Fazit 102

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Fazitgespräch Aber dennoch ordentlich zu kämpfen. Wie kann man die Wirtschaft langfristig fördern? Unser wichtigster Bereich ist die Industrie, dort lukrieren wir unsere größte Wertschöpfung, bei der Beschäftigung ist es der Bau. Das sind Sparten, auf die wir setzen müssen. Wir wollen etwa mit der Steiermark eine »Region Süd« bilden, weil wir hier großes Potenzial sehen. Es gibt innovative Firmen in Kärnten, die man jedoch auf der internationalen Wirtschaftskarte sichtbar machen muss. Gut, da gibt es etwa Infineon. Aber was sonst? Kärnten hat die weltweit führenden Firmen im Bereich der Reinraumtechnik. Das wird in der Lebensmittelproduktion oder Pharmaindustrie eines der Zukunftsthemen sein. Kärntner Firmen finanzieren einen Lehrgang für Reinraumtechnologie an der TU Graz mit. So etwas muss man sichtbar machen, damit unser Potenzial erkannt wird. Wir liegen geografisch günstig und müssen uns nicht verstecken. Wenn man uns die entsprechende Unterstützung angedeihen lässt, können wir vieles aufholen.

In Sachen Studienrichtungen und Studiengänge hat Kärnten nicht viel zu bieten. Auch die Universität hat nicht den besten Ruf. Ich glaube, sie hat in ihren Kernbereichen einen guten Ruf. Auch in der Betriebswirtschaft und Informatik kann sich unser Angebot sehen lassen. Dass man uns natürlich nicht mit länger entwickelten Universitätsstandorten vergleichen kann, ist mir bewusst. Sie sprechen in den vergangenen Monaten immer davon, Technologie und Forschung ankurbeln zu wollen. Wie?

Wir brauchen gezielte Projekte. Wir müssen schauen, wo wir in Kärnten Leitbetriebe haben, und diese gezielt fördern. Die Gießkanne wie früher wird es nicht mehr geben! Wir können uns auch entlang der Wertschöpfungskette dieser Betriebe noch weiterentwickeln. Viele Kärntner Betriebe haben das Problem, dass sie eine unterkritische Größe haben, um für Leitbetriebe als Zulieferer tätig zu werden. Werden Sie auch neue Studiengänge gründen? Nein, das Thema der Zukunft wird sein, regional zu kooperieren. So wie man Teile der Ausbildung an der Medizinischen Universität Graz, auch in Form von Praktika bei uns in Kärnten absolvieren kann, soll das im technischen Bereich in Zukunft verstärkt mit der TU-Graz möglich sein. Auf diesem Weg wollen wir diesem »Braindrain« entgegenwirken, mit dem wir zu kämpfen haben. Wir sind etwa gerade in der Ausarbeitung eines Projektes, mit dem wir Leute nach Kärnten wieder zurückholen wollen – durch entsprechende Diplomarbeiten und Dissertationen, die in regionalen Unternehmen geleistet werden können. Wir wollen attraktiv für die Jugend sein. Bei der Reindustrialisierung geht es leider meistens nur mehr darum, die Industrie langsamer zu verlieren als jene Länder, die nicht industrialisieren. Zu glauben, dass man mit großen Industrieansiedelungen rechnen kann, wäre schön. Aber das ist, wie das Budget mit einem Lottosechser zu kalkulieren – darauf kann man keine Zukunftsperspektive aufbauen.


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