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«Ich gehe lieber an die Viehschau als zum Lädele» Sie ist 18 und auf einem Bauernhof im luzernischen Ruswil aufgewachsen. Den Hof will Fabienne Fuchs später übernehmen. Das Rüstzeug dazu holt sie sich beim Landwirt Thomas Waeber in Monterschu.
I rmgard L ehmann Noch steht Fabienne etwas verlegen im Hauseingang. Am langen Küchentisch setzt sie sich ganz unten hin. In respektvoller Distanz zu ihrem Meister Thomas Waeber und seiner Frau Susanne. Eine junge Frau, die ihren Platz noch suchen muss? Ganz und gar nicht. Klar und deutlich sagt sie: «Bereits als kleines Mädchen wollte ich Bäuerin werden.» Fabienne ist das zweitälteste von sieben Kindern. Aufgewachsen ist sie auf einem Hof mit Betriebsgemeinschaft in Ruswil. «Zuhause haben wir 13 000 Legehennen, 200 Kühe und auch Pferdezucht», sagt sie voller Stolz. Auf Monterschu ist sie via Landwirtschaftliches Institut Grangeneuve gestossen. Drei Tage hat sie geschnuppert und bekam die Stelle. «Man sieht es sofort, ob jemand das Zeug hat dazu», sagt der Meisterlandwirt Thomas Waeber. Und so ist Fabienne Fuchs mit 18 Jahren nach Monterschu gekommen. Lebt jetzt seit August mit der jungen Familie zusammen. «Auch das Persönliche muss stimmen. Leben doch die Lernenden mit uns unter einem Dach und wir mit ihnen», fügt Susanne Waeber, Mutter von drei kleinen Kindern, bei.
Erstmals eine Landwirtin: Lernende Fabienne Fuchs mit Meisterlandwirt Thomas Waeber Bild Charles Ellena
Hahn im Korb Einmal in der Woche fährt Fabienne nach Grangeneuve. Wohl Hahn im Korb als eine der wenigen Landwirtinnen? Fabienne schmunzelt. Der Meister schaut sie an und lacht: «Dort wird sie wohl einen Bauern finden.» Tatsächlich ist die 18-Jährige einzige Frau unter 15 Männern. Doch was fasziniert denn so an der Landwirtschaft? «Mit den Tieren zusammen zu sein und draussen in der Natur zu arbeiten», sagt sie ohne zu zögern. Dass sie morgens kurz nach 5 Uhr aus den Federn muss, direkt in den Stall zum Melken und Füttern, ist für sie selbstverständlich. Ob sie denn unter den 170 Kühen, Rindern und Kälbern auch den Liebling gefunden habe? «Selbstverständlich», sagt sie. Dirona heisst die Kuh. «Sie gefällt mir sehr. Sie ist sehr lieb.» Und wie steht es mit dem Ausgang? «Ich brauch das nicht. Ich gehe lieber an eine Viehschau als zum Lädele.»
Bauernstand und Wertschätzung Der 36-jährige Thomas Waeber ist seit sechs Jahren Pächter des Hofes vom Hospiz Fegely
in Monterschu. Mittlerweile haben acht junge Männer bei ihm die Landwirtschaftslehre gemacht. «Die meisten Lernenden sind auf einem Bauernhof aufgewachsen und kehren auf den elterlichen Hof zurück.» Zurzeit betreut er zwei Lernende. Fabienne war bis anhin die einzige Frau. Dazu sagt er: «Ich bin sehr zufrieden mit Fabienne.» Er habe auch dieses Mal auswählen können. Also kein Manko an Lernenden? «Nein. Obwohl der Beruf kein grosses Ansehen geniesst.» Dass der Bauernstand etwas mehr Wertschätzung finden würde, das wünscht sich Waeber sehr. «In der Schweiz verschwinden jeden Tag zehn Fussballfelder Land. Wenn das so weitergeht, gibt es uns bald einmal nicht mehr», räumt er ein. Zweifellos hat sich die Landwirtschaft in den letzten Jahren stark gewandelt. «Vor 20 Jahren konnte der Bauer noch selber entscheiden. Heute komme ich mir oft wie ein Bundesangestellter vor», bemerkt der Landwirt. Alles sei reglementiert und vorgeschrieben. Zum
Schluss führt Fabienne die Besucher noch in den Stall zu ihrer Lieblingskuh Dirona. Liebevoll streicht sie dem Tier über den Kopf. Und genauso liebevoll sagt sie zu den Besuchern: «Ja, für mich stimmt das. Und ich habe lieber zwischendurch ‹Dräck› an den Händen, als dass ich mich in einem Büro langweile.»
Beruf Landwirt Die Landwirtschaftslehre dauert drei Jahre. Ein Tag pro Woche wird im Landwirtschaftlichen Institut Grangeneuve Tierhaltung, Pflanzenbau, Maschinenkunde und Allgemeinbildung unterrichtet. Im dritten Lehrjahr: über die Winterzeit sechs Monate Unterricht im Landwirtschaftlichen Institut Grangeneuve. Infos über offene Lehrstellen: via Landwirtschaftliches Institut Grangeneuve www.grangeneuve.ch oder Internet.
il