsohne der Schlossberg mit seinem Uhrturm. Doch auch dieses idyllische Plätzchen mitten im Zentrum der Stadt gelegen, wurde im 2.Weltkrieg der wichtigste Zufluchtsort der Grazer Bevölkerung, Von 1943 – 1945 erbauten Wehrmachtsangehörige, einheimische Bauarbeiter sowie ausländische Zwangsarbeiter in über 1 Million Arbeitsstunden ein unterirdisches Stollensystem, welches weit verzweigt war und bei Bombenangriffen ca. 40 000 Grazern und Grazerinnen Schutz bot. Anhand dieses kurzen Artikels, der sich mit den Orten und Plätzen auseinandersetzt, die damals für die NS-Herrschaft von Bedeutung waren, lässt sich erkennen, welchen ungeheuren Einfluss die Nationalsozialisten und Adolf Hitler in Österreich hatten. Sie hatten ihre Finger überall im Spiel, egal ob Justiz, Pflege, Industrie, Bildung oder Erziehung. Mit Erschrecken muss man heute feststellen, dass die nationalsozialistische Politik keine Grenzen kannte. An unzähligen Orten finden wir heute in der Steiermark noch Spuren einer grausamen Zeit, die keine Ecke unseres Landes verschonte. Alexandra Bärtl

Gedenkprojekte Steiermark Die ARGE Jugend gegen Gewalt und Rassismus Steiermark bietet Gemeinden, Schulen, Jugendgruppen und Vereinen die Möglichkeit, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen und die Geschichte aufzuarbeiten. Zwei Projekte wollen wir hier vorstellen, um auch andere Gemeinden auf diese Möglichkeit aufmerksam zu machen.

KZ-Nebenlager Bretstein Die Projektgruppe besteht aus ca. 20 Jugendlichen im Alter von 19 bis 21 Jahren, arbeitet und beschäftigt sich schon seit Anfang 2002 mit dem Thema „Spurensuche im Außenlager Bretstein, einem Nebenlager in Mauthausen“. Was bisher geschah? Die Jugendgruppe betrieb eine historische Recherche und beschäftigte sich im Detail mit dem Ort. Weiters pflegten sie Kon-

takt zum Bürgermeister von Bretstein und es wurden die Schauplätze des Geschehens besichtigt sowie ZeitzeugInnen befragt. 6 Schautafeln und ein Videofilm über das Nebenlager Bretstein wurden bereits gestaltet. Zwei wichtige Punkte sind die Freilegung der Kommandostiege und der Fundamente, sowie die Gestaltung eines Mahnmals in Bretstein. Nun plant die Projektgruppe einen Gedenkraum in Bretstein, welcher sich in unmittelbarer Nähe des ehe-

maligen KZ Nebenlagers befinden soll. Bei der Gestaltung wäre es ein Wunsch seitens der jugendlichen HistorikerInnen mit ein zu beziehen. Dieser Raum soll einerseits Auskunft über die historischen Hintergründe geben und auf rund 20 Schautafeln, die gesamte Geschichte um das KZ Bretstein darstellen und andererseits die Beziehung zur Gemeinde damals und den Umgang mit der Vergangenheit heute aufzeigen. Präbichl Bis vor wenigen Jahren gab es am Präbichl kein entsprechendes Gedenkzeichen, welches an das Massaker von 1945 erinnert. Die Jugendgruppe stellte im Jahr 2000 gemeinsam mit dem Zeitzeugen Walter DallAsen einen Antrag zur Errichtung einer Gedenkstätte

für die Opfer des Todesmarsches an den damligen Eisenerzer Bürgermeister Hermann Auernigg. Daraufhin wurde im Gemeinderat ein einstimmiger Beschluss gefasst, eine würdige Gedenkstätte ins Leben zu rufen. Es gab bzgl. der Gestaltung des Denkmals einen Jugendprojektwettbewerb, an dem sich 14 Jugendgruppenbeteiligten (aus BORG, HS I, HS II, HAK). Die besten drei Exponate traten in einen Umsetzungsdialog mit der Stadtgemeinde Eisenerz und am 28.05.2003 erfolgte die Aussteckung der geplanten Erinnerungsstätte am Präbichl. Die Eröffnung fand am 17.06.2004 statt. Am 31.10.2005 erfolgte zum zweiten Mal eine Kranzniederlegung zum Gedenken an die jüdischen Opfer, die beim Todesmarsch ihr Leben lassen mussten.

Überlebende des Todesmarsches am Präbichl vor dem 2004 enthüllten Denkmal, Juditha Hruza und Bela Budai

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NS-Kommunalpolitik Die Nazi-Schergen machten auch vor den Toren der Gemeindeämter nicht halt. Die Rolle der Gemeinden innerhalb des verbrecherischen Regimes wurde lange Zeit von der Wissenschaft sträflich vernachlässigt. Nach und nach tauchen erste Ergebnisse und Erkenntnisse auf. Die Steirerland-Sonderbeilage soll einen Einblick in die völkische Gemeindepolitik und deren Mitwirkung an Verbrechen, Krieg und Terror gewähren. ãJeder deutsche Kommunalpolitker, der sich zum Staate Adolf Hitlers bekennt und gewillt ist, nach den Richtlinien der nationalsozialistischen Weltanschauung zu leben, bezieht die Zeitschrift Die nationalsozialistische GemeindeÒ

...so lautete der Aufruf an die Gemeindepolitiker der Ostmark nach dem Anschluss am 12. März 1938 in der oben erwähnten Propagandaschrift. Bereits 1927 hatte Hitler den späteren NS-Oberbürgermeister von München, Karl Fiehler, mit den Aufgaben der kommunalpolitischen Fachabteilung der NSDAP betraut, aus der das Hauptamt für Kommunalpolitik hervorging. Dieses Amt war gleichzeitig Herausgeber der Zeitschrift „Die nationalsozialistische Gemeinde“ und beriet den Führer sowie dessen Stellvertreter in allen kommunalpolitischen Fragen. Unter der obersten Leitung von Fiehler wirkten Städte und Gemeinden stärker an der Verfolgungspolitik mit, als bisher angenommen. Sie entließen Mitarbeiter aus rassischen und politischen Gründen. Sie wirkten an Judenverfolgung und Deportationen mit, „arisierten“ Kunstgegenstände, private Bibliotheken, Gold-

und Silbergegenstände sowie Immobilien und in größeren Städten erfolgte auch die „Massensterilisierung“ von Erbkranken über die kommunalen Gesundheitsämter. Bei Aktionen gegen Juden waren das Hauptamt für Kommunalpolitik und Fiehler (ein Nationalsozialist der ersten Stunde) stets „Vorreiter“. Der erste Boykott gegen jüdische Geschäfte wurde von Fiehler in vorauseilendem Gehorsam ausgesprochen und betrieben. In München erprobte der Hauptamtsleiter für Kommunalpolitik gewalttätige Aktionen gegen jüdische Geschäfte, ließ deren Schaufenster mit Aufschriften wie „Bin im Urlaub in Dachau“ beschmieren, um herauszufinden, ob die arische Öffentlichkeit geschockt oder gleichgültig auf derlei Aktionen reagieren würde. Das apathische Verhalten der Bevölkerung ermutigte die NSFührer zu neuen Exzessen.

die allgemeine Hetzjagd auf Juden, die in der darauf folgenden Pogromnacht (später euphemistisch als „Reichskristallnacht“ bekannt geworden) ihren ersten Höhepunkt fand: In dieser gelenkten Zerstörungsnacht im gesamten

Am 9. November 1938 lud der „oberste Kommunalpolitiker“ des Reiches nahezu alle NS-Spitzen zu einem „Kameradschaftsabend“ in das Münchner Rathaus. Eine wüste antisemitische Hetzrede Goebbels war dann für die anwesenden SA- und Parteiführer das Signal für

Bereits Monate davor finden sich in der „NS-Gemeinde“ Artikel, die klar auf die Verfolgung jüdischer und kritischer Literatur abzielen. Bereits in einer frühen Ausgabe des Jahres 1938 ist folgender Aufruf an die Bürgermeister des Reiches abgedruckt:

Deutschen Reich wurden etwa 400 Menschen in den Tod getrieben. Diese Nacht markiert gleichzeitig auch den Übergang von Ausgrenzungspolitik gegenüber Jüdinnen und Juden hin zur systematischen Verfolgung.

BŸrgermeister,prŸft die BŸchereien eurer KrankenhŠuser darauf durch, ob sie dem Geist der heutigen Zeit entsprechen! Scheidet unverzŸglich SchŠdliches aus und ersetzt es durch gute deutsche BŸcher! Bedenkt, dass jedes Buch Erziehungsarbeit leisten muss. Und schaut auch darauf, dass den Patienten und dem Personal eurer KrankenhŠuser Gelegenheit gegeben ist, die NS-Presse zu lesen. Das wahre Gesicht der NS-Kommunalpolitik enthüllte ein Flugblatt der deutschen Sozialdemokratie schon im Jahr 1932, noch vor der Machtergreifung durch die Nazis. Unter dem Titel „Worte rollen – Seifenblasen platzen“ veröffentlichten sozialdemokratische KommunalpolitikerInnen eine Zusammenfassung der Irrungen und Wirrungen nationalsozialistischer Kommunalpolitik, die (so der Originalwortlaut aus 1932) auch die Kommunen zur Katastrophe treiben soll. Mit Beispielen aus diversen Gemeinden wird hier dokumentiert, wie die Nazis in den Gemeindestuben gegen

das Wohl der EinwohnerInnen Parteipropaganda betreiben, leeres Stroh dreschen, sich selbst und die NSDAP bereichern, Renten unterschlagen und Korruption im hohen Ausmaß stattfindet. Geholfen hat leider letztendlich auch diese Broschüre nicht, denn nur wenige Monate später hatten die Nazis die Macht im Staat – die Frage allerdings, ob die Katastrophe absehbar war, erscheint so durchaus im neuen Licht. Lange Zeit endete die historische Forschung zum Nationalsozialismus vor den Toren der Rathäuser, weil mit der Theorie von der „Gleichschaltung der Rathäuser“ das Thema erschöpft schien. Erst neue Erkenntnisse zeigen, dass die Gemeinden als örtliche politische Ebene zwar in der Hand der NSDAP waren, die kommunale Selbstverwaltung aber durchaus erhalten blieb, und sich die Kommunen oft sogar neue Tätigkeitsfelder erschlossen, die sie selbständig ausfüllten, weil die Gemeindeverwaltungen für die Verbrechen der Zeit unerlässlich waren. Bei der Organisation der Zwangsarbeit beispielsweise, oder aber auch bei der Judenverfolgung, wo nicht selten festzustellen ist, dass die Radikalisierung auf Druck der Kommunen stattfand. Für kommunale Geschichtsaufarbeitung tut sich hier ein weites, noch wenig bearbeitetes Feld auf.

