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SERIE

BR A NCHE:

PARKPLATZDILEMMA ES IST FLUCH UND SEGEN ZUGLEICH, wenn man in einem der letzten

Parkpickerl-freien Bezirke Wiens wohnt und arbeitet.

Aus dem L eben TEIL 11

TEXT: SUSANNE LOHS, HANDELSAGENTIN

W

as haben wir uns gefreut, als wir vor etwas über vier Jahren vom dritten in den dreizehnten Bezirk gezogen sind: Juhu, kein Parkpickerl mehr! Die Freude währte nur kurz. Zwei Monate, um genau zu sein. Dann waren nämlich die Sommerferien vorbei und der Bezirk zeigte sein wahres Gesicht.

POTPOURRI AN PARKERN

Im Umkreis von wenigen hundert Metern gibt es zwei Gymnasien. Mit dem Ende der Ferien hielten jede Menge Schüler und Lehrpersonen wieder Einzug in unserem Grätzel. Und mit ihnen unzählige Autos. Unser Bezirk ist außerdem ein wahres Ärzteund Therapeuten-Eldorado, was, wenn die Ordinationen und Praxen geöffnet haben, viele Patienten anlockt. Die gefühlt alle mit dem Auto kommen – ist ja praktisch, schließlich kann man in Hietzing außerhalb der gekennzeichneten Kurzparkzonen noch gebührenfrei parken. Speziell am Wochenanfang zu beobachten (und für die restliche Woche auszubaden): Handwerker, die von auswärts anreisen, sich grüppchenweise nach Firmen sortiert in unserem Bezirk treffen, ihre Fahrzeuge parken und mit nur einem Auto für den Rest der Woche ihrer Arbeit nachgehen. Perfekt – Hietzing als großflächiger Gratis-Parkplatz! Dann gibt es noch die Mitarbeiter der umliegenden Steuer-, Wirtschaftsprüfungs-, Anwalts-, Architektur- und sonstigen Büros. Die oft und gerne mit dem Auto zur Arbeit kommen. Warum auch nicht? Ist bequem und man kann den ganzen Tag kostenlos parken – wer braucht da schon Öffis? Apropos öffentliche Verkehrsmittel: Das Ganze geht natürlich auch umgekehrt. Sprich: Menschen, die in Gebieten wohnen, wo es keine unmittelbare Anbindung an die Öffis gibt. Die fahren mit dem Auto in die Nähe einer U-Bahn- oder Straßenbahnstation, parken dort und fahren mit den Öffis weiter. Dieses „dort“ ist bevorzugt – Sie ahnen es – der dreizehnte Bezirk. Eine weitere Spezies sind die „Ich hol nur

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schnell …“-Parker. Im Souterrain unseres Gründerzeithauses hat ein Fachgeschäft für Zierfische sein Zuhause, im Park gegenüber befindet sich ein Kindergarten. Die Parker holen also nur schnell Fischfutter. Oder ihr Kind ab. Während wir Anrainer Runde um Runde drehen, um endlich einen Platz für unseren fahrbaren Untersatz zu finden.

BESONDERE SPEZIES

Am schlimmsten für uns Anrainer sind jedoch die von uns liebevoll getauften „Egoparker“. Um dieses Zertifikat bemühen sich alle sechs der zuvor genannten Kategorien mit individuell unterschiedlich ausgeprägter Vehemenz: Jene Leute, die mit ihrem Kleinauto einen Parkplatz besetzen, den sich im Normalfall zwei Kombis teilen. Zur Erklärung: Wir sind in unserem Grätzel mit Hunderten Kastanienbäumen und Linden gesegnet, die, wie es sich für ansehnliche Alleen gehört, in regelmäßigen Abständen links und rechts die Fahrbahnen säumen. Zwischen den Bäumen kann man parken – üblicherweise passen meist je zwei Autos normaler Größe in einen Parkabschnitt. Geübte Anrainer schaffen das sogar mit zwei Autos in Kombigröße, aber sei’s drum. Besonders unlustig war die verfahrene Parkplatzsituation für uns, als wir noch für „Köstliches aus Vorarlberg“ unterwegs waren und die gewichtsintensiven Bestellungen unserer Kunden zu unserem (nicht immer in unmittelbarer Nähe parkenden) Auto schleppen mussten. Deshalb freuen

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wir uns sehr, dass es ab März 2022 flächendeckend in ganz Wien das Parkpickerl geben wird – endlich auch in Hietzing! Vor Kurzem durften wir übrigens herzhaft lachen. Jemand hat sich die Mühe gemacht, Flyer zu drucken und den Egoparkern hinters Wischerblatt zu klemmen. Darauf stand zu lesen: „Wir gratulieren herzlich, dass Sie für Ihr Auto gleich ZWEI Parkplätze gefunden haben!“ Offen bleibt, ob jemand, der beim Parken so wenig mitdenkt, diesen Sarkasmus überhaupt versteht.

SUSANNE LOHS hat vier Jahre lang „Köstliches aus Vorarlberg“ in Wien und Umgebung vertrieben. Mit CommuniCare ist sie selbstständige Texterin sowie Marketingcoach und unterstützt als solche u. a. ihren Mann beim Vertrieb von Mehrwegbechern. s.lohs@communi-care.at www.communi-care.at

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