Um den kessel dreht euch rund

Page 1

HEXEN UND ZAUBERER IN DER STEIERMARK von Dr. Peter Kneissl, St.Peter-Freienstein 2012



D

ie vorliegende Broschüre zum

Thema „Hexen und Zauberer in der Steiermark“ bildet bereits den dritten Abschnitt meines Vorhabens zum Mystischen, Unheimlichen und Übersinnlichen in der Steiermark – nach den Werwölfen und Vampiren in den beiden vorangegangenen Jahren. Wie auch in den Jahren zuvor ist auch diesmal wieder meinem guten Freund und Weggefährten, nunmehr Kulturstadtrat der Landeshauptstadt Graz, Herrn Michael Grossmann, herzlicher Dank meinerseits am Zustandekommen dieser Broschüre abzustatten. Ebenso sei hierfür an dieser Stelle Dieter Prasch vom Renner Institut sehr herzlich für seine Bemühungen und Großzügigkeit gedankt.


D

ie Hexe – ein weltweit zu beob-

achtendes Phänomen bis heute: Heute noch gerne und zumeist äußerst leichtfertig gebraucht, hört man bald einmal von „aner oiden oder bleden Hex!“ In früheren Jahrhunderten konnte ein derarti-

ger Vorwurf rasch lebensbedrohlich werden. Wie noch zu zeigen sein wird, wurde die Hexe rasch zu einem bei der Obrigkeit sehr beliebten Sündenbock – für alle Gelegenheiten und eine Figur, welcher man auch noch die größte und schier menschenunwürdigste Schlechtigkeit andichten konnte und wovon auch reichlich Gebrauch gemacht wurde! Bevor wir uns genauer mit der Figur und dem Wirken der Hexe (männliche Hexen, meist als „Zauberer“ oder „Hexer“ bezeichnet, sind in den Akten deutlich seltener anzutreffen, als die holde Weiblichkeit, welche sich in der dunklen Kunst übte) eine Stelle aus William Shakespeares „Macbeth“ (1599 bis 1603), welche das unheilvolle Wirken von drei Hexen bei der Zubereitung eines magischen Trankes vorstellt– man beachte die Vielfältigkeit der Zutaten:


Um den Kessel dreht Euch rund, werft das Gift in seinen Schlund! Kröte, die im kalten Schein Tag und Nächte dreimal neun, zähen Schleim im Schlaf gegoren, soll zuerst im Kessel schmoren! Sumpf´ger Schlange Schweif und Kopf brat und koch im Zaubertopf, Molchesaug und Unkenzeh, Hundemaul und Hirn der Kräh, zäher Saft des Bilsenkrauts, Eidechsbein und Flaum vom Kauz! Wolfeszahn und Kamm des Drachen, Hexenmumie, Gaum und Rachen aus des Haifischs scharfem Schlund, Schierlingswurz aus finstrem Grund, auch des Lästerjuden Lunge, Türkennas, Tartarenzunge, Eibenreis vom Stamm gerissen, in des Mondes Finsternissen, Hand des neugebornen Knaben, den die Hur erwürgt im Graben, abgekühlt mit Pavianblut, wird der Trank nun stark und gut!1

Döbler, Walpurgisnacht und Satanskuss, S. 20. Vgl. hierzu auch Hammes, Hexenwahn und Hexenprozesse, S. 62 u. 63. 1


W

as hierbei besonders auffällt ist die Exotik der Zutaten – zumeist Dinge, welche man

