150 Jahre Chorgesang in Nellingen

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150 Jahre Chorgesang in Nellingen



150 Jahre Chorgesang Eintracht Nellingen

Jubiläumskonzert Samstag, 23. April, Stadthalle Nellingen

Jubiläumstage vom 4.–6. Juni 1988 Festplatz bei der Ludwig-Jahn-Turnhalle (alter Sportplatz)

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Zum Geleit

Seit 150 Jahren bestehen in Nellingen Gesangvereine. Vor genau 80 Jahren wurde der festgebende Verein, die „Eintracht Nellingen“, gegründet. Grund genug zum Feiern und zum Rückblick. Dieses Festbuch möchte zum Feiern einladen: Zum Besuch des Festkonzerts am 23. April und zu den Festtagen im Juni. Die frohen Stunden mögen auch der Rückbesinnung dienen. 150 Jahre bewegte Geschichte liegen zurück. Oftmals muß­ten in politisch und wirtschaftlich schwierigen Zeiten Weichen gestellt und Entscheidungen gefällt werden, die das kulturelle Leben Nellingens nachhaltig beeinflußt haben. Die Geschichte des traditionsreichen Vereins in ihrer Gemeinde, die aufgrund intensiver Recherchen zum erstenmal in dieser Gestalt im Festbuch und in der Festausstellung dargestellt wird, möge die „Alt-Nellinger“ anregen, sich ihrer Geschichte in ihrer Heimatgemeinde wieder zu erinnern. Den „Neu‑Nellingern“ mögen dieses Büchlein und die Ausstellung Orientierungshilfen in ihrer neuen Heimat geben. Die auswärtigen Sängerfreunde werden im Vergleich zu ihrer eigenen Vereinsgeschichte Parallelen, aber auch interessante Besonderheiten finden. Den Sängerinnen und Sängern der „Eintracht“ schließlich möge der Blick in die Vergangenheit frischen Mut und neue Kraft für die Zukunft bringen.

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Karl Pfaff grüsst den neuen ­Gesangverein in Nellingen (1840) Wir treten hier zusammen Ein festgeschloßner Bund, Wohlan, in Gottes Namen, Gesegnet sei die Stund!

Nicht sind es Kriegers Waffen, Die ihr allhier erblickt, Nicht Schwert, nicht Speer noch Lanze, So oft zum Mord gezückt.

Schaut hier des Bundes Zeichen, Die Fahne schön geschmückt; Nicht goldne Kronen sind es, Die ihr darauf erblickt.

Es sind des Landmanns Waffen, Womit die Erd’ er zwingt, Daß seinen Fleiß belohnend Sie reiche Ernte bringt.

Was unser Fleiß dem Boden Im Schweiße abgewann, Des Herbsts, des Sommers Gaben, Die seht ihr prangen dran.

Das ist das rechte Banner Für unseren Verein, Das soll des Bundes Zeichen Von nun an immer sein!

Die Garbe winket freundlich, Von goldnen Ähren schwer, Und um sie schlingt ein bunter, Ein reicher Kranz sich her.

Wenn nach des Tages Mühen Uns heitrer Sang erfreut, Dann sei auch unserer Fahne Ein kräftig Lied geweiht.

Und wenn das Fest der Lieder Die frohen Sänger ruft, Dann flattre sie stets freudig Voran in blauer Luft.

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Musik allein ist die Weltsprache und braucht nicht Ăźbersetzt zu werden, da spricht Seele zu Seele.  Berthold Auerbach 6


Ein herzliches Willkommen allen unseren Gästen, die mit uns gemeinsam

– 150 Jahre Chorgesang in Nellingen – feiern. Unser besonderer Gruß gilt allen teilnehmenden Sängerinnen und Sängern mit ihren Chorleitern und allen Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt Ostfildern. „Musik verbindet“ – dieser Gedanke, der in der 150-jährigen Vereinsgeschichte zum Ausdruck kommt, soll im Mittelpunkt unserer Festtage stehen. Die Musik verbindet nicht nur alle Mitglieder unseres Vereins zu einer großen Sängerfamilie, sie schlägt auch gleichzeitig eine Brücke zu allen musikliebenden Menschen unserer Zeit. Die Musik verbindet die Zeiten: So spiegelt uns ein Werk wie „Der Rose Pilgerfahrt“ die Gründerzeit unseres Vereins wider und läßt uns als Ausführende wie Zuhörer die Aufbruchsstimmung der Romantik neu erleben. Wir haben dem in Ostfildern wirkenden Komponisten Albrecht Imbescheid den Auftrag erteilt, eine Komposition für uns zu schreiben. Mit der Einstudierung und Uraufführung dieses Werkes wollen wir einen Beitrag leisten, die Musik unserer Zeit lebendig zu machen. Dieses Vorhaben verbinden wir mit dem Wunsch, dem Chorgesang auch für die Zukunft neue Impulse zu geben. Den Blick in die Vergangenheit der Vereinsgeschichte gemacht und uns in Festschrift und Ausstellung neu erschlossen zu haben, dafür gehört unser Dank Herrn Dr. Hans-Günther Bauer. Danken wollen wir auch Herrn OB Koch und der Stadtverwaltung Ostfildern für die Unterstützung bei den Vorbereitungen unserer Festtage. Nicht zuletzt gilt unser herzlicher Dank allen Sängerinnen und Sängern. Ihre Begeisterung und Zuverlässigkeit bei der Chorprobe, ihre Einsatzfreude bei den vielfältigen organisatorischen Vorbereitungen lassen uns voll Freude unser Jubiläum erwarten.

Peter Lauterbach Chorleiter

Walter Kaiser 1. Vorstand 7


Liebe Sängerinnen und Sänger, wenn der „Gesangverein Eintracht ­Nellingen“ in diesem Jahr sein 150-jähriges Jubiläum feiern kann, dann gehört er damit zu den ältesten Chor­ vereinigungen im Schwäbischen Sängerbund. Und alle, die sich in dieser Zeit, über viele Generationen hinweg und auch in schweren und unruhigen ­Zeiten, um die Pflege des Chorgesangs angenom­ men haben, haben nicht nur ihr Leben und auch das vieler anderer Menschen bereichert, sie haben auch das kulturelle Leben unserer Heimat mit­ gestaltet. „Singen heißt verstehen“, hieß das Motto des Deutschen Sängerbundes im vergangenen ­Jubiläumsjahr. Der Chorgesang ist auch in einer Zeit auseinanderstrebender Interessen eine eini­ gende Kraft, die Menschen miteinander verbindet. Ein besonderer Dank gebührt aber bei einem solchen Jubiläum vor allem auch den vielen Chorleitern und im Ehrenamt Tätigen, die in all den Jahrzehnten durch ihre zielstrebige und ausdauernde Arbeit den Fortbestand und die Lebenskraft einer Chorvereinigung erst gewährleisten. Und die große Zahl der aktiven Sängerinnen und Sänger der „Eintracht“ bestätigt ihre Leistungsfähigkeit. Der Schwäbische Sängerbund wünscht dem Gesangverein Eintracht Nellin­ gen einen glanzvollen Verlauf seiner Jubiläumsveranstaltung und Glück und Erfolg auf dem Weg in eine friedvolle Zukunft! In herzlicher Verbundenheit Ihr

Prof. Dr. Theo Balle Präsident des Schwäbischen Sängerbundes 8


Liebe Sängerinnen und Sänger des Gesangvereins Eintracht Nellingen, Sie dürfen 1988 auf 150 Jahre Chorgesang in Nellingen zurückblicken. Dies ist ein stolze Jubi­läum, zu dem ich Ihnen auch im Namen der 75 Mitgliedsvereine im Karl-Pfaff-Gau sehr herz­ lich gratulieren möchte. In diesen langen Jahren hat sich Ihre „Eintracht“ zu einem der mitgliedstärksten und leistungsfähigsten Vereine in unserem Gau entwickelt. Ein Beweis hierfür ist, daß in Ihrem Verein 5 Chorgattungen beheimatet sind. Besonders freue ich mich darüber, daß in Ihrem Kinder- und Jugendchor schon heute der Grundstein für weitere erfolgreiche Jahre gelegt wird. Die Geschichte der Eintracht Nellingen ist geprägt durch Personen, die den Verein im musikalischen wie organisatorischen Bereich geführt haben. Als Beispiel dafür möchte ich Ihren langjährigen Chorleiter, Musikdirektor Lorenz Lauterbach, nennen. 32 Jahre lang hat er Ihren Chor in hervorragender Weise geprägt und betreut. Sein musikalisches Können lebt in Ihrem Chor, aber auch in seinen Kompositionen weiter. Es ist erfreulich, daß diese Tradition mit seinem Sohn in Ihrem Verein weiter gepflegt wird. Für Ihr Jubiläumsjahr wünsche ich Ihnen Glück und Erfolg. Ich hoffe, daß es Ihnen gelingen wird, die Freude am gemeinsamen Singen nicht nur in den Chor­ proben, sondern auch in den Konzerten und anderen öffentlichen Veranstaltungen deutlich werden zu lassen. Mit diesen guten Wünschen verbinde ich den Dank an alle, die in Ihrem Verein Verantwortung tragen. Ihre und die Aufgabe aller Sänge­ rinnen und Sänger wird es sein, den Rückblick auf 150-jährige Tradition zur Quelle erfolgreicher Jahre des Chorgesanges in der Zukunft werden zu lassen. Mit freundlichen Grüßen Ihr

Hans Herzinger Gaupräsident des Schwäbischen Sängerbundes 9


Die Musik ist der Gesang der Jahrhunderte, und die Blume der Geschichte. Sie entspringt dem Leid wie der Freude der Menschheit. Die Pflege des Volkslieds und des künstle­ rischen Chorgesangs ist die vornehmliche Auf­ gabe unserer Laienchorbewegung. Ohne ihren Einsatz würde das öffentliche Musikleben eine entscheidende Lücke aufweisen. Die Chorvereine leisten einen wesentlichen Beitrag für das Kultur­ leben im Volke. Gerade in unserer Zeit, wo Technik und Wissenschaft es ermöglichen, nach den Sternen zu greifen, ist ihnen aufgetragen, die Seele der Menschen nicht verarmen, die ethischen Tiefen unseres Daseins nicht verschütten zu lassen. Singende Menschen bewahren für Herz und Gemüt das, was dem Leben inneren Reichtum schenkt. Den Sängerinnen und Sängern der „Eintracht“ Nellingen soll dafür reicher Dank gesagt sein, daß sie dem Kleinod „Chorgesang“ stets die Treue bewahrt haben. Ich möchte diesen nicht nur im Namen aller Sangesfreunde, sondern auch in meinem eigenen zum Ausdruck bringen. War es auch nur eine kurze Zeit (durch den 2. Weltkrieg bedingt), die ich als musikalischer Leiter Ihrem Chor vorstehen durfte, so denke ich doch gerne an sie zurück. Es war für mich ein Erlebnis, in jugendlicher Begeisterung mit diesem stattlichen und leistungsfähigen Chor in freundschaftlicher Atmosphäre musizieren zu dürfen. Die Lieder eines Volkes sind genau so wichtig wie seine Wälder, Wiesen und Seen. Wie Weideland und Acker vor Versteppung geschützt werden müssen, so ist auch die Seele des Menschen vor Verödung zu bewahren. Möge deshalb auch in der Zukunft von Ihrem Chor ein begeisterndes Tun im Dienste des Chorgesangs ausgehen, damit es immer von Harmonie und edler Gesinnung, von Güte und Humanität kündet. Von ganzem Herzen wünsche ich zu Ihrem Fest des 150-jähri­ gen Bestehens einen schönen Erfolg.

Prof. Karl Hermann Mäder Gauchormeister 10


Grusswort

anlässlich des 150 -jährigen Jubiläums des

Chorgesangs in Nellingen

Es ist ein überaus stolzes Jubiläum, das der Gesangverein Eintracht Nellingen in diesen Tagen feiern kann. Vor 150 Jahren war es, als mit wohlklingenden Tenor-, Bariton- und Baßstimmen ausgestattete Bürger der Gemeinde Nellingen sich zur gemeinsamen Pflege des Liedgutes zusammengefunden haben. Dieser zunächst losen Vereinigung von Sängern wurde dann im Jahre 1838 mit der Gründung des Liederkranzes ein organisatorischer Rahmen gegeben. Durch die 1908 ­erfolgte Fahnenübergabe druch die letzten 4 Sänger des Liederkranzes an den im Jahr 1868 gegründeten Gesangverein Eintracht übernahm dieser das kulturelle Erbe des Chorgesangs in Nellingen. Verschiedene Staatsformen, große Kriege und unter­ schiedliche politische Richtungen versuchten auf den gemeinsamen Gesang Ein­ fluß zu nehmen, was sich mitunter auch in der Liederauswahl bemerkbar machte, aber gesungen wurde in Nellingen immer – seit nun schon 150 Jahren. Daß der gemeinsame Gesang erfolgreich den veränderten Zeiten trotzt, ist bei­leibe keine Selbstverständlichkeit. Wir wissen alle nur zu gut um die Gefahr der Passivität, die insbesondere auf dem Gebiet der Musik von den Medien auszu­ gehen droht. Die Perfektion, die hier geboten wird, nimmt manchem den Mut, es 11


selbst zu versuchen. Nur dort, wo man Gleichgesinnte findet, besteht die Chance, in der notwendigen Weise motiviert zu werden. Hier in Nellingen ist dies immer wieder vortrefflich gelungen. Auch wenn es um den Nachwuchs nicht immer zum Besten stand, so verfügt doch der Gesangverein Eintracht Nellingen heute über einen erfreulich hohen Mitgliederstamm, der dem Chorgesang in Nellingen eine weitere erfolgreiche Zukunft bescheiden wird. Die Stadt Ostfildern nimmt lebhaft und freudig Anteil an dem runden Jubiläum, das der Gesangverein Eintracht Nellingen anläßlich des 150-jährigen Jubiläums des Chorgesangs in Nellingen feiert. Mit einem vielseitigen Festprogramm, zu dem auch Sängerfreunde aus Hohenems in Österreich beitragen, sorgt die Eintracht Nellingen dafür, daß sich die Mitbürger von ihrer Begeisterung für die Musik anstecken lassen können. Die Festfreude strahlt somit aus auf das Gemeinwesen; einmal mehr erweist sich der Gesang als ein integrierender Bestandteil unserer Stadt, der aus dem kulturellen Leben nicht mehr wegzudenken ist. Mein aufrichtiger Dank gilt allen, die sich als Mitglied des Vorstands, als aktiver Sänger oder als ideelles Mitglied eines Gesangvereins darum verdient gemacht haben, daß der Chorgesang in Nellingen als erfolgreicher Botschafter der Muse Musik eine beständige Aufwärtsentwicklung genommen hat. „Ohne Musik kein Leben“ könnte der Wahlspruch lauten, mit dem der Chorgesang in Nellingen seit nunmehr 150 Jahren ausgeübt wird. Und eben diese Zeitlosigkeit, die sich darin äußert, aber auch die Lebensbejahung, die in diesem Motto zum Ausdruck kommt, wünsche ich dem Gesangverein Eintracht und dem Chorgesang in Nellingen für die weitere Zukunft.

