Magazin_ZEIG DICH_2020

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AUSBILDUNG

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DIE BESTEN TIPPS FÃœR DEINE BEWERBUNG & AUSBILDUNG



„Wenn du es träumen kannst, dann kannst du es auch tun.“ Das sagte einst der große Zeichner, Filmproduzent und Micky-Maus-Erfinder Walt Disney (1901-1966). Leicht dahergesagt? Nun ja: Aus dem Motto wurde ein Weltkonzern, der als Walt Disney Company auch mehr als 50 Jahre nach dem Tod des Gründers Milliardenumsätze macht. Und welchen Traum habt ihr? Klar, nicht jeder ist ein Walt Disney. Aber eines kann man sicher von ihm lernen: Wer einen Beruf findet, der ihn rundum ausfüllt, muss eigentlich gar nicht mehr arbeiten. Denn er empfindet seinen Job als Bereicherung und nicht als Belastung. Deshalb horcht doch bitte am Anfang jeder Karriereplanung in euch hinein und stellt euch ganz individuelle Fragen: Was macht mir Spaß? Was kann ich besonders gut? Was kann mir längerfristig spannende Herausforderungen bieten? Gut möglich, dass ihr noch gar keinen Plan habt. Auch okay. Denn ZEIG DICH! hilft bei der gar nicht so leichten Entscheidung, wie es später weitergehen soll. Wie macht ihr das Beste aus euren Skills? Mit einer Ausbildung? Oder doch besser mit einem Studium? Vielleicht ist ein Handwerksjob gar nicht verkehrt? In dieser Ausgabe stellen wir euch Berufe vor, die ihr vielleicht noch gar nicht auf dem Schirm hattet. Wir geben Anregungen, praktische Tipps und liefern Entscheidungshilfen.

Wir zeigen euch, wie ihr euch in einem Vorstellungsgespräch optimal verkauft. Außerdem bekommt ihr Tipps für Top-Bewerbungen. Dazu haben wir Jana (17) begleitet und gleich eine Fotoreportage daraus gemacht. Ab ins Ausland? Wir zeigen euch, wie das geht. Sogar als Azubi. Na, auf den Geschmack gekommen? Das würde uns riesig freuen. Denn die Chancen für engagierte Bewerber stehen momentan so gut wie selten. Viele Unternehmen suchen talentierten Nachwuchs. Leute wie euch. Macht was draus.

Euer „ZEIG DICH!“-Team.


Foto: Unsplash, Emma Matthews

INHALT Foto: Victoria Quickenstedt

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Foto: Unsplash, Taelynn Christopher

Foto: Unsplash, Form

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10 IMPRESSUM Verlag: FUNKE Media Sales NRW GmbH, Jakob-Funke-Platz 1, 45127 Essen / Sitz Essen, Registergericht Essen, HRB 8208 / Telefon: +49-(0)201-804-0 / Ein Unternehmen der FUNKE Mediengruppe / Geschäftsführer: Dennis Prien, Ove Saffe, Andreas Schoo und Michael Wüller / Verantwortlich für Anzeigen und Verlagsbeilagen (V.i.S.d.P.): Dennis Prien / Redaktion: Frank Grieger (V.i.S.d.P., Produktmanagement), Tel. +49 (0)201 / 804-2657; Sven Schneider, Michael Braun, Achim Faust, Anja Schindler / Realisation: FUNKE Redaktions Services – Lisa Dießner und Nadine Rosengärtner / Art Direktion: Oliver Schäfer / Bilder: iStock, Stocksnap .i.o., Unsplash, Michael Braun / FUNKE-Archiv/ Druck: PerCom Druck- und Vertriebsgesellschaft mbH, Am Busbahnhof 1, 24784 Westerrönfeld


S E L A U D M STUDIU

20 – 21 FITNESS IM FOKUS Den Sport zum Beruf machen diese Berufe gibt es im Wellnessund Fitnessbereich. 22 – 23 KEKSE, KÄSE, INGWER-EIS Ausbildungsberufe in der Lebensmittelbranche.

6 – 7 NEWS 8 – 9 „IT-WISSEN WIRD IMMER WICHTIGER“ Interview mit dem Präsidenten des Bundesinstitus für Bildung (BBIB).

BERUFSORIENTIERUNG

28 – 29 SAHNEHÄUBCHEN Mehr Urlaub, mehr Geld: Mit diesen „Goodies“ locken Unternehmen Azubis. 30 – 31 SCHNUPPERSTUNDEN Darauf sollte beim Praktikum geachtet werden.

12 – 13 WELTMARKTFÜHRER: DAS BESTE LIEGT SO NAH Ausbildung bei einem „Hidden Champion“.

16 – 17 KLINGT SCHRÄG, ABER HAT ZUKUNFT Vom Scrum Master bis zum Conversion Manager. 18 – 19 ALLES IM GRÜNEN BEREICH „Grüne Berufe“ - eine Branche mit guten Jobaussichten.

44 - 45 DAS NETZ VERGISST NICHTS Facebook, Instagram und Co. - Worauf bei Profilen in Sozialen Netzwerken geachtet werden sollte.

24 – 27 DIE DOPPELTE DOSIS Das Duale Studium - zwischen Betrieb, Berufsschule und Hörsaal.

10 – 11 DAS HANDWERK – ATTRAKTIV WIE NIE Warum Handwerksberufen die Zukunft gehört.

14 – 15 EIN PAAR KLICKS VORAUS Wie digitales Know-how zum Vorteil wird.

42 – 43 LEITPLANKEN FÜR DIE JOBSUCHE So hilft die Berufsberatung der Agentur für Arbeit bei der Berufswahl.

BERUFSVORBEREITUNG 32 – 39 SCHRITT FÜR SCHRITT ZUM BERUFLICHEN GLÜCK Fotoreportage: Die Phasen einer erfolgreichen Bewerbung. 40 – 41 NICHT SCHAUSPIELERN, SONDERN DARSTELLEN Wie man sich in einem Vorstellungsgespräch richtig präsentiert.

AUSBILDUNG 46 – 47 DIE LEBENSRETTER Ein Blick in den Alltag eines Notfallsanitäter-Azubis. 48 – 49 ALS AZUBI INS AUSLAND – SO GEHT DAS! Durch das Förderprogramm „Ausbildung Weltweit“ Berufserfahrung im Ausland sammeln. AB SEITE 50 ZEIG DICH! -ARBEITGEBER Azubis stellen ihren Betrieb vor: Arbeitsalltag, Chancen, Eckdaten.


NEWS

Mehr können

Schon für eine Lehrstelle beworben, aber abgelehnt worden? Dann liegt es möglicherweise an euren Bewerbungsunterlagen. Macht einfach einen Termin mit einem Berufsberater der Agentur für Arbeit aus und bringt eure Unterlagen mit. Die Berater sichten eure Bewerbung und helfen euch, diese so gut wie möglich zu gestalten.

Die Ausbildung allein muss euch nicht reichen. Um eurer Profil zu schärfen und eure beruflichen Chancen im Anschluss an die Lehre zu erhöhen, könnt ihr bereits in der Ausbildung Zusatzqualifikationen erwerben. Das können Fremdsprachenkurse, Auslandsaufenthalte oder Softwarekurse sein. Aber auch betriebliche Weiterbildungen kommen gut an, zum Beispiel die Fortbildung zum Betriebsassistenten im Handwerksbereich. Bezogen auf die Ausbildung findet ihr auf der Seite www.bibb.de/ausbildungplus Informationen zu den unterschiedlichen Möglichkeiten.

Extrageld für Azubis Wer während der Lehre nicht mehr bei den Eltern wohnen kann, muss je nach Stadt und Zimmerkategorie tief in die Tasche greifen. Die Bundesagentur für Arbeit zahlt über die Berufsausbildungshilfe (BAB) unter bestimmten Bedingungen Zuschüsse für Miete sowie Fahrten zur Arbeit oder nach Hause. Voraussetzungen können sein:

Foto: Unsplash, Neonbrand

Die Eltern überzeugen Ihr nehmt an einer berufsvorbereitenden Maßnahme teil. Ihr macht eine betriebliche oder außerbetriebliche Ausbildung bei einem Betrieb, der zu weit von eurem Elternhaus entfernt ist. Ihr seid älter als 18 Jahre oder habt bereits ein Kind. Ob Anspruch besteht, erfährt man auf den Seiten der Arbeitsagentur www.arbeitsagentur. de/bildung. Dort kann man auch direkt den Antrag stellen.

Gesetz schützt Jugendliche Arbeitgeber erwarten Flexibilität, manchmal auch bei den Arbeitszeiten. Aber generell seid ihr vor zu langen Arbeitszeiten gesetzlich geschützt. Das betrifft vor allem Jugendliche unter 18 Jahren: Laut Jugendarbeitsschutzgesetz dürfen sie nicht mehr als acht Stunden täglich und nicht mehr als 40 Wochenstunden arbeiten. In der Zeit zwischen 20 und 6 Uhr ist Arbeiten grundsätzlich tabu. Nur in bestimmten Branchen (Gastronomie, Hotellerie) gibt es Ausnahmeregelungen.

Euer Berufswunsch kann durchaus von den Vorstellungen der Eltern abweichen. Die Zeitschrift Unicum Abi hat Tipps veröffentlicht, wie ihr Zweifel an eurer Berufswahl zerstreuen könnt. Beispielsweise ist den allermeisten Eltern wichtig, dass ihr Kind finanziell solide abgesichert ist. Recherchiert also die Verdienstmöglichkeiten und Karrierechancen des Wunschjobs. Sinnvoll ist es auch, auf Fördermöglichkeiten wie Bafög oder duale Studiengänge hinzuweisen. Und macht klar, dass es eine Entscheidung ist, die euch die Eltern nicht abnehmen können.

Top-Jobs ohne Studium Nach der Ausbildung übermäßig gutes Geld verdienen, auch ohne Hochschulstudium? Das geht, so die Bundesagentur für Arbeit. An der Spitze der Einkommensstatistik liegen Fluglotsen: Sie erhalten laut Bundesagentur direkt nach der Lehre Gehälter zwischen 6400 und 8900 Euro. Auf Platz zwei des Rankings stehen Mechatroniker (Einstiegsgehälter zwischen 3100 und 3600 Euro, Steigerung nach wenigen Jahren auf bis zu 6000 Euro). Auf Platz drei stehen Bankkaufleute: Abhängig vom Arbeitgeber und der Region sind nach wenigen Jahren Gehälter bis zu 5700 Euro möglich.

Mau am Bau Die Bauwirtschaft in Nordrhein-Westfalen leidet laut der Bundesagentur für Arbeit unter Fachkräftemangel. Vor allem Heizungsbauer, Gas- und Wasserinstallateure und Tiefbaufacharbeiter werden händeringend gesucht. Die derzeitige Situation wird sich noch verschärfen, denn in den kommenden Jahren gehen viele Facharbeiter und Meister in Rente.

Foto: IStock

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Beste Zukunftschancen Noch keinen Plan, was ihr beruflich machen wollt? Vielleicht hilft der Arbeitsmarktreport 2019 der Prüfgesellschaft DEKRA. Besonders gute Berufsaussichten haben demnach Elektroniker, Elektriker und Elektroinstallateure, gefolgt von Software-Entwicklern, Programmierern und Softwarearchitekten sowie Gesundheits- und Krankenpflegern. Gut jedes zehnte Stellenangebot richtet sich an Fachkräfte aus dem IT-Bereich, darunter Software-Entwickler und Programmierer. Weniger gefragt im Vergleich zu den Vorjahren waren Ingenieure und Wirtschaftswissenschaftler.

Foto: Unsplash, Diego PH

Mindestlohn Auch Azubis erhalten ab 2020 einen Mindestlohn. Nach einem Gesetzentwurf der Bundesregierung, der durch das Kabinett im Mai beschlossen wurde, gilt dann eine Untergrenze von 515 Euro im ersten Lehrjahr für neue Ausbildungsverträge ab Januar 2020. Mehr noch, der Mindestlohn steigt in den kommenden Jahren: Wer 2021 seine Lehre beginnt, bekommt mindestens 550 Euro im ersten Lehrjahr, 2022 sollen es 585 Euro sein, im Jahr darauf 620 Euro. Tarifliche Bestimmungen können aber dafür sorgen, dass diese Werte unterschritten werden, so die Wochenzeitung „Zeit“.


INTERVIEW

„IT-WISSEN WIRD IMMER WICHTIGER“ Das „Bundesinstitut für Berufsbildung“ (BIBB) passt die Inhalte der Ausbildungspläne in Deutschland der Digitalisierung an. Präsident Professor Dr. Friedrich Esser erklärt, worauf es künftig ankommt. Interview von: Sven Schneider Illustrationen: Nadine Rosengärtner Herr Esser, als gelernter Bäcker haben Sie Ihre Ausbildung vor rund 40 Jahren gemacht. In der Zwischenzeit hat sich die Berufswelt stark gewandelt. Was genau hat sich denn geändert? Wie bei vielen anderen Ausbildungsberufen sind die Kerninhalte geblieben. Der Bäcker backt auch heute noch das Brot mit Mehl und Teig. Aber die Rahmenbedingungen haben sich verändert. Zu meiner Lehrzeit war es noch üblich, das Mehl in Säcken auf der Schulter aus dem Keller zu holen. Heute wird es in Silos abgeladen und über spezielle Anlagen in die Backstube transportiert, Computer steuern die Zutatenmischungen und Backvorgänge. Die Automatisierung hält Qualität und Verfügbarkeit der Produkte auf einem immer gleich hohen Level. Ohne computerunterstützte Produktion wäre das früher nicht möglich gewesen. Der Bäcker muss sich heute also auch das Wissen aneignen, Produktionsvorgänge zu programmieren und die Maschinen zu steuern.

Prof. Dr. Friedrich Esser, Präsident des Bundesinsituts für Berufsbildung, prognostiziert einen umfassenden Wandel zahlreicher Berufsbilder. Foto: BIBB

Angesichts der Digitalisierung und der immer umfassenderen Vernetzung von Maschinen fürchten nicht wenige, dass manche Berufsbilder verschwinden werden. Schließlich haben sich auch die Ansprüche von Menschen und Industrie geändert. Da kann ich beruhigen. Die wenigsten Berufe verschwinden von heute auf morgen, viele wandeln sich oder gehen in anderen Berufen auf. Ganz neue Berufe sind selten. Haben Sie ein Beispiel? Nehmen Sie die Telekommunikationsbranche und den zugehörigen Handwerksberuf. In den 1960er-Jahren hatten wir nur analoge Technik, und der Beruf hieß Fernmeldemechaniker. In den 1980er-Jahren hatte sich die Technik bereits stark gewandelt, ab 1987 hieß der Beruf Fernmeldeanlagenelektroniker. In den 1990ern wurde es wieder komplizierter und digitaler: 2003 wandelte sich das Berufsbild zum Elektroniker, Fachrichtung Informations- und Telekommunikationstechnik. Aktuell gibt es die Überlegung, aufgrund der fast komplett digitalen Technologie den Beruf mit dem des Informationselektronikers zu fusionieren, der die neuen Anforderungen und Anlagen auch aufeinander abstimmen, installieren und warten kann. Das zeigt: Der Beruf besteht fort, sein Profil, die Arbeitsaufgaben und die Ausbildungsinhalte ändern sich.


Kann die Duale Ausbildung den Umgang mit digitaler Technik denn überhaupt ausreichend vermitteln, oder braucht es dafür eher ein Studium? Was machen Jugendliche, die sich zwar für einen IT-Beruf interessieren, aber keine Hochschulzugangsberechtigung haben?

Abschlussgrenzen mehr. Im Ergebnis gewinnen wir komplexe Qualifikationswege, die gleichwertig zu Studiengängen sind und somit auch ohne Abitur aufgenommen werden können.