nicht so einfach in jeder Apotheke oder bei jedem ver-

fügbaren Naturheiler käuflich erwerben konnte. Tierische Ingredienzien wie eine Kröte, Schlangenfleisch, Teile von Molchen oder Fröschen waren hierbei noch einigermaßen leicht zu bekommen. Weit schwieriger war es hierbei schon mit menschlichen Bestandteilen wie etwa der Zunge eines lästerlichen Juden, der Nase eines Türken oder der Zunge eines Tartaren2 - welche zugleich auch Feindlichkeiten gegenüber anderen Völkern oder Ethnien deutlich zum Ausdruck bringen. An Pflanzen treten hierbei sehr giftige Gewächse wie Bilsenkraut, Schierling und Eibe auf – wovon bereits eine sehr kleine Dosis genügt, um einen Menschen ins Jenseits zu befördern. Die erwähnte Mumie war bis ins 19. Jahrhundert ein äußerst beliebtes und zugleich sehr teures Heilmittel. Auch mit Föten, Aborti und Kinderleichnamen wurde bis ins späte 18. Jahrhundert vielerlei Missbrauch auch im Namen der Medizin getrieben. Eine genaue Trennung zwischen Religon, schwarzer Magie, akademischer Medizin, Volksmedizin und magischer Praktiken aller Art kann hierbei nur sehr schwer gezogen werden – vielmehr sind die Grauzonen und Grenzbereiche hierbei fließend. 1 Döbler, Walpurgisnacht und Satanskuss, S. 20. Vgl. hierzu auch Hammes, Hexenwahn und Hexenprozesse, S. 62 u. 63 2

Selbstverständlich sind diese höchst zweifelhaften Zutaten ohne Wertung zu betrachten und werden hier nur aus textlichen Gründen eingehender besprochen.


Gefleckter Schirling Bilsenkraut

Fรถtus

Eibe


W

as wurde ursprünglich unter einer Hexe verstanden?

Schon im Alten Testament tritt die Hexe von Endor auf, welche König Saulus als Wahrsagerin beschworen hatte, um Gewissheit über die Zukunft zu erlangen. Jedoch wurden derartige Zukunftsprognosen zumeist scheel betrachtet und nur allzu rasch fanden sich Wahrsagerinnen wie auch Hexen im Kerker der Herrschaft wieder. Zumeist wurden derartige Weissagungen ohnehin als Trugbilder einer irregeleiteten Phantasie verstanden. Ursprünglich kommt das Wort „Hexe“ von der altdeutschen Wurzel „Hazaguzza“ und meint damit eine „Zaunreiterin“ oder ein weibliches Wesen, welches auf Hecken und Zäunen sitzt. So-

mit war die Hexe ursprünglich ein wohltätiger Naturdämon mit übersinnlichen Kräften, welcher bei guter Behandlung einem das Leben ein wenig angenehmer gestalten konnte. Durch Tratsch, Unverständnis, Neid und Missgunst wurde hieraus jedoch bald ein dämonisches Weib zusammengesetzt, welches nur noch danach trachtet, seine Mitmenschen zu schädigen, zu verzaubern, deren Leben zu ruinieren und zudem körperlichen Umgang mit dem Teufel habe! Spätestens seit einer Bulle Papst Gregors IX. aus dem Jahre 1232 galt es als erwiesen dass man um Mitglied der Hexen zu werden, den Satan auf seinen stinkenden Hintern küssen musste!


Albrecht Dürer: Fliegende Hexe, Kupferstich (Repronegativ), um 1505 © Österreichische Nationalbibliothek


Desgleichen wurde den Hexen vorgehalten, sie würden bei den Hexenzusammenkünften (auch als „Hexensabbat“ bezeichnet) gebratene Kinder essen, diese auskochen und daraus Salbe kochen, teuflische Schriften vom Satan empfangen und gar von ihm getauft werden. Um dorthin zu gelangen, würden sie sich mit einer speziell angefertigten Hexensalbe unter den Achseln und im Genitalbereich einreiben – und danach auf Ofengabeln, Besen, Katzen, Raben oder skelettierten Tierleichen zum Hexensabbat fliegen. Eine der häufigsten Mutmaßungen war, dass Hexen aus Schlangen und ähnlichem Getier Hagelunwetter rühren würden und diese dann über den Feldern niederlassen. Genauso beliebt war die Unterstellung Hexen würden ihnen unliebsamen Mitmenschen Krankheiten, Impotenz, Unfruchtbarkeit oder ähnliche körperliche Leiden anhexen oder gar den Kühen im Stall die Milch weg hexen.3

