Filmpodium Programmheft Januar/Februar 2021 // Programme issue january/february 2021

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1. Jan. –15. Feb. 2021

STUMMFILMFESTIVAL 2021 DÜRRENMATT IM KINO


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21. 1. – 28. 2. 21

T H E AT E R H E C H T P L AT Z . C H

Über 90 Prozent des Filmpodium-Programms finden Sie nicht bei Netflix, sondern nur in diesem Kino.

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01 Editorial

Deuxième Vague Gabriel García Márquez schrieb von «Liebe in den Zeiten der Cholera»; uns beim Filmpodium beschäftigt Cinephilie in den Zeiten von Corona: Unter welchen Bedingungen dürfen Kinos noch Filme zeigen? Dürfen Filmschaffende zu Besuch kommen? Darf Live-Musik gespielt werden? Wie viel Aufwand soll oder darf man treiben, wenn höchstens 50 Personen anwesend sein dürfen – und auf die Gefahr hin, dass wegen eines plötzlichen Lockdown alles für die Katz war? Wenn unser Publikum einen Kaffee oder ein Glas Wein nur noch im Saal auf nummerierten Sitzplätzen mit Contact Tracing trinken darf, wie gastlich ist unser Kino dann noch? Das Filmbuff-Quiz von Ende Oktober haben wir vertagt, bis wieder mehr Gäste mitraten können. Auch das 5th Arab Film Festival im November war von der zweiten Welle der Pandemie bzw. von den Ende Oktober da­ gegen ergriffenen Massnahmen heftig betroffen. Der lebhafte Austausch mit Filmschaffenden aus arabischen Ländern – eines der Hauptziele dieser interkulturellen Veranstaltung – war stark eingeschränkt, weil viele Gäste aus Europa und dem arabischen Raum höchstens via Internet teilnehmen konnten. Der 90. Geburtstag des Nouvelle-Vague-Mitbegründers Jean-Luc ­Godard im Dezember konnte unmöglich mit einem Besuch des Jubilars gefeiert werden – selbst wenn der maître gewillt gewesen wäre, seine Zigarren einzupacken und vom Genfer- an den Zürichsee zu fahren. Dafür wird eine kleine zweite Welle von JLG 90 mit mehreren Nachträgen zu unserer GeburtstagsRetrospektive im Januar/Februar-Programm zu spüren sein. Auch wird für einmal ein Geburtstag nach dem Todestag gefeiert: Friedrich Dürrenmatt, dem wir im Dezember zum 30. Todestag zwei Porträts widmeten, wird in diesem Programm zum 100. Geburtstag mit einer Auswahl von Verfilmungen seiner Werke gewürdigt. Und Ulrike Ottinger, die im letzten Frühjahr den Pink Apple Festival Award entgegennehmen sollte, will dies Anfang Januar hier nachholen. Ach ja, noch ein Rückkehrer: Das ursprüngliche Filmpodium-Logo, einst von Ralph Schraivogel gestaltet, gelangt zurück in unser Erscheinungsbild. Dies, weil die Stadt Zürich ihren Kulturinstitutionen wieder mehr Eigenständigkeit in Sachen Corporate Identity zugestanden hat. Wir hoffen, Sie freuen sich über diese zweite Welle ebenso wie wir. Michel Bodmer

Titelbild: Le fantôme du Moulin Rouge von René Clair


02 INHALT

Stummfilmfestival 2021

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Das Stummfilmfestival 2021 wartet mit vielen Restaurierungen auf. Es bietet Musketier-Action mit Douglas Fairbanks, einen Jugendkrimi mit Mary Pickford, einen surrealistischen Spuk von René Clair, ein Gefängnisdrama und ein Science-Fiction-Spektakel aus der Sowjetunion, ein selbstreflexives Kabinettstück von Buster Keaton, eine nautische Romanze mit Greta Garbo, gruselige Parabeln mit Conrad Veidt, einen Serienmörderkrimi von Alfred Hitchcock, von Ernst Lubitsch einen Historienschinken, einen dramatischen Heimatfilm aus Schweden und andere Entdeckungen sowie ein spezielles Slapstick-Programm für Familien. Die Vorführungen werden grossmehrheitlich von Schweizer Musikern live begleitet. Bild: The Lodger

Dürrenmatt im Kino

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Zum 100. Geburtstag Friedrich Dürrenmatts am 5.1.2021 zeigt das Filmpodium die besten Verfilmungen seiner Stoffe. Mehrfach adaptiert wurden «Das Versprechen» (u. a. von Ladislao Vajda als Es geschah am hellichten Tag, 1958, und von Sean Penn als The Pledge, 2001) und «Der Besuch der alten Dame»: 1959 von Ludwig Cremer mit Elisabeth Flickenschildt für den SWR; 1964 von Bernhard Wicki mit Ingrid Bergman als The Visit und 1992 im Senegal von Djibril Diop Mambéty als Hyènes. Dürrenmatts andere Novellen, Stücke und Romane inspirierten aber ebenfalls Filmschaffende in aller Welt, darunter Kurt Hoffmann (Die Ehe des Herrn Mississippi, 1961), Ettore Scola (La più bella serata della mia vita, 1972) und Maximilian Schell (Der Richter und sein Henker, 1975). Bild: Der Richter und sein Henker


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© Gaumont

Ulrike Ottingers Kino der Attraktionen

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Reeditionen

L’amore molesto 34 Für ihre grossen Verdienste um schwul- La vida es silbar 35 lesbisches Filmschaffen erhält Ulrike Dersu Usala 36 Ottinger den Pink Apple Festival ­ Award 2020 – mit pandemiebedingter Verspätung. Sie wird persönlich ihre Filmpodium für Kinder: 43 Filme kommentieren und ihren Preis Ailos Reise entgegennehmen. Als Premiere zu sehen ist zudem ihr In den Wäldern Lapplands begleiten jüngstes Werk: der autobiografische wir das Rentier Ailo während seiner Film-Essay Paris Calligrammes. ersten Lebensjahre. Ein Dokumentarfilm mit vielen eindrücklichen Aufnahmen und Tierbegegnungen. JLG 90 neuf zéro: un supplément 39 Bild: Ailos Reise Wir feiern JLG weiter, und zwar mit einem kleinen Supplément zur gros­sen Einzelvorstellung Geburtstags-Dezember-Reihe des Meis­ ters. Zum Wiedersehen gibt’s Klassi- Sélection Lumière: ker wie Bande à part und zum Entde- Lacombe Lucien cken Raritäten wie das Destillat aus Godards Opus magnum, die Moments choisis des histoire(s) du cinéma. Bild: Bande à part

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Stummfilmfestival 2021 Filmfestivals und Pandemien vertragen sich schlecht. Auch für unser Stummfilmfestival 2021 mussten wir Kompromisse eingehen. ­Trotzdem: Wenn das Filmpodium-Kino im Januar/Februar offen bleibt, gibt es viel Sehens- und Hörenswertes zu geniessen. Der 2020 emeritierte Kurator des Stummfilmfestivals, Martin Girod, hat uns Tipps und Empfehlungen hinterlassen, die wir für 2021 gerne als Grundlage verwendeten. Auf seiner Liste figurierten Raritäten aus aller Welt; auch stand uns die ganze Palette internationaler Stars der Stummfilmmusik zur Verfügung. Es sah so aus, als könnte das Stummfilmfestival wie gehabt gestaltet werden. Die zweite Welle von Covid-19 stellte dann alles infrage: Soll man für viel Geld fragile 35-mm-Archivkopien aus Übersee einführen, wenn sie womöglich nicht gezeigt werden können? Darf man Musikerinnen und Musiker aus dem Ausland verpflichten, die durch nicht vorhersehbare Quarantänevorschriften blockiert werden und für das ausgefallene Engagement nicht entschädigt werden können? Aufgrund solcher Überlegungen haben wir das Stummfilmfestival neu konzipiert, mit Filmen, die in digitaler Form vorliegen, und mit Musikern aus der Schweiz, die nicht Quarantäneregeln unterworfen sind. Aus der Corona-Not hat sich ein schönes Programm ergeben, das mit besonders vielen Restaurierungen in hervorragender Bildqualität aufwartet; gleichzeitig bieten wir zahlreichen hiesigen Musikern die Möglichkeit zu LiveAuftritten und zur – mitunter erstmaligen – Auseinandersetzung mit dem Medium Stummfilm. Einzelne Filme zeigen wir mit Tonspur, sei es, weil sie nur so gezeigt werden dürfen – Little Annie Rooney (1925) etwa wurde von der Mary Pickford Foundation restauriert und neu vertont, ist aber nur mit dieser Musik verfügbar –, sei es, weil neue Soundtracks die erhaltene Originalmusik hörbar machen – wie bei Mauritz Stillers Das Lied von der roten Blume (1919) – oder hervorragend zum Film passen, aber nicht live aufgeführt werden könnten – wie Neil Brands wunderbar retrofuturistische Vertonung von Wassili Schurawljows Science-Fiction-Spektakel Kosmische Reise (1936). David Wark Griffiths komplexes Epos Intolerance (1916) und Buster Keatons raffinierte Kino-Reflexion Sherlock Jr. (1924) zählen zu den wegweisenden Werken, die Mark Cousins in seiner Dokumentarfilm-Serie The Story of Film: An Odyssey (2011) thematisiert. Diese filmhistorische Betrachtung < >

Aussen grotesk, innen edel: The Man Who Laughs Scheinheilig und korrupt: Tartüff


06 dient ab dem Februar/März-Programm als roter Faden für eine neue Reihe mit kanonischen und weniger kanonischen Meilensteinen des Kinos. Die Stummfilmfestivals von Bonn und Pordenone konnten 2020 nur online stattfinden. Einige Höhepunkte aus ihren Programmen zeigen wir mit Live-Musik. Dazu gehören zwei neue Restaurierungen des Filmmuseums München: Georg Wilhelm Pabsts Sittengemälde Abwege (1928) mit Brigitte Helm und Henrik Galeens Gruselparabel Der Student von Prag (1926), die Werner Krauss und Conrad Veidt, das Alptraum-Team aus Das Cabinet des Dr. Caligari wiedervereint. Veidt spielt auch die groteske Titelfigur in Paul Lenis The Man Who Laughs (1928), die Batmans Erzfeind Joker als Vorbild diente. Neues für Auge und Ohr In The Three Musketeers (1921) zeigt Douglas Fairbanks, was man in vor­ digitalen Zeiten an Stunts und Fechtkunst draufhaben musste, um das Publikum zu begeistern. Schlagkräftig war auch Fairbanks’ damalige Gattin Mary Pickford, was sie mit 32 Jahren als zwölfjährige Heldin von Little Annie Rooney bewies. René Clairs zweiter Spielfilm Le fantôme du Moulin Rouge (1925) knüpft mit seinem Protagonisten, der als körperloser Geist durch Paris irrt, an seinen fantastischen Spielfilmerstling Paris qui dort an, bietet aber auch dadaistische Spielereien wie sein Kurzfilm Entr’acte. Greta Garbos später Stummfilm The Single Standard (1929) nach dem Roman von Adela Rogers St. Johns schildert, was geschieht, wenn sich eine Frau die gleichen sexuellen Freiheiten nimmt wie ein Mann. Traditioneller sind die Geschlechterrollen in Maurice Tourneurs The Broken Butterfly (1919), dessen Inszenierung wie eine Folge komponierter Gemälde anmutet. Nicht fehlen darf auch dieses Jahr ein Slapstick-Programm für die ganze Familie. Dazu gehört auch ein Film des brillanten Komikers und genialen Animationsfilmers Charley Bowers, dessen Werk im Filmpodium noch nie zu sehen war. Unser grossartiges «Hausmusiker»-Trio André Desponds, Alexander Schiwow und Martin Christ erhält Zuwachs: Theremin-Meister Wieslaw ­Pipczynski ist nach rund zehn Jahren erstmals wieder bei uns zu Gast. Der Jazzpianist Ephrem Lüchinger und der Saxofonist Neal Sugarman haben unlängst in der Louise-Brooks-Reihe ihren Einstand gegeben. Der Pianist Richard Octaviano Kogima gibt sein Debüt als Stummfilmmusiker ebenso wie das Duo Marco Santilli (Klarinette) und Ivan Tibolla (Piano , Akkordeon). André Desponds tritt nicht nur solo auf, sondern auch im Trio mit Samuel Messerli (Perkussion, Trompete) und Nehrun Aliev (Perkussion, Klarinette, Akkordeon). So werden Sie also an diesem Festival nicht nur viel Neues zu sehen, sondern auch zu hören bekommen. Michel Bodmer


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Stummfilmfestival

INTOLERANCE USA 1916 Anhand von vier Episoden aus unterschiedlichen Zeiten versucht Griffith, die Intoleranz als altes und universelles Problem darzustellen: Neben die amerikanische Gegenwart (in der ursprünglich als eigenständiges Werk konzipierten, eher realistischen Episode The Mother and the Law) treten Beispiele aus dem alten Babylon, der Leidensgeschichte Christi und der französischen Hugenottenverfolgung. Diese vier Ebenen werden parallel montiert und durch die leitmotivisch eingesetzte Figur einer ihr Kind wiegenden Mutter verbunden. «D. W. Griffiths epische Verherrlichung der Möglichkeiten des Mediums Film – vielleicht der grösste Film aller Zeiten und der grösste Irrwitz der Filmgeschichte. Er strotzt vor visionärer Begeisterung über die Macht des Films, Musik, Tanz, Erzählung, Drama, Malerei und Fotografie zu kombinieren – um alleine das zu leisten, was alle anderen Künste getan hatten.» (Pauline Kael, 5001 Nights at the Movies, Henry Holt 1991)

«Vor dem lyrisch-epischen Hintergrund einer stimmungsvollen Naturszenerie spielen sich eine brillant verfilmte, aufregende Fahrt durch Stromschnellen und eine Reihe einfacher, konfliktgeladener Liebesszenen ab. Das ist Urkraft und Weichheit, Leidenschaft und Wehmut in einer seltsam nordischen (für den ausländischen Zuschauer exotischen) Mischung.» (Gösta Werner: Die Geschichte des schwedischen Films, Deutsches Filmmuseum 1988) Mauritz Stiller hat den Roman «Laulu tulipunaisesta kukasta» des finnischen Autors Johannes Linnankoski mit dem späteren Superstar Lars Hanson in einer frühen Rolle adaptiert. Gezeigt wird eine restaurierte Fassung des Films, vertont mit der einzigen erhaltenen Partitur eines schwedischen Stummfilms. Diese wurde für ein volles Symphonieorchester neu arrangiert und passt gut zu den prachtvollen Bildern. 101 Min / tinted + toned / DCP / Stummfilm mit Musik, schwed Zw’titel/e // REGIE Mauritz Stiller // DREHBUCH Mauritz Stiller, Harald B. Harald, nach dem Roman «Laulu tulipanaisesta kukasta» von Johannes Linnankoski // KAMERA Ragnar Westfelt // MUSIK Armas Järnefelt // SCHNITT Tom Bret // MIT Lars Hanson (Olof Koskela), Greta Almroth (Annikki),

168 Min / tinted / DCP / stumm, e Zw’titel/d // DREHBUCH,

Lillebil Christensen (Elli), Louise Fahlman (Olofs Mutter),

REGIE, SCHNITT David Wark Griffith // KAMERA G. W. [Billy]

Axel Hultman (Olofs Vater), Edith Erastoff (Kyllikki), Hjalmar

Bitzer, Karl Brown // MIT Lillian Gish (die Frau an der Wiege),

Peters (Kyllikkis Vater), John Ekman (Chef der Flösser).

Mae Marsh (das Mädchen), Fred Turner (ihr Vater), Robert Harron (der Junge), Howard Gaye (der Nazarener), Lillian Langdon (Maria), Olga Grey (Maria Magdalena), Margery ­Wilson («Brown Eyes»), Eugene Pallette (Prosper Latour), Spottiswoode Aitken («Brown Eyes»’ Vater), Constance ­Talmadge (das Mädchen aus den Bergen), Elmer Clifton (der Rhapsode). FR, 12. FEB. | 19.30 UHR LIVE-BEGLEITUNG: ANDRÉ DESPONDS, ZÜRICH (PIANO)

DAS LIED DER ROTEN BLUME (Sången om den eldröda blomman) Schweden 1919

Olof, Holzfäller und Erbe eines Gutshofs, lässt die Nachbarstochter Annikki ausser Acht und verliebt sich in die Magd Elli. Sein Vater verbietet ihm diese unstandesgemässe Beziehung und bricht mit ihm, weil Olof seiner züchtigenden Gewalt trotzt. Also geht Olof unter die wandernden Holzfäller. Als er der stolzen Gutsherrentochter Kyllikki begegnet, verliebt er sich; sie aber will sich nicht einfach einem Vagabunden hingeben, sondern verlangt Beweise, dass es ihm ernst ist. Als Olof von einer Wette hört, dass niemand auf einem Baumstamm durch die örtlichen Stromschnellen hinunterfahren könne, meldet er sich.

