medical fitness and healthcare 01/16

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Damit der Muskelproteinabbau kein lebensgefährliches Niveau erreicht, muss die katabole Wirkung des Cortisols nach einer gewissen Zeit begrenzt werden. Diese Aufgabe kommt im Hungerstoffwechsel dem Wachstumshormon zu. Es schützt Muskel- und andere Proteinstrukturen vor dem übermäßigen Abbau durch Cortisol. Zudem sinkt der Cortisolspiegel mit der Dauer des Hungerns wieder moderat ab. Zu begründen ist diese Beobachtung mit der Umstellung des Gehirns von Glucosenutzung auf Ketonkörpernutzung. Dadurch bedarf es weniger Proteine bzw. weniger Aminosäuren zur Bildung von Glucose in der Leber, die anschließend der Versorgung des Gehirns dient. Im Resultat wird lediglich so viel Muskulatur abgebaut, wie zum sparsamen Umgang mit den körpereigenen Fettdepots notwendig ist, ohne aber den vorzeitigen Tod durch Organ- und Gewebefunktionsstörungen zu bewirken. Gesundheitliche Folgen des Muskelabbaus Der Muskelmasseabbau zum Schutz der körpereigenen Fettdepots bedeutet gleichzeitig eine geringere Effektivität der Reduktionsdiät. Das erzeugte Energiedefizit erweist sich nun weniger einflussnehmend auf die Körperfettreduktion. Auch dadurch bedingt, verlangsamt sich die Körperfettreduktion und mündet in eine Plateauphase.

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Umgangssprachlich wird diese Situation als „Stoffwechselverlangsamung“ bezeichnet. Die Stoffwechselverlangsamung an sich stellt vorerst kein gesundheitliches Risiko dar. Problematisch erweist sich jedoch der häufig darauf folgende Wiederaufbau der reduzierten Körpermasse. Denn nach Abbruch der Reduktionsdiät und mit dem Rückfall in alte Essverhaltensmuster wächst vor allem das Fettgewebe rasch und deutlich an.

Viszerales Fettgewebe

Es konnte beobachtet werden, dass die Körpergewichtsreduktion und der Wiederaufbau zu einer ungünstigen Umverteilung des Körperfettgewebes beitragen. Dabei kommt es zur Verringerung des Unterhautfettgewebes (subkutanes Fettgewebe) und zu einem Zuwachs an Innenbauchfettgewebe (viszerales Fettgewebe). Das Innenbauchfettgewebe weist eine hohe Stoffwechselaktivität auf und fördert die Entstehung von Fettstoffwechselstörungen und Diabetes mellitus Typ 2 mit der möglichen Spätfolge von Hirnschlag und Herzinfarkt. Der Wiederzuwachs an Fettgewebe und dessen ungünstige Umverteilung sind desto stärker ausgeprägt, je mehr Muskelmasse u. a. als Folge der Reduktionsdiät verloren gegangen ist. Weiterhin gesundheitlich kritisch zu sehen ist es, wenn verloren gegangene Muskelmasse im Anschluss an eine Reduktionsdiät nicht wieder aufgebaut wird. Nicht selten bedingt das wiederholte Durchführen von Reduktionsdiäten einen zunehmenden Muskelmasseabbau im Verlauf der Jahre. Der Aufwand, überdurchschnittlich entwickeltes Fettgewebe reduzieren zu wollen, erweist sich dadurch als zunehmend größer bei gleichzeitig abnehmendem Erfolg. In der Regel geht diese Situation anstatt einer Körperfettreduktion mit ständig wachsendem Fettgewebe einher, wodurch das Risiko für übergewichtsbedingte Erkrankungen weiter zunimmt, bzw. sich der Schweregrad bereits bestehender Erkrankungen weiter ausprägt. Im Seniorenalter unterliegt der Organismus des Menschen verstärkt katabolen Prozessen. Letzten Endes bedingt diese Katabolie den Verbrauch der körperlichen Reserven und Funktionsstörungen der Organe, welche zum Tod führen. Insbesondere in dieser Altersgruppe erhöht der diätbedingte Abbau von Skelettmuskulatur das Risiko des vorzeitigen Ablebens. Neben ungünstigen Einflüssen auf

Insulinresistenz Muskelzellen

Diabetes mellitus Typ 2

Triglycerid und Cholesterinbildung

Fettstoffwechselstörung

FFS

Glc

© DHfPG/BSA Abbildung 2: Das viszerale Fettgewebe ist vergleichsweise stoffwechselaktiv. Bei Stress (Adrenalin, Cortisol) werden die gespeicherten Triglyceride rasch mobilisiert und zu Glycerol und freien Fettsäuren (FFS) gespalten. Die freien Fettsäuren stören den Insulinrezeptor an den Muskelzellen, wodurch Insulinresistenz und als Spätfolge Diabetes mellitus Typ 2 bedingt werden. Die nun nicht mehr von den Muskelzellen aufgenommene Blutglucose (Glc) wird zusammen mit den freien Fettsäuren zur Triglycerid- und Cholesterinsynthese in der Leber verwendet. Von der Leber ins Blut abgegeben, steigen der Cholesterin- und Triglyceridspiegel im Blut an, wodurch Fettstoffwechselstörungen und langfristig Hirnschlag und Herzinfarkt begünstigt werden.

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