3 Döbler, Walpurgisnacht und Satanskuss, S. 54. Und dies war noch bei weitem nicht der haltloseste Vorwurf gegen Hexen und Zauberer, welche zu Tausenden den Tod fanden – zumeist völlig ungerechtfertigt. Unnötig zu erwähnen, dass alle diese Vorhaltungen jeder vernünftigen Grundlage entbehren. Bis zu Ende des 18. Jahrhunderts wurden derartige Vorhaltungen jedoch von hochkarätigen Intellektuellen und Wissenschaftern unterstützt und gerechtfertigt.


Michael Herr (1650): Hexensabbat auf dem Brocken (B. Berg/ Blocksberg)

Hexenritt: Einige Hexen reiten auf ihren Besen durch die Nacht - und verbreiten Angst und Schrecken in der Vorstellung der Menschen. Holzschnitt nach einer Originalzeichnung von G. Spangenberg.


M

ethoden zur Erkennung einer Hexe: Insbesondere zwei Methoden waren zur

raschen Erkennung einer Hexe besonders oft zur Anwendung gekommen: Einerseits brauchte man ihr nur mit einer spitzen Nadel in die Tränendrüse des Auges zu stechen, da man davon ausging, dass Hexen keine Tränen besitzen würden! Die Tortur dieser „Prüfung“ bedarf wohl keiner näheren Erklärung. Ebenso wurde auch mit Warzen, Muttermalen, Furunkeln und Gewächsen aller Art verfahren. Wurde ein solches Hexenmal aufgestochen, so wurde erwartet, dass eine Hexe daraus nicht bluten würde! Geschah dies logischerweise doch, so wurde die Unglückliche in Widersprüche verwickelt und ihr Schicksal war rasch besiegelt.4

Immer trickreicher wurden die Hexenrichter im Laufe ihrer Tätigkeit und nachfolgende Auffälligkeiten und Abnormitäten konnten einen nur gar zu rasch in den Geruch der Hexerei und des Zauberhandwerkes bringen: Blatternnarben, auffällige Narben im Gesicht, Kropf, Grind, auffallend schlechte Zähne, krummer Fuß, Stammeln, Fehlen eines Fingers, Kürzere Gliedmaßen, Schwerhörigkeit, weitfüßiger Gang, Blähhals, Aussatz, Hinken und Erfrierungen an den Gliedmaßen.5


Wesentlichen Auftrieb bekam der Hexenwahn durch das von den beiden Dominikanermönchen Heinrich Kraemer (lat. Insistorius) und Jakob Sprenger verfasste Werk „Malleus Malleficarum“, besser bekannt als „Der Hexenhammer“ aus dem Jahre 1485. Bereits am 5. September 1484 hatte Papst Innozenz VIII. die Bulle „Encyclica summis desiderantes“ erlassen, welche die Initialzündung war für einen Hexenwahn bisher nie gekannter Größenordnung. Insbesondere der Detailreichtum und die heute nur noch staunenswerte Perfidität der Argumentation, wie man gegen eine Hexe vorzugehen hätte, wurde bis zur Aufklärung für bare Münze genommen.6

4

Hammes, Hexenwahn und Hexenprozesse, S. 120 bis 123. 5 Steppan, Festschrift Valentinitsch, S. 302. 6 Döbler, Walpurgisncht und Satanskuss, S. 86 bis 89.