Ewiges Mahnen! Viel ist schon geschrieben worden über die Greueltaten des Nazi-Regimes, aber relativ wenig war und ist bekannt über die Rolle der Gemeinden im verbrecherischen System von Terror, Angst, Verfolgung und Tod. Beim Recherchieren wurde rasch klar, dass die Nationalsozialisten beim Beseitigen der Spuren in den Gemeindeämtern gründlich gearbeitet haben, denn die meisten kommunalen Dokumente und Spuren wurden beseitigt. In zahlreichen Gesprächen, beim Recherchieren in diversen Archiven des Landes, in den Bibliotheken und an der Uni Graz entstand dieses „Steirerland Thema“, das unser Beitrag zum Gedenkjahr 2008 sein soll. 70 Jahre nach dem „Anschluss“ sind wir, die wir das Glück haben, in eine andere Zeit hineingeboren worden zu sein, sehr froh, dass wir unsere Meinungsfreiheit genießen und versuchen dürfen, zu verstehen, was in den Märztagen des Jahres 1938 und danach in den steirischen Gemeinden passiert ist. Gernot Leskovar

Alexandra Bärtl bei der Recherche

„Ich habe so viel Macht wie Nero im alten Rom“ Dieses Zitat stammt von Siegfried Uiberreither, dem obersten Vollzugsorgan während der NS Diktatur in der Steiermark. Dass er damit eigentlich recht hatte, ist eine bittere Tatsache, denn als willfähriger Despot Adolf Hitlers regierte er die Steiermark sieben Jahre lang.

Der Jurist und (zunächst illegale) NSFunktionär ist in den Jahren zwischen 1938 und 1945 neben diversen Führungspositionen innerhalb der SA auch kommisarischer Polizeipräsident von Graz, Gauleiter der NSDAP, Landeshauptmann und Reichsstatthalter der Steiermark und Leiter der Zivilverwaltung in der Untersteiermark gewesen.

In dieser Funktion ist er derjenige, der für die Verbrechen an der slowenischen Volksgruppe zur Verantwortung zu ziehen gewesen wäre. Gerne wurde Uiberreither mit dem Beinamen „Übereifer“ versehen, wenn es darum ging, die Untersteiermark mit Gewalt zu germanisieren, die slowenische Führungsschicht zu verhaften und die politi-

schen Gegner zu ermorden. Stellung nehmen musste Siegfried Uiberreither zu seinen Gräueltaten nie, nach dem Kriegsende 1945 stellte er sich zwar den Briten, es gelang ihm aber während der Überstellung nach Jugoslawien, wo ihm der Prozess gemacht hätte werden sollte, die Flucht und er konnte unter falschem Namen untertauchen. 1984 stirbt er, an Alzheimer erkrankt, in Deutschland. Natürlich bestand die NS-Führungsriege in der Steiermark nicht nur aus Siegfried Uiberreither, auch sein Stellvertreter, Armin Dadieu, stand ihm um nichts in vorauseilendem Gehorsam und grausamer Übereifrigkeit nach. Armin Dadieu wurde 1932 Professor für Chemie an der TU Graz und (damals noch illegales)

Mitglied der NSDAP. Offiziell arbeitete Dadieu für den Ständestaat und war seit 1936 volkspolitischer Referent der austrofaschistischen Einheitspartei „Vaterländische Front“. 1938, nach dem Anschluss Österreichs an Hitler-Deutschland, gibt der studierte Chemiker, Mathematiker und Physiker Dadieu zu, bereits in der Illegalität Sprengkörper hergestellt, für Hermann Göring geforscht und einen Nachrichtendienst installiert zu haben. Für diesen anbiedernden Ehrgeiz wird Armin Dadieu 1938 mit den Ämtern des Landesstatthalters, Gauhauptmanns und stellvertretenden Landeshauptmanns, belohnt. Nach dem Kriegsende 1945 gelingt Dadieu die Flucht nach Argentinien und ist dort als Regierungsbe-

rater für Raketenantriebe tätig. 1958 kehrt er unbehelligt nach Europa zurück und wird Leiter des Instituts für Raketentreibstoffe in Stuttgart und arbeitet für die Bundesregierung als Gutachter für alternative Raketenantriebssysteme. 1978 stirbt er als Pensionist in Graz. Ironie des Schicksals: Seine Tochter Renate heiratete einen KZ-Überlebenden. In der Steiermark fand auch eine historische Einzigartigkeit statt: Dem aus der SS-Führungselite stammenden Gaukulturhauptstellenleiter (vergleichbar mit der Funktion eines Kulturlandesrates) Josef Papesch gelang es, seinen Austritt aus der SS zu erwirken. Der ehemalige Lehrer und deutschnational gesinnte Schriftsteller, der auch die Grazer Reichshochschule für Musik

gründete, bringt seine vierzehnjährige, geistig schwer behinderte Tochter Grete in einer Pflegeeinrichtung in Gallneukirchen unter. Kurze Zeit später wird er verständigt, dass seine Tochter in eine Einrichtung nach Pirna/ Sachsen überstellt worden ist und kurz darauf an Ruhr starb. Daraufhin betreibt er, erfolgreich, seinen Austritt aus der SS. Der Akt Josef Papesch ist der einzig nachgewiesene Fall, in dem die Familie eines hohen NS-Funktionärs selbst die grausamen Auswirkungen des Regimes zu spüren bekommt. Josef Papesch wird 1963 mit dem Peter Rosegger Literaturpreis des Landes Steiermark ausgezeichnet und stirbt 1968 in Graz. Veronika Gabler


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Steirische Gemeinden unterm Hakenkreuz Die letzten demokratischen steirischen Gemeinderatswahlen der 1. Republik fanden im April 1932 statt und die NSDAP konnte dabei wahrlich keinen Durchbruch erlangen. Danach kamen Bürgerkrieg und Verbot der Sozialdemokratie und schließlich landete auch die Steiermark am 12. März 1938 im NS-Terrorstaat. Nicht nur in Graz, der „Stadt der Volkserhebung“, wo bereits knapp zwei Wochen vor dem „Anschluss“ 15.000 Nazis bei einer Fackelparade marschierten und offen „Hitlergruß“ und Hakenkreuzfahnen zur Schau stellten, auch in den übrigen Bezirken und Regionen wurden die einziehenden deutschen Truppen von vielen überschwänglich begrüßt. Bundeskanzler SeyssInquart ließ am 12. März über die „Kleine Zeitung“ ausrichten, dass irgendein Widerstand gegen das allfällig einziehende deutsche Heer unter keinen Umständen in Frage kommt.

An diesem Tag prangte ein Bild Hitlers bereits auf dem Titelblatt der Tageszeitung und die Obersteirische Volkszeitung berichtete über die großartigen Freudenkundgebungen des Vorabends. In Leoben beispielsweise sollen zigtausende unter Absingen nationaler Lieder, Sprechchören und Freudensausbrüchen durch ein Flaggenmeer zum Rathaus gezogen sein, wo um 20 Uhr die Hakenkreuzflagge gehisst wurde. Unter anderem hat auch Kreisleiter Otto Christandl am Hauptplatz gesprochen, der später als Volkssturmführer die Erschießung von 200 Jüdinnen und Juden auf dem Todesmarsch nach Mauthausen am Präbichl zu verantworten haben wird (siehe Orte des Erinnerns) und 1946 von einem britischen Militärgericht in Graz zum Tode verurteilt wurde.

Im Widerstand Heute ist es völlig legitim seine Meinung, egal ob in positiver oder negativer Art, in politischen Angelegenheiten kund zu tun, denn das verspricht eine Demokratie. Freie Meinungsäußerung, Pressefreiheit, Versammlungsfreiheit sind Kennzeichen eines freien und unabhängigen Staates. Auch Demonstrationen, Kundgebungen und Aufmärsche sind nicht verboten oder werden strafrechtlich geahndet. Doch denken wir 70 Jahre zurück...