Wir müssen uns von dem Gedanken verabschieden, dass eine Ausbildung die Pflicht und eine Weiterbildung die Kür ist. Auch im IT-Bereich arbeiten wir an Berufslaufbahnkonzepten und wollen damit berufliche Aus- und Weiterbildung stärker verzahnen. Die Prüfungsbereiche sind dann zwar Meilensteine, aber keine

Was heißt das konkret? Fachinformatiker beispielsweise können nach ihrer dreijährigen Ausbildung die Fortbildung zum Spezialisten aufnehmen, und darauf aufbauend zum Operativen Professional. Dieser Abschluss ist vergleichbar mit einer Meisterprüfung und gleichwertig dem Bachelor-Abschluss. Zusätzlich kann man noch den Abschluss des Strategischen Professionals erwerben, der dem akademischen Master gleichgestellt ist. Auch ohne Hochschulzugangsberechtigung steht einem Auszubildenden in vielen Berufen all das offen, was ein Akademiker machen kann. Nicht gleichartig, aber gleichwertig.

Und das reicht aus? Dazu kommen Schlüsselqualifikationen wie zum Beispiel Lernkompetenz. Betriebe erwarten aufgrund der sich immer schneller wandelnden Technik, dass die Mitarbeiter am Ball bleiben. Weiterbildungen gewinnen deshalb massiv an Bedeutung. Man muss in Großbetrieben den eigenen Arbeitsplatz im Zusammenhang mit dem Ganzen sehen, um Teil der Gesamtsteuerung der Prozesse sein zu können. Da aber auch die Kundenwünsche immer individueller werden, braucht man mehr Kommunikationskompetenz.

„DIE WENIGSTEN BERUFE VERSCHWINDEN VON HEUTE AUF MORGEN...“

Foto: Unsplash, Nicolas Ladino Silva

Welche Kompetenzen werden künftig wichtig sein, um Schritt zu halten? Die fachliche Qualifikation, also der inhaltliche Berufskern, wird bei den meisten Berufen nicht verschwinden. Das bleibt die Kernkompetenz. Dazu kommt zunehmend eine digital-mediale Kompetenz, ein Grundverständnis vom Aufbau informationstechnischer Systeme. Ich muss auch als Auszubildender über die Zusammenhänge und Prozessabläufe im Unternehmen im Klaren sein. Die eingängigen Programme sollte ich kennen und können, also Word, Excel, Grafikprogramme, Powerpoint – was im jeweiligen Job wichtig ist. Dazu Wissen zum Thema Datensicherheit. Das ist heute ganz wichtig – gerade in Betrieben, in denen mit Kundendaten gearbeitet wird. Also eine grundlegende IT-Kompetenz, wobei man da noch kein Informatiker sein muss.

Man muss die Bedürfnisse der Kunden nicht nur umsetzen, sondern auch bei Bedarf beraten können. Das wird immer wichtiger. Wie sollten sich Schüler auf diese veränderte Berufswelt einstellen, um den richtigen Beruf wählen zu können? Nach wie vor sollten sie sich zunächst von ihren Fähigkeiten und Interessen leiten lassen. Die persönliche Überzeugung ist entscheidend, ohne die das Lernen später keinen Spaß macht. Über ein Praktikum lernt man neue Berufe und Abläufe im Betrieb kennen. Mit diesem Wissen sollten die Jugendlichen dann auch schauen, ob sie sich bestimmte IT-Grundlagen schon aneignen können, beispielsweise über den Computerführerschein. Das kommt in Betrieben immer gut an.


BERUFSORIENTIERUNG

DAS HANDWERK – ATTRAKTIV WIE NIE Natürlich macht man sich im Handwerk auch mal die Hände schmutzig. Aber ein Job dort bietet derzeit ungewöhnlich gute Chancen. Hier sind gute Argumente für eine Karriere im Handwerk. Text: Sven Schneider Illustrationen: Nadine Rosengärtner Michael Dittmar hat ein Lieblingsargument, sollte mal ein Gesprächspartner an der Zukunft eines Jobs im Handwerk zweifeln. „Ich wurde noch nie von einem ausgebildeten Handwerker im Taxi chauffiert“, sagt der Kraftfahrzeugmechaniker-Meister gerne. „Von arbeitslosen Akademikern aber sehr oft.“ Die Auftragslage ist glänzend, die Wartezeiten sind lang Was der stellvertretende Obermeister und Lehrlingswart der Kfz-Innung Bochum damit sagen will: Die berufliche Perspektive im Handwerk ist glänzend – und zwar nicht nur im Kfz-Bereich. Das liegt vor allem am Fachkräftemangel in allen Handwerksbereichen: Die Auftragslage ist glänzend, doch die Handwerksbetriebe kommen mit der Arbeit kaum noch nach. Bereits jetzt müssen Kunden wochenlang auf einen Handwerker warten. Sieht Michael Dittmar diese Wartezeit im Kfz-Bereich bei etwa zwei bis vier Wochen, kennt Michael Hoffmann von der Handwerkskammer Münster aus anderen Branchen noch längere Wartezeiten. „In der Bau-Branche müssen Sie stellenweise zwischen 12 und 14 Wochen auf einen Handwerker warten.“ Der Schnitt für alle 130 Handwerksberufe im Kammerbezirk Münster liege bei 8,3 Wochen.

Das Handwerk ist hochtechnisch geworden Was laut Michael Dittmar auch daran liegt, dass das Handwerk einen ungerechtfertigt schlechten Ruf besitzt. „Die jungen Leute heute wollen alle auf die Uni, niemand will sich mehr die Hände schmutzig machen“, so der Fachmann. Dabei ist das Handwerk heute deutlich anspruchsvoller und komplexer geworden. Ein Grund dafür ist die Digitalisierung. „Heute reicht es nicht mehr aus, eine Schraube richtig einsetzen zu können“, sagt Dittmar. „Ein Fahrzeug ist heute eher ein rollendes Computer-Netzwerk. Ohne technisches Wissen und einen Bezug zu modernen Informations- und Datenlesesystemen könne man es nicht mehr reparieren. „Und das trifft auch auf alle anderen Handwerksbranchen zu.“ Studium mit Hauptschulabschluss Der Einstieg in einen Handwerksberuf gelingt in der Regel mit einem Hauptschulabschluss. Mit zahlreichen Fort- und

Kfz-MechanikerMeister Michael Dittmar sieht für Handwerksberufe eine positive Zukunft.

Foto: Privat

Weiterbildungen kann man sich schon in jungen Jahren eine Existenz schaffen, die der eines Akademikers ebenbürtig ist – nur eben ohne Abitur. „Wenn Sie mit 16 Ihre Lehre im Handwerk beginnen, sind Sie mit etwa 20 Jahren ausgelernt“, sagt Dittmar. Direkt im Anschluss kann man seinen Meistertitel machen – und schon mit Anfang 20 den eigenen Betrieb eröffnen. „Studieren kann man mit dem Titel dann ja auch noch, wenn man das will“, sagt er. Die Möglichkeiten seien da. Zahlreiche Fortbildungsmöglichkeiten Weiterbildungen beinhalten kaufmännische, technische und naturwissenschaftliche Studiengänge, mit denen man sein Profil schärfen und erweitern kann. Auch ein triales Studium ist möglich, bei dem man innerhalb von nur fünf Jahren gleich


Ob Kfz-, Sanitär- oder Baubereich: Handwerksberufe sind breit gefächert.

drei Abschlüsse erhält: Den Gesellen, den Meister und einen akademischen Bachelor-Abschluss. Eine solche Ausbildung ist die perfekte Vorbereitung für einen Posten im Management eines großen Handwerksunternehmens. „Das ist natürlich ein ganz schönes Pfund“, sagt Lehrwart Dittmar, „da hat man abends und am Wochenende keine Freizeit mehr“. Aber der Ertrag am Ende rechtfertigt oft den hohen

Foto: StockSnap Foto: IStock

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Aufwand. Dittmar empfiehlt allerdings, sich nicht von reinen Karrieregedanken leiten zu lassen. „Man muss es wollen und Lust darauf haben – dann stellt sich der Erfolg automatisch ein.“ Gute Gründe fürs Handwerk Weitere Gründe, die das Handwerk attraktiv machen: „Für die nächsten Jahren gibt es Auftragssicherheit, die Termin-

kalender der Betriebe sind prall gefüllt und können kaum abgearbeitet werden.“ Zudem kann sich ein Handwerker, ob aus dem Kfz-, dem Sanitär- oder dem Baubereich, stets erstmal selbst bei Reparaturen weiterhelfen, da er technische Zusammenhänge versteht und mit Werkzeug umgehen kann. Dazu prognostiziert Dittmar aufgrund des Facharbeitermangels steigende Preise für handwerkliche Tätigkeiten, was dann wieder den alten Spruch „Handwerk hat goldenen Boden“ untermauert. Und dann ist da noch ein nicht zu unterschätzender, weicher Faktor: „Am Ende eines jeden Tages hat ein Handwerker etwas mit seinen Händen geschaffen, auf das er stolz sein kann“, sagt der Experte. „In welchem Beruf hat man das schon?“ Gute Voraussetzungen für einen Top-Job, denn Handwerker werden immer begehrter. „Das Handwerk ist das neue Sexy“, sagt Michael Dittmar.


BERUFSORIENTIERUNG

WELTMARKTFÜHRER: DAS BESTE LIEGT SO NAH Ausbildung bei einem Hidden Champion – und warum gute Noten nicht alles sind.

Einige Ausbildungsunternehmen aus der Region Südwestfalen zählen zu den Besten der Besten. Foto: IStock


Von Romina Suliani Manchmal liegt das Beste gewissermaßen um die Ecke. In der Region Südwestfalen sind zahlreiche Hidden Champions (deutsch etwa: heimliche Meister) angesiedelt. Diese Unternehmen sind in mindestens einem Bereich Weltmarktführer, sprich: Sie zählen zu den Besten der Besten. Und sie bieten nicht nur attraktive Ausbildungsmöglichkeiten, sondern können auch mit weiteren Pluspunkten trumpfen. Wir haben einige gesammelt.

Pluspunkt 2: Noten sind nicht alles Nur die Noten machen noch keinen guten Azubi aus. „Die Persönlichkeit zählt für mich mehr als die Noten“, sagt etwa Heiko Schöfer. „Das Interesse an Technik ist in unserem Betrieb wichtig. Wer etwa durch gezielte Praktika in seinem Lebenslauf zeigt, dass er in der Branche Fuß fassen möchte, hat gute Chancen, zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen zu werden.“

„NOTEN SPIELEN EINE SEKUNDÄRE ROLLE.“ Pluspunkt 1: Heimvorteil Die vorwiegend inhabergeführten Betriebe „in der Nachbarschaft“ bieten interessante Ausbildungsmöglichkeiten, gute Perspektiven und Aufstiegschancen – gleichzeitig aber auch den Heimvorteil. „Durch die örtliche Nähe muss man das soziale Umfeld nicht hinter lassen“, bestätigt Heiko Schöfer, Ausbildungsleiter bei der Infineon Technologies AG. Das Unternehmen mit einem Standort in Warstein ist weltweit führend in der Halbleiter-Branche, also im Bereich der Elektrotechnik, die beispielsweise E-Mobilität und regenerative Energien ermöglicht. „Für die Auszubildenden ist besonders die Kombination aus der lokalen Nähe auf der einen und den Vorteilen eines internationalen Großkonzerns auf der anderen Seite reizvoll“, sagt Schöfer. Eine Beobachtung, die auch Phillip Ebach von der Achenbach Buschhütten GmbH & Co. KG bestätigt. „Wir bilden lokal aus – sind aber in der Welt zuhause“, sagt der Personalleiter des Kreuztaler Unternehmens. Weltmarktführer ist es im Bereich des Maschinenbaus von Aluminiumfeinband- und -folienwalzwerken. „Unsere Maschinen werden weltweit aufgebaut und vertrieben. Und so finden sich auch globale Bausteine in der Ausbildung.“ Konkret bedeutet das beispielsweise Werksunterricht in verschiedenen Sprachen, aber auch Auslandsaufenthalte für die Azubis, etwa in Asien.

Ähnlich sieht das auch Phillip Ebach: „Noten spielen eine sekundäre Rolle. Entscheidender sind Neugierde, Hilfsbereitschaft und der ungebrochene Wille zur Zusammenarbeit.“ Und auch bei der EJOT Holding GmbH & Co. KG aus Siegen-Wittgenstein, Europa-Marktführer in der Verbindungstechnik, achten die Ausbildungsverantwortlichen neben den Zensuren auf die Interessen der Bewerber: „ Wir schauen, ob er oder sie im Optimalfall bereits ein Praktikum bei EJOT absolviert hat. Auch Hobbys und allgemeine Dinge aus dem Leben der Bewerber sind wichtig“, erläutert Andreas Wolf, Öffentlichkeitsreferent bei EJOT. Pluspunkt 3: Moderne Ausbildungstechniken Die Produkte der Hidden Champions sind innovativ und zukunftsweisend. Um den Erfolg weiter ausbauen zu können, setzen sie auf die Ausbildung künftiger Fachkräfte. Die heimischen Betriebe bieten den Azubis moderne Ausbildungsmethoden. Frontalunterricht war gestern. Heute ist

Machen angesagt. Bei Achenbach Buschhütten sind das zum Beispiel Projektarbeiten, die sich die Lehrlinge selbst erarbeiten sollen – mit fachgerechter Unterstützung. So werden Eigeninitiative und lösungsorientiertes Denken geschult – Kompetenzen, die in Zukunft immer wichtiger werden. Ein neues Ausbildungszentrum soll in den nächsten zwei Jahren eröffnet werden. EJOT hat an seinem Standort in Bad Berleburg vor zwei Jahren eine neue Lernwerkstatt eingerichtet. „Dort werden die theoretischen Lerninhalte nach und nach digitalisiert. Die Azubis nutzen Tablets, Apps, Lehrfilme, können sich gegenseitig vernetzen – auch mit ihren Ausbildern. Damit übernehmen sie auch mehr Eigenverantwortung“, sagt Andreas Wolf. Bei Infineon ist der Bereich E-Learning im Kommen. Es gibt bereits eine eigene Austauschplattform für die Azubis, um Dokumente teilen zu können. „Das Lernumfeld verändert sich“, sagt Heiko Schöfer. Virtuelle Kommunikation wird salonfähig – auch in der Lehre. Das Ausbildungs-Berichtsheft etwa ist bei Infineon bereits digital. Und wer noch nicht so genau weiß, was er beruflich machen möchte, kann sich die Tipps der Ausbildungsexperten aus den heimischen Betrieben zu Herzen nehmen: „Man sollte seine Stärken und Talente nutzen, um im Berufsleben den richtigen Weg zu suchen. Lasst euch auf keinen Fall in etwas reinreden“, appelliert Heiko Schöfer. Und Phillip Ebach fügt hinzu: „Informiert euch frühzeitig über eure Möglichkeiten. Es muss nicht immer ein Studium sein. Die Ausbildungsmöglichkeiten bieten ein breites Fundament für jeden Karriereschritt.“

166 Hidden Champions in Südwestfalen „Südwestfalen ist eine der bedeutendsten Industrieregionen Deutschlands“, heißt es in der Broschüre „Weltmarktführer und Bestleistungen der Industrie aus Südwestfalen“, herausgegeben von den Industrie- und Handelskammern der Regionen Arnsberg, Hagen und Siegen.

Darin werden 166 Hidden Champions aus der Region vorgestellt. Die Broschüre kann als PDF online unter www.sihk.de/standortpolitik/industrie/ Weltmarktfuehrer-in-Suedwestfalen heruntergeladen werden.


BERUFSORIENTIERUNG

EIN PAAR KLICKS VORAUS

Text: Michael Braun Irgendwie ist man immer online, oder? Für eure Generation ist das normal, schließlich seid ihr mit dem Internet aufgewachsen. Im Berufsleben werdet ihr aber auch Kollegen und Chefs treffen, die mit den digitalen Themen von YouTube bis Smartphone nicht so vertraut sind – und da liegt eure Chance.