GREATER LOVE HATH NO MAN USA 1911 In einem Goldgräberkaff in New Mexico steht die junge Florence ihren Mann. Jake verehrt sie, aber Florence verliebt sich in Harry, den neu zugezogenen Aufseher. Das gefällt Jake gar nicht, doch dann kriegt er mit, dass unzufriedene Goldgräber seinem Rivalen Harry ans Leder wollen. Alice Guy-Blaché, die als Sekretärin bei Gaumont begann und in den USA zur ersten bedeutenden Filmemacherin aufstieg, drehte diesen Dreiecks-Western in New Jersey. Später lautete ihr Wahlspruch: «Be natural!» Hier wirkt der Schauspielstil noch recht theatralisch.

THE BROKEN BUTTERFLY USA 1919 Marcene wächst bei ihrer lieblosen Tante Zabie in der Wildnis Kanadas auf. Darrell Thorne, ein europäischer Musiker auf der Suche nach Inspiration in der Natur, verliebt sich in Marcene und schreibt eine Symphonie über sie. Als er nach Europa zurückkehrt, um sein Werk aufzuführen und Ruhm zu ernten, traut sich Marcene nicht mitzugehen. Bald darauf bringt sie Darrells uneheli-


> Das Lied der roten Blume.

> Forbidden Paradise.

> Intolerance.

> The Three Musketeers.


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Stummfilmfestival ches Kind zur Welt, und Tante Zabie freut sich über Marcenes Schande. Als sie den Grund für die Bosheit ihrer Tante erfährt und Darrell nicht wie versprochen zurückkommt, beschliesst Marcene, zusammen mit ihrem Kind in den Tod zu gehen. Darrell kehrt nach Kanada zurück und weiss nicht, was ihn erwartet. Maurice Tourneur, 1873 in Belleville als Maurice Thomas geboren, war Grafiker und Künstler, bevor er zum Theater ging. Zum Film fand er 1911, und 1914 zog er in die USA, wo er in New Jersey eine eigene Produktionsfirma gründete. The Broken Butterfly zählt zu Tourneurs cineastisch ambitionierten Phase, bevor er nach Hollywood ging und sich mehr dem Unterhaltungskino zuwandte. In den malerischen Bildkompositionen und der Lichtführung (Kamera: René Guissart) ist Tourneurs künstlerische Ausbildung spürbar. In den französischen Zwischentiteln der restaurierten Fassung sind die Namen der Figuren teilweise geändert.

Produzent und Star Douglas Fairbanks, mit 38 für die Rolle des jungen Heisssporns eigentlich zu alt, ist akrobatisch aber in Topform. Abseits des lustvollen Fechtgetümmels lässt Regisseur Niblo etwas mehr Subtilität walten; Nigel De Brulier brilliert als intriganter Richelieu. 107 Min / Farbe + sw / DCP / stumm, e Zw’titel // REGIE Fred Niblo // DREHBUCH Edward Knoblock, Lotta Woods, Douglas Fairbanks, nach dem Roman von Alexandre Dumas // ­KAMERA Arthur Edeson // SCHNITT Nellie Mason // MIT ­Douglas Fairbanks (D’Artagnan), Adolphe Menjou (Ludwig XIII.), Mary MacLaren (Anna von Österreich), Nigel De Brulier (Kardinal Richelieu), Léon Bary (Athos), George Siegmann (Porthos), Eugene Pallette (Aramis), Marguerite De La Motte (Constance), Barbara La Marr (Lady De Winter), Boyd Irwin (Rochefort). FR, 15. JAN. | 18.00 UHR LIVE-BEGLEITUNG: ANDRÉ DESPONDS, ZÜRICH (PIANO), NEHRUN ALIEV, WINTERTHUR (PERKUSSION, AKKORDEON)

GREATER LOVE HATH NO MAN 17 Min / tinted / Digital HD / stumm, e Zw’titel // REGIE Alexander Butler, Alice Guy-Blaché // DREHBUCH Rowland Talbot // MIT Vinnie Burns (Florence), Romaine Fielding (Jake),

THE GOAT

Ed Brady (Cowboy / Mexikaner).

USA 1921

THE BROKEN BUTTERFLY

Buster wird mit einem Sträfling verwechselt und trifft beim Glückswurf mit einem Hufeisen versehentlich einen Polizisten, der sich zu allem Überfluss auch als der Vater seiner Angebeteten entpuppt. Die resultierende Verfolgungsjagd erstreckt sich folgerichtig bis ins traute Heim.

58 Min / tinted / DCP / stumm, e Zw’titel/d // REGIE Maurice Tourneur // DREHBUCH H. Tipton Steck, Charles E. Whittaker, nach dem Roman «Marcene» von Penelope Knapp // KAMERA René Guissart // MIT Lew Cody (Darrell Thorne), Pauline Sparke (Marcene Elliot), Mary Alden (Zabie Elliot).

SHERLOCK JR. USA 1924

DO, 28. JAN. | 18.00 UHR LIVE-BEGLEITUNG: RICHARD OCTAVIANO KOGIMA, WINTER­THUR ­(PIANO)

THE THREE MUSKETEERS USA 1921 Der streitbare junge Gascogner D’Artagnan hofft in Paris sein Glück zu machen, wird aber nur schon wegen seines Gauls ausgelacht. In der Hauptstadt rauft er sich bald mit drei Musketieren im Dienste des Königs Ludwig XIII. zusammen. Athos, Porthos und Aramis nehmen ihn unter ihre Fittiche. Gemeinsam wollen sie verhindern, dass Kardinal Richelieu und seine Komplizin Lady De Winter die Königin Anna von Österreich blossstellen, die sich mit dem Herzog von Buckingham eingelassen hat.

«Keatons dritter langer Film unter seiner vollen Kontrolle ist nicht nur eine unglaubliche technische Leistung, sondern auch eine fast pirandellohafte Studie über das Wesen der filmischen Realität. Buster spielt einen Filmvorführer, der von einem eifersüchtigen Rivalen bei seinem Mädchen als Dieb verleumdet wird und sich in die Existenz eines kühnen Detektivs hineinträumt. In einer unvergesslichen Sequenz drängt sich Buster (eigentlich neben dem Projektor schlafend) auf die Leinwand und in den Film hinein, den er gerade vorführt, nur um sich in lauter Gefahren und Zwangslagen wiederzufinden, als sich die Schauplätze durch rasche Montage ändern. Die Sequenz ist nicht nur ein Gag, sondern erfasst auch erstaunlich treffend die Interaktion zwischen der Filmrealität und der Fantasie des Publikums. Das Timing ist fantastisch (ein technisches Wunderwerk in der Tat), und dies sogar noch mehr in der grossen Verfolgungsjagd, einer wahrhaften Kaskade von unglaublich komplexen Gags, so etwa


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Stummfilmfestival dem Augenblick, in dem Buster auf dem Lenker eines führerlos dahinrasenden Motorrads an Grabenarbeiten vorbeikommt und von jedem der selbstvergessenen Arbeiter eine Schaufel Erde ins Gesicht bekommt.» (Tom Milne, Time Out Film Guide)

dem Stück von Melchior Lengyel, Lajos Biró // KAMERA Charles Van Enger // MIT Pola Negri (Katharina), Rod La Rocque (Hauptmann Alexei Czerny), Adolphe Menjou (Kanzler), Pauline Starke (Anna), Fred Malatesta (Französischer Botschafter), Nick De Ruiz (General), Carrie Daumery (Hofdame). SA, 23. JAN. | 20.45 UHR

THE GOAT

LIVE-BEGLEITUNG: MARTIN CHRIST, LIGERZ (PIANO)

23 Min / sw / DCP / stumm, e Zw’titel // DREHBUCH UND ­REGIE Buster Keaton, Malcolm St. Clair // KAMERA Elgin Lessley // MIT Buster Keaton (der Sündenbock), Joe Roberts (Polizeichef), Virginia Fox (seine Tochter), Malcolm St. Clair (Dead Shot Dan), Edward F. Cline (Polizist), Jean C. Havez.

SHERLOCK JR. 45 Min / sw / DCP / stumm, e Zw’titel // REGIE Buster Keaton // DREHBUCH Clyde Bruckman, Jean C. Havez, Joseph A. Mitchell // KAMERA Elgin Lessley, Byron Houck // MIT Buster Keaton (Filmvorführer/Sherlock Jr.), Kathryn McGuire (Ruth, seine Verlobte), Joe Keaton (ihr Vater), Ward Crane (der Rivale), Jane Connelly (Schokoladenfräulein), Erwin Connelly (Gehilfe), George Davis (Kinoheld). SA, 6. FEB. | 18.00 UHR LIVE-BEGLEITUNG: ANDRÉ DESPONDS, ZÜRICH (PIANO), SAMUEL MESSERLI, BIEL (PERKUSSION U. A.)

FORBIDDEN PARADISE USA 1924 Katharina, die Herrscherin eines fiktiven Kleinstaats, lacht sich den Offizier Alexei an, der mit ihrer Hofdame verlobt ist. Ihr Kämmerer sieht diese x-te Liebelei gelassen, aber Alexei ist frustriert darüber, dass er für sie nicht mehr als ein Spielzeug ist, und wechselt die Fronten. «Indem er Pola Negri als Machtzentrum in dieser ahistorischen Welt besetzt, verkehrt Lubitsch die Formel, die seine erfolgreichsten europäischen Filme mit ihr geprägt hat (…): Sie ist nicht mehr die proletarische Aussenseiterin, die erotische Macht über einen Adligen ausübt; sie ist nun die Herrscherin im Banne ihrer eigenen Gelüste, in diesem Fall nach dem feschen, naiven Leutnant Alexei (Rod La Rocque, angeblich auch hinter den Kulissen Negris Liebhaber). (…) Katharina muss natürlich für ihr Privileg büssen, und Lubitsch schildert ihre endgültige Isolation mit Anmut, Mitgefühl und ohne jede Spur von Pathos.» (Dave Kehr, Katalog Le Giornate del cinema muto Pordenone 2018) Restored by The Museum of Modern Art and The Film Foundation, with funding provided by the George Lucas Family Foundation. 69 Min / sw / DCP / stumm, e Zw’titel // REGIE Ernst Lubitsch // DREHBUCH Agnes Christine Johnston, Hanns Kräly, nach

LITTLE ANNIE ROONEY USA 1925 Die kleine Annie Rooney treibt tagsüber Unfug mit ihren Kameraden und sorgt abends für ihren Vater, einen Polizisten, und ihren Bruder Tim. Als ihr Papa bei einer Schlägerei erschossen wird, fällt der Verdacht auf Tims zwielichtigen Freund Joe, für den Annie heimlich schwärmt. Während Tim auf Rache sinnt, versucht Annie mit ihrer Bande, den wahren Täter zu fassen. Mary Pickford, mit 32 Jahren als Star und Produzentin die mächtigste Frau von Hollywood, wollte eigentlich nicht mehr das Lockenköpfchen der Nation spielen. In Little Annie Rooney schlüpfte sie dennoch erneut in eine Kinderrolle, aber in einem grimmigeren Grossstadtambiente als üblich. Und neben jugendlichem Übermut darf sie hier immerhin auch Ernst und Pathos ausdrücken. Die Mary Pickford Foundation hat Little Annie Rooney 2015 von Andy Gladbach neu vertonen lassen. Der Film darf nur noch mit diesem Soundtrack vorgeführt werden (mb). Restored by the Mary Pickford Foundation

94 Min / tinted + toned / DCP / Stummfilm mit Musik, e Zw’titel // REGIE William Beaudine // DREHBUCH Mary Pickford, Hope Loring, Louis D. Lighton, Tom McNamara // KAMERA Hal Mohr, Charles Rosher // SCHNITT Harold McLernon // MIT Mary Pickford (Little Annie Rooney), William Haines (Joe Kelley), Walter James (Wachtmeister Rooney).

LE FANTÔME DU MOULIN ROUGE Frankreich 1925 «René Clairs Geisterkomödie beginnt melodramatisch mit der Geschichte eines jungen Mannes, der vergeblich um die Tochter eines Politikers wirbt. Doch dann nimmt der Film eine fantastische Wendung, wenn es einem geheimnisvollen


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Stummfilmfestival Doktor gelingt, die Seele des verzweifelten jungen Mannes aus seinem Körper zu befreien. Fortan macht er als unsichtbares Phantom Paris unsicher. Mit Doppelbelichtungen und fantasievollen Tricks gelingt es Clair, die surreal-dadaistischen Untertöne der Geschichte auszuspielen. Alles endet in einer rasanten Jagd durch die Strassen von Paris.» (Katalog Int. Stummfilmtage Bonn 2020) «Ein aussergewöhnlicher Vorteil – die Ubiquität des unsichtbaren Helden – wird durch eine für Clairs Geschichten typische Wendung zu einem Handicap und versöhnt den Protagonisten vor dem Ende der Geschichte mit seinem Normalzustand.» (Catherine de la Roche: René Clair, BFI 1958)

am Theater gelernt haben, was in unseren Ausdrucksmitteln ans Theater erinnert.» (Frieda Grafe) «Olanchon entdeckte die homoerotische Beziehung zwischen den zwei Männern, und er hatte recht, man kann es wieder bei Murnau sehen; Mnouchkine spielte mit der Analogie zum islamischen Fundamentalismus: stimmt auch.» (Luc Bondy, in: Friedrich Wilhelm Murnau, Bertz Verlag 2003) 65 Min / tinted / DCP / stumm, d Zw’titel // REGIE Friedrich Wilhelm Murnau // DREHBUCH Carl Mayer, nach Molière // KAMERA Karl Freund // MIT Emil Jannings (Herr Tartüff), Werner Krauss (Orgon), Lil Dagover (Elmire, seine Frau),

105 Min / tinted / DCP / stumm, f Zw’titel/d // DREHBUCH,

­Lucie Höflich (Dorine), Hermann Picha (der alte Rat), Rosa

­REGIE, SCHNITT René Clair // KAMERA Jimmy Berliet, Louis

Valetti (die Haushälterin).