Koch Oberbürgermeister 12


Feldblumen im grossen Liederkranz Nellingen vor 150 Jahren: ein Pfarrdorf im Oberamtsbezirk Esslingen. Im Volkszählungsjahr 1811 wurden knapp 800 Einwohner gezählt, die in 118 Wohnhäu­ sern lebten. Man lebte eng zusammen, auch Stallungen und Scheunen wurden oft von zwei Familien gemeinschaftlich benützt. Aber die Gemeinde war nicht arm. Im Jahre 1811 gab es 164 Bürger und „Beisitzer“ – das sind selbstständige Bauern – und 43 Handwerker. Auf den unteren Sprossen der sozialen Leiter waren weniger Leute zu finden: 61 Ackerleute und 60 Taglöhner. Die Oberamtsbeschreibung von Esslingen aus dem Jahr 1845 kommt zu dem Schluss, daß sich in Nellingen „in Vergleichung mit anderen Nachbarorten höhere Wohlhabenheit findet, die sich auch in den moralischen Eigenschaften der Einwohner, in ihrem Ehrgefühl und Sinn für Ordnung und Schicklichkeit nicht verleugnet.“ Die Würdigung der Nellinger in der Oberamtsbeschreibung kommt nicht von ungefähr. In der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts ist es in der Gemeinde beständig aufwärts gegangen. In Folge der Französischen Revolution wurden nach und nach verschiedene feudale Lasten, die die Bauern zu tragen hatten, abgeschafft. In den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts wurden zuerst der „Vogts-Roggen und -Kernen“, dann die Teilgebühren der drei- und vierteiligen Hofäcker, zuletzt die besonders hohen jährlichen Gülten an Geld und Früchten abgelöst. Die Namen der alten Steuern sagen uns heute wenig. Aber es ist einleuchtend, daß das Lebensgefühl der Nellinger Bauern mit jeder abgelösten Feudallast gestiegen ist, bis zu guter Letzt der jahrhundertelange Traum mit dem Ablösegesetz vom 17. Juni 1849 wahr wurde, mit dem die Bauern freie Grundbesitzer geworden sind. Man verstand es auch, die einmaligen hohen Ablösesummen der Steuern durch geschickte Grundstücksverkäufe erträglich zu halten. In diese Zeit des Aufschwungs fiel die Gründung des Gesangvereins „Liederkranz Nellingen“. Man muss sich darüber wundern, daß Bauern und Handwerker, die zu Wohl­ stand gekommen sind, den Wunsch hegen, miteinander ausgerechnet zu singen. Man vergegenwärtige sich nur, wie das „Wirtschaftswunder“ nach dem 2. Weltkrieg den Gesang fast zu ersticken drohte. Zudem galten die Schwaben als ein nicht gerade musikbegeistertes Volk. Der alte Spruch „Suevia non cantat“ – Schwaben singt nicht – weist nicht zuletzt darauf hin, daß das Schwabenland zwar die bedeu­tendsten Dichter und Denker, aber nicht einen Komponisten vergleichbaren Rangs hervorgebracht hat. Nach den napoleonischen Kriegen durchflutete eine Welle nationaler Begeiste­ rung die deutschen Lande. Burschenschaften und Turnerbünde entstanden. Auch die Bürger der ehemaligen Reichsstädte Süddeutschlands hoben die Einheit Deutschlands auf ihr Schild. Sie fühlten sich durch die Staatsreform doppelt betro­ 13


gen. Einerseits waren sie der politischen, rechtlichen und damit auch kulturellen Eigenständigkeit beraubt, andererseits war ihnen das wirtschaftliche und ideelle Betätigungsfeld innerhalb eines Territorialgebietes zu eng und zu willkürlich. Zugleich waren die reichsstädtischen Bürger liberaler als die Burschenschaften, und das in der Romantik neuentdeckte Geschichtsbewusstsein fiel bei ihnen auf ein natürliches Selbstverständnis. Im gemeinsam gesungenen Volkslied konnten und wollten diese Bürger ihrem Ideal nach Einigkeit und Recht und Freiheit Ausdruck verleihen und für ihre Gesinnung geschlossen und legal eintreten. Ins Jahr 1817 reichen die Anfänge des Musikvereins Schwäbisch Hall zurück, offenbar des ältesten Gesangvereins im neuwürttembergischen Raum. Ein Jahr später folgte der Singkranz der alten Reichsstadt Heilbronn, nach sieben Jahren der Liederkranz Ulm (1825), im Jahr 1827 schließlich wurden die Liederkränze in Esslingen, Ravensburg und Reutlingen gegründet. Als großes Ereignis wurde die feierliche Handlung der letzten noch existierenden mittelalterlichen Meistersingerzunft gefeiert, die dem jungen Liederkranz Ulm die Tradition in die Hände gelegt hatte. Die oft besungene „Macht des Gesangs“ war nicht nur ein formelhaftes Lob an die Musik, sondern beinhaltete den Willen der jungen Sängerbewegung, mit Gesang die deutschen Stämme und Stände zusammenzuschweißen. Die ab 1827 jährlich stattfindenden Liederfeste vereinigten die sich rasch vermehrenden Liederkränze zu einer Stimme. Schon beim zweiten Liederfest 1828 in Esslingen war der Sängerchor 500 Personen stark. Ein zeitgenössischer Chronist berichtete: „Zu Ross und zu Fuß, in Kutschen und auf Wagen waren Zuhörer herbeigeströmt. Esslin­ gen glich heute einer großen, stark bevölkerten Stadt, und als nach zehn Uhr die neue Kirche geöffnet wurde, welche zuerst der Zug der Sänger betrat, so waren ihre Hallen bald voll, und von außen umwogte noch eine große Zahl von Zuhörern das überfüllte Lokal.“ Sehr wahrscheinlich waren aus dem benachbarten Nellingen Zuhörer, wenn nicht gar Mitwirkende auf diesem Liederfest in Esslingen. Denn wenn beim allge­ meinen Liederfest 1841 in Ludwigsburg bereits die stattliche Anzahl von 25 Nellinger Sängern mitwirkten, kann man auf eine längere Tradition schließen. In jenen Jahren, von 1797 bis 1837, wirkte in Nellingen als Schulmeister Christian Gottlieb Kieß, der die politische und ideelle Seite der Sängerbewegung unterstützte und auch in Nellingen voranzutreiben suchte. Sicherlich hatte er Kon­ takt zu dem Esslinger Konrektor Karl Pfaff, der als Organisator und P ­ ropagandist der Liederfeste und Mitbegründer des Schwäbischen Sängerbundes bald „Sängervater“ genannt wurde. Jedenfalls gab der Nellinger Schulmeister Kieß dem erst­ 14


mals 1817 eingerichteten „Gemeinde-Deputiertenrat“ in Nellingen als Ratsschrei­ ber ein Motto auf den Weg, das in Stil und Aussagen eine enge geistige Nähe zu Karl Pfaff verrät. An Aktualität hat es nichts eingebüßt. „Wer alles tadelnd, Zwietracht nur erreget Getrieben selbst von blinder Leidenschaft Der Gegner Gründe prüfend nie erwäget Nur Schlimmes überall zusammenrafft Und jeden frech mit schnöder Schmach beleget Der nicht nach seinem Sinne denkt und schafft Den will das Volk zum Sprecher nicht und Freunde Er schadet mehr als die erklärten Feinde. Doch wer das Volk, von edlem Trieb entflammet Den rechten Weg zu seiner Wohlfahrt lehrt Die anders denken nicht mit Stolz verdammet Des Rechtes und der Weisheit Stimme hört Das Gute schätzt, woher es immer kommet Und Menschenwürde selbst im Feinde ehrt Den wird das Volk den wahren Volksfreund nennen Und leicht an seinen Werken ihn erkennen.“ Kieß brachte die Sängeridee mit Erfolg nach Nellingen. Zunächst wird er auf Skepsis gestoßen sein. Die ehemals reichsstädtischen Bürger hatten die Sänger­sache zu ihrer Sache gemacht. Das Dorf Nellingen lebte aber durchaus nicht immer harmonisch mit der großen Reichsstadt Esslingen zusammen. Die Auseinandersetzungen waren im Städtekrieg 1449 sogar kriegerischer Natur. Esslinger und Ulmer steckten damals Dorf und Propstei Nellingen in Brand. Und in der Zeit des Sängeraufschwungs gingen immer mehr alte Rechte Nellingens an das Oberamt – nach Esslingen. So kann nicht davon gesprochen werden, daß die Gründung eines der ältesten, wenn nicht überhaupt des ältesten Gesangvereins auf ländlichem Boden ein Ableger der großen bestehenden Liederkränze gewesen war. Die Nellinger griffen auf eigene Wurzeln zurück. Denn schließlich konnte auch Nellingen auf eine eigene vergleichsweise glanzvolle mittelalterliche Geschichte zurück­ blicken. ­Nellingen war Sitz einer Propstei, die sämtliche in der Umgebung Nellingens liegenden Güter des Klosters St. Blasien verwaltete. Der Propst ernannte und beaufsichtigte die Pfarrer in Nellingen, Ruit, Scharnhausen, ­Heumaden und Plochingen. Ihm zur Seite war von der Grafschaft Württemberg ein Vogt zur Wahrnehmung der weltlichen Geschäfte über das Gebiet gestellt. Auch die Vogtei befand sich in Nellingen. Wohlhabenheit und Geschichtsbewußtsein stellte 15


die Nellinger Bürger zwar nicht auf gleiche, aber auf vergleichbare Stufe mit den Esslingern. Die Besonderheit der Gründung eines Gesangvereins im ländlichen Raum war der Sängerbewegung bewusst. Karl Pfaff selbst hat es sich nicht nehmen lassen, ein Festgedicht zur Fahnenweihe des „Liederkranzes“ zu schicken. Die Nellinger waren sich der Ehre bewusst. Das Gedicht wurde – sicherlich mit großem Pathos – auf dem Festplatz vorgetragen. Sogar die von Pfaff gegründete, mittlerweile aber nicht mehr von ihm geleitete Zeitung in Esslingen, der „An-

Das älteste erhaltene Stimmbuch mit ursprünglich über 50, jetzt noch 41 erhaltenen Liedern für eine Tenorstimme II; der Überlieferung nach vom Vereinsgründer, dem Schäfer Jakob Hartmann, selbst geschrieben. Die abgebildete Seite ist ein Lied auf ein Gedicht von Karl Pfaff.

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zeiger – Amts- und Intelligenzblatt für das Oberamt Esslingen“, hat das Gedicht in seiner Nummer 60/1840 in voller Länge abgedruckt. Pfaff rückt in seinem Festgedicht die Symbole der Nellinger Fahne in den Mittelpunkt: Früchte und Ackergerät. Die Früchte grenzt er gegenüber den goldenen Fürstenkronen, das Ackergerät gegenüber den Kriegswaffen ab. Pointiert begreift Pfaff die Nellinger Sänger als Boten einer landständischen, pazifistischen, sangesfrohen, einigen Republik. Sein friedensstiftender Aufruf wird nicht ungehört verhallt sein. Zu sehr hatte die Gemeinde erst in jüngerer Zeit unter fürstlichen Heeren zu leiden gehabt. So lagen im Jahr 1796 Österreicher in Nellingen, welche später von Franzosen abgelöst wurden, 1799 längere Zeit kurpfälzische Truppen, die im Brachfeld exerzierten und eine Reitschule anlegten. Im ersten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts waren wiederholt, manchmal über längere Zeit hinweg französische Truppen in Nellingen, die immer wieder die Einwohner drangsalierten und ausplünderten. Im Jahre 1813 wurden russische Kosaken auf dem Durchmarsch hier einquartiert. Erst in den zwanziger Jahren konnte sich

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Nellingen von den Folgen der französischen Revolutions- und nachfolgenden napoleonischen Kriegen erholen. Trotz all der günstigen Voraussetzungen für die außergewöhnliche Gründung eines Gesangvereins auf dem Land gab es doch auch „Vorurteile“ und „Hindernisse“, denen sich der junge Verein ausgesetzt sah. Der Esslinger „Anzeiger“, der davon berichtet, ruft die Nellinger Sänger auf, sich davon nicht abschrecken zu lassen: „Schreitet rüstig auf der Bahn, die ihr betreten!“ Zur Verteidigung der Sänger führt der Chronist ein zunächst eigentümlich klingendes Argument an: „Hört ihr in euren Gassen noch wie früher unsittliche Lieder, nein, sie sind durch solche, die den Menschen sowohl durch ihren Text als ihre Melodie zum Edlen und Guten wenden, verdrängt worden.“ Die Sänger werden mit den Idealen der bürgerlichen Tugend geschmückt. Doch irgendwer musste ja aus den „rohen Gesellen“ sittliche Bürger gemacht haben. Schulmeister Kieß hat sicher dazu beigetragen. Größeren Einfluss auf die Nellinger hatte der Pfarrer Karl Hölder, der etwa zeitgleich mit Kieß von 1823 bis 1834 in Nellingen wirkte. Hölder war maßgebendes Mitglied der aus dem Pietismus erwachsenen Hahnschen Gemeinschaft und brachte die darniederliegende kirchliche Gemeinde zu neuem Leben. Sein Einfluss auf die Gemeinde war so groß, daß fortan alle Sonntagsarbeit eingestellt wurde, keine Sichel mehr am Sonntag gedengelt, keine Sense mehr geschärft wurde. Man verzichtete nun sogar auf den Kirchweihtanz und die Tanzhochzeiten. Es gibt Berichte von auffallenden Heilungen auf sein ernstliches Gebet hin. Als Hölder nach zehnjährigem Wirken in Nellingen seine Abschiedspredigt hielt, war der auch sonst starke Andrang so groß, das man rings auf dem damals die Kirche umgebenden Friedhof Bänke aufstellen musste. Es wird kaum einer aus dem Dorf gefehlt haben. Hölder benutzte nach einem Bericht „jede Gelegenheit, den junge Leuten mit edler Unterhaltung und Gesang Freude zu machen und durch Ausleihen guter Bücher und durch persönliche Mitteilungen ihre Teilnahme zu erwecken für die Vorgänge in Land und Welt“. Ganz zweifellos war der Pfarrer, der aufgrund der Ereignisse der französischen Julirevolution 1830 die „Evangelische Gesellschaft“ gründete, an der Gründung des Nellinger Gesangvereins nicht beteiligt. Dessen politische Haltung hat er schwerlich billigen können. Gleichwohl ist das Zeugnis des Esslinger „Anzeigers“, daß die jungen Sänger sich um guten und sittlichen Gesang bemüht haben, nicht ohne das Wirken Hölders zu denken. Wann genau wurde der Gesangverein „Liederkranz Nellingen“ gegründet? Von der über 70-jährigen Geschichte des Vereins besitzen wir nicht mehr als zwei 18


überlieferte Quellen. Die eine ist der erwähnte Bericht über die Fahnenweihe des Vereins 1840 im Esslinger „Anzeiger“. Dort heißt es: „Der Verein verdankt sein Entstehen den vielen angestrengten Bemühungen des nun verstorbenen Schulmeisters Kies, und gedieh besonders seit längerer Zeit bis zum Tode dieses würdigen Lehrers, gegenwärtig entbehren aber die Nellinger Sänger nicht nur diese Stütze und Hilfe, sondern sie genießen nicht einmal einen Unterricht, und sind gezwungen, sich mit der größten Mühe selbst fortzuhelfen.“ Die andere Quelle ist die „Chronik des festgebenden Verein zum 27. Gausängerfest des Filder-Sänger-Bundes am 5. Juli 1908 in Nellingen a. F. verbunden mit 40-jährigem Stiftungsfest des Gesangvereins ‚Eintracht Nellingen‘“. Bei diesem

Das einzige, wohl um 1855 entstandene Bild des „Liederkranzes Nellingen“. Von links nach rechts: 1. Reihe: Heinrich Vogt, Jakob Hartmann, Karl Ludwig Mayer, Michael Fröschle; 2. Reihe: Andreas Strobel, Theodor Boley, Paul Philipp Mauz, Jakob Hermann, Heinrich Aichele; 3. Reihe: Georg Kober, Gottfried Mauz, Ludwig Bluthardt, Georg Neff, Heß; 4. Reihe: Adam Hermann, Lorenz Kober, Jakob Metzger, Gottlieb Hartmann. 19


Fest lebten noch vier Männer des „Liederkranzes“, die sich entschlossen hatten, ihre Fahnen und Bücher dem Verein „Eintracht“ als Andenken zu übergeben und sich zum letzten Mal an einem Sängerfest zu beteiligen. Auf ihre Erinnerung geht folgende Gründungsgeschichte zurück: „Schon in den ersten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts, als sich in den größeren Städten Württembergs Gesangvereine bildeten, fanden sich in Nellingen Freunde des Männergesanges zusammen und gründeten im Jahre 1838 den „Liederkranz“. Es wird wohl einer der ältesten Landvereine Württembergs sein und auch seine Fahne ... dürfte zu den ältesten zählen. Ein musikbegabter Schäfer, Jakob Hartmann, dirigierte den Verein, lernte die Lieder durch Vorspielen auf einer Klarinette.“ Das Gründungsjahr des Vereins basiert auf dem zweiten Bericht. Nach dem ersten wäre der Verein bereits einige Jahre vorher gegründet worden. Die Gründungsgeschichten widersprechen sich jedoch nur scheinbar. Wir haben uns den ältesten Verein als einen losen Kreis gleichgesinnter Männer um den Schulmeister Kieß vorzustellen. Ganz sicher waren diese Männer 80 Jahre später nicht mehr am Leben, und die vier noch lebenden Vereinsmitglieder sind wahrscheinlich nach 1854 dem Verein beigetreten. Im September 1837 starb Christian Gottlieb Kieß im Alter von 63 Jahren. Er hatte sich über die Grenzen Nellingens hinaus einen Namen gemacht. Sein Ableben ist selbst in der „Schwäbischen Chronik“ der renommierten Landeszeitung „Schwäbischer Merkur“ in Stuttgart vermerkt. Vermutlich haben die Männer um Kieß erst nach dessen Tod, nun auf sich selbst gestellt, dem Verein Konturen gegeben: ein Statut verabschiedet, die zwei Jahre später abgehaltene Fahnenweihe beschlossen, Kassen- und Protokollbücher angelegt, u. a. m. Jakob Hartmanns Verdienst war sicherlich, den jungen Verein zusammengehalten zu haben. Auf ihn soll auch das einzig erhaltene Stimmenbuch auf jener Zeit zurückgehen. Es ist für einen 2. Tenor geschrieben; man hat also schon damals mindestens dreistimmig miteinander gesungen. Am Schluss seines Berichtes ruft der „Anzeiger“ den Sängern zu: „Haltet fest am Guten, lasst euch durch keine in den Weg gelegte Hindernisse abschrecken, schreitet rüstig weiter auf der Bahn, die ihr betreten, ihr seid zwar Feldblumen, aber um so angenehmere Blumen im großen Liederkranze.“

