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LITERATUR

Variations Sérieuses

Am Internationalen Frauentag nimmt die Theatercompagnie Tagträumer die desolate Situation von Frauen ins Visier. Sie stellen die Hälfte der Weltbevölkerung, sind in vielen Regionen von gleichen Rechten jedoch weit entfernt. Mal absurd, mal fast nüchtern gibt die Inszenierung Einblick in einen Alltag mit Sklaverei, Unterdrückung, Verstümmelung, Vergewaltigung und Mord. In allen Sätzen und Szenen schwingt aber auch stets die Hoffnung mit: Jedes„Nein“, so klein es auch sei, kann die Welt verändern. ›› 8.3., Gallus Theater, Frankfurt, 20 Uhr 18 €, erm. 12 €, (069) 758 060 20, gallustheater.de, 2G+

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Premonitions of a larger plan

An welchen Referenzgrößen können sich junge Künstler:innen orientieren, um sich selbst weiterzuentwickeln? Diese Frage treibt den Choreografen Jacopo Godani seit langem um und liefert den Rahmen für sein neues Stück. Aus den Perspektiven des Tanzes und der Musik schärft er mit „Premonitions of a larger plan“ das Bewusstsein für die zeitlose Schönheit der Kunst sowie die außergewöhnlichen Leistungen von jungen Menschen, die ihre Träume wahr werden lassen. ›› 11./12./16./17./18./19.3., Bockenheimer Depot, Frankafurt, 20 Uhr, 13./20.3., 16 Uhr 30-36 €, erm. die Hälfte (069) 90 73 99 100, dresdenfrankfurtdancecompany.com, 2G+

© SAM ENTERTAINEMENT

Die Waffeln der Frau

Was braucht es, um geistig und kulturell gestärkt überleben zu können? Das Frauenduo JETZTABA! weiß Rat und nimmt mit urkomischen Dialogen systemrelevante Fragen ins Visier: Wer hat Angst vorm Gendersternchen und warum hat er keine anderen Probleme? Wieso sollte man Männer gleichberechtigen, wenn sie doch eindeutig nicht das Gleiche leisten wie Frauen? Marianne Blum und Anna Maria Haas werden an dem Abend profunde Antworten servieren – begleitet von frisch gebackenen Waffeln. ›› 16./22.3., Stalburgtheater, Frankfurt, 20 Uhr 26 €, div. Ermäßigungen (069) 256 277 44, stalburg.de, 2G+

Woyzeck

Was wäre Woyzeck heute? Ein junger Mann ohne soziale Aufstiegschancen. Aus finanzieller Not ruiniert er sich die Gesundheit bei zweifelhaften medizinischen Versuchen und erlebt, dass der einzige Halt in seinem Dasein - die Beziehung zu Marie - in die Brüche geht. Genauso wie die Welt um ihn herum. Regisseurin Carola Moritz behält das fragmentarische von Georg Büchners Drama bei und überzeichnet es mit Schlaglichtern wie grellen Videoclips bisweilen durchaus komisch. ›› 8./15./16./22./23./28./29.3., Kulturhaus Frankfurt, 16-31 € (069) 944 123 60, kulturhaus-frankfurt.de, 2G+

© Helmut Seuffert

Ein Satz zu viel!

›› bis 20.3., Die Komödie, Frankfurt, tägl. außer Mo, 20 Uhr, So 18 Uhr VVK: 22,50–33 € Info & Tickets: (069) 284 580, diekomoedie.de 2G+

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„Du miese Schlampe“ – als Lucas seiner Ehefrau Manon diese Beschimpfung ins Gesicht schleudert, nimmt ein kurzweiliger Theaterabend in der Komödie schnell Fahrt auf. Seine Eltern, Gaspard und Clemence, sind Zeugen des Streits: Manon hat eine Affäre und fährt mit ihrem Lover nach Capri. Ihr Mann bleibt zuhause und hofft, dass sich die Beziehung wieder einrenkt. Die Großeltern passen währenddessen auf den Enkel auf. Und als Clemence der titelgebende „Satz zu viel“ rausrutscht, gehen sie und Gaspard auf eine Reise in die Vergangenheit, an deren Ende die Familie einmal auf links gedreht ist. Das Stück des 2020 gestorbenen Autors Eric Assous ist vordergründig eine leichte – nicht seichte (!)– Boulevardkomödie, die ein feines Plädoyer für die Gleichberechtigung der Geschlechter bereithält. Das Stück hat Tempo und Witz, der mal als Kalauer, mal als feine Ironie daherkommt. Jedes der vier Ensemble-Mitglieder könnte als heimlicher Star des Abends bezeichnet werden. Die Zeit vergeht wie im Flug.

Jürgen Mai

Kleists: SCHWARZ/WEISS. Die Verlobung in St. Domingo

›› 4./5.3., THEATER WILLY PRAML, Frankfurt, 20 Uhr 7–20 € Infos & Tickets: (069)430 547 34, theater-willy-praml.de 2G+

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Zwischen Schwarz und Weiß verläuft eine strikte Trennungslinie. Unbändiger Hass hat beide Lager fest im Griff und vergiftet jede Annäherung. So auch die Liebe des jungen Schweizers Gustav und der Mestizin Toni. Im Glauben, sie habe ihn verraten, erschießt er seine Braut, als er den Irrtum erkennt, sich selbst. Vereint sind beide erst im Grab, das das Oberhaupt von Gustavs Familie errichten wird. In seiner 1811 erschienenen Novelle beschreibt Kleist die desolaten Verhältnisse nach dem erfolgreichen Sklavenaufstand in St. Domingo – dem heutigen Haiti. Die Inszenierung setzt die moralisch entgleiste Situation mit starken (Bühnen-)Bildern und dem eindringlichen Spiel der Darsteller:innen um. Regisseur Michael Weber hat die Aufführung an Kleists Vorlage orientiert, schlägt am Ende aber einen Bogen in die von Rassismus, Antisemitismus und Xenophobie gezeichnete Gegenwart. Erinnert wird auch an den Afroamerikaner George Floyd, der 2020 von einem weißen Polizisten brutal getötet wurde. Doris Stickler

Trash Babylon

›› 2./4.3., Internationales Theater Frankfurt, 20 Uhr 12–23 € Infos & Tickets: (069) 49 909 80, internationales-theater.de 2G+

© Alexander <koch

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Alle Zutaten für einen gelungenen Theaterabend sind bereit: Ein spielfreudiges Ensemble, ein junges Publikum, ein Stück mitten im Frankfurter Bahnhofsviertel über die Irrungen und Wirrungen des Investmentbankings. Sogar mit einem Gastauftritt eines Protagonisten der Szene: Nazim Alemdar, Betreiber des Kultladens Yok Yok Ki[Urban Games II]“, dem neuen Stück des Günes Theaters. Im Zentrum des Geschehens agiert Sarah, die nach einem Millionengewinn auf einer Party abstürzt und dann im Stundenzimmer einer Domina aufwacht. Die Inszenierung ist so aufgeladen mit Ideen und Bezügen, das es immer wieder schwerfällt, dem roten Faden zu folgen. Angekündigt wird zudem, dass die Geschichte mit Videobeiträgen im Internet weitergesponnen wird und das Publikum ein „unsichtbares Theater“ auf der Straße erwartet. Dort solle ein Geheimnis warten, das auf der Bühne nicht gelüftet wird. Beides bleibt – zumindest am Premierenabend – aus. Jürgen Mai

© Alexander Koch