I H R E WO C H E N Z E I T U N G F Ü R D I E S TA DT · AU S D E M H AU S E D E R D R E I E I C H - Z E I T U N G Donnerstag, 13. Juli 2017
Nr. 28 O
Auflage 47.110
Gesamtauflage 218.420
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Frankfurts wilde Schwester Offenbach präsentiert sich als Stadt mit großer Dynamik Was ist los – wann und wo? Kunst und Kultur in der Region >> Seite 8
Verlosung für die Burgfestspiele 3 x 2 Tickets für Philipp Weber gewinnen >> Seite 9
OFFENBACH (ks) – Offenbachs Stadtkämmerer Peter Freier (CDU) sieht Licht am Ende des Tunnels. Auf dem steinigen Weg des langwierigen Strukturwandels präsentiere sich die einstige Lederstadt heute als die „spannendste Stadt im Rhein-Main-Gebiet“. Und mit einem gut gemeinten Rat verweist Jörg Lehnerdt, Kölner Niederlassungsleiter der BBE Handelsberatung GmbH, auf die Qualität der Stadt: Offenbach dürfe auf keinen Fall versuchen, Frankfurt im Kleinen nachzubauen. Kurzum: Auch beim Heuer-Dialog im Hafen Offenbach mit Fragen zur Entwicklung des Offenbacher Unternehmensstandorts mit Referenten und Fachpublikum aus der Immobilienwirtschaft ging der derzeit nicht enden wollende „Offenbach-Hype“ weiter. Die Spatzen pfeifen es von den Dächern: Offenbach (als Franfurts wilde Schwester) wird als Investitionsstandort überregional beachtet. „Arrival City – Stadtentwicklung mit Rückenwind“ war der Titel des Heuer-
Warmer Regen für Kreise und Kommunen Schwarz-grüne Freude über die „Hessenkasse“ STADT UND KREIS OFFENBACH (jeh) – Hessische Kommunalpoliter in den Reihen von CDU und Grünen blicken in diesen Tagen ausgesprochen zufrieden in die Landeshauptstadt Wiesbaden. Dort nämlich haben ihre in einer schwarz-grünen Koalition verbundenen Parteifreunde die sogenannte „Hessenkasse“ ins Leben gerufen – ein Projekt, das verschuldete Kommunen zwischen Bad Karlshafen und Neckarsteinach von der drückenden Last der Kassenkredite befreien soll. Diese sollen zum 1. Juli 2018 aus den städtischen Finanzbüchern verschwinden und in besagte „Hessenkasse“ übertragen werden. Das Land hat vor, zwei Drittel der Tilgungs- sowie alle Zinszahlungen zu leeisten. Es geht um ein Volumen von insgesamt sechs Milliarden Euro. Bald befreit von der Last? Dieses Vorhaben stößt auch bei Offenbaches Finanzdezernent Peter Freier (CDU) auf großes Wohlwollen. Nach seinen Worten wird die Stadt am Main dann auch von jenen 200 Millionen Euro „befreit“, die sie 2012 im Zuge des Notverkaufs des Offenbacher Klinikums hatte über Kassenkredite finanzieren müssen. Das Gesamtvolumen der im Rathaus verwalteten Kassenkredite wird mit 383,5 Millionen Euro angegeben. Dieser Betrag dokumentiere das Versagen aller früheren Kämmerer mit SPD-Parteibuch, lautet die Botschaft Freiers und seines Parteikollegen Roland Walter. Der örtliche Fraktionschef ist sich sicher: Freiers Vorgänger haben sich in Sachen
Kassenkredite nicht „regelkonform“ verhalten. Trifft diese Bewertung zu, dann wäre sie allerdings auch auf die Verantwortlichen im Kreishaus in Dietzenbach anwenden, wo seit nahezu 20 Jahren die CDU den Landrat stellt. Und in der Volksvertretung des Kreises Offenbach marschieren CDU und SPD seit Jahren in einer Koalition im allerengsten Schulterschluss Seit‘ an Seit‘. Auch im Kreishaus herrscht nun Zufriedenheit. „Über 512 Millionen kann der Kreis erwarten als Entschuldung der Kassenkredite – in keiner hessischen Kommune und keinem Kreis gibt es Kassenkredite in einer ähnlichen Größenordnung“, berichten die auf Landesebende mitregierenden Grünen, die in Dietzenbach am Katzentisch sitzen. „Das wird mehr als ein warmer Regen und eine enorme Hilfe für den Kreis, sich aus dem finanziellen Desaster zu befreien“, freut sich Robert Müller, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen im Kreistag. Im Kreisgebiet würden auch Dietzenbach sowie Rodgau, Langen, Rödermark, Mühlheim, Obertshausen, Egelsbach, Heusenstamm, Neu-Isenburg, Hainburg und Mainhausen profitieren. Der jeweils zu leistende Eigenanteil solle 25 Euro pro Einwohner pro Jahr betragen. Zum Programm „Hessenkasse“ gehört laut Müller neben der Entschuldungshilfe ein flankierendes Investitionsprogramm mit einem Volumen von 500 Millionen Euro: „Davon sollen finanzschwache Kommunen profitieren, die keine Kassenkredite aufgenommen haben oder diese bereits abgebaut haben.“