Graz bekam den Titel „Stadt der Volkserhebung“ verliehen, doch im gesamten Bundesland tobte das verbrecherische Regime – auch in den Kommunen Das Kornmesserhaus in Bruck an der Mur im Zeichen von Führer, Volk und Hakenkreuz

Am 7. April 1938 fand am Brucker Hauptplatz der Steirische Bauerntag statt. Reichbauernführer Walter Darre wurde von mehr als 40.000 Menschen empfangen. Vermutlich dachte kaum einer daran, dass er bald die Arbeit am Feld mit dem Feldlazarett tauschen werde müssen. Von Massenvernichtung und Krieg war man allerdings in jenen Märztagen des Jahres 1938 zumindest im Gedanken noch weit entfernt. Tägliche lange Spalten in den Zeitungen, in denen die Namen der neu installierten NS-Bürgermeister abgedruckt waren und Klarstellungen darüber, dass es Jüdinnen und Juden untersagt ist, bei den steirischen Kundgebungen teilzunehmen, waren deutliche Vorzeichen des totalitären Regimes, wurden aber geschickt durch Jubelmeldungen und Aufrufe wie den folgenden überdeckt:

ãHausbesitzer Steiermarks, Hakenkreuzfahnen heraus. Zum erstenmal nach vielen Jahren haben die Hausbesitzer Steiermarks Gelegenheit, ihrer aufrichtigen Freude ohne amtlichen Druck durch reichlichen Fahnenund HŠuserschmuck Ausdruck zu verleihen. Heute beflaggen alle Hausbesitzer Steiermarks mit Hakenkreuz!Ò

Die Veränderungen in den Gemeindestuben beschreibt der steirische Autor Herbert Zinkl in seinem Buch „Lausige Zeiten“: In der Gemeindestu-

be beim Schulhaus amtierte jetzt ein anderer Bürgermeister als jener, der 1935 dem Bruder einen silbernen Fünfer geschenkt hatte, um den Vater für die Väterländische Front zu ködern. Der war aus einem anderen Holz geschnitzt als der vormalige. Der hielt dem Vater keine Hand mehr hin, der warb nicht, ungeschickt und halbherzig um dessen Mitarbeit. Der sagte: „Mit uns machst du keine solche Geschichten wie mit dem Schwarzen. Da heißt es entweder oder. Sei gescheit und arbeite mit. Wir brauchen jeden, und du willst doch auch nicht auf immer und ewig in deinem Barackenloch bleiben.“ Dass die NS-Gauleitung Steiermark von Anbeginn an alle ihre Anstrengungen in die Vorbereitung des Krieges steckte, zeigt eine Festschrift der Gebrüder Böhler & Co AG aus dem Jahre 1940, in der es heißt:

Einsatz der Gefolgschaft konnte der Ausbau wesentlicher Teile der Anlagen so rechtzeitig fertig werden, dass ihre KapazitŠt schon zu Beginn des Krieges zur VerfŸgung steht. Seit dem

ãSchon seit dem

Jahre 1938 hat sich die ganze Arbeitskraft der GeschŠftsleitung des Hauses Bšhler darauf gerichtet, die eigenen Werke so leistungsfŠhig wie mšglich zu machen, um den hohen Anforderungen der Wehrmacht gerecht zu werden. Dank dem tatkrŠftigen

Nationalsozialismus im Alltag: Jungarbeiterapell in den Kapfenbergern Böhlerwerken, 1940)

Zum Gedenken an ã70 Jahre AnschlussÒ …sterreichs an Hitler-Deutschland

1. September 1939 sprechen die deutschen Waffen und von hier aus findet eine neue Epoche der Weltgeschichte ihren Anfang, und wir wissen, es wird eine deutsche Epoche sein.Ò

Gelobt wurden in den Jubelschriften der NSDAP auch die zahlreichen Wohnungsbauten in der obersteirischen Industrieregion, die gemeinsam mit den Kommunen verwirklicht werden könnten: Von den schönsten Beispielen deutscher Industriesiedlungen, ebenso wie von den größten Wohnbauvorhaben der Ostmark. Ab dem Sommer 1942 bediente sich die Gauleitung Steiermark vermehrt ziviler AusländerInnen und Kriegsgefangener als ZwangsarbeiterInnen in Industrie und Landwirtschaft. Über Wien wurden die ZwangsarbeiterInnen aus dem Osten auch nach Graz gebracht, wo das „Lager Süd“ mit 19 Baracken existierte. Dass es heute kaum mehr Aufzeichnungen in den Gemeindestuben gibt, erklärte uns eine obersteirische Stadthistorikerin: Es gibt Aufnahmen, auf denen die Nationalsozialisten zu sehen sind, wie sie gerade schreibtruhenweise das belastende Material zur Mürz karren, um es in den Fluten zu vernichten. Von einem NaziSchatz, wie er immer wieder vergeblich im Toplitzsee gesucht wird, kann da wohl keine Rede sein. Gernot Leskovar

...so befinden wir uns im Jahre 1938. Dieses Jahr leitete in Österreich eine Ära ein, welche von politischer Verfolgung, Einschüchterung und aufgezwungenem Willen charakterisiert wurde. Viele Bürger und Bürgerinnen ließen sich vom „Zauber“ des HitlerRegimes und der starken Führung der Nationalsozialisten leiten und befolgten brav und anständig die propagierten Botschaften. Leider muss man sagen, dass der Widerstand in Österreich gegen das nationalsozialistische Regime sehr gering war. Bedenkt man jedoch den damals herrschenden Terror und die Nazi-Methoden der Einschüchterung, Bestrafung und Verfolgung Andersdenkender, so wird die damalige Situation der SystemkritikerInnen und deren Angst verständlicher. Um Widerstand zu leisten musste man ein hohes Maß an Mut besitzen und bereit sein, das eigene Leben zu riskieren. Der österreichische Widerstand wurde nach politischen und weltanschaulichen Positionen eingeteilt, wobei nochmals in zwei Lager aufgeschlüsselt werden konnte: die organisierte Arbeiterbewegung, welche hauptsächlich in den Industriezentren im Osten Österreichs konzentriert war, und das katholisch-konservativbürgerliche Lager. Die WiderstandskämperInnen versuchten mit traditionellen politischen Mitteln für einen Meinungsumschwung in der Bevölkerung zu sorgen, in Form von „illegalen“ Flugblättern und Zeitungen, sowie durch die Bildung von geheimen Organisationen. Leider blieb der große Erfolg dieser Unternehmen aus. Ein Grund dafür könnte sein, dass viele NS-Gegner schon durch die Ereignisse im Jahr 1938 die Flucht ergriffen, verhaftet oder deportiert wurden. Zwischen 1934 und 1938 formierte sich bereits im Untergrund die Widerstandsbewegung der Revolutionären Sozialisten, welche als Nachfolger der damals verbotenen Sozialdemokratischen Partei agierte. Die Revolutionären Sozialisten traten vorerst für ein sozialistisches

Militärgericht wegen Befehlsverweigerung, KriegsDie Schande die uns alle drŸckt, dienstverweigerung oder ist Hitlers Tyrannei. Selbstverstümmelung verurteilt. Doch nur durch uns«ren Freiheitskampf Auch AktivistInnen, Wird …sterreich wieder frei. welche aus verschiedenen politischen und sozialen Die Freiheit, die wir meinen Lagern stammten, gründeGilt Bauer, dir und dir, Prolet. ten gegen Ende des Krieges überparteiliche WiderstandsZu kŠmpfen und zu sterben, gruppen, um die Kämpfe zu bis …st«reich frei von Schand« beenden und die Zerstörung der Gebäude, Verkehrsnetze Zu kŠmpfen und zu sterben, und Betriebe zu verhindern. bis …st«reich frei von Schand« Man darf jedoch nicht nur von Widerstandsgruppen sprechen, denn auch einzelne Personen lehnten sich gegen das NS-Regime auf, indem sie ausländische Radiosender hörten, gefährliche Äußerungen tätigten oder einfach auch nur durch Dieses Lied entstand im Juli 1944 nach einem nächtlichen Feuergefecht zwischen der Hilfestellungen für verfolgte österreichischen Partisanengruppe Leoben-Donawitz und SA- und SS-Verbänden. Menschen. An dieser Stelle ist eine ganz standsgruppen. Hier ist vor gelehnt und die WiederherDeutschland ein, änderten besondere Frau, namens allem Südkärnten zu nennen, stellung eines freien und jedoch während des KriegsMaria Cäsar, zu nennen. wo sich slowenische Partidemokratischen Österreichs verlaufs ihre Meinung und sanengruppen formierten. wird gefordert.“ Doch auch konzentrierten sich auf die Diese Gruppen konnten auf die Ereignisse rund um den Wiederherstellung eines dedie weitläufige UnterstütMärz 1938 schädigten die mokratisch-sozialistischen zung der Kärntner Slowenen damals relativ gute OrganiÖsterreichs in einem freiund Sloweninnen zählen, da sation der KPÖ, denn viele en Europa. Nach dem Andie Germanisierungs- und FunktionärInnen mussten schluss an Deutschland wurAussiedlungspolitik der Naflüchten oder sich verstede es für die "Revolutionären tionalsozialisten immer brucken, da sie von den NatiSozialisten" zunehmend taler wurde. Den „Koralmonalsozialisten auf Grund schwieriger ihre Bewegung partisanen“, von Alliierten ihrer „Meinungsäußerungen aufrecht zu erhalten, denn mit Fallschirmen abgesetzte und Proteste“ verfolgt wurzahlreiche Aktivisten und Kampftruppen, fiel es jeden. Aktivistinnen wurden von doch schwerer in der Bevöl Betrachtet man die Spitzeln und Verrätern aus kerung Fuß zu fassen, denn Gruppe, bestehend aus Moden eigenen Reihen an die hier war die NS-Propaganda narchisten, Konservativen, GESTAPO ausgeliefert. Die mit ihren Feindbildern sehr Christen und Bürgerlichen, übrig gebliebenen Kämpfer, Maria Cäsar wurde 1920 stark und wirksam. Von den war die Bildung einer Wiworunter auch viele Frauin Slowenien geboren und bewaffneten Widerstandsderstandsorganisation in en zu verzeichnen waren, wuchs in Judenburg auf. In gruppen außerhalb Kärndiesem Milieu, durch die setzten ihren Schwerpunkt den Jahren 1939/40 verbüßte tens trat nur die Partisanenzahlreichen Verhaftungen nun auf die Hilfeleistung für sie als 18-jährige junge Frau gruppe Leoben-Donawitz vieler Funktionäre der „VaVerfolgte und deren Familieine 15-monatige Haftstrafe militärisch in Erscheinung, terländischen Front“ und die en. in Graz. Warum? Wegen während andere Partisanenvorerst positive Haltung der Heute lässt sich festVorbereitung zum Hochgruppen nie über die AufBischöfe gegenüber dem stellen, dass die Kommuverrat am nationalsozialisbau- und Bewaffnungsphase NS-Regime mit Schwienisten die aktivste Kraft im tischen Deutschen Reich. hinauskamen. rigkeiten verbunden. Die Kampf gegen den NatioMaria Cäsar war eine aktive Trotz den drohenden aufkommenden Konflikte nalsozialismus darstellten. Widerstandskämpferin. Sie Gefahren in den Konzenzwischen der Kirche und Sie verbreiteten nicht nur stammte aus einer Arbeitertrationslagern, den Gefängdem NS-Regime führten zahlreiche illegale Flugfamilie, in welcher oft polinissen und Zuchthäusern, jedoch im Laufe des Jahres blätter und Zeitungen gegen tisiert und diskutiert wurde, formierten sich die Inhaf1938 zur Gründung einiger die NS-Propaganda sondern und sich so ihr Protestpotentierten zu WiderstandsgrupWiderstandsorganisationen. lehnten sich auch bewaffzial entwickelte und formte. pen, welche zum Beispiel Die „Zeugen Jehovas“ könnet gegen das NS-Regime Sie engagierte sich zuerst versuchten die von der SS nen auch als Widerstandsauf. Damals wurden auch in einer harmlosen Jugendgeschaffenen furchtbaren gruppe gewertet werden, in vielen steirischen Betriegruppe in Judenburg, aus Zustände zu verbessern, denn sie verweigerten aus ben Widerstandsgruppen der wenig später eine Wiaber auch sich gegenseitig christlicher Überzeugung gegründet, die zum einen derstandsgruppe gegen den zu unterstützen, sowie bei den Kriegsdienst, die Rüssehr umfangreich waren und Nationalsozialismus wurde. Fluchtversuchen zu helfen. tungsarbeit und den HJzum anderen meistens von Sie leistete BewusstseinsarAuch an der Front, wo Dienst. Von 550 Mitgliedern den KommunistInnen initibeit, entwickelte heimliche treue Offiziere und Soldain Österreich fielen 145 der iert und geführt wurden. Der Strategien, beteiligte sich ten der Wehrmacht an den NS-Terrormaschinerie zum kommunistische Widerstand an Flüsterpropaganda und grausamen NS-Verbrechen Opfer. zeichnete sich durch die verteilte illegale Flugblätmitwirkten, wurden un Ab 1942 bildeten sich Parole aus: „Der Anschluss ter. Maria Cäsar unterstütze zählige von ihnen vor dem auch bewaffnete Widerwurde bedingungslos abauch politisch Verfolgte und

