Finisher Magazin #69

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FINISHER: Auf einem Zettel, der vor uns liegt, stehen ganze elf Weltrekorde. Hab ich da richtig gezählt? Und das ist während dieser 24 Stunden passiert? Strasser: „Die magische Zahl ist, wie viel du in 24 Stunden schaffst und wie viel du in einer Stunde bei den Profis schaffst. Ich hab wenig Wert auf die Rekorde gelegt, die ich auf meinem Weg dorthin mitgenommen habe. Aber ich hab tatsächlich in elf Kategorien neue Weltrekorde aufgestellt, in denen ich auch offiziell eingetragen bin. Wobei man dazusagen muss, dass es die 100er-, 200er- und 500er-Kategorien jeweils in Kilometern und Meilen gibt. Aber es gibt schon immer wieder Leute, die den 6- oder 12-Stunden-Rekord brechen wollen.“

Die Nahrungsaufnahme auf der Bahn stellte das Betreuerteam vor eine große Herausforderung. 69 von 70 Flaschen traf Strasser bei der Rückgabe in den dafür vorgesehenen Korb, eine landete jedoch an einer sehr ungünstigen Stelle unterhalb der Gürtellinie des Betreuers …

wir bei 41,7 km/h gewesen. Wenn ich meine Leistung von 250 Watt wie auf dem 24-Stunden-Ergometer bringe, ergibt das einen Schnitt von 42,2 km/h. Deswegen habe ich ja still und leise geträumt, dass der 1000er nicht komplett utopisch ist. Er ist zwar fast unrealistisch, aber wenn alles passen würde, wäre es vielleicht sogar irgendwie möglich. Mit einer Scheibe vorne wäre sicher noch einiges gegangen, aber da hab ich mich ehrlich gesagt nicht drübergetraut und war ein bisschen nachlässig, dass ich da alle Hebel in Bewegung setze. Keine Ahnung, wie viel das noch bringt. Da hab ich einfach vorm Steuern Angst gehabt. Das war das Gleiche mit dem Leerlauf. Da hab ich Schiss gehabt, dass man in einem schwachen Moment falsch reagiert. In Stresssituationen fällst du nämlich in dein unterbewusstes Handeln zurück. Wenn du zehn Jahre mit dem Straßenrad fährst, reagierst du halt auch wie ein Straßenradfahrer. Und da spielte die Angst, dass ich mit der Scheibe vorne ein träges Laufrad habe und mich versteuere, eine große Rolle. Da wollte ich gleich wie mit dem Leerlauf auf Nummer sicher gehen.“ FINISHER: Wir wissen ja, dass du ein sehr akribischer Vorbereiter bist. Man müsste doch auch die eigenen Erfahrungen, die du bei

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diesem ersten Versuch gesammelt hast, und die Ratschläge von ausgewiesenen Bahnspezialisten in einem weiteren Versuch umsetzen. Ich meine, da sind doch noch Evolutionsstufen möglich. Strasser: „Im Nachhinein kann man sagen, dass ein Fixie besser gewesen wäre. Denn wenn sich die Kette ohne Schaltwerk dreht, hast du weniger Kettenreibung. Tipps waren unter anderem, den Hornlenker komplett wegzulassen und nur mit dem Aufleger zu fahren. Ich weiß nicht genau, ob das erlaubt ist, aber es gelten zumindest keine UCI-Regeln bei dem 24-Stunden-Rekord. Bei der UCI zum Beispiel ist es nicht erlaubt, dass du ein Powermeter verwendest. Das darfst du zwar zum Aufzeichnen verwenden, aber du darfst deine Daten nicht einblenden und dich so kontrollieren.“ FINISHER: „Sag niemals nie“ kann ich da ein bisschen raushören ... Strasser: „Sag niemals nie. Das Ganze war zwar ein lustiger Prozess – angefangen bei der Möglichkeit, Bahnerfahrung zu sammeln über das ganze Oberkörpertraining bis hin zur Radumstellung und der ganzen Mitorganisation –, eine schöne Geschichte, aber rein der Fahrgenuss ist im Freien schon wesentlich geiler.“

FINISHER: Wie viele Rekordversuche werden da im Schnitt probiert? Strasser: „Das hat es in den letzten Jahren jetzt öfters gegeben. Valerio Zamboni, der schon über 60 Jahre alt ist, war einer davon. Zwei Frauen haben es auch probiert. In der allgemeinen Herrenwertung ohne Altersklasse war ich jetzt der Erste seit sieben Jahren. Aber solche Sachen wie 1000-Kilometer- und 12-Stunden-Rekordversuche hat es jetzt wieder öfter gegeben.“ FINISHER: Den 24-Stunden-Weltrekord stellte Marko Baloh im Jahr 2010 auf. Wie weit hast du den jetzt übertroffen? Strasser: „Genau um 38 Kilometer. Wenn die Menschen, die theoretisch eine realistische Chance auf einen Rekord haben, so einen Versuch in Angriff nehmen, dann bekommt man so was auch mit. So was geht man nur dann an, wenn man sich zu mehr als 50 Prozent sicher ist, dass es auch gelingt.“ FINISHER: Im Vorhinein haben dir Radsportler aus anderen Kategorien alles Gute gewünscht, was wirklich sehr aufmerksam und nett ist, finde ich. Wie viel Feedback hast du denn da jetzt im Nachhinein bekommen? Strasser: „Ganz besonders nett hat sich der Stefan Denifl gemeldet und mir persönlich gratuliert. Außerdem


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