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Gelber wirds nicht - Simpsons im schauraum

Seit fünf Jahren gibt es den schauraum: comic + cartoon zwischen Stadt- und Landesbibliothek und Fußballmuseum. Weil im Deutschland der 50er Jahre Comics ziemlich verpönt waren, muss die grafische Erzählung sich immer noch gegenüber einem »guten Buch« durchsetzen. Aber wie antwortete schon Jolly Jumper auf die Frage von Lucky Luke, wie er bei all dem Trubel lesen könne? „Indem ich die Seiten umblättere.“

Gelber wird’s nicht

Comicschauraum mit Donald, Lucky Luke und demnächst den Simpsons

Wer über Comics Ausstellungen machen will, der muss vor allem Comics lesen. Im Bestand der Stadt- und Landesbibliothek gibt es ca. 9.500 Comics und 6.000 Mangas. Comics und Mangas waren schon immer vielfältig: Auf unendlich vielen, unfassbar toll gestalteten Seiten tummeln sich unzählige Superhelden und Superheldinnen, denen die Leserinnen und Leser von Buch zu Buch folgen können.

Der schauraum: comic + cartoon feiert im Jahr 2024 bereits sein fünfjähriges Jubiläum! So lange zeigt das städtische Ausstellungshaus mit interaktiver Erweiterung bereits ComicOriginale in thematischen Ausstellungen. Unterstützt wird der schauraum seit Beginn von der 21-Gruppe – als Hauptpartner sowie als Sponsor der 360-Grad Aufnahmen der Ausstellungen und als technischer Sponsor der schauraum APP, die den Raum digital um Interviews, Filme, und Bilder erweitert. Ab dem 23. März ist der sich stets wandelnde Ausstellungsraum gegenüber vom Hauptbahnhof dann übrigens überwiegend gelb: Hier dreht sich bis zum Herbst 2024 alles um »Die Simpsons!«

Sophia Paplowski erläutert eine Idee für den schauraum: comic + cartoon: „Es gibt in Dortmund eine große Community an Comicfans und an Zeichner*innen und Illustrator*innen. Dabei agiert das Netzwerk aber durchaus überregional, sogar national und international – sprich, die Comicfans sind sehr gut vernetzt! Hier setzt der schauraum an: Wir haben Besucher aus Deutschland, aber sogar aus Belgien und den Niederlanden und mit den 360­Grad­Formaten der Ausstellungen im Internet eben auch weltweite Zugriffe. Ausstellung verstärkt diesen Effekt. Und wenn es in Deutschland irgendwann bald ein Netzwerk aus »Comicstädten« gibt, dann wollen wir natürlich auf jeden Fall dazu gehören.“

Roman Kurth erläutert die Idee hinter den vielfältigen Angeboten des schauraums: „Einerseits geht es natürlich darum, vor Ort die (Comic­)Kunst sehen zu können – also die gezeichneten Werke, die haben für uns und unsere Gäste einen ganz besonderen Wert. Comics sind Kunst und gehören ins Museum! Diese Wertschätzung wollen wir zeigen und auch allen in Dortmund und darüber hinaus vermitteln. Andererseits ist die Comicszene bunt, jung, lebhaft, und das sieht man dann eben auch in den ganzen Aktionen, die wir rund um das Thema Comic und speziell für die Themen der Ausstellungen veranstalten. Der Comic steht ja nie für sich: Unser Kurator Alexander

Braun schaut immer auf die Zeit und auf die Zusammenhänge, die sich dann letztlich an einem Thema zeigen lassen. Es geht neben den Comics bei uns also auch immer um die großen Themen: um Kunst und Kultur, um Geschichte. Das mündet dann oft in sehr dicken Katalogen, in wertvollen Exponaten hier im schauraum: comic + cartoon, und in Megabytes voller Daten in der schauraum­APP. Einfach mal vorbeikommen! Wir freuen uns über jeden Besuch.“

Interview mit dem Kurator Dr. Alexander Braun.

Wie wird man Comicforscher?