deren Familien. Auch nach ihrer Haftstrafe engagierte sie sich weiterhin im Widerstand, doch durch die erneut aufkommende Gefahr um ihr Leben musste sie für ein Jahr zu den Partisanen fliehen. Einem anderen Widerstandskämpfer verdankt Maria Cäsar ihr Leben, nämlich durch sein Schweigen. Und auch heute noch engagiert sie sich für Frauenrechte, die Gleichbehandlung der Geschlechter und leistet Aufklärungsarbeit in den Schulen. Eine etwas andere Art von Widerstand ereignete sich in Kapfenberg. Denn wo einst eine Bedürfnisanstalt aus dem Boden empor ragte, stand man nun vor einem Bombentrichter. In der Nacht erlaubten sich Spaßvögel einen Scherz, der ihnen damals das Leben hätte kosten können, denn sie stellten eine Tafel mit folgendem Spruch auf: Dreißig Jahre haben wir hier geschissen, eine Churchill-Bombe hat uns rausgeschmissen, und würde der Göring nicht Maier heißen, würden wir hier noch weiterscheißen. Warum gerade dieser lyrische Reim gewählt wurde, lässt sich auf eine damalige Aussage Hermann Görings zurückführen, der für den Schutz des Reiches vor feindlichen Luftangriffen zuständig war. Und der folgendes sagte: Sollte jemals eine feindliche Bombe auf Deutschland fallen, so wolle er Hermann Maier heißen. Wie wir sehen gab es in Österreich nur geringen Widerstand, aber Hauptsache ist, dass es welchen gab und sich trotzdem nicht alle von dem NS-Regime abschrecken ließen und sich dagegen stellten. Unser eins kann sich die Zustände die damals herrschten, wie Angst, Unterdrückung, Verfolgung und Terror heute nicht mehr vorstellen. Deshalb sollten wir die mutigen und tapferen Widerstandskämpfer - und kämpferinnen immer in Erinnerung behalten und diese niemals vergessen.

Alexander Bärtl

1938 ► 11. März: Am Abend übernehmen die Nationalsozialisten die Macht im Staat ►12. März: Einmarsch der deutschen Truppen ►1. April: Beginn der Deportation von österreichischen Patrioten in das KZ Dachau ►10. April: Volksabstimmung über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich ► 9. November: „Reichskristallnacht“, der Terror gegen die jüdische Bevölkerung beginnt 1939 ► 31. Jänner: Hitler kündigt im Reichstag die Vernichtung der "jüdischen Rasse" an ► 24. August: Hitler und Stalin schließen den „Nichtangriffspakt“ ab ► 1. September: Beginn des 2. Weltkrieges mit dem Angriff der Deutschen auf Polen 1940 ► 10. Mai: Angriff deutscher Truppen auf die Benelux-Staaten ► 17. Juni: Kapitulation Frankreichs ► 25. August: Erster britischer Luftangriff auf Berlin ► 7. September: Luftangriffe der deutschen Luftwaffe auf London beginnen 1941 ► 6. April: Luftangriffe der deutschen Luftwaffe auf Belgrad beginnen ► 6. April: Feldzug gegen Griechenland beginnt ► 22. Juni: Deutscher Überfall auf die Sowjetunion ► 7. Dezember: Japanischer Angriff auf Pearl Harbor 1942 ► 27. März: Der erste Zug mit jüdischen Deportierten fährt nach Auschwitz ab 1943 ►10. Jänner: 1.000.000 sowjetische Soldaten greifen die deutschen Truppen bei Stalingrad an ► 19. April: Jüdischer Aufstand im Warschauer Ghetto, der blutig niedergeschlagen wird ► 8. September: Die neue italienische Regierung schließt einen Waffenstillstand mit den Alliierten 1944 ► 6. Juni: Die Westalliierten landen in der Normandie ► 20. Juli: Attentat auf Hitler im Hauptquartier Wolfsschanze misslingt ► 21. Oktober: Die Alliierten erobern mit Aachen die erste deutsche Stadt 1945 ► 27. Jänner: Befreiung des KZ Auschwitz ► 22. Februar: Erste Luftangriffe auf Wien ► 6. April: Sowjetische Truppen erreichen Wien ► 23. April: Berlin ist von der Sowjetarmee komplett eingeschlossen ► 27. April: Proklamation über die Selbständigkeit Österreichs in Wien ► 29. April: Unter Staatskanzler Renner tritt in Wien die provisorische Staatsregierung zusammen ► 8. Mai: Bedingungslose Kapitulation der deutschen Wehrmacht ► 9. Mai: Sowjetische Truppen rücken kampflos in Graz ein


Steirerlandthema

Zum Gedenken an ã70 Jahre AnschlussÒ …sterreichs an Hitler-Deutschland

Steirerlandthema

Steirische Gemeinden unterm Hakenkreuz Die letzten demokratischen steirischen Gemeinderatswahlen der 1. Republik fanden im April 1932 statt und die NSDAP konnte dabei wahrlich keinen Durchbruch erlangen. Danach kamen Bürgerkrieg und Verbot der Sozialdemokratie und schließlich landete auch die Steiermark am 12. März 1938 im NS-Terrorstaat. Nicht nur in Graz, der „Stadt der Volkserhebung“, wo bereits knapp zwei Wochen vor dem „Anschluss“ 15.000 Nazis bei einer Fackelparade marschierten und offen „Hitlergruß“ und Hakenkreuzfahnen zur Schau stellten, auch in den übrigen Bezirken und Regionen wurden die einziehenden deutschen Truppen von vielen überschwänglich begrüßt. Bundeskanzler SeyssInquart ließ am 12. März über die „Kleine Zeitung“ ausrichten, dass irgendein Widerstand gegen das allfällig einziehende deutsche Heer unter keinen Umständen in Frage kommt.

An diesem Tag prangte ein Bild Hitlers bereits auf dem Titelblatt der Tageszeitung und die Obersteirische Volkszeitung berichtete über die großartigen Freudenkundgebungen des Vorabends. In Leoben beispielsweise sollen zigtausende unter Absingen nationaler Lieder, Sprechchören und Freudensausbrüchen durch ein Flaggenmeer zum Rathaus gezogen sein, wo um 20 Uhr die Hakenkreuzflagge gehisst wurde. Unter anderem hat auch Kreisleiter Otto Christandl am Hauptplatz gesprochen, der später als Volkssturmführer die Erschießung von 200 Jüdinnen und Juden auf dem Todesmarsch nach Mauthausen am Präbichl zu verantworten haben wird (siehe Orte des Erinnerns) und 1946 von einem britischen Militärgericht in Graz zum Tode verurteilt wurde.

Im Widerstand Heute ist es völlig legitim seine Meinung, egal ob in positiver oder negativer Art, in politischen Angelegenheiten kund zu tun, denn das verspricht eine Demokratie. Freie Meinungsäußerung, Pressefreiheit, Versammlungsfreiheit sind Kennzeichen eines freien und unabhängigen Staates. Auch Demonstrationen, Kundgebungen und Aufmärsche sind nicht verboten oder werden strafrechtlich geahndet. Doch denken wir 70 Jahre zurück...