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Germania, Germania! Bis in die achtziger Jahre des 19. Jahrhunderts lebte der überwiegende Teil der Nellinger Bevölkerung ausschließlich von der Landwirtschaft. Deshalb traf sie die Krise um die Jahrhundertmitte äußerst hart. Sie wurde durch vier Jahre der Missernten 1849 bis 1853 ausgelöst. 1854 stand die Ernte schön, da vernichtete ein furchtbarer Hagelschlag kurz vor der Ernte alle Hoffnungen. Die Bauern waren gerade frei geworden, aber noch lange nicht schuldenfrei. Für die Ablösung der letzten feudalen Steuern hatten sie in Jahresraten von 2302 fl. noch bis zum Jahre 1873 36056 fl. zu zahlen. Die Folge der Missernten war eine schreckliche Armut in Nellingen. Durch verschiedene Hilfsmaßnahmen suchte der Gemeinderat die schlimmste Not zu lindern. Den Arbeitslosen wurde Flachs und Hanf zum Spinnen den Winter über aus öffentlicher Kasse abgegeben. Damit „der Kinderbettel gänzlich aufhöre“, wurde 1855 allen Kindern im Alter von 3 bis 14 Jahren täglich ein halbes Pfund Brot auf Gemeindekosten ausgeteilt. Aber auch Geldzahlungen, unentgeltliches Wohnrecht im Armenhaus nutzten letztlich nichts. 200 Nellinger – etwa ein Fünftel der Einwohnerschaft – suchten ihr Heil in der Auswanderung. Die meisten zogen nach Nordamerika, manche aber auch nach Südamerika, besonders nach Peru und Chile. Einer Familie, die nach Australien auswanderte, zahlte der Gemeinderat sogar die Überfahrtkosten in Höhe von 500 fl. mit der Begründung, daß sie die Gemeinde schon „einige“ 100 fl. gekostet hätte. Zum Singen „in froher Runde“ wird den Männern im „Liederkranz“ in den Notjahren nur selten zumute gewesen sein. Wahrscheinlich sind nur die vier 1908 noch lebenden Männer als junge Sänger dem Verein beigetreten, als der spätere Schultheiß Paul Philipp Mauz 1854 den „Liederkranz“ übernommen hatte, nachdem er in seine Heimatgemeinde versetzt worden war. Noch einmal ging man 1857 zum Sängerfest nach Kirchheim. Doch dann erlahmte das Interesse an den Aktivitäten des Sängerbundes. Der „Liederkranz“ wandte sich der Kirche zu. Ob diese erstaunliche Wendung aus den bitteren Erfahrungen der Notjahre gespeist, ob sie durch die aktive, auf Pfarrer Hölder zurückgehende Hahnsche Gemeinschaft in Nellingen unter dem tüchtigen Vorstand Gottlieb Mauz beeinflusst war, wissen wir nicht. Jedenfalls vereinigten sich die Männer des „Liederkranzes“ zunehmend mit Frauen aus der Gemeinde zum vierstimmigen Kirchengesang. Ein eigenständiger Kirchenchor ist in Nellingen erst im Jahre 1921 gegründet worden. Zu den wirtschaftlichen Nöten traten politische Sorgen. Der wenig berechenbare französische „Bürgerkaiser“ Napoleon III. brauchte zur inneren Stabilisierung äußere Erfolge, pochte auf französische Hegemonie in Mitteleuropa und stellte Gebietsansprüche auf die bayerische Pfalz und das linksrheinische Hessen. Wieder 21


drohte der Krieg mit Frankreich. Im Jahre 1863 wurde in Nellingen ein „Wehrverein“ gebildet, der 40 Gewehre von der Stadt Esslingen zu seinen Übungen erhielt. Doch gab man diese Art der Volksbewaffnung bald wieder auf. Zugleich aber erfasste eine neue Welle nationaler Begeisterung, die an die Zeit der antinapoleonischen Befreiungskriege nach 1807 anzuknüpfen suchte, auch die Nellinger Bürger. Mitte der sechziger Jahre wollten nun etliche junge Männer dem schon dreißig Jahre bestehenden, auf die Anfänge der Sängerbewegung zurückgehenden Gesangverein „Liederkranz“ beitreten. Dieser lehnte die Aufnahme mit der zunächst eigenartig klingenden Begründung ab, daß alt und jung nicht zusammenpassten. Doch bei näherer Betrachtung ist die Ablehnung der „Alten“ – wie sie nun genannt wurden – nicht gar so unverständlich. Der „Liederkranz“ bestand in den sechziger Jahren aus höchstens 18 Sängern. Mindestens die gleiche Anzahl junger Männer begehrten den Eintritt. Sie hätten, so befürchteten die Alten sicher nicht zu Unrecht, den Verein völlig umgekrempelt.

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Doch der „Liederkranz“ hat den jungen Gesangverein, der sich den beziehungsreichen Namen „Eintracht“ gab, nicht als Konkurrenz verstanden. Beim Festzug zur Fahnenweihe 1873 marschierte der alte Verein einträchtig neben dem neuen hinter der „Musik“, dem Festkomitee, den Festdamen und vor weiteren 28 Gesangvereinen mit insgesamt über 1200 Sängern durch die Straßen, deren Häuser mit Fahnen, Kränzen und Girlanden geschmückt waren. Die Begrüßung der Festgäste hielt Theodor Boley, wohl der damalige Vorstand des „Liederkranzes“, „in seinem bekannten Humor“, wie das „Esslinger Wochenblatt“ berichtete. Vor allem zeigte der spätere Bürgermeister und Dirigent des „Liederkranzes“, Paul Philipp Mauz, Integrationsfähigkeit, indem er nach erfolglosem Start des Lehrers Zluhan schon kurze Zeit nach Gründung im Jahre 1868 die musikalische Leitung auch der „Eintracht“ übernahm. Lehrer Mauz trug bei der Fahnenweihe im „Bärengarten“ ein Festgedicht vor, das der Gesinnung des neuen Vereins entsprochen hat:

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„Mit Lust und freudiger Begier Entrollen nun die Fahne wir, Damit hier sehe alle Welt, Was uns sofort zusammenhält. Sie schwing sich uns zum Hochgenuss, Den Stiftern hier zum Dankesgruß. Sieh’ – jedermann durchzuckt es schnell, Und manches Auge blitzet hell: Germania, Germania – Die Siegeshelden sieht man da. Sie soll von heut an dem Verein Ein Symbol stets der ‚Eintracht‘ sein. Wie hier der Lorbeer – weich und glatt Sich bindet mit dem Eichenblatt, So soll in unserem Verein Kein Unterschied des Standes sein, Ja, wie hier oben Hand um Hand, Umschlinge ihn der ‚Eintracht‘ Band. Ob manche Stimm auch widerspricht, Wir lassen von der Fahne nicht; Bei Festlichkeiten geh’ fortan Germaniens Panier voran, Wer nicht liebt Wein, Weib und Gesang, Der bleibt ein Narr sein Leben lang. So lang ein Tropfen Blut noch glüht, Noch durch die Brust ein Atem zieht, Und man noch hört der Kehle Klang, Soll schallen unser Hochgesang. Gott und dem deutschen Vaterland Sind unsre Lieder zugewandt! So sei die Fahne denn geweiht Als Symbol unsrer Einigkeit, Sie flattere noch hoch im Wind, Wenn wir einst alle nicht mehr sind. Ja nach Jahrhunderten soll noch Die ‚Eintracht‘ leben dreimal hoch!“ 24


Die alten Sängerideale, die Karl Pfaff einst beschworen hatte, klingen im Gedicht noch durch. Doch dem Früchtekorb auf der alten Fahne sind Eichenlaub und Lorbeer gewichen. Nicht die Ackerleute, sondern die „Siegeshelden“ wurden nun besungen. Ein kriegerischer, ja, auftrumpfender Ton durchzieht den neuen Verein zwei Jahre nach Gründung des deutschen Kaiserreichs. Doch nach dem gewaltigen Auftakt wurde es auch um die „Eintracht“ recht still. Im Jahre 1897 trat der Verein aus dem Schwäbischen Sängerbund, dem er wohl

Erstes Bild der „Eintracht Nellingen“, um 1870 entstanden. Von links nach rechts: 1. Reihe: Jakob Mauz, Gottlieb Gräber, Karl Haar, Heinrich Krämer; 2. Reihe: Friedrich Keuerleber, Johannes Alber, Paul Philipp Mauz, Georg Merk; 3. Reihe: Albrecht Aichele, Ertinger, Wilhelm Kober, Ludwig Kober, Eberhard Aichele, Jakob Bauer; 4. Reihe: Christian MEtzger, Adam Mack, Ludwig Fröschle, Albrecht Mauz, Ludwig Münsinger, Kaspar Schanz, Georg Schanz. 25


gleich nach der Gründung beigetreten war, aus. In den achtziger Jahren verfügte die „Eintracht“ nur noch über zwölf Mitglieder, die kaum öffentlich auftraten. Nur im Winter wurden Singstunden abgehalten und in der übrigen Jahreszeit nur bei besonderen Anlässen. Drei Jahre lang – von 1893 bis 1896 – konnte der Verein unter der neuen Leitung des schwungvollen und humorvollen Lehrers Hornung die Sängerzahl wieder auf 25 verdoppeln. Die Aufwärtsentwicklung stagnierte jedoch wieder bei dessen Nachfolger. Doch auch die mit der Sängersache in Nellingen am Ende des 19. Jahrhunderts unzufriedenen Nellinger Bürger hatten mit weiteren Vereinsgründungen keinen Erfolg. Anfang der siebziger Jahre wurde ein weiterer Gesangverein mit dem Namen „Frohsinn“ gegründet, der sich aber ebenso schnell auflöste wie der 1871 gegründete Militärverein, der auch eine Gesangsabteilung hatte.

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Erschwerter höherer Volksgesang Im ganzen Deutschen Reich verlor die Landwirtschaft an Bedeutung. Ihre Beitrag zum Sozialprodukt halbierte sich zwischen 1850 und 1913, sank von 46 auf 23 Prozent. Auch in Nellingen stellte man bereits gegen Ende des 19. Jahrhunderts fest, daß die landwirtschaftliche Aufgabe zu einer Sache zweiter Ordnung geworden ist. Hauptberuf wurde mehr und mehr die Arbeit in den Esslinger Fabriken. Schon 1832 war Esslingen die am meisten industrialisierte Stadt im Königreich Württemberg. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde Esslingen in einer ganzen Reihe von Branchen führend im mittleren Neckarraum. Die Stadt erfreute sich schnell eines zum Teil überraschend großen Zuzuges von Arbeitern, nicht nur aus dem süddeutschen Raum, sondern auch aus Schlesien, Sachsen usw. Um die Jahrhundertmitte kam kaum einer aus Nellingen. So, als ob eine Industrie gar nicht im Entstehen wäre, interessierten sich die Nellinger Bauern zunächst einmal für die Rechte und Möglichkeiten, die ihnen aus der Bauernbefreiung erwachsen waren. Die ersten Männer, die in den Jahren 1880 bis 1890 in der Esslinger Industrie zusätzlichen Verdienst suchten, waren Nellinger Kleinstlandwirte. Angesehen waren diese „Fabrikler“ nicht. Auch die Esslinger Arbeiter, die sich nun in Nellingen ansiedelten, waren wenig geachtet. Nellingen hatte am Ende des 19. Jahrhunderts fast doppelt so viele Einwohner wie an dessen Anfang. Es war eine „Arbeiterwohngemeinde“ entstanden. Zugleich hat um die Jahrhundertwende das Industriezeitalter auch in Nellingen Einzug gehalten. Die Kanalisation ist teilweise in den Jahren 1897/98 ausgeführt worden. Vollendet wurde sie im Jahr 1904/05. In den Jahren 1900/01 wurde die Gemeinde mit elektrischem Licht versorgt. In den folgenden Jahren verdrängte die Dreschmaschine das jahrhundertelange Dreschen mit dem Flegel. Im Jahre 1893 werden in Nellingen Telefon und Telegraf eingeführt. Im Jahre 1902 plante man eine Bahnlinie von Stuttgart über Sillenbuch – Ruit nach Nellingen. Viele Neu-Nellinger suchten um die Jahrhundertwende durch ihren Beitritt zum Gesangverein sozialen Anschluss an die Alt-Nellinger. Im Jahre 1897 zählte die „Eintracht“ 21 Mitglieder, sechs Jahre darauf, im Jahre 1903, konnte sie sich auf 77 Mitglieder fast vervierfachen. Nachdem der Verein 21 Jahre keinem Dachverband mehr angehört hatte und kaum öffentlich aufgetreten war, trat er im Jahre 1900 dem Filder-Sängerbund bei und besuchte schon im folgenden Jahr erstmals wieder ein Sängerfest – das Gaufest 1901 in Bonlanden. Im selben Jahr wechselte der langjährige Vorstand. Auch der Vereinsausschuss wurde neu gebildet. Es wurde beschlossen, Protokolle von Sitzungen und besonderen Ereignissen des Vereinslebens anzufertigen. Die Protokollbücher sind von dieser Zeit bis heute lückenlos erhalten. Nach langen Diskussionen entschloss sich der Verein, beim 27


Gaufest in Denkendorf 1902 am Wettgesang teilzunehmen, und zwar in der Stufe „Erschwerter höherer Volksgesang“. Als sich die „Eintracht Nellingen“ am Preissingen zu beteiligen begann, war diese Einrichtung schon ein halbes Jahrhundert alt. Sogleich mit der Gründung des Schwäbischen Sängerbundes wurde es eingeführt, „um einen Wetteifer behufs Erziehung besserer Gesangsleistungen in Stadt und Land anzuregen“, wie es in der Wettbewerbsordnung von 1850 heißt. Mittlerweile war der Preisgesang durchaus nicht unumstritten und hatte prominente Kritiker. In einem Brief an den Pfälzischen Sängerbund stellte der Esslinger Fabrikant Oskar Merkel, Präsident des Schwäbischen Sängerbundes, im Jahre 1897 fest: „Die nicht mit Preisen bedachten Vereine suchten in den allermeisten Fällen die Schuld nicht bei sich selbst, sondern bei dem Bundesausschuss, Preisgericht und den geltenden Bestimmungen. Die Unzufriedenheit wird auch erregt durch Sängerschmuggel verschiedener Art bei einzelnen Vereinen, durch die Spannung bei der Preisverteilung. Sie geht nicht selten in Schimpfereien und recht ärgerlichen Auftritten aus, und sie bewirkt in den Fällen, wo mehrere Vereine desselben Orts mit ungleichem Erfolg preissingen, einen Grad der Eifersucht und Gehässigkeit, der die Sangesbruderschaft gänzlich aufhebt.“ Wiederholte Versuche, das Preissingen abzuschaffen, scheiterten an den Vereinen selbst. Auch die „Eintracht“ führte ihren Aufschwung zuallererst auf ihre erfolgreichen Beteiligungen an den Preissingen zurück. Fast jährlich beteiligte man sich nun an den Liederfesten, nachdem man bereits beim ersten in Denkendorf einen „Ia-Preis“ holen konnte. Auch beim Gauliederfest in Bernhausen 1904, ausgezogen mit einer neuen Fahne, kam die „Eintracht“ mit einem 1. Preis nach Hause und wurde von den „Alten“ des „Liederkranzes“ mit deren alter Fahne abgeholt. Bei der Siegesfeier wurde eine Sängerkasse neben der allgemeinen Vereinskasse gegründet. Auch diese Einrichtung bekundet das neue Selbstbewusstsein der Sänger gegenüber dem Gesamtverein. Obwohl die Aufgaben zwischen Vereins- und Sängerkasse nie sehr scharf getrennt waren, bestand die Sängerkasse über 70 Jahre lang und wurde erst 1975 mit der Vereinskasse zusammengelegt. Die Gauliederfeste bildeten in der Folgezeit den Höhepunkt jedes Jahresprogramms. 1905 führte der Weg nach Wolfschlugen, 1906 nach Möhringen, 1907 nach Sillenbuch. Im gleichen Jahr beteilige sich der Verein, der 1904 wieder dem Schwäbischen Sängerbund beigetreten war, erstmals nach fast 40 Jahren wieder an einem Liederfest des Bundes, das in jenem Jahr in Schwäbisch Gmünd abgehalten wurde. Das größte Ereignis für den Verein wurde das 27. Gauliederfest im Jahre 1908, das die „Eintracht“ selbst ausrichtete und mit ihrem 40-jährigen Vereinsjubiläum verband. 28


Die Begeisterung und die Erfolge auf den Sängerfesten machen einen Strukturwandel im Verein deutlich: Der „Liederkranz“ und die „Eintracht“ vor der Jahrhundertwende waren politisch motivierte Zusammenschlüsse, der „Liederkranz“ auf nationalliberaler, die „Eintracht“ auf deutschnationaler Grundlage. Man traf sich, weil man gleicher Gesinnung war, die sich nicht zuletzt, aber auch nicht zuerst im Gesang äußerte. Fast über Nacht rückte nun der Gesang in den Mittelpunkt des Vereinslebens, und zwar als Wettgesang. Im Zuge der Industrialisierung Nellingens ergreift die Sänger industrielles Denken: sachbezogener Fleiß und Innovationsbereitschaft, die sich jedoch nur im Wettbewerb bewähren können. Der ungewollt schnelle Dirigentenwechsel im Verein in derselben Zeit zeigt, daß nicht etwa ein besonders befähigter Chorleiter den Wandel verursacht hat. Die Sänger selbst haben sich verändert. Um die neuen Ziele auch erreichen zu können, akzeptierten, ja, brauchten die Sänger aber auch einen strafferen Probenstil der Dirigenten. Die Festschrift von 1908 erzählt: „Viele Schwierigkeiten waren zu überwinden, bis alle Sänger sich den für den Wettgesang notwendigen Eifer angeeignet hatten; unser junger energischer Lehrer verließ sogar einmal die Singstunde wegen schlechten Besuchs, und erst durch Versprechen vollzähligen Erscheinens in Zukunft kam er in der nächsten Singstunde wieder: Das wirkte. Mit verdoppeltem Eifer wurde nun gearbeitet.“

Weihe der zweiten Fahne anläßlich des 35-jährigen Bestehens der „Eintracht“ 1903. 29