„IM IDEALFALL LERNEN BEIDE SEITEN VONEINANDER.“ Ihr kennt es sicher schon von zuhause: Eltern nutzen Medien ganz anders als ihr. Dort wird vielleicht noch Fernsehen linear, also streng nach Programmplan geguckt , während ihr auf dem Smartphone das schaut, was ihr wollt – und wann ihr wollt. Zukunftsforscher Christian Schuldt vom Zukunftsinstitut in Frankfurt glaubt, dass sich Jugendliche vor allem über die Mediennutzung von der Gesellschaft abgrenzen: Während ältere Menschen noch in Facebook festhängen, sind Jugendliche bei YouTube oder Snapchat unterwegs. Wo Ältere sich noch damit beschäftigen, wie so ein Smartphone eigentlich funktioniert, ist es für Jugendliche längst ein

ganz normaler Gebrauchsgegenstand. In euren (zukünftigen) Betrieben wird das womöglich nicht viel anders sein. Das kann man zu seinem Vorteil nutzen. Trendforscher Peter Wippermann bestätigt, dass Jugendliche gerade in Handwerksbetrieben wichtige Partner sein können, um den Betrieb digital nach vorne zu bringen. Er empfiehlt, das digitale Know-how in die Betriebsabläufe zu integrieren. Gerade in Handwerksbetrieben kann man heutzutage bis zu vier Generationen von Mitarbeitern antreffen – das macht die Zusammenarbeit nicht immer einfach. Oft hilft es, das Gespräch mit älteren Kollegen zu suchen, um zu verstehen, wie diese mit Blick auf die digitale Welt ticken – und um selbst verstanden zu werden. Zeigt euch offen, versetzt euch in die Lage des Gegenübers oder schlagt den Vorgesetzten vor, bei bestimmten Projekten gemischte Teams zu bilden. So könnt ihr digitales Wissen einbringen und älteren Kollegen weiterhelfen. Im Idealfall lernen beide Seiten voneinander. Und ihr zeigt, dass ihr den Betrieb aktiv mitgestalten und Verantwortung übernehmen wollt. Das gilt natürlich auch für die Kommunikation mit möglichen zukünftigen Kollegen. So könnt ihr eure Hilfe anbieten, wenn es darum geht, für das Unternehmen weitere junge Mitarbeiter zu finden.

Foto: Unsplash, Liam Tucker

Im Internet und bei digitalen Medien seid ihr besser als die meisten Chefs – ein Vorteil, den man nutzen sollte.


Generationen im Überblick Bezeichnung (Geburtsjahre) Generation Z (2000 bis heute) Generation Y / Millennials (1980 -2000) Generation X (1960 - 1980) Baby Boomers (1946 -1964) Stille Generation (1928 – 1945)

MÖGE DIE

MACHT

MIT DIR SEIN! Kommunikation mit dem Chef Bitte bedenken: Möglicherweise gehen Chefs von Gegebenheiten aus, die sie für selbstverständlich halten, die euch aber nicht im Traum einfallen würden. Ein Beispiel: Solltet ihr einmal morgens krank aufwachen und nicht arbeiten können, erwartet der Chef vermutlich einen Anruf, mindestens aber eine Mail. Aus eurer Gewohn-

heit heraus schickt ihr aber einfach eine WhatsApp an die Sekretärin, dass ihr heute nicht kommt – das kann zu Unstimmigkeiten führen, weil der „offizielle Weg“ nicht eingehalten wurde. Deswegen sollten sich sowohl Unternehmen als auch Azubis direkt zu Beginn der Ausbildung abstimmen, welche Regeln hinsichtlich der Kommunikation gelten sollen.

Jugendforscher Klaus Hurrelmann spricht von einer hochsensiblen jungen Generation. Junge Leute, die jetzt auf den Azubimarkt drängen, können Dinge blitzschnell erfassen und sind enorm multitaskingfähig. Damit kann man dem Chef helfen: Vielleicht wäre er immer schon einmal gerne bei Facebook mit einem Unternehmensauftritt aktiv geworden, traut sich aber nicht so recht ans Thema – ihr aber schon. Vielleicht müsste der Boss seine Kundendaten auch längst mal digitalisieren, aber scheut den technischen Aufwand: Auch dafür kann man Unterstützung anbieten. Weitere Beispiele: Image- und Erklärvideos bei YouTube oder die digitale Kommunikation mit Kunden – je nach eurer eigenen Kompetenz. Wichtig ist aber: Man sollte keinen Schritt tun, ohne das vorher im Unternehmen abzustimmen. Wer in gutem Glauben eine Kundenkommunikation über WhatsApp führt, kann auch schnell in eine Datenschutzfalle tappen oder am Interesse des Unternehmens vorbei handeln. Gut gemeint wäre in dem Fall das Gegenteil von gut gemacht. Aber wie gesagt: Ist das Handeln auf eine solide, abgestimmte Basis gestellt, können Unternehmen und Azubis profitieren.


BERUFSORIENTIERUNG

KLINGT SCHRÄG, ABER HAT

Top-Jobs von morgen: Scrum Master, Data Scientist und Conversion Manager. Text: Michael Braun Manchmal schnappt man Jobbezeichnungen auf, die in den gängigen Berufslisten gar nicht vorkommen. Das liegt daran, dass diese Tätigkeiten noch so neu sind, dass es für sie keinen festgelegten Ausbildungs- oder Qualifizierungsplan gibt. Oft kann man sie weder studieren noch in einer Ausbildung erlernen – gefragt ist solides Grundwissen, ergänzt durch Weiterbildungen und ganz viel Erfahrungswerte. Hier findet ihr, was man in angesagten Jobs wie Scrum Master, Data Scientist und Conversion Manager mitbringen sollte. Scrum Master – das Team organisieren Das Wort „Scrum“ stammt aus dem Rugby und bezeichnet das Gedränge, bei dem sich ganze Trauben von Akteuren um das Spielgerät balgen. Im Berufsleben hat „Scrum“ viel mit Projekt- und Produktmanagement zu tun. Die Ursprünge liegen in der Softwareentwicklung. Mittlerweile wird die Methode aber in der Entwicklung vieler Produkte, Projekte und Dienstleistungen eingesetzt. Dabei unterscheidet man drei Rollen: Der Product Owner achtet auf Anforderungen, Wirtschaftlichkeit und Effizienz. Das Entwicklungsteam setzt diese Dinge mit

Blick auf Funktionalität und Machbarkeit um. Der Scrum Master schließlich überwacht Regeln, Prozesse und Selbstorganisation des Teams. Wer sich für diesen Job interessiert, muss multitaskingfähig sein, Einfühlungsvermögen mitbringen und die gruppendynamischen Prozesse (er)kennen. Fachwissen, abhängig vom jeweiligen Projekt, kann nicht schaden. Ist man zum Beispiel in einem Softwarehaus aktiv, kann man eine reguläre Ausbildung zum Fachinformatiker absolvieren und sich durch Weiterbildungen das nötige Wissen rund um die Scrum-Methode aneignen. Dazu hilft die oft zitierte „Praxiserfahrung“ – heißt: in Projektarbeit reinschauen, hospitieren, dazulernen. Data Scientist – Daten analysieren und präsentieren Im Zuge von Digitalisierung und Big Data setzen immer mehr Unternehmen auf Mitarbeiter, die professionell mit Daten umgehen können. Sie müssen diese lesen und verstehen, sie aber auch betriebswirtschaftlich einordnen und präsentieren können. Mittlerweile entstehen erste Studiengänge, die sich mit der Qualifizierung beschäftigen: Das sind dann Studiengänge mit dem Abschluss „Big Data Analytics“ oder „Data Engineering“.


Es muss aber kein Studium sein – wer sich im Unternehmen auf seiner regulären Stelle sowieso schon mit Daten beschäftigt, kann über eine Weiterbildung entsprechende Qualifikationen sammeln. Viele Anbieter wie die Fraunhofer Gesellschaft oder der Technologie-Verband Bitkom haben solche Kurse im Portfolio. Ansonsten gilt auch hier: „Training on the job“, also lernen durch die Arbeit mit Daten. Conversion Manager – Reiseleiter auf der Customer Journey Immer mehr Unternehmen bilden ihre Produkte und Dienstleistungen in so genannten Customer Journeys ab. Das bezeichnet die Berührungspunkte (Touchpoints) eines Kunden mit der Marke, der Ware oder dem Serviceangebot. Das kann auch indirekte Kontakte betreffen, zum Beispiel Blogs, Foren oder Bewertungsportale. Conversion bedeutet Umwandlung. Genau das ist das Ziel des Conversion Managers, und zwar vorzugsweise die Wandlung von Interessenten in Kunden. Conversion Manager leiten Erkenntnisse und Kontakte aus Kampagnen und Aktivitäten in Onlinekanälen ab und generieren daraus neue Maßnahmen. Das können Werbekampagnen sein, aber auch Optimierungen von Benutzeroberflächen oder Verbesserungen in der Kundenkommunikation.

Eine kaufmännische Ausbildung macht durchaus Sinn, auch BWL-Absolventen sind gefragt. Mitunter ist das aber nur die Basis. In Stellenausschreibungen werden oft Praxiserfahrungen mit verschiedenen Analysetools gefordert, zum Beispiel im Bereich von Web Analytics, E-Commerce und SEO-Optimierung. Es gibt viele Bildungsträger, die Weiterbildungen und Qualifizierungen anbieten. Die grundlegenden Fertigkeiten können so in wenigen Wochen erlernt werden, den Rest bringt dann die Praxis. Wer in (s)einem Unternehmen das Potenzial für eine Tätigkeit als Conversion Manager erkennt, sollte frühzeitig mit dem Betrieb in Dialog treten. So kann man herausfinden, ob eine mögliche Weiterbildung finanziell unterstützt wird.

Foto: IStock

Wer hier arbeiten möchte, sollte sowohl betriebswirtschaftlich als auch digital topfit sein.


BERUFSORIENTIERUNG

ALLES IM GRÜNEN BEREICH

Auch Landwirtschaft und Gärtnerei werden immer digitaler, denn: Computer und High-Tech mischen mit auf dem Acker, im Forst oder im Gewächshaus. Eine Branche mit Zukunft. Text: Sven Schneider, Foto: Lisa Dießner Zukunftssicher, nachhaltig, begehrt: Die sogenannten „Grünen Berufe“ bieten eine gute Perspektive und dank digitaler Technik längst auch anspruchsvolle Arbeit. Ihr bringt Ver-

antwortungsbewusstsein und eine gute Allgemeinbildung mit? Ihr könnt mit Zahlen umgehen, aber habt keine große Lust, ständig im Bürostuhl zu hocken? Dann könnten diese Jobs was für euch sein.


Landwirt Landwirte produzieren Lebensmittel pflanzlicher und tierischer Herkunft. Wer das beruflich machen möchte, sollte Interesse für Pflanzen und Natur haben und gern mit Tieren umgehen. Im Bereich der Pflanzenproduktion lernt ihr, die Böden mit unterschiedlichen Maschinen zu bearbeiten, um dann das Saat- oder Pflanzgut mit der Sä- oder Setzmaschine auszubringen. Diese sind häufig GPS-gesteuert, was die Genauigkeit der Aussaat erleichtert. Auch bei der Pflege der Bestände durch den Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln läuft ohne modernste Technik gar nichts mehr. „In einem Mähdrescher stecken heute bis zu vier Monitore, die unterschiedlichste Daten anzeigen“, weiß Bernhard Rüb von der Landwirtschaftskammer NRW. Man muss dafür kein Informatiker sein, sollte sich aber für die Bedienung der Technik öffnen. Auch in der Tierproduktion spielt Technik eine große Rolle. Die Computersysteme der Stallungen müssen ebenso wie die Fütterungs- und Tränke-Einrichtungen bedient werden. Zur Ausbildung gehören auch Basiskenntnisse der Behandlung von kranken Tieren, Geburtshilfe und die Aufzucht der Jungtiere. Ebenso die Gewinnung der tierischen Produkte mit den geeigneten Maschinen und deren Lagerung und Vermarktung. In der Ausbildung wechselt ihr mindestens einmal den Betrieb, um sowohl die Pflanzen- als auch die Tierproduktion kennen zu lernen. Die Ausbildungsvergütung (Brutto) beträgt laut Tarifvertrag im 1. Ausbildungsjahr 690 € 2. Ausbildungsjahr 740 € 3. Ausbildungsjahr 790 €

Forstwirt Die sprichwörtliche Axt im Walde hat längst nicht ausgedient, trotz moderner Technik. „Eine Eiche kann man nicht digital fällen“, sagt Bernhard Rüb und verweist darauf, dass Motorsägen und Äxte zum Alltag gehören. Als Forstwirt übernehmt ihr die Verantwortung für das Ökosystem Wald und stellt nachwachsende und umweltfreundliche Rohstoffe zur Verfügung. In der Ausbildung lernt ihr das Fällen, Entästen oder die Stammholzentrindung. Dafür erforderlich: Kenntnisse über die Bedienung, Pflege und Wartung der hochtechnisierten Maschinen. Denn digitale Vermessungssysteme sind heutzutage Standard in allen Forst-

Gärtner Der Gartenbau umfasst sehr unterschiedliche Tätigkeitsfelder. Je nach Fachrichtung werden qualitativ hochwertige Lebensmittel erzeugt, Zierpflanzen, Gehölze oder Stauden kultiviert oder Dienstleistungen rund um Garten oder Friedhof angeboten. Auch der Einsatzort variiert zwischen den verschiedenen Sparten – überwiegend wird im Freien gearbeitet, zum Teil aber auch in Gewächshäusern. Vor der Ausbildung müsst ihr euch für einen von sieben Teilbereichen entscheiden (Baumschule, Friedhofsgärtnerei, Garten- und Landschaftsbau, Gemüsebau, Obst-

maschinen. Ihr lernt die Erkennung und Benennung der Bäume und Sträucher des Waldes sowie deren Standortansprüche, die Samen- und Pflanzgutgewinnung und die Vorbereitung der Verjüngungs- und Kulturflächen. Dazu kommen Einblicke in Waldbrandverhütung, Naturschutz, Landschaftspflege und noch vieles mehr. Auch beim Jagdbetrieb arbeitet ihr mit. Dazu gehören umfangreiche Kenntnisse der heimischen Tierwelt, deren Verhalten und Lebensräume. Die Ausbildungsvergütung (Brutto) beträgt laut Tarifvertrag im 1. Ausbildungsjahr 690 € 2. Ausbildungsjahr 740 € 3. Ausbildungsjahr 790 €

bau, Staudengärtnerei, Zierpflanzenbau). In allen Segmenten steht Pflanzenkunde auf dem Plan, dazu Bodenkunde und das Wissen um Aufzucht-Substrate. Die einzelnen Fachbereiche vermitteln noch weitere fachbezogene Kenntnisse. Die Ausbildungsvergütung (Brutto) beträgt laut Tarifvertrag im 1. Ausbildungsjahr 630 € (GaLa-Bau: 825 €) 2. Ausbildungsjahr 700 € (GaLa-Bau: 925 €) 3. Ausbildungsjahr 800 € (GaLa-Bau: 1025 €)

Was man über „Grüne Berufe“ wissen muss Für jeden der Grünen Berufe ist ein Hauptschulabschluss die schulische Mindestvoraussetzung. Die Lehrzeit beträgt stets drei Jahre. Bewerber mit Fachabitur oder einer bereits abgeschlossenen ersten Berufsausbildung können auf zwei Jahre verkürzen.

 Fachagrarwirt Golfplatzpflege (Greenkeeper)  Fachagrarwirt Baumpflege  Bachelor of Science (B.Sc.) – Master of Science (MSc.) (unter anderem in den Studienfächern Agrarwirtschaft, Agrarwissenschaft, Landschaftsbau und Grünflächenmanagement, Gartenbauwissenschaft, Forstwirtschaft, Forstwissenschaft)

Weiterbildungsmöglichkeiten:

Weitere Grüne Berufe:

 Meister  Staatlich geprüfter Agrarbetriebswirt  Staatlich geprüfter Natur- und Land schaftspfleger

Fachkraft Agrarservice, Fischwirt, Hauswirtschafter, Milchwirt Laborant, Milchtechnologie, Pferdewirt, Pflanzentechnologe, Revierjäger, Tierwirt.


FITNESS IM FOKUS Berufe aus dem Sport- und Wellness-Sektor haben viel mit Bewegung, aber auch mit Planung und Organisation zu tun. Text: Romina Suliani Manche meinen: Sport ist Mord. Für andere ist ein Leben ohne körperliches Training unvorstellbar. Wer selbst gerne an Muskeln und Kondition arbeitet, kann seine Leidenschaft zum Job machen. Ein Berufsfeld mit Perspektive, denn die Fitnessstudios in Deutschland verzeichneten im vergangenen Jahr ein Rekordhoch bei den Anmeldezahlen. Knapp 11,1 Millionen Menschen in Deutschland, so die Deutsche Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement, waren 2018 Mitglied in einem Fitnessstudio. Tendenz steigend.