Graz bekam den Titel „Stadt der Volkserhebung“ verliehen, doch im gesamten Bundesland tobte das verbrecherische Regime – auch in den Kommunen Das Kornmesserhaus in Bruck an der Mur im Zeichen von Führer, Volk und Hakenkreuz

Am 7. April 1938 fand am Brucker Hauptplatz der Steirische Bauerntag statt. Reichbauernführer Walter Darre wurde von mehr als 40.000 Menschen empfangen. Vermutlich dachte kaum einer daran, dass er bald die Arbeit am Feld mit dem Feldlazarett tauschen werde müssen. Von Massenvernichtung und Krieg war man allerdings in jenen Märztagen des Jahres 1938 zumindest im Gedanken noch weit entfernt. Tägliche lange Spalten in den Zeitungen, in denen die Namen der neu installierten NS-Bürgermeister abgedruckt waren und Klarstellungen darüber, dass es Jüdinnen und Juden untersagt ist, bei den steirischen Kundgebungen teilzunehmen, waren deutliche Vorzeichen des totalitären Regimes, wurden aber geschickt durch Jubelmeldungen und Aufrufe wie den folgenden überdeckt:

ãHausbesitzer Steiermarks, Hakenkreuzfahnen heraus. Zum erstenmal nach vielen Jahren haben die Hausbesitzer Steiermarks Gelegenheit, ihrer aufrichtigen Freude ohne amtlichen Druck durch reichlichen Fahnenund HŠuserschmuck Ausdruck zu verleihen. Heute beflaggen alle Hausbesitzer Steiermarks mit Hakenkreuz!Ò

Die Veränderungen in den Gemeindestuben beschreibt der steirische Autor Herbert Zinkl in seinem Buch „Lausige Zeiten“: In der Gemeindestu-

be beim Schulhaus amtierte jetzt ein anderer Bürgermeister als jener, der 1935 dem Bruder einen silbernen Fünfer geschenkt hatte, um den Vater für die Väterländische Front zu ködern. Der war aus einem anderen Holz geschnitzt als der vormalige. Der hielt dem Vater keine Hand mehr hin, der warb nicht, ungeschickt und halbherzig um dessen Mitarbeit. Der sagte: „Mit uns machst du keine solche Geschichten wie mit dem Schwarzen. Da heißt es entweder oder. Sei gescheit und arbeite mit. Wir brauchen jeden, und du willst doch auch nicht auf immer und ewig in deinem Barackenloch bleiben.“ Dass die NS-Gauleitung Steiermark von Anbeginn an alle ihre Anstrengungen in die Vorbereitung des Krieges steckte, zeigt eine Festschrift der Gebrüder Böhler & Co AG aus dem Jahre 1940, in der es heißt:

Einsatz der Gefolgschaft konnte der Ausbau wesentlicher Teile der Anlagen so rechtzeitig fertig werden, dass ihre KapazitŠt schon zu Beginn des Krieges zur VerfŸgung steht. Seit dem

ãSchon seit dem

Jahre 1938 hat sich die ganze Arbeitskraft der GeschŠftsleitung des Hauses Bšhler darauf gerichtet, die eigenen Werke so leistungsfŠhig wie mšglich zu machen, um den hohen Anforderungen der Wehrmacht gerecht zu werden. Dank dem tatkrŠftigen

Nationalsozialismus im Alltag: Jungarbeiterapell in den Kapfenbergern Böhlerwerken, 1940)

Zum Gedenken an ã70 Jahre AnschlussÒ …sterreichs an Hitler-Deutschland

1. September 1939 sprechen die deutschen Waffen und von hier aus findet eine neue Epoche der Weltgeschichte ihren Anfang, und wir wissen, es wird eine deutsche Epoche sein.Ò

Gelobt wurden in den Jubelschriften der NSDAP auch die zahlreichen Wohnungsbauten in der obersteirischen Industrieregion, die gemeinsam mit den Kommunen verwirklicht werden könnten: Von den schönsten Beispielen deutscher Industriesiedlungen, ebenso wie von den größten Wohnbauvorhaben der Ostmark. Ab dem Sommer 1942 bediente sich die Gauleitung Steiermark vermehrt ziviler AusländerInnen und Kriegsgefangener als ZwangsarbeiterInnen in Industrie und Landwirtschaft. Über Wien wurden die ZwangsarbeiterInnen aus dem Osten auch nach Graz gebracht, wo das „Lager Süd“ mit 19 Baracken existierte. Dass es heute kaum mehr Aufzeichnungen in den Gemeindestuben gibt, erklärte uns eine obersteirische Stadthistorikerin: Es gibt Aufnahmen, auf denen die Nationalsozialisten zu sehen sind, wie sie gerade schreibtruhenweise das belastende Material zur Mürz karren, um es in den Fluten zu vernichten. Von einem NaziSchatz, wie er immer wieder vergeblich im Toplitzsee gesucht wird, kann da wohl keine Rede sein. Gernot Leskovar

...so befinden wir uns im Jahre 1938. Dieses Jahr leitete in Österreich eine Ära ein, welche von politischer Verfolgung, Einschüchterung und aufgezwungenem Willen charakterisiert wurde. Viele Bürger und Bürgerinnen ließen sich vom „Zauber“ des HitlerRegimes und der starken Führung der Nationalsozialisten leiten und befolgten brav und anständig die propagierten Botschaften. Leider muss man sagen, dass der Widerstand in Österreich gegen das nationalsozialistische Regime sehr gering war. Bedenkt man jedoch den damals herrschenden Terror und die Nazi-Methoden der Einschüchterung, Bestrafung und Verfolgung Andersdenkender, so wird die damalige Situation der SystemkritikerInnen und deren Angst verständlicher. Um Widerstand zu leisten musste man ein hohes Maß an Mut besitzen und bereit sein, das eigene Leben zu riskieren. Der österreichische Widerstand wurde nach politischen und weltanschaulichen Positionen eingeteilt, wobei nochmals in zwei Lager aufgeschlüsselt werden konnte: die organisierte Arbeiterbewegung, welche hauptsächlich in den Industriezentren im Osten Österreichs konzentriert war, und das katholisch-konservativbürgerliche Lager. Die WiderstandskämperInnen versuchten mit traditionellen politischen Mitteln für einen Meinungsumschwung in der Bevölkerung zu sorgen, in Form von „illegalen“ Flugblättern und Zeitungen, sowie durch die Bildung von geheimen Organisationen. Leider blieb der große Erfolg dieser Unternehmen aus. Ein Grund dafür könnte sein, dass viele NS-Gegner schon durch die Ereignisse im Jahr 1938 die Flucht ergriffen, verhaftet oder deportiert wurden. Zwischen 1934 und 1938 formierte sich bereits im Untergrund die Widerstandsbewegung der Revolutionären Sozialisten, welche als Nachfolger der damals verbotenen Sozialdemokratischen Partei agierte. Die Revolutionären Sozialisten traten vorerst für ein sozialistisches

Militärgericht wegen Befehlsverweigerung, KriegsDie Schande die uns alle drŸckt, dienstverweigerung oder ist Hitlers Tyrannei. Selbstverstümmelung verurteilt. Doch nur durch uns«ren Freiheitskampf Auch AktivistInnen, Wird …sterreich wieder frei. welche aus verschiedenen politischen und sozialen Die Freiheit, die wir meinen Lagern stammten, gründeGilt Bauer, dir und dir, Prolet. ten gegen Ende des Krieges überparteiliche WiderstandsZu kŠmpfen und zu sterben, gruppen, um die Kämpfe zu bis …st«reich frei von Schand« beenden und die Zerstörung der Gebäude, Verkehrsnetze Zu kŠmpfen und zu sterben, und Betriebe zu verhindern. bis …st«reich frei von Schand« Man darf jedoch nicht nur von Widerstandsgruppen sprechen, denn auch einzelne Personen lehnten sich gegen das NS-Regime auf, indem sie ausländische Radiosender hörten, gefährliche Äußerungen tätigten oder einfach auch nur durch Dieses Lied entstand im Juli 1944 nach einem nächtlichen Feuergefecht zwischen der Hilfestellungen für verfolgte österreichischen Partisanengruppe Leoben-Donawitz und SA- und SS-Verbänden. Menschen. An dieser Stelle ist eine ganz standsgruppen. Hier ist vor gelehnt und die WiederherDeutschland ein, änderten besondere Frau, namens allem Südkärnten zu nennen, stellung eines freien und jedoch während des KriegsMaria Cäsar, zu nennen. wo sich slowenische Partidemokratischen Österreichs verlaufs ihre Meinung und sanengruppen formierten. wird gefordert.“ Doch auch konzentrierten sich auf die Diese Gruppen konnten auf die Ereignisse rund um den Wiederherstellung eines dedie weitläufige UnterstütMärz 1938 schädigten die mokratisch-sozialistischen zung der Kärntner Slowenen damals relativ gute OrganiÖsterreichs in einem freiund Sloweninnen zählen, da sation der KPÖ, denn viele en Europa. Nach dem Andie Germanisierungs- und FunktionärInnen mussten schluss an Deutschland wurAussiedlungspolitik der Naflüchten oder sich verstede es für die "Revolutionären tionalsozialisten immer brucken, da sie von den NatiSozialisten" zunehmend taler wurde. Den „Koralmonalsozialisten auf Grund schwieriger ihre Bewegung partisanen“, von Alliierten ihrer „Meinungsäußerungen aufrecht zu erhalten, denn mit Fallschirmen abgesetzte und Proteste“ verfolgt wurzahlreiche Aktivisten und Kampftruppen, fiel es jeden. Aktivistinnen wurden von doch schwerer in der Bevöl Betrachtet man die Spitzeln und Verrätern aus kerung Fuß zu fassen, denn Gruppe, bestehend aus Moden eigenen Reihen an die hier war die NS-Propaganda narchisten, Konservativen, GESTAPO ausgeliefert. Die mit ihren Feindbildern sehr Christen und Bürgerlichen, übrig gebliebenen Kämpfer, Maria Cäsar wurde 1920 stark und wirksam. Von den war die Bildung einer Wiworunter auch viele Frauin Slowenien geboren und bewaffneten Widerstandsderstandsorganisation in en zu verzeichnen waren, wuchs in Judenburg auf. In gruppen außerhalb Kärndiesem Milieu, durch die setzten ihren Schwerpunkt den Jahren 1939/40 verbüßte tens trat nur die Partisanenzahlreichen Verhaftungen nun auf die Hilfeleistung für sie als 18-jährige junge Frau gruppe Leoben-Donawitz vieler Funktionäre der „VaVerfolgte und deren Familieine 15-monatige Haftstrafe militärisch in Erscheinung, terländischen Front“ und die en. in Graz. Warum? Wegen während andere Partisanenvorerst positive Haltung der Heute lässt sich festVorbereitung zum Hochgruppen nie über die AufBischöfe gegenüber dem stellen, dass die Kommuverrat am nationalsozialisbau- und Bewaffnungsphase NS-Regime mit Schwienisten die aktivste Kraft im tischen Deutschen Reich. hinauskamen. rigkeiten verbunden. Die Kampf gegen den NatioMaria Cäsar war eine aktive Trotz den drohenden aufkommenden Konflikte nalsozialismus darstellten. Widerstandskämpferin. Sie Gefahren in den Konzenzwischen der Kirche und Sie verbreiteten nicht nur stammte aus einer Arbeitertrationslagern, den Gefängdem NS-Regime führten zahlreiche illegale Flugfamilie, in welcher oft polinissen und Zuchthäusern, jedoch im Laufe des Jahres blätter und Zeitungen gegen tisiert und diskutiert wurde, formierten sich die Inhaf1938 zur Gründung einiger die NS-Propaganda sondern und sich so ihr Protestpotentierten zu WiderstandsgrupWiderstandsorganisationen. lehnten sich auch bewaffzial entwickelte und formte. pen, welche zum Beispiel Die „Zeugen Jehovas“ könnet gegen das NS-Regime Sie engagierte sich zuerst versuchten die von der SS nen auch als Widerstandsauf. Damals wurden auch in einer harmlosen Jugendgeschaffenen furchtbaren gruppe gewertet werden, in vielen steirischen Betriegruppe in Judenburg, aus Zustände zu verbessern, denn sie verweigerten aus ben Widerstandsgruppen der wenig später eine Wiaber auch sich gegenseitig christlicher Überzeugung gegründet, die zum einen derstandsgruppe gegen den zu unterstützen, sowie bei den Kriegsdienst, die Rüssehr umfangreich waren und Nationalsozialismus wurde. Fluchtversuchen zu helfen. tungsarbeit und den HJzum anderen meistens von Sie leistete BewusstseinsarAuch an der Front, wo Dienst. Von 550 Mitgliedern den KommunistInnen initibeit, entwickelte heimliche treue Offiziere und Soldain Österreich fielen 145 der iert und geführt wurden. Der Strategien, beteiligte sich ten der Wehrmacht an den NS-Terrormaschinerie zum kommunistische Widerstand an Flüsterpropaganda und grausamen NS-Verbrechen Opfer. zeichnete sich durch die verteilte illegale Flugblätmitwirkten, wurden un Ab 1942 bildeten sich Parole aus: „Der Anschluss ter. Maria Cäsar unterstütze zählige von ihnen vor dem auch bewaffnete Widerwurde bedingungslos abauch politisch Verfolgte und

