Fazit 112

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Essay von Maryam Laura Moazedi

Zukunftsvisionen, kulturelle Phasenverschiebung, Vielfalt und eine Hommage an Star Trek »Der Weltraum, unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahr 2200. Dies sind die Abenteuer des Raumschiffs Enterprise, das mit seiner 400 Mann starken Besatzung fünf Jahre unterwegs ist, um fremde Galaxien zu erforschen, neues Leben und neue Zivilisationen. Viele Lichtjahre von der Erde entfernt dringt die Enterprise in Galaxien vor, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat.«

Ein Streifzug durch die gesellschaftlichen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte und eine Übersicht, welche Rolle dabei Gendergerechtigkeit spielt.

Intro zur Fernsehserie »Raumschiff Enterprise«, USA 1966–1969

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Technologischer Fortschritt war ein wesentlicher Bestandteil von Star Trek. Und er blieb nicht nur in dieser Science-Fiction-Fernsehwelt, sondern inspirierte die reale Welt. Es heißt, der Tricorder des Schiffsarztes McCoy wäre in Form der Kernspintomographie Realität geworden, die Bordcomputer, aus denen Musik abgerufen wird sollen die Vorlage für den »Ipod« sein, der Kommunikator wird als Vorgänger des Mobiltelefons bezeichnet, Nestlé soll bei der Entwicklung eines 3D-Druckers zur Produktion maßgeschneiderter Nahrung im Enterprise-Replikator Inspiration gefunden haben, das Massachusetts Institute of Technology (MIT) führt Experimente durch, deren Konzepte aus Star-TrekFolgen stammen, an Schulen dienen einzelne Drehbuchsequenzen als Motivatoren in naturwissenschaftlichen Fächern und der erste NASA-Spaceshuttle Orbiter wurde nach der Enterprise benannt. Star Trek trieb technologischen Fortschritt an. Neben einer viel interessanteren Dimension. Technologische Entwicklung ist telegen, spannend, regt die Phantasie an und gibt vermutlich im Allgemeinen weniger Anlass, anzuecken und unangenehm zu werden. Da tut sich kulturelle Entwicklung schon deutlich schwerer. Nach William Ogburns Theorie der kulturellen Phasenverschiebung aus den 1920er-Jahren erfolgt technischer Fortschritt in unserer modernen Industriegesellschaft rasch während der Fortschritt der immateriellen Kultur, soll heißen Werte und Normen, mit dem Tempo des technischen Fortschritts nicht mithalten kann. Zwar entwickeln wir auch unsere Denkweisen weiter, allerdings wesentlich langsamer als wir die Technik entwickeln. In diesen zeitlichen Asymmetrien

Foto: Paperwalker

ie Zukunft aus der Sicht der Vergangenheit, aufgezeichnet von einer legendären Serie aus den 1960er-Jahren: »Star Trek« (Raumschiff Enterprise). Das Morgen wird definiert durch Technologie, einem beinahe standardisierten Symbol für Zukunft. Technologischer Fortschritt bildet auch abseits von Science Fiction eine nahezu reflexartige erste Assoziation mit der Zukunft. Vorstellungen manifestieren sich beispielsweise in Konzepten zur Mobilität, Kommunikation oder Stadt der Zukunft in erster Linie durch Technik: schwebend, fliegend, drahtlos, schwerelos, endlos, höher, weiter, leichter, schneller, Staunen. Bei Star Trek symbolisieren Warpantrieb, Beamen, Phaser, Tricorder und Holodeck den fortgeschrittenen Entwicklungsstand der Menschheit. Neben einer viel interessanteren Dimension.

Mag. Maryam Laura Moazedi ist Diversity-Managerin und Leiterin der Human-Resources-Abteilung der Legero Schuhfabrik GesmbH sowie Universitätslektorin am Institut für Wirtschaftspädagogik der Grazer Karl-Franzens-Universität.

FAZIT MAI 2015 /// 49