Dialogs, zu dem der Immobilienbereich der Stadtwerke und die OPG Offenbacher Projektentwicklungsgesellschaft mbH Ende Juni in ein ehemaliges Fabrikgebäude (die KressmannHalle) inmitten der Großbaustelle des alten Industriehafens eingeladen hatten. Keine Frage: Die nicht zu übersehende Bautätigkeit an allen Ecken und Enden macht die Stadt auch zur Heimat für viele „Zuwandererfamilien“, wobei hier vor allem jene Menschen gemeint sind, die aus Frankfurt und dem Ballungsraum RheinMain nach Offenbach ziehen. Die rund 135.000 Einwohner zählende Großstadt mit ihrem rasanten Bevölkerungswachstum löst sich zunehmend von ihrer industriellen Vergangenheit und entwickelt sich mit hoher Dynamik nicht nur zum begehrten Wohnstandort, sondern immer mehr auch zum gefragten Gewerbestandort gerade auch für Dienstleister und Kreative. Durch die vorausschauende Planung neuer Wohnbauflächen zu einer Zeit, in der die Nachfrage noch gering war, sei es Offenbach gelungen, sich entgegen aller hartnäckig haltenden Image-Probleme in das Bewusstsein der Immobilienplayer zurückzubringen, erklärte Božica Niermann, OPG-Bereichsleiterin in der Sparte „Quartiers- und Projektentwicklung“. Als Meilenstein gelte gemeinhin das „Leuchtturmprojekt Hafen“, das den Blick der Baubranche erneut auf Offenbach lenkte. Hier seien bereits 83 Prozent aller Flächen vergeben. Die entscheidende Frage des Abends war jedoch darüber hinausgehend. Folgt nach dem Wohnraumboom nun auch der Gewerberaumboom, wie es sich die Planer der Stadt erhoffen? Stephan Haack, Offenbacher Rechtsanwalt und Notar, dessen Haack Partnerschaftsgesellschaft die Offenbacher Entwicklung genau im Blick hat, ist davon überzeugt. Der Kenner der Szene, der mit seinem Unternehmen bald in den Hafen ziehen wird, konstanierte: „Der Wohnraumboom wird anhalten und die Nachfrage nach Gewerbeflächen in den nächsten fünf bis zehn Jahren deutlich ansteigen“, zumal das Preisniveau in Offenbach vergleichsweise günstig sei. Die Verwaltung ha-
be ihre Hausaufgaben gemacht, so Haack. Für Investoren habe man „Planungs- und Rechtssicherheit“ geschaffen. Immerhin rund 100 Hektar Flächenpotenzial weise der viel zitierte Masterplan aus. Hierzu zählen das ehemalige Güterbahnhofgelände (Aurelis) und der ehemaligen Allessa-Industriepark (Clariant) im Osten und auch das Kaiserleigebiet, dass weiter entwickelt werde. Bis zu 110 Meter hohe Bürobauten mit guter Sichtbarkeit sollen dort entstehen. „Frankfurter Randlagen wie das Kaiserleigebiet gewinnen an Attraktivität“, ist Dr. Stefan Mitropoulos, Leiter Konjunktur- und Regionalanalysen, Landesbank Hessen-Thüringen Girozentrale, überzeugt. Der Umbau erfolge zu einem glücklichen Zeitpunkt, weil er mit dem Brexit zusammenfalle: „Offenbach kann durchaus vom Brexit profitieren.“ Der Experte rechnet vorsichtig mit rund 8.000 Arbeitsplätzen im Bankensektor, die von London nach Frankfurt verlagert werden könnten. Die neuen Büros im Kaiserleigebiet, von denen aus das Frankfurter Zentrum in nur wenigen S-Bahn-Minuten erreichbar sei, könnten für den „Backoffice-Bereich“ der Banken interessant sein. Aber auch als Wohnort werde Offenbach von den „Bankern“ und ihren Familien gefragt sein. Das Aurelis-Gelände etwa sei für Gewerbe- und Wohnbauten vorgesehen, ganz im Gegensatz zum Clariant-Gelände, das als rein gewerblichen Innovationscampus geplant sei. Jens Imorde von der Imorde Projekt- und Kulturberatung in Münster empfiehlt im Gespräch den Offenbacher Anwesenden ruhig mehr Identifikation und Selbstbewusstsein zu entwickeln, dann stelle sich auch langfristig der gewünschte Imagewandel ein. Großes Entwicklungspotential sahen alle Anwesenden in der Entwicklung der Innenstadt vor allem im Hinblick auf die Fußgängerzone, die den Charme der 1970er Jahre verströme. Hier müsse Offenbach originell und authentisch sein, da waren sich alle einig. Für die Innenstadt, kündigte Freier an, werde ein gesonderter Masterplan aufgestellt. Auch bei den „Einfallstoren“, die wichtig für den ersten Eindruck von Besuchern sei-