Foto, Grafik: IStock

Spaß an der Bewegung ist das Eine, um im Fitness- und Wellness-Sektor eine Karriere aufzubauen. Aber mindestens genauso gern müsst ihr andere motivieren können. Und Berührungsängste sollte man nicht haben. Wir haben eine Auswahl erstellt, welche Berufsausbildungen im Bereich Fitness und Wellness möglich sind.


Sport- und Fitnesskaufmann/-frau Als Sport- und Fitnesskaufmann/-frau plant, organisiert und koordiniert ihr Abläufe und Verwaltungsprozesse in einem Sportbetrieb. Das können Fitnessstudios, Einrichtungen von Sportverbänden, Fußballstadien und andere Locations sein. Zum Beruf des Sportund Fitnesskaufmanns gehören Aufgaben im Rechnungswesen, bei der Organisation eines Sportevents oder bei der Erstellung von Trainings – und Ernährungsplänen. Zum Spektrum gehören zudem die direkte Beratung und Betreuung von Kunden und Interessierten jeden Alters – wie auch der Support bei Übungen und Workouts. Daher sollte man sich mit Maschinen und Anwendungen auskennen. Aber Achtung: In diesem Job ist es durchaus üblich, abends und an Wochenenden zu arbeiten. Die Ausbildungszeit beträgt drei Jahre. Voraussetzung ist die Fachoberschulreife. Während der Lehre verdient ihr durchschnittlich zwischen 700 Euro im ersten Lehrjahr und 800 Euro im dritten.

Sportfachmann/-frau Anders als beim Sport- und Fitnesskaufmann/-frau steht bei der Ausbildung zum Sportfachmann/-frau die direkte Arbeit mit den Mitgliedern und Kunden im Fokus. Wer sportbegeistert ist und auch die bequemste Couch-Potato zur Bewegung motivieren kann, sollte sich die Ausbildung genauer anschauen. Als Sportfachmann/-frau gestaltet ihr Trainings- und Ernährungspläne, konzipiert Sportangebote und betreut Trainierende. Um ordentlich kalkulieren und organisieren zu können, ist zudem mathematisches Verständnis unabdingbar. Drei Jahre dauert die Ausbildung. Ihr verdient in dieser Zeit etwa 550 Euro im ersten und 750 Euro im dritten Lehrjahr. Der empfohlene Schulabschluss ist die Mittlere Reife.

Physiotherapeut/-in Patienten untersuchen und behandeln, Therapien planen und die Fortschritte dokumentieren – das alles gehört zum Beruf des Physiotherapeuten. Ihr behandelt Patienten, die durch Unfälle, Alter oder Krankheit körperliche Beschwerden haben. In der Ausbildung erlernt ihr verschiedene Untersuchungs- und Analysetechniken. Die Erstellung von Therapieplänen gehört genauso zum Arbeitsalltag wie die direkte Arbeit mit und an dem

Patienten. Dabei kommen unterschiedliche Behandlungsmethoden zum Einsatz, etwa Massagen, Krankengymnastik, Elektrostimulation und Tapeverbände. Um Physiotherapeut/-in zu werden, müsst ihr eine schulische Ausbildung absolvieren, die drei Jahre dauert. Ihr könnt euch entweder an staatlichen oder privaten Berufsfachschulen bewerben. Durchschnittlich verdienen Azubis 990 Euro im ersten und 1120 Euro im dritten Lehrjahr. Ein Realschulabschluss wird empfohlen.

Masseur/-in und medizinische/r Bademeister/-in Sie haben ein fundiertes anatomisches Wissen und helfen bei vielen Beschwerden: Masseur/-in und medizinische Bademeister/-in helfen mit ihren Händen. Ob Wirbelsäulenerkrankungen, Gelenkschmerzen oder muskuläre Probleme – mit ihrer wohltuenden Wirkung ist die Massage in solchen Fällen die am häufigsten verschriebene Therapie. Wer sich

für den Beruf entscheidet, erstellt individuelle Behandlungspläne und führt die Massagen am Patienten durch. Nach der abgeschlossenen Ausbildung besteht die Möglichkeit, eine verkürzte Ausbildung zum Physiotherapeuten zu absolvieren.

Fachangestellte/r für Bäderbetriebe In der dreijährigen Dualen Ausbildung Fachangestellte/r für Bäderbetriebe lernt ihr neben dem Leiten von Schwimm- und Aquafitnesskursen sowie der Beaufsichtigung der Badegäste auch das Sauberhalten der Becken. Ihr seid Aufsichtsperson und wenn nötig: Retter im Notfall. Neben der Kundenbetreuung ist die wichtigste Aufgabe, auf Wasserqualität und Hygiene

zu achten. Dafür nehmt ihr Wasserproben und untersucht sie, pflegt Filter und Heizungsanlagen und säubert Becken und Duschanlagen. Auch Verwaltungsaufgaben gehören zum Einsatzgebiet.

Der Hauptschulabschluss ist Mindestvoraussetzung für diese Ausbildung. Da sie zum Großteil schulisch stattfindet, wird sie nicht vergütet.

Voraussetzung für die Ausbildung ist die Fachoberschulreife. Während der Ausbildung verdient ihr zwischen 750 und 850 Euro.

Weitere Informationen zu Sport- und Wellnessberufen Bundesagentur für Arbeit unter: www.berufenet.arbeitsagentur.de sowie unter www.ausbildung.de


KEKSE, KÄSE, INGWER-EIS Ausgefallene Ausbildungsberufe in der Lebensmittel- und Getränkebranche. Text: Romina Suliani Foto: Lisa Dießner Das Sprichwort sagt: Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen. Wer sich in Sachen Kulinarik nicht nur für den bloßen Verzehr interessiert, könnte einen Job in der Lebensmittelbranche ins Auge fassen. Da gibt es die Standardberufe: Bäcker/-in, Koch/Köchin, Fachverkäufer/-in in Metzgereien und Konditoreien sowie vieles mehr. Mittlerweile haben sich aber auch ausgefallene Ausbildungsberufe entwickelt. Wir stellen euch hier einige vor. Allgemein gilt: Wer in der Getränkebzw. Lebensmittelproduktion arbeiten

möchte, muss ein paar Eigenschaften mitbringen, die alle Ausbildungsberufe in der Branche verbinden. So solltet ihr zum Beispiel fit in Mathe und Chemie sein. Warum? Weil sich zentrale Aufgaben in der Getränke- und Speisenherstellung um Berechnungen drehen. Wie viele Flaschen können pro Stunde abgefüllt werden? Wie lange müssen Maschinen laufen? Wie viele Zutaten sind nötig, um ein bestimmtes Produkt herzustellen? Welche Aromen harmonieren miteinander? Auch technisches Verständnis ist unabdingbar. Maschinen müssen nicht

nur bedient, sondern auch gewartet werden. Aufmerksamkeit, eine gute Beobachtungsgabe und vorausschauendes Handeln helfen im Arbeitsalltag dabei, Störungen schnell zu erkennen und zu beheben. Und nicht zuletzt ist Hygiene ein ganz großes Thema. Mangelhafte Sauberkeit kann dazu führen, dass Lebensmittel verunreinigt werden – was natürlich ein absolutes No-Go wäre. Fachkraft für Fruchtsafttechnik Fachkräfte für Fruchtsafttechnik stellen mit Hilfe von Maschinen aus Obst oder Gemüse Säfte, Erfrischungsgetränke und Weine her. Euer prüfendes Auge und Geschmackssinn sind aber auch gefragt. Als Fachkraft für Fruchtsafttechnik überprüft ihr Obst und Gemüse sorgfältig, verarbeitet es und erhaltet so Saft, Fruchtmark oder Gemüsemark. Flüssige Bestandteile werden von festen getrennt und geklärt. Ihr erhitzt die Säfte, um sie


Fachkraft für Speiseeis Als Fachkraft für Speiseeis stellt ihr aus Milch, Sahne und Zucker unterschiedliche Eisspezialitäten her. Ob Frucht-, Milcheis oder Sorbet: Alle Sorten haben vorgegebene Rezepte. Dafür wählt ihr zunächst die jeweiligen Roh- und Zusatzstoffe aus: Zur Grundmischung kommen etwa Früchte, Nüsse, Aromen und Bindemittel hinzu. Die fertige Eismasse füllt ihr in Eismaschinen. Fachkräfte für Speiseeis stellen aber auch Eisbecher zusammen, mixen Shakes und bereiten Kaffeespezialitäten zu. Die Geräte zur Eisherstellung haltet ihr durch regelmäßiges Warten und sorgfältiges Desinfizieren in Schuss. Ungefähre Ausbildungsvergütung in NRW*: 1. Lehrjahr: 700 Euro 2. Lehrjahr: 850 Euro 3. Lehrjahr: 950 Euro Einstiegsgehalt: etwa 3000 Euro brutto. Schulische Voraussetzungen: Hauptschulabschluss.

haltbar zu machen und um Bakterien abzutöten. Fachkräfte für Fruchtsafttechnik erzeugen auch Getränke aus Fruchtkonzentraten, Wasser, Aromastoffen und Süßungsmitteln, die in Flaschen, Dosen oder Tüten abgefüllt werden. Ungefähre Ausbildungsvergütung in NRW*: 1. Lehrjahr: 770 Euro 2. Lehrjahr: 945 Euro 3. Lehrjahr: 1126 Euro Einstiegsgehalt: knapp 3000 Euro brutto. Schulische Voraussetzungen: Hauptschulabschluss. Milchtechnologe/-in Butter, Käse oder Joghurt – Milchtechnologen verwandeln Rohmilch in leckere Molkereiprodukte. Sie steuern moderne Anlagen und sichern die Qualität der Produkte. In diesem Beruf arbeitet ihr in Molkereien, Milchwerken oder Käsereien.

Wenn die Rohmilch vom Bauernhof angeliefert wird, kontrolliert ihr zunächst Menge und Qualität und verarbeitet die Milch. Anschließend homogenisieren, erhitzen, trennen – und im Anschluss neue Produkte herstellen, wie Trinkmilch oder Käse Mithilfe von Verpackungs- und Abfüllmaschinen, die ihr selbst einstellt und reinigt, verpackt ihr die fertigen Produkte. Die Qualitätskontrolle im Labor und beim Geschmackstest gehört ebenfalls zum Job. Ungefähre Ausbildungsvergütung in NRW*: 1. Lehrjahr: 900 Euro 2. Lehrjahr: 1000 Euro 3. Lehrjahr: 1200 Euro Einstiegsgehalt: rund 3000 Euro brutto. Schulische Voraussetzungen: Hauptschulabschluss.

Süßwarentechnologe/-in Kekse, Chips, Bonbons, Schoki: Damit aus den Rohzutaten leckere Naschereien werden, kümmern sich Süßwarentechnologen um die Zutatenauswahl, das Einstellen der Maschinen und die abschließende Qualitätskontrolle. Die einzelnen Bestandteile für die Süßwaren und Knabbereien werden in Maschinen gemischt und geknetet. So entstehen beispielsweise Teige und Schokoladenmassen. Je nach Rezept gebt ihr Fruchtsäuren, Gewürze, Milchpulver und Aromastoffe dazu. Für die Wartung und Reinigung der Maschinen seid ihr genauso zuständig wie für Stichproben bei der Geschmackskontrolle. Ungefähre Ausbildungsvergütung in NRW*: 1. Lehrjahr: 740 Euro 2. Lehrjahr: 900 Euro 3. Lehrjahr: 1070 Euro Einstiegsgehalt: rund 2700 Euro brutto. *Nach Erhebungen des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB). Weitere Infos im Internet unter www.berufsfeld-info.de


BERUFSORIENTIERUNG

DIE DOPPELTE DOSIS Mit einem Dualen Studium könnt ihr Berufsausbildung und Studium kombinieren. Diese Ausbildungsvariante wird immer beliebter, hat aber auch ihre Tücken, wie Wissenschaftlerin Sirikit Krone feststellte.

Interview: Sven Schneider Illustration: Nadine Rosengärtner Duale Studiengänge boomen seit mehr als zehn Jahren, immer mehr Schulabgänger streben diese Ausbildungsform an. Aber warum eigentlich? Was macht diese Variante so interessant? Dr. Sirikit Krone vom Institut für Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Uni Duisburg-Essen wollte es genauer wissen und ging der Sache im Rahmen einer gemeinsamen Studie mit der Hans-Böckler-Stiftung auf den Grund. Im Gespräch verriet sie uns, warum sich viele davon eine steile Karriere erhoffen, welcher Preis dafür gezahlt werden muss – und dass die Rechnung nicht immer aufgeht. Frau Krone, Duale Studiengänge werden im Gegensatz zur normalen Dualen Berufsausbildung immer beliebter. Was ist Ihrer Meinung nach der Grund dafür? Von einem Studium verspricht sich die Mehrzahl der Schulabgänger mit Hochschulzugangsberechtigung bessere Ver-

Laut Wissenschaftlerin Sirikit Krone schneiden Absolventen Dualer Studiengänge beim Berufseinstieg besser ab.

Foto: Carolin Weinkopff

dienst-, Karriere- und Statusoptionen. Dabei kann man gar nicht pauschal sagen, dass das auch immer der Fall ist. Einige Facharbeiter verdienen mehr als ein durchschnittlicher Akademiker, vor allem nach einer Aufstiegsfortbildung. Aber auch viele Eltern als wichtigste Be-

4000 Euro im Monat. Dazu kommt: Rund drei Viertel der dual Studierenden haben bereits während ihrer Ausbildung eine Übernahmeregelung mit ihrem Ausbildungsbetrieb abgeschlossen. Das können normale Bachelor-Absolventen oft nicht vorweisen.

„WER EIN DUALES STUDIUM IN DER TASCHE HAT, IST DEUTLICH SELTENER ARBEITSLOS.“ rater ihrer Kinder befürworten eher den akademischen Weg. Für ein Duales Studium sprechen aus Sicht der in unserer Studie befragten dual Studierenden mehr Praxisnähe als bei einem Normalstudium und eine höhere finanzielle Sicherheit, da sie während dieser Ausbildung bereits Geld verdienen. Dazu kommen Karrierefaktoren wie höhere Einstiegschancen und bessere Aufstiegschancen. Ist ein Duales Studium denn immer der erhoffte Karrierebooster? Unsere Forschungsergebnisse zeigen, dass Absolventen Dualer Studiengänge gegenüber normalen Bachelor-Absolventen beim beruflichen Einstieg besser abschneiden. Wer ein Duales Studium in der Tasche hat, ist deutlich seltener arbeitslos und auch häufiger in Vollzeit angestellt. Außerdem hatten die dual Studierenden seltener befristete Verträge. Finanziell liegen beide Gruppen eher gleichauf, rund 70 Prozent verdienen zwischen 2001 und

Klingt doch gut. Ja, aber die Erwartungshaltung vieler dual Studierender in Bezug auf die Karriere wird oft nicht erfüllt. Rund 60 Prozent streben nach ihrem dualen Studium eine Position mit Leitungsfunktion an. Tatsächlich aber starten etwa 69 Prozent eher mit einer ganz normalen Angestelltentätigkeit ohne Fach- oder Führungsverantwortung in den Job. Dadurch steigen sie auch nicht so schnell auf, da ihre Ausgangsposition niedriger ist als zuvor erwartet. Hier werden aus Sicht der von uns befragten Betriebe gerade von den (privaten) Hochschulen, die ihre Studiengänge entsprechend bewerben, falsche Erwartungen geweckt. Wissen die jungen Menschen denn, was auf sie bei einem Dualen Studium zukommt? Die Mehrzahl hat sich mit dieser sehr speziellen Studienform auseinandergesetzt.