deren Familien. Auch nach ihrer Haftstrafe engagierte sie sich weiterhin im Widerstand, doch durch die erneut aufkommende Gefahr um ihr Leben musste sie für ein Jahr zu den Partisanen fliehen. Einem anderen Widerstandskämpfer verdankt Maria Cäsar ihr Leben, nämlich durch sein Schweigen. Und auch heute noch engagiert sie sich für Frauenrechte, die Gleichbehandlung der Geschlechter und leistet Aufklärungsarbeit in den Schulen. Eine etwas andere Art von Widerstand ereignete sich in Kapfenberg. Denn wo einst eine Bedürfnisanstalt aus dem Boden empor ragte, stand man nun vor einem Bombentrichter. In der Nacht erlaubten sich Spaßvögel einen Scherz, der ihnen damals das Leben hätte kosten können, denn sie stellten eine Tafel mit folgendem Spruch auf: Dreißig Jahre haben wir hier geschissen, eine Churchill-Bombe hat uns rausgeschmissen, und würde der Göring nicht Maier heißen, würden wir hier noch weiterscheißen. Warum gerade dieser lyrische Reim gewählt wurde, lässt sich auf eine damalige Aussage Hermann Görings zurückführen, der für den Schutz des Reiches vor feindlichen Luftangriffen zuständig war. Und der folgendes sagte: Sollte jemals eine feindliche Bombe auf Deutschland fallen, so wolle er Hermann Maier heißen. Wie wir sehen gab es in Österreich nur geringen Widerstand, aber Hauptsache ist, dass es welchen gab und sich trotzdem nicht alle von dem NS-Regime abschrecken ließen und sich dagegen stellten. Unser eins kann sich die Zustände die damals herrschten, wie Angst, Unterdrückung, Verfolgung und Terror heute nicht mehr vorstellen. Deshalb sollten wir die mutigen und tapferen Widerstandskämpfer - und kämpferinnen immer in Erinnerung behalten und diese niemals vergessen.

Alexander Bärtl

1938 ► 11. März: Am Abend übernehmen die Nationalsozialisten die Macht im Staat ►12. März: Einmarsch der deutschen Truppen ►1. April: Beginn der Deportation von österreichischen Patrioten in das KZ Dachau ►10. April: Volksabstimmung über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich ► 9. November: „Reichskristallnacht“, der Terror gegen die jüdische Bevölkerung beginnt 1939 ► 31. Jänner: Hitler kündigt im Reichstag die Vernichtung der "jüdischen Rasse" an ► 24. August: Hitler und Stalin schließen den „Nichtangriffspakt“ ab ► 1. September: Beginn des 2. Weltkrieges mit dem Angriff der Deutschen auf Polen 1940 ► 10. Mai: Angriff deutscher Truppen auf die Benelux-Staaten ► 17. Juni: Kapitulation Frankreichs ► 25. August: Erster britischer Luftangriff auf Berlin ► 7. September: Luftangriffe der deutschen Luftwaffe auf London beginnen 1941 ► 6. April: Luftangriffe der deutschen Luftwaffe auf Belgrad beginnen ► 6. April: Feldzug gegen Griechenland beginnt ► 22. Juni: Deutscher Überfall auf die Sowjetunion ► 7. Dezember: Japanischer Angriff auf Pearl Harbor 1942 ► 27. März: Der erste Zug mit jüdischen Deportierten fährt nach Auschwitz ab 1943 ►10. Jänner: 1.000.000 sowjetische Soldaten greifen die deutschen Truppen bei Stalingrad an ► 19. April: Jüdischer Aufstand im Warschauer Ghetto, der blutig niedergeschlagen wird ► 8. September: Die neue italienische Regierung schließt einen Waffenstillstand mit den Alliierten 1944 ► 6. Juni: Die Westalliierten landen in der Normandie ► 20. Juli: Attentat auf Hitler im Hauptquartier Wolfsschanze misslingt ► 21. Oktober: Die Alliierten erobern mit Aachen die erste deutsche Stadt 1945 ► 27. Jänner: Befreiung des KZ Auschwitz ► 22. Februar: Erste Luftangriffe auf Wien ► 6. April: Sowjetische Truppen erreichen Wien ► 23. April: Berlin ist von der Sowjetarmee komplett eingeschlossen ► 27. April: Proklamation über die Selbständigkeit Österreichs in Wien ► 29. April: Unter Staatskanzler Renner tritt in Wien die provisorische Staatsregierung zusammen ► 8. Mai: Bedingungslose Kapitulation der deutschen Wehrmacht ► 9. Mai: Sowjetische Truppen rücken kampflos in Graz ein


Thema zur Ausgabe No. 85 März 2008

Steirerlandthema

Zum Gedenken an ã70 Jahre AnschlussÒ …sterreichs an Hitler-Deutschland

Orte des Erinnerns in der Steiermark In ganz Österreich gibt es Orte, Denkmäler und Gebäude, die uns an die nationalsozialistische Vergangenheit unseres Landes erinnern. Natürlich ist auch die Steiermark nicht vom NS-Regime verschont geblieben und deshalb finden wir auch hier Orte des Erinnerns. Auf dem Boden der grünen Steiermark wurden in der NS-Zeit zahlreiche Nebenlager des KZ-Mauthausen errichtet, in denen sich der NS-Terror in unglaublicher Grausamkeit und Brutalität fortsetzte. Das erste KZ, welches in der Steiermark im Jahr 1941 entstanden ist, lag in Bretstein. Im Jahr 1942 wurden die KZs Lind und St. Lambrecht (Männerlager) errichtet. Dort wurden Arbeiten für den Bereich Landwirtschaft und Bauarbeiten von den Inhaftierten verrichtet. 1943 kam das Frauenlager St. Lambrecht und das KZ Eisenerz hinzu, wobei in Eisenerz der Höchststand an Häftlingen 400 betrug. Im darauf folgenden Jahr wurden die KZs Lannach, Leibnitz und Peggau erbaut. Der Arbeitseinsatz in den KZs Leibnitz und Peggau konzentrierte sich auf Stollenbau und Rüstungsindustrie. Weiters befanden sich in diesen beiden Konzentrationslagern die meisten Häftlinge, in Leibnitz 655 und in Peggau 900 Menschen.

Zwischen Wald und Hügeln versteckt, kaum eine halbe Gehstunde von der Tramway Endstation Wetzelsdorf entfernt, liegt der Feliferhof, der ab 1941 zu einem Ort nationalsozialistischen Terrors wurde. Denn an diesem so „idyllischen“ Platz wurden in den Jahren von 1941 – 1943 die Todesurteile, die von den Militär- und Polizeigerichten verhängt wurden, vollstreckt. Ab 1943 bis Anfang 1945 wurde im Landesgericht in der Conrad von Hötzendorfstrasse eine Hinrichtungsstätte eingerichtet. Ab Februar wurden die Hinrichtungen wieder am Feliferhof vollzogen. An diesem ehemaligen Schießplatz wurde auf Initiative des Bundesheeres 1980 eine Erinnerungstafel angebracht. Den Präbichl, nicht nur bekannt durch seine wunderschönen Wanderrouten, plagt ein trauriges Schicksal. Denn bei einem so genannten Todesmarsch wurden 200 aus Ungarn stammende Jüdinnen und Juden vom Eisenerzer Volks-

KZ-Außenlager, die NAPOLAS, Verfolgung, Denunziation und Terror standen auch in den steirischen Regionen auf der Tagesordnung. sturm (unter der Leitung des Leobener Kreisleiters Otto Christandl) ermordet. Denn dieser feuerte wahllos in einen aus 7.000 Menschen bestehenden Personenzug. Heute erinnert auf der Passhöhe ein Mahnmal an das blutige Massaker. Die Nervenklinik Sigmund Freud in Graz war ein Ort der grausamen „NS-Gesundheitspolitik“, denn 1.400 Menschen fielen dem Euthanasieprogramm der Nationalsozialisten zum Opfer.