D

ie Tortur:

Tortur, zumeist mit Folter gleichgesetzt, bein-

haltet in ihrer allerharmlosesten Form die Übung, dem Verurteilten die Folterinstrumente zu zeigen, welche bei weiterer Leugnung oder Verstocktheit sogleich zum Einsatz kommen würden. Zumeist reichte dies schon aus, um den völlig verängstigten und verstörten Angeklagten die Zunge zu lösen. Das Zwicken mit glühenden Zangen, das Herausreißen der Zunge mit glühenden Zangen und das gewaltsame Einflößen von ekelhaften Flüssigkeiten gehörte noch zur Grundstufe der Tortur. Weit diffiziler ging man schon beim Dehnen auf der Streckbank vor, bis sämtliche Glieder der Arme und Beine aus ihren Gelenken gerissen waren. Auch Daumenschrauben und die spanischen Stiefel (mancherorts auch als „Wadenquetscher“ bezeichnet) stellten eine grauenhafte Spezialität dar. Am gefürchtetsten und damit als Highlight gewissermaßen galt der „Hexenstuhl“. Dies war ein etwa zwei Meter langes Brett mit vier Stützen, deren hintere beiden kürzer waren, sodass der Delinquent immer nach hinten rutschte. An der hinteren Seite war es zudem


Verhör: Eine vermeintliche Hexe wird durch den Scharfrichter in der Folterkammer verhört. Falls sie nicht gesteht, werden schonmal die Eisen glühend heiß gemacht. Holzstich nach einer Originalzeichnung von F. Piloty.

Die „spanischen Stiefel“ sind Knochenbrecher aus Metall, die um das Bein geschlossen und dann immer fester zugeschraubt werden.

Daumen oder andere Finger werden in eine Zwinge gespannt und deren durch Gewinde miteinander verbundene Backen schraubenförmig zusammengezogen.


zugespitzt. An mehreren Stellen besaß die Sitzplatte Löcher, durch welche mehrere Stricke gezogen wurden und diese schnitten fürchterliche in das Fleisch des darauf Festgebundenen ein. Zumeist wurden die Unglücklichen darauf stundenlang festgebunden und auch während des Verhöres mit Zeugenaussagen konfrontiert. Glaubte der Inquisitor eine Lüge zu hören, so wurden umgehend die Stricke fester gezurrt, sodass der darauf Festgezurrte noch mehr schrie. Dieses Martyrium konnte oft mehrere Stunden dauern. Oftmals fielen die darauf Gebundenen während der Folter in Ohnmacht und wurden entweder mit Wasser wieder zu sich gebracht oder von den Folterknechten in ihre Zellen zurückgeschafft. Viele der Bedauernswerten, welche der Zauberei angeklagt waren, versuchten durch Denunziaton anderer ihre eigene Haut zu retten – eine äußerst trügerische Hoffnung! Auch das immer schneller werdende Sprechen während der Verhöre sollte die ohnehin bereits Verängstigten völlig um ihren Verstand bringen! Zumeist trat dieses gewünschte Ziel auch ein – das eigene Leben war verwirkt und zumeist einige andere Personen dem Geruche der Hexerei verdächtig nahe.7

7

Schleich, Riegersburger Hexengeschichten, S. 20 u. 21.


In abgelegenen Räumen wurden vermeintliche Hexen ihrem „Verhör“ oder der Tortur unterzogen.


O

rte in der Steiermark, in welchen zwischen 1550

und 1780 Hexenprozesse stattgefunden haben:

Aussee, Irdning, Admont, Rottenmann, Murau, Oberwölz, Rotenfels, Frauenburg, Reifenstein, Judenburg, Weißkirchen, Seckau, Großlobming, St. Lambrecht, Neumarkt, Dürnstein, Obdach, Admontbichl, Piber, Voitsberg, Stainz, Schwanberg, Deutschlandsberg, Arnfels, Leibnitz, Straß, Wildon, St. Georgen, Graz, Rein, Gratwein, Radkersburg, Halbenrain, Gleichenberg, Straden, Trauttmannsdorf, Hohenbrugg, Feldbach, Gutenberg, Neuberg, Oberfladnitz, Vorau, Fürstenfeld, Neudau, Hartberg, Kapfenberg, Göß, Leoben und St. Peter – Freienstein. Ist diese Nennung von Orten in der heutigen Steiermark schon recht eindrucksvoll, so sei auch die Gesamtzahl der Opfer auf dem Territorium der heutigen Republik Österreich mit ca. 2.000 Hexen und Zauberern angegeben. Baden – Würrtemberg weist im selben Zeitraum 3.300 Opfer aus!8