Zumal der Weg zu einem Dualen Studium anfangs wie bei einer Ausbildung funktioniert: Zuerst müssen sie sich bei einem Ausbildungsbetrieb für eine ganz normalen Lehrstelle bewerben und das übliche Auswahlverfahren erfolgreich bewältigen. Erst danach können sie sich an einer Hochschule einschreiben. Bei der Abstimmung zwischen den Lernorten, also Betrieb und Hochschule, ist dann sehr viel Eigenorganisation gefragt – ansonsten ist ein Duales Studium eher starr organisiert und lässt wenig Freiraum für Entscheidungen in der inhaltlichen oder zeitlichen Gestaltung. Es gibt ja durchaus verschiedene Varianten von Dualen Studiengängen. Haben Sie den Eindruck, dass der Mehrzahl die Unterschiede und Möglichkeiten bewusst sind? Nein, die Vielfalt der Angebote ist unübersichtlich. Mit einem akademischen Titel schließen alle ab, bei den ausbildungsintegrierenden Modellen kommt

noch ein betrieblicher Abschluss dazu, der bei der jeweiligen Kammer erworben wird. Da Duale Studiengänge wenig reguliert sind und viele Modelle unter diesem Label angeboten werden, ist das auch objektiv ein Problem. Auf der Grundlage unserer empirischen Ergebnisse plädieren wir deswegen für gesetzlich geregelte Mindeststandards, um die Qualität dieser Ausbildungsform zu gewährleisten. Kann man sagen, welches Modell das sinnvollste ist? Pauschal nicht. Aber ich halte die ausbildungsintegrierenden Formate unter den gegebenen Bedingungen für die bessere Alternative, da die Studierenden hier für den Zeitraum ihrer beruflichen Ausbildung einen Ausbildungsvertrag auf Grundlage des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) oder der Handwerksordnung (HWO) haben und somit rechtlich abgesichert sind, was beispielsweise Gehalt, Urlaubsanspruch oder Ausbildungsinhalte be-

trifft. Studierende in der praxisintegrierenden Variante bewegen sich in einer rechtlichen Grauzone. Das Angebot an Dualen Studiengängen wächst immer weiter. Macht das Sinn? Aus meiner Sicht schon, denn mit dieser Ausbildungsform lassen sich berufliche und akademische Ausbildung verbinden. Das kommt auch dem veränderten Bildungsverhalten von jungen Menschen mit Hochschulzugangsberechtigung entgegen, die anstelle einer betrieblichen Ausbildung eher ein Studium anstreben. Zudem können Betriebe so besser die Fachkräfte auf mittlerer Führungsebene rekrutieren.

Die komplette Studie liegt auf der Internetseite der Hans-Böckler-Stiftung (www.boeckler.de) als Download bereit.


BERUFSORIENTIERUNG

1, 2, 3 ODER 4? Bei Dualen Studiengängen gibt es vier unterschiedliche Varianten. Alle schließen mit einem Hochschultitel ab und stehen nicht nur Abiturienten offen. Text: Sven Schneider Mehr lernen, mehr können, mehr Chancen: Dies sind, grob zusammengefasst, die Vorteile eines Dualen Studiums. Bei dieser Ausbildungsform kombiniert ihr ein Hochschulstudium mit der praktischen Arbeit in einem Unternehmen. Der Lernaufwand ist hoch: In nahezu der gleichen Zeit wie bei einer herkömmlichen Dualen Ausbildung absolviert ihr ein Hochschulstudium und gewinnt gleichzeitig wertvolle praktische Einblicke. Je nach Modell erwerbt ihr sogar zum akademischen Bachelor-Titel noch einen Berufsbildungsabschluss. Die Auswahl ist riesig: Mehr als 1500 unterschiedliche Duale Studiengänge werden laut dem Informationsportal www.wegweiser-duales-studium.de bundesweit von Fachhochschulen, Universitäten und Berufsakademien angeboten. Hier die Modelle im Einzelnen:

Foto: Unsplash, Jason Leung

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Ausbildungsintegrierendes Duales Studium Auch wenn manche Anbieter etwas anderes behaupten: Dies die einzige Form eines Dualen Studiums, bei der man neben einem Studienabschluss auch einen Berufsabschluss erwirbt. Parallel zur Ausbildung im Betrieb absolviert ihr ein Bachelor-Studium und macht gleichzeitig eine ganz normale Berufsausbildung. Das bedeutet: Pendeln zwischen Betrieb, Berufsschule und Hörsaal. Üblich bei dieser Variante ist das Wochen- oder Blockmodell: Die Praxisphasen im Betrieb finden in der vorlesungsfreien Zeit der Hochschule oder Berufsakademie statt oder in mehrmonatigen Blöcken, immer in Absprache und Koordination mit dem Ausbildungsbetrieb.


Praxisintegrierendes / kooperatives Duales Studium Bei dieser Variante schließt ihr am Ende lediglich mit dem akademischen Titel „Bachelor of Science“oder „Bachelor of Arts“ ab, ein eigener Berufsabschluss ist nicht integriert. Die Praxisphasen dienen dazu, betriebliche Abläufe kennen zu lernen. Sie finden in einem Block- oder Wochenmodell statt, ihr seid aber nicht als Azubi angestellt, sondern lediglich als Praktikant oder normaler Mitarbeiter. Üblicherweise absolviert man die praktischen Inhalte ausschließlich bei einem Unternehmen. Je nach Variante kann es aber vorkommen, dass ihr euch in jedem Semester einen neuen Betrieb suchen müsst, in dem ihr dann ein mehrmonatiges Praktikum absolviert.

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Berufsintegrierendes Duales Studium Die Variante richtet sich an alle, die bereits eine abgeschlossene Berufsausbildung und eine feste Stelle haben und sich nun über ein Studium weiterbilden wollen. Ihr sattelt dabei während eurer normalen Arbeit akademisches Wissen im Rahmen eines Studiums auf. Somit steht diese Variante auch Menschen ohne Hochschulzugangsberechtigung offen. Doch euer Arbeitgeber muss mitspielen, denn er muss eure Arbeitsstunden reduzieren, damit ihr in den so entstandenen

Freiräumen euer Studium absolvieren könnt. Eine weitere Besonderheit: Für das berufsintegrierende Studium werden mittlerweile nicht mehr nur noch Bachelor-, sondern vermehrt auch Master-Studiengänge angeboten. Besonders viele gibt es für die Banken- und Finanzbranche.

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Berufsbegleitendes / praxisbegleitendes Duales Studium Auch dieses Modell richtet sich eher an Menschen, die bereits einen festen Job haben und sich mit einem Bachelor- oder Masterstudium weiterbilden möchten. Der Aufwand ist hier mit am höchsten: Neben der täglichen Arbeit im Betrieb absolviert ihr entweder über eine Hochschule oder eine Fernuni euer Studium, müsst also am Abend und am Wochenende büffeln, um bestehen zu können. Das erfordert eine sehr gute Eigenorganisation. Obwohl es ohne Stundenreduzierung seitens des Arbeitgebers auskommt und ihr ganz normal voll berufstätig seid, braucht ihr die Einwilligung eures Arbeitgebers, damit ihr für Präsenzphasen, Prüfungstermine oder Projektarbeiten von der Arbeit freigestellt werdet.

Foto: IStock

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S E L A U D M U I D U ST Foto: Unsplash, Emma Matthews

Am Ende schließt ihr mit dem akademischen Titel „Bachelor of Science“ oder „Bachelor of Arts“ ab und legt vor der jeweils zuständigen Industrie- und Handelskammer eure praktische Abschlussprüfung ab. So schnappt man sich zwei Bildungsabschlüsse in einem. Der Aufwand ist hoch: „Das Duale Studium erfordert viel Motivation und Engagement“, so Julia Flasdick vom Deutschen Industrieund Handelskammertag (DIHK) in Berlin. Beispiele für ausbildungsintegrierende Studiengänge finden sich vor allem im Pflegebereich.


BERUFSORIENTIERUNG

SAHNEHÄUBCHEN Um in Zeiten des Fachkräftemangels geeignete Azubis zu finden, lassen sich Unternehmen Extra-Anreize einfallen. Diese Goodies sind möglich.

Urlaub

Mobilität

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Lohn

Werkmittel


Text: Sven Schneider Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) ist alarmiert: Nach einer Umfrage unter 10.335 Unternehmen in ganz Deutschland bleiben in jedem dritten Betrieb Ausbildungsstellen unbesetzt. Jedes vierte Unternehmen bekam nicht einmal eine einzige Bewerbung auf offene Lehrstellen. Um dennoch künftig eigenen Nachwuchs auszubilden und Bewerber zu gewinnen, bieten mittlerweile immer mehr Betriebe Extra-Boni zum regulären Ausbildungsgehalt.

„WER DIE PROBEZEIT ÜBERSTEHT, WILL IN DIESEM JOB AUCH WAS WERDEN, ER WILL SICH BEWEISEN.“

Mehr Lohn Eine übertarifliche Vergütung zahlen laut DIHK rund 43 Prozent aller Betriebe, die zusätzliche Anreize schaffen wollen. Vor allem Unternehmen aus den Branchen mit den größten Besetzungsschwierigkeiten wählen diesen Weg, beispielsweise im Hotel- und Gaststättengewerbe oder in der Verkehrswirtschaft. Manche Firmen gewähren Sonderzahlungen für besonders gute Leistungen.

Azubis und duale Studenten, die sich dort für eine Lehre entscheiden, bekommen nach ihrer Probezeit einen VW up! als Dienstwagen. Allerdings ist das weniger als Lockmittel für künftige Azubis gedacht, sagt Geschäftsführer Alexander Brambrink: „Wer die Probezeit übersteht, will in diesem Job auch was werden, er will sich beweisen.“ Für dieses Engagement wolle er sich erkenntlich zeigen. Die Idee, ein höheres Gehalt zu zahlen, habe man verworfen: „100 Euro sind schnell ausgegeben.“ Das Fahrzeug biete mehr Nachhaltigkeit, zumal die Auszubildenden im Rahmen der Lehre auch andere Filialen anfahren müssen. Die Azubis dürfen den Wagen auch privat fahren, müssen dann lediglich den Sprit selber zahlen.

Mehr Urlaub Fast jeder dritte Betrieb, der mit Extra-Leistungen lockt, setzt auf zusätzliche Freizeit. Um den gestiegenen Freizeitansprüchen der sogenannten Generation Y gerecht zu werden, gewähren rund 31 Prozent mehr als den gesetzlich geforderten Urlaubsanspruch. Mobilität fördern Zuschüsse für ein ÖPNV-Monatsticket oder gleich die komplette Erstattung sind mittlerweile das häufigste Goodie der Betriebe. Laut DIHK bieten dies 55 Prozent der Unternehmen an, die mit Bonusprogrammen Azubis ködern möchten. Sicher ein sinnvoller Ansatz, schließlich sollen diese ja möglichst problemlos zur Arbeit und Berufsschule kommen. Die Gastronomie-Kette „Bar Celona“ aus Bochum setzt noch einen drauf:

Wertiges Werkzeug Nicht nur Friseure, Köche oder Handwerker wissen, wie wichtig gutes und zuverlässiges Handwerkszeug ist. Und teuer ist es auch: Für qualitativ hochwertige Scheren, Messer oder sonstige Werkzeuge aus dem Profibereich werden schnell mal mehrere Hundert Euro fällig. Das kann sich kaum ein Azubi leisten. Darum beteiligen sich mittlerweile mehrere Betriebe finanziell an der Anschaffung oder stellen sie komplett zur Verfügung. „Das ist auch ein Zeichen der Wertschätzung“, sagt er Geschäftsführer der Kreishand-

werkerschaft Bochum, Johannes Motz. Bekommt beispielsweise der Dachdeckernachwuchs gleich am ersten Arbeitstag seinen Werkzeugkoffer, sei er „stolz wie Bolle“. Und sonst? Dienst-Handys oder Firmen-Laptops gibt es manchmal schon im ersten Lehrjahr, zuweilen auch vergünstigte Mitgliedschaften in Fitnessclubs. Andere Firmen stellen gemeinsame „Klassenfahrten“ mit der Belegschaft in Aussicht. Und vor allem große Unternehmen mit internationalen Verbindungen oder Niederlassungen locken mit mehrwöchigen Auslandspraktika. Fort- und Weiterbildungen sind ebenfalls möglich. Geht doch! Dass so etwas funktioniert, zeigt der Blick nach Geestland in Niedersachsen. Der dort angesiedelte Glasermeister Sven Sterz fand lange keine Azubis für sein Unternehmen. Bis er die Schatulle weit öffnete: In einem Facebook-Video versprach er Lehrlingen in spe von Anfang an 100 Euro mehr als das eigentlich vorgesehene Gehalt. Und dazu einmalig 300 Euro Prämie für die Mindestnote „drei“ bei Zwischen- und Abschlussprüfungen. Zudem übernimmt er die Fahrtkosten zur Berufsschule in Bremerhaven, beteiligt sich an den Kosten für einen Führerschein und garantiert nach erfolgreich absolvierter Ausbildung eine Festanstellung. Bis heute haben sich mehr als vier Millionen Menschen das Video angeschaut, Sterz bekam sogar Bewerbungen aus Bayern. Seine Lehrstellen konnte er nur Tage später spielend leicht besetzen. Es war eben wohl wirklich das, was er in seinem Video versprach: Ein Angebot, dass man nicht ablehnen kann.


BERUFSORIENTIERUNG

SCHNUPPERSTUNDEN Bevor es ernst wird, solltet ihr euren Traumjob erst mal testen. Bei einem Praktikum erfahrt ihr, ob der angestrebte Beruf hält, was er verspricht.


Text: Sven Schneider Foto: Lisa Dießner Praktikantinnen und Praktikanten galten lange als unbezahlte Hilfskräfte, die ihre Zeit entweder an der Kaffeemaschine oder am Kopierer vertändeln. Das mag es auch heute noch geben, liegt aber maßgeblich am Praktikanten selbst. Wer nichts lernen will, bekommt auch keine sinnvollen Aufgaben und lernt den Beruf nicht kennen. Doch ein gutes Praktikum hat viel zu bieten. Sinn und Zweck Ein Praktikum ist dafür da, den Beruf und den Alltag im Betrieb kennen zu lernen. Nur so kann man sichergehen, dass der Job wirklich die richtige Wahl ist. Denn wenn ihr tatsächlich ein Jobangebot habt, ist es eigentlich schon zu spät, den Beruf zu testen. Auch für Betriebe haben Praktikanten Vorteile. Sie lernen potenzielle Auszubildende kennen und finden geeigneten Nachwuchs. Ausgestaltung Eine klare Struktur nützt allen Beteiligten, so die Deutsche Handwerkszeitung. Direkt vor Beginn solltet ihr mit dem Betriebsinhaber, Bereichsleiter oder Betreuer einen Ablaufplan erstellen, in dem Ziele und Aufgaben so konkret wie möglich angegeben werden. Diese sollten den Praktikanten ein möglichst umfassendes Bild des Berufs vermitteln. Fordern mit Maß Als Praktikant kann niemand von euch erwarten, dass ihr das Pensum von festangestellten Mitarbeitern leistet. Deshalb solltet ihr mit dem Betreuer im Vorab-Gespräch klären, wo eure Fähigkeiten liegen und wo nicht. Zudem hilft die Absprache dabei, den jeweiligen Kenntnisstand auch während des Praktikums zu erfassen und in Gesprächen eure Schwierigkeiten, Herausforderungen und Erfolgserlebnisse zu artikulieren.