en, müsse gearbeitet werden. Am Hauptbahnhof und am Marktplatz sahen Experten noch erheblichen Handlungsbedarf. Für Daniela Matha, Geschäftsführerin der Unternehmen im Geschäftsfeld Immobilien der Offenbacher Stadtwerke-Gruppe, stehen eine attraktivere Innenstadt mit einladenden SBahnzugängen und ein wiederbelebter Hauptbahnhof ganz oben auf der Wunschliste. Aber auch bezahlbarer Wohnraum und die Reaktivierung der Straßenbahnverbindung zwischen Frankfurt und Offenbach sieht Matha als immens wichtig an. Fest stand für nahezu alle Beteiligten welch großes Potential in der Stadt stecke. Viel Raum für Neues machten die Fachleute aus und vor allem für Unternehmen sei der Ort mitten in RheinMain gelegen hoch interessant. Offenbachs Wirtschaftsförderer Jürgen Amberger zumindest ist sich sicher: „Da passiert gerade was.“
Kappus – der alte Standort in Offenbach.
Foto: Schmidt
Umzug abgeschlossen Kappus Seifen produziert in Bieber-Waldhof OFFENBACH (ks) – Seit Anfang 2016 war es bekannt. Das Offenbacher Traditionsunternehmen mit internationaler Ausstrahlung KappusSeifen verlässt seinen Standort in der Innenstadt. Die gute Nachricht: Der Umzug sollte innerhalb der Stadtgrenzen stattfinden. Seit wenigen Wochen nun ist das Großprojekt abgeschlossen. Alle Mitarbeiter und Maschinen verweilen nun im neuen Domizil in Waldhof. Mit Wehmut konnte man am vergangenen Rundgang der HfG noch einmal die leeren Hallen durchschreiten, wohlwissend, dass sie dem nahenden Ende geweiht sind. Denn Firmenpatriarch Wolfgang Kappus hatte sich schweren Herzens dazu durchgerungen, den lieb gewonnenen Produktionsstandort in der Luisenstraße aufzugeben und den Umzug ins Industriegebiet zu wagen. Bei der Nachnutzung des Geländes hat er jedoch
ein gewichtiges Wörtchen mitzureden gehabt. Ein neues Stadtviertel namens „Kappus-Höfe“ mit bis zu 310 Wohnungen soll bis 2020 auf dem innerstädtischen Grundstück entstehen. Ein Investor aus den Niederlanden zeichnet sich für den Bau verantwortlich. Mit dem Umzug in eine ehemalige Lagerhalle in Bieber-Waldhof, die zuvor von einem großen Spediteur genutzt wurde, passt sich das Unternehmen jetzt den Anforderungen einer neuen Zeit an. Laut Firmenchefin Patricia Kappus-Becker habe man einen hohen sechsstelligen Betrag in den Umzug und die Herrichtung des neuen Firmengebäudes investiert. Jetzt könne man endlich auf einer Ebene produzieren. Der größte Seifenhersteller Europas veredelt vornehmlich für Industriekunden verschiedene Grundseifen, verfolgt jedoch auch weiterhin die Vermarktung seiner Eigenmarken. Großer Vorteil des neuen Standorts ist vor allem die bessere Verkehrsanbindung. Hier muss man sich nur an die quä-
lenden Lenkmanöver der anliefernden 40-Tonner in der engen Luisenstraße erinnern. Die Verbindung zum Standort Offenbach war der Familie Kappus immer von Wichtigkeit. Wie die Firmenchefin versichert, habe man immer auf die Rückendeckung von Verwaltung und Wirtschaftsförderung zählen können. Nur der Senior ließ bei der Vorstellung der Pläne der Kappus-Höfe im letzten Jahr ein wenig durchblicken, dass er mit der Wertschätzung seitens der Stadt nicht immer zufrieden war und so war ihm die Gestaltung des Areals und nicht zuletzt dessen Betitelung ein Herzensanliegen. Kleiner Wermutstropfen ist abschließend, dass die Bürger auf den Werks-Verkaufsshop in Zukunft verzichten müssen. Das ließe sich laut Kappus-Becker leider am neuen Standort nicht realisieren. Unter www.kappus-seife.de ist es den Kunden jedoch jederzeit möglich zeitgemäß Seifen aus dem Hause Kappus zu erwerben.