Auch im Ort selbst entfaltete der Verein neue Aktivitäten. Seit 1904 führte der Verein jährlich eine Weihnachtsfeier durch. Auf das Jahr 1906 geht die Tradition des Jahresausflugs zurück. Im Jahre 1908 hielt man ein „Herbstkränzchen“ ab, das trotz guten Erfolgs einmalig geblieben ist. Zu den sängerischen Erfolgen trat der wirtschaftliche: Neben den gestiegenen Einnahmen durch die steigenden Sängerzahlen brachten vor allem die Weihnachtsfeiern Geld in die Kassen. Während der Verein im Jahre 1899 130,26 RM eingenommen hatte, beliefen sich die Einnahmen für 1903 bereits auf 763,77 RM, wobei 216,13 RM allein durch die Weihnachtsfeier eingenommen wurde. Innerhalb von nur vier Jahren hatte sich der Umsatz fast versechsfacht, um dann in etwa bei diesem Stand bis 1911 zu verbleiben. Die Bürger konnten mit den Arbeitern im Verein zunächst gut zusammenleben, zumal die Arbeiter gute und junge Sänger stellten. Mit dem Wettgesang waren die Arbeitersänger zwar nicht einverstanden, aber freuten sich doch über die Erfolge „ihres“ Vereins. Das änderte sich erst, als im Jahre 1908 der Deutsche und 1910 der Württembergische Arbeitersängerbund gegründet wurde. Nun ging es um die Bundeszugehörigkeit des Vereins. Die Generalversammlung im Januar 1911 beschloss nach langer und stürmischer Debatte den Austritt auf dem Schwäbischen Sängerbund, dem der Verein erst 14 Jahre später, im Jahre 1925, wieder beitreten sollte. In derselben Generalversammlung wurde einer der erstaunlichsten Beschlüsse in der Vereinsgeschichte gefasst – deren Für und Wider man sich lebhaft ausmalen

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kann –, die Bestimmung nämlich, „Chöre, welche dem Denken und Fühlen der Arbeiter entsprechen, einzulernen“. Diese Bestimmung schlägt sich auch in dem einen Monat später beschlossenen Statut nieder: „Soweit es der Gesang bei Beerdigungen, Hochzeiten usw. notwendig macht, werden auch kirchliche Chöre erlernt; auch werden auf Verlangen zur Mitwirkung an Vereinsfestlichkeiten anderer Vereine Turner-, Arbeiter- und Freiheitslieder eingeübt.“ Trotz aller Vermittlungsversuche spaltete sich der Verein bei der Diskussion um das Statut, „denn die Minorität wollte sich den von der Majorität gefassten Abänderungen nicht fügen“, wie es – ohne die umstrittenen Punkte zu nennen – im Protokoll der außerordentlichen Generalversammlung heißt. 18 Sänger verließen unmittelbar darauf den Verein und gründeten zusammen mit etwa 65 Nellinger Arbeitern, die bisher der „Eintracht“ nicht angehört hatten, den Gesangverein „Freiheit“. Mit ihnen trennte sich der seit 1903 die „Eintracht“ dirigierende Ludwig Neff. Mit dem immerhin 60 Mann starken, wenn auch sicher recht ungeschulten Chor besuchte der Dirigent noch im selben Jahr das Landessängerfest des Württembergischen Arbeitersängerbundes in Esslingen. Wie hitzig die Trennung vonstatten ging, zeigt ein kleiner, ins Protokollbuch der „Eintracht“ eingeklebter Zettel hinter dem Bericht der Statutdiskussionen: „Infolge Austritts von 18 Mitgliedern aus dem Verein, worunter auch Kassier Th(omas) Mengeu, wurde vom Ausschuss die Büchsen und das Geld abgenommen und vom Ausschuss dem Sängerkassier Gottl(ob) Aichele bis zur Neuwahl übergeben.“ Thomas Mengeu war Feilenhauer in der Feilenfabrik Dick in Esslingen. Sicher ein aktiver Arbeiter, trat er 1903 sogleich nach seinem Umzug nach Nellingen der „Eintracht“ bei und wurde bereits 1908 zum Kassier gewählt. Er wurde der 1. Vorsitzende des neuen Vereins. Gottlob Aichele, Zementeur, war drei Jahre jünger als Mengeu. Auch er trat 1903, im frühestmöglichen Alter von 20 Jahren, der „Eintracht“ bei. Er stammte aus einer der ältesten Familien Nellingens. Ein Konrad Aichelin ist bereits im Jahre 1572 genannt. Bürger und Arbeiter hatten sich getrennt, jedoch nicht unversöhnlich. Die Bürger konnten sich der modernen Arbeitswelt nicht verschließen, und die Arbeiter verbürgerlichten. So nimmt es nicht wunder, daß die inzwischen mit dem Turnverein zusammengeschlossene „Eintracht“ und der Arbeitergesangverein „Freiheit“ den „Burgfrieden“ 1914 willig annahmen und ein gemeinsames Konzert zugunsten der ausmarschierten Soldaten veranstalteten, das unter der Leitung von Ludwig Neff in der Kirche durchgeführt wurde. Der Zusammenschluss beider Vereine nach dem Krieg zum „Turn- und Sängerbund Eintracht“ war dann nur noch eine Formsache. 31


Die organisatorische Einheit sollte jedoch nicht lange währen. Von den Turnern schied man eher aus taktischen Gründen. Das Protokollbuch der „Eintracht“, das mit dem Sylvesterfest 1912 endet, fährt auf der übernächsten Seite im Herbst 1921 fort: „Indem seit dem Zusammenschluss der Vereine Turner- und Sängerbund ‚Eintracht‘, ‚Freiheit‘ und Freie Turn- und Spielvereinigung, nach gutem Zusammenarbeiten am Anfang, die Sängerzahl ganz bedeutend zurück gegangen ist und alle bisherigen Unter­ nehmungen nichts gefruchtet haben, kam der Sängerausschuss und viele Sänger zu dem Entschluss, daß es nur besser sein könnte, wenn die Sängerabteilung für sich allein einen Verein bilden würde und dadurch das Band enger geschlossen wäre, daß nur in dieser Hinsicht der Gesang einer Gesundung entgegengehen könne.“ In der Tat wuchs die wiedergegründete „Eintracht“, die dem Arbeitersängerbund beigetreten war, bald wieder auf über 100 Mitglieder. Aber „Eintracht“ konnten die Sänger auch dieses Mal nicht wahren. Als die Generalversammlung im Januar 1924 mit 67 gegen 46 Stimmen beschloss, aus dem Arbeitersängerbund wieder auszutreten, wurde ein neuer Arbeitergesangverein mit dem Namen „Freiheit“ ins Leben gerufen. Auch in ihm sammelten sich über 100 Sänger. Während die Spaltung im Jahre 1911 sich im sozialen Gegensatz zwischen Alt- und Neu-Nellingern, zwischen Bürgern und Arbeitern, begründete, dokumentiert die neue Spaltung die politische Zerrissenheit jener Zeit, die sich quer durch die Nellinger Familien zog. So blieben etwa der erwähnte Arbeiter Thomas Mengeu, inzwischen zum 2. Vorstand der „Eintracht“ gewählt, und Ludwig Neff, der allerdings nach der Spaltung sein Dirigentenamt niederlegte, dem alten Verein treu. Auf der anderen Seite findet man in der neuen „Freiheit“ eine Reihe von Namen des Dorfpatriziats. Wie weit sich die Ablehnung der „Weimarer Republik“ von rechts wie von links in den Nellinger Vereinen niedergeschlagen hat, ist nicht überliefert. Jedenfalls weist die Gründung einer Ortsgruppe der KPD im Jahre 1923 darauf hin, daß es in jenen Krisenjahren zu erbitterteren Auseinandersetzungen gekommen ist, als das behäbige Bild vom Dorf es glauben macht. Doch so sehr es im Inneren der Vereine gebrodelt haben mag, nach außen bemühten sich beide Vereine um strikte Bewahrung der Sängertradition. Auch die „Freiheit“ nahm an Liederfesten teil, reiste sogar mit einer Abordnung 1928 zum 1. Bundessängerfest nach Hannover mit anschließendem Sängerausflug nach Helgoland. Unter dem engagierten Dirigenten Karl Dupper fand sogar ein Konzert mit Orchesterbegleitung statt. Wie die „Eintracht“ hielt auch die „Freiheit“ Weihnachtsfeiern ab und beteiligte sich an öffentlichen Veranstaltungen der Gemeinde. In unmittelbarem Interesse der Arbeiter lag die neue Straßenbahnlinie. Daß ihre Einweihung 1926 32


entsprechend gefeiert wurde, liegt nahe. Aber der Arbeitergesangverein beteiligte sich auch an Gefallenengedenkfeiern, deren unverhohlen „soldatischer Ton“ den Sängern schwerlich hat gefallen können. Am deutlichsten tritt die Traditionspflege des Arbeitergesangvereins in ihrer Fahnenweihe zutage. Der ehemalige Vorstand der „Freiheit“ und nachmalige Ehrenmitglied der „Eintracht“, Paul Mauz, erinnerte sich anlässlich des Jubiläums 1963: „Bald wurde unter den Sängern der Wunsch nach einer Fahne laut, und es wurde beschlossen, eine solche bei der Fahnenfabrik Karl Neff in Biberach a. d. R. zu bestellen und im nächsten Jahr Fahnenweihe zu halten. Die Fahne wurde aus bestem Material hergestellt zum Preis von RM 750,– ... Am 7. Juni 1925 beging der Verein das Fest der Fahnenweihe, welches bei gutem Wetter einen schönen Verlauf nahm. Das Festbankett fand am 6. Juni in der Turnhalle des Turnerbundes statt und fand mit dem Singspiel: ‚Das deutsche Volkslied‘ einen guten Abschluß. Am Sonntag bewegte sich ein stattlicher Festzug durch die Straßen der Gemeinde zum Festplatz an der Denkendorfer Straße. Nach einem Begrüßungschor folgte die Begrü­ ßungsansprache des Vorstandes. Herr Schultheiß Schuhmacher überbrachte die Grüße und Glückwünsche der Gemeinde. Mitglied, Landtagsabgeordneter Gottlieb Metzger hielt die Festrede. Er schilderte die Entstehungsursache des Arbeitersängerbundes. Anschließend erfolgte die Weihe der Fahne. Diese wurde von Frl. Emma Koch im Gewand der Freiheitsgöttin feierlich überreicht. Von den Festdamen wurde eine Schleife gestiftet und während des Vortrages eines Prologes an die Fahne geheftet. Nach Dankesworten des Vorstandes fand die Weihe mit dem Weihelied: ‚Frisch Brüder, lasst die Fahne wehen‘ ihren Abschluss. Anwesend waren zehn Gastvereine, die alle mit einem Chor das Fest mit verschönerten.“ Die Fahnenweihe war eine genaue Kopie der Fahnenweihe der „Eintracht“ im Jahre 1903. Für den heutigen Betrachter ist verblüffend, wie selbst die Sängerbilder beider Fahnenweihen bis ins Detail hinein sich gleichen. Beide sind an der gleichen Stelle vor dem Gasthaus zur Germania aufgenommen. In beiden Bildern ist die jeweilige Fahne im Mittelpunkt, davor die Vorstandschaft an einem kleinen Tisch. Beidesmal reihen sich links und rechts davon je sechs weißbekleidete Festdamen. Sogar ihre Schärpen sind in gleicher Richtung gelegt. Hinter ihnen die Sänger, in beiden Bildern gleich gruppiert. Nur die vier Bäume im Hintergrund sind in den 22 dazwischenliegenden Jahren gewachsen. Nach der Machtergreifung Hitlers 1933 wurde bald der „Deutsche Arbeitersängerbund“ verboten. In diesem Zusammenhang wurden alle Arbeitergesangvereine, auch die „Freiheit“ in Nellingen, aufgelöst. Aus einer Akte 33


Mitgliederentwicklung zwischen den Weltkriegen 200

150

100

Mitglieder

50

Ehrenmitglieder 0

1923 1925 1927 1929 1931 1933 1935 1937 1939 1941 1943 1945

Mitgliederentwicklung nach dem 2. Weltkrieg 250

200

Mitglieder

150

100

50

0

Ehrenmitglieder 1951

34

1956

1961

1966

1971

1976

1981

1986


des Oberamts Esslingen geht hervor, wie rigoros man bei der Vereinsliquidation vorgegangen ist: Im März 1934 erfasste der damit beauftragte Bezirksnotar Heyd die Einrichtungsgegenstände des Vereins und veranschlagte ihren Wert auf 40,50 RM, da diese Gegenstände gegen Bezahlung „dem nationalen Gesangverein Eintracht‘“ übergeben werden sollten. Bereits am 10. 4. 1934 hatte Heyd dem Oberamt „einen Pack Noten“ vorgelegt, „die anlässlich der nationalen Erhebung gegen marxistische und andere staatsfeindlich eingestellte Verbände“ bei der „Freiheit“ in Nellingen beschlagnahmt worden waren. Die große Arbeit einer detaillierten Verzeichnung, so Heyd, habe er sich erspart, weil „die von mir und außerdem von einem sachverständigen Gesangsdirigenten durchgesehenen Noten als Makulatur durchaus der Vernichtung anheimfallen dürften“. Bis 1988 hat man geglaubt, daß die Noten der „Freiheit“ tatsächlich vernichtet wurden, da die „Eintracht“ neben den Liquidationskosten in Höhe von 6,50 RM nur eine weitere Summe von 20,50 RM „für übernommene Einrichtungsgegenstände“ an das Oberamt abgeführt hatte. In Wirklichkeit aber fanden sich in einem Stapel alter Noten der „Eintracht“ auch der gesamte Notenbestand der „Freiheit“ in neutralen Umschlägen versteckt. Wie sie vom Bezirksnotariat wieder zurück nach Nellingen gekommen sind, wird sich wohl nicht mehr klären lassen. Jedenfalls besitzt Nellingen damit einen der wenigen erhaltenen Notenbestände eines Arbeitergesangvereins. Die noch heute gut erhaltene Vereinsfahne der „Freiheit“ trug auf der Vorderseite auf rotem Grund in der Mitte eine goldbestickte Harfe und als Inschrift „Gesangverein Freiheit – 1924 Nellingen a. F. 1925 –“ und auf der Rückseite auf grünem Grund „Wo rein der Sang u. wahr das Wort, da ist des freien Sängers Hort“. Sie bereitete bezüglich ihrer Wiederverwendung einige Probleme. Bezirksnotar Heyd schlug vor, die Worte „Freiheit“ und „freien“ sowie die Jahreszahlen „1924“ und „1925“, ferner die lodernde Fackel, die eine Jungfrau in der rechten Hand hochgehalten hat, zu entfernen und ihr dafür einen Eichenkranz o. ä. in die Hand zu sticken sowie anstelle des Wortes „Freiheit“ das Wort „Eintracht“ und anstelle des Wortes „freien“ das Wort „treuen“ o. ä. zu setzen, denn dann „könnte“, wie er ausführte, „die Fahne weiter passieren“. Heyd erbat weitere Weisungen vom Oberamt Esslingen. Dieses setzte sich in dieser Sache mit dem Politischen Landespolizeiamt Stuttgart in Verbindung. Der „Führer des Gesangvereins ‚Eintracht‘“ wurde im Juli 1934 von der Vermögensübergabe und den notwendigen Veränderungen an der Fahne auf eigene Kosten in Kenntnis gesetzt, woraufhin der Verein erfolgreich um kostenlose Überlassung der Fahne bat, weil die Umänderung sich auf etwa 60 RM belief. Ein Barbetrag von 119,50 RM, der sich aus den Kosten für die „Eintracht“ und 35


der Vereinskasse der „Freiheit“ ergab, wurde schließlich der Wirtschaftsabteilung der Württembergischen Politischen Polizei im Innenministerium überwiesen. Die Sänger der „Freiheit“ hatten noch mit gewissen Hoffnungen eine Delegation im Juli 1933 ins Rathaus geschickt. Doch von einem gleichberechtigten „Zusammenschluss beider Vereine“, wie die offizielle Tagesordnung hieß, konnte nicht die Rede sein. Die Forderungen der „Freiheit“: „1. Abänderung des Vereinsnamens auf Sängervereinigung Eintracht. 2. Aufnahme von 2 Mitgliedern in den Ausschuss. 3. Restlose Übernahme ihrer sämtlichen Mitglieder“ wurden sämtlich verworfen. Die Delegation der „Freiheit“ fügte sich. Im folgenden Monat traten 63 Mitglieder der „Freiheit“ in die „Eintracht“ ein. Der Grabgesang für einen verstorbenen Sänger, der unter Aufsicht abgehalten wurde, war der letzte Auftritt des Arbeitergesangvereins.