Chaix // MIT Albert Préjean (Deglan), Sandra Milovanoff (Yvonne Vincent), Paul Ollivier (Dr. Robini), Georges Vaultier

DO, 11. FEB. | 18.00 UHR

(Julien Boissel), Madeleine Rodrigue (Jacqueline), Maurice

LIVE-BEGLEITUNG: MARTIN CHRIST, LIGERZ (PIANO)

Schutz (Victor Vincent), José Davert (Gauthier). SA, 13. FEB. | 20.45 UHR LIVE-BEGLEITUNG: EPHREM LÜCHINGER, ZÜRICH (SYNTHESIZER)

TARTÜFF Deutschland 1925 Orgon lässt sich vom scheinbar heiligmässigen Tartüff zu lebensfeindlicher Frömmelei bekehren. Seine Gattin Elmire durchschaut Tartüff und beschliesst, den Heuchler zu entlarven. «Murnaus Stummfilm, dem die – ins Preussen Friedrichs II. verlegte – Molière’sche Gesellschafts- und Sittenkomödie von dem Heuchler und Schmarotzer Tartüff zugrunde liegt, die durch eine Rahmenhandlung ergänzt wurde und als Film im Film erscheint; sie unterstreicht die Botschaft, dass Heuchler überall sind, und ist stilistisch deutlich vom ‹Film› abgesetzt. Ausgezeichnet: Emil Jannings als Tartüff.» (Lexikon des int. Films) «Murnau beschwört klassisches, französisches, höfisches Theater als Klischee, als generalisierte Vorstellung. Dem stellt er das ambulante Filmgewerbe gegenüber. (...) Von dem, was ein Theaterstück ausmacht, ist, in Stummfilm transponiert, wenig übrig. Dass Murnau des Stoffes wegen in den Theaterfundus gegriffen hätte, dagegen spricht, wie er ihn behandelt. (...) Das Sein und Scheinen in Murnaus Film ist nicht die Handlung auf der Bühne. ‹Wir brauchen kein Kino›, lautet ein Zwischentitel im Vorspiel, und dann bekommen diese Kinogegner eine Parodie auf die moralische Anstalt, verfilmtes Theater vorgeführt. Wir müssen, sagt Murnau einem Interviewer, um Kino zu machen, alles vergessen, was wir

DER STUDENT VON PRAG Deutschland 1926 Der mittellose, frustrierte Student Balduin verkauft einem unheimlichen Wucherer sein Spiegelbild. Reichtum und sozialer Aufstieg machen Balduin aber nicht glücklich, denn er stellt fest, dass sein abgespaltetes Ich ein unheimliches Eigenleben führt. «Conrad Veidt und Werner Krauss, das Darstellerpaar aus Robert Wienes Das Cabinet des Dr. Caligari, spielen die Hauptrollen in Henrik Galeens aufwendiger Neufassung von Hanns Heinz Ewers’ Erfolgsfilm Der Student von Prag (1913). Anders als der Originalfilm wurde das Remake nicht an Originalschauplätzen gedreht, sondern in Bauten des Filmarchitekten Hermann Warm. Diese setzte Kameramann Günther Krampf stimmungsvoll in Bilder, die wiederum von Motiven der deutschen Romantik beeinflusst waren. Die eingefärbte Rekonstruktion des Filmmuseums München verfügt über die handgemalten expressiven deutschen Zwischentitel.» (Katalog Int. Stummfilmtage Bonn 2020) «Man ahnt (bei Veidt) von Anfang an Böses hinter dieser überheizten Energie der mühsam zusammengehaltenen Züge: Es ist, als ob ein wildes Pferd unter der Kandare zuckend stillhielte. Und als der Sturm losbricht, ist es wahrhaftig die tiefe Verstörtheit dessen, der sich verloren hat und nicht mehr finden kann, der sich immer ganz nahe, zum Greifen nahe vor sich sieht und doch nicht mit Händen fassen kann, was aus diesen verstörten Zügen spricht. Es ist seine erste wahrhaft künstlerische Tat seit vielen Jahren.» (Willy Haas, Film-Kurier, Nr. 251, 26.10.1926)


> Egged On.

> Sherlock Jr..

> Little Annie Rooney.

© Mary Pickford Foundation


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Stummfilmfestival 133 Min / tinted / DCP / stumm, d Zw’titel // REGIE Henrik ­Galeen // DREHBUCH Henrik Galeen, Hanns Heinz Ewers, nach einer Story von Hanns Heinz Ewers // KAMERA Günther Krampf, Erich Nitzschmann // MIT Conrad Veidt (Balduin, ein Student), Werner Krauss (Scapinelli, ein Wucherer), Fritz Alberti (Reichsgraf von Schwarzenberg), Agnes Esterhazy ­ (Margit, seine Tochter), Elizza La Porta (Lyduschka, ein ­Blumenmädchen), Ferdinand von Alten (Freiherr v. WaldisSchwarzenberg), Max Maximilian (Student). DO, 4. FEB. | 19.30 UHR LIVE-BEGLEITUNG: WIESLAW PIPCZYNSKI, KAUFDORF ­(AKKORDEON, THEREMIN U. A.) EINFÜHRUNG VON STEFAN DRÖSSLER, FILMMUSEUM MÜNCHEN (CA. 10 MIN.)

THE LODGER GB 1927 Im Londoner Nebel geht ein Frauenmörder um. Ein mysteriöser Untermieter wird als vermeintlicher Täter verfolgt und fast gelyncht. «Während in The Lodger ein Serienmörder im nächtlichen London Frauen meuchelt (die Opfer sind alle blond), treibt der Regisseur sein Spiel mit dem Zuschauer. Beklemmend, kalt und neblig – der erste Klassiker, den Hitchcock schuf und der es auf drei Remakes brachte. Dies ist übrigens der erste Film, in dem Hitchcock sich selbst kurz ins Bild brachte, und das entgegen seinem späteren Tick gleich zweimal – angeblich aus Mangel an Gagen für Statisten.» (Wenke Husmann, Die Zeit, 01/2005) «Hitchcocks Interesse an der unklaren Grenzziehung zwischen Schuld und Unschuld, seine überzeugte Ablehnung gewisser Plotdetails, das beunruhigende Eindringen von fetischistischer Sexualität – all das ist schon so offenkundig wie in Psycho. Der Ton ist leichter und oberflächlicher, aber der Film besitzt eine starke eigene Identität. Einige Momente – etwa wenn der ­Mieter aus dem Nebel heraustritt – sind unvergesslich wirkungsvoll.» (Robert Murphy, Time Out Film Guide) 91 Min / tinted / DCP / stumm, e Zw’titel/d // REGIE Alfred

ABWEGE Deutschland 1928 «Weil der vermögende Rechtsanwalt Thomas Beck über seiner Arbeit seine Frau Irene vernachlässigt, beginnt diese einen Flirt mit einem Kunstmaler. Die gemeinsame Flucht des Paares nach Wien kann Beck zwar verhindern, aber nun stürzt sich Irene erst recht ins Berliner Nachtleben. Ihr provokantes Techtelmechtel mit einem Boxer endet mit einem Vergewaltigungsversuch – und das Ehepaar vor dem Scheidungsrichter … Babylon Berlin im Original! G. W. Pabst, der grosse Realist des Weimarer Kinos, nimmt eine Ehekrise zum Anlass für ein flirrendes Gesellschaftsporträt. Entfesselt wie Irene taucht die Kamera in einen Strudel aus Luxus und Laster. ‹Neusachlich› konstatiert sie Drogengebrauch und Prostitution in der Bohème wie in den vermeintlich besseren Kreisen. Und wie der Maler ist sie betört vom Anblick Irenes, wenn sie die Darstellerin Brigitte Helm umschmeichelt. In exquisite Roben und Pelze gehüllt, verkörpert diese die Gefangene im goldenen Käfig der Ehe. Für deren Bestand ist Irenes Fluchtversuch weniger bedrohlich als die ‹Neue Frau›, die, samt Bubikopf und Zigarettenspitze, faszinierend im Film erscheint.» (Jörg Schöning in: Katalog Berlinale 2018) Restauriert durch Filmmuseum München, 2017/2018. 98 Min / tinted / DCP / stumm, d Zw’titel // REGIE Georg Wilhelm Pabst // DREHBUCH Adolf Lantz, Ladislaus Vajda, Helen Gosewitsch, nach einem Entwurf von Franz Schulz // KAMERA Theodor Sparkuhl // SCHNITT Paul Falkenberg, Mark Sorkin, Georg Wilhelm Pabst // MIT Gustav Diessl (Thomas Beck), Brigitte Helm (Irene Beck), Hertha von Walther (Liane), Jack Trevor (Walter Frank), Fritz Odemar (Möller), Nico Turoff (Sam Taylor), Ilse Bachmann (Anita Haldern), Richard Sora (André), Peter C. Leska (Robert), Irm Cherry (Daisy). FR, 5. FEB. | 20.45 UHR LIVE-BEGLEITUNG: EPHREM LÜCHINGER, ZÜRICH (PIANO), NEAL SUGARMAN, ZÜRICH (SAXOFON) EINFÜHRUNG VON STEFAN DRÖSSLER, FILMMUSEUM MÜNCHEN (CA. 10 MIN.)

Hitchcock // DREHBUCH Elliot Stannard, Alfred Hitchcock, nach dem Roman von Marie Belloc Lowndes // KAMERA Gaetano di Ventimiglia, Hal Young // SCHNITT Ivor Montagu // MIT

THE MAN WHO LAUGHS

Ivor Novello (der Mieter), Malcolm Keen (Joe Betts, der Detek-

USA 1928

tiv), Miss June (Daisy Bunting), Marie Ault (Mrs. Bunting, die Vermieterin), Arthur Chesney (Mr. Bunting), Alma Reville (Frau, die Radio hört, ungenannt), Alfred Hitchcock (Mann auf Redaktion/Mann in Menge bei Festnahme). FR, 29. JAN. | 21.00 UHR LIVE-BEGLEITUNG: ANDRÉ DESPONDS, ZÜRICH (PIANO)

Gwynplaine, Sohn eines in Ungnade gefallenen britischen Adligen, wird von Kriminellen mit einem Dauergrinsen entstellt. Er rettet ein kleines blindes Mädchen und wird mit ihr von einem Wanderschausteller aufgezogen. Verliebt in seine Pflegeschwester Dea, die seine Grimasse nicht


© Filmmuseum München

> Kosmische Reise.

> Abwege.

> Das Gespenst, das nicht wiederkehrt.

> The Goat.

> The Rent Collector.


Stummfilmfestival sehen kann und ihn scheinbar nur deshalb duldet, gerät Gwynplaine als Erwachsener in Ränkespiele am englischen Hof. Wie der Glöckner von Notre-Dame ist Gwynplaine eine weitere Figur aus der Feder Victor Hugos, die als Folie für seine Kritik an der Unmenschlichkeit der Standesgesellschaft dient. Conrad Veidt trug für die Rolle eine schmerzhafte Prothese, die sein Gesicht verzerrte, und konnte nur mit den Augen spielen, was er als Herausforderung begriff. Mary Philbin, die die engelhafte Dea verkörpert, hatte zuvor mit Lon Chaney The Phantom of the Opera gedreht; Olga Baclanova, die als lüsterne Herzogin an Gwynplaine perversen Gefallen findet, tauchte später in Tod Brownings Freaks auf. Regisseur Paul Leni hatte 1924 mit Veidt in Deutschland Das Wachsfigurenkabinett realisiert und verlieh dieser Hollywoodproduktion expressionistische Züge. (mb)

die Garbo da nicht Alraune, und erst recht nicht outrierende Alraune spielt, packt uns diese Szene. Wie dieses intelligente, etwas lebensneugierige Mädel durch den Regen stiefelt, so mit der Episode eines etwas faunischen alten Herrn, das ist auch in der Regie sehr hübsch. Und dann – die Begegnung mit dem Mann, der sie fesselt – das ist beste Garbo. Da sieht man Leidenschaft aufzittern, trotzdem Nils Asther wirklich zu sehr ‹hübscher Mann› ist, um das Fluidum des malenden Matrosenboxers zu haben. In der Ausstattung ist alles sehr elegant.» (Lichtbild-Bühne, 14.1.1931) 71 Min / sw / 35 mm / stumm, d Zw’titel // REGIE John S. ­Robertson // DREHBUCH Josephine Lovett, Marian Ainslee, nach dem Roman von Adela Rogers St. Johns // KAMERA Oliver T. Marsh // SCHNITT Blanche Sewell // MIT Greta Garbo (Arden Stuart), Nils Asther (Packy Cannon), Johnny Mack Brown (Tommy Hewlett), Dorothy Sebastian (Mercedes), Lane Chandler (Ding Stuart), Mahlon Hamilton (Mr. Glenden-

110 Min / tinted / Digital HD / stumm, e Zw’titel // REGIE Paul

ning), Kathlyn Williams (Mrs. Glendenning).

Leni // DREHBUCH J. Grubb Alexander, Walter Anthony, May McLean, Marion Ward, Charles E. Whittaker, nach dem Roman

SA, 16. JAN. | 18.00 UHR

von Victor Hugo // KAMERA Gilbert Warrenton // SCHNITT Ed-

LIVE-BEGLEITUNG: MARCO SANTILLI, NIEDERHASLI

ward L. Cahn // MIT Conrad Veidt (Gwynplaine / Lord Clan-

(KLARINETTE, BASSKLARINETTE), IVAN TIBOLLA,

charlie), Mary Philbin (Dea), Julius Molnar (Gwynplaine als

DOLO (PIANO, AKKORDEON)

Kind), Olga Baclanova (Herzogin Josiana), Brandon Hurst (Barkilphedro), Cesare Gravina (Ursus), Stuart Holmes (Lord Dirry-Moir), Sam De Grasse (König James II.), George Siegmann (Dr. Hardquanonne), Josephine Crowell (Königin Anna). SA, 30. JAN. | 20.45 UHR LIVE-BEGLEITUNG: MARCO SANTILLI, NIEDERHASLI (KLARINETTE, BASSKLARINETTE), IVAN TIBOLLA, DOLO (PIANO, AKKORDEON)

THE SINGLE STANDARD USA 1929 «Greta Garbo in einer ungewöhnlichen Rolle als moderne, mondäne Frau, die sich ihre Männer selbst aussucht und grossen Wert auf ihre Unabhängigkeit legt. Der nachträglich mit Musik und Geräuscheffekten vertonte Stummfilm, der in den USA als Garbos erster Tonfilm vermarktet wurde, leidet darunter, dass die Tonspur das Bild seitlich beschneidet. Die österreichische Fassung des Films ist noch im Stummfilm-Vollbildformat herausgebracht worden.» (Katalog Int. Stummfilmtage Bonn 2019) «Greta Garbo – der Name ist eine Schalmei, die männliche und weibliche Kinobesucher in Massen auf die Beine bringt. Sieh da! Greta als halbwüchsiges Mädel, als erwachende Frau. Das ist sehr schön. Das ist die interessanteste Aufgabe, die dieses Manuskript ihr stellt. Was diese Frau kann, das zeigt sich in der Chauffeur-Episode. Eben weil

DAS GESPENST, DAS NICHT WIEDERKEHRT

(Priwidenije, kotoroje ne woswraschtschajetsja) UdSSR 1930 Irgendwo in Südamerika. José Real sitzt im Gefängnis. Die Behörden betrachten ihn als gefährlichen Rebellenführer, der den Interessen der Ölindustrie im Land schaden kann. Von Gesetzes wegen steht José ein Tag Urlaub zu. Tatsächlich ist aber noch nie ein Häftling von seinem Urlaub lebendig zurückgekehrt. Das weiss auch José. Und als der schicksalshafte Tag anbricht, ist Josés Freude, seine Frau wiederzusehen, nicht grösser als seine Angst, sein Leben zu verlieren. Abram Room verfilmt eine Erzählung des kommunistischen französischen Autors Henri Barbusse. Die klaustrophobischen Gefängnissequenzen muten expressionistisch an, doch als José seinen Urlaub antritt, wirken die Wüsteneien eher wie das Dekor eines abstrakten Westerns. Auch wenn der Protagonist nominell wegen seiner revolutionären Aktivitäten eingekerkert ist, herrscht der Eindruck vor, dass das repressive System, das hier angeklagt wird, auch das stalinistische sein könnte. (mb) 67 Min / sw / 35 mm / stumm, russ Zw’titel/f // REGIE Abram Room // DREHBUCH Valentin Turkin, nach der Novelle «Le rendez-vous qui n’a pas eu lieu» von Henri Barbusse // KAMERA

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> The Broken Butterfly.

> Der Student von Prag.

© 1919 – Maurice Tourneur Productions – 4 K restoration © 2019 – The Film Foundation – La Fondation Jérôme Seydoux-Pathé


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Stummfilmfestival

EGGED ON

­Dimitri Feldman // SCHNITT Anna Kulganek // MIT Boris ­Ferdinandow (José Real), Olga Dschisnewa (Josés Frau), Maxim

USA 1926

Strauch (Agent), Daniil Wedenskij (Gefängnisdirektor), Leonid Jurenew (Oberaufseher), E. Jakowski (Funktionär), Dimitri Kara-­ Dimitriew (Chef der Agenten), Karl Gurnjak (Komiteemitglied). DO, 21. JAN. | 19.00 UHR LIVE-BEGLEITUNG: ALEXANDER SCHIWOW, ZÜRICH (PIANO)

KOSMISCHE REISE

Tüftler Charley erfindet eine Maschine, die Eier unzerbrechlich macht. Beim Beschaffen von Eiern für seine Experimente gerät er allerdings ziemlich in Stress. Charley Bowers (1877–1946) war Cartoonist, Pionier des Stoptrick-Animationsfilms und poetischer Stummfilmkomiker in einem.