Bei längeren Praktika sollten solche Gespräche laut dem Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) alle zwei bis drei Wochen stattfinden. Klare Rollenverteilung Wenn euch jeder Mitarbeiter irgendwelche Aufgaben überträgt, führt das schnell zu Überlastung und ist wenig zielführend. Deswegen solltet ihr von vornherein abklären, wer euch Aufgaben übertragen soll. Und, ganz wichtig: Ihr solltet darauf achten, dass ihr auch selber etwas machen dürft und nicht nur einem Mitarbeiter über die Schulter schaut. Misserfolge sind nicht schlimm Als Praktikanten seid ihr keine vollwertigen Arbeitskräfte, deshalb gesteht man euch auch Fehler und Misserfolge zu. In solchen Fällen sollte man sein Vorgehen reflektieren und mit einem Betreuer besprechen – so kommt man der Ursache für einen Fehlschlag am ehesten auf die Schliche. Noch besser: mögliche Risiken und Pleiten-Potenzial bereits im Vorgespräch abklären. Lob und Tadel Ja, beides gehört dazu. Erfahrungsgemäß wird im Berufsalltag oft eher gerüffelt als gelobt. Falls ihr die Kritik unbegründet findet, darf man das auch vorsichtig ansprechen – nur bitte immer ruhig und sachlich bleiben. Gute Betreuer wissen ohnehin: Allzu negative Kritik ist nicht zielführend, sondern demotivierend. Dagegen geht ein Lob runter wie Öl, gibt neue Energie und macht euch den Job schmackhaft. Teamgeist leben Zu Beginn kennt ihr wahrscheinlich niemanden im Praktikumsbetrieb. Das solltet ihr direkt am ersten Tag ändern, indem ihr euch allen vorstellt. Kennt ihr euer Gegenüber, habt ihr auch weniger Hemmungen, Fragen zu stellen. Wenn noch andere Praktikanten da sind, schließt euch den anderen an.

Verantwortung übernehmen Nach einer Einarbeitungszeit solltet ihr auf eigene Aufgaben drängen und anbieten, Verantwortung zu übernehmen: Nur so kann man sich im Berufsfeld wirklich erproben. Angenehmer Nebeneffekt: Meistert ihr eure Aufgaben, fällt das den Betreuern oder dem Chef wahrscheinlich positiv auf. Pfad zum Praktikum Am einfachsten kommt ihr an Praktika, indem ihr euren Wunschbetrieb direkt besucht, nachfragt oder anmailt. Das Schlimmste, was passieren kann, ist eine Absage. Auch „Vitamin B“ ist hilfreich: Beziehungen. Oft kennen Eltern oder Freunde Menschen, die in einer Branche arbeiten, für die man sich interessiert. Sie können Türen öffnen. Hilfreich sind auch die Stellenseiten der Tageszeitung und das Internet. Auch die Betriebe selbst haben Homepages, auf denen auch schon mal Praktikumsstellen veröffentlicht werden. Die Bundesagentur für Arbeit ist eine weitere Anlaufstelle, in deren Datenbanken schlummern ganz viele Praktikumsplätze. Vergütung Noch vor rund 30 Jahren war es eher unüblich, Praktikanten zu bezahlen. Das sieht heute etwas anders aus. Denn auch für Praktikanten gilt der aktuelle Mindestlohn von 9,19 Euro brutto pro Stunde – aber nur unter bestimmten Umständen. Anspruch auf Mindestlohn haben Praktikanten laut der Themenseite meinpraktikum.de bei freiwilligen und studienbegleitenden Praktika ab einer Dauer von drei Monaten. Kürzere Praktika sowie Pflichtpraktika sind davon ausgenommen. Heutzutage sind mehr Chefs als früher zu einer Vergütung bereit. Der Praktikant bekommt sinnvolle Aufgaben und sitzt nicht einfach die Zeit ab. Schließlich soll sich das Geld ja auch lohnen.


BERUFSVORBEREITUNG

SCHRITT FÜR SCHRITT ZUM BERUFLICHEN GLÜCK

Foto: Unsplash, Fab Lentz

Wenn das Ende der Schulzeit naht und sich die Frage nach der beruflichen Zukunft aufdrängt, kommt manche(r) ins Schwitzen. Die ewigen Erinnerungen der Eltern, die es ja nur gut meinen, machen die Entscheidung nicht einfacher. Wo soll der Weg hinführen? Und ist er auch der richtige? Die Möglichkeiten sind umfangreicher denn je. Mehr als 350 Ausbildungsberufe gibt es in Deutschland, dazu bieten Hochschulen

und Berufsakademien etwa 9000 verschiedene Studiengänge an. Die Vielzahl mag zunächst erschlagen. Sie eröffnet aber auch viele Perspektiven. Anlauf- und Beratungsstellen bieten Unterstützung an. Wie diese aussehen kann? ZEIG DICH! begleitete die Waltroper Gymnasiastin Jana Maschewski bei ihrer Berufsorientierung. Eine Reportage von Sven Schneider (Text) und Michael Braun (Fotos).


SCHRITT 1: BERATUNG Der Berufsvorbereitungskurs in der Schule ließ viele Fragen offen. Neben ihrem Lehrer war auch eine Berufsberaterin der Agentur für Arbeit dabei. Beide schilderten den Schülern der 11. Klasse auf dem Theodor-Heuss-Gymnasium in Waltrop die Vielfalt der Möglichkeiten, die auf Jana Maschewski und ihre Mitschülerinnen und Mitschüler warten. Jetzt soll sich Jana entscheiden – doch das fällt ihr schwer. Sie fühlt sich überfordert, wie so viele ihrer Freunde und Mitschüler. Vor ihren Klassenkameraden will sie ihre Fragen und Gedanken aber nicht äußern, das ist ihr zu privat. Also nimmt sie das Angebot der Berufsberaterin an und vereinbart ein Beratungsgespräch in der Agentur für Arbeit. Wer weiß: Vielleicht wird es ja kein Studium, sondern doch eine Ausbildung? Jana hofft, dass ihr die Berufsberatung bei der Beantwortung dieser Frage hilft.

Berufsberaterin Anandi Heer zeigt Jana eine Auswahl an Berufen, die zur Schülerin passen könnten.

Für den Februar macht sie einen Termin mit Anandi Heer aus, einer Berufsberaterin bei der Agentur für Arbeit in Recklinghausen. Sie ist zuständig für ihren Wohnort Waltrop. Die Fachfrau empfängt sie in angenehmer und lockerer Atmosphäre und spricht mit Jana über ihre Interessen, aber auch über Stärken und Schwächen. Wie schlägt sie sich in der Schule?

Welche Noten hat sie? Die Antworten geben eine erste Richtung vor. Jana ist zum Beispiel aufgeweckt und kommunikativ, handwerklich aber nicht ganz so fit. Macht nichts: Sie würde ohnehin lieber etwas mit Medien machen, oder im Bereich Veranstaltungsmanagement. Denn organisieren, das kann sie gut. Oder vielleicht doch etwas in Richtung Psychologie. Das ist ein Feld, das die junge Frau sehr spannend findet. Berufsberaterin Anandi Heer hört sich alles an. Ihr Rat: Erstmal ein Praktikum in einem Bereich absolvieren, der ihr Spaß machen könnte. Der Computer von Frau Heer wirft eine Reihe von Adressen aus, darunter auch die einer Werbeagentur aus Waltrop, bei der sie sich für ein Praktikum bewerben kann. Um ein Studium nicht ganz außer Acht zu lassen, stöbern beide auch in der Datenbank der Arbeitsagentur und suchen nach Studiengängen im Bereich Medien und Psychologie. Sicher ist sicher. So schnell lässt Anandi Heer ihre Besucherin aber nicht gehen. Am PC sehen sich beide Janas Facebook-Seite an. Aus gutem Grund, wie die Expertin erklärt: „Natürlich nutzen auch Unternehmen und Personalverantwortliche das Internet und schauen, was sie über ihre Bewerber in Erfahrung bringen können.“ Soziale Netzwerke sind eine ergiebige Quelle. Bei Facebook und Co. posten die Menschen enorm viele private Informationen und Bilder – nicht immer vorteilhafte. Fotos von wüsten Feiern sowie politische oder gar beleidigende Kommentare können zu unangenehmen Nachfragen führen oder gleich das Aus bedeuten. Gemeinsam gehen die Beraterin und die Schülerin Janas Profil durch – alles sauber, sie muss nichts löschen oder über die Privatsphäre-Einstellungen demaskieren. Jana verabschiedet sich – auf jeden Fall weiß sie jetzt mehr und legt sich daheim ihre Bewerbungsunterlagen zurecht.


BERUFSVORBEREITUNG

SCHRITT 2: PRAKTIKUM & ORIENTIERUNG Die großen Ferien nahen. Jana ist aktiv geworden. Für die Immatrikulation an einer Uni hätte sie zwar noch Zeit. Aber für eine Ausbildung sollte sie schon jetzt auf der Suche sein. Sie bewirbt sich bei der Waltroper Werbeagentur für ein Praktikum als Mediengestalterin. Sie lernt die Grundzüge des Metiers kennen, erstellt erste grafische Arbeiten und macht auch Bekanntschaft mit dem Termindruck dieser Branche. Sie kommt ins Grübeln, ob das tatsächlich der richtige Job ist. Ihr Praktikumsbetrieb findet, dass Jana sich gut schlägt und stellt ihr sogar eine Ausbildung in Aussicht. Auch die Kollegen sprechen ihr Mut zu, als Auszubildende hätte sie gute Chancen.

Eine nette Aufmunterung, doch sie ist unschlüssig. Eigentlich würde sie lieber in einem Bereich arbeiten, in dem sie nicht nur im Büro sitzt. Jana entscheidet: Sie will erst noch etwas anderes ausprobieren und bewirbt sich direkt im Anschluss für ein weiteres Praktikum bei einer Agentur für Eventmanagement. So oder so war das Praktikum bei der Werbeagentur von Vorteil, denn dort wurde ihr bewusst, welche Wirkung von Bildern ausgehen kann. Daher macht sie noch vor den Sommerferien zwei wichtige Termine aus: Einen beim Friseur und einen anderen in einem professionellen Fotostudio. Schließlich will sie sich auf ihrem Bewerbungsfotos von ihrer besten Seite zeigen.


Jana konnte während ihres Praktikums in der Werbeagentur erste grafische Arbeiten erstellen. Fotos: IStock


BERUFSVORBEREITUNG

Ein professionelles, aktuelles Foto gehört zu einer Bewerbung dazu.

Für das Bewerbungsfoto wurden bei Jana die Spitzen geschnitten.

SCHRITT 3: FRISEUR & BEWERBUNGSFOTO Mittlerweile hat Jana das Praktikum in der Event-Agentur hinter sich. Das war schon mehr nach ihrem Geschmack, auch ihre Leistungen stimmten, wie man ihr attestierte. Noch eine zusätzliche Option für die junge Frau. Die Bewerbungsfristen rücken derweil näher. Längst hat sie die letzten Zeugnisse und Arbeitsproben zusammengetragen und abgeheftet, auch den Lebenslauf hat sie in den Ferien vervollständigt. Fehlt noch das Foto. Friseurin Sandra Schürmeyer kennt sich mit Bewerbungsfotos aus und weiß, worauf es ankommt: „Eine drastische Typ-

veränderung wollen die meisten gar nicht, aber das ist auch nicht nötig.“ Am wichtigsten ist ein gepflegtes Erscheinungsbild. „Dann schneide ich die Spitzen, frische vielleicht den Farbton noch einmal auf“, erklärt die Friseurmeisterin. Herausgewachsene Ansätze, fettige und ungekämmte Haare hinterlassen, wenig überraschend, keinen guten Eindruck. Wie streng die Frisur tatsächlich ausfallen sollte, hängt aber mit der Wahl des angestrebten Berufes zusammen. Wer beispielsweise Friseurin oder Friseur werden möchte, darf durchaus auffallen. „In einem solchen Fall kann es auch sehr

farbenfroh zugehen und ein wenig wild“, sagt Schürmeyer. Wichtig nur, dass Extravaganzen gepflegt aussehen. Die Friseurin schneidet Jana die Spitzen und verpasst ihr eine leichte Dauerwelle, die gut zu ihrem Typ passt. So gestylt geht es weiter zur Fotografin. Nora Westhoff erwartet ihre Kundin bereits. Natürlich weiß sie, dass mittlerweile mehrere, vor allem größere Unternehmen auf ein Foto verzichten. Zum einen aber könne man aber nicht per se davon ausgehen, und zum anderen findet Westhoff, dass ein professionelles Foto ein-


Foto: Unsplash, Brooke Lark

Die Frisur sollte zum Typ passen und gepflegt aussehen.

fach dazugehört: „Ein solches Bild unterstreiche, wie viel Mühe sich ein Kandidat mit seiner Bewerbung gegeben hat. Das schindet Eindruck und kann wertvolle Punkte geben“, ist die Fotografin überzeugt. Andererseits eröffne ein Bild die Möglichkeit, sich positiv in Szene zu setzen. Ein gutes Foto könne ein zusätzlicher Vorteil sein. Umgekehrt dürfte klar sein: „Passbilder oder zwei Jahre alte Bilder gehen gar nicht.“ Dies zeuge von wenig Interesse am Ausbildungsplatz. Um Jana wirkungsvoll abzulichten, gibt die Fotografin Anleitung und Tipps, wie

„EINE DRASTISCHE TYPVERÄNDERUNG WOLLEN DIE MEISTEN GAR NICHT.“ sie sich vorteilhaft vor der Kamera zeigt. Nora Westhoff macht Scherze, die Jana automatisch ein Lachen ins Gesicht zaubern. Das wirkt authentischer als das ge-

künstelte Lächeln einiger Kandidaten, denen man die Nervosität einfach ansieht. Westhoff: „Wichtig ist immer eine gewisse Natürlichkeit, und ein guter Fotograf kann diese herauskitzeln.“ Im Gegensatz zu einem Schnellbildautomaten im U-Bahnhof. Mit passendem Bildmaterial ausgestattet geht Jana nach Hause. Jetzt wird es höchste Zeit, die Bewerbungsunterlagen abzusenden. Am nächsten Tag geht sie zur Post, schickt die Bewerbung ab – und macht sich auf den Zeitpunkt einer Antwort gefasst.


BERUFSVORBEREITUNG

SCHRITT 4: OUTFITWAHL Kurz vor den Herbstferien trudeln die ersten Rückmeldungen ein. Darunter auch eine Einladung zu einem Bewerbungsgespräch bei einer Agentur für Eventmanagement. Ihr Wunschjob, und den will sie jetzt auch mit Leben füllen. Dafür muss sie sich natürlich gut auf das Unternehmen vorbereiten. Über den Internetauftritt der Agentur besorgt sie sich relevante Daten wie Kunden, Geschäftsfelder und Mitarbeiterzahlen, auch das Gründungsdatum merkt sie sich. Schließlich sind das alles Informationen, mit denen man bei einer Bewerbung punkten kann – das hat ihr die Ausbildungsberaterin nahegelegt. Um den erhofften guten Eindruck zusätzlich zu unterstreichen, geht Jana noch einmal Klamotten kaufen.

Boutique-Inhaberin Nadija Bouchah verrät ihr, wie sie vorgehen muss. Zuerst tauscht sie ein paar lockere Sätze mit Jana aus, um mehr über sie als Person und den angestrebten Beruf zu erfahren. „Sie macht auf mich einen selbstbewussten Eindruck“, sagt die Mode-Expertin, „auf jeden Fall ein Macher-Typ.“ Da sei aber jeder anders. Jana rät Bouchah zu etwas Elegantem. Auch Jana fühlt sich in der ausgewählten edlen schwarzen Stoffhose wohl, sie schlägt zu. Dazu eine weiße, eng geschnittene Bluse – perfekt. Generell sei es wichtig, dass die ausgewählten Kleidungsstücke ordentlich und gepflegt sind. Und: „Nicht zu sehr in den Farbtopf greifen und nicht zu viel Haut zeigen.“

Eignet sich perfekt für ein Vorstellungsgespräch: Eine schwarze Stoffhose.

Fotos: Unsplash, Liana Mikah, IStock

Schlicht aber schick: Das Outfit passt zu Janas Typ.


BEWERBUNGSGESPRÄCH

Eigene Fragen im Bewerbungsgespräch zu stellen, zeigt Interesse und kommt gut an.