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Von der Feier zum Konzert Parodien von Gesangvereinsproben gehören seit der umwerfenden Einstudierung der Huldigungshymne durch den Saardamer Bürgermeister in Lortzings „Zar und Zimmermann“ (1837) zum beliebten Repertoire von Komödie und Kabarett. Meist verlaufen sie nach dem Muster: Strenger, ja, sturer, aber weltfremd-linkischer Chormeister scheitert an einem behäbigen, nicht übermäßig musikalischen Haufen, der mehr Wein und Weib als Gesang im Sinn hat. Das parodistische Zerrbild wird auf der einen Seite genährt durch die Tatsache, daß zumeist der Dorfschullehrer Dirigent des örtlichen Gesangvereins gerwesen ist, der die Männer, die er oft schon seit ihrem Kindesalter ab kannte, nicht viel anders als in der Schulstube behandelte. Auch in der „Eintracht“ waren von ihrer Gründung bis zum Ende des 2. Weltkrieges alle 13 Dirigenten Lehrer, darunter nicht weniger als zehn Schullehrer. Die restlichen drei Dirigenten waren Musiklehrer, die häufig auch Vereine der Nachbargemeinden leiteten. So lässt sich die Tätigkeit Ludwig Neffs, der der „Eintracht“ schon vor der Jahrhunderwende als Sänger beigetreten war und diese bzw. die „Freiheit“ zwanzig Jahre lang von 1903 bis 1923 leitete, auch als Dirigent in Scharnhausen, Denkendorf und Berkheim nachweisen. Der Nachfolger Neffs beim Liederkranz-Eintracht Denkendorf, der ehemalige Gauchormeister Karl Hermann Mäder, der den Denkendorfer Verein 54 Jahre leitete, war 1938 und 1939 Dirigent der „Eintracht“ Nellingen. Musiklehrer Walter Knapp schließlich leitete gleichzeitig neben der „Eintracht“ die „Vulkania“ Esslingen und nach dem 2. Weltkrieg die „Concordia“ Wäldenbronn. Leicht hatten es die Dirigenten nicht. Ihre Singstunden mussten sie in schlecht beheizten, verrauchten Probelokalen bei geringem Entgeld abhalten. Lehrer Zimmermann erhielt im Jahr 1902 eine Honorarerhöhung von bislang 1,– RM auf 1,50 RM pro Singstunde. Aber der Verein hatte selbst nicht viel Geld zu verteilen. So musste auch der Wunsch nach einem eigenen Klavier jahrzehntelang verschoben werden. Erst mitten in der Inflationszeit konnte ein Tafelklavier für 4 Millionen Mark erworben werden. Es wurde in dem 1908 eingeweihten Schulhaus auf dem Klosterhof aufgestellt, wo nun auch die Singstunden abgehalten wurden. Zwischen dem neugegründeten Kirchenchor, der Schule und dem Verein sollte es in der Folgezeit zu häufigeren Auseinandersetzungen wegen dieses Instruments kommen. Deshalb beschloss man anlässlich der Einweihung des „Saalbau Herzog Karl“ im Jahre 1930 – erst jetzt waren nach der Schließung der alten „Germania“ im Jahre 1924 wieder öffentliche Auftritte in Nellingen möglich –, einen Flügel zu beschaffen, was dann 1933 verwirklicht wurde. Auf der anderen Seite war auch den Sängern nicht immer nach Singen zumute. Über eine Generation lang belasteten wirtschaftliche Not, Arbeitslo37


sigkeit, Arbeitsdienst und Kriegsdienst den Verein. Seit 1925, als die ersten Sänger ihre Arbeit verloren, wurde den arbeitslosen ebenso wie vorher schon den kranken Sängern der Vereinsbeitrag erlassen. Zu ihren Gunsten wurden Wohltätigkeitsveranstaltungen – 1932 zusammen mit dem Turnverein – durchgeführt. Nach dem 2. Weltkrieg unterstützte man die hinterbliebenen Familien der gefallenen Sängerkameraden. Singen war in jenen Jahren eine der wenigen Möglichkeiten, der Not wenigstens für einige Stungen zu entfliehen. Noch heute ist unter den alten Sängern ihre damalige Begeisterung in genauer Erinnerung, selbst wenn sie – wie sie heute lächelnd berichten – einzeln die Tonleiter vorsingen mussten oder der Chorleiter zwei oder drei Mann zusammen eine Passage wiederholen ließ. Man lernte nur wenige Lieder – jährlich eines für die Liederfeste und wenig mehr als fünf für die örtlichen Aktivitäten. Sie wurden gründlich, manchmal pedantisch einstudiert. Jahrzehntelang bildete die Weihnachtsfeier des Gesangvereins den kulturellen Höhepunkt in Nellingen. Noch im Jahre 1958 – dann allerdings zum letzten Mal in dieser Bedeutung – musste sie wegen des großen Besucherandrangs zweimal wiederholt werden. Da die Nellinger weder nach Esslingen noch gar nach Stuttgart abends ausgehen konnten und wollten, war es für die meisten auch das einzige kulturelle Ereignis des Jahres. Der Verein bereitete sich deshalb auch gut, oft schon von August ab, auf die Feier vor. Seit Beginn der Weihnachtsfeiern der „Eintracht“ im Jahre 1904 gab es Liedervorträge und eine Tombola. Nach der Trennung vom Turnverein 1921 kam, wohl von diesem angeregt, ein Theaterstück dazu, das bald den ganzen zweiten Teil des Abends ausfüllte. Im Jahre 1926 wurde beschlossen, langjährige Vereinsmitglieder zu ehren, und zwar auch auf der Weihnachtsfeier. In der Weihnachtsfeier 1932 hielt Bürgermeister Kirchner, der auch bei den vorhergehenden anwesend gewesen sein dürfte, eine vielbeachtete Rede, in der er eindringlich aufforderte, daß das deutsche Volk sich dessen bewusst sein möge, daß schwere Zeiten nur in geschlossener Einigkeit überwunden werden könnten. In der Weihnachtsfeier 1933 hat Bürgermeister Kirchner nicht mehr gesprochen, vielleicht als Folge der ungeheuren Denunziation des „nationalen“ Turnvereins Nellingen im Esslinger Tagblatt vom 28. 3. 1933 – vier Tage nach Hitlers „Ermächtigungsgesetz“ –, in der unterstellt wurde, daß der „marxistische Terror“ in Nellingen „unter dem Schutz unseres Bürgermeisters Kirchner geblüht“ habe. Kirchner überstand die Anschuldigungen, die ihn wie vielen seiner Kollegen das Amt hätte kosten können. Statt seiner hielt nun der Gauvorstand des Sängerbundes bei der Weihnachtsfeier eine Rede, die im Protokollbuch folgendermaßen zusammengefaßt ist: 38


150 Jahre Chorgesang Eintracht Nellingen

Jubiläumskonzert Samstag, 23. April, Stadthalle Nellingen

Jubiläumstage vom 4.–6. Juni 1988 Festplatz bei der Ludwig-Jahn-Turnhalle (alter Sportplatz)


Jubiläumskonzert Samstag, 23.04.1988 Beginn 20.00 Uhr

Stadthalle Nellingen Saalöffnung 19.15 Uhr

Mitwirkende: Sopran: Inga Fischer-Bernlöhr Mezzosopran: Christa Hetzenegger Alt: Angelika Schwarz Tenor: Johannes Egerer Bariton: Bernhard Jäger Baß: Kenneth Lewis Frauen-, Männer- und Gemischter Chor der „Eintracht Nellingen“ Symphonieorchester der Eintracht für das Jubiläum

Leitung: Peter Lauterbach

Programmfolge Orchesterouvertüre Robert Schumann 1810–1856: „DER ROSE PILGERFAHRT“ für Soli, Frauen-, Männer, Gemischten Chor und Orchester Pause Edvard Grieg 1843–1907: „LANDERKENNUNG“ für Bariton, Männerchor und Orchester Albrecht Imbescheid 1950: „VAGANTENBEICHTE“ (Uraufführung) für Sopran, Bariton, Gemischten Chor und Orchester César Franck 1822–1890: PSALM 150 für Gemischten Chor und Orchester


Sonntag, 29. Mai 1988, 9.30 Uhr Festgottesdienst in der Evangelischen Kirche anschließend Totenehrung auf dem Friedhof Freitag, 3. Juni 1988, 20.00 Uhr, Festakt Stadthalle anschließend Ausstellungseröffnung im Foyer Öffnungszeiten: Samstag und Sonntag von 10.00 bis 17.00 Uhr Samstag, 4. Juni 1988, 11.00 Uhr Faßanstich mit der Stadtkapelle Ostfildern im Festzelt 14.00 Uhr Kindernachmittag mit Spielwiese 16.00 Uhr Big-Band „Childrens Groove Yard“ der Städtischen Musikschule und der Gymnasien Ostfildern 19.30 Uhr Festabend mit dem Musikverein Nusplingen und dem Männergesangverein Hohenems/Österreich Sonntag, 5. Juni 1988, 8.30 Uhr Singen der Gastvereine 11.30 Uhr Frühschoppen mit dem Musikverein Nusplingen 13.30 Uhr Fahneneinmarsch 14.00 Uhr Singen der Gastvereine 16.00 Uhr „Mountain String Set“ Country and Western Music 19.00 Uhr Festabend mit dem Musikverein Liebersbronn Montag, 6. Juni 1988, 14.00 Uhr Seniorennachmittag mit Alleinunterhalterin sowie Kinder- und Jugendchor der Eintracht Nellingen 19.00 Uhr Heimatabend mit Nellinger Vereinen Festausklang mit dem Musikverein Unterboihingen Sonntag, 9. Oktober 1988, 17.00 Uhr Abschluß des Jubiläumsjahres mit einem Kinder- und Jugendchorkonzert


Am Freundschaftssingen am Sonntag, 5. Juni 1988 beteiligen sich folgende Gastvereine Gesangverein Eintracht Sängerbund Liederlust Eintracht Neckarlust Liederkranz Eintracht Liederkranz Liederkranz Concordia Eintracht Liederkranz Eintracht Sängerlust Liederkranz Liederkranz Frohsinn Liederkranz Gesangverein Sängerkranz Concordia Concordia Liederkranz Liederkranz Liederkranz Liederkranz Aurora Concordia Gesangverein Liederkranz Eintracht

Hohenems/Österreich Köngen Ruit Mettingen Unterboihingen Esslingen Kemnat Dettingen Plochingen Linsenhofen Wolfschlugen Serach-Hohenkreuz Neidlingen Denkendorf Scharnhausen Schanbach Nellingen Oberesslingen Plattenhardt Neuhausen Altbach Notzingen Reichenbach Mettingen Lindorf Hohengehren Unterlenningen Berkheim Deizisau Weilheim Oberensingen Kirchheim


„Der zur Feier erschienene Gauvorstand ... hieß zunächst den Verein als Mitglied im Teck-Neckargau herzlich willkommen, gab dann seiner Freude Ausdruck über den wohlgelungenen Zusammenschluss der beiden hiesigen Verein und ging dann noch auf die Ereignisse im vergangenen Jahre ein. Wer hätte an den letzten Weihnachten vor Jahresfrist geglaubt, daß sich des deutschen Schicksal noch einmal zum Besten wenden würde? Diese Wende hätten wir aber nur einzig und allein unserem großen Führer und Volkskanzler Adolf Hitler zu verdanken. Er schloss seine Rede mit einem dreifachen ‚Sieg Heil‘ auf unser deutsches Vaterland und seine Führer.“ Es kam nicht von ungefähr, daß die Nazis als erstes gerade die Weihnachtsfeier gleichzuschalten versuchten. Bereits 1933 schrieb der Stützpunktleiter der NDSAP in Nellingen an die Verein: „Auf Anordnung der Gauleitung der N.S.D.A.P. habe ich Ihnen folgendes mitzuteilen, lt. Rundschreiben 45/33 vom 8. 12. 33. Die Erscheinungen der Vorjahre, die den Feiern oft das Ansehen eines ‚Bunten‘ oder ‚Deutschen Abend‘ gaben, sind RESTLOS AUSZUMERZEN. Ebenso müsse Tanz und die Verlosung, Versteigerungen, Glückshafen oder gar Versteigerungen des Christbaums untersagt werden. Auch soll während der Abwicklung des Programms der Genuss von Alkohol auf das geringste Maß beschränkt werden. Ausführliche Anweisungen für die Gestaltung von Weihnachtsfeiern finden Sie im N.S.Kurier vom Mittwoch, den 6. 12., unter dem Sonderblatt ‚Deutsche Erziehung‘. Der Artikel heißt: Wie gestalten wir die Feiern zur ersten deutschen Weihnacht im neuen Reiche in würdiger Form. Geschrieben von Hermann Neffle, Fachberater für Laienspiel im N.S.-Lehrerbund. Ich bitte Sie, hiervon Kenntnis zu nehmen u. Ihre Anordnungen bezügl. Weihnachtsfeiern entsprechend obiger Verfügung sofort zu ergänzen.“ Die Anordnung berührte den Gesangverein zunächst nur durch das Verbot einer Tombola, deren Gewinn aber nie so groß gewesen war, daß ihr Verbot zu einschneidenden Veränderungen gezwungen hätte. So nahm man das Schreiben des Stützpunktleiters gelassen auf und setzte es nicht einmal auf die Tagesordnung einer Ausschusssitzung. Ein Jahr später verlangte dieser, daß ihm die Programme der Weihnachtsfeiern zur Genehmigung vorzulegen seien. Er legte den Nellinger Vereinen nahe, nur eine gemeinsame Weihnachtsfeier durchzuführen. Der Vereinsausschuss der „Eintracht“ zog es nach einer „lebhaften Aussprache“ vor, statt dessen einen „Bunten Abend“ am 23. Dezember zu veranstalten – ein Beschluss, der wenig parteikonform war. Im Jahre 1935 wurden die Weihnachtsfeiern auf den kirchlichen und familiären Rahmen beschränkt; 1937 wurden sie öffentlich wieder zugelassen, aber nur im 39


Rahmen des „Winterhilfswerks“. Nachdem die Weihnachtsfeiern zu einer Parteiund Staatssache geworden waren, versuchte der Gesangverein nun einen neuen Weg: Zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte veranstaltete er am 2. Dez. 1935 ein Konzert. Zwei weitere Konzerte in den Jahren 1936 und 1937 sollten folgen. 1935 wurden die Steine für die musikalische Arbeit in der Nachkriegszeit gelegt. Diese Entwicklung wurde unbeabsichtigt durch eine weitere Anordnung der nationalsozialistischen Regierung beschleunigt. Am 7. März 1934 schrieb das Arbeitsamt Esslingen an die Gesangvereine im Oberamtsbezirk: „Sämtlichen bisher nebenberuflich tätigen Dirigenten von Gesangsvereinen ist, wie auch Ihnen bekannt ist, auf Grund einer Verfügung des Kultministeriums auf den 28. 2. 1934 gekündigt worden, damit an ihrer Stelle für arbeitslose Berufsdirigenten Arbeit und Verdienstmöglichkeit geschaffen wird. Im Oberamtsbezirk Esslingen sind 4 arbeitslose oder nur teilweise beschäftigte Berufsdirigenten beim Arbeitsamt gemeldet, die für die Übernahme einer Dirigententätigkeit in Frage kommen. Die Erfahrungen, die ich bisher mit der Durchführung der von der Regierung beabsich­ tigten Ablösung der Nebenberufsdirigenten durch Berufsdirigenten gemacht habe, lassen erkennen, daß teilweise ein völlig unbegründetes Mißtrauen gegenüber den Berufsdirigenten besteht, das sich dahin auswirkt, daß die Vereine grundsätzlich die Einstellung von Berufs­ dirigenten rundweg ablehnen und darauf beharren, die bisherigen Nebenberufsdirigenten zu behalten.“ Vierzehn Tage später mahnte das Arbeitsamt noch einmal an, die nebenberuflich tätigen Dirigenten durch Berufsdirigenten abzulösen. Der Dirigent der „Eintracht“, Adolf Biegert, von Beruf Hauptlehrer, trat auch zurück und wurde in einer Sängerversammlung feierlich verabschiedet. Jedoch trat an seine Stelle keiner der von Esslingen aus genannten arbeitslosen Dirigenten, sondern eigenartigerweise wieder ein Hauptlehrer, Albert Bohnet. Dieser musste aber in einem zentralen Fragebogen seine musikalische Vorbildung angeben: „Klavier, Orgel, Violine, Harmonielehre, Privatunterricht in Gesang, Teilnahme an verschiedenen musikpädagogischen Kursen an der Musikhochschule Stuttgart“. Er empfahl sich den Machthabern darüber hinaus durch seine honorarfreie Leitung der „Singgruppe der NS-Frauenschaft“. Gewiss wollte er auch in den unter seiner Leitung begonnenen jährlichen Konzerten seine Qualifikation unter Beweis stellen, obwohl es im Erlass gar nicht darum, sondern allein um eine arbeitsmarktpolitische Maßnahme gegangen war. Auch nach Bohnets Ausscheiden plante der Verein Jahreskonzerte, die aber kriegsbedingt bis auf eine Feierstunde anläßlich des 75-jährigen Bestehens des Gesangvereins „Eintracht“ im Jahre 1943 nicht mehr zustande kommen konnten. 40


Gemischter Chor Die erste Hauptversammlung der „Eintracht“ nach dem 2. Weltkrieg bestimmte in ihrem ersten Beschluss, daß „in politischen Versammlungen oder Kundgebungen in Zukunft nicht mehr gesungen werden soll.“ Ein Jahr später bekräftigte der neue Vorstand Alfred Metzger, „daß er seine ganze Kraft einsetzen werde, um politische Tendenzen vom Verein fernzuhalten.“ Unpolitische Vereine sind heute eine Selbstverständlichkeit. Man erwartet vom Sportverein, daß er sich dem Sport, vom Gartenbauverein, daß er sich dem Gartenbau, vom Gesangverein schließlich, daß er sich dem Gesang und sonst nichts widmet. Doch ist der Chorgesang immer auch Ausdruck eines gemeinschaftlichen Willens. Worauf sollte sich nach dem Zusammenbruch der politischen Ideologien die neue Chorgemeinschaft gründen? Die Antwort ist einfach, und doch führten viele Wege zu ihr hin und von ihr weg: Die Grundlage des Gesangvereins soll die Musik sein. Zunächst jedenfalls war es gar nicht so einfach, einen geeigneten Chorleiter zu finden. Viele waren politisch vorbelastet und von den Militärbehörden noch nicht wieder zugelassen, während Chorleiter, die nicht der NSDAP angehört hatten, sich

Der Männerchor der Eintracht Nellingen im Jahre 1948 41


vor Anfragen von Gesangvereinen nicht retten konnten. Nach monatelangem Suchen verpflichtete die „Eintracht“ 1946 den Hauptlehrer Fritz Holder, der den Verein mit großem Engagement, aber auf der alten Grundlage führte. Obwohl während seiner Leitung die Mitgliederzahlen sprunghaft stiegen – allein 1947 traten 21 neue Sänger ein –, wollte man doch nicht einfach wie 1944 – nur ohne Partei- und Staatsverpflichtungen – weitermachen. Mit Fritz Holder verabschiedete der Verein 1948 zugleich seinen bisher letzten Volksschullehrer als Dirigenten. Die Rolle des Lehrers in der Gemeinde begann sich zu ändern. Durch die explosionsartige Vergrößerung der dörflichen Gemeinden verlor sich sein bestimmender Einfluss, aus dessen Volksschule nun eine „Grund- und Hauptschule“ werden sollte. Zugleich wurde auch die Lehrerausbildung so spezialisiert, daß nur ein Teil der Lehrerschaft überhaupt noch ein Instrument spielen konnte. So kam es, daß seit 1948 mit kurzer Unterbrechung nur noch Berufsmusiker den Verein geleitet haben, davon 32 Jahre der Kirchenmusikdirektor Lorenz Lauterbach.