THE BOY FRIEND

(Kosmitscheski reis: Fantastitscheskaja nowella) UdSSR 1936

USA 1928

Im Jahre 1946 ist Moskau eine Zukunftsstadt und die sowjetische Technologie imstande, eine Rakete ins All zu schiessen. Der greise Wissenschaftler Sedych will die Reise selbst antreten, was sein besorgter Kollege Karin für Irrsinn hält. Doch mithilfe von Karins Assistentin Marina und dem beherzten jungen Andrjuscha kann Sedych mit dem Raumgleiter «Josef Stalin» doch abheben. Das Trio erlebt das grösste Abenteuer der Menschheit: die erste Reise zum Mond. 1936, als Kosmische Reise Premiere feierte, war die Stummfilmzeit auch in der UdSSR vorbei. Dieser teuerste sowjetische Film aller Zeiten, dessen Spezialeffekte (darunter tolle Szenen in Schwerelosigkeit) und Tricks mit Hollywood und Babelsberg Schritt halten konnten, verschwand leider bald in der Versenkung; die brillanten Stopptrick-Sequenzen mit Miniaturpuppen und andere Aspekte entsprachen nicht dem sozialistischen Realismus. Wassili Schurawljow wurde später immerhin zu einem der wichtigsten Exponenten des Jugendfilms im Sowjetkino. Gezeigt wird diese vom Filmmuseum München restaurierte Fassung mit einem kongenialen elektronischen Soundtrack von Neil Brand. (mb)

Max’ Tochter verguckt sich im Schuhgeschäft in einen jungen Mann und lädt ihn gleich nach Hause ein. Um eine vorschnelle Heirat zu verhindern, spielen Max und seine Frau verrückt. Der jüdische Komiker Max Davidson gibt hier den verzweifelnden Vater, Fay Holderness seine stramme Gattin.

80 Min / sw / DCP / Stummfilm mit Musik, russ Zw’titel/d //

THE BOY FRIEND

­REGIE Wassili Schurawljow // DREHBUCH Alexander Filimo-

20 Min / sw / Digital HD / Stummfilm, e Zw’titel/d // DREH-

now, Konstantin Ziolkowski // KAMERA ­Alexander Galperin, I.

BUCH UND REGIE Fred L. Guiol, Leo McCarey // KAMERA Len

Schkarenkow // MIT Sergei Komarow (Professor Sedych), Was-

Powers // MIT Max Davidson (Papa Davidson), Marion Byron

sili Kowrigin (Professor Karin), Nikolai Feoktistow (Kapitän

(Marion Davidson), Fay Holderness (Mama Davidson), Bill

Viktor Orlow), Xenija Moskalenko (Marina).

­Elliott (Gordon), Edgar Kennedy (Polizist).

THE RENT COLLECTOR USA 1921 Der kleine Larry lässt sich als Geldeintreiber anstellen. Die erste Familie, bei der er ausstehende Miete einfordern soll, ist ausgerechnet die des örtlichen Bandenchefs (Oliver Hardy). Larry kassiert mehr Prügel als Dollars. Larry Semon (1889–1928) war in den frühen 1920er-Jahren als Slapstick-Komiker fast so beliebt wie Chaplin und drehte mit Oliver Hardy, bevor Stan Laurel dessen Partner wurde. EGGED ON 23 Min / sw / Digital HD / stumm, e Zw’titel/d // DREHBUCH UND REGIE Charles R. Bowers, Harold L. Muller, Ted Sears // MIT Charles R. B ­ owers (= Charley Bowers).

THE RENT COLLECTOR

SLAPSTICK-FAMILIENPROGRAMM Stummfilm ist nicht nur Slapstick, aber auch. In diesem Familien-Programm zeigen wir drei Filme mit Stars, die etwas in Vergessenheit geraten sind oder auf dem Weg zum grossen Erfolg waren – etwa Oliver Hardy. Damit auch Kinder, die noch nicht schnell lesen können, die Zwischentitel verstehen, werden diese live in Dialekt eingesprochen (Zutritt ab 6 Jahren).

29 Min / sw / DCP / stumm, e Zw’titel/d // DREHBUCH UND REGIE Larry Semon, Norman Taurog // MIT Larry Semon (Larry), Oliver Hardy (Hurricane Smith), Norma Nichols (Präsidentin des Wohltätigkeitsvereins), Eva Thatcher (Vermieterin). SA, 30. JAN. | 15.00 UHR LIVE-BEGLEITUNG: ANDRÉ DESPONDS, ZÜRICH (PIANO), SAMUEL MESSERLI, BIEL (PERKUSSION U. A.) Für die Unterstützung des Stummfilmfestivals danken wir:



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Dürrenmatt im Kino Kein anderer Schweizer Schriftsteller inspirierte mehr Cineasten als Friedrich Dürrenmatt, der im Januar 100 Jahre alt geworden wäre. ­Seine Stoffe wurden auf der ganzen Welt adaptiert, weil sie sich um ­universelle Themen wie Gerechtigkeit, Glaube und Rache drehen, aber viel Spielraum für eigenwillige Umsetzungen lassen. Jeder Bildungsbürger hat beim intelligenten Tischgespräch schon mal über die Frage disputiert, wer denn nun der grössere Schriftsteller sei: Dürrenmatt oder Frisch? Ich war von Haus aus ein Frischianer; zu Dürrenmatt bekehrt wurde ich durchs Kino. Es hat mir den wahren Rang des Berner Dichters gezeigt, wobei ich ein Schlüsselerlebnis hatte: 2001 besuchte ich das Festival von Cannes, wo Sean Penn seine Regiearbeit The Pledge vorstellte. Der Hollywoodstar stimmte ein Loblied auf Dürrenmatt an, ein «intelligenter Krimi­ autor». Ihm gefiel der Pessimismus von Dürrenmatts Roman «Das Versprechen», der ihn zur Verfilmung gereizt habe, weil er einen «starken Rahmen» vorgegeben, aber genügend Spielraum offengelassen habe, um eigene Elemente einzufügen. Und das ist denn auch ein Grund, warum Dürrenmatt-Verfilmungen viel stärker sind als jene von Frisch-Vorlagen: weil seine Stoffe grundsätzlicher und weniger zeitgebunden sind und daher immer wieder neue Aktualität erlangen können. Weil die Figuren immer auch Ideenträger sind, weniger ausgestattet mit emotionalen und lebensweltlichen Details als jene Frischs. Während die beiden Autoren literaturgeschichtlich auf Augenhöhe verhandelt werden, übertrumpft der Berner den Zürcher im Kino bei Weitem. Frisch wurde praktisch nur im deutschsprachigen Raum, Dürrenmatt hingegen zu allen Zeiten auf der ganzen Welt verfilmt: in Hollywood, in Asien, in Italien, in Ungarn und sogar in Senegal (Hyènes von Djibril Diop Mambéty). Als Schreibsklave ungeeignet Friedrich Dürrenmatt (1921−1990) selber, der zweimal mit einer Schauspielerin verheiratet war, liebte die siebte Kunst. Sein Schulweg in Bern führte an acht Kinos vorbei, und oft verbrachte er ganze Nachmittage im Bann der Leinwand, während ihn seine Eltern in der Schule wähnten. Das Bildmedium half dem Spross eines Landpfarrers auch dabei, sich vom protestantischen ­Elternhaus zu emanzipieren.

< >

Das moralische Original: Es geschah am hellichten Tag Das Dürrenmatt-getreue Remake: The Pledge


20 Doch als Schriftsteller haderte er zeitlebens mit der Verfilmung seiner Werke. 1957 schrieb er für die Praesens Film AG Es geschah am hellichten Tag. Produzent Lazar Wechsler hatte einen Krimi über Sexualverbrechen an Kindern bestellt, den er mit dem Etikett «Drehbuch von Friedrich Dürrenmatt» vermarkten wollte. Mehrmals musste der Dreh verschoben werden, weil Dürrenmatt, der seine Texte jeweils stark überarbeitete, weiter am Szenarium feilen wollte, doch Wechsler stand unter Zeitdruck. In seiner Autobiografie «Stoffe» schimpfte Dürrenmatt Wechsler einen mächtigen Sklavenhalter und hielt fest, dass er selber ungeeignet sei, sich als Schreibsklave zu verdingen. Tatsächlich realisierte Regisseur Ladislao Vajda im Solde Wechslers einen moralischen Krimi, in dem Heinz Rühmann als Zürcher Kantonspolizist dem Täter auf die Schliche kommt und ihn seiner gerechten Strafe zuführt. Crime does not pay. Der klassische «Whodunit», der mit Schreckeffekten im Stil des deutschen Expressionismus arbeitet, wurde zum Kassenschlager, und Gert Fröbe wurde dank seiner furchteinflössenden Präsenz später im JamesBond-Abenteuer Goldfinger (1964) als Bösewicht gecastet. Dürrenmatt machte keinen Hehl daraus, dass er von diesem Krimi enttäuscht war: «Man hätte ruhig frecher und burlesker sein dürfen. Rühmann ist mir zu bürgerlich.» Im Frust überarbeitete er seine Idee und schrieb den Roman «Das Versprechen». Mit dem Untertitel «Requiem auf den Kriminalroman» betonte er, dass er sich der gängigen Dramaturgie und Figurenpsychologie des Genres widersetzen wollte. Sein Roman endet ohne Moral, weil Dürrenmatt nicht an eine vom Menschen ausgehende Gerechtigkeit glaubte, auch nicht an jene von Gott, sondern an eine von aussen kommende. Der Mörder wird vom Schicksal ereilt und fällt einem Autounfall zum Opfer. Sean Penn hat den Dürrenmatt’schen Schluss beibehalten. Er hat den Stoff von den Bündner Bergen nach Nevada verlegt und mit neuen politischen Zwischentönen aufgeladen: Aus dem Landstreicher, den der Stammtisch zum Opfer macht, wurde ein Indianer. Mit dieser tragischen Figur hält Penn dem amerikanischen Publikum einen Spiegel vor, in dem es den alltäglichen Rassismus der Rednecks erkennen sollte. Gut möglich, dass Dürrenmatt an diesem Film seine Freude gehabt hätte, wie seine Witwe Charlotte Kerr beteuerte. Sie hat mit Portrait eines Planeten (1984) einen vierstündigen Dokumentarfilm über den verschrobenen Schriftsteller gedreht, der sie darauf heiratete. Keine Freude soll Dürrenmatt allerdings an Bernhard Wickis Verfilmung seines Welterfolgs «Der Besuch der alten Dame» von 1975 gehabt haben. Zum einen schien Dürrenmatt die Hauptdarstellerin Ingrid Bergman mit 48 Jahren zu jung zu sein, um die alte Dame zu verkörpern. Zum anderen hatte Darryl F. Zanuck, der Produzent und Patron der 20th Century Fox, dem Stoff ein Quasi-Happy-End verpasst. Aus heutiger Sicht ist The Visit eine mit der grossen Kelle angerührte Prestigeproduktion, die in den Bann zu ziehen vermag.


21 Angetan war Dürrenmatt von Der Richter und sein Henker (1975) seines Freundes Maximilian Schell. Die beiden schrieben das Drehbuch gemeinsam, und so war sichergestellt, dass der bärbeissige Humor und die Ironie des Schriftstellers (der in einer Nebenrolle zu sehen ist) beibehalten wurden. Dieser Film atmet geradezu die Atmosphäre von Dürrenmatts Krimis. Dazu gehört auch, dass – wie immer beim lukullischen Genussmenschen – die Wahrheit während eines Essens ans Licht kommt. Eine Hassliebe So ist das auch in La più bella serata della mia vita (1972), einer der interessantesten Dürrenmatt-Verfilmungen, weil hier nicht, wie so oft geschehen, die Vorlage bebildert wurde. Vielmehr diente Dürrenmatts «Die Panne» Ettore Scola als Inspiration für eine eigenwillige, groteske Komödie, die fast comichafte Züge aufweist. Alberto Sordi verkörpert einen Mailänder Geschäftsmann, der in Lugano Schwarzgeld waschen will, dann aber mit seinem Maserati einer Femme fatale nachstellt, die ihn zu einem Schloss in den Bergen führt, wo ihm ein Graf und dessen Tischgesellen den Prozess machen. Der Film des damals desillusionierten Kommunisten Scola ist ein Abgesang auf Gier und Aufstiegsgelüste des Kleinbürgertums. Er ist geprägt vom Geist der Siebzigerjahre, als Softsexfilme das Publikum bei der Stange hielten und leicht bekleidete Schwedinnen wie Janette Ågren (die hier die textilarme Femme fatale gibt) der feuchte Traum vieler Autorenfilmer waren, die ihre aus heutiger Sicht vielleicht sexistisch anmutenden Frivolitäten als Beitrag zur sexuellen Befreiung deklarierten. Dürrenmatt bewegte sich gerne in der Welt des Films, amtierte 1961 sogar als Jurypräsident in Locarno. Doch es schien stets eine Art Hassliebe zu sein, die ihn mit dem Kino verband. Es brachte ihm Anerkennung, mehrte seinen Weltruhm und hob ihn vom Konkurrenten Frisch ab. Gleichzeitig haderte er mit dem Kontrollverlust über die eigenen Stoffe. Am wichtigsten beim Film seien der Regisseur und der Kameramann als jene, die die Bilder fertigten, sagt er in Portrait eines Planeten. Einmal gefragt, welches die Lieblingsverfilmung eines seiner Bücher sei, antwortete er mit der ihm eigenen bärbeissigen Ironie: die Fernsehaufzeichnung vom «Besuch der alten Dame» der Emmentaler Liebhaberbühne in Hasle-Rüegsau. Christian Jungen

Christian Jungen ist Direktor des Zurich Film Festival und promovierter Filmhistoriker. Er arbeitete 25 Jahre lang als Filmkritiker.


> The Visit.

> Die Physiker.

> Die Ehe des Herrn Mississippi.

> La piĂš bella serata della mia vita.


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Dürrenmatt

ES GESCHAH AM HELLICHTEN TAG Schweiz/BRD/Spanien 1958 «Nachdem ein alter Hausierer, der die Leiche eines kleinen Mädchens gefunden und die Polizei informiert hat, selbst als Mörder beschuldigt wurde und sich in seiner Zelle erhängt hat, kommen dem ermittelnden Kommissar Zweifel. In mühsamer Arbeit und mithilfe einer jungen Frau und ihres Töchterchens stellt er dem wahren Mörder eine Falle. Kriminalfilm voll atmosphärischer Spannung und psychologischem Raffinement, mit vorzüglichen Darstellern und Heinz Rühmann in einer seiner ernsten Rollen.» (Lexikon des int. Films) «Die guten Stoffe findet man auf der Strasse, warum gehen Sie sie nicht suchen?», musste sich Lazar Wechsler, der erfolgreiche Produzent der Praesens-Film, nach einigen gar harmlosen Filmen in der «Weltwoche» fragen lassen. Möglicherweise von einem ungelösten Verbrechen an einem Zürcher Kindergartenschüler angeregt – dem «Fall Hansli Eichenberger» aus dem Jahr 1949 –, gab Wechsler die Entwicklung eines Stoffs über einen Sittlichkeitsverbrecher in Auftrag – beim Autor der frechen Frage, Friedrich Dürrenmatt. Aus dem Filmstoff, für den er von der Zürcher Kantonspolizei Material über einen weiteren Kindstötungsfall erhielt, entwickelte Dürrenmatt später seinen (sehr viel düstereren) Roman «Das Versprechen». Dieser wurde 2001 von Sean Penn unter dem Titel The Pledge mit Jack Nicholson als Kommissar neu verfilmt. 100 Min / sw / DCP / D // REGIE Ladislao Vajda // DREHBUCH Friedrich Dürrenmatt, Hans Jacoby, Ladislao Vajda, nach einer Idee von Friedrich Dürrenmatt // KAMERA Heinrich Gärtner // MUSIK Bruno Canfora // SCHNITT Hermann Haller, Julio Peña // MIT Heinz Rühmann (Kommissar Matthäï), Michel Simon

Diese Fernsehproduktion ist zu einem Klassiker geworden; ihre beklemmenden, fast klaustrophobisch flachen Bilder scheinen direkt aus Dürrenmatts Feder auf die Leinwand geflossen zu sein. Noch heute überzeugt vor allem – neben den vielen anderen, teils grotesken Figuren – das souveräne, so gut auf diese Rolle abgestimmte Spiel Elisabeth Flickenschildts, deren Besetzung in der Hauptrolle ein wahrer Geniestreich war. 117 Min / sw / Digital SD / D // REGIE Ludwig Cremer // DREHBUCH Friedrich Dürrenmatt, nach seinem Theaterstück // MIT Elisabeth Flickenschildt (Claire Zachanassian), Hans Mahnke (Alfred Ill), Rolf Wanka (Claires Gatten VII-IX), Robert Taube (Butler), Annemarie Schradiek (Ills Frau Mathilde), Katharina Kuiper von Bülow (Ills Tochter), Werner Pochath (Ills Sohn), Bum Krüger (Bürgermeister), Wilhelm Kürten (Pfarrer), Arnim Süssenguth (Lehrer), Hans Epskamp (Dr. Nüssli), Paul Dättel (Butler Roby), Al Hoosman (Toby), Gerhard Ritter (Koby), Richard Bohne (Loby).