Fritz Byloff nennt in seiner tabellarischen Auflistung aus 1902 für die Zeit von 1546 bis 1746 folgende Orte und die folgende Delinquentenzahl:9 Marburg 7; Obdach 1; Rein 42; Aussee 3; St. Lambrecht 1; Voitsberg 1; Kapfenberg 1; Radkersburg 4; Irdning 1;

Wagner, Bildatlas zur Geschichte Östereichs, S. 126 u. 127. 9 Byloff, crimen magiae, S. 424 bis 440. Hierbei sind nur Orte auf dem Territorium der Steiermark nach 1918 berücksichtigt, ebenso in den übrigen Ausführungen dieser Broschüre. 8


Feldbach 35; Fürstenfeld 1; Großlobming 1; Leibnitz 2; Bad Gleichenberg 8; Trauttmannsdorf 27; Leoben 7 und Admontbichel 2. Als besondere Zentren hinsichtlich der Häufigkeit von Hexendelikten fallen insbesondere Gerichtsbezirk des Zisterzienserstiftes Rein, Trauttmannsdorf und Feldbach auf. Feldbach war jener Gerichtsbezirk, dem auch die Gallerin und ihre Untertanen zugehörten. Insbesondere die Gegend von Feldbach und Bad Gleichenberg war wegen ihrer häufigen Hagelwetter geradezu für Hexenprozesse und deren Verfolgung geradezu prädestiniert. Im folgenden zwei der prominentesten steirischen Hexen, wobei sich freilich gegen die erste niemand lautstark eine derartige Verdächtigung auszusprechen traute:

K

atharina Elisabeth Freifrau

von Galler (gest. 1672), „die Gallerin“:

Die mächtige Herrin der Riegersburg stammte aus dem reichen Kaufherrengeschlecht der Wechsler aus Radkersburg und war als Erbin der Riegersburg nach ihrem Oheim alsbald im gesamten Feldbacher Umkreise bekannt, berühmt und vollendete die Befestigung der Riegersburg. Dies ließ sie auch, der es nie an Selbstbewußtsein gebrach, für die künftigen Generationen


deutlich lesbar am Hauptportal der Riegersburg in Stein meisseln. Aufgrund ihres nicht gerade verträglichen Charakters geriet die Freifrau von Galler auch recht bald in Streit mit dem Riergersburger Pfarrer Strobl und auch der Pfarrer von Feldbach bekam rasch mit ihr © Riegersburg, Steiermark

Probleme. Eine derart selbstbe-

wusste, dynamische und gelegentlich auch mit handfesten Argumenten arbeitende Frau war für die Zeit des 17. Jahrhundertss freilich die absolute Ausnahme. Aus der Gallerin wurde alsbald eine Gestalt der lokalen Sage, welche von ihren Gefolgsleuten die Untertanen verprügeln, deren Felder und Häuser verwüsten ließ und die sich wie es schien keinen Deut um Gesetz und Ordnung scherte! Im Gegenteil: Die Gallerin schien ja tatsächlich mit dem Teufel im Bunde zu stehen bzw. selbst gar eine Hexe zu sein! Gnade denen Gott, die gestrenge Frau hätte derartiges zu Gehör bekommen! Am 12. Februar 1672 starb die Gallerin, auch gemeinhin „die schlimme Liesl“ genannt auf der Riegersburg.10

10 Schleich, Riegersburger Hexengeschichten, S. 27 bis 31. Vgl. hierzu auch Schleich, Gleichenberger Hexengeschichten.


K

atharina Paldauf,

„die Blumenhexe von

der Riegersburg“ (gest. 1675): Eine der prominentesten steirischen Hexen war Katharina Paldauf, die Frau des Riegersburger Vogtes. Sie habe mit mehreren Teufeln in Verbindung gestanden und ein sehr vornehm gekleideter