Bilanz des Grauens Schätzungen zufolge fanden im 2. Weltkrieg 55 bis 60 Millionen Menschen den Tod. 5,6 bis 6,3 Millionen Jüdinnen und Juden wurden von den Nationalsozialisten im Holocaust ermordet. Weitere nationalsozialistische Massenmorde betrafen Millionen so genannter „SlawenInnen“, hunderttausende Behinderte, Roma und Sinti, 20.000 SozialdemokratInnen und KommunistInnen, 5.000 Homosexuelle und 1.200 Zeugen Jehovas.

In drei Orten der Steiermark, nämlich in Vorau, Seckau und auf Burg Strechau befanden sich so genannte NAPOLAs (Nationalpolitische Erziehungsanstalten) in denen das nationalsozialistische Gedankengut weitergegeben bzw. eingetrichtert wurde. In diesen Schulen sollte die zukünftige Elite des „Tausendjährigen Reiches“ herangezogen werden. Der Leitspruch der Schulen lautete: „Erziehung zu Nationalsozialisten, tüchtig an Leib und Seele für den Dienst an Volk und Staat“. Auch der Toplitzsee und Altaussee werden oft in Verbindung mit dem Nationalsozialismus gebracht. Zwischen 1943 und 1945 wurden im Toplitzsee waffentechnische Versuche der deutschen Kriegsmarine durchgeführt. Gegen Kriegsende wurden Kisten mit gefälschten englischen Pfundnoten im See versenkt, die gedruckt wurden, um die Wirtschaft Englands zu schwächen. Im Bergwerk in Altaussee wurden während des Krieges die von den Nazis ge-

stohlenen Kunstwerke und Schätze aus Österreich und Europa im Stollen versteckt. Mit Kriegsende wurde von den Nazis angeordnet, das Bergwerk zu sprengen, jedoch wurde diese Aktion vom SS-Chef der Ostmark, Ernst Kaltenbrunner, gestoppt. Die Steiermark war auch für die Rüstungsindustrie im 2.Weltkrieg von zentraler Bedeutung, vor allem das Eisenerzvorkommen am Erzberg war ausgesprochen interessant für die Nationalsozialisten. Die Übernahme des Erzberges erfolgte 1881 durch die ÖAMG (Österreichisch-Alpine-Montangesellschaft) und nach dem Anschluss wurde die ÖAMG in den deutschen Vierjahresplan für Rüstung und Wirtschaft miteinbezogen. Sie gehörte ab 1.Oktober 1938 zu den Reichswerken Hermann Görings. Es gab damals zahlreiche Produktionsstätten für Zulieferteile der Flugzeugindustrie, beispielsweise in Graz, weiters Munitionserzeugunswerke in Leibnitz und Knittelfeld, Stahlwerke in Bruck an der Mur, Kapfenberg, Mürzzuschlag und Judenburg. Natürlich gab es noch mehr Lager, Produktionsstätten und Werke im Bereich der Rüstungsindustrie in der Steiermark, doch alle aufzuzählen würde den Rahmen dieses Artikel sprengen. Was jedoch noch kurz erwähnt werden sollte, sind die Flugplätze Zeltweg und Aigen im Ennstal im Bezirk Liezen. Am 13. März 1938 wurden beide Flugplätze von Einheiten der Schutzpolizei besetzt und am 16. März landeten die ersten Maschinen der Luft-

waffe am Flugplatz Zeltweg. Man muss jedoch anmerken, dass auf Grund der Lage der beiden Flugplätze inmitten der Berge, was vorerst als Schutzfunktion gedacht war, sich damals zu einem Hindernis wandelte und deshalb Plätze in flacheren Landesteilen bevorzugt wurden. Das Wahrzeichen der Landeshauptstadt ist zweifelsohne der Schlossberg mit seinem Uhrturm. Doch auch dieses idyllische Plätzchen mitten im Zentrum der Stadt gelegen, wurde im 2.Weltkrieg der wichtigste Zufluchtsort der Grazer Bevölkerung, Von 1943 – 1945 erbauten Wehrmachtsangehörige, einheimische Bauarbeiter sowie ausländische Zwangsarbeiter in über 1 Million Arbeitsstunden ein unterirdisches Stollensystem, welches weit verzweigt war und bei Bombenangriffen ca. 40 000 Grazern und Grazerinnen Schutz bot. Anhand dieses kurzen Artikels, der sich mit den Orten und Plätzen auseinandersetzt, die damals für die NS-Herrschaft von Bedeutung waren, lässt sich erkennen, welchen ungeheuren Einfluss die Nationalsozialisten und Adolf Hitler in Österreich hatten. Sie hatten ihre Finger überall im Spiel, egal ob Justiz, Pflege, Industrie, Bildung oder Erziehung. Mit Erschrecken muss man heute feststellen, dass die nationalsozialistische Politik keine Grenzen kannte. An unzähligen Orten finden wir heute in der Steiermark noch Spuren einer grausamen Zeit, die keine Ecke unseres Landes verschonte. Alexandra Bärtl

Gedenkprojekte Steiermark Die ARGE Jugend gegen Gewalt und Rassismus Steiermark bietet Gemeinden, Schulen, Jugendgruppen und Vereinen die Möglichkeit, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen und die Geschichte aufzuarbeiten. Zwei Projekte wollen wir hier vorstellen, um auch andere Gemeinden auf diese Möglichkeit aufmerksam zu machen.

KZ-Nebenlager Bretstein Die Projektgruppe besteht aus ca. 20 Jugendlichen im Alter von 19 bis 21 Jahren, arbeitet und beschäftigt sich schon seit Anfang 2002 mit dem Thema „Spurensuche im Außenlager Bretstein, einem Nebenlager in Mauthausen“. Was bisher geschah? Die Jugendgruppe betrieb eine historische Recherche und beschäftigte sich im Detail mit dem Ort. Weiters pflegten sie Kon-

takt zum Bürgermeister von Bretstein und es wurden die Schauplätze des Geschehens besichtigt sowie ZeitzeugInnen befragt. 6 Schautafeln und ein Videofilm über das Nebenlager Bretstein wurden bereits gestaltet. Zwei wichtige Punkte sind die Freilegung der Kommandostiege und der Fundamente, sowie die Gestaltung eines Mahnmals in Bretstein. Nun plant die Projektgruppe einen Gedenkraum in Bretstein, welcher sich in unmittelbarer Nähe des ehe-

maligen KZ Nebenlagers befinden soll. Bei der Gestaltung wäre es ein Wunsch seitens der jugendlichen HistorikerInnen mit ein zu beziehen. Dieser Raum soll einerseits Auskunft über die historischen Hintergründe geben und auf rund 20 Schautafeln, die gesamte Geschichte um das KZ Bretstein darstellen und andererseits die Beziehung zur Gemeinde damals und den Umgang mit der Vergangenheit heute aufzeigen. Präbichl Bis vor wenigen Jahren gab es am Präbichl kein entsprechendes Gedenkzeichen, welches an das Massaker von 1945 erinnert. Die Jugendgruppe stellte im Jahr 2000 gemeinsam mit dem Zeitzeugen Walter DallAsen einen Antrag zur Errichtung einer Gedenkstätte

für die Opfer des Todesmarsches an den damligen Eisenerzer Bürgermeister Hermann Auernigg. Daraufhin wurde im Gemeinderat ein einstimmiger Beschluss gefasst, eine würdige Gedenkstätte ins Leben zu rufen. Es gab bzgl. der Gestaltung des Denkmals einen Jugendprojektwettbewerb, an dem sich 14 Jugendgruppenbeteiligten (aus BORG, HS I, HS II, HAK). Die besten drei Exponate traten in einen Umsetzungsdialog mit der Stadtgemeinde Eisenerz und am 28.05.2003 erfolgte die Aussteckung der geplanten Erinnerungsstätte am Präbichl. Die Eröffnung fand am 17.06.2004 statt. Am 31.10.2005 erfolgte zum zweiten Mal eine Kranzniederlegung zum Gedenken an die jüdischen Opfer, die beim Todesmarsch ihr Leben lassen mussten.

Überlebende des Todesmarsches am Präbichl vor dem 2004 enthüllten Denkmal, Juditha Hruza und Bela Budai

Steirerlandthema Zum Gedenken an ã70 Jahre AnschlussÒ …sterreichs an Hitler-Deutschland

NS-Kommunalpolitik Die Nazi-Schergen machten auch vor den Toren der Gemeindeämter nicht halt. Die Rolle der Gemeinden innerhalb des verbrecherischen Regimes wurde lange Zeit von der Wissenschaft sträflich vernachlässigt. Nach und nach tauchen erste Ergebnisse und Erkenntnisse auf. Die Steirerland-Sonderbeilage soll einen Einblick in die völkische Gemeindepolitik und deren Mitwirkung an Verbrechen, Krieg und Terror gewähren. ãJeder deutsche Kommunalpolitker, der sich zum Staate Adolf Hitlers bekennt und gewillt ist, nach den Richtlinien der nationalsozialistischen Weltanschauung zu leben, bezieht die Zeitschrift Die nationalsozialistische GemeindeÒ

...so lautete der Aufruf an die Gemeindepolitiker der Ostmark nach dem Anschluss am 12. März 1938 in der oben erwähnten Propagandaschrift. Bereits 1927 hatte Hitler den späteren NS-Oberbürgermeister von München, Karl Fiehler, mit den Aufgaben der kommunalpolitischen Fachabteilung der NSDAP betraut, aus der das Hauptamt für Kommunalpolitik hervorging. Dieses Amt war gleichzeitig Herausgeber der Zeitschrift „Die nationalsozialistische Gemeinde“ und beriet den Führer sowie dessen Stellvertreter in allen kommunalpolitischen Fragen. Unter der obersten Leitung von Fiehler wirkten Städte und Gemeinden stärker an der Verfolgungspolitik mit, als bisher angenommen. Sie entließen Mitarbeiter aus rassischen und politischen Gründen. Sie wirkten an Judenverfolgung und Deportationen mit, „arisierten“ Kunstgegenstände, private Bibliotheken, Gold-

und Silbergegenstände sowie Immobilien und in größeren Städten erfolgte auch die „Massensterilisierung“ von Erbkranken über die kommunalen Gesundheitsämter. Bei Aktionen gegen Juden waren das Hauptamt für Kommunalpolitik und Fiehler (ein Nationalsozialist der ersten Stunde) stets „Vorreiter“. Der erste Boykott gegen jüdische Geschäfte wurde von Fiehler in vorauseilendem Gehorsam ausgesprochen und betrieben. In München erprobte der Hauptamtsleiter für Kommunalpolitik gewalttätige Aktionen gegen jüdische Geschäfte, ließ deren Schaufenster mit Aufschriften wie „Bin im Urlaub in Dachau“ beschmieren, um herauszufinden, ob die arische Öffentlichkeit geschockt oder gleichgültig auf derlei Aktionen reagieren würde. Das apathische Verhalten der Bevölkerung ermutigte die NSFührer zu neuen Exzessen.