Lorenz Lauterbach (1906 – 1986) dirigierte 32 Jahre lang die „­Eintracht“ und prägte den Verein in der Nachkriegszeit. 42


Für die Sängerinnen und Sänger der „Eintracht“ steht Lorenz Lauterbach noch heute im Zentrum ihrer Erinnerungen. Er hat den Verein musikalisch und zur Musik hin geprägt. Lorenz Lauterbach wurde nach einer Probesingstunde am 1. April 1948 von den Sängern einstimmig gewählt. In all seinen Dirigentenjahren hat er Achtung, Liebe, Ehrungen durch den Verein erfahren, obwohl und weil er ein neues Kapitel der Vereinsgeschichte aufgeschlagen hat. Für die Sänger war zunächst alles an ihm fremd: Lauterbach war kein Hiesiger. In Trier aufgewachsen und ausgebildet, blieb er kriegsbedingt eher zufällig auf den Fildern hängen. Zudem trat den protestantisch geprägten Sängern ein praktizierender Katholik gegenüber, der obendrein noch Kirchenmusiker war – wo man schon zur eigenen Kirchengemeinde ein nicht immer spannungsfreies Verhältnis gehabt hatte. Doch die wichtigste Neuerung war, daß man sich mit den Ansprüchen eines umsichtigen Chorleiters, profunden Orgelspielers und originellen, volksnahen Komponisten konfrontiert sah. Lauterbach betrieb Musik um ihrer selbst willen. Aus der „Singstunde“ wurde die „Probe“, aus dem Gesangverein ein „Chor“. Der Verein konnte begeistert werden; schon beim Bundesliederfest 1949 in Ludwigsburg wurde der Chorvortrag überschwenglich gelobt. Die Entwicklung ging nicht auf einen Schlag vonstatten. Auch nachdem Lorenz Lauterbach den Verein übernommen hatte, behielt man die traditionellen Veranstaltungen bei, allerdings – bis auf den Jahresausflug und die Weihnachtsfeier – nicht mehr so regelmäßig wie zuvor. Doch fast jährlich wurde nun ein Chorkonzert veranstaltet, das sich von Jahr zu Jahr durch zunehmend anspruchsvollere Chorliteratur auszeichnete. Als Höhepunkt können die Silcherfeier anlässlich des 100. Todestages des Komponisten des Männergesangvereins im Jahre 1960, das Festkonzert zum Jubiläum „125 Jahre Chorgesang in Nellingen“ im Jahre 1963, in dem ausschließlich Werke großer Komponisten zu Gehör kamen, und das Operettenkonzert 1976 gelten. Lorenz Lauterbach knüpfte zunächst an die Tradition des Wertungssingens an, die der Verein auch stets erfolgreich meisterte. Nur begnügte er sich nicht mehr mit „gehobenem Volksgesang“, der eigentlichen Gattung eines dörflich geprägten Vereins. Beim Gauliederfest in Kirchheim 1954, einem der letzten mit Wertungssingen, beteiligten sich 93 Sänger aus Nellingen mit dem Chor „Ruhe, schönstes Glück der Erde“ von Franz Schubert, der in die Stufe „Sehr schwieriger Chorgesang“ eingruppiert wurde. Die „Eintracht Nellingen“ erhielt für ihren Vortrag die Note „Mit Auszeichnung“. Als bekannter Kirchenmusiker und Dirigent verschiedener Vereine hatte Lauterbach auch die Möglichkeit, „über die Kirchturmspitze hinauszuschauen“. 43


Er erkannte bald die Bedeutung der modernen Massenmedien. Schon im März 1950 nahm der Rundfunk vom Verein gesungene Lieder auf. Das Protokollbuch berichtet von dem Ereignis: „Am 18. 3. abends fuhren die Sänger, 102 an der Zahl, mit 3 Omnibussen nach Unter­ türkheim in die alte Krone zu einer Bandaufnahme für (den) Süddeutschen Rundfunk, welche am Sonntag, dem 26. 3., übertragen wurde. Für die Sänger war es mal ein Erlebnis, seinen Chor mal selbst zu hören, zumal der Aufnahmeleiter uns einige Lieder sofort mal vorspielen ließ. Zum Vortrag kamen 9 Lieder, die der Chor aufs Beste beherrschte, und unter der vorzüglichen Leitung von Herrn Lauterbach auch gut aufs Band kamen. Daß die Sendung in der Stunde des Chorgesangs wirklich auch Anklang gefunden hat, zeigte die große Anzahl begeisterter Zuschriften, die uns nachher zugesandt wurden. Dieses Radio-Singen war für unseren Verein ein ganzer Erfolg.“ Mindestens elfmal hat der Chor im Rundfunk gesungen, das letzte Mal zum 20-jährigen Dirigentenjubiläum Lauterbachs in Nellingen im Jahre 1968. Dann aber entwickelten sich Chor und Rundfunk gewissermaßen auseinander. Bis Ende der sechziger Jahre hat Lorenz Lauterbach die musikalische Qualität des Chores gehoben, ohne eigentlich das Liedgut anzutasten. Für den Rundfunk waren die musikalisch perfekt dargebotenen volkstümlichen Gesänge, insbesondere von Silcher,

Plattenhülle der bislang letzten der acht von der „Eintracht“ besungenen Lang­spielplatten. Sie ist 1979 unter der Leitung von Lo­ renz Lauterbach erschienen. An der Orgel sein Sohn und jetziger Chorleiter der „Ein­ tracht“, Peter L ­ auterbach. 44


eine willkommene Gelegenheit, ein gemeinsames Band in dem nicht zuletzt durch die Flüchtlingsströme vor großen Integrationsaufgaben gestellten Land zu knüpfen. Für den nach zwanzig Jahren geschulten Chor wiederum wurde die Liedauswahl zu eng. Man traute sich – mit Recht – nun an schwierigere Literatur heran. Zu den Einweihungsfeierlichkeiten der Nellinger Stadthalle – sie wird nun für fast zwanzig Jahre zum Proben- und Konzertort des Vereins – bot die „Eintracht“ ein „Opern- und Operettenkonzert“. Der neue Anspruch wurde schon durch die Verpflichtung des Schwäbischen Symphonie-Orchesters Reutlingen und zweier

Szenenausschnitt aus dem 1957 mit großem Erfolg aufgeführten Märchensingspiel „Schneewittchen“, komponiert von Lorenz Lauterbach. 45


Berufssänger deutlich. Das Konzert wurde auch zum Erfolg, nur: der Rundfunk zeigte kein Interesse an der Aufzeichnung, denn für solches Programm stehen ihm ja Berufschöre und -orchester zur Verfügung. Obwohl der Verein gern im Rundfunk sang und auf die Ergebnisse stolz war, wurde doch auch bald die Konkurrenz deutlich, die aus den Massenmedien erwachsen war. Kultur aus aller Welt kam mit ihnen nicht nur ins Dorf, sondern sogar in jedes einzelne Haus. Warum sollte man dann in ein Konzert des Gesangvereins gehen oder gar ihm selbst beitreten? Dazu kam, daß man sich mit zunehmender Automobilisierung seinen Freundeskreis auch außerhalb des Ortes suchen konnte. Zumal die Neu-Nellinger, bald in der Überzahl, sahen keinen Grund, sich mit dem alten Dorf und seinem Leben zu identifizieren. Nellingen geriet in Gefahr, ein reiner Trabantenort im Stuttgarter Ballungsgebiet zu werden. Der Zeitpunkt, von dem ab die Sozialstruktur des Ortes sich gegen den Gesangverein richtete, lässt sich recht genau ausmachen: Er lag Anfang Februar 1958. Bis dahin hatte der Verein einen seit dem Krieg ungebrochenen Aufschwung an Mitgliedern und musikalischer Qualität. Der Höhepunkt des Dorfvereins war die dreimalige Wiederholung der Winterunterhaltung, in dessen zweitem Teil das Märchensingspiel „Schneewittchen“ aufgeführt wurde, das Lorenz Lauterbach eigens für den Verein komponiert hatte. Einerseits war das Stück ganz „up to date“: Es wurde sogar die gerade erst auf dem Markte eingeführte Hammondorgel, dem Urmodell des heutigen Synthesizers, eingesetzt. Eine Stuttgarter Firma hatte sie leihweise zur Verfügung gestellt. Andererseits stand das Singspiel fest im Ort. Alle Darsteller waren ortsansässig. Jung und alt waren im Spiel vereint: Hauptdarsteller waren 23 Kinder, der Chor kommentierte von einer Galerie herab. Auch die letzte Veranstaltung am 19. Januar 1958 fand vor ausverkauftem Saal statt. Wie einen Keulenschlag mussten die aktiven und passiven Vereinsmitglieder nach diesem Erfolg den Beginn der fünf Wochen später stattfindenden Hauptversammlung empfinden. „Als Einleitung seines Berichtes setzte sich der Vorstand Alfred Metzger mit den kultur­ hemmenden Zuständen unserer Zeit auseinander. Als kulturhemmend bezeichnete er das kollektive Denken der Menschen, den Materialismus unserer Zeit, der die Menschen vom idealen Denken ablenkt. Durch die Technisierung gehe dem Menschen der Zusammenhang zum Ganzen verloren. Auch Überbeschäftigung, was eine Überanstrengung mit sich bringt, sind kulturhemmende Zustände, weil der abgespannte und müde Mensch nur noch für leichte Unterhaltung zugänglich ist. All diese Zustände und Momente bringen es mit sich, daß die Humanität in unserer schnellen und bewegten Zeit nicht mehr so groß geschrieben wird. Als kulturfördernd wäre anzustreben, vom kollektiven zum individuellen 46


Denken zu kommen. Dadurch würden die verantwortlichen Gremien von der Masse her beeinflusst und nicht umgekehrt. Ferner sollte die pessimistische Weltanschauung aufgegeben werden und an seine Stelle die optimistische Weltanschauung gesetzt werden, was ein gegenseitiges Vertrauensverhältnis schaffen würde und für alle nur fruchtbar und segensreich sich auswirken würde.“ Es ist das erste Mal, daß das Protokollbuch der „Eintracht“ eine so grundsätzliche Auseinandersetzung mit den Zeiterscheinungen und den Zielen des Gesangvereins wiedergibt. Es ist das Verdienst des 27 Jahre lang tätigen Schriftführers Ernst Kenner, der sich nicht nur als Chronist von Vereinsereignissen begriff, sondern auch die Hintergründe der Ereignisse zu ergründen suchte. Wenn man auch heute manche Ursachen der Entwicklung anders sehen mag, unbestritten ist, daß Alfred Metzger schon sehr frühzeitig die Gefahren erkannte, die dem Verein drohten. Dieser Scharfsichtigkeit ist mit zu verdanken, daß die „Eintracht“ weniger als andere vergleichbare Vereine in den sechziger und siebziger Jahren gebeutelt wurde. Eigenartigerweise zeigten sich die Krisenerscheinungen dort, wo der Verein seinen größten Erfolg zu verzeichnen hatte: im Theaterspiel bei der Winterunterhaltung. Anlässlich einer Ausschusssitzung notierte der Chronist zu diesem Thema: „Leider schleicht sich auch jetzt in unsere Reihen der Zeitgeist ein, der darin besteht, Bequemlichkeit, Streben nach materiellen Dingen, Mangel an Opfersinn und Gemein­ schaftsgeist. Der Zusammenhalt und das Fortbestehen des Vereins überhaupt hängt nur noch von einigen wenigen Unverzagten ab, die aber auch die ganze Last und Sorge tragen müssen. Schuld an diesen unerfreulichen Aspekten sind wohl mit der äußerliche Wohlstand der breiten Masse, das Streben nach Geld und Gut, vielleicht die Sättigung an leiblichen und geistigen Genüssen in Form von Radio und Fernsehen.“ (23. 9. 1960) Nicht nur in Nellingen wurden einige Wege versucht, aus der Krise, die fast nirgendwo hausgemacht war, wieder herauszufinden. Es gab Stimmen, die die rückläufige Entwicklung in dem anspruchsvollen musikalischen Stil des Chorleiters Lorenz Lauterbach sehen wollten. Einige ältere Sänger, die die Einstudierung etwa von geselligen Weinliedern vermissten, ließen sich aber davon überzeugen, daß man nicht mehr zum alten „Schlendrian“ zurückwolle. Es leuchtet ein, daß die „Eintracht“ nicht hinter ihre Entwicklung nach dem Krieg zurückgehen wollte. Neben allen anderen Risiken hätte dieser Schritt vor allem wohl den Bruch mit dem bewährten Dirigenten bedeutet. Der aber ließ sich durch die aufgebrochene Unruhe nicht beirren. Unter seiner Leitung bereitete der Verein das Jubiläum 1963 vor, das bei allen Beteiligten die schönsten Erinnerungen wachruft. 47


Jubiläum „125 Jahre Chorgesang in Nellingen“ Juli 1963

Noch einmal wird eine neue Fahne in den Dienst des Vereins gestellt. Sie ist – einschließ­ lich der umgearbeiteten der „Freiheit“ – die vierte Vereinsfahne der „Eintracht“. 48


1. Reihe sitzend: Willi Schlecht, Fritz Blank, Otto Knödeler, Emil Blessing, Karl Haar, Ernst Metzger, Lorenz Lauterbach, Alfred Metzger, Hermann Maier, ­Wilhelm Hildinger, Karl Eisinger, Theodor Stecher, Heinrich Maier, Gottlob Kober. 2. Reihe: Wilhelm Maier, Eugen Weber, Adalbert Leichtmann, Peter Wittner, Hermann Bluthardt, Karl Lude, Willi Kober, Werner Maier, Wlater Bauer, Otto Maier, Erwin Mauz, Gotthilf Mick, Erwin Gräber, Edgar Herbst, Tobias Wurster, Karl Aichele, Ernst Kenner. 3. Reihe: Rolf Wieland, Johannes Krüger, Werner Schneller, Gottlob Sohn, Karl Rückle, Wilhelm Benz, Eugen Metzger, Egon Schweizer, Paul Metzger, Erich Renz, Walter Gunzenhäuser, Albert Metzger, Rudolf Krießler, Wilhelm Mauz, Albert Aichele, Ludwig Ensinger. 4. Reihe: Rolf Zimmerer, Werner Petry, Johannes Raabe, Hermann Stegmaier, Adolf Stahlberg, Eugen Fischer, Franz Reichard, Ernst Riedel, Wilhelm Müller, Adolf Wilhelm, Theo Reuter, Günter Metzger, Alfred Maier, Fritz Spazier, Fritz Blickle. 5. Reihe: Gerhard Mack, Hermann Eberspächer, Walter Hildinger, Karl Hägele, Adolf Haack, Otto Heimsch, Wilhelm Hartmann, Heinz Müller, Günter Metzger, Rudolf Uhl, Walter Wurst, Wilhelm Mühlich, Gerhard Strähle, Wilhelm Kaiser, Rolf Fröschle, Friedrich Uhl, Gerhard Aichele. 6. Reihe: Willi Aichele, Helmut Gräber, Helmut Metzger, Erich Metzger, Walter Krinn, Hermann Maier, Eugen Raisch, Karl Kaiser, Albert Gehrung, Heinz Kenner, Karl Uhl, Ludwig Lackner, Walter Kaiser, Hermann Gröber, Wilhelm Metzger, Rolf Trautwein, Günter Maier. 49