© Steiermärkisches Landesmuseum

Teufel, im Prozess als „der Bixenmeister“ bezeichnet, hätten sie auch leiblich heimgesucht. Auf die Frage, was sie eigentlich zu der Teilnahme an den regelmäßig im Huberhof in Riegersburg veranstalteten Hexensabbaten bewogen hätte, gab sie zwei Gründe an: Die Langeweile und das gute, bequeme Leben, das sie als Frau des Vogtes auf der Riegersburg führte. Nach ihrer Verhaftung am 23. August 1675 wurde Katharina Paldauf wohl am 23. September 1675 hingerichtet. Als besonders schweres Indiz für den Status der Hexe diente bei der Paldauf die Tatsache, dass sie in ihren Glashäusern auch im Winter herrliche Blumen gezogen hatte. So wurde sie zur „Blumenhexe von der Riegersburg“.11

11

Schleich, Riegersburger Hexengeschichten, S. 12 u. 13.


P

flanzen und Tiere, welche mit Hexen

in Verbindung gebracht wurden:12

Tollkirsche (Atropa Belladonna), Eisenhut (Aconitum), Stechapfel (Datura), Kuh – oder Küchenschelle (Pulsatilla vulgaris), Eichen (Quercus – Arten), Alraune (Mandragora), Gefleckter Schierling (Conium maculatum), Schwarzes Bilsenkraut (Hyoscyamus niger), Mistel (Viscum – Arten), Johanniskraut (Hypericum), Bärlauch (Allium ursinum), Thymian (Thymus pulegioides), Knoblauch (Allium sativum), Esche (Fraxinus excelisor), Haselnuss (Corylus avellana), Fliegenpilz (Amanita muscaria), Schwarzer Holunder (Sambucus nigra), Walnuss (Juglans regia), Weihrauch (Boswellia sacra), Beifuss (Artemisia vulgaris), Einbeere (Paris quadrifolia), Weißdorn (Cratageus laevigata). Bezeichnenderweise sind die meisten der oben genannten Pflanzen hochgradig giftig. Diese führen in Kombination mit Alkohol und natürlichen Drogen wie auch Aphrodisiaka zu Sinnestäuschungen, Halluzinationen und Einbildungen, wie dass man plötzlich fliegen könnte. An Tieren wären zu nennen: Ziegenbock, Wolf, Hund, Katze, Fledermaus, Rabe, Eule, Schlange, Kröte, Salamander, Spinne und Fliege – dies sind zumeist Tiere, welche mit der Dunkelheit zu tun haben. Beim Ziegenbock gab dessen schier unglaubliche Potenz den Ausschlag und beim Salamander die Überlieferung, dass

12

Siehe hierzu besonders bei Pohanka, Teuflisches Österreich, S. 174 bis 215.


Johanniskraut

Mistel

Bärlauch

BeifuĂ&#x;

Thymian

Alraune

Tollkirsche


dieser in Flammen zu wachsen beginne und so über seine Widersacher hinauswachse. Aufgrund der Vielzahl der zuvor genannten diabolischen Pflanzen und Tieren, mit welchen sowohl die Hexen als insbesondere auch der Teufel im Bunde seien, nimmt die große Furcht vor Hexen nicht weiter Wunder. Am einfachsten nachzuvollziehen ist ein derartiger Hexenflug, indem man die grünen Schalenteile des Erdapfels zu sich nimmt – vor Ausführung wird ausdrücklich gewarnt!

V

erurteilung einer Hexe:

In einem Hexenprozess stand bei der gerings-

ten Annahme, dass es sich bei der verdächtigten Person um eine Hexe bzw. einen Hexer handeln könnte, das Todesurteil für die betreffende Person von vornherein schon fest. Eine Hexe bzw. ein Zauberer musste den Flammentod auf dem Scheiterhaufen sterben, um ein für allemal zu verhindern, dass ihre Seele wiederkehrt. Je nach der dabei herrschenden Windsituation erstickte das Opfer gnadenhalber im aufsteigenden Rauch oder verbrannten bei lebendigem Leibe. Nur die wenigsten der Bedauernswerten wurden noch im letzten Moment und unmittelbar vor dem Anzünden des Scheiterhaufens von einem mitleidigen Henkersknecht erdrosselt.13

13

Döbler, Walpurgisnacht und Satanskuss, S. 219 bis 222.