DER TUNNEL Deutschland/Schweiz 2017 «Bei seiner wöchentlichen Fahrt durch die Schweiz bemerkt ein Student, dass der Zug ungewöhnlich lange durch einen Tunnel fährt. Mit der stetigen Dunkelheit wächst sein Unbehagen. Doch seine Mitreisenden scheinen nicht beunruhigt, und auch der Schaffner versichert ihm, dass alles in Ordnung sei. Gemeinsam mit dem Zugführer macht der Student sich auf den Weg zum Führerraum der Lokomotive – doch dieser ist leer.» (crew-united.com) Die zweite Arbeit der Regisseure Schmidheiny und Daniel basiert auf der gleichnamigen Kurzgeschichte Dürrenmatts und beeindruckt nicht zuletzt durch die hervorragende Kameraarbeit.

(Jacquier, Hausierer), Gert Fröbe (Albert Schrott), Ewald Balser (Professor Manz), Berta Drews (Frau Schrott), Siegfried Lowitz (Kommissar Henzi), María Rosa Salgado (Frau Heller), Anita von Ow (Annemarie Heller), Barbara Haller (Ursula Fehlmann), Heinrich Gretler (Polizeichef), Emil Hegetschweiler (Gemeindepräsident), Sigfrit Steiner (Detektiv Feller).

DER BESUCH DER ALTEN DAME BRD 1959 Claire Zachanassian kehrt nach Güllen zurück, um sich von diesem Ort Gerechtigkeit zu kaufen. Denn nach dem Meineid Alfred Ills, der ihr gemeinsames Kind nicht anerkannt hatte, wurde sie einst aus der Stadt vertrieben. Nun macht die Milliardärin den Güllenern ein Angebot, das diese nicht ablehnen können …

DIE EHE DES HERRN MISSISSIPPI Schweiz/BRD 1961 Als Strafe dafür, dass er sich seiner Gattin entledigt hat, will sich Staatsanwalt Mississippi mit Anastasia vermählen, die ebenfalls ihren Gatten ermordet hat. Diese lehnt eine derartige Form der Strafe jedoch ab und beginnt stattdessen eine Affäre mit Mississippis Widersacher. Die Situation gerät zusehends ausser Kontrolle, als auch noch ein ominöser Graf und ehemaliger Liebhaber Anastasias auftaucht. Kurt Hoffmann, der bereits Werke von Erich Kästner und Thomas Mann verfilmt hatte, versuchte sich hier an einem Dürrenmatt-Stoff, den der Autor filmkonform zurechtschreiben musste. Die Ehe des Herrn Mississippi, in Zürich und Berlin


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Dürrenmatt gefilmt, gehört zu den wenig beachteten, aber umso zeigenswerteren Filmen deutsch-schweizerischer Produktion.

(Schwester Monika Stettler), Siegfried Lowitz (Kriminalinspektor Richard Voss), Gerhard Zech (Oberpfleger Uwe Sievers), Willy Semmelrogge (Missionar Oskar Rose), Hans Schmidt (Adolf-Friedrich Rose), Siegfried Schmidt (Wilfried-

DER TUNNEL

Kasper Rose), René Franckh (Jörg-Lukas Rose), Rosemarie

11 Min / Farbe / DCP / D // REGIE Christoph Daniel, Marc Sch-

Fendel (Lina Rose), Werner Veidt (Polizist Blocher), Hans-

midheiny // DREHBUCH Christoph Daniel, Marc Schmid-

Werner Kirchner (Polizist Guhl), John Jonston (Pfleger

heiny, nach der Kurzgeschichte von Friedrich Dürrenmatt //

­Murillo), Walter L. Scott (Pfleger McArthur), Günther Stopnik

KAMERA Stephan Burchardt // SCHNITT Theo Strittmatter //

(Gerichtsmediziner).

MIT Michael Schertenleib (Student), Detlev Buck (Schaffner/ Zugführer), Aysima Ergün (Mädchen), Klaus Manchen (Schachspieler), Wenka von Mikulicz (Kioskfrau).

DIE EHE DES HERRN MISSISSIPPI 95 Min / sw / DCP / D // REGIE Kurt Hoffmann // DREHBUCH Friedrich Dürrenmatt, nach seinem Theaterstück // KAMERA Sven Nykvist // MUSIK Hans-Martin Majewski // SCHNITT Hermann Haller // MIT Otto Eduard Hasse (Florestan Mississippi), Johanna von Koczian (Anastasia), Martin Held (Frédéric René Saint-Claude), Charles Regnier (Justizminister Sir Thomas Jone), Max Haufler (van Bosch), Ruedi Walter (McGoy), Karl Lieffen (Santamaria), Hanns Ernst Jäger (Schlender), Otto Graf (Ministerpräsident), Siegmar Schneider (Oberst), Edith Hancke (Lukretia), Kurt Buecheler (Chatterley), Arthur Schröder (Professor Haberkern), Hansjörg Felmy (Graf Bodo von Überlohe-Zabernsee), Jochen Blume (Sekretär Beuss).

DIE PHYSIKER BRD 1964 Der Physiker Möbius hat die sogenannte Weltformel entdeckt und lässt sich in die Psychiatrie einweisen, damit sie nicht in falsche Hände gerät. Newton und Einstein sind ihm auf der Spur: zwei Geheimdienstagenten, die ebenfalls ihren Wahnsinn vortäuschen, aber diesmal mit dem Ziel, die Formel zu ergattern. Mit viel hintergründigem Witz zeigte Dürrenmatt in seinem gleichnamigen Theaterstück einst die Abgründe menschlichen Handelns auf. Umgelters Verfilmung steht der Vorlage in nichts nach und schafft elegant den Sprung von der Bühne vor die Kamera. Mobil schwebt diese dabei durch den Raum und macht vergessen, dass es sich hierbei um eine Fernsehproduktion handelt. Therese Giehse und Gustav Knuth (dem Dürrenmatt seine Rolle auf den Leib geschrieben hatte) geben hier eine besondere Probe ihres Könnens ab. 125 Min / sw / Digital SD / D // REGIE Fritz Umgelter // DREHBUCH Friedrich Dürrenmatt, nach seinem Theaterstück // KAMERA Rolf Ammon // MUSIK Charlie Mole // SCHNITT Stella Niecke // MIT Therese Giehse (Dr. Mathilde von Zahnd), Gustav Knuth (Herbert Georg Beutler), Kurt Ehrhardt (Ernst Heinrich Ernesti), Wolfgang Kieling (Johann Wilhelm ­Möbius), Lilo Barth (Oberschwester Marta Boll), Renate Schroeter

THE VISIT BRD/Italien/Frankreich 1964 Eine Millionärin kehrt nach langer Abwesenheit in ihre Heimatstadt zurück und macht durch ein verlockendes Geldgeschenk die Bewohner zum Werkzeug ihrer Rache an jenem Mann, der sie einst im Stich liess. «The Visit wird von Anfang bis Ende von Ingrid Bergmans Präsenz bestimmt. Hollywood hatte sie gerügt, als sie ihren Ehemann für einen italienischen Regisseur verliess; diese Rolle erlaubt ihr, die Leute anzusprechen, die sie ins Exil getrieben hatten. (...) Bergmans Rolle in The Visit ist insofern ironisch, als sie eine Frau spielt, die in ihre eigene Vergangenheit zurückkehrt. (...) In diesem Film ist sie 49 Jahre alt, auf dem Höhepunkt ihrer Karriere und als Karla stark und dynamisch. (...) Eine solche Rollenwahl zeigt, wie sie ihre Überzeugung, sich als Schauspielerin weiterentwickeln und neu erfinden zu müssen, auch tatsächlich lebte.» (Moira Sullivan, notcoming. com) 100 Min / sw / Digital SD / E/d // REGIE Bernhard Wicki // DREHBUCH Ben Barzman, nach dem Theaterstück «Der Besuch der alten Dame» von Friedrich Dürrenmatt // KAMERA Armando Nannuzzi // MUSIK Hans-Martin Majewski // SCHNITT Samuel E. Beetley // MIT Ingrid Bergman (Karla Zachanassian), Anthony Quinn (Serge Miller), Hans Christian Blech (Polizeichef Dobrik), Valentina Cortese (Mathilda Miller), Ernst Schröder (Bürgermeister), Paolo Stoppa (Arzt), Romolo Valli (Maler), Irina Demick (Anya), Claude Dauphin (Anwalt Bardrick).

LA PIÙ BELLA SERATA DELLA MIA VITA Italien/Frankreich 1972 Ein Kammerspiel wird zur Groteske: Rossi, ein dubioser Geschäftsmann, holt in der Schweiz eine Tasche Schwarzgeld ab und fährt dann einer mysteriösen Motorradfahrerin hinterher, die ihn zu einem Schloss in den Alpen bringt. Bald findet sich Rossi in einer Gesellschaft aus Richter, An-


Dürrenmatt walt und Henker wieder – mit ihm als Angeklagtem. Was als Spiel beginnt, verwandelt sich schnell in einen Albtraum. Zu den Klängen eines hämmernden 70erSoundtracks rast Alberto Sordi in einem roten Maserati die Serpentinen hoch. Die Ausstattung – das Schloss ist im besten Biedermeier-Stil eingerichtet –, die Kostüme und das überdrehte Spiel Sordis geben diesem Film seinen Reiz. Barocke Überformung und moderne Burleske: Scolas Werk ist schwer einzuordnen, aber umso sehenswerter. 106 Min / Farbe / DCP / I/e // REGIE Ettore Scola // DREHBUCH Sergio Amidei, Ettore Scola, nach der Erzählung «Die Panne» von Friedrich Dürrenmatt // KAMERA Claudio Cirillo // MUSIK Armando Trovajoli // SCHNITT Raimondo Crociani // MIT Alberto Sordi (Alfredo Rossi), Michel Simon (Staatsan-

chen vor Bärlachs Augen verüben, ohne dass dieser es ihm nachweisen könne. Tatsächlich kommt Gastmann ungeschoren davon. Viele Jahre später – Bärlach ist mittlerweile Kriminalkommissar – geschieht ein weiterer Mord, und Bärlach schickt Gastmann den Henker vorbei … Dürrenmatt höchstpersönlich trat in diesem Streifen auf, nachdem er wie schon bei anderen Verfilmungen seiner Stoffe am Drehbuch mitgearbeitet hatte. Maximilian Schell legte mit diesem Film eine Adaption vor, die sich mit anderen Dürrenmatt-Verfilmungen messen kann. Bemerkenswert ist schon die erste Einstellung, diese melancholische Melange aus Morricone-Soundtrack und der ausgeklügelten Kameraführung Roberto Gerardis, der unter anderem schon mit Regisseuren wie Vittorio De Sica und Dino Risi zusammengearbeitet hatte.

walt Zorn), Charles Vanel (Richter Lutz), Claude Dauphin (Gerichtsschreiber Bouisson), Janet Ågren (Simonetta), Giu-

91 Min / Farbe / Digital HD / E // REGIE Maximilian Schell //

seppe Maffioli (Pilet), Pierre Brasseur (Anwalt Graf La

DREHBUCH Maximilian Schell, Friedrich Dürrenmatt, nach

Brunetière), Dieter Ballmann (Mechaniker), Hans-Jürgen

dem Roman von Friedrich Dürrenmatt // KAMERA Roberto

Ballmann (Mechaniker).

Gerardi // MUSIK Ennio Morricone // SCHNITT Dagmar Hirtz // MIT Jon Voight (Walter Tschanz), Jacqueline Bisset (Anna Crawley), Martin Ritt (Hans Bärlach), Robert Shaw (Richard

DER RICHTER UND SEIN HENKER BRD/Italien 1975

Gastmann), Helmut Qualtinger (Oskar von Schwendi), Gabriele Ferzetti (Dr. Lucius Lutz), Rita Calderoni (Nadine), Friedrich Dürrenmatt (Lamont Friedrich), Donald Sutherland (Robert Schmied), Norbert Schiller (Dr. Samuel Hunger­

Als junge Männer schliessen Bärlach und Gastmann eine Wette ab: Gastmann könne ein Verbre-

> Der Richter und sein Henker.

tobel), Lil Dagover (Gastmanns Mutter), Margarete Schell Noé (Frau Schönler), Pinchas Zukerman (er selbst).

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> Hyènes.

> Der Tunnel.

> Justiz.

Š Stephan Burchardt


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Dürrenmatt

HYÈNES Schweiz/Frankreich/Senegal 1992 Kaum ein Zug hält mal in Colobane, doch dann wird die Notbremse gezogen und eine reiche alte Dame betritt den Bahnsteig. In ihrer Jugend wegen eines unehelichen Kindes verstossen, kehrt sie nun zurück, um an ihrem damaligen Geliebten, der das Kind nicht anerkennen wollte, Rache zu nehmen. Was die meisten als Dürrenmatts schweizerischen «Besuch der alten Dame» erkennen werden, hat Djibril Diop Mambéty in die Sahelzone verlegt. Dabei steht dieser Film, «eine Hommage an die Frauen, die Opfer, die Verletzten» (Mambéty, zit. nach: Zoom 11/92), seiner literarischen Vorlage in nichts nach. Dürrenmatts Korruptionsund Schuld-Verhandlung fügt Mambéty Konsumkritik bei und entlarvt bildgewaltig die Strukturen des Neokolonialismus. 110 Min / Farbe / DCP / F/Woloff/d // REGIE Djibril Diop ­Mambéty // DREHBUCH Djibril Diop Mambéty, nach dem ­Theaterstück «Der Besuch der alten Dame» von Friedrich Dürrenmatt // KAMERA Matthias Kälin // MUSIK Wasis Diop // SCHNITT Loredana Cristelli // MIT Mansour Diouf (Draman Drameh), Ami Diakhate (Linguère Ramatou), Faly Gueye (Frau Drameh), Mamadou Mahourédia Gueye (Bürgermeister), Omar Ba (Protokollchef), Issa Samb (Lehrer), Calgou Fall (Priester), Kaoru Egushi (Toko), Djibril Diop Mambéty (Richter), Mbaba Diop (Herr der Feder).

JUSTIZ Deutschland/Schweiz 1993 In aller Öffentlichkeit begeht Regierungsrat Kohler einen Mord. Nach seiner Verurteilung heuert er den Privatdetektiv Spät an, der seinen Fall neu aufrollen soll. Nachdem Kohler tatsächlich freigesprochen wird, will Spät die verloren gegangene Gerechtigkeit wiederherstellen. Dürrenmatt zeigte in diesem Justizthriller auf, wie schnell das moderne Gerichtswesen an seine Grenzen stösst, wie leicht noch heute Recht und Unrecht, Schuld und Unschuld ineinander zu verschwimmen scheinen. Hans W. Geissendörfer ist den meisten heutzutage nur noch als Regisseur der Lindenstrasse ein Begriff. Nur wenige wissen, dass sein Film Justiz 1994 in der Kategorie Bester Fremdsprachiger Film für einen Golden Globe nominiert wurde. Maximilian Schell, der sich auf der internationalen Bühne schon einen Namen gemacht hatte, brillierte in diesem Streifen als undurchsichtiger Regierungsrat und Mörder. Sein Helfer

und Widersacher in Personalunion wird von Thomas Heinze verkörpert, der damals noch am Anfang seiner Karriere stand. 106 Min / Farbe / 35 mm / D // REGIE Hans W. Geissendörfer // DREHBUCH Hans W. Geissendörfer, nach dem Roman von Friedrich Dürrenmatt // KAMERA Hans-Günther Bücking // MUSIK Frank Loef // SCHNITT Annette Dorn // MIT Maximilian Schell (Isaak Kohler), Thomas Heinze (Felix Spät), Anna Thalbach (Helene Kohler), Mathias Gnädinger (Kommandant), Norbert Schwientek (Stüssi-Leupin), Ulrike Kriener (Ilse Freude), Suzanne von Borsody (Daphne Winter), Hark Bohm (Prof. Winter), Carole Piguet (Monika Steigermann).