Jana ist bereit. Mit gutem Gefühl und dem frisch erstandenen Outfit geht sie zu ihrem Bewerbungsgespräch, auch wenn sich die Nervosität langsam Bahn bricht. Sie hat sich zwar gut vorbereitet, aber dennoch: Lampenfieber gehört dazu. Die Mitarbeiter der Eventmanagement-Agentur sorgen allerdings für eine gute Atmosphäre. Jana sitzt unverkrampft, aber nicht zu locker da, folgt aufmerksam dem Gespräch, macht einen aufgeweckten Eindruck, lächelt, fühlt sich wohl – und wird am Ende gefragt, ob sie denn noch etwas wissen wolle. Andere würden vielleicht froh über das Ende des Gesprächs möglichst schnell den Raum verlassen, aber Jana ergreift die Chance und hakt

nach. Wie sieht es mit Entwicklungsmöglichkeiten im Rahmen der Ausbildung aus? Welche Abläufe kommen innerhalb des Unternehmens auf sie zu? Darf sie gleich zu Beginn ihrer Ausbildung kreative Vorschläge machen? Kurz fragt sie sich, ob sie dieser Frage über das Ziel hinausgeschossen ist. Aber im Gegenteil. Genau diese Initiative haben sich die Personaler von Jana erhofft – sie bekommt nach rund einem Jahr Vorbereitung die Zusage für den Job. Sie hat überzeugt, und im Rückblick war es gar nicht so schwer. Der positive Ausgang ihrer Bewerbungsphase hat Jana sogar selbstbewusster gemacht. Ob sie nicht doch ein

Studium packen kann? Werden ihre Noten am Ende des Abiturs ausreichen? Früher hätte sie sich mit dem Erreichten zufrieden gegeben. Doch das war eben früher. Trotz der Zusage schlägt sie den Ausbildungsplatz aus, und lernt noch einmal extra viel, um ihre Noten zu verbessern. Sie erinnert sich an ihre Berufsberatung, damals stieß Jana auf einen Studiengang an der Hochschule Hamm-Lippstadt: Wirtschaftspsychologie. Der Numerus Clausus lag in den Vorjahren bei 2,4 – und Janas Extra-Lernschichten haben Früchte getragen. Ihr Abi-Schnitt ist besser. Sie schreibt sich ein. Und freut sich auf ihre Zukunft, die jetzt klar vor ihren Augen liegt.


BERUFSVORBEREITUNG

NICHT SCHAUSPIELERN, SONDERN DARSTELLEN

Foto: Unsplash, Elena Koycheva

So präsentiert ihr euch in einem Bewerbungsgespräch.

Text: Sven Schneider Illustration: Lisa Dießner Die ersten Hürden einer Bewerbung habt ihr genommen. Die Unterlagen sind eingereicht, alle Tests und Auswahlverfahren überstanden. Jetzt kommt der letzte Schritt: das Bewerbungsgespräch. Doch auch das könnt ihr meistern. Die Ausgangssituation Nun müsst ihr euren künftigen Arbeitgeber überzeugen, warum gerade ihr die ideale Besetzung für den Job bzw. die Ausbildungsstelle seid. Die Situation mag euch zunächst unbehaglich vorkommen: Ihr sitzt mehreren Menschen gegenüber, die euch aufgrund dessen, was ihr jetzt von euch gebt, einschätzen und bewerten.

Darunter ist mindestens ein Mitarbeiter der Personalabteilung, dazu ein Kollege oder Ausbilder, mit dem ihr unmittelbar zusammenarbeiten werdet. Vielleicht nimmt sich sogar der Geschäftsführer die Zeit, euch kennenzulernen. Ein ziemlicher Auflauf. Die gute Nachricht aber ist: Ein Bewerbungsgespräch lässt sich ziemlich gut vorbereiten. Worauf die Personaler achten Jan Peipe von der Azubi-Lernplattform „prozubi“ aus Lüneburg weiß, worauf es ankommt. „Lebenslauf und Zeugnisse oder Arbeitsproben kennen die Personaler ja schon aus der Bewerbung“, so

der Experte: „Diese Infos müsst ihr nicht wiederholen.“ Im Gespräch gehe es um andere Aspekte – etwa um die Motivation einer Bewerbung. Daher sei es im Vorfeld wichtig, sich intensiv mit den eigenen Stärken und Schwächen, aber auch mit eurem potenziellen Arbeitsplatz auseinanderzusetzen. Peipe: „Überlegt, ob ihr eure persönliche Geschichte mit der des Unternehmens verknüpfen könnt. Welche Qualifikationen bringt ihr für die Ausbildung mit? Warum möchtet ihr diesen Beruf machen? Gibt es Gründe, warum ihr unbedingt bei diesem Unternehmen arbeiten möchtet? Mit Antworten auf diese Fragen könnt ihr punkten.“


So besser nicht Ihr seid nervös, klar. Das wissen auch die Personalverantwortlichen. Ein bisschen Lampenfieber nimmt euch niemand übel. Die klassischen Fettnäpfchen wie verspätetes Erscheinen oder unpassende Kleidung schon eher. Ein absolutes NoGo seien aber vor allem unvorbereitete Kandidaten – und die kommen, der Erfahrung von Peipe nach, häufiger vor als man annehme. Peipe: „Die Folge ist eine große Unsicherheit, die im ungünstigsten Fall das gesamte Gespräch bestimmt. So bereitet ihr euch vor Informationen lassen sich über das Internet sammeln. Erste Anlaufstellen sollten firmeneigene Medien wie etwa die Unternehmenswebseite oder Social Media-Profile sein. Dort finden sich in aller Regel Angaben zur Größe, zur Geschichte sowie den Geschäftsfeldern. Außerdem erfahrt ihr so etwas über die Unternehmenskultur: Ist die Firma international oder doch eher regional ausgerichtet? Ist die Kundenansprache modern oder doch eher traditionell? Auch solltet ihr im Netz checken, was andere Medien (News-Seiten), aber auch Bewerber oder Mitarbeiter (Bewertungsportale) über die Firma berichten. Das eigentliche Gespräch könnt ihr in einem Rollenspiel trainieren, am besten mit einer Freundin oder einem Freund oder jemandem aus eurer Familie. Zu einer guten Vorstellung gehört nicht nur, wie ihr heißt und wann ihr die Schule voraussichtlich abgeschlossen habt. Sagt, was ihr könnt und was ihr wollt.

„ÜBERLEGE DIR VORHER GANZ GENAU, WAS DAS UNTERNEHMEN AUSMACHT.“ Jan Peipe von der Azubi-Lernplattform „prozubi“ meint: „Ein bisschen Lampenfieber nimmt euch niemand krumm.“

Foto: Privat

Was ihr könnt: Beschreibt, welche Fähigkeiten ihr gut beherrscht und vor allem wo und wie ihr diese Fähigkeiten erworben habt. Aber Achtung: Wie gesagt, der Personaler will nicht euren auswendig gelernten Lebenslauf hören. Sucht die Situationen aus, die in Verbindung mit eurem Berufswunsch stehen. Ein Beispiel könnte sein: „Technik interessiert mich sehr, in der Schule habe die Computer AG besucht. Daher weiß ich, wie ein PC im Inneren aussieht. In der 9. Klasse habe ich ein Praktikum in einem Computergeschäft mit angeschlossener Reparaturwerkstatt absolviert.“ Was ihr wollt: Hier geht es um eure Motivation. Warum wollt ihr diesen Beruf ergreifen? Welche Ziele wollt ihr erreichen?

„Ich möchte mein Interesse an Computern gerne zum Beruf machen und weiß, dass mir der Umgang mit Menschen große Freude bereitet. Daher bin ich mir sicher, dass eine Ausbildung zum Systemadministrator das Richtige für mich ist.“ Nicht übers Ziel hinaus schießen Selbstpräsentation ist ein schmaler Grat. Ihr dürft und sollt euch gut verkaufen. Aber nicht schaumschlagen. Deswegen rät Jan Peipe: „Bleibt immer glaubwürdig.“ Eigenlob an den richtigen Stellen ist angebracht. Aber immer dosiert und schon gar nicht auf Kosten anderer, indem ihr andere Bewerber etwa herabstuft. Jan Peipe ergänzt: „Bleibt vor allem auch ehrlich bei Dingen, die ihr – noch – nicht beherrscht.“ Unehrlichkeit wird von Personalern schnell erkannt – und „wer im Gespräch lügt, hat keine Chance auf den begehrten Ausbildungsplatz“, so Peipe. Körpersprache und Mimik Ganz klar: Das Smartphone ist während des Gesprächs aus und am besten gar nicht sichtbar. Schließlich will euer Gesprächspartner eure ungeteilte Aufmerksamkeit. Eine allzu lässige Haltung im Sessel signalisiert ebenfalls Desinteresse. Verschränkte Arme gelten als Abwehrhaltung. Offen kommt ihr rüber, wenn ihr aufrecht und eurem Gegenüber zugewandt sitzt. Haltet Blickkontakt mit dem Personaler und schenkt ihm auch mal ein Lächeln. Das schafft eine angenehme Atmosphäre.


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LEITPLANKEN FÜR DIE JOBSUCHE Wenn ihr bei der Berufswahl noch unentschlossen seid, kann die Berufsberatung der Agentur für Arbeit mit Rat und Tat weiterhelfen. Mittlerweile sogar weit über die Schulzeit hinaus.

Text: Sven Schneider Illustration: N. Rosengärtner, L. Dießner Frank Piontkowski hat seinen Besuch erwartet. Freundlich begrüßt der 54-Jährige an diesem Freitagvormittag in der Agentur für Arbeit in Oberhausen den jugendlichen Gast. Vor ihm steht ein Schüler vom nahen Berta-von-Suttner-Gymnasium, gerade mal zwei Kilometer entfernt. Beide haben sich schon vor ein paar Wochen getroffen, als Piontkowski zum ersten Mal in der neunten Klasse des Schülers vorstellig wurde, um Tipps zur Berufswahl zu geben. Darum ist eine Beratung wichtig Für NRW ist das ganz normal, die Berufsfelderkundung startet in Klasse acht, auf Gesamtschulen und Gymnasien ein Jahr später. Doch so sinnvoll so ein Klassenevent auch ist – in den zwei angesetzten Schulstunden können die Berater nur an der Oberfläche kratzen. Zu individuell sind die Vorstellungen und Wünsche der Jugendlichen. Daher das Angebot für Einzelgespräche – von dem die Jugendlichen regen Gebrauch machen. Piontkowski führt pro Woche bis zu 28 Einzelgespräche, derzeit betreut er zwei Gymnasien und eine Gesamtschule in Oberhausen. In ganz NRW haben im vergangenen Jahr genau 115 478 Jugendliche das Gespräch mit einem Berater der zuständigen Agentur für Arbeit geführt.

So läuft die Beratung ab Die Beratungsgespräche folgen dabei meistens einem bestimmten Fahrplan und ergänzen die Potenzialanalyse, die in der achten Klasse die persönlichen Stärken jeder Schülerin und jedes Schülers erfassen soll. Zuerst versuchen Berater wie Frank Piontkowski, die Interessen, Neigungen und Fähigkeiten der Schüler herauszuarbeiten. Dann geht es um ihre Wünsche: Was haben sie sich vorgestellt, wovon träumen sie, wie sind sie darauf gekommen? Hat der Jugendliche Bewerbungsunterlagen mitgebracht, checkt der Berater sie auf Verbesserungspotenzial. Besteht das Anschreiben aus den immer gleichen Versatzstücken eines Online-Ratgebers, den viele andere auch nutzen? Ist es ein Standard-Text, der dutzendfach versendet wird, ohne auf spezielle Gegebenheiten des Unternehmens einzugehen? In solchen Fällen redet Piontkowski Klartext: „Erfahrenen Personalern fällt das sofort auf, so eine Bewerbung hat keine Chance.“ Stattdessen geht der Coach mit seinen Schützlingen Annoncen und Internetseiten von Firmen durch, um eine individuellere Ansprache zu ermöglichen. In vielen Fällen bezieht Piontkowski seine Kollegen vom Arbeitgeberservice der Agentur für Arbeit ein. Dort gibt es Adressen von Ausbildungsunternehmen,

die aber nicht in der großen Datenbank erscheinen wollen. Auch Adressen für Praktika sind dort in größerem Umfang erhältlich. Der Arbeitgeberservice kann zudem unbürokratisch den Kontakt zwischen Bewerber und Ausbildungsbetrieb herstellen. Auf Wunsch kann manchmal auch ein persönliches Ausbildungsgesuch erstellt werden, das in der Ausbildungsbörse der Agentur erscheint. Dort suchen viele Unternehmen gezielt nach geeigneten Kandidaten. Weitere optionale Angebote sind Berufswahltests über den Berufspsychologischen Service, über die sich die Eignung eines Kandidaten für eine Branche ergründen lässt. Oder die Berater organisieren berufsvorbereitende Maßnahmen oder eine Einstiegsqualifizierung. Auch Folge-Beratungsgespräche sind jederzeit möglich. Beeinflussung ist tabu Bei der Beratung geht es nicht darum, Jugendliche in eine bestimmte Richtung zu lenken, sondern Möglichkeiten auszuloten und Optionen zu checken. Wenn ein Berufsberater den Eindruck hat, dass ein Berufswunsch illusorisch ist, versucht er, Alternativen anzubieten. „Das ist gerade bei Abiturienten wichtig“, sagt Piontkowski. Vielleicht können sie die erforderlichen Noten für ein Studium nicht erreichen.


Oder es zeigt sich, dass Jugendliche nicht die Voraussetzungen mitbringen, um einen bestimmten Berufswunsch umsetzen zu können. Dann zeigen die Berater Alternativen auf – aber immer mit offenem Ausgang. „Beeinflussen dürfen wir nicht.“ Nach Schule und Ausbildung ist längst nicht Schluss Um die Menschen auch weitergehend unterstützen zu können, hat die Agentur für Arbeit seit vergangenem Jahr die „Lebensbegleitende Berufsberatung“ eingeführt. Aus gutem Grund: Die Arbeitswelt hat sich durch Digitalisierung, ökonomischen und sozialen Wandel gravierend geändert. Kaum jemand wird heute noch 40 Jahre bei ein und derselben Firma arbeiten. Betriebswechsel werden laut Prognosen der Arbeitsagentur Normalität. An allen Schulformen (auch an

Berufsberater Frank Piontowski führt in der Woche bis zu 28 Einzelgespräche.

Foto: Privat

Hochschulen) wird es darüber hinaus Beratungsangebote geben. Um die Menschen auch daheim zu erreichen, wurde bei www.arbeitsagentur.de ein Selbsterkundungstool eingerichtet, das mit Blick auf Ausbildung und Studium ständig aktualisiert wird. So kann jeder vom Sofa aus sein berufliches Glück in die Hand nehmen – mit professioneller Unterstützung.


BERUFSVORBEREITUNG

DAS NETZ VERGISST NICHTS Beim Blick in soziale Netzwerke können Chefs und Personaler viel über euch erfahren – manchmal mehr, als euch lieb ist. Daher sollte man bestimmte Regeln unbedingt einhalten. Text: Sven Schneider Zum Netzwerken ideal: So gut wie jeder hat heute ein eigenes Profil bei Facebook, Twitter, Instagram & Co. Das kann aber auch Tücken haben. Denn um Bewerberinnen und Bewerber zu checken, schauen auch Chefs oder Personalverantwortliche gerne mal rein. Wenn dabei ein ganz anderer Eindruck entsteht als eure Bewerbung vermitteln möchte – ungünstig. Deswegen solltet ihr bestimmte Regeln beherzigen und soziale Netzwerke zu eurem Vorteil einsetzen. So geht’s.

Ego-Googeln Jeder, der das Internet nutzt, hinterlässt einen digitalen Fußabdruck. Und das Netz vergisst nichts. Deswegen solltet ihr vor jeder Bewerbung euren Namen eingeben und schauen, was die Suchmaschine ausspuckt. Da wird mancher überrascht sein. Auch eure Profile in sozialen Netzwerken tauchen dort auf, inklusive sämtlicher öffentlichen Bereiche. Findet ihr negative Ergebnisse, könnt ihr bei Google mittlerweile einen Antrag auf Entfernen stellen. Aber Vorsicht: Lediglich das Suchergebnis wird in dem Fall gelöscht, nicht die entsprechende Seite selbst.