Ich denke, als erstes muss man für das Medium brennen! Dann wird man am besten Bildender Künstler. Zusätzlich studiert man Kunstgeschichte, weil es an der Kunstakademie so langweilig ist, und promoviert über einen weltberühmten amerikanischen Installationskünstler. Schließlich startet man erfolgreich seine eigene Künstlerkarriere … und stellt am Ende fest, dass es im Comic doch am schönsten war (lacht)! Ich habe keine Ahnung. Wahrscheinlich geht es auch anders. Ich bin da mit Sicherheit kein exemplarisches Vorbild.

Die Ausstellungen im schauraum sind das eine, die umfangreichen Kataloge dazu das andere. Wie lange arbeitest du an einem Thema?

Eigentlich habe ich nur das Zeitfenster von einer Ausstellung zur nächsten, also in der Regel sechs bis acht Monate. In der Corona­Zeit war das länger, also wurden die Bücher dicker. Aber so genau lässt sich das am Ende nicht sagen, weil ich ja schon mein ganzes Leben im Begriff bin, Material zusammenzutragen. Wenn man für jede Ausstellung bei Null beginnen müsste, würde das tatsächlich nicht gehen.

Ist das Thema dann »abgehakt«?

Jein. Grundsätzlich würde ich sagen: Ich habe keine Lust, zweimal dasselbe Thema zu beackern. Das würde mich langweilen. Dafür ist das Leben zu kurz. Allerdings sehen wir gerade an der aktuellen »Staying West«­Ausstellung, dass es unter Umständen Sinn macht, zu einem Thema noch einmal zurückzukehren. Weil sich zum Beispiel die Gesellschaft verändert hat oder bestimmte Aspekte eine Vertiefung vertragen können.

Welche Themen dürfen wir 2024 erwarten, und worauf freust du dich dabei am meisten?

Das Highlight ist zweifellos unsere Simpsons­Ausstellung, die am 22. März eröffnet. Die Simpsons werden 35 und Schöpfer Matt Groening feiert seinen 70sten. So ein Doppel­Jubiläum darf man nicht liegenlassen. Keine Ahnung, warum das sonst niemand auf dem Schirm hatte. Wir scheinen in Deutschland die Einzigen zu sein. Umso schöner. Das wird ein ziemlich dicker gelber Wumms! Vielleicht sogar ein Doppel­Wumms, denn wir zeigen ausschließlich Originalzeichnungen und seltene Dokumente.

Sind Comics mittlerweile gesellschaftlich anerkannt?

Inhaltlich ja, von den reinen Auflagenzahlen gesehen, ist die Situation nach wie vor unbefriedigend. Zumal im Vergleich zu unseren Nachbarländern. Wenn die Auflagen nicht steigen, können die Autoren und Zeichner von ihrer Arbeit nicht leben und es bleibt ein prekäres Gewerbe. Comic-Machen ist extrem zeitintensiv und erfordert viel Disziplin und Willensstärke.

Ist Dortmund jetzt die heimliche Comic-Hauptstadt?

Da die Geschichte des Comics in Deutschland nie mit einer bestimmten Region oder Stadt verbunden war, kann »Comic­Hauptstadt« überall sein. Ob Dortmund das schon ist, weiß ich nicht. Aber unsere Arbeit hier während der letzten fünf Jahre war schon sehr außergewöhnlich und strahlt ziemlich weit aus. Wir hatten Besucher, die allein für unsere Ausstellungen aus Dänemark oder Italien gekommen sind. Das ist schon ziemlich verrückt!

Was unterscheidet den Comicfan im schauraum von einem Museumsbesucher?

Rein gar nichts. Beide sind begeistert von der Aura, die originale Kunstwerke verströmen: Da hat ein talentierter Mensch viel Zeit und Energie aufgewendet, eine unfassbar schöne Zeichnung zu fabrizieren, die es vorher nicht gab. Und wir dürfen daran Anteil haben. Das ist extrem begeisternd und vitalisierend!

Warum ist es im schauraum häufig so dunkel?

Das hat allein konservatorische Gründe. Papier reagiert bekanntlich empfindlich auf Licht. Jeder Schaden, jede Gilbung, die entsteht, ist irreversibel. Wenn wir diese Originalseiten heute zeigen, übernehmen wir auch eine Verantwortung für kommende Generationen. Ich denke, gedimmtes Licht ist da definitiv das kleinere Übel.

Hinweis: Diese Version vom 25.7.24 ist angepasst und korrigiert einige Fehler, die beim automatischen Artikelexport passiert sind.

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