THE PLEDGE USA 2001 Ein soeben pensionierter Polizeidetektiv aus Reno ahnt, dass der wahre Mörder eines kleinen Mädchens noch frei herumläuft und wieder töten könnte. Sein Jagdinstinkt erwacht erneut und er schwört den Eltern bei seinem Seelenheil, den Mörder dingfest zu machen. Sean Penn hat in seiner dritten Regiearbeit Friedrich Dürrenmatts Roman «Das Versprechen» in die USA versetzt und auf eindringliche Weise neu bearbeitet. «Zuallererst ist dies ein Film über Männlichkeit und Männer. Der Hauptdarsteller, der 64-jährige Nicholson, verströmt als pensionierter RenoCop eine ramponierte Virilität, einen erschöpften, beinahe ausgelaugten Machismo und ein bemitleidenswertes Verlangen nach Wiedergutmachung. Das ist eine gewaltige Darstellerleistung.» (Peter Bradshaw, The Guardian, 12.10.2001) 124 Min / Farbe / 35 mm / E/d/f // REGIE Sean Penn // DREHBUCH Jerzy Kromolowski, Mary Olson-Kromolowski, nach dem Roman «Das Versprechen» von Friedrich Dürrenmatt // KAMERA Chris Menges // MUSIK Hans Zimmer, Klaus Badelt // SCHNITT Jay Cassidy // MIT Jack Nicholson (Jerry Black), Robin Wright Penn (Lori), Pauline Roberts (Chrissy), Benicio Del Toro (Toby Jay Wadenah), Aaron Eckhart (Stan Krolak), Sam Shepard (Eric Pollack), Vanessa Redgrave (Annalise Hansen), Michael O’Keefe (Duane Larsen), Mickey Rourke (Jim Olstad), Harry Dean Stanton (Floyd Cage), Helen Mirren (Psychologin), Patricia Clarkson (Margaret Larsen). Kurztexte, wenn nicht anders vermerkt: Sarah Schwedes



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Ulrike Ottingers Kino der Attraktionen Für ihre Verdienste um schwullesbisches Filmschaffen erhält Ulrike Ottinger den Pink Apple Festival Award 2020. Pandemiehalber musste das Festival 2020 abgesagt werden. Nun wird Ulrike Ottinger am Wochenende vom 8. bis 10. Januar in Zürich sein, ihre Filme kommentieren und ihren Preis entgegennehmen. Als Premiere zu sehen ist ausserdem ihr jüngster Film, der autobiografische Paris Calligrammes. Einen Film von Ulrike Ottinger zu sehen bedeutet immer, gleich mehrfach auf Reisen zu gehen: durch nah und fern, durch Geschichten in der Geschichte, durch die Zeit in der Zeit – oft sind ihre Werke überlang. Die Begegnung mit dem Anderen, dem Fremden, dem Skurrilen ist ein wiederkehrendes Element, ebenso Maskerade und Crossdressing. Die Darstellung des Begehrens wird oft mit Ritualen der Macht verknüpft, aber auch mit Ironie. Ihre frühen Filme inszenieren ante litteram, was der Begriff «queer» in all seinen Facetten ab den 90er-Jahren umfassen sollte: das Sichtbarmachen von LGBT-Lebensweisen, das Spiel mit Gender und Identität, die Kritik an gesellschaftlichen Normen. So etwa in Ottingers Langfilmdebüt Madame X (1978), einem burlesken «Manifest» der Frauenbefreiung. In dem Piratinnenfilm lädt «die absolute Herrscherin» (Tabea Blumenschein) in ihrem Dasein gelangweilte Frauen auf ihre Dschunke und verspricht «Liebe», «Abenteuer», «Welt» und «Gold». Von überallher kommen die Frauen, die zuerst Machtkämpfe und Eifersucht durchstehen müssen, um schliesslich «mit günstigem Wind» in ein neues, selbstbestimmtes Leben zu segeln. Dabei präsentiert Ottinger «kein narratives Kino, sondern verlangt vom Publikum eine besondere Art des assoziativen Sehens und Hörens», wie Waltraud Liebl über die Filmemacherin schreibt. Ende der 60er-Jahre kehrte die 1942 in Konstanz geborene Ulrike Ottinger aus Paris zurück, wo sie als Malerin, Fotografin und Performerin begonnen hatte, um sich dann dieser neuen Kunst zuzuwenden, dem Film, der alles umfasste, was sie interessierte: «Vergangenes, Gegenwärtiges und Zukünftiges, Musik und Sprache, Rhythmus und Bewegung, Öffentliches und Privates, Politisches und Poetisches, Trauer und Freude». Ausgehend von Tableaux vivants, Comics und Pop-Art entstanden ihre ersten Filme – in Darstel-

< >

Freak Orlando: Virginia Woolf trifft auf Tod Browning Johanna d’Arc of Mongolia: Transsibirischer Kulturkontakt


30 lungsart und «Erlebnisweise» ganz «Camp», wie Susan Sontag diese Kunst der Übertreibung beschreibt, die zugleich als «Geheimcode» funktioniere, oft ebenso anziehend wie abstossend – sich aber nur aus dieser Position der Dis­ tanz «analysieren» lasse und nicht zuletzt das «Dasein als das Spielen einer Rolle» begreife. Satire, Traum und Realität Etwa im Bildnis einer Trinkerin (1979), dem ersten Teil von Ottingers BerlinTrilogie. «Sie» – eine Frau von grosser Schönheit (Tabea Blumenschein), aufsehenerregend gewandet – fliegt one way nach Berlin, um dort ihrer Passion zu frönen: dem Trinken. In Alliance mit einer Pennerin folgt ein seltsam faszinierendes, aber auch geheimnisvolles Sightseeing durch die teils spektakulären, teils maroden Szenerien der geteilten Stadt. Ebendort spielt auch Freak Orlando (1981), inspiriert von Virginia Woolfs «Orlando» und Tod Brownings Freaks (1932). Als «kleines Welttheater von den Anfängen bis heute» zeichnet Ottinger darin die Historie in ebenso grossartigen wie absonderlichen Vignetten – von der Antike über mittelalterliche Säulenheilige und Geisselungsprozessionen bis zum Aufmarsch von Nazi-Truppen – in einem vom Surrealismus beeinflussten Mix aus Satire, Traum und Realität. «Das Kino der Ulrike Ottinger ist ein Kino der Attraktionen», diese «ziehen an, stossen ab, verblüffen, machen staunen», schreibt Gertrud Koch anlässlich von Dorian Gray im Spiegel der Boulevardpresse (1984), dem letzten Teil der Berlin-Trilogie. Katakomben mit riesigen Wassertanks, ein mit Zeitungspapier ausstaffierter Ballsaal, die Pappmaché-Opernbühne am vulkanischen Strand: In diesen bizarren Szenerien entfaltet Ottinger eine visionäre Parabel über eine manipulatorische Welt-Boulevardpresse unter dem Zepter von Frau Dr. Mabuse (Delphine Seyrig). Mit Veruschka von Lehndorff in der Rolle des um seine romantische Liebe betrogenen Dorian Gray. Einen Höhepunkt von Ottingers frühem Schaffen, bevor sie sich vermehrt ihren ethnografischen Erkundungen widmet, bildet der Fiktion und Dokumentarisches verknüpfende Johanna d’Arc of Mongolia (1989). Eine heiter-beschwingte Reise in der Transsibirischen Eisenbahn in Gesellschaft eines exzentrischen Trüppchens, dessen weibliche Reisende unter der kundigen Führung von Lady Windermere (Delphine Seyrig) das fahrende «huis clos» im Lauf des Films mit der Weite der Steppe vertauschen, um mit mongolischen Reiterinnen und ihrer geheimnisvollen Prinzessin in eine fremde Kultur einzutauchen. Doris Senn

Doris Senn ist Filmwissenschaftlerin und u. a. als Filmkritikerin tätig. Seit 2001 ist sie Ko­kuratorin und Koleiterin des schwullesbischen Filmfestivals Pink Apple.


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Ulrike Ottinger

MADAME X – EINE ABSOLUTE HERRSCHERIN

FREAK ORLANDO BRD 1981

BRD 1978 «Die Herrscherin des Chinesischen Meeres appelliert an alle Frauen, ihren zwar bequemen und sicheren, aber fast unerträglich eintönigen Alltag einzutauschen gegen eine Welt voller Gefahren und Ungewissheit, aber auch voller Liebe und Abenteuer. Madame X wurde zum Angelpunkt queerer Filmgeschichtsschreibung: ‹Dieser Film hat keine Spur von Ängstlichkeit. Im Gegenteil: Denen, die gegen die Faszination dieser ritualisierten, vollkommen ästhetisierten Gewalt stramme Abwehr in Marsch setzen, macht er Angst. Denn auf dem Frauenschiff Orlando sind die Flaggen Angriff, Leder, Waffen, lesbische Liebe und der Tod mit einer Schönheit aufgezogen, die den Zuschauerblick nicht absolut beherrschen will. Die Ästhetik unterliegt strenger Stilisierung, die ohne Überwältigung sich frei herzeigt.› (Karsten Witte)» (arsenal-berlin.de) 145 Min / Farbe / DCP / D/e // DREHBUCH, REGIE, KAMERA, MUSIK Ulrike Ottinger // SCHNITT Dörte Völz // MIT Tabea Blumenschein (Madame X), Monika von Cube (Carla FreundGoldmund), Roswitha Jantz (Noa-Noa), Irene von Lichtenstein (Blow-Up), Christine Lutze (Betty Brillo).

«Virginia Woolf trifft auf deutschen UndergroundCamp in Ulrike Ottingers 128-minütigem Spektakel aus Performance-Kunst und Kuriositäten. Eigentlich liegt der politische Fokus näher bei dem von Tod Brownings Freaks als bei Woolfs ‹Orlando›, auch wenn Ottinger von Woolf die Vorstellung eines ‹idealen Protagonisten, der alle sozialen Möglichkeiten – Mann und Frau – repräsentiert, die wir normalerweise nicht haben›, übernommen hat. Die fünf Episoden zeigen den Helden/die Heldin im Kaufhaus Freak City (zusammen mit ihren sieben zwergenhaften Schuhmachern), im Mittelalter, gegen Ende der Spanischen Inquisition, in einem Zirkus (wo er sich in Delphine Seyrig, eine von zwei siamesischen Zwillingen, verliebt) und mit vier Bunnies auf einer grossen Europa-Tournee (während der sie auf einem jährlichen Festival der Hässlichen auftritt). Der ganze Film ist so unterschiedlich wie ein Zirkus, aber es gibt einige unbezahlbare Sequenzen, darunter eine virtuose Solodarbietung von Christus am Kreuz.» (Jonathan Rosenbaum, chicagoreader.com) 128 Min / Farbe / DCP / D/e // DREHBUCH, REGIE, KAMERA Ulrike Ottinger // MUSIK Wilhelm Dieter Siebert, Else Nabu, Albrecht Riermeier // SCHNITT Jackie Raynal, Dörte Völz // MIT Magdalena Montezuma (Orlando), Delphine Seyrig ­(Helena Müller), Albert Heins (Herbert Zeus), Claudio Pantoja

BILDNIS EINER TRINKERIN BRD 1979 «Als Chronik einer archetypisch schönen, tadellos gekleideten Frau ‹von antiker Würde und raffaelischem Ebenmass›, die eingangs ‹Sie› genannt wird, die beschliesst, sich aus ihrem privilegierten Leben in La Rotunda zu verabschieden, und ein Ticket ‹aller jamais retour› nach Berlin-Tegel bucht, um ihrem einzigen wahren Wunsch zu folgen – sich auf eine Sightseeing-Sauftour durch die Stadt zu begeben –, untergräbt der Film die ikonischen Bilder von Hollywood-Glamour-Königinnen und Problemkiez-Pennerinnen mit einem parodistischen und egalitären Blick auf die Trunksucht aus der Perspektive einer sich nie rechtfertigenden, jetsettenden, fröhlichen Alkoholikerin und stellt sich dabei gegen die Scheinheiligkeit kultureller Einstellungen zum gesellschaftlichen Alkoholkonsum.» (Acquarello, filmref.com, 22.12.2017) 109 Min / Farbe / DCP / D/e // DREHBUCH, REGIE, KAMERA Ulrike Ottinger // MUSIK Peer Raben // SCHNITT Ila von Hasperg // MIT Tabea Blumenschein (Sie), Lutze (Trinkerin vom Zoo), Magdalena Montezuma (Soziale Frage), Orpha Termin (Exakte Statistik).

(1. Tänzer), Hiro Uchiyama (2. Tänzer), Galli Müller (Chronistin), Eddie Constantine (Säulenheiliger).

DORIAN GRAY IM SPIEGEL DER BOULEVARDPRESSE BRD 1984 «Frau Dr. Mabuse, Herrscherin über einen internationalen Pressekonzern, will zum Zwecke der Auflagensteigerung eine Kunstfigur kreieren, die zunächst alle Träume der Leserschaft erfüllt, um sie dann vor deren Augen zu vernichten. Ihre Wahl fällt auf Dorian Gray. Dr. Mabuse führt den reichen, narzisstischen Dandy in die Oper aus, wo er sich in die Sängerin Andamana verliebt. Auch auf dem Presseball und einer Weltreise durch die Unterwelt macht er eine glänzende Figur – und Dr. Mabuse mit der Berichterstattung hohe Profite. Doch dann wendet sich der moderne Homunkulus gegen seine Schöpferin … Anders als ihr androgyner Held im Film hat Ulrike Ottinger die Vorlesung über ‹Subversive Ästhetik› nicht verpasst: In ihrer futuristischen Medientravestie verbindet sie Avantgardekunst und Triviales, Underground und Weltkulturen, ­Videotechnik und Voodoo zu einem Welttheater,


> Madame X.

> Bildnis einer Trinkerin.

> Dorian Gray im Spiegel der Boulevardpresse.


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Ulrike Ottinger in dem geschlechtliche und sozial verfestigte Rollenzuschreibungen immer wieder lustvoll konterkariert werden. Ottinger hierzu 1984: ‹Für mich würde eine emanzipierte Gesellschaft darin bestehen, dass sie keine Rollenerwartungen mehr an irgendjemanden stellt. Dann käme es auch nicht zur Diffamierung von Minoritäten.›» (Berlinale 2019, berlinale.de) 152 Min / Farbe / DCP / D/e // DREHBUCH, REGIE, KAMERA Ulrike Ottinger // MUSIK Peer Raben, Patricia Jünger // SCHNITT Eva Schlensag // MIT Veruschka von Lehndorff (Dorian Gray), Delphine Seyrig (Frau Dr. Mabuse), Tabea Blumenschein (Andamana), Toyo Tanaka (Hollywood), Barbara Valentin (Susy), Magdalena Montezuma (Golem), Irm Hermann (Passat).

JOHANNA D’ARC OF MONGOLIA BRD/Frankreich 1989 «Vier Frauen reisen mit der Transsibirischen Eisenbahn aus zaristischen Zeiten von Europa nach Asien. Unter ihnen sind die vornehm elegante Lady Windermere, eine Ethnologin und Kennerin der mongolischen Kultur, die deutsche Touristin Müller-Vohwinkel, die Broadway-Sängerin Fanny Ziegfeld sowie die junge Giovanna. Im Speisesaal begegnen sie dem verfressenen Feinschmecker und Sänger Mickey Katz, einem russischen General und den drei Sängerinnen eines KlezmerTrios (...). Die fröhliche Reise wird abrupt unterbrochen, als eine Horde Mongolen den Zug anhält und deren Anführerin Prinzessin Ulan Iga die Westfrauen auf Kamelen und zu Fuss in die Weiten der inneren Mongolei entführt. Aus der Kulisse russischer Bahnhöfe und dem musealen Inneren des Eisenbahnwaggons führt Ulrike Ottinger den Betrachtenden in eine fremde, exotische Kultur. Geschickt nutzt sie den ethnografischen Blick und die Wahrnehmungen des Fremden durch ihre fiktionalen Figuren, um einen Einblick in das Leben der Mongolen zu gewähren und gleichzeitig mit viel Situationskomik ihren Spielfilm voranzutreiben. So begegnen sich zwei extrem unterschiedliche Kulturen in einem farbenfrohen Abenteuer, das die sieben Frauen als je eigene Erfahrung mit auf ihre weiteren Reisen nehmen.» (Xenix, Nov. 2012)

ULRIKE OTTINGER – DIE NOMADIN VOM SEE Deutschland 2012 Brigitte Kramer macht in ihrem Porträt Ulrike ­Ottinger – Die Nomadin vom See keinen Hehl daraus, dass sie ein Fan von Ulrike Ottinger ist und sich von deren unverwechselbarem Schaffen auch beeinflussen liess. Mithilfe von Archivmaterial und Interviews mit Ottinger zeichnet sie deren Werdegang nach, lässt aber auch Weggefährtinnen und Weggefährten über ihre Mitwirkung in den skurrilen und spektakulären Filmproduktionen der Cineastin sprechen. Das Ergebnis ist eine kurzweilige Einführung in Ottingers Werk, das Appetit auf mehr macht. (mb) 80 Min / Farbe / Digital HD / D // DREHBUCH UND REGIE ­Brigitte Kramer // KAMERA Jörg Jeshel // SCHNITT Stephan Talneau // MIT Eva Mattes (Kommentar), Ulrike Ottinger, Wieland Speck, Irm Hermann, Ulrich Gregor, Valérie Smith.

