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ict management

Abb. 1: Wofür können Finanzdienstleister Social Media einsetzen?

lichen etwas ändern: weg vom produktorientierten Denken, hin zum bedürfnisorientierten Vorschlag. Die Herausforderung besteht vor allem darin, dass sich durch soziale Netzwerke die Entscheidungsprozesse beim Kunden verändern: Obwohl er langjähriger Kunde ist, wird er die Erfahrungen anderer Kunden seiner Bank aufmerksam lesen. Er wird vielleicht auch bei Freunden im Netz eine Zweitmeinung einholen, um seine eigene Entscheidungsfindung zu unterstützen. Nach einer jüngst veröffentlichten Studie der Deutschen Bank informieren sich fast 75 Prozent aller Interessenten eines Bankproduktes vor dem Abschluss online. Strukturen müssen sich anpassen Damit verliert auch der klassische Sales Funnel seine Bedeutung: In jeder Phase des Abschlusses unterliegt der OnlineKunde neuen Einflüssen. Alte Erfahrungen werden immer wieder neu bewertet. Wer nicht mit neuen Informationen oder einer emotionalen Ansprache den Kunden immer wieder neu überzeugen und begeistern kann, wird deshalb sukzessive an Terrain verlieren. Es kommt darauf an, dass sich auch die Zusammenarbeit zwischen Marketing, Produkt-Management, Vertrieb und Kundenberater dem Tempo und den Anforderungen der Online-Gesellschaft anpasst. So kann das Marketing nicht mehr jede Online-Kommunikation verifizieren. Der Produkt-Manager muss sich vielleicht zum Community Manager entwickeln, um die Resonanz in den sozialen Netzwerken für seine Produktentwicklung und den Service zu nutzen. Der klassische Kundenberater einer Bank wird sich vor jedem Kontakt mit einem Kunden bei seinen Kollegen und

Peers informieren müssen, was gerade mit anderen Kunden diskutiert und von anderen Stellen des Hauses herausgegeben wurde. Die Zeiten der «kleinen Gärten» dürften bald der Vergangenheit angehören. Stattdessen werden «Anlagen gemeinsam bewirtschaftet».

Ansatzpunkte für Finanzdienstleister Dabei bieten sozialen Netzwerke auf verschiedenen Ebenen und Bereichen viele Ansatzpunkte. Einige Unternehmen benutzen bereits Social-Media-Instrumente, um sich intern besser abzustimmen. Gerade für den Start kommt es darauf an, zunächst zuzuhören, was die Kunden über das eigene Unternehmen sagen und was ihre Erwartungen sind. Der Einstieg in die Community gelingt am besten über eigene Beiträge. Hier beginnt der Dialog mit den Kunden, der schnelle und kontinuierliche Reaktionen

mehr sinnvolle Services für die Benutzer bereitstellen. Der einzelne Kundenberater wird so zum «Information Scout» für seine Kunden oder sein Fachgebiet. Leicht lassen sich zum Beispiel Ereignisse online planen und vor auch nachträglich diskutieren. Die Distanz zum Kunden wird – zumindest was die Mitglieder der Sozialen Netzwerke betrifft – deutlich verringert: Die Beziehung wird intensiver. Nach wie vor geht es natürlich auch um den Verkauf von Produkten: Denn die Beratung finanziert sich – zumindest noch in den meisten Fällen – über den Verkauf der Produkte oder Services. Verändert hat sich aber der Zugang und der Umgang mit den Kunden. Es gibt kein Patentrezept Soziale Netzwerke ermöglichen eine intensivere Form des Dialogs. Die Banken, welche es verstehen, diesen Dialog mit Mehrwert für den Kunden zu führen, werden vermutlich ohne Mehraufwand erfolgreicher sein. Dabei geht es nicht nur um sachlichen Mehrwert wiezum Beispiel Information. Immer mehr Kunden suchen in

Erste Schritte in Social Media Wer zuerst kommt, mahlt zuerst: Der Start einer Social-Media-Präsenz ist jetzt besonders interessant, da noch nicht alle Finanzdienstleister in sozialen Netzwerken vertreten sind. So können Sie beginnen: Rechtliche Bedingungen festlegen • Social Media Policy als verbindliche Richtlinie für alle Mitarbeitenden definieren Erste Grundlagen erarbeiten • Social-Media-Strategie entwickeln • Auf wenige relevante Medien fokussieren (externe Social-Media-Plattformen mit Verlinkung auf eigener Webseite) • Verantwortlichkeiten und Prozesse festlegen (Marketing, Vertrieb, Kundenberater) Mit kleinem Team von Begeisterten starten • Marketing, Vertrieb, HR und IT • Mitglieder als Social Media Scouts einsetzen • An Geschäftsleitung und auf Intranet-Portal berichten (Cultural Initiative) • Erfahrungen austauschen, auch mit anderen Unternehmen

erfordert. Echter Dialog wird als Mehrwert erkannt und steigert mit der Zeit die Online-Reputation. Ist ein Unternehmen in den Sozialen Netzwerken angekommen und führt es kontinuierlich einen Dialog, kann es mehr und

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der Beziehung zu einem Dienstleister auch eine emotionale Bestätigung – und zwar auch online. Christian Palm, Manager, Swisscom IT Services Finance


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