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Hohe Hypothekarschulden bergen Risiken
from FMA-Geschäftsbericht 2021
by fma-li
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FMA-Geschäftsbericht 2021 ZUM INHALT
HOHE HYPOTHEKARSCHULDEN BERGEN RISIKEN
Rund 1500 Haushalte in Liechtenstein haben mehr als eine Million Franken Schulden. Im Durchschnitt ist die Verschuldung eines Haushalts mehr als doppelt so hoch wie das verfügbare Jahreseinkommen. Damit belegt Liechtenstein in Europa einen Spitzenplatz. Die hohe Verschuldung der privaten Haushalte birgt Risiken – sowohl für die privaten Haushalte selbst als auch für den Bankensektor.
Gemäss ihrem Auftrag zur Gewährleistung der Finanzstabilität untersucht die FMA laufend aktuelle Ent-
wicklungen und Risiken der liechtensteinischen Volkswirtschaft. In diesem Rahmen hat die FMA auch eine
Analyse des Immobilien- und Hypothekarmarkts vorgenommen. Die Risikoanalyse identifiziert eine hohe Verwundbarkeit der liechtensteinischen Haushalte.
Die Schulden der privaten Haushalte relativ zum verfügbaren Einkommen sind im europäischen Vergleich sehr hoch. Die Schuldenlast relativ zum verfügbaren Einkommen der Haushalte gilt als eine wichtige Kennzahl in Bezug auf die Verwundbarkeit der Haushalte. In Liechtenstein liegt dieses Verhältnis – trotz der relativ niedrigen Steuerlast – bei etwa 226 %. Damit liegt Liechtenstein bei diesem Indikator hinter Dänemark und knapp vor der Schweiz an zweiter Stelle im europäischen Vergleich. Dieser Vergleich zeigt bereits, dass die Verwundbarkeit der Haushalte in Liechten-
stein das Hauptrisiko in Bezug auf die Hypothekarverschuldung darstellt. Im Durchschnitt aller EWR-Länder sowie der Schweiz liegt diese Quote bei etwas mehr als 100 %. Besonders hoch liegt die Schuldenhöhe relativ zum Einkommen in Ländern, in denen es gewisse steuerliche Anreize gibt, die Hypotheken nicht zurückzuzahlen. Umso überraschender ist es, dass auch
Liechtenstein – ein Land, in dem es solche steuerli-
chen Anreize so gut wie gar nicht gibt – im Ländervergleich ganz vorne zu finden ist.
Das Risikobewusstsein der Hypothekarschuldner soll gestärkt werden.
FOKUS FMA-Geschäftsbericht 2021 13
Als moderat werden hingegen die Verwundbarkeit des Pfandes und die Finanzierungsverwundbarkeit eingestuft. Die Entwicklung der Immobilienpreise ist ein wichtiger Indikator für die Verwundbarkeit des Pfandes. Eine Schätzung von Bodenpreisen auf Basis von Expertengutachten zeigt einen fast stetigen Preisanstieg seit Mitte der 1970er-Jahre, jedoch hat die Preisdynamik seit der Jahrtausendwende deutlich nachgelassen. Die Zunahme der Bodenpreise ist mit den speziellen Charakteristiken des liechtensteinischen Immobilienmarktes begründbar. Grund und Boden ist in Liechtenstein ein knappes Gut. Verfügbare Zahlen zur Leistbarkeit deuten darauf hin, dass die Immobi-
lienpreise in Liechtenstein – relativ zum Einkommen –im internationalen Vergleich eher im teuren Bereich liegen. Hinsichtlich der Finanzierungsverwundbarkeit ist insbesondere die gute Kapitalausstattung der Banken ein wichtiger Indikator für ein vergleichsweise geringes Risiko. Der hohe Anteil an Fixzinskrediten impliziert für die Banken jedoch Risiken im Falle eines Zinsanstiegs.
Mögliche Massnahmen zur Adressierung der Risiken beinhalten die Verbesserung der Datenverfügbarkeit, die Einführung von kreditnehmerbasierten Massnahmen sowie die Stärkung des Risikobewusstseins in der Bevölkerung. Die FMA ist bemüht, das Verständnis für die Risiken bei den Kreditnehmern durch eine offene
und transparente Kommunikation zu fördern. In diesem Sinne hat die FMA ihre Erkenntnisse im Oktober
an einer öffentlichen Veranstaltung vorgestellt und in einem Bericht publiziert.
VERWUNDBARKEITEN IM HYPOTHEKARMARKT
Zur Beurteilung möglicher Stabilitätsrisiken im Immobilien- und Hypothekarmarkt werden drei Faktoren berücksichtigt: die Verwundbarkeit der Haushalte (household stretch), die Verwundbarkeit des Pfandes (collateral stretch) und die Finanzierungsverwundbarkeit (funding stretch). Die Verwundbarkeit der Haushalte berücksichtigt die Ausfallwahrscheinlichkeit eines Kreditnehmers. Die Verwundbarkeit des Pfandes berücksichtigt Preisindikatoren für Immobilien, welche zur Besicherung der Schulden verwendet werden. Die Finanzierungsverwundbarkeit berücksichtigt das Risiko in Verbindung mit Kreditindikatoren. Besonders die Verwundbarkeit der Haushalte wird in Liechtenstein als vergleichsweise hoch eingestuft.
Öffentlicher Sektor
Ö�entlicher Sektor Nichtfinanzielle
Nicht�nanzielle Unternehmen Unternehmen
Private Haushalte Private Haushalte
Grafik 2
Sektorale Verschuldung (Prozent des BIP)
Quellen: ESRB, BIZ, Amt für Statistik, FMA, SNB, Bundesamt für Statistik. 400
300
200
100
0
Y C L U R G E B H C T P L N R F T I S E D K E S E I I F A T T M D E R H I L U H K S I S L P E E G B Z C L V L T O R