PARIS CALLIGRAMMES Deutschland/Frankreich 2019 «‹Explosionsartig›, sagt Ulrike Ottinger in ihrem neuen Film, habe sich ihr Horizont in Paris erweitert. ‹Alles interessierte mich: die Menschen, die Strassen, die Cafés, die Galerien, die Museen, das Kino, die bis Mitternacht geöffneten Buchhandlungen und die ab Mitternacht geöffneten Jazzkeller.› Die Augen wurden ihr ‹weit und weiter, gross und grösser›. Für die 77-jährige Regisseurin, die gerade für ihr Lebenswerk die Berlinale Kamera erhielt, war die Erkundung von Paris ein Erweckungserlebnis, auch künstlerisch. Als Zwanzigjährige kam Ottinger Anfang der Sechzigerjahre aus Konstanz in die französische Metropole und traf dort auf die Avantgarde. Gestandene Vertreter aus der Welt der Kunst und Kultur nahmen sich ihrer an, teilten mit ihr Theorien, Kaffee und Zigaretten. Ottingers neuer Film Paris Calligrammes ist eine Rekonstruktion und Neusortierung jener Jahre.» (Carolin Weidner, spiegel.de, 6.3.2020) Das Filmpodium zeigt Paris Calligrammes als Premiere.

167 Min / Farbe / DCP / Mongolisch+F+D // DREHBUCH,

129 Min / Farbe + sw / DCP / D+F/d/e // DREHBUCH, REGIE,

­REGIE, KAMERA Ulrike Ottinger // MUSIK Wilhelm Dieter

KAMERA Ulrike Ottinger // SCHNITT Anette Fleming.

Siebert // SCHNITT Dörte Völz // MIT Delphine Seyrig (Lady Windermere), Irm Hermann (Oberstudienrätin MüllerVohwinkel), Gillian Scalici (Musicalstar Fanny Ziegfeld), Inés Sastre (Abenteuerreisende Giovanna), Re Huar Xu (Prinzessin Ulan Iga), Peter Kern (Tenor Mickey Katz).


34 REEDITION

L’AMORE MOLESTO Der erste Roman der Neapolitanerin Elena

Neapel, um die Wahrheit über ihre Mutter

Ferrante («L’amica geniale»/«Meine geni-

und deren ‹mysteriösen Mann› herauszu-

ale Freundin») wurde 1995 von Mario Mar-

finden, was sie auch mit Ereignissen aus

tone verfilmt. Anlässlich des mysteriösen

ihrer eigenen Vergangenheit konfrontiert.

Todes ihrer Mutter macht sich die zurück-

Regisseur und Autor Mario Martone kre-

haltende Delia nach ihrer Heimatstadt

iert eine Fülle gut ausgestalteter Figuren,

Neapel auf und versucht, das Leben ihrer

von Delias exzentrischem Onkel bis zu

Mutter zu ergründen.

Amalias möglichem Liebhaber Caserta. Am einnehmendsten von allen ist jedoch Neapel selbst. Martone wurde in der Stadt geboren und ist dort aufgewachsen und geht ihr förmlich unter die Haut, wobei er vorsichtig das Chaos heraufbeschwört, das die desorientierte Delia umgibt. Lärm ist der Schlüssel zur Atmosphäre, und ein ständiges Getöse spiegelt die Verwirrung der Hauptfigur über das Leben ihrer Mutter und ihr eigenes wider. Auch der jazzige Soundtrack trägt zum Hintergrundrauschen bei.» (Amber Wilkinson, eyeforfilm. co.uk, 27.5.2007) «L’amore molesto, der ersten Verfilmung von Ferrante (…), gelingt es, heraus-

L’AMORE MOLESTO / Italien 1995 104 Min / Farbe / Digital HD / I/d/f // REGIE Mario Martone //

zuarbeiten, wie die Erfahrungen und Trau-

DREHBUCH Mario Martone, Elena Ferrante, nach ihrem

mata von Frauen von einer Generation an

­Roman // KAMERA Luca Bigazzi // MUSIK Daghi Rondanini

die nächste weitergegeben werden. (…)

// SCHNITT Jacopo Quadri // MIT Anna Bonaiuto (Delia),

Eine überlegene Adaption, die auch heute

­Angela Luce (Amalia, die Mutter), Gianni Cajafa (Filippo, Delias Onkel), Peppe Lanzetta (Antonio), Licia Maglietta ­

noch hart trifft – doppelt so hart in der Ära

(Amalia als junge Frau), Anna Calato (Signora De Riso), Italo

von Me Too und Time’s Up.» (Jen Johans,

Celoro (Delias Vater), Carmela Pecoraro (Delia als Kind), Giovanni Viglietti (Caserta), Lina Polito (Rosaria).

«Die etwas verklemmte Delia lebt allein und genügsam als Grafikerin in Bologna; ihre Mutter Amalia dagegen ist lebhaft und ausgelassen. Eines Abends erhält Delia einen bizarren Anruf von ihr. (…) Als Amalia in unsäglicher Aufmachung tot am Strand aufgefunden wird, begibt sich Delia nach

filmintuition.com, 2018)


35 REEDITION

LA VIDA ES SILBAR Der kubanische Regisseur Fernando Pérez

forme Geschichte. Vielmehr steht jede Fi-

kontrastiert in seinem erfolgreichsten Film

gur für ein Prinzip – Enthaltsamkeit, nicht

drei Schicksale aus Havanna: Die Tänzerin

erwachsen werden, verlassen werden –,

Mariana will ihre Traumrolle ergattern, El-

das man durchaus auf die Beschreibung

pidio will nicht erwachsen werden und die

eines ganzen Landes übertragen kann. So

Sozialarbeiterin Julia fällt bei der Erwäh-

zeigt Pérez ein urbanes Märchen aus dem

nung von Sex in Ohnmacht. Doch über alle

Havanna der Gegenwart, das filmisch vor

wacht die gute Fee Bebé.

allem durch berauschende Bilder und rhythmische Musik überzeugt, aber auf Ge-

«Julia, Elpidio und Mariana sind in Havanna

dankenarbeit nicht ganz verzichtet.» (Rü-

auf der Suche nach dem Glück. Die all­

diger Suchsland, artechock.de)

wissende Erzählerin Bebé waltet dabei als

«Wenn man denn schon in Kuba nicht ein-

feenhafte Schicksalskupplerin. In virtuosen

fach so rausplatzen kann mit seinem Anlie-

Parallelmontagen werden die drei verschie-

gen, dann muss man eben die Kunst beherr-

denen Geschichten zu einer einzigen ver-

schen, frei zu fabulieren und dabei Laune zu

knüpft (...). Was braucht der Mensch zum

machen – und Bilder mit dem zweiten Blick zu

Glück? Selten wurde die Frage so verspielt,

sehen. Wo Dialoglisten abgenommen wer-

humorvoll, metaphorisch und lebensnah ge-

den, kann immerhin unbekümmert gepfiffen

stellt. Grosses Kino aus Kuba, das glücklich

werden.» (Dietrich Kuhl­brodt, schnitt.de)

macht.» (Matthias Rüttimann, Zoom, November 1999) «La vida es silbar erzählt in seiner episodenhaften Form, die mit surrealen Bildern und Einfällen ständig neue Wendungen erfährt, eine nicht übermässig Regime-kon-

LA VIDA ES SILBAR / Kuba/Spanien 1998 106 Min / Farbe / DCP / Sp/d // REGIE Fernando Pérez // DREHBUCH Fernando Pérez, Eduardo del Llano // KAMERA Raúl Pérez Ureta // MUSIK Edesio Alejandro // SCHNITT Julia Yip // MIT Luis Alberto García (Elpidio Valdés), Isabel Santos (Chrissy), Coralia Veloz (Julia), Claudia Rojas (Mariana), ­Rolando Brito (Dr. Fernando), Bebé Pérez (Bebé).


36

REEDITION

DERSU USALA Akira Kurosawas Geschichte einer unge-

Oscar für den Besten Fremdsprachigen

wöhnlichen Freundschaft zwischen einem

Film. Kurosawa war 1973 einer Einladung

zaristischen Offizier und einem alten No-

von Mosfilm gefolgt, das Leben des Jägers

maden ist mit seinen kraftvollen und poeti-

Dersu Usala zu verfilmen, ein Projekt, das

schen Bildern auch ein Hymnus an die

er seit den 1930er-Jahren mit sich herum-

Wildnis – deren Zerstörung er schmerzlich

trug: «Dersu, der alte Mann, keiner weiss,

spürbar macht.

wie alt er wirklich ist, auch er nicht. Dersu Usala scheint ein Überbleibsel einer ver-

Ein zaristischer Offizier gewinnt im unweg-

gangenen Zeit, ein un-zivilisierter Mensch,

samen Ussuri-Gebiet einen alten Nomaden

der als Jäger durch die Taiga streift, einer,

als Pfadfinder und Freund. Jahre später, als

der nichts weiter kennt als die Natur, die

dieser blind zu werden droht, bittet ihn der

ihn umgibt, und die kennt er gut. So gut,

Offizier in sein grossbürgerliches Haus. Der

dass Wladimir Arsenjew seine Bekannt-

Nomade glaubt, dort ersticken zu müssen,

schaft mit dem Kirgisen in einem viel be-

zieht sich in die Taiga zurück und stirbt.

achteten Roman schilderte, der nicht nur

Der Film wurde ein internationaler Er-

Maxim Gorki Respekt abverlangte. (…)

folg und erhielt unter anderem 1976 den

Dersu Usala schildert die zwei Begegnungen


37 zwischen Dersu und Arsenjew in den Jahren

sawa seinerzeit über die Intention seines

1902 und 1907, als der Offizier Arsenjew mit

grossartigen Filmes.» (Walter Ruggle, trigon-

einigen Soldaten Teile der ­ Ussuri-Region

film.org)

erkunden und topografisch erfassen sollte.» (Ulrich Behrens, filmzentrale.com)

«Ein Hymnus an die Wildnis. Ihre Zerstörung wird nicht gezeigt. Aber sie ist anwe-

«Akira Kurosawa hat eine traumhaft

send im Glanz der Bilder, gleich einer

schöne Parabel über das Zusammentreffen

schmerzvollen Ahnung. Wie John Fords

zweier Kulturen und Lebensformen ge-

Filme sind Kurosawas schönste, bewe-

schaffen, die einander im Grunde fremd

gendste Werke Abschiede.» (Harry Tomicek,

bleiben. Die grosse Heldin seines Films ist

filmmuseum.at, 12/2005)

die Natur, die in eindringlichen, fast mythischen Bildern beschworen wird. Wie Dersu Usala war auch Akira Kurosawa ein Unangepasster, ein letzter Vertreter einer ster-

DERSU USALA / UdSSR/Japan 1975 144 Min / Farbe / DCP / Russ/d // REGIE, SCHNITT Akira

benden, alten Idealen verhafteten gesell-

­Kurosawa // DREHBUCH Akira Kurosawa, Juri Nagibin, nach

schaftlichen Gruppe. ‹Man hat vergessen,

Reiseberichten von Wladimir K. Arsenjew // KAMERA Asakazu

dass der Mensch ein Teil der Natur ist und

Schwarz // MIT Maxim Munsuk (Dersu Usala), Juri Solomin

dass man sie habgierig schändet. Deshalb versuche ich einen Menschen zu zeigen, der mit der Natur in Einklang lebt›, sagte Kuro-

Nakai, Juri Gantman, Fjodor Dobronrawow // MUSIK Isaak (Wladimir Arsenjew), Swetlana Daniltschenko (seine Frau), Dmitri Kortitschew (Wowa, ihr Sohn), Sujmenkul Tschokmorow (Tshan-Bao), Wladimir ­Klemena (Turtwigin), Alexander Pyatkow (Olenin).


> Soigne ta droite.

> Masculin fĂŠminin.

> Éloge de l'amour.


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JLG 90 neuf zéro – un supplément Guckt man sich durch Godards Schaffen, mag man nicht mehr aufhören. So ging es wenigstens uns. Ausserdem schmerzte jeder Film, den man aus Platzgründen weglassen musste. Deshalb hier ein kleines Supplément. Wie schrieb Jacqueline Maurer so schön, in ihrem Text zur Geburtstags-Filmreihe in unserem letzten Heft? «Godard ist in seinem Schaffen unersättlich. Genauso macht sein Kino nicht satt. Im Gegenteil: Umso genussvoller wird es, je mehr wir davon zu sehen bekommen. Es ist jedes Mal ein Fest, das wir ja nicht verpassen sollten!» So ist es. Zum Wiedersehen gibt’s dieses Mal Klassiker wie Bande à part und zum Entdecken Raritäten wie das Remix-­ Remake aus Godards Opus magnum, die Moments choisis des histoire(s) du cinéma. Wir hoffen, Sie bleiben dabei, wenn auch immer noch einiges fehlt. Aber irgendwann geht jede Party vorbei. Für die Nimmersatten stellen wir eine Liste zusammen mit allen Filmen Godards, die irgendwie erhältlich sind, Fundort inklusive, und zwar auf unserem Blog «Filmpodium Plus», zu finden via den Reiter «Bonusmaterial» auf der Filmpodium-Website. Und sicherlich haben wir noch einiges übersehen. Teilen Sie Ihre Fundstücke in den Kommentaren und wir ergänzen die Liste laufend. Gemeinsam sehen wir mehr, deshalb gehen wir auch ins Kino. (pm)

> Moments choisis des histoire(s) du cinéma.


> Nouvelle vague.

> NumĂŠro deux.

> Une femme est une femme.


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Godard

UNE FEMME EST UNE FEMME Frankreich/Italien 1961 Eine Stripteasetänzerin will von ihrem Geliebten unbedingt ein Kind. Weil dieser sich weigert, bittet sie einen gemeinsamen Freund, ihren Wunsch zu erfüllen. «Komödie oder Tragödie? Der Filmmusik nach ist er beides gleichzeitig – ganz bestimmt ist dieser Film ein Meisterwerk. (...) Godard verbindet alle Elemente geschickt mit visuellen und verbalen Gags, mit Alltagssorgen, Widersprüchen und beiläufigen Bemerkungen. So ist ein Film entstanden, den so bisher noch niemand gesehen hatte. Das Ergebnis ist keck, herausfordernd und knallbunt.» (Tony Rayns, Time Out Film Guide)

schen sprichwörtlichen Kinder von Marx und Coca-Cola. Mit ihm beginnt Godards Interesse für den dialektischen Materialismus und die Politik, allerdings in einem ganz eigenwilligen Sinn: Er will nicht politische Filme, sondern politisch Filme machen.» (Filmpodium, 2000) «Natürlich ein Film, der für unter 18-Jährige verboten ist, denn um sie geht es.» (JLG, 1966) 110 Min / sw / 35 mm / F/d // REGIE Jean-Luc Godard // DREHBUCH Jean-Luc Godard, nach zwei Novellen von Guy de Maupassant // KAMERA Willy Kurant // MUSIK Francis Lai // SCHNITT Agnès Guillemot // MIT Jean-Pierre Léaud (Paul), Chantal Goya (Madeleine), Marlène Jobert (Elisabeth), Michel Debord (Robert), Catherine-Isabelle Duport (Catherine-Isabelle), Eva Britt Strandberg (Sie), Birger Malmsten (Er), Françoise Hardy (Freundin des amerikanischen Offiziers), Brigitte Bardot und Antoine Bourseiller (Paar im Café).

85 Min / Farbe / 35 mm / F/d // DREHBUCH UND REGIE Jean-Luc Godard // KAMERA Raoul Coutard // MUSIK Michel Legrand, Charles Aznavour // SCHNITT Agnès Guillemot, Lila Herman // MIT Anna Karina (Angéla Récamier), Jean-Paul Belmondo ­(Alfred Lubitsch), Jean-Claude Brialy (Émile Récamier), Nicole Paquin (Suzanne), Catherine Demongeot (Zazie), Marie Dubois (Angélas Freundin), Jeanne Moreau (Frau in der Bar).