Interessanterweise ist die Entwicklung in der 1956 entstandenen Parksiedlung, die einen Ortsteil von Nellingen bildet, anders verlaufen. Alle Versuche der „Eintracht“, in der Siedlung Fuß zu fassen, um die Menschen aus ihrer anfänglichen Isolierung zu holen und auch dort kulturelle Tradition zu schaffen, scheiterten. Im Jahre 1963 hielt die „Eintracht“ sogar ein Chorkonzert in der Parksiedlung ab. „Das Konzert wurde durch Handzettel und Plakate mehr als normal bekannt gemacht. Leider wurden unsere Bemühungen, eine Brücke zwischen Alt- und Neu-Nellingen zu schlagen, nicht belohnt. Die Einwohner der Parksiedlung fühlten sich nicht angesprochen, und so war der Besuch mehr als mäßig. Zum Glück haben uns die Sängerfrauen unterstützt, so daß wir nicht vor halbleerem Raum zu singen brauchten. Die wenigen, die gekommen sind, waren um so aufgeschlossenere Zuhörer und waren mit dem Gebotenen auch mehr als zufrieden. Schade, daß dieser Versuch misslungen ist.“ Auf diesem Hintergrund weiß man den Mut des engagierten Lehrers Karlheinz Dürr und des späteren zum Vorstand gewählten Sängers Kurt Zimmer zu würdigen, im Jahre 1968, mitten in der Krise des Gesangvereinswesens, einen neuen Gesangverein zu gründen, den „Liederkranz Nellingen-Parksiedlung“. Bemerkenswert ist, daß der neue Verein an die Tradition der Lehrerdirigenten anknüpfte und sich auch sonst an den alten Gesangvereinen orientierte. Im Jahre 1971 feierte der „Liederkranz“ seine Fahnenweihe mit einem großen Festzug durch die Siedlung. Wie erfolgreich das Anknüpfen an die alten Traditionen in der noch traditionslosen Siedlung war, zeigt sich daran, daß der Verein schon im Jahre 1972 über eine Sängerzahl von 70 Aktiven verfügte. Zwischen „Eintracht“ und „Liederkranz“ entstand keine Konkurrenz. Die Parksiedlung schaffte sich ihren eigenen Charakter und entwickelte sich eher zu einem selbstständigen Glied der 1975 neugeschaffenen Stadt Ostfildern, als daß sich besondere Beziehungen zur Nellinger Gemeinde, der sie heute noch formal angehört, hergestellt hätten. Ein anderer Weg aus der Krise wurde vielerorts dadurch versucht, daß man aus dem Verein einen kleinen Chor der aktivsten, stimmlich befähigsten und musikalisch ausgebildetsten Sänger bildete. Man hoffte, daß ein Auswahlchor, der möglichst auch überregional Beachtung finden sollte, die Attraktivität des ganzen Vereins heben und den Nachwuchsmangel mindern, wenn nicht gar beseitigen könnte. Diesen Weg versuchte in der „Eintracht“ der Sänger und spätere Vizedirigent Rolf Trautwein. Er gründete einen „Kleinen Chor“ im Verein, der sich vor allem aus jüngeren Sängern rekrutierte, und trat mit ihm einige Male innerhalb von Vereinsfeiern auf. Doch schon ein Jahr nach Gründung des „Kleinen Chores“ führten persönliche Gründe zur Trennung des Vereins von 50


Sängerentwicklung vor dem 1. Weltkrieg 100

80

60

40

20

0 1900

1904

1909

1912

Durchschnittlicher Singstundenbesuch nach dem 2. Weltkrieg 100

80

Sänger

60

40

Sängerinnen 20

0

1951

1956

1961

1966

1971

1976

1981

1986

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Rolf Trautwein, die dann auch den Versuch des Auswahlchores beendete. Es ist auch schwer vorstellbar, daß sich auf Dauer eine Konzeption bewährt hätte, unter dem Dach eines Vereins einen „attraktiven“ kleinen Chor und zugleich einen „Massenchor“ der gleichen Gattung, nämlich Männerchöre, und mit ähnlicher Literatur zu beherbergen. Der Eifersucht und dem Mißtrauen der Sänger untereinander wären Tür und Tor geöffnet gewesen. Mitte der siebziger Jahre kamen einige Gesangvereine zusammen mit Werbeagenturen auf die Idee, neue Mitglieder mit einer dynamisch-aggressiven Werbung zu gewinnen. Wenige Wochen nach Übernahme der Dirigententätigkeit in der „Eintracht“ setzte der Nachfolger von Lorenz Lauterbach folgende Anzeige im Ostfilderner Mitteilungsblatt durch: „Sie wissen, welch glücklicher Zufall es ermöglichte, daß es der EINTRACHT gelang, seit 1. 4. 1980 diesen Herrn als Chorleiter zu engagieren. GEORG LÖGL ist einer der stimmgewaltigsten Richard-Wagner-Urkraft-Heldentenöre unserer Zeit (München, Mailand, Paris, London, Bayreuth, Stuttgart ...). Sein Hobby ist unser Hobby: Chorgesang weit über das übliche Standardkönnen hinaus zu kultivieren. (Was ­Kammersänger Georg Lögl mit der inzwischen berühmt gewordenen EINTRACHT Unterboihingen in relativ sehr kurzer Zeit bewerkstelligte, darf als bekannt vorausgesetzt werden.) Wir haben gemeinsam das Ziel 1980 projektiert: Die NEUE NELLINGER EINTRACHT wird über ihren eigenen Schatten springen und einen uns alle gleichermaßen begeisternden Leistungs-Standard erreichen. Unser neuer Chorleiter wird uns mit seinem Können und seiner ungewöhnlichen Begabung ganz ohne Zweifel rasch und mit unkonventionellen Methoden in die Höhe reißen. Wir suchen Sängerinnen und Sänger mit und ohne Vorbildung, egal welchen Alters. Aber mit Begeisterungsfähigkeit.“ Der standardisierte Text zielt auf Vorurteile in der Bevölkerung gegenüber Gesangvereine ganz allgemein. Doch in Nellingen lag das Nachwuchsproblem weder in fehlendem „kultiviertem Chorgesang“ noch in einer unterstellten konventionellen Methodik des Chorleiters. Viele neue Chorleiter in der jüngsten Vergangenheit versuchten, mit „Hoppla, jetzt komme ich“ gewachsene Strukturen in den Vereinen zu überspringen, ohne doch selbst etwas wirklich Neues bieten zu können. Neues entwickelt sich nur aus dem Verein selbst. Daß es manchmal längere Zeit zur Verwirklichung braucht, muss nicht zum Schaden der Sache sein. So bedurfte es auch für die wichtigste und haltbarste Änderung im Verein der 52


Nachkriegszeit eines längeren Prozesses. In den Kriegsjahren beider Weltkriege bildete die „Eintracht“ gemischte Chöre. Da viele Sänger eingezogen waren, konnte man nicht mehr vierstimmig singen. Der gemischte Chor wurde aber nur als Provisorium eingerichtet. In besseren Zeiten blieben die Männer dann wieder unter sich. Doch unter den Sängerinnen wurde der Wunsch immer stärker, regelmäßig im Verein mitsingen zu können. Auf Wunsch von Lorenz Lauterbach wurden im Jubiläumskonzert 1963 einige gemischte Chorsätze aufgeführt. Die Enttäuschung unter den Frauen war groß, daß die Sänger nach dem Jubiläum noch immer nicht bereit waren, die Sängerinnen in ihren Reihen aufzunehmen. Lauterbach warb für einen gemischten Chor nicht nur aus musikalischen Gründen. Er erwartete mit den vielen interessierten jungen Sängerinnen eine entscheidende Verbesserung der Altersstruktur im Verein. Doch es gingen weitere fünf Jahre ins Land. Erst bei den Nellinger Jubiläumstagen im Juli 1968 – man feierte „20 Jahre Lorenz Lauterbach Chorleiter der Eintracht“ zusammen mit „75 Jahre Turnen und Sport in Nellingen“– sollten die Frauen als Sängerinnen wieder auftreten. Aber noch jetzt bedurfte es einiger Überzeugungskraft des Vorstands und des Chorleiters.

Sängerinnen auf einer Rast auf dem Weg zum Wertungssingen in Reinach 1981. 53


„Die Anregung von Vorstand Wilhelm Hartmann, den Frauenchor (in Zukunft) beizubehalten, da er befürchtrchte, daß sich die Frauen ein drittes Mal nicht wieder bereitfinden würden, in die Bresche zu springen. Dieser Vorschlag fand (im Ausschuss) zunächst verhaltene Zustimmung und auch Ablehnung. Alle Ausschussmitglieder waren sich einig, daß wir auf keinen Fall ein Gemischter Chor werden dürfen, da wir wohl dadurch einige Sänger verlieren würden und der Männerchor auch in seiner Leistungsfähigkeit darunter leiden würde. Ein Frauenchor mit separater Singstunde wäre eher denkbar.“ (Ausschusssitzung am 27. 4. 1968) „Ein gemischter Chor wurde zum jetzigen Zeitpunkt, da der Männerchor noch mit ca. 70 Sängern in der Singstunde vertreten ist, abgelehnt.“ (Sängerversammlung am 19. 9. 1968) „... dagegen meldete Bedenken an, nach seiner Meinung sei der Frauenchor eine Gefahr für die biederen Männer des Chores, er fand jedoch nicht den Beifall der Anwesenden.“ (Hauptversammlung am 22. 2. 1969) Mehr als ein halbes Jahrhundert nach dem ersten gemischten Chor der „Eintracht“ sind seit 1969 Frauen im Verein organisiert. Seitdem hat der Verein drei verschiedene Chorformationen: den ursprünglichen Männerchor und den neuen Frauenchor, die sich für einen Teil der Proben zu einem gemischten Chor zusammenfinden. Während bei der Gründung des Frauenchors der Männerchor deutlich größer war, sind seit 1979 die beiden Chöre etwa gleich stark. Ohne ein Verein im Verein sein zu wollen, bildete der Frauenchor doch in den knapp zwanzig Jahren seines Bestehens eigene Traditionen. Zu diesen gehört der seit 1976 jährlich durchgeführte Ausflug ohne männliche Beteiligung. Auch bei den Männern waren die Sängerausflüge stets ein geselliger Höhepunkt im Vereinsjahr. Schon den ersten Ausflug im Jahre 1906 empfanden die Sänger als Markstein ihrer Vereinsgeschichte, auch wenn die 73 Teilnehmer der Fahrt nach Hohenzollern schon um 4 Uhr morgens auf dem Bahnsteig in Unterboihingen stehen mussten. Auch mehrtägige Vereinsausflüge wurden durchgeführt, zum ersten Mal an Pfingsten 1936 nach Oberbayern. Im Jahre 1955 führte ein zweitägiger Ausflug nach Innsbruck, zwei Jahre später besuchte man drei Tage lang die Sängerfreunde in Irlich am Rhein. Die sich später entwickelnde Freundschaft zur Schubert-Stadt Hohenems führte den Verein 1985 zwei Tage lang nach Österreich. Nicht aufwendige, provokante Werbekampagnen, sondern beharrliche, optimistische Arbeit führte die „Eintracht“ aus der Krise. Seite 1983 ist Walter Kaiser Vorstand der „Eintracht“. Wesentliche Impulse gingen von ihm aus, nicht zuletzt deshalb, da er einen kooperativen Führungsstil und Offenheit in der Diskussion pflegt. Er unterstützte das Engagement der ehemaligen Frauenchorsprecherin Margrit 54


Kirschnek, einen Kinder- und Jugendchor aufzubauen. Anfang 1984 begann die erste Kinderchorprobe mit 18 Kindern, heute sind es über 70. Die Hoffnung des Vereins, daß sich aus diesen Kindern in einigen Jahren der Vereinsnachwuchs rekrutiert, ist weniger unbegründet als noch vor wenigen Jahren. Nach den großen Befölkerungsumschichtungen nach dem 2. Weltkrieg beginnen die Deutschen weider seßhaft zu werden. Auch viele der Kinder und Jugendlichen werden in Nellingen bleiben. Ihnen kann der traditionsreiche Gesangverein „Eintracht“ zur kulturellen Heimat werden.

Kinderchor Cowboys 55


Seit zwei Jahren dirigiert Peter Lauterbach, der Sohn des langjährigen Chorleiters, die Vereinschöre. Wie sein Vater ist auch er Kirchenmusiker und stellt die Musik in den Mittelpunkt seiner Probenarbeit. Der Verein hat sich mit ihm für Kontinuität in dem von Lorenz Lauterbach eingeschlagenen Weg entschieden. Wie vor 25 Jahren besteht das Jubiläumskonzert, das Peter Lauterbach zusammengestellt hat, nur aus anspruchsvollster Chormusik. Auch Peter Lauterbach, der nicht wie sein Vater selbst komponiert, legt Wert auf die Einstudierung auch zeitgenössischer Musik. Wie sein Vater pflegt Peter Lauterbach ein herzliches und geselliges Verhältnis zu seinen Sängerinnen und Sängern. „Ach, wären doch alle Staatsmänner Sänger, so gäbe es bestimmt keinen Krieg mehr“, hat Ernst Kenner in seinem Bericht über das Deutsche Bundesliederfest 1968 in Stuttgart geseufzt. Außenstehende mögen über diesen Satz lächeln. Doch 150 Jahre Chorgesang in Nellingen bedeuten auch fünf Generationen lang Aufbau und Pflege demokratischer Spielregeln, Ringen um Toleranz im Verein und nicht zuletzt die Suche nach menschlichem Ausdruck im Gesang. Diese Werte sind es wert, erhalten zu bleiben.

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Der Autor Dr. phil. Hans-Günther Bauer, geb. 1949 in Berlin. Schulzeit in Ulm, Esslingen und Ravensburg. Studium der Schulmusik an der Musikhochschule in Stuttgart, Musikwissenschaft und Geschichte an den Universitäten in Tübingen und Stuttgart. Promotion 1984 in Tübingen über „Requiem-Kompositionen in Neuer Musik“; Veröffentlichungen über musikpädagogische und -historische Themen und im Rahmen der Gesamtausgabe der Werke Schuberts. Oberstudienrat am HeinrichHeine-Gymnasium Nellingen, Leiter des Orchesters der Stadt Ostfildern, „Fil(der) harmonie“, und Dozent an der Volkshochschule Ostfildern.

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Quellen: ZUR GESCHICHTE NELLINGENS: Rudolf Kapff, Geschichte von Dorf und Propstei Nellingen auf den Fildern, Esslingen 1927 Otto Borst, Nellingen – Geschichte und Gegenwart einer Fildergemeinde, ­Stuttgart 1971 ZUM „LIEDERKRANZ NELLINGEN“: Anzeiger, Amts- und Intelligenzblatt für das Oberamt Eßlingen, Nr. 60, Samstag, den 25. Juli 1840 Fest-Programm. Liedertexte der Massen- und Preischöre sowie Chronik des festgebenden Vereins zum 27. Gausängerfest des Filder-Sänger-Bundes am 5. Juli 1908 in Nellingen a. F. verbunden mit 40-jährigem Stiftungsfest des Gesangvereins „Eintracht“ Nellingen ZUR „FREIHEIT NELLINGEN“: Bericht von Paul Mauz im Festbuch „125 Jahre Chorgesang in Nellingen/F.“, 1963 Aktenfunde des Kreisarchivs Esslingen ZUM „LIEDERKRANZ NELLINGEN-PARKSIEDLUNG“: Schriftliche Äußerung des Chorleiters Karlheinz Dürr ZUR „EINTRACHT NELLINGEN“: Bericht von Ernst Kenner im Festbuch „125 Jahre Chorgesang in Nellingen/F.“, 1963 Zum Frauen- und Kinderchor: Schriftliche Äußerung von Margrit Kirschnek; Protokollbücher (seit 1900) und Akten (seit 1932) im Archiv der „Eintracht“

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Wir gedenken unserer Toten

Ehre ihrem Andenken

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Kurt Trompler Ernst Kolm Helmut Metzger Horst Frölich Erich Metzger Helmut Funk Hans Kneißler Peter Miller Gerhard Strähle Walter Hildinger

3. Reihe von links

Heinz Kenner Hermann Maier Günter Maier Reinhold Decker Karl Aichele Günter Metzger Hermann Gröber Rolf Fröschle

4. Reihe von links Andreas Metzger Thomas Krinn Uwe Decker Christian Krinn Frank Hermann Albert Gehrung Wilhelm Mühlich Günter Metzger Walter Wurst Peter Pape Hans Götz

5. Reihe von links Wilhelm Hartmann Otto Heimsch Richard Hinner Siegfried Fröschle Erich Diepolder

nicht auf dem Photo Karl Heinz Dosquet Walter Eisinger Heinz Janowitz Eugen Raisch Siegfried Reutter Günter Haas Hermann Kirschner Dieter Strauß

Uwe Schütt Arthur Schreiber Helmut Keil Albert Hartmann Heinz Strobel Oskar Britsch

Die aktiven Mitglieder der „Eintracht“ 1. Reihe von links Alfred Metzger Werner Petry Eugen Fischer Hermann Heldmaier Gottlob Alber Walter Kaiser Peter Lauterbach Hans-Dieter Bauer Willy Kober Theodor Reutter Wilhelm Metzger Gerhard Aichele

2. Reihe von links Alfred Britsch Wilhelm Maier

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Elsbeth Braun Liesel Maier Erika Baumgart Annelore Hauke Renate Funk Anne Eberspächer

3. Reihe von links

Lore Petry Johanna Bender Lotte Völkner Jutta Hennig Hannelore Homberger Marianne Fleschutz Uta von Strzemie Jutta Schweizer Annemarie Ehrenbrandt Gisela Pomper Hedwig Berthold Peter Lauterbach

Maria Raditsch Meta Melzer Gertrud Blessing Martha Leichtmann Emilie Mühlich Emma Heimsch Annemarie Hinner Leni Hägele Ingrid Buchholz Marlene Veil Karoline Schreiber Rosemarie Schade

4. Reihe von links

Else Zander Anni Bauer Edith Rauch Ludmilla Aichele Lisa Kuhn Inge Plensat

Margarete Küstner Gerda Kirschner Hilde Gombold Henriette Kirchner

nicht auf dem Photo

Else Arm Hilde Kindt Liesel Bachmann Edith Mogdans Rosa Götz Elfie Kolm Jutta Hanekamm Margrit Kirschnek Regine Keil Ruth Silber Thea Mettler

5. Reihe von links

Die aktiven Mitglieder der „Eintracht“ 1. Reihe von links Christl Lackner Doris Strobel Lore Krießler Eva Schnabel Inge Schoppe Ursula Schütt Martha Kaschel Rosa Haas Gerlinde Holz Lore Liedle Elisabeth Hartmann Margot Baur Anne Eisele Hildegard Kenzler 2. Reihe von links Helene Emrich Elke Hirsmüller Edith Schlecht

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2. Reihe von links

Meta Melzer Anita Donaubauer Tanja Veigele Sandra Bluthardt Heike Aichele Daniela Bauer Anja Kreppenhofer Andrea Hinner Beatrix Waldner Sabine Jüngling Jasmin Kapffenstein Yvonne Weiss Michaela Grosser

