friedrich - Zeitschrift für BerlinBrandenburg

Page 29

29

Lebenswelt Kunst

Mit Schmerzmittelzungen und Globusaugen

Kuünnssttler &K

Vor Kurzem erschien der Gedichtband ›Nuss Schalen Bruch‹ der Potsdamer Autorin Andrea Lütkewitz

D

ass Lyrik auch in Zeiten von Blogs und Tweets nichts von ihrer Faszination und vor allem von ihrer Wirkungskraft verloren hat, beweist der jüngst erschienene Gedichtband ›Nuss Schalen Bruch‹ der Autorin Andrea Lütkewitz. Darin behandelt die Potsdamerin mit viel Sensibilität und sprachlichem Feingefühl die ganze Bandbreite menschlicher Emotionen und Seelenzustände, wie Leidenschaft, Hoffnung, Einsamkeit oder Wut. Das Buch ist in Abschnitte unterteilt, die atmosphärische Titel wie ›Herzrhythmuswende‹, ›Gewitterstunde‹ oder schlicht ›RE 1‹ haben. Die Gedichte selbst sind allein deshalb nicht »eingängig«, weil sie ohne Reimschema auskommen. Darüber hinaus verbindet Lütkewitz oft Gegensätzliches oder Paradoxes und kreiert auf diese Weise Wortneuschöpfungen wie »Standbyhirn«, »muttermilchverstockt« oder »Einzigfarben«. So gelingt es ihr, beim Leser sehr eindrückliche Bilder und Gefühle zu erzeugen. Für solche sorgen zudem starke Metaphern wie »goldenes Knistern« oder »Gehirnrascheln in Hochgeschwindigkeit«. Bei der Lektüre der Gedichte stellt sich oft eine Art Beklemmung ein, weil manche Sätze scheinbar ins Leere laufen, sodass der Leser kaum Halt findet. Die Schönheit der Sprache entdeckte Lütkewitz seinerzeit nicht durch das Lesen von Büchern. Ihr Zugang zur Literatur waren viel-

mehr Songtexte, die in Jugendzeitschriften abgedruckt waren. Sie beflügelten ihre Kreativität so sehr, dass sie im zarten Alter von zwölf Jahren selbst mit dem Schreiben begann. Ihre Gedichte bezeichnet sie dementsprechend als »kleine Lieder«. Die Gedichte von Lütkewitz sind sicher keine leichte Kost. Man muss sich Zeit nehmen, in die einzelnen Werke einzutauchen. Auch wenn ihre Lyrik etwas Schwermütiges hat, ist es beeindruckend, wie die gebürtige Ostfriesin es schafft, den Leser in einen Strudel der Emotionen zu ziehen und darin bis zum letzten Wort festzuhalten. Lässt man sich auf die teils sperrigen Gedichte ein, kann man tief in die menschliche Seele blicken, auch in die eigene. Illustriert sind die Gedichte mit Zeichnungen der Potsdamer Künstlerin Susanne Laser. Mit dünnem, fast krakeligem Strich stilisiert sie Körper und Menschen mit grotesken Zügen, die sich mal wie unter Schmerzen krümmen, mal ineinander verschlungen sind. Vielen der Bilder haftet eine unterschwellige Erotik an. Manche sind zudem mit verwaschenen Wasserfarben andeutungsweise ausgemalt. Erhältlich ist der Gedichtband von Andrea Lütkewitz in Potsdamer Buchhandlungen, unter anderem im Wist – Der Literaturladen, im Viktoriagarten und im Internationalen Buch. [Christin Bomann, SKa]


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.
friedrich - Zeitschrift für BerlinBrandenburg by FZBBMEDIA GmbH - Issuu