BANDE À PART Frankreich 1964 «Die ‹bande à part› sind drei: zwei pos(s)enhafte Typen und ein Schulmädchen à l’air démodé auf der Jagd nach dem Glück, das ein Zungenkuss sein kann, ein Ballett zur Musik der Zeit, ein Louvre-Besuch (in 9 Minuten 43 Sekunden) oder ein Kleiderschrank voller Franc-Scheine. (...) Der knallige Schluss reduziert die Ménage-à-trois gewaltsam auf eine vielversprechende Zweierkiste … Den Godard von Bande à part sollte man nicht allzu ernst nehmen: Der will doch nur (an)spielen – und ein bisschen angeben, so wie die coolen Jungs mit ihrer Knarre.» (Sebastian Schubert, KinoTageBuch)

NUMÉRO DEUX Frankreich 1975 «Was war zuerst, die Fabrik oder die Landschaft darum herum? Solche Fragen stellen sich die Kinder einer Familie aus dem Arbeitermilieu. Ihr Vater (...) empfindet die Fabrik wie ein Gefängnis; seine Frau fühlt sich im Haushalt eingesperrt. Die Gross­ eltern halten Rückschau auf eine politisch aktive Vergangenheit. (...) Die Entfremdung, die Godard in diesem Haushalt beobachtet, ist für ihn repräsentativ für die Auswirkungen des kapitalistischen Systems. Ohne in platte Propaganda zu verfallen, porträtieren Godard und Anne-Marie Miéville die Frau als ‹Landschaft›, die man zur ‹Fabrik› gemacht hat.» (srf.ch) 88 Min / Farbe / 35 mm / F/d // REGIE Jean-Luc Godard // DREHBUCH Jean-Luc Godard, Anne-Marie Miéville // KAMERA William Lubtchansky // MUSIK Léo Férre // MIT Sandrine Battistella (Frau), Pierre Oudry (Mann), Alexandre Rignault (Grossvater), Rachel Stefanopoli (Grossmutter), Jean-Luc Godard (er selbst).

95 Min / sw / 35 mm / F/d // REGIE Jean-Luc Godard // DREHBUCH Jean-Luc Godard, nach einem Roman von Dolores und Bert Hitchens // KAMERA Raoul Coutard // MUSIK Michel Legrand // SCHNITT Agnès Guillemot // MIT Anna Karina (Odile), Sami Frey (Frantz), Claude Brasseur (Arthur Rimbaud), Louisa Colpeyn (Mme Victoria), Chantal Darget (Mä­ tresse), Ernest Menzer (Arthurs Onkel).

MASCULIN FÉMININ Frankreich/Schweden 1966 «Der Film erforscht im Interviewstil die Probleme der Generation der Zwanzigjährigen, der inzwi-

PLUS OH! Frankreich 1996 Videoclip zum Song Plus haut von France Gall.

SOIGNE TA DROITE Frankreich/Schweiz 1987 Das französische Popduo Les Rita Mitsouko arbeitet im Studio an seinem neuen Album. Der «Idiot» versucht sein jüngstes Filmprojekt zu verkaufen.


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Godard «Die Szenen mit Les Rita Mitsouko (...) handeln vom Handwerk. Vor allem studieren sie die Stimme der Sängerin, mit und ohne Begleitung, manipuliert und unmanipuliert. (...) Handlung gibt es nicht mehr, eher Situationen, Spielelemente, Figuren. (...) Die letzten Bilder zeigen den Vorführraum eines Kinos. Das Licht besiegt die Finsternis. ‹Von hinten.› Tückischer Film.» (Thierry Chervel, Viennale 1997) PLUS OH! 4 Min / Farbe / Digital SD / F // DREHBUCH, REGIE, SCHNITT Jean-Luc Godard // MIT France Gall.

SOIGNE TA DROITE 81 Min / Farbe / 35 mm / F // DREHBUCH UND REGIE Jean-Luc Godard // KAMERA Caroline Champetier // SCHNITT Christine Benoît, Jean-Luc Godard // MIT Jane Birkin (die Zikade), ­Dominique Lavanant (die Frau des Admirals), Pauline Lafont (die Golfspielerin), Éva Darlan (die Passagierin), Isabelle ­Sadoyan (die Grossmutter), Carina Barone (die Amerikanerin), Catherine Ringer und Fred Chichin (Les Rita Mitsouko).

entgegen. So verdichtet sich der Film zur Reflexion über Liebe, Alter, Tod, Kino und Kunst. Ästhetisch knüpft Godard an frühere Arbeiten an. (...) Ein hoch spannender Film, der sich über einen ­individuellen Zugang erarbeitet werden muss.» (Lexikon des int. Films)

JLG IN ZH Schweiz 2002 Jean-Luc Godard besucht Fred van der Kooij an der ETH Zürich und beantwortet Fragen zu Éloge de l’amour. JLG IN ZH 50 Min / Farbe / Digital SD / F/D/d // REGIE, SCHNITT Fred van der Kooij // KAMERA Elisabeth Zingg, Melanie Koller, Ali ­Al-Fatlawi // MIT Jean-Luc Godard, Fred van der Kooij.

ÉLOGE DE L’AMOUR 97 Min / Farbe + sw / 35 mm / F/d // DREHBUCH UND REGIE Jean-Luc Godard // KAMERA Julien Hirsch, Christoph Pollock // SCHNITT Raphaele Urtin // MIT Bruno Putzulu (Edgar), ­Cécile Camp (Sie), Jean Davy (der Grossvater), Françoise Verny

NOUVELLE VAGUE Frankreich/Schweiz 1990 Eine Grossindustrielle macht einen Fremden zum Partner, der ihre Liebe aber nicht erwidert, lässt ihn bei einem Bootsausflug ertrinken und erlebt das Ganze noch einmal mit vertauschten Rollen und dem Zwillingsbruder des Ertrunkenen. «Der Konsens ist – nach Jahren – wiederhergestellt: Nouvelle Vague – neue Welle oder vage Neuigkeit – ist ein Hauptwerk des Films der neunziger Jahre und einer der schönsten Filme im Werk Godards.» (Martin Schaub, Cinema #36) 89 Min / Farbe / 35 mm / F/d // DREHBUCH, REGIE, SCHNITT Jean-Luc Godard // KAMERA William Lubtchansky // MIT Alain Delon (Er: Roger Lennox/Richard Lennox), Domiziana Giordano (Sie: Elena Torlato-Favrini), Roland Amstutz (Jules, der Gärtner), Laurence Côte (Gouvernante), Jacques Dacqmine (der Manager), Christophe Odent (Anwalt), Laurence Guerre (Sekretärin), Joseph Lisbona (Arzt), Laure Killing (seine Frau).

ÉLOGE DE L’AMOUR Frankreich/Schweiz 2001 «Godard erzählt anhand dreier Paare unterschiedlichen Lebensalters (Jugend, Erwachsensein und Alter) von Schlüsselerlebnissen der Liebe. (...) Der zweite Teil, amateurhaft mit grellen Farben auf Video gedreht, stellt die Geschichte der Résistance den individuellen Geschichten

(die Grossmutter), Philippe Loyrette (Philippe), Audrey ­Klebaner (Églantine), Jérémie Lippmann (Perceval), Claude Baignères (Monsieur Rosenthal).

MOMENTS CHOISIS DES HISTOIRE(S) DU CINÉMA Frankreich 2004 «Nach den Histoire(s) du cinéma montiert JeanLuc Godard daraus einen 35-mm-Film in Standardlänge, um diese zusammenzufassen, in die richtige Perspektive zu rücken und abzuschliessen. Doch der Film ist mehr als bloss eine neue Montage von bereits existierenden Bildern aus den Histoire(s), es ist ein Film ‹voller Leben›, wie der Regisseur selbst sagt. Ein dicht komprimiertes audiovisuelles Erlebnis, mit Aufnahmen aus Filmen, die verflochten und überschnitten, verlangsamt, seitenverkehrt gezeigt und wiederholt werden. (...). Es ist ein erstaunliches Werk. Es ist der Kampf mit dem Tod, den Kino für Godard dieser Tage zu definieren scheint.» (Ronald Rovve, Viennale 2007) Ein selten gezeigtes Werk, das bisher ausschliesslich als 35-mm-Filmkopie erhältlich ist. 84 Min / Farbe + sw / 35 mm / F/e // DREHBUCH, REGIE, SCHNITT Jean-Luc Godard.


43 Filmpodium für Kinder

Ailos Reise Während zweier Jahre begleitete ein Filmteam mit viel Ausdauer eine Herde Rentiere in Lappland. Spektakuläre Bilder, in eine b ­ erührende Geschichte gepackt.

AILOS REISE (Aïlo: une odyssée en Laponie) / Frankreich/Finnland 2018 86 Min / Farbe / DCP / D / ab 6 // REGIE Guillaume Maidatchevsky // DREHBUCH Guillaume Maidatchevsky, Morgan Navarro, // KAMERA Daniel Meyer // MUSIK Julien Jaouen // SCHNITT Laurence Buchmann // MIT Anke Engelke (Erzählerin).

Zwar ist Ailos Reise ein Dokumentarfilm. Aber er wird erzählt wie eine Geschichte mit einer Hauptfigur, dem Rentier Ailo. Wir begleiten es von seiner Geburt an und erleben, wie es in seiner Herde aufwächst. Auf der Wanderung durch die arktische Wildnis nahe dem Polarkreis kommen die Rentiere mit vielen anderen Tierarten in Kontakt, darunter Eichhörnchen, Elche, Adler und Wölfe – und Ailo muss lernen, dass er sich vor manchen besser in Acht nimmt. Auf die Rentiere warten viele Abenteuer und sie müssen auch lebensgefährliche Situationen durchstehen. Kinderfilm-Workshop Im Anschluss an die Vorstellungen vom 23. Januar und 6. Februar bietet die Filmwissenschaftlerin Julia Breddermann ­einen Film-Workshop an (ca. 30 Min., gratis, keine Voranmeldung nötig). Die Kinder erleben eine Entdeckungsreise durch die Welt der Filmsprache und werden an einzelne Szenen und Themen des Films herangeführt.


44 SÉLECTION LUMIÈRE

DI, 12. JAN. | 20.15 UHR FR, 29. JAN. | 15.00 UHR

LACOMBE LUCIEN 13 Jahre bevor er sich im oscarnominierten

je gemacht worden sind. Die Handlungen

Au revoir les enfants der Opferseite der Ju-

werden schnörkellos inszeniert, mit Zu-

denverfolgung im Zweiten Weltkrieg wid-

rückhaltung – ohne den Versuch, jemanden

mete, hatte Louis Malle in Lacombe Lucien

zu schockieren oder zu beeindrucken; die

versucht, die Beweggründe der Mitläufer

Handlungen sind das, was wir bereits

und Mittäter einfühlbar zu machen. Sein

wussten. Die filmische Technik (...) ist ­

­Titelheld – apolitisch, gekränkt und etwas

schlicht, frontal und nicht forciert. Der Film

tumb – steht stellvertretend für all jene,

ist das Gesicht des Jungen. Die Magie liegt

die Faschismus erst möglich machen.

in der intensiven Neugierde und Intelligenz hinter dem Film – in Malles Erkenntnis, dass

Frankreich, 1944. Lucien Lacombe, ein 17-

die Antworten auf unsere Fragen, wie

jähriger Bauernsohn, ist ein schlichtes Ge-

­Menschen ohne Interesse an Politik zu ak-

müt; als er sich der Résistance anschlies­

tiven Mitwirkenden bei brutaler Folter wer-

sen wollte, wurde er von dieser verschmäht.

den, in Luciens pausbäckiger, schmaläu-

Nun ist von der Gestapo als Scherge ange-

giger Miene zu finden sind und dass uns zu

heuert worden, um Flüchtige einzufangen

zeigen, worauf dieser Junge nicht reagiert,

und zu foltern. Als Lucien sich in die junge

am aufschlussreichsten überhaupt sein

Jüdin France Horn verliebt, gerät er in ein

kann.» (Pauline Kael, The New Yorker, 1974)

Dilemma. «Malles Film ist ein langer, eingehender Blick auf die Banalität des Bösen; es ist (...)

✶ am Dienstag, 12. Januar, 20.15 Uhr: Einführung von Martin Walder

einer der am wenigsten banalen Filme, die

LACOMBE LUCIEN / Frankreich/BRD/Italien 1974 139 Min / Farbe / DCP / F/d // REGIE Louis Malle // DREHBUCH Louis Malle, Patrick Modiano // KAMERA Tonino Delli Colli // MUSIK Django Reinhardt, Quintett Hot Club de France // SCHNITT Suzanne Baron // MIT Pierre Blaise (Lucien), Aurore Clément (France), Holger Löwenadler (Albert Horn), Therese Giehse (Bella Horn), Stéphane Bouy (Jean-Bernard), Loumi ­Jacobesco (Betty Beaulieu), René Bouloc (Faure).


45 IMPRESSUM

DAS FILMPODIUM IST EIN ANGEBOT DES PRÄSIDIALDEPARTEMENTS

in Zusammenarbeit mit der Cinémathèque suisse, Lausanne/Zürich LEITUNG Corinne Siegrist-Oboussier (cs), STV. LEITUNG Michel Bodmer (mb) WISSENSCHAFTLICHE MITARBEIT Tanja Hanhart (th), Primo Mazzoni (pm), Laura Walde PRAKTIKUM Sarah Schwedes // SEKRETARIAT Claudia Brändle BÜRO Postfach, 8022 Zürich, Telefon 044 412 31 28, Fax 044 412 31 25 WWW.FILMPODIUM.CH // E-MAIL info@filmpodium.ch // KINO Nüschelerstr. 11, 8001 Zürich, Tel. 044 415 33 66 UNSER DANK FÜR DAS ZUSTANDEKOMMEN DIESES PROGRAMMS GILT: Arsenal Distribution, Berlin; Ascot Elite Entertainment Group, Zürich; Bundesarchiv-Filmarchiv, Berlin; DCM Film Distribution, Zürich; Filmmuseum München; Filmsyndikat Filmproduktion, Baden-Baden; Fondation Jérôme Seydoux-Pathé, Paris; Fred van der Kooij, Zürich; Gaumont, Neuilly sur Seine; Gaumont Pathé Archives, Saint-Ouen; Kinemathek Le Bon Film, Basel; L'Atelier, Rolle; Lobster Films, Paris; The Mary Pickford Foundation, Santa Monica; Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, Wiesbaden; Museum of Modern Art, New York; Park Circus, Glasgow; Praesens Film, Zürich; Studiocanal, Berlin; Svenska Filminstitutet, Stockholm; Sweet Spot Docs, Blonay; SWR Media Services, Stuttgart; T ­ amasa Distribution, Paris; trigon-film, Ennetbaden; Triluna Film, Zürich; Universal Pictures International, Zürich; Vega Film, Zürich; Warner Bros. Entertainment Switzerland GmbH, Zürich. DATABASE PUBLISHING BitBee Solutions GmbH, Zürich // KONZEPTIONELLE BERATUNG Esther Schmid, Zürich GESTALTUNG TBS, Zürich // KORREKTORAT Nina Haueter, Daliah Kohn // DRUCK Ropress, Zürich // AUFLAGE 5000 ABONNEMENTE Filmpodium-Generalabonnement: CHF 400.– (freier Eintritt zu allen Vorstellungen; inkl. Abo Programmheft) // Filmpodium-Halbtaxabonnement: CHF 80.– (halber Eintrittspreis bei allen Vorstellungen; inkl. Abo Programmheft) // ­Programm-Pass: CHF 60.– (freier Eintritt zu allen Vorstellungen einer Programmperiode) // Abonnement Programmheft: CHF 20.– // Anmeldung an der Kinokasse, über www.filmpodium.ch oder Tel. 044 412 31 28

VORSCHAU Februar/März 2021 ahoi! Die Covid-19-Pandemie macht eine lang­ fristige Planung schwierig bis sinnlos. Wir verzichten deshalb auf eine Ankündigung des Februar/März-Programms, die womöglich schon binnen Wochenfrist obsolet wäre. Sobald eine plausible Programmierung für diesen Zeitraum feststeht, wird sie auf unserer Website angekündigt – und natürlich im nächsten Programmheft veröffentlicht.

> The Navigator.


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