3. Reihe von links

Silke Kneißler Benita Lackner Angela Krießler Ilona Krießler Britta Benz Katja Metzger Katrin Ensinger Tanja Hommel Simone Kenner Andrea Kaiser Elke Buchholz Kerstin Hoffmann

4. Reihe von links

Die aktiven Mitglieder der „Eintracht“ 1. Reihe von links Karin Fleschutz Tobias Kenner Katharina Kroll Ursula Ressel Songül Zorlu Jörg Abel Stefanie Abel Nicole Miller Nicole Bluthardt Ines Rodrian Sabine Hinner Sabine Dolderer Sandra Förster Carmen Hertler Markus Metzger Petra Esslinger

Sonja Knaus

nicht auf dem Photo

Margrit Kirschnek, ­Chorleiterin Eva Fleschutz Sabine Melzer Stefanie Kreppenhofer Timo Fleschutz Peter Schnabel Simone Homberger Frank Bluthardt Oliver Kenner Melanie Mauz Violetta Londin Monja Knappe Dorothea Blessing Marion Diehl Alexander Schmidt Simone Funk Heiko Schlecht Brigitte Bauer, ­ usikalische Begleitung m

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Walter Kaiser Hans-Dieter Bauer Peter Lauterbach Peter Miller Jutta Hennig Christl Lackner Ingrid Buchholz Margrit Kirschnek Hermannn Gröber Marianne Fleschutz

Notenwart FCH: Notenwart MCH: Notenwart MCH: Festwart: Festwart: Beisizter: Beisitzer: Beisitzer: Beisitzer: Beisitzer:

Gerlinde Holz Walter Wurst Kurt Trompler Günter Maier Gerhard Aichele Rosl Haas Reinhold Decker Hermann Heldmaier Heinz Kenner Hermann Maier

Vereinsausschuss der „Eintracht“ im Jubiläumsjahr 1. Vorstand: 2. Vorstand: Chorleiter: Kassier: Schriftführer: 1. Sprecherin FCH: 2. Sprecherin FCH: Vizechorleiter FCH: Vizechorleiter MCH: Jugendreferent:

1. Reihe von links: Margrit Kirschnek, Marianne Fleschutz, Rosa Haas, Gerlinde Holz, Ingrid Buchholz

2. Reihe von links: Peter Lauterbach, Walter Kaiser, Reinhold Decker, Christl Lackner, Jutta Hennig, ­ erhard Aichele, Walter Wurst, Hermann Gröber G

3. Reihe von links: Hermann Heldmaier, Kurt Trompler, Peter Miller, Heinz Kenner, Günter Maier, ­ ermann Maier, Hans-Dieter Bauer H

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Dirigenten „Liederkranz“ bis 1837: Lehrer Christian Gottlieb Kieß 1838–1854: Schäfer Jakob Hartmann 1854 bis ca. 1890: Lehrer und Schultheiß Paul Philipp Mauz „Freiheit“ 1911–1919: Musiklehrer Ludwig Neff 1924–1933: K. Geßmann Lehrer Otto Kemmner Oberlehrer Karl Dupper J. Wahl „Eintracht“ 1868: Lehrer Zluhan 1868–1893: Lehrer und Schultheiß Paul Philipp Mauz 1893–1896: Lehrer Hornung 1897–1902: Lehrer Georg Munz 1902: Lehrer Zimmermann 1903–1911: Musiklehrer Ludwig Neff 1911–1914: Lehrer Maier 1919–1923: Musiklehrer Ludwig Neff 1924: Lehrer Schlotterbeck 1924–1929: Musiklehrer Walter Knapp 1929–1933: Hauptlehrer Adolf Biegert 1934–1937: Hauptlehrer Albert Bohnet 1938–1939: Musiklehrer Karl Hermann Mäder 1939–1940: Musiklehrer Walter Knapp 1940–1941: Oberlehrer Karl Dupper 1941–1943: Hauptlehrer Karl Schellmann 1946: Hermann Leins 1946–1948: Hauptlehrer Fritz Holder 1948–1980: Kirchenmusikdirektor Lorenz Lauterbach 1980–1981: Kammersänger Georg Lögl 1981: Willi Mühlhäuser 1982–1986: Manfred Hechler seit 1986: Organist und Chorleiter Peter Lauterbach

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Vorstände „Liederkranz“ 1854(?)–ca. 1890: Theodor Boley „Freiheit“ 1911–1918: Thomas Mengeu 1924–1933: Paul Mauz „Eintracht“ 1868–1870: David Krießler 1870–1901: Georg Merk 1901–1909: Ludwig Fröschle 1909–1918: Karl Mayer 1918–1921: Wilhelm Göppinger 1921–1923: Otto Bass 1924–1935: Karl Metzger 1936–1945: Wilhelm Klein 1945: Gottlob Kober 1946–1966: Alfred Metzger 1967–1982: Wilhelm Hartmann seit 1983: Walter Kaiser Im Jahre 1968 wurde als 2. Nellinger Gesangverein der „Liederkranz NellingenParksiedlung“ gegründet. Ihn dirigiert seit seiner Gründung Oberlehrer Karlheinz Dürr. Seine Vorstände sind Kurt Zimmer (1968–1975), Friedrich Sessler (1976 bis 1978), Kurt Vogel (1979–1981), Horst Matzke (1982–1985) und Johannes Menzel (seit 1986).

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Folgende Firmen ermöglichten durch ihre Aichele, Eberhard Möbel, Innenausbau Burgstraße 5 7302 Ostfildern 2

Bauer, Werner, GmbH Betonpumpendienst Neuffenstraße 4 7302 Ostfildern 2

Bünemann, Klaus Maler- und Tapeziermeister Bismarckstraße 27 7302 Ostfildern 2

Aichele, Gerhard BFN Betonfertigteilbau Rudolf-Diesel-Straße 30/1 7302 Ostfildern 2

Baur, ORC Fahrzeugteile Uhlandstraße 93 7302 Ostfildern 2

Decker, Reinhold Metalldrückerei Kaiserstraße 17 7302 Ostfildern 2

Aichele, Martin Schwaben-Caravan Robert-Bosch-Straße 10 7302 Ostfildern 2

Bausch & Kretschmer Innenausbau Rudolf-Diesel-Straße 11 7302 Ostfildern 2

Dreizler, Rolf Gipser-Dreizler GmbH Rudolf-Diesel-Straße 5 7302 Ostfildern 2

Aichele, Siegfried Aichele-Beton GmbH Rudolf-Diesel-Straße 30 7302 Ostfildern 2

Beck, Walter Spezialfilterbau Esslinger Straße 48 7302 Ostfildern 2

Eberle & Mauz Maschinenbau GmbH Rinnenbachstraße 35 7302 Ostfildern 2

Aichele, Willi, GmbH Gipser-Stukkateurgeschäft Vogelsangstraße 22 7302 Ostfildern 2

Berg, Ladislaus Reprostudio Hermann-Löns-Straße 2 7302 Ostfildern 2

Ebinger, Heinz Metzgerei und Gaststätte Kaiserstraße 20 7302 Ostfildern 2

Allmendinger, Siegfried Grab-, Natur- und ­Kunststeine Rudolf-Diesel-Straße 24 7302 Ostfildern 2

Blessing, Wilhelm Spannzeuge Hermann-Löns-Straße 17 7302 Ostfildern 2

Eppinger, Gerhard Metzgerei Wilhelmstraße 98 7302 Ostfildern 2

Bluthardt, Hermann Bäckerei und Konditorei Esslinger Straße 12 7302 Ostfildern 2

Ferral GmbH & Co. KG Stahl- und Metallbau Ostpreußenstraße 4–6 7302 Ostfildern 2

Bolic, S. Aral Tankstelle Denkendorfer Straße 28 7302 Ostfildern 2

Festo KG Pneumatik Ruiter Straße 82 7300 Esslingen a. N.

Bossler, W. LBS-Bausparkasse Hindenburgstraße 2 7302 Ostfildern 2

Frank, Walter Hindenburgstraße 9–11 7302 Ostfildern 2

Bäuerle, Dieter Haug, Wolfgang Fr. Architekten und Ingenieure Bismarckstraße 32 7302 Ostfildern 2 Bäuerle, Werner Schuhhaus Bismarckstraße 47 7302 Ostfildern 2 Bartsch, Karmen Frisierstüble Rudolf-Diesel-Straße 30 7302 Ostfildern 2

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Fröhlich, Horst Farbe und Raum Hindenburgstraße 18 7302 Ostfildern 2


Spenden die Herausgabe dieser Festschrift Fröschle, Gerhard Friseursalon Hindenburgstraße 58 7302 Ostfildern 2

Hägele, Hans Vermessungsbüro Ludwig-Jahn-Straße 79 7302 Ostfildern 2

Kakaris, Sokrates Autohaus Nissan Rudolf-Diesel-Straße 30 a 7302 Ostfildern 2

Fröschle, Siegfried Sanitäre Anlagen Beethovenstraße 17 7302 Ostfildern 2

Hahn-Mühle Neuhäuser Straße 42 7302 Ostfildern 2

Kindt, Peter Sanitär-Installation und Blechverarbeitung Riegelstraße 54 7302 Ostfildern 2

Gehring GmbH & Co. KG Maschinenfabrik Gehringstraße 7302 Ostfildern 2 Göppinger, Werner Nähmasch.-Handlung Hindenburgstraße 21 7302 Ostfildern 2 Gombold, Rolf Holzbau Rudolf-Diesel-Straße 20 7302 Ostfildern 2 Gräber, Jürgen Möbel- und Innenausbau Hindenburgstraße 42 7302 Ostfildern 2 Günther Bäckerei und Konditorei Hindenburgstraße 5 7302 Ostfildern 2 Haack, Jürgen, GmbH Schilder + Gravuren Robert-Bosch-Straße 12 7302 Ostfildern 2 Hägele, Gebr. Gärtnerei Kreuzbrunnenstraße 11 7302 Ostfildern 2

HECO Handels GmbH Edelstahl 7536 Ispringen/Pforzheim Hermann Druckerei Friedrichstraße 22 7306 Denkendorf Hertler, Karl Mech. Werkstatt Denkendorfer Straße 26 7302 Ostfildern 2 Heusel, Klaus Schreibwaren Bismarckstraße 33 7302 Ostfildern 2 Hihn Textil GmbH Hindenburgstraße 2 7302 Ostfildern 2 Hodrus, Fam. Gaststätte Schwanen Esslinger Straße 18 7302 Ostfildern 2 Imbescheid, Albrecht Ludwig-Jahn-Straße 72 7300 Esslingen-Hegensberg Jannecke, Gudrun Salon Gudrun Schwarze Breite Straße 4 7302 Ostfildern 2

Knödler, Helmut Freier Architekt Hindenburgstraße 24 7302 Ostfildern 2 Knoll, Franz J. Reisebüro Riegelstraße 33 7302 Ostfildern 2 Kober, Adolf Werkzeuge Hindenburgstraße 54 7302 Ostfildern 2 Kober, Gerhard Sport Kober Hindenburgstraße 31 7302 Ostfildern 2 Kohn, Günter Allianz Generalvertretung Beethovenstraße 13 7302 Ostfildern 2 Kolm, Ernst Raumausstattung Achalmstraße 24 7302 Ostfildern 2 Kreissparkasse Ostfildern Hindenburgstraße 2 7302 Ostfildern 2

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Kreppeneck, Doris Kosmas Apotheke Hindenburgstraße 10 7302 Ostfildern 2

Metzger, Otto Kälte-Klimatechnik Rudolf-Diesel-Straße 9 7302 Ostfildern 2

Obermaier, Christian Abbruchbetrieb Häuserweg 19 7302 Ostfildern 2

Krinn, Fliesen, GmbH Handel- und Verlegerbetrieb Gehringstraße 19 7302 Ostfildern 2

Metzger, Siegfried Schreinerei-Innenausbau Kaiserstraße 16 7302 Ostfildern 2

Osswald, Reinhold Elektrogeschäft Wilhelmstraße 17 7302 Ostfildern 2

Maier, Gebr., KG Metallwarenfabrik Schillerstraße 5 7302 Ostfildern 2

Mitreuter, Horst Friseur Zeppelinstraße 7 7302 Ostfildern 4

Otto, Siegfried Stadthalle Ostfildern In den Anlagen 6 7302 Ostfildern 2

Maier, Günter Freier Architekt Denkendorfer Straße 21 7302 Ostfildern 2

Münzenmaier, Adolf Sand-Kies-Schottervertrieb Hindenburgstraße 18 7302 Ostfildern 2

Petry, Werner Gothaer-Versicherungen Eichendorffweg 2 7302 Ostfildern 2

Maier, Günter E. Freier Architekt Wettenhartstraße 2 7302 Ostfildern 2

Müssigmann & Partner Ingenieurbüro für Baustatik Partner: Dipl.-Ing. Karlheinz Binder Bautechniker Hermann Maier Dr.-Ing. Fritz Müssigmann Plochinger Straße 6 7300 Esslingen/Stuttgart

Raisch, Manfred Fliesenfachgeschäft Benzstraße 5–7 7302 Ostfildern 2

Mauz, Manfred Weinhaus Mauz Bismarckstraße 51 7302 Ostfildern 2 Mauz, Willi Bäckerei Riegelstraße 36 7302 Ostfildern 2 Mauz, Willi Fenster und Haustüren Kaiserstraße 26 7302 Ostfildern 2 Metzger, Günther Brennerei Lenaustraße 7 7302 Ostfildern 2

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Nellinger Bank eG Hindenburgstraße 12 Herzog-Phillip-Platz 2 7302 Ostfildern 2 Nimpex Spielwaren GmbH & Co. KG Kaiserstraße 7302 Ostfildern 2 Notheis, Josef Getränkediscount Kaiserstraße 10 7302 Ostfildern 2

Reflektan Jalousien GmbH Neuhäuser Straße 14/5 7302 Ostfildern 2 Riester, Werner, KG Armaturenantriebe Daimlerstraße 9 7302 Ostfildern 2 Rückle, Karl Elektro Haushalt Geschenke Hindenburgstraße 7 7302 Ostfildern 2 Schade, Reinhard Fahrschule Otto-Schuster-Straße 29 7302 Ostfildern 2


Scheufler, Hans Gaststätte Rauchfang Wilhelmstraße 18 7302 Ostfildern 2

Silber, Günter Modellbau Lerchenweg 11 a 7333 Ebersbach 4

Schindler, Ch. u. H. Gaststätte Treffpunkt Denkendorfer Straße 1 7302 Ostfildern 2

Sommer, Brunhilde happy hair studio Riegelstraße 62 7302 Ostfildern 2

Schlecht, Eugen Malerwerkstätte Rinnenbachstraße 19 7302 Ostfildern 2

Sonn Blumen Sonn Fleurop Hindenburgstraße 14 7302 Ostfildern 2

Schoch, Heinz Bauschlosserei Kaiserstraße 28 7302 Ostfildern 2 Schubert, Walter Sanitäre Installation Wilhelmstraße 47 7302 Ostfildern 2 Schurr, Alice „Mauganeschtle“ Handarbeiten Otto-Schuster-Straße 35 7302 Ostfildern 2 Schwämmle, Heinz Sanitäre Anlagen Achalmstraße 9 7302 Ostfildern 2

Staigerwald, Adam, GmbH & Co. KG Bauunternehmung Zeppelinstraße 42–44 7302 Ostfildern 4 Strähle, Willi Werkzeugbau Augustenstraße 15 7302 Ostfildern 2

Wagner, Reinhard Ingenieurbüro für Vermessungen Karlsbader Straße 10 7302 Ostfildern 2 Walcher, Gerhard Radhaus Nellingen Riegelstraße 50 7302 Ostfildern 2 Weiß, Hermann, jun. Gaststätte und Metzgerei Esslinger Straße 3 7302 Ostfildern 2 Wien und Wülbeck Autohaus Robert-Bosch-Straße 16 7302 Ostfildern 2 Wittner, Hans Haarstudio Hindenburgstraße 19 7302 Ostfildern 2

Vogt, Erwin Schuhhaus Hindenburgstraße 13 7302 Ostfildern 2 Volksbank Esslingen eG Fabrikstraße 5 7300 Esslingen a. N.

Schweizer, Karl Masch.- und Vorrichtungsbau Rinnenbachstraße 15 7302 Ostfildern 2

Vollmer, Heinz KFZ-Meisterbetrieb Hindenburgstraße 51 7302 Ostfildern 2

Siegle Blumen Siegle Riegelstraße 33 7302 Ostfildern 2

Wagner, Christian, GmbH & Co. Metallwarenfabrik Richard-Hirschmann-Str. 5 7302 Ostfildern 2

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Impressum: Für die Herausgabe der Festschrift zeichnen verantwortlich Walter Kaiser, Dr. Hans-Günther Bauer, Günter Maier, Helmut und Renate Funk, Bernd Aichele und Hans-Dieter Bauer. Die Umschlagseite gestaltete Werner Bauer. Die Gruppenaufnahmen stammen von Fotostudio Schwäger, Denkendorf und Fotostudio Fahrion, Esslingen. Alle anderen Bilder entstammen dem Vereinsarchiv. Für die Unterstützung bei der Herstellung der Festschrift danken wir folgenden Firmen: Satz: Knauer Layoutsatz GmbH Breitscheidstraße 131 a

7000 Stuttgart 1

Lithos: Carl Kühnle KG Grafische Kunstanstalt Maybachstraße 11

7302 Ostfildern 2 (Nellingen)

Der Druck erfolgte bei Druckerei Walter Hermann, Denkendorf

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