die allgemeine Hetzjagd auf Juden, die in der darauf folgenden Pogromnacht (später euphemistisch als „Reichskristallnacht“ bekannt geworden) ihren ersten Höhepunkt fand: In dieser gelenkten Zerstörungsnacht im gesamten

Am 9. November 1938 lud der „oberste Kommunalpolitiker“ des Reiches nahezu alle NS-Spitzen zu einem „Kameradschaftsabend“ in das Münchner Rathaus. Eine wüste antisemitische Hetzrede Goebbels war dann für die anwesenden SA- und Parteiführer das Signal für

Bereits Monate davor finden sich in der „NS-Gemeinde“ Artikel, die klar auf die Verfolgung jüdischer und kritischer Literatur abzielen. Bereits in einer frühen Ausgabe des Jahres 1938 ist folgender Aufruf an die Bürgermeister des Reiches abgedruckt:

Deutschen Reich wurden etwa 400 Menschen in den Tod getrieben. Diese Nacht markiert gleichzeitig auch den Übergang von Ausgrenzungspolitik gegenüber Jüdinnen und Juden hin zur systematischen Verfolgung.

BŸrgermeister,prŸft die BŸchereien eurer KrankenhŠuser darauf durch, ob sie dem Geist der heutigen Zeit entsprechen! Scheidet unverzŸglich SchŠdliches aus und ersetzt es durch gute deutsche BŸcher! Bedenkt, dass jedes Buch Erziehungsarbeit leisten muss. Und schaut auch darauf, dass den Patienten und dem Personal eurer KrankenhŠuser Gelegenheit gegeben ist, die NS-Presse zu lesen. Das wahre Gesicht der NS-Kommunalpolitik enthüllte ein Flugblatt der deutschen Sozialdemokratie schon im Jahr 1932, noch vor der Machtergreifung durch die Nazis. Unter dem Titel „Worte rollen – Seifenblasen platzen“ veröffentlichten sozialdemokratische KommunalpolitikerInnen eine Zusammenfassung der Irrungen und Wirrungen nationalsozialistischer Kommunalpolitik, die (so der Originalwortlaut aus 1932) auch die Kommunen zur Katastrophe treiben soll. Mit Beispielen aus diversen Gemeinden wird hier dokumentiert, wie die Nazis in den Gemeindestuben gegen

das Wohl der EinwohnerInnen Parteipropaganda betreiben, leeres Stroh dreschen, sich selbst und die NSDAP bereichern, Renten unterschlagen und Korruption im hohen Ausmaß stattfindet. Geholfen hat leider letztendlich auch diese Broschüre nicht, denn nur wenige Monate später hatten die Nazis die Macht im Staat – die Frage allerdings, ob die Katastrophe absehbar war, erscheint so durchaus im neuen Licht. Lange Zeit endete die historische Forschung zum Nationalsozialismus vor den Toren der Rathäuser, weil mit der Theorie von der „Gleichschaltung der Rathäuser“ das Thema erschöpft schien. Erst neue Erkenntnisse zeigen, dass die Gemeinden als örtliche politische Ebene zwar in der Hand der NSDAP waren, die kommunale Selbstverwaltung aber durchaus erhalten blieb, und sich die Kommunen oft sogar neue Tätigkeitsfelder erschlossen, die sie selbständig ausfüllten, weil die Gemeindeverwaltungen für die Verbrechen der Zeit unerlässlich waren. Bei der Organisation der Zwangsarbeit beispielsweise, oder aber auch bei der Judenverfolgung, wo nicht selten festzustellen ist, dass die Radikalisierung auf Druck der Kommunen stattfand. Für kommunale Geschichtsaufarbeitung tut sich hier ein weites, noch wenig bearbeitetes Feld auf.

Ewiges Mahnen! Viel ist schon geschrieben worden über die Greueltaten des Nazi-Regimes, aber relativ wenig war und ist bekannt über die Rolle der Gemeinden im verbrecherischen System von Terror, Angst, Verfolgung und Tod. Beim Recherchieren wurde rasch klar, dass die Nationalsozialisten beim Beseitigen der Spuren in den Gemeindeämtern gründlich gearbeitet haben, denn die meisten kommunalen Dokumente und Spuren wurden beseitigt. In zahlreichen Gesprächen, beim Recherchieren in diversen Archiven des Landes, in den Bibliotheken und an der Uni Graz entstand dieses „Steirerland Thema“, das unser Beitrag zum Gedenkjahr 2008 sein soll. 70 Jahre nach dem „Anschluss“ sind wir, die wir das Glück haben, in eine andere Zeit hineingeboren worden zu sein, sehr froh, dass wir unsere Meinungsfreiheit genießen und versuchen dürfen, zu verstehen, was in den Märztagen des Jahres 1938 und danach in den steirischen Gemeinden passiert ist. Gernot Leskovar

Alexandra Bärtl bei der Recherche

„Ich habe so viel Macht wie Nero im alten Rom“ Dieses Zitat stammt von Siegfried Uiberreither, dem obersten Vollzugsorgan während der NS Diktatur in der Steiermark. Dass er damit eigentlich recht hatte, ist eine bittere Tatsache, denn als willfähriger Despot Adolf Hitlers regierte er die Steiermark sieben Jahre lang.

Der Jurist und (zunächst illegale) NSFunktionär ist in den Jahren zwischen 1938 und 1945 neben diversen Führungspositionen innerhalb der SA auch kommisarischer Polizeipräsident von Graz, Gauleiter der NSDAP, Landeshauptmann und Reichsstatthalter der Steiermark und Leiter der Zivilverwaltung in der Untersteiermark gewesen.

In dieser Funktion ist er derjenige, der für die Verbrechen an der slowenischen Volksgruppe zur Verantwortung zu ziehen gewesen wäre. Gerne wurde Uiberreither mit dem Beinamen „Übereifer“ versehen, wenn es darum ging, die Untersteiermark mit Gewalt zu germanisieren, die slowenische Führungsschicht zu verhaften und die politi-

schen Gegner zu ermorden. Stellung nehmen musste Siegfried Uiberreither zu seinen Gräueltaten nie, nach dem Kriegsende 1945 stellte er sich zwar den Briten, es gelang ihm aber während der Überstellung nach Jugoslawien, wo ihm der Prozess gemacht hätte werden sollte, die Flucht und er konnte unter falschem Namen untertauchen. 1984 stirbt er, an Alzheimer erkrankt, in Deutschland. Natürlich bestand die NS-Führungsriege in der Steiermark nicht nur aus Siegfried Uiberreither, auch sein Stellvertreter, Armin Dadieu, stand ihm um nichts in vorauseilendem Gehorsam und grausamer Übereifrigkeit nach. Armin Dadieu wurde 1932 Professor für Chemie an der TU Graz und (damals noch illegales)

Mitglied der NSDAP. Offiziell arbeitete Dadieu für den Ständestaat und war seit 1936 volkspolitischer Referent der austrofaschistischen Einheitspartei „Vaterländische Front“. 1938, nach dem Anschluss Österreichs an Hitler-Deutschland, gibt der studierte Chemiker, Mathematiker und Physiker Dadieu zu, bereits in der Illegalität Sprengkörper hergestellt, für Hermann Göring geforscht und einen Nachrichtendienst installiert zu haben. Für diesen anbiedernden Ehrgeiz wird Armin Dadieu 1938 mit den Ämtern des Landesstatthalters, Gauhauptmanns und stellvertretenden Landeshauptmanns, belohnt. Nach dem Kriegsende 1945 gelingt Dadieu die Flucht nach Argentinien und ist dort als Regierungsbe-

rater für Raketenantriebe tätig. 1958 kehrt er unbehelligt nach Europa zurück und wird Leiter des Instituts für Raketentreibstoffe in Stuttgart und arbeitet für die Bundesregierung als Gutachter für alternative Raketenantriebssysteme. 1978 stirbt er als Pensionist in Graz. Ironie des Schicksals: Seine Tochter Renate heiratete einen KZ-Überlebenden. In der Steiermark fand auch eine historische Einzigartigkeit statt: Dem aus der SS-Führungselite stammenden Gaukulturhauptstellenleiter (vergleichbar mit der Funktion eines Kulturlandesrates) Josef Papesch gelang es, seinen Austritt aus der SS zu erwirken. Der ehemalige Lehrer und deutschnational gesinnte Schriftsteller, der auch die Grazer Reichshochschule für Musik

gründete, bringt seine vierzehnjährige, geistig schwer behinderte Tochter Grete in einer Pflegeeinrichtung in Gallneukirchen unter. Kurze Zeit später wird er verständigt, dass seine Tochter in eine Einrichtung nach Pirna/ Sachsen überstellt worden ist und kurz darauf an Ruhr starb. Daraufhin betreibt er, erfolgreich, seinen Austritt aus der SS. Der Akt Josef Papesch ist der einzig nachgewiesene Fall, in dem die Familie eines hohen NS-Funktionärs selbst die grausamen Auswirkungen des Regimes zu spüren bekommt. Josef Papesch wird 1963 mit dem Peter Rosegger Literaturpreis des Landes Steiermark ausgezeichnet und stirbt 1968 in Graz. Veronika Gabler


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