Hexenverbrennung: Vermeintliche Hexen werden auf dem Scheiterhaufen unter hĂśllischen Qualen verbrannt. Holzschnitt nach einer Originalzeichnung von G. Franz.

Hexenprobe: Eine Frau wird in einem Stadtkanal der Wasserprobe unterzogen. Ging sie unter, so war sie keine Hexe, schwamm sie aber an der Wasseroberfläche, so war sie eine Hexe und musste verbrannt werden. Kupferstich, 1890, G. Franz.


K

ritische Stimmen gegen

den Vorwurf der Hexerei:

Dietrich Flade, Suffraganbischof des Tierer Erzbischofs wurde wegen seines Eintretens für mehr Realitätsfindung bei der Untersuchung von Hexenfällen am 18. September 1589 hingerichtet. Friedrich Spee (1591 bis 1635), Jesuit: Die meisten Gerüchte über Hexen haben ihren Ursprung in Zank, Verleumdung, Streit, Ehrabschneiderei, falscher Verdächtigung, unüberlegten Urteilen, Wahrsagerei, kindischem Gespött und ähnlichen Anlässen und werden nur aus unglaubhafter Schwatzhaftigkeit und Mißgunst überall verbreitet.14

C

onclusio:

Die vorliegende Broschüre kann die vielen Facet-

ten der Hexenverfolgung in der Steiermark nur in Kürze behandeln. Vieles der bis zu Ende des 18. Jahrhunderts als real geglaubten Argumente erregen heute bereits bei einem Zehnjährigen aufrichtige Skepsis. In der realistisch denkenden Welt des 19. Jahrhunderts hatten derartige Feindbilder wie das der Hexe einfach keinen Platz mehr – neue Feindbilder wurden geschaffen und ausgiebig erörtert. Lediglich in den Märchensammlungen der Gebrüder Grimm behielten Hexen weiterhin ihren fixen Platz. Insgesamt wäre der Menschheit zu wünschen, dass eine derartige Verfolgung ohne jegliche reale und rationale Grundlage ihr neuerlich erspart bliebe!

14 Hammes, Hexenwahn und Hexenprozesse, S. 99. Vgl. auch Döbler, Walpurgisnacht und Satanskuss, S. 110 bis 112.


Hexenschlaf: Von manchen Hexen auf dem Scheiterhaufen wird berichtet, dass sie bei der Verbrennung in einen tranceartigen Zustand verfallen. Wahrscheinlich ein Schutzmechanismus der eigenen Psyche, das unsagbare Leid zu erdulden. Nach einem Gem채lde von Albert von Keller.


Verwendete Literatur: Byloff, Fritz: Das Verbrechen der Zauberei (crimen magiae). Ein Beitrag zur Geschichte der Strafrechtspflege in Steiermark. Graz, 1902. Döbler, Hannsferdinand: Walpurgisnacht und Satanskuss. Die Geschichte der Hexenverfolgung. München, 2001. Hammes, Manfred: Hexenwahn und Hexenprozesse. Bindlach, 1995. Pohanka, Reinhard: Teuflisches Österreich. Geschichten aus einem höllischen Land. Wien – Graz – Klagenfurt, 2011. Schleich, Johann: Riegersburger Hexengeschichten. Feldbach, o. J. Schleich, Johann: Gleichenberger Hexengeschichten. Feldbach, 1987. Steppan, Markus: Helfried Valentinitsch. Hexen und Zauberer in der Steiermark. Graz, 2004. Wagner, Wilhelm J.: Der grosse Bildatlas zur Geschichte Österreichs. Wien, 1995.



Herausgeber: f端r den Inhalt verantwortlich: Dr. Peter Kneissl


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.