Was gar nicht geht So verlockend es sein mag, Freunde und die ganze Welt an seinen Meinungen und Erlebnissen teilhaben zu lassen – im beruflichen Bereich lauern viele Fallen. Dazu gehören politische Ansichten oder Kommentare – schließlich wisst ihr nicht, ob der Empfänger eurer Bewerbung eine gegenteilige Meinung vertritt und eure Beiträge eher negativ bewertet. Bei allem, was ihr postet, solltet ihr seriös bleiben: keine Partybilder mit Bierflasche am Hals, keine allzu offenherzigen Bilder, seriöse Sprache in den Textbeiträgen und Kommentaren – und bloß keine Beleidi-


Das Profilbild Bilder sagen mehr als 1000 Worte – und die Wirkung hängt immer auch ein wenig von der jeweiligen Plattform ab (Karrierenetzwerke wie Xing oder LinkedIn ticken anders als Insta & Co.). Generell sollte man mit Party- oder Bikinibildern aber sehr vorsichtig sein. Die Ratgeberseite praktikum.info empfiehlt: Das Gesicht sollte klar erkennbar sein und im Vordergrund stehen, der Hintergrund des Bildes eher ruhig, das Bild generell scharf und in ausreichender Auflösung sein. Auch, wenn ihr findet, dass ihr früher besser aussaht: Nehmt ein aktuelles Bild, zumindest bis ihr den Job sicher habt. Positive Inhalte Auszeichnungen für Leistungen sind immer gut und zeigen dem Betrachter, dass ihr was auf dem Kasten habt. Solltet ihr euch für einen Beruf im Bereich Medien oder Gestaltung bewerben, könntet ihr

auch Arbeitsproben posten, die eurer Meinung nach besonders gelungen sind. Angehende Friseure haben vielleicht mal bei Freunden eine besonders coole und schicke Frisur gemacht, die es wert wäre, gezeigt zu werden. Das gilt auch für soziale Angelegenheiten wie Mitgliedschaften in einem Verein oder ehrenamtliche Tätigkeiten: ist unverfänglich und liest sich gut. Netzwerke bereinigen Ein besonderes Augenmerk sollte auf der Anpassung der Privatsphäre-Einstellungen liegen. Beiträge, die euch in ein positives Licht rücken, könnt ihr auf „öffentlich“ stellen, alles andere sollten nur Freunde sehen können. Doch wenn ihr irgendwann auch im Betrieb Freundschaften über soziale Netzwerke knüpft, schaut, dass diese Freunde auch nur das zu sehen bekommen, was euch keine Schwierigkeiten einbringt. Infos zur Anpassung der Privatsphäre-Einstellungen findet ihr auf den Seiten des jeweiligen Netzwerkes.

Netzwerke sinnvoll nutzen Soziale Netzwerke können nicht nur schaden, sondern in vielerlei Hinsicht nutzen. Denn ihr könnt euch beispielsweise über Facebook Informationen über euren künftigen Arbeitgeber besorgen. Ihr seht vielleicht, wie eure künftigen Kollegen ticken, oder interessante Projekte. Mit diesem Wissen habt ihr im Bewerbungsgespräch Vorteile. Twitter funktioniert zwar ein wenig anders, aber über die Hashtags könnt ihr sowohl nach dem Betrieb als auch einzelnen Mitarbeitern suchen. Folgt ihr diesen oder retweetet deren Beiträge, kommt ihr schon vorab mit ihnen ins Gespräch. Bei Karrierenetzwerken wie Xing oder LinkedIn könnt ihr ein Profil anlegen und schon einmal eure Fähigkeiten, Lebensläufe und Stationen auf dem bisherigen Lebensweg hinterlassen. Unterschätzt das nicht: Viele Firmen suchen vor allem auf diesen beiden Netzwerken nach Mitarbeitern, aber auch Azubis und Praktikanten. Auch offene Stellen werden auf diesen Netzwerken lanciert.

Foto: IStock

gungen oder Schimpfwörter. Ebenso unseriös und unreif wirken Benutzernamen wie „flottebiene“ oder „Mallesven“.


AUSBILDUNG

DIE LEBENSRETTER Der Mensch im Mittelpunkt: Notfallsanitäter sind leidenschaftliche Helfer. Text und Fotos: Romina Suliani Marc-Andre Kloß weiß zu Beginn seines Arbeitstages nie, was ihn erwartet. Ob es eine ruhige Schicht wird, oder ob er im Dauereinsatz ist. Ob es kleinere Einsätze sind, oder ob es um Leben und Tod geht. Aber genau das macht für ihn einen Reiz seines Berufes aus. Marc ist in der Ausbildung zum Notfallsanitäter bei der Ausbildungsleiter Joachim Wilms: „Notfallsanitäter benötigen ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein.“

Rettungswache Neheim der Stadt Arnsberg. Sein zweites Lehrjahr hat gerade begonnen. An diesem Sommertag führt ihn sein erster Einsatz in eine Arztpraxis. Die Arzthelferinnen haben den Notruf gewählt, weil eine Patientin an einer heftigen allergischen Reaktion, einer sogenannten Anaphylaxie, leidet. Als Marc und sein Kollege eintreffen, ist das Gesicht der Patientin rot gefleckt und stark geschwollen. Es drohen Atemprobleme. Im Gespräch mit der Ärztin findet das Notfall-Team heraus, dass die Patientin aufgrund eines grippalen Infekts Antibiotika genommen hat. Trotz erster allergischer Reaktionen nahm sie die Antibiotika weiter – und verstärkte so die Beschwerden, jetzt besteht

akute Lebensgefahr. Das Team bespricht kurz das weitere Vorgehen, Marc legt ihr einen intravenösen Zugang in den Arm und verabreicht ihr unter Beobachtung seines Praxisanleiters drei Medikamente, die die Schwellung abklingen lassen und die allergische Reaktion dämpfen. Die Zeit, auf einen Notarzt zu warten, haben sie nicht. Dennoch wird er bestellt – das ist rechtlich so vorgesehen. Nachdem die wichtigsten Hilfemaßnahmen eingeleitet sind, nimmt das Notfallsanitäter-Team die Patientin im Rettungswagen mit und bringt sie ins Krankenhaus. „Ich habe die Verantwortung für die Patienten, bis sie einem Notarzt oder dem Arzt im Zielkrankenhaus übergeben werden“, sagt Marc.


Notfallsanitäter-Ausbildung Dauer: Die Ausbildung zum Notfallsanitäter dauert drei Jahre. Gehalt: Die Ausbildung erfolgt im Öffentlichen Dienst. Das Lehrgehalt im ersten Jahr beläuft sich auf etwa 1150 Euro, im zweiten verdienen Azubis etwa 1300 Euro und im dritten Lehrjahr 1400 Euro. Das Einstiegsgehalt nach der Lehre beträgt rund 2700 Euro. Voraussetzung: Mittlere Reife

Wenn der 22-jährige Azubi zu einem Einsatz ausrückt, wird er immer von mindestens einem ausgebildeten Notfallsanitäter begleitet. Der steht ihm stets mit Rat und Tat zur Seite – manchmal auch aus der Distanz. Ganz neu im Einsatz ist hierbei technisches High-End-Equipment. Ein kleines, unauffälliges Gerät am Handgelenk, kaum größer als eine Smart Watch, unterstützt die Retter im Einsatz. Es empfängt alle wichtigen Daten des mobilen EKG-Gerätes und stellt diese dar. „Neben medizinischen Kenntnissen und Empathie benötigt ein guter Notfallsanitäter auch ein extrem hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein“, berichtet der leitende Ausbilder, Joachim Wilms. Dies könne nur schwer an Puppen trainiert werden. Es fehle die emotionale Bindung, um das Gefühl von Verantwortung für einen Patienten zu erfahren. „Wir untersuchen und versorgen den Patienten selbstständig“, erklärt Marc. „Über das Display am Handgelenk verfolgen die Praxisanleiter die Situation mit bis zu 10 Meter Abstand und können im Zweifelsfall zügig eingreifen, wenn sich Schwierigkeiten entwickeln könnten.“ Der Arnsberger Rettungsdienst ist in ganz NRW der erste, der diese innovative Technik nutzt. Für Marc Kloß war übrigens sehr schnell klar, dass er einen Berufsweg im Rettungswesen einschlagen möchte. Seit seinem zehnten Lebensjahr ist er Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr in seinem Geburtsort Unna. Nach seinem Realschulabschluss machte er zunächst eine Ausbildung als Chemikant, merkte aber, dass er diesen Berufsweg nicht weiter verfolgen möchte. Er absolvierte ein Freiwilliges Soziales Jahr am Dortmunder

„FÜR DIESEN JOB BRAUCHT MAN PASSION.“ Marc-Andre Kloß ist 22 Jahre alt und in seinem zweiten Lehrjahr zum Notfallsanitäter. An seinem Job mag er besonders die stete Abwechslung.

Flughafen. „Ich bin mit Blaulicht groß geworden“, verrät Marc: „Für mich war klar, dass ich Verantwortung übernehmen und Menschen helfen möchte“. An der Schule des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Dortmund durchlief er zunächst die Ausbildung zum Rettungssanitäter. Sein Ziel hatte er schon da vor Augen: Notfallsanitäter. Notfallsanitäter ist die höchste nicht-akademische medizinische Qualifikation im Rettungsdienst. Die Berufs- bzw. Tätigkeitsbezeichnung existiert in Deutschland seit 2014, ist aber noch immer weitgehend unbekannt. „Wir haben ein Imageproblem“, sagt Joachim Wilms. „Viele Menschen denken noch an die Zeit des Zivildienstes, an den freiwilligen Job des Sanitäters – aber der Notfallsanitäter ist eine ganz andere Liga. Danach kommt nur noch der Notarzt.“ Der Gesetzgeber schreibt vor, dass ab 2027 jedes Rettungsfahrzeug mit mindestens einem Notfallsanitäter besetzt sein muss. Um das leisten zu können, lautet die Devise: Ausbilden, ausbilden, ausbilden. Bei der Stadt Arnsberg werden den Azubis

Wenn kein Einsatz gefahren wird, üben die Azubis gemeinsam mit ihren Praxisanleitern an der Puppe wichtige Handgriffe der Notfallversorgung.

attraktive Zusatzangebote angeboten: Fahrsicherheitstraining, internationale Zertifizierungen in der Notfallversorgung und mehr. Voraussetzung für eine Ausbildung zum Notfallsanitäter ist mindestens die Mittlere Reife. Außerdem müssen sich die Anwärter einem Auswahlverfahren stellen. Einfühlungsvermögen, Anpassungsfähigkeit und eigenverantwortliches Arbeiten sind laut Joachim Wilms wichtige Eigenschaften in dem Beruf. Auch körperliche Fitness wird verlangt, ein Sporttest gehört zur Aufnahmeprüfung: „Unsere Leute müssen alles können. Egal ob allergischer Schock, Herzinfarkt, Schlaganfall oder sonstige Notsituationen. Sie müssen immer wissen, was zu tun ist. Für diesen Job braucht man Passion.“ Marc zeigt diese Leidenschaft. Er liebt den Nervenkitzel, wenn er in den Rettungswagen zu einem Einsatz steigt. Und bei aller Ernsthaftigkeit im Job gibt er mit einem Lächeln auf den Lippen zu: „Mit Blaulicht und Martinshorn durch die Straßen zu fahren, ist auch echt cool.“


AUSBILDUNG

Text: Michael Braun Viktoria Quickenstedt ist reisefreudig, gar keine Frage. „Das liegt mir einfach, ich war zum Beispiel mit 16 Jahren schon in Tansania“, sagt die heute 23-Jährige, die eine Ausbildung zur Kauffrau für Speditions- und Logistikdienstleistungen bei Dachser SE absolviert. Da lag es für sie nahe, sich auch im Rahmen dieser Ausbildung international zu orientieren. Nicht nur, was die Ausbildungsinhalte selbst betrifft – ein Abstecher ins Ausland sollte ebenfalls auf dem Plan stehen. In diesem Fall hat sie von der internationalen Ausrichtung ihres Arbeitgebers profitiert. „Dachser ist an vielen Orten in der Welt vertreten, auch über Europa hinaus“, erklärt sie. Allerdings: Ob ein Auslandsaufenthalt im Rahmen der Ausbildung möglich ist, ist nicht allein von der Größe eines Unternehmens abhängig. Denn als Azubi könnt ihr von einem neuen Förderprogramm profitieren. Der Titel: „AusbildungWeltweit“ . Wichtig ist natürlich, dass ihr in weite Welt hinaus wollt. Auch müssen eure Ausbilder einen Sinn in einer Auslandserfahrung sehen und einverstanden sein. Sind alle Voraussetzungen erfüllt, plant ihr gemeinsam eure Reise. „Bei mir haben die Planungen schon so zwei Monate in Anspruch genommen“, erklärt Viktoria Quickenstedt. Sie sprach zuerst die Ausbildungsleiterin an, die sie direkt unterstützte. Es folgten Absprachen zwischen den internen Abteilungen in ihrem Ausbildungsbetrieb und die Suche nach einer geeigneten Niederlassung – letztlich fiel die Wahl auf Südafrika. Aufgrund meiner Vorerfahrung lag ein Aufenthalt in Afrika nahe“, erinnert sie sich. Entsprechend wurde die Niederlassung in Johannesburg kontaktiert, die dann einen vierwöchigen Aufenthalt in Kapstadt einplante. Von Unternehmensseite war damit alles unter Dach und Fach gebracht. Es folgte die Antragstellung beim Förderprogramm „AusbildungWeltweit“ - das kann zum Beispiel der Ausbildungsbetrieb oder eine Kammer übernehmen. Gefördert werden praxisorientierte Auslandsaufenthalte von Azubis in der Erstausbildung.

ALS AZUBI INS AUSLAND – SO GEHT DAS! Über das Programm „Ausbildung Weltweit“ hat Viktoria Quickenstedt in Südafrika neue Kollegen getroffen – ein Erfahrungsbericht.


Rückkehr nach Südafrika nicht ausgeschlossen: Viktoria Quickenstedt fühlte sich in Kapstadt und Umgebung sichtlich wohl (kleines Bild links). Fotos: IStock, Victoria Quickenstedt

Zuschüsse gibt es für Fahrt- und Flugkosten, für Aufenthaltskosten und die eigentliche Organisation. Wichtig: Eure Kosten werden nicht komplett übernommen, einen kleinen Anteil müsst ihr tragen. „Außerdem habe ich mich - immer in Abstimmung mit dem Arbeitgeber - um viele organisatorische Dinge selbst gekümmert: Um den Mietwagen und die Airbnb-Unterkunft zum Beispiel“, verrät Viktoria. Was habt ihr von so einem Aufenthalt? „Wir sprechen von Kompetenzvermittlung in drei Bereichen“, erklärt Berthold Hübers, bei der Nationalen Agentur beim Bundesinstitut für Berufsbildung (NA beim BIBB) als „Teamleiter Mobilität und Internationalisierung der Berufsbildung“ tätig. Konkret: „Bei der personalen Kom-

petenz geht es um Selbstständigkeit und Verantwortung. Bei der sozialen Kompetenz um interkulturelle Handlungsfähigkeit und Fremdsprachen. Bei der fachlichen Kompetenz um die eigentlichen Inhalte des Berufes.“ In der Praxis sah es bei Viktoria Quickenstedt genau so aus: „Ich habe Arbeitsabläufe kennengelernt, erhielt einen groben Einblick in jede Abteilung und durfte unheimlich viel mitnehmen.“ Sehr wertvoll seien auch die persönlichen Kontakte zu den Kollegen in Südafrika gewesen. „Der Kontakt besteht heute noch“, sagt sie. Es ist gut möglich, dass das auch so bleibt, denn sie wurde nach ihrer Ausbildung übernommen und ist weiterhin für das Unternehmen tätig. Eine Rückkehr nach Südafrika ist ebenso wenig ausgeschlos-

sen wie das Sammeln weiterer Erfahrungen im Ausland. „Das lasse ich auf mich zukommen – jetzt möchte ich mit erst einmal im neuen Job etablieren.“ Die 23-Jährige ist übrigens gefragte Ansprechpartnerin, wenn es um eben solche Auslandserfahrungen im Rahmen der Ausbildung geht. Vor kurzem wurde sie von einer Dachser-Kollegin aus Hamburg angesprochen, die sich auch für einen Auslandstrip interessiert. „Wichtig ist einfach, dass man von dem Schritt und dem ausgesuchten Land überzeugt ist und sich der Unterstützung durch das Unternehmen sicher sein kann. Es ist eine tolle Gelegenheit, Erfahrungen zu sammeln, und es hilft auch bei der Orientierung, wie der weitere Berufsweg aussehen soll.“


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