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Wie Unkraut im Garten Volkskrankheit Krampfadern

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Im ganzen Land

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Krampfadern sind eine Volkskrankheit und zählen weltweit zu den am meisten verbreiteten Krankheiten. Sie entstehen, wenn sich die Venen aufgrund einer angeborenen Bindegewebsschwäche erweitern und die Venenklappen nicht mehr dicht schließen können.

Dadurch ist der Rücktransport des Blutes von den Füßen zum Herzen erschwert, da das Blut zum Teil nicht wie in gesunden Venen nur in Richtung Herz fließt, sondern teilweise auch in Richtung Füße. So kommt es zu einem Blutstau in den Beinvenen. Dieser erhöhte Druck in den Venen weitet sich so lange aus, bis Krampfadern entstehen.

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Krankhaft erweiterte, oberflächliche Venen, die geschlängelt (Mittelhochdeutsch „Krummader“) und häufig knotenförmig an den Beinen hervortreten, nennt man Krampfadern. Sie werden auch als „Varizen“ bezeichnet. Ohne Behandlung der Krampfadern kann es zu Schmerzen, Schwellungen, Wassereinlagerungen, Spannungsgefühl, Hautveränderungen, wiederholten Venenentzündungen und oft zu nur schwer behandelbaren Unterschenkelgeschwüren kommen.

Krampfadern erkennt man an der ihr typischen geschlängelten Form.

Krampfadern, was tun?

Der Facharzt klärt auf.

Sind Krampfadern auch ein Männerproblem?

Dr. Daniel Zipponi: Etwa 25 Prozent der erwachsenen Bevölkerung leiden unter Krampfadern mit einer venös bedingten Beinschwellung. Krampfadern kommen vor allem bei Frauen vor, machen aber auch vor Männern nicht halt (m:w=1:3).

Kann man Krampfadern vorbeugen?

Dr. Daniel Zipponi: Die Veranlagung zu Krampfadern ist meistens vererbt und die Entstehung der Krankheit wird zudem durch die heutige Lebensweise – sprich: sitzende und stehende Berufe - gefördert. Trotzdem kann man selbst eine Menge gegen die Krampfadern tun: Dabei ist Bewegung das Wichtigste für die Venen. Regelmäßiger Sport bringt die Venentätigkeit in Schwung und vermeidet Übergewicht. Dafür eignen sich Sportarten wie Walken, Radfahren oder Wandern. Auch eine gesunde und ballaststoffreiche Ernährung beugt Venenerkrankungen vor. Prinzipiell ist Sitzen und Stehen schlechter für die Venen als Liegen und Laufen!

Welche Narkose wird verwendet und wie lange müssen die Patienten im Krankenhaus bleiben?

Dr. Daniel Zipponi: Nur bei wenigen Patienten ist eine Teilbzw. Vollnarkose notwendig, um eine schmerzfreie Säuberung von großen Geschwüren durchzuführen. Über 95 Prozent der Venenoperationen können heutzutage Dank miniinvasiver Techniken, bei denen kleine Hautschnitte gemacht werden, um den Patienten bei der OP zu entlasten, in Lokalanästhesie (wie beim Zahnarzt) durchgeführt werden. So können die Patienten bereits wenige Stunden nach der Operation entlassen werden.

Wann sollten Krampfadern operiert werden?

Dr. Daniel Zipponi: Die Krampfadererkrankung ist eine chronische Erkrankung, die stetig voranschreitet und sich verschlimmert. Behandelt werden sollte immer dann, wenn Krampfadern oder ihre Folgen zu Beschwerden führen oder wenn Beschwerden absehbar sind und der Blutrückfluss beeinträchtigt ist. Bleibt die Erkrankung unbehandelt, kann es zu Hautverfärbungen und chronischen Entzündungen der Haut kommen. Im schlimmsten Fall können Venenentzündungen und offene Beine auftreten. Ein zu langes Abwarten ist daher nicht sinnvoll und man sollte früh genug zum Arzt gehen, um schwere Folgeerkrankungen zu verhindern.

Kommen Krampfadern nach der Operation wieder?

Dr. Daniel Zipponi: Jein. Die operierten Krampfadern bleiben klarerweise weg. Da es sich hierbei aber um eine chronische Erkrankung handelt, können sich - ähnlich wie Unkraut im Garten - im Laufe der Jahre weitere Krampfadern bilden.

Wie lange muss der Kompressionsstrumpf nach der Operation getragen werden?

Dr. Daniel Zipponi: Um den Erfolg der Operation gewährleisten zu können, sollte der Kompressionsstrumpf für mindestens 3-4 Wochen getragen werden. Da Krampfadern wiederkommen können, gilt: Je öfter die Strümpfe getragen werden, umso besser!

Welche Operationsmethoden gibt es?

Dr. Daniel Zipponi: Die „alte“ Stripping Technik wird bereits vollständig mit endovaskulären Techniken ersetzt. Vorteil letzterer ist eine weniger invasive, also schonendere und schmerzfreiere Vorgehensweise im Vergleich zur chirurgischen Stripping Technik.

Die Untersuchungen zur Diagnose von Krampfadern sind heute einfach, unblutig und schmerzlos. Nach einer genauen Anamnese und Betrachtung der Venen im Stehen, werden die Venen mit dem Ultraschallgerät untersucht, um das Ausmaß der Krankheit feststellen und eine korrekte Stadieneinteilung machen zu können. Daraus ergibt sich eine konservative Therapie mit Kompressionsstrümpfen oder eine operative Therapie

Schwangerschaft und Krampfadern

Der Anstieg des Hormons Progesteron sorgt besonders in den ersten Monaten dafür, dass sich das Bindegewebe auflockert und die Venenwände nachgiebiger und in Folge grösser werden. Zusätzlich wird der Blutrückfluss aus den Beinvenen zum Herzen erschwert, da die immer größer werdende Gebärmutter auf die Beckenvenen drückt, was den Blutdruck in den Beinvenen erhöht.

Diese Faktoren führen dazu, dass neue Krampfadern entstehen können oder bereits vorhandene sich verschlimmern. Zur Vorbeugung von Krampfadern wird das Tragen von Kompressionsstrümpfen während der Schwangerschaft empfohlen.

Treten Krampfadern auch bei Kindern/Jugendlichen auf?

Dr. Daniel Zipponi: Angeborene Venendefekte wie zum Beispiel missgebildete Venenklappen können schon bei Kindern Krampfadern verursachen. Auch bei Jugendlichen treten diese vor allem durch genetische Vorbelastung der Eltern auf.

Haben Sie in Ihrer über 10jährigen Praxiserfahrung besonders betroffene Berufsgruppen behandelt?

Dr. Daniel Zipponi (lächelt): Man müsste Förster sein, um die Muskelpumpe (Wadenmuskulatur) richtig zu aktivieren. Grundsätzlich sind eigentlich alle Steh- und Sitzberufe gefährdet, vor allem im Gastgewerbe, aber auch Büroangestellte, Busfahrer/innen, Verkäufer/innen, Friseure, Lehrpersonen usw.

Danke für das Gespräch.

Interview: BEATRIX UNTERHOFER

Dr. Daniel Zipponi ist zusammen mit seinem Bruder, der als Kardiologe in der Schweiz arbeitet, in Brixen aufgewachsen, hat in Innsbruck studiert und die Facharztausbildung in Verona gemacht. Er ist verheiratet und kürzlich Vater geworden, arbeitet als Gefäßchirurg im Krankenhaus Brixen und engagiert sich mit Leidenschaft zum Thema Venen